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    Die USA und ihre neue Doktrin - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 24.09.02 11:52:22 von
    neuester Beitrag 04.09.03 11:56:22 von
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    ID: 637.914
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      schrieb am 24.09.02 11:52:22
      Beitrag Nr. 1 ()
      Demokraten kritisieren Bushs neue Präventivschlag- Doktrin

      Mit Skepsis und Sorge hat die US-Opposition auf die neue Sicherheitsstrategie von US-Präsident George Bush reagiert, die auf Stärke und vorbeugende Militärschläge setzt.


      AP

      George W. Bush mit seinem Vizepräsidenten Dick Cheney


      Washington - In dem am Freitag vorgelegten, 31 Seiten langen Dokument der US-Regierung werden Eindämmung und Abschreckung offiziell für tot erklärt. Politiker und Fachleute der Demokratischen Partei äußerten nach Medienberichten vom Samstag die Befürchtung, dass andere Staaten wie Russland, China oder Indien nun ebenfalls Präventivangriffe zu ihrer offiziellen Politik machen könnten.

      Der russische Außenminister Igor Iwanow dagegen fordete vor der Presse in Washington, dass "jede Gewaltanwendung gegen irgendein Land durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisiert werden muss". Alle Länder der Welt sollten dieser Vorgabe der Uno-Charta folgen.

      In der neuen Doktrin betonen die US-Strategen, dass die Vereinigten Staaten für den Anti-Teror- Kampf ihre militärische Überlegenheit behaupten und Gefahren beseitigen müsse, "bevor sie unsere Grenzen erreichen". Falls nötig würden sie allein handeln und präventiv Gewalt anwenden. Ein hoher Regierungsbeamter erläuterte, dass dies für einen begrenzten Kreis von Problemen gelte. Staaten wie Russland und Indien sollten es nicht als Rechtfertigung für Aggression benutzen.

      In dem Dokument heißt es, dass die USA beispiellose Stärke und beispiellosen Einfluss besäßen, aber auch ebensolche Verantwortung und Verpflichtungen. Sie müssten ihre Stärke einsetzen, um ein Gleichgewicht der Macht zu fördern, das für die Freiheit eintritt. Washington verfolge einen "ganz bestimmten amerikanischen Internationalismus, der unsere Werte und nationalen Interessen reflektiert". Die USA würden sich stets um internationale Unterstützung bemühen, seien falls nötig aber zum alleinigen Handeln bereit.

      "Die USA müssen und werden die Fähigkeit bewahren, jeden Versuch eines Feindes abzuwehren - sei es eine staatliche oder eine nicht- staatliche Kraft - den Vereinigten Staaten, unseren Verbündeten oder unseren Freunden ihren Willen aufzuzwingen", heißt es in dem Dokument. Der US-Beamte sagte, die USA wollten "den Aufstieg einer gegnerischen militärischen Macht nicht zulassen". Dies bedeute aber nicht, dass nun die Europäer nicht mehr ihre Verteidigungsfähigkeit verbessern sollten und "dass die USA allein militärisch allen anderen hoch überlegen sein wollen".

      Bisher folgte die US-Sicherheitspolitik dem Prinzip einer abgestuften Antwort auf Angriffe von außen. In dem Text heißt es zum bisherigen Konzept der Abschreckung und Eindämmung, eine derartige Strategie sei in einer veränderten Welt nicht wirkungsvoll. Es sei unmöglich, jene abzuschrecken, "die die USA hassen und alles, was die USA verkörpern". Die US-Regierung macht auch klar, dass sie von den meisten Verträgen zur Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen wenig hält und stattdessen auf eine Strategie der "Weiterverbreitungsabwehr" setzt - etwa in Form zwangsweiser Entwaffnung.
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 11:59:07
      Beitrag Nr. 2 ()
      Na, wenn man das liest, muss man Frau Däubler-Gmelin Recht geben.
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 12:02:36
      Beitrag Nr. 3 ()
      Dieser Bush macht mir wirklich Sorgen. Wie soll man bei diesem Mann bloß noch objektiv bleiben können.

      Ich hoffe nur Schröder und Fischer bleiben Standhaft in der Irak-Frage. Und Hauptsache dieser Dummkopf Stoiber macht keinen Kniefall vor dem anderen Dummkopf Bush, das wäre wirklich das Letzte.
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 12:03:27
      Beitrag Nr. 4 ()
      sehr gut formuliert... und hast du s gelesen?
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 12:13:01
      Beitrag Nr. 5 ()
      hallo,

      so langsam ist mir die usa scheißegal.

      im eigenen lande waffen an teenager
      verkaufen und dem irak a, b oder c-waffen
      verbieten.

      dabei züchten die usa in eigenen labors
      b-waffen und heucheln der welt etwas vor.

      tut mir leid, im moment kann ich der aktuellen
      politik des white house nix bgewinnen und bin
      stolz auf unsere eigene meinung in d !

      schröder / fischer machen eine GUTE aussenpolitik.

      cu
      jsb

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      Avatar
      schrieb am 24.09.02 12:43:28
      Beitrag Nr. 6 ()
      Sie müssten ihre Stärke einsetzen, um ein Gleichgewicht der Macht zu fördern, das für die Freiheit eintritt.
      :laugh: :laugh:
      Bush redet bei jeder Veranstaltungen wo er auftritt nur noch über Irak. das verwunderliche ist, dass ein Großteil der Bevölkerung in den USA gar nichts so richtig mitbekommt vom möglichen vorgehen gegen den Irak. Habe mit einigen amerikanischen Freunden telefoniert sowie mit meiner Schwester die sich in Louisiana aufhält. Alle meinen das dies gar nicht so häufig in den Nachrichten erwähnt wird (zumindest lokal). aber was soll man von einem System halten, dass systematisch die Masse mit ihren Medien manipuliert.
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 12:58:26
      Beitrag Nr. 7 ()
      Langsam gewinnt man den Eindruck, daß Bush der 11.09. mehr als Recht kam, so traurig das Ganze war, versucht er
      seitdem daraus politischen Nutzen zu ziehen und die Politik seines Vaters fortzuführen.

      Das scheint in der Familie zu liegen.

      Wer außenpolitisch alles mit Füßen tritt, Abkommen und Verträge aufkündigt, der gehört isoliert.

      Die Amerikaner sind als Masse so leicht manipulierbar, hier wird mit Terrorangst ein Militärschlag legetimiert.
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 13:01:38
      Beitrag Nr. 8 ()
      @juvenile

      ich finde voll und ganz richtig was die amis machen die schützen sich selbst!
      dazu ist europa doch gar nicht in der lage! :(
      Avatar
      schrieb am 24.09.02 15:36:05
      Beitrag Nr. 9 ()
      @Tweety79

      die Amerikaner schützen sich? Das ist kein Schutz sondern expansive
      Politik aus dem 19.Jh. Wenn du denn Beitrag oben richtig durchgelesen hast, dann
      ist dir folgendes sicher aufgefallen:

      "Die USA müssen und werden die Fähigkeit bewahren, jeden Versuch eines Feindes abzuwehren - sei es eine staatliche oder eine nicht- staatliche Kraft - den Vereinigten Staaten, unseren
      Verbündeten oder unseren Freunden ihren Willen aufzuzwingen"


      wann entschuldigen sich die Amis dafür uns Jahre lang mit Echelon ausspioniert zu haben? :)
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 08:41:45
      Beitrag Nr. 10 ()
      US-Demokraten rebellieren gegen Bush

      US-Präsident George W. Bush weht nun auch im eigenen Land ein eiskalter Wind entgegen. Immer mehr Politiker kritisieren die Pläne für einen Krieg gegen den Irak - woraufhin Bush erklärte, der Opposition sei die Sicherheit der USA egal. Die Demokratische Partei reagierte empört.



      AP

      George W. Bush: Wie viel Freiheit gibt ihm der Kongress?


      Washington/London - Kurz vor den Wahlen zum US-Kongress verschärft sich der Streit um die amerikanische Irak-Politik. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle, warf Präsident George W. Bush vor, die Debatte zu politisieren. Bereits zuvor hatte Daschle klargestellt, dass der Senat dem Präsidenten nicht den von ihm verlangten Blankoscheck für einen Irak-Krieg ausstellen werde.

      Daschle forderte in einer Rede vor dem Senatsplenum den Republikaner Bush auf, sich für den Vorwurf zu entschuldigen, die demokratische Senatsmehrheit sei nicht an der Sicherheit des eigenen Volkes interessiert. Dieser Vorwurf sei unerhört, rief der Senator aus. "Wir sollten diesen Krieg nicht politisieren. Wir sollten die Rhetorik über Krieg und Leben und Tod nicht politisieren."

      Daschle hatte zuvor erklärt, die Demokraten seien zwar bereit, Bush in der Irak-Frage zu unterstützen, doch gehe der vom Präsidenten eingereichte Resolutionsentwurf zu weit. Mit ihm, so die Kritik, hätte Bush in der gesamten Golfregion Krieg führen können - nicht nur im Irak. Daschle sagte, er hoffe auf einen Kompromiss mit Bush bis zum Wochenende. Seine Demokratische Partei wolle die Irak-Resolution möglichst bald über die Bühne bringen, damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wieder auf die wirtschaftlichen Probleme des Landes gerichtet werde.


      REUTERS

      Tom Daschle: Empörung über Bush-Vorwurf


      In der Irakdebatte waren die Demokraten und vor allem auch Daschle in den vergangenen Wochen auf Kurs des Präsidenten eingeschwenkt und versprachen ihm grünes Licht für einen möglichen Krieg. Lediglich der frühere Bush-Rivale, Ex-Vizepräsident Al Gore, hatte in den vergangenen Tagen heftige Kritik an Bushs Irak-Politik geübt. Der Präsident habe mit seiner harten Haltung die Sympathien für die USA weltweit verspielt, sagte Gore.

      Die Demokraten wissen inzwischen die Mehrheit des amerikanischen Volkes hinter sich. Jüngste Meinungsumfragen zeigen, dass die Amerikaner keineswegs für ein möglicherweise blutiges Abenteuer im Alleingang bereit sind. Nach einer Umfrage von CBS News unter über 900 Personen sprachen sich zwei Drittel dafür aus, dass sich die USA die Unterstützung der Verbündeten sichern sollten, ehe man losschlage. 68 Prozent der Befragten stimmten danach für den Einsatz der Streitkräfte zum Sturz Saddams. Der Umfrage zufolge glauben auch 78 (vorher 74) Prozent der Amerikaner, dass ein Krieg mit dem Irak unvermeidlich ist.

      Daschle hat die Stimmung im Volk aufgegriffen. Viele Amerikaner seien sehr besorgt, unter welchen Bedingungen die USA in einen Krieg mit dem Irak zögen. Daschle, der an der Resolution mitarbeitet, sagte: "Es gibt eine Menge Unterstützung für ein multinationales Vorgehen."

      Noch ist unklar, ob es vor den Kongresswahlen am 5. November tatsächlich noch zu einer gemeinsamen Resolution der beiden Kammern Senat und Repräsentantenhaus kommen wird. Anfang Oktober wird sich der Kongress wegen der Wahlen vertagen.

      Der britische Außenminister Jack Straw betonte unterdessen, zwischen London und Washington gebe es keine Differenzen in der Irak-Politik. "Das Ziel, das wir anstreben, ist die Entwaffnung von Saddam Husseins Regime", sagte Straw dem Rundfunksender BBC. Er widersprach damit Berichten, dass es London vor allem um eine Entwaffnung, Bush dagegen um einen Sturz Saddam Husseins gehe. Straw erklärte, möglicherweise sei auch eine Entmachtung des irakischen Staatschefs notwendig, um das Hauptziel, die Entwaffnung, zu erreichen.


      AP

      Tony Blair und Gerhard Schröder sprachen über den deutschen Streit mit Washington


      Auch die chinesische Regierung hat den Druck auf Saddam erhöht. Peking forderte, der Irak müsse mit Uno-Waffeninspektoren kooperieren, andernfalls werde das Land die Unterstützung gegen einen Angriff der USA verlieren. In einem Leitartikel der amtlichen Zeitung "China Daily" hieß es, dies sei Saddams letzte Chance, um zu verhindern, dass die USA eine legale Basis für eine Militäroperation erhielten. Wenn der Irak den Forderungen der Waffeninspektoren nicht nachkomme, könne Bush dies zum Anlass nehmen, den von ihm propagierten Machtwechsel gewaltsam durchzusetzen.

      China hatte Offenheit für eine neue Resolution der Uno signalisiert, welche von den USA und Großbritannien erarbeitet und den Weg für einen Angriff auf den Irak freimachen soll, sollte der Irak den früheren Uno-Forderungen nicht nachkommen. Das Außenministerium hatte erklärt, man werde eine solche Resolution prüfen. China hat als ständiges Mitglied des Uno-Sicherheitsrates ein Veto-Recht.

      Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi unterstützte unterdessen Bushs Forderung nach einer neuen Irak-Resolution der Vereinten Nationen. Dieser Entschluss müsse "in starke Worte gefasst, unzweideutig und genau" sein und die Anwendung von Gewalt autorisieren, falls Bagdad sich nicht an ihn halte, sagte Berlusconi vor der Abgeordnetenkammer in Rom.

      Die irakische Regierung kündigte an, mit einer detaillierten Antwort auf das vom britischen Premierminister Tony Blair vorgestellte Waffendossier zu reagieren. Die Anschuldigungen würden sich im Falle einer Uno-Waffeninspektion binnen kurzem als haltlos herausstellen.
      Avatar
      schrieb am 26.09.02 08:43:13
      Beitrag Nr. 11 ()
      Töten für den Dow

      Von Carsten Volkery, New York

      Viele US-Ökonomen sehen einen Irak-Krieg nicht als GAU. Im Gegenteil - er könnte der Konjunktur den richtigen Kick geben. Die Risiken übersehen sie dabei geflissentlich.


      AP

      Erfolg des ersten Golfkriegs als Vorbild: US-Soldaten patroullieren vor einer brennenden Ölquelle


      New York - Wenn es nach dem ehemaligen Berater des US-Präsidenten Ronald Reagan, Lawrence Kudlow, ginge, würde das US-Militär eher heute als morgen zum Angriff auf Saddam Husseins Paläste blasen. Dem Falken geht es dabei allerdings weniger um Gerechtigkeit und die Reduzierung der Gefahr, die etwaige Raketenstellungen des irakischen Diktators für Europa bedeuten könnten. Kudlow setzt eher auf den heilsamen Effekt für die danieder liegende US-Wirtschaft.

      Der Irak-Feldzug werde als Schocktherapie gegen die schlechte Stimmung an den Aktienmärkten wirken, lautet sein Credo. In einem Kommentar mit dem Titel "Den Markt mit Gewalt zurückerobern" zeigt er sich sogar zuversichtlich, dass der Krieg den Dow Jones "um ein paar tausend Punkte" anheben könnte.

      Andere US-Ökonomen beschreiben die Effekte eines Angriffs auf den Irak nicht ganz so drastisch, doch im Grundtenor stimmen sie mit Kudlow überein. Bei einem kurzen, schnellen US-Sieg gäbe es aller Voraussicht nach keine negativen Folgen, sagt etwa der Konjunktur-Experte Brian Nottage von Economy.com. Damit widerspricht er Kritikern, die auf den Golfkrieg von 1991 verweisen: Der dauerte zwar nur eine Woche, verursachte jedoch Börsenturbulenzen und eine Rezession. "Der Unterschied zwischen damals und heute ist, dass jene Invasion völlig überraschend kam, während diese seit Monaten debattiert wird", so Nottage.

      Der eingepreiste Krieg

      Als Saddam Hussein am 2. August 1990 Kuwait angriff, seien die Finanzmärkte kalt erwischt worden. Der S&P 500 fiel in den folgenden zwei Monaten um 17 Prozent, der Ölpreis verdoppelte sich auf 41 Dollar. "Es war ein klassisches Beispiel für einen unerwarteten Schock", sagt Nottage.

      Diesmal wäre die Reaktion jedoch voraussichtlich weniger radikal, weil die Märkte mit einer Irak-Invasion rechnen. Der Ölpreis, der seit Monaten steigt und gerade die 30-Dollar-Marke durchbrochen hat, enthält bereits einen Kriegsaufschlag. Und auch am Aktienmarkt kann sich die Stimmung kaum noch verschlechtern.

      Ken Landon von der Deutschen Bank in New York glaubt ebenfalls an den positiven Effekt für die Stimmung der US-Anleger und Verbraucher. "Die Aktienrallye, die auf die US-Gegenattacke gegen Irak 1991 folgte, zeigt, dass die Anleger sich von der Demonstration amerikanischer Militärmacht beruhigen lassen", schreibt er in einem Bericht. Am Ende des Golfkrieges im Februar hatte sich der S&P 500 bereits wieder erholt und notierte 24 Prozent über seinem Oktober-Tief.

      Verdreifachung des Ölpreises möglich

      Doch ein schneller Sieg, wie er den Falken in der Bush-Regierung und unter den Ökonomen vorschwebt, ist längst nicht garantiert. Und jede Verlängerung birgt unvorhersehbare Risiken für die Weltwirtschaft. Der Ölpreis ist das größte Risiko. Pro Tag verbraucht die Welt 76 Millionen Barrel Öl. Die Opec-Staaten produzieren 24 Millionen davon. Sollte es bei einem längeren Krieg zu Engpässen in der Versorgung kommen, würde der Ölpreis abheben. Jeder Anstieg um einen Dollar macht die US-Bürger um zwölf Milliarden Dollar ärmer, jeder Anstieg um zehn Dollar kostet die US-Wirtschaft ein volles Prozent Wirtschaftswachstum.

      Die konservativen Ökonomen verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf die Versicherung der Opec-Führung, im Fall von kriegsbedingten Engpässen ihre Produktion zu erhöhen. Doch der algerische Ölminister und frühere Opec-Präsident Chakib Khelil hat gegenüber dem "Wall Street Journal" Zweifel an der Realisierbarkeit dieses Versprechens geäußert. Im Notfall bleibt daher nur die strategische Ölreserve der USA: Die enthielt zuletzt 584 Millionen Barrel Öl. Mehr als genug, beruhigen Ökonomen.

      Doch was ist, wenn der Krieg außer Kontrolle gerät und auf Nachbarländer übergreift? Das Horrorszenario ist ein irakischer Raketen-Angriff auf Israel oder auf die Ölfelder und Häfen der Region. Die "New York Times" hat den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon bereits dahin gehend zitiert, Israel würde umgehend zurückschlagen. Scharon hat seine Aussage zwar später abgeschwächt, doch die Spannungen in der Region sind diesmal stärker als vor elf Jahren. Eine irakische Attacke auf die Häfen könnte den Ölpreis auf 100 Dollar katapultieren, sagte unlängst der saudi-arabische Ölminister.

      Der Zündfunken-Effekt

      Der Einwand steigender Ölpreise ist denn auch der einzige, den die Bush-Parteigänger gelten lassen. Demgegenüber bekommt die Fraktion der Skeptiker allmählich Zulauf. David Wyss, Chef-Volkswirt von Standard & Poor`s, bringt es auf den Punkt: Ein Angriff auf den Irak könnte, so sein Einwand, zum Zündfunken für die gesamte Region werden - unter Experten "Blowback Effect" genannt. Damit nehme auch das Risiko einer neuerlichen Terrorattacke auf Ziele in Amerika drastisch zu. Solche Szenarien würden ausreichen, um die US-Wirtschaft, und damit die Weltwirtschaft, in die Rezession zurückzuwerfen, befürchtet Wyss. Auch ein längerer Guerillakampf in den Straßen Bagdads könnte den gefürchteten "Double-Dip" auslösen.

      Die Kosten des Feldzugs hingegen, von Kriegsgegnern oft als Argument angebracht, sieht auch Wyss als vernachlässigbar an. Selbst wenn die US-Regierung allein die geschätzten 200 Milliarden Dollar für die Operation zahlen müsste, wären das nicht mehr als ein bis zwei Prozent des Bruttosozialprodukts - Wyss: "Ein sehr vertretbarer Wert."
      Avatar
      schrieb am 28.09.02 10:16:52
      Beitrag Nr. 12 ()
      Amerikanische Irak-Debatte

      Immer mehr Gegenwind für Bush

      Immer mehr Prominente der US-Demokraten stellen sich gegen die Irak-Politik von Präsident George W. Bush. Ex-Präsident Jimmy
      Carter, Ex-Vizepräsident Al Gore haben sich bereits dagegen ausgesprochen, nun lehnte Senator Edward Kennedy einen Krieg gegen
      den Irak ab.

      Washington - Beobachter schätzten eine Rede Kennedys als die bisher schärfste eines demokratischen Kongressmitglieds gegen den Irak-Kurs Bushs
      ein. Kennedy forderte, die USA müssten zuerst alle möglichen diplomatischen Mittel ausschöpfen, bevor sie das Land mit Krieg überziehen. Höchstes
      Ziel müsse es sein, Waffeninspekteure in den Irak zurückzubringen.

      Der Senator sagte deutlich, Bush habe mit seinen Argumenten für einen Krieg bisher nicht überzeugen können. Der Präsident habe es bisher auch
      versäumt, die "Kosten in Form von Blut und Geld" darzulegen, die ein Krieg bringen würde. Kennedy warnte weiter, dass ein in die Enge getriebener
      Saddam Hussein nichts mehr zu verlieren hätte und alle ihm zur Verfügung stehenden Waffen benutzen könnte.

      Saddams erstes Ziel könne Israel sein, das im Fall einer Attacke wahrscheinlich zurückschlagen würde - "möglicherweise mit Nuklearwaffen". Damit
      bestünde die Gefahr einer unkalkulierbaren Eskalation im Nahen Osten.
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 12:09:26
      Beitrag Nr. 13 ()
      USA fordern Ultimatum

      George Bush macht Druck: Die Vereinten Nationen sollen Irak nach dem Willen der USA eine Frist von sieben Tagen setzen, um sich ohne
      alle Bedingungen für Rüstungskontrollen zu öffnen.

      Washington - Andernfalls können "alle erforderlichen Mittel" gegen das Regime von Saddam Hussein eingesetzt werden. Dies
      sind die Kernpunkte des britisch-amerikanischen Entwurfs für eine UN-Resolution.

      Die geplante Entschließung wirft Irak den Bruch früherer UN-Resolutionen vor und verlangt eine "umfassende, endgültige und
      vollständige Zerstörung" von Massenvernichtungswaffen. US-Präsident George W. Bush erklärte am Freitag in Denver, Saddam
      Hussein habe die Chance einer freiwilligen Entwaffnung auf Verlangen der Vereinten Nationen. Andernfalls würden "die USA eine
      Koalition anführen, um diesen Mann zu entwaffnen", sagte Bush.

      Die USA und Großbritannien wollen jetzt versuchen, die anderen drei ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats für ihren
      Entwurf zu gewinnen. Russland, China und Frankreich haben jedoch erklärt, dass sie zunächst eine Resolution ohne
      Gewaltandrohung befürworten. Bush telefonierte mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, ohne ihn offenbar
      umstimmen zu können.

      Auch unter amerikanischen Politikern gibt es sechs Wochen vor der Kongresswahl noch erhebliche Vorbehalte gegen Bushs
      Irak-Politik. Der demokratische Senator Edward Kennedy erklärte, den Inspektionen der Vereinten Nationen müsse die
      erforderliche Zeit gegeben werden. "Krieg sollte ein letztes Mittel sein, nicht die erste Antwort", sagte Kennedy in einem Vortrag an der Johns
      Hopkins School of Advanced International Studies.
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 13:20:55
      Beitrag Nr. 14 ()
      Ihr Heupferde!

      Gebt doch hier nicht immer den Kaspar Hauser; Ihr müßtet doch wissen, daß Bush garnicht weiß, wo der Irak überhaupt zu finden ist.

      Er ist nicht informierter als der Durchschnittsamerikaner; er spielt in seiner Rolle sich selbst, damit sich Jim Six-Pack mit ihm identifizieren kann.

      Das soll Jim die Möglichkeit verbauen jemals zu erfahren, daß es etwas jenseits seines Horizontes der Mainsteet gibt, ja, er soll es nicht einmal erahnen können.

      Darum ist Bush dort hingesetzt worden.

      Deshalb wäre von Euch zu erörtern, welche und wessen Interessen sich hinter der Veranstaltung verbergen.

      Wenn Ihr allerdings zu dem Ergebnis kämet, es seien die Interessen des Jim Sixpack, so wären Eure Bemühungen erfolglos geblieben.
      Avatar
      schrieb am 29.09.02 17:28:19
      Beitrag Nr. 15 ()
      TÖTET FÜR DEN DOW!! :)
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 12:13:25
      Beitrag Nr. 16 ()
      Irak-Krieg käme USA teuer zu stehen

      US-Präsident George W. Bush bekommt ein weiteres Problem in seinem Kampf um Zustimmung für einen Krieg gegen den Irak.
      Amerikanische Haushaltsexperten rechneten jetzt aus, dass einen Waffengang fast neun Milliarden Dollar kosten würde - pro Monat,
      wohlgemerkt.

      Washington - Dem US-Präsidenten dürfte das Zahlenwerk von Finanzpolitikern des US-Kongresses kaum schmecken.
      Zwar sind die Amerikaner in Umfragen mehrheitlich für einen Krieg gegen den Irak - aber nur so lange, bis sie nach ihrer
      Bereitschaft zur Zahlung der horrenden Kosten gefragt werden.

      Die Haushaltsexperten des Kongresses gehen nicht nur von monatlichen Kriegskosten von bis zu neun Milliarden Dollar
      (etwa 9,1 Milliarden Euro) aus, sondern rechnen zusätzlich mit bis zu 20 Milliarden Dollar für die militärischen
      Vorbereitungen und den späteren Abzug, teilte das Haushaltsbüro des Kongresses (CBO) in Washington mit. Zudem lasse
      sich nicht abschätzen, wie lange ein Krieg gegen den Irak dauern würde. Von daher sei jede Gesamt-Kostenschätzung
      mit hohen Unsicherheiten behaftet. Allerdings kursieren in den USA Schätzungen über Kriegskosten von bis zu 200
      Milliarden Dollar.

      Nach den Kongressberechnungen würde der Aufmarsch der US-Truppen am Golf zwischen neun und 13 Milliarden Dollar
      kosten. Die Kosten für den Abzug nach Beendigung der Militäroperation werden mit fünf bis sieben Milliarden Dollar
      beziffert, die reinen Kampfkosten mit sechs und neun Milliarden Dollar. Eine Besetzung des Iraks könnte eine bis vier
      Milliarden Dollar im Monat verschlingen.

      Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren

      Die Haushälter gingen bei ihren Berechnungen von zwei Szenarien aus: Beim ersten wird der Schwerpunkt auf die Luftwaffe gesetzt, beim zweiten
      der Einsatz von mehr Bodentruppen unterstellt.

      In einem Schreiben an die Kongress-Mitglieder erklärte CBO-Direktor Dan Crippen, alle Prognosen über Kriegskosten enthielten hohe Unsicherheiten.
      "Sie hängen von vielen Faktoren ab, die jetzt nicht bekannt sind, wie etwa die Größe der eingesetzten Streitkräfte, die Strategie, die Dauer des
      Konflikts, die Zahl der Opfer, der Verlust an Ausrüstung und die Anforderungen für den Wiederaufbau der irakischen Infrastruktur."

      Irak plant offenbar Geste des guten Willens

      Unterdessen plant der Irak offenbar eine Geste des guten Willens bei den Gesprächen zur Wiederaufnahme der Uno-Waffenkontrollen. Der Irak plane,
      den Vereinten Nationen mehrere Disketten mit Informationen über militärisch wie auch zivil nutzbare atomare Anlagen auszuhändigen, teilte ein
      hochrangiger Diplomat aus dem Umfeld der zweitägigen Konferenz mit.

      Irak muss den Auflagen der Uno gemäß alle sechs Monate entsprechende Informationen vorlegen, war dieser Verpflichtung jedoch seit Dezember
      1998 nicht mehr nachgekommen. Die Ergebnisse der Detailgespräche sollen am Donnerstag dem Uno-Sicherheitsrat vorgelegt werden, in dem die
      USA derzeit auf eine verschärfte Irak-Resolution drängen.

      Die Waffenexperten der Vereinten Nationen hatten bei den Gesprächen in Wien nach Angaben eines Uno-Diplomaten bereits am Montag Fortschritte
      gemacht. Chefinspektor Hans Blix erwartet nach eigenen Angaben den freien Zugang seiner Mitarbeiter zu allen Orten, an denen die Lagerung oder
      die Produktion von Massenvernichtungswaffen im Irak vermutet wird. Die Uno-Rüstungsinspektoren waren Ende 1998 ausgereist, da sie sich bei den
      Kontrollen massiv behindert sahen. Blix kündigte an, dass vor dem heutigen Ende der Gespräche nichts über deren Verlauf bekannt gegeben werde.

      Die US-Regierung rechnet allerdings nach eigenen Angaben nicht damit, dass eine Rückkehr der Inspektoren in den Irak den Konflikt lösen wird.
      Gemeinsam mit Großbritannien bemüht sie sich im Uno-Sicherheitsrat um verschärfte Bedingungen für die Rückkehr der Inspektoren und um
      Androhung militärischer Gewalt für den Fall von Täuschungsversuchen oder Behinderungen. Ein Resolutionsentwurf sieht die Möglichkeit eines
      US-Militärschlags für den Fall vor, dass Irak gegen einzelne Vorschriften der Uno-Resolution verstoßen sollte.

      USA und Großbritannien wollen Optionen offen halten

      Der Uno-Vertreter der USA, James Cunningham, und der britische Uno-Botschafter Sir Jeremy Greenstock informierten die zehn nicht-ständigen
      Mitglieder des Sicherheitsrats am Montag über den Resolutionsentwurf, der frühestens heute oder Mittwoch den Ratsmitgliedern offiziell vorgelegt
      werden soll. Damit wollen sich die USA und Großbritannien offenbar noch Spielraum für mögliche Änderungen offen halten.

      Zur Annahme der Resolution werden neun Stimmen benötigt, außerdem darf es kein Veto der ständigen Sicherheitsratsmitglieder geben. Vorbehalte
      hatten Russland und China geäußert. Das ständige Mitglied Frankreich hatte einen Alternativ-Vorschlag ins Gespräch gebracht, der allerdings nicht
      offiziell eingeführt ist. Dieser sieht zwei Resolutionen vor, bevor am Ende als letztes Mittel ein militärisches Eingreifen steht, falls der Irak sich nicht
      an die Vorgaben des Sicherheitsrats hält.

      Der von den USA und Großbritannien entwickelte Entwurf sieht das Recht zum Einsatz aller Mittel einschließlich der Anwendung von Gewalt vor,
      sollte die irakische Regierung auch nur gegen eine der in der Resolution festgehaltenen Forderungen verstoßen. Von den nicht-ständigen Mitgliedern
      hat als einziges Land bisher Syrien erklärt, dass es gegen eine neue Irak-Resolution ist.
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 12:41:17
      Beitrag Nr. 17 ()
      mal was amüsantes :)

      VICE PRESIDENT CHENEY DETAILS DIABOLICAL IRAQI SCHEMES NECESSITATING THE WHOLESALE INVASION OF THE ARABIAC WORLD
      Press Briefing by the Vice President

      THE VICE PRESIDENT: Good morning. Over the past several days, despicable un-American traitors, including members of the liberal media, along with Congressmen and Senators from both sides of the aisle, have taken conspicuous glee in publicly questioning the wisdom and motives of this administration in its desire to invade and conquer the Middle East - starting with Iraq. And so this morning, to put a stop to this dangerous, effeminate and unpatriotic climate of discussion and contemplation, I am going to throw national security doctrine to the close-to-being-filled-with-mustard-gas wind, and reveal sensitive intelligence about the six nefarious Iraqi plots which require that America waste no time starting to kick serious raghead ass.

      SADDAM HUSSEIN`S PLOTS:


      CIA operatives are confident that within six months, Saddam Hussein will have purchased most of the world`s available cubic zirconium over the Home Shopping Network. He will mount these precious gems on a dish the size of Utah, which will be launched into space and used to bedazzle and blind the entire population of North America.

      Top brass at the FBI possesses compelling evidence that Saddam Hussein has already infiltrated a certain software company in Washington State with Islamic Fundamentalist programmers holding positions of encrypting autonomy. These wily, American-looking programmers will fill 99.99% of America`s software with subliminal messages, including "Smoke More Unfiltered Cigarettes," "Eat More Saturated Fat" and "Couldn`t You Really Go For a Nice Big Snort of Cocaine Right About Now?" This new software will drive Americans to behavior that may not be noticeable at first, but will result in the success of his evil master plan to destroy America!

      The General Accounting Office reports that within four months, Saddam Hussein will, through the clever use of shell corporations, take a controlling interest in numerous key American defense contractors. He will then institute dangerous new corporate policies, including disclosure of product failures and pricing with less than quadruple-digit mark-ups. Within a matter of days, there will be no soft money available to elect Republicans and Democrats who support any and all wars and weapon programs, thereby completing Saddam`s evil plan to make America peaceful and fiscally responsible.

      NASA now believes that within 2 years, Saddam Hussein will have established an Islamic colony on the moon. His first act upon arrival will be to spit at and set fire to the American flag planted by Neil Armstrong. Then, using millions of miles of neon tubing, he will then poison the American nighttime sky with salacious, orbiting messages blinking scurrilous assertions about our president`s genitals and mother.

      Kurdish operatives report that Saddam`s elite Republican Corps of Engineers is nearing completion of a powerful underground hydraulic system, which will be capable of effortlessly submerging the entire nation of Iraq beneath an elaborate facsimile of itself - the latter populated entirely by genetically-engineered doppelgangers of the late Ayatollah Khumayni - all of whom will vehemently denounce the gassing of fluffy little puppy dogs.

      A joint investigation by the CIA and Department of Commerce has revealed that by mid-2003, Saddam will have stockpiled half the world`s supply of Elizabeth Taylor`s White Diamonds perfume. He will then launch canisters of this deadly fragrance from his secret headquarters inside a seemingly active volcano, asphyxiating our nation`s capital.
      I trust that the release of these terrifying plans will make the populace amenable to our pre-ordained course of action - the wholesale seizure of the earth`s most oil-rich lands from the evil, Godless hordes which currently inhabit them - and shut the cake-holes of disloyal busybodies who question the White House. Remember: it is not called playing "Devil`s Advocate" for nothing. And we, as a Christian nation, have no time for Lucifer`s whining or second-guessing this administration`s policies.
      No questions.

      Thank you, and God Bless America.
      Avatar
      schrieb am 01.10.02 13:07:15
      Beitrag Nr. 18 ()
      President Bush is proud to introduce an ambitious new phase in the fight to preserve all that is decent in America. Conceived and championed by the revered Republican think tank Americans for Purity, "Operation Infinite Purity" is dedicated to the complete eradication of masturbation from American soil by the year 2005

      :laugh: :laugh:

      Avatar
      schrieb am 02.10.02 13:13:05
      Beitrag Nr. 19 ()
      Nelson Mandela hat den USA vorgeworfen, den "Weltfrieden zu bedrohen" / Nelson Mandela accused the US of being "a threat to world peace"
      Nun ist er "Kein freundlicher Herr mehr" / Now he is "No more Mr Nice Guy"

      Am 19. September erschien in "The Guardian Europe" ein Artikel von Gary Younge unter dem Titel: "No more Mr Nice Guy". Gemeint war Nelson Mandela, der sich in den vergangenen Wochen zur Politik der USA gegenüber dem Irak geäussert hatte. Wir dokumentieren diesen Artikel in gekürzter Fassung in einer von uns besorgten deutschen Übersetzung und im englischen Original.


      Von Gary Younge

      [...] Man kann über Nelson Mandela sagen, was man will, aber er ist nicht nachtragend oder unbeherrscht. Nachdem er 27 Jahre auf seine Freilassung gewartet hatte, trat er aus dem Gefängnis und sprach zu einer vom Rassismus gezeichneten Nation von Frieden und Versöhnung. Als er schließlich den Übergang vom weltberühmten Gefangenen zum weltweit hoch geachteten Staatsmann geschafft hatte, lud er seine früheren Gefängniswärter zu seiner Amtseinführung ein.

      Wenn er die amerikanische Außenpolitik in einer ebenso harten Sprache kritisiert, wie er sie benutzte, um die Apartheid zu verurteilen, dann weiß man, dass irgend etwas los ist. In den vergangenen Wochen hat er die amerikanische Haltung gegenüber dem Irak "zutiefst verurteilt", Vizepräsident Dick Cheney als "Dinosaurier" beschimpft und den USA vorgeworfen, den "Weltfrieden zu bedrohen".

      Solch harsche Kritik aus einer anderen Ecke wäre am Weißen Haus und der Downing Street als Versuch einer Beschwichtigungspolitik, als Antiamerikanismus oder linker Extremismus abgeprallt. Aber Mandela ist nicht irgendwer. Er überragt das späte 20. Jh. als gewaltige Moralfigur und seine Stimme hat ethisches Gewicht wie keine andere. [...]

      Was Mandela in unserer Welt für falsch hält, ist nicht schwer zu ergründen. Es ärgert ihn, wie die USA ihre überwältigende Militärmacht ausnutzen. [...]

      "Welches Recht hat Bush, das Angebot des Irak als nicht aufrichtig zu bezeichnen ?" fragte er am Montag (= 16. September, d. Übers.). "Wir müssen das unmissverständlich verurteilen. Kein Land, wie stark es auch immer sein mag, darf sich so feindselig gegenüber einem anderen auslassen, wie es die USA getan haben. Sie halten sich für die einzige Macht der Welt. Das sind sie aber nicht, und sie verfolgen eine gefährliche Politik. Ein einziges Land will die ganze Welt tyrannisiere."

      Als Befürworter der Bomben auf Afghanistan kann er nicht einfach als friedensselig abgetan werden. Aber seine Einschätzung der aktuellen Phase von Bushs ‚Krieg gegen den Terror` ist genauso vernichtend wie gleichlautende Stimmen aus der arabischen Welt. "Wenn man die Dinge genau anschaut, kommt man zu dem Schluss, dass die Haltung der Vereinigten Staaten von Amerika eine Bedrohung des Weltfriedens darstellt."

      [...] Mandela beschuldigt andere nicht oft oder gar leichtfertig der Diskriminierung, aber wenn er es tut, muss die Welt innehalten und zuhören. Bisher hat er es vermieden, den Westen im Umgang mit den Entwicklungsländern des Rassismus zu beschuldigen, aber er hatte Mitgefühl für diejenigen, die das tun. "Als wir weisse Generalsekretäre hatten, blieb diese Frage der USA und Englands innerhalb der UNO. Aber seit wir schwarze Generalsekretäre wie Boutros Boutros Ghali und Kofi Annan haben, achten sie die UNO nicht mehr. Das ist nicht unbedingt meine Aufassung, aber so wird es von vielen anderen Menschen gesehen."

      [...] [Nun] versucht das Weiße Haus hinter den Kulissen Mandela selbst, jetzt 84-jährig, als eine Art Dinosaurier zu zeichnen: als ehemaligen Führer eines afrikanischen Landes, verbittert durch Macht- und Kraftlosigkeit, die Ruhestand und Alter mit sich bringen. Es ist ein Angriff, der nur schwerlich haften bleibt. Mandela war nie sonderlich der Wahnvorstellung von ‚Erhabenheit` erlegen. Als er gefragt wurde, ob er im aktuellen Streitfall bereit sei zu vermitteln, antwortete er: "Wenn ich von glaubwürdigen Organisationen gefragt werde, werde ich das sehr ernsthaft in Erwägung ziehen. In einer solchen Situation ist aber kein Individuum, sondern eine Organisation wie die UNO zur Vermittlung nötig. Ein Mann, der Macht und Einfluss verloren hat, kann niemals ein geeigneter Vermittler sein."

      In Wahrheit hat er seit dem Ende seiner Amtzeit vollendetes diplomatisches Geschick gezeigt. Im Jahr 1999 überzeugte er den lybischen Führer Oberst Gadhafi davon, die beiden wegen des Lockerbie-Attentats angeklagten angeblichen Spione auszuliefern. Er wurde als möglicher Vermittler im Mittleren Osten geworben - ein Vorschlag, der von der israelischen Regierung, dem Hauptwaffenlieferanten des Apartheid-Regimes, zurückgewiesen wurde. Im letzten Jahr war er persönlich daran beteiligt, südafrikanische Truppen - von der UNO sanktioniert - als vertrauensbildende Maßnahme nach Burundi zu schicken, um einen Völkermord nach ruandischem Vorbild verhindern zu helfen. [...]

      Wenn mit Mandela allerdings etwas ‚nicht in Ordnung` ist, dann ist es hauptsächlich, dass er während der letzten 10 Jahre gründlich und absichtlich missverstanden wurde. Er wurde als ein freundlicher älterer Herr gezeichnet, der eigentlich nur wollte, dass Schwarze und Weiße miteinander auskommen, und nicht als entschlossener politischer Aktivist, der die fehlende Machtbalance zwischen den Rassen unter demokratischer Herrschaft wieder herzustellen wünschte. In den Jahren nach seiner Freilassung wurde sein Drängen nach Frieden und Versöhnung im Westen bewusst als Wunsch nach Vergeben und Vergessen missdeutet und nicht als die unbedingt notwendigen ersten Schritte zur Herausbildung einer Einigkeit, die wiederum eine übel zugerichtete Nation aufrichten könnte.

      Zeigte er einen Mangel an persönlicher Bosheit, so wurde daraus ein Überfluss an Sanftmut und Nachgiebigkeit. Darin zeigt sich ein unausgesprochener Rassismus, der über Mandela hinaus aufzeigt, wie sich nach dem Wunsch des Westens schwarze Führer zu benehmen haben. Nach Sklaverei und Kolonialismus kommt der Wunsch, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen und einen Schleier über deren Vermächtnis zu decken. [...] Der Preis dafür, dass ein schwarzer Führer die "Halle der international berühmten Staatsmänner" aufgenommen wird, ist nicht nur die Summe seiner guten Taten, sondern entweder der Tod oder das halbe Leben hinter Gittern erforderlich.

      Damit sie sich Anerkennung verdienen können, muss die Geschichte erst umgeschrieben werden, um sie ihrer Militanz zu berauben. Nehmen wir (z.B.) Martin Luther King, der nach seinem Tod vom liberalen Establishment heilig gesprochen, für seine Kritik an der Rolle der USA in Vietnam in seinen letzten Jahren aber verteufelt wurde. Einer seiner Helfer, Andrew Young, erinnerte sich: "Dieser Mann, der weltweite Achtung als Nobel-Preis-Träger genoss, wandte seine Ethik und Praxis der Gewaltfreiheit plötzlich auf das Gebiet der Außenpolitik an. ‚Nein`, sagte man, ‚schwarze Gewaltlosigkeit ist in Ordnung, wenn sie mit Weißen zu tun haben, aber Weiße brauchen nicht gewaltlos agieren, wenn sie mit Braunen verkehren`."

      [...] Mandela weigerte sich, sehr zum Ärgernis der USA, Yassir Arafat, Oberst Gadhafi und Fidel Castro zu verurteilen. Er legte großen Wert auf die Loyalität, die ihm und seiner Organisation (ANC) während der Leidenszeit der Apartheid zuteil wurde, und er ließ konsequent verlauten, dass er zu denen halten werde, die zum schwarzen Südafrika gehalten hatten. Es sei falsch anzunehmen, sagte er den Amerikanern, "dass unsere Feinde Eure Feinde sind ... Wir sind eine Befreiungsbewegung und sie unterstützen unseren Kampf voll und ganz."

      Dies beschert - mehr als alles andere - den USA und Großbritannien ihr größtes Problem. Als Beweis, seine Urteilskraft (habe) mittlerweile Schaden gelitten, ziehen sie Bilder, auf denen er Gadhafi umarmt, oder Niederschriften seiner Unterstützung für Castro heran. Aber was sie als seine Schwäche ansehen, ist in Wahrheit seine Stärke: Er mag vergeben haben, aber er hat nicht vergessen. Seine aktuelle Kritik an den USA reicht 20 Jahre zurück bis zur "kurzsichtigen Unterstützung des Schahs von Persien, welche direkt zur islamischen Revolution von 1979 führte".

      Das Problem ist nicht, dass Mandela in seinen öffentlichen Verlautbarungen untypisch agiert, sondern dass die USA und Großbritannien in der Weltöffentlichkeit immer mehr an Kontakt verlieren.
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      schrieb am 02.10.02 13:20:07
      Beitrag Nr. 20 ()
      Juvenile,
      erst mal "DANKE" für die Arbeit, die Du Dir hier machst.
      Ich denke so langsam zeigt sich immer deutlicher, WER denn hier in der Welt außenpolitisch isoliert ist.
      Die Bush-Admintration hat ein einziges klares Ziel vor Augen:Die Ablösung Saddam Husseins. Inzwischen versuchen sie ja sogar die Irakis dazu anzustacheln, ihren Diktator selber aus dem Weg zu räumen, weil "eine Gewehrkugel sehr viel billiger ist als ein Krieg". Es geht ihnen keinesfalls um Massenvernichtungswaffen und Waffenkontrolle sondern ausschließlich darum, den Irak über eine befreundete Regierung kontrollieren und entsprechend nutzen zu können.
      Gut, dass unsere Regierung bei diesem "Spiel" nicht mitmacht!
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      schrieb am 02.10.02 13:57:12
      Beitrag Nr. 21 ()
      @ Huta

      sogar Blair muss den Druck aus seinem eigenen Volk nochmals in seiner Position etwas zurückrudern. na, immerhin haben doppelt soviele Leute in London für Frieden protestiert wie für den Erhalt der Fuchsjagd :), aber die Gefahr geht hier ganz klar in erster Linie von Cheney, Rice, Rumsfeld und Wolfowitz aus. diese neue Doktrin soll die Welt unter amerikanischen Einfluß bringen. siehe die die Ölressourcen an, am kaspischen meer sitzen schon Ami-Soldaten. sie trainieren angeblich die Truppen des Aserbaidschan :laugh:
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      schrieb am 02.10.02 13:57:44
      Beitrag Nr. 22 ()
      Friedensforscher: Ein Präventivkrieg gegen den Irak wäre ungerechtfertigt und schädlich
      Eine Stellungnahme des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg

      Nachfolgende Stellungnahme gaben die unterzeichnenden Wissenschaftler am 23. September 2002 an die Öffentlichkeit. Die Internetadresse des Instituts lautet: www.ifsh.de


      Geht vom Irak eine akute Bedrohung aus?

      Seit Januar diesen Jahres wiederholen Vertreter der amerikanischen Administration mit unterschiedlichen Begründungen und in wechselnder Intensität die Ankündigung eines militärischen Vorgehens gegen den Irak. Die derzeitige Argumentation, vorgetragen von verschiedenen hochrangigen Amtsträgern, geht von der Überzeugung aus, dass die irakische Führung versuche, die Verfügung über nukleare Waffen zu erlangen. Bis ein tatsächlicher Einsatz solcher Waffen gegen die Vereinigten Staaten den Verdacht erweise, könne man jedoch nicht warten. Deshalb sei ein vorheriger Regimewechsel unabdingbar. Darunter wird der Sturz bzw. die Beseitigung Saddam Husseins verstanden.

      Dem entgegen bestätigen in den jüngsten Tagen getroffene Feststellungen unabhängiger Institutionen und Persönlichkeiten die Behauptung einer akuten Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen in der Hand Bagdads nicht:
      Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien erklärt, dass ihr keine neueren Informationen über ein irakisches Atomprogramm vorliegen.
      Das Londoner Institut für Strategische Studien (IISS) zieht in einer Studie den Schluss, dass der Irak zur Herstellung nuklearer Waffen nur in der Lage ist, wenn es ihm gelingt, spaltbares Material aus dem Ausland zu erhalten.
      Das Carnegie Endowment for International Peace in Washington verweist auf das Fehlen jeglicher Trägermittel interkontinentaler Reichweite für Massenvernichtungswaffen.
      Der ehemalige amerikanische UN-Waffeninspekteur Scott Ritter bezweifelt, dass der Irak gegenwärtig die Fähigkeit besitzt, einsetzbare Massenvernichtungswaffen herzustellen.
      Der designierte Leiter der neuen UN-Waffenkontrollkommission, der Schwede Hans Blix, teilt diese Zweifel.
      Sein Vorgänger, der Australier Richard Buttler, vertritt die Auffassung, dass die irakische Führung möglicherweise noch vorhandene Massenvernichtungswaffen allenfalls zur Sicherung ihrer eigenen Existenz, nicht aber für terroristische Anschläge nutzen würde.

      Hat die jüngste Bush-Rede die Kriegsgefahr verringert?

      Vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen hat der amerikanische Präsident am Donnerstag vergangener Woche die Weltorganisation und das durch sie repräsentierte System internationaler Sicherheit seiner Wertschätzung versichert. Er werde mit ihr zusammenarbeiten, um ihren Beschlüssen zur Geltung zu verhelfen. Der Eindruck der Abkehr vom unilateralistischen Kurs und der Hinwendung zu einer gemeinschaftlichen Politik entstand. In den zurückliegenden Monaten hatte sich UN-Generalsekretär Annan in mehreren Gesprächsrunden mit dem irakischen Außenminister Sabri bemüht, die Wiederzulassung der 1998 abgebrochenen Vor-Ort-Inspektionen von Waffendepots und Produktionsanlagen auf dem Verhand-lungsweg zu erreichen.

      Die Rede Bushs wäre missverstanden, würde sie als amerikanische Bereitschaftserklärung gedeutet, sich wieder der Autorität der Vereinten Nationen unterzuordnen. Im Gegenteil ist die Regierung in Washington keinen Fingerbreit von ihren bisherigen Ankündigungen gegenüber dem Irak abgerückt - weder von der Zielsetzung des Regimewechsels, noch von der Strategie der gewaltsamen Erzwingung. Dazu Präsident Bush: "Wir werden mit dem UN-Sicherheitsrat an den notwendigen Resolutionen arbeiten. Aber an den Absichten der Vereinigten Staaten sollten keine Zweifel bestehen. Die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates werden umgesetzt - oder ein Vorgehen gegen den Irak wird unvermeidlich. Ein Regime, das seine Legitimität verloren hat, wird auch seine Macht verlieren."

      Die dem Irak zu setzenden Fristen und anzudrohenden Schritte, so der Präsident am Tag nach seinem Auftritt in New York, sollen "nicht erst in Monaten, sondern in Tagen oder Wochen" beschlossen werden. Dem Ultimatum der Vereinten Nationen an den Irak geht das Ultimatum der USA an die Vereinten Nationen voran.

      Mit fünf Forderungen konfrontiert die Bush-Rede das Regime in Bagdad. Es soll:
      alle Massenvernichtungswaffen zerstören,
      jegliche Unterstützung des Terrorismus unterlassen,
      die Verfolgung der Zivilbevölkerung beenden,
      alle Vermissten aus dem Golfkrieg freilassen,
      jeden Handel außerhalb des Programms "Öl für Nahrung" einstellen.
      Es sind Forderungen, die ihrer teils vagen, teils maximalistischen Formulierung wegen nicht überprüft werden können, was umgekehrt heißt: Forderungen, deren Missachtung sich unwiderlegbar behaupten lässt. Sie eignen sich folglich zur Begründung von Gegenmaßnahmen beliebiger Art. Auffälligerweise findet sich die konkrete und verifizierungsfähige Forderung nach Fortsetzung der Waffeninspektionen nicht darunter.

      Gibt es eine Alternative zum militärischen Vorgehen?

      Seit zwölf Jahren unterliegt der Irak einem einschneidenden Finanz- und Handelsembargo. Dessen verheerende Folgen bekommen nicht Saddam Hussein und sein engeres Herrschaftspersonal zu spüren, wohl aber die übrigen 18 Millionen Iraker. Der einst wohlhabende Ölstaat liegt heute in der Spitzengruppe der Länder mit unverhältnismäßig hoher Säuglings- und Kindersterblichkeit. Die Unterorganisationen der Vereinten Nationen führen den Missstand auf sanktionsbedingte Ernährungsmängel und unzureichende medizinische Versorgung zurück.

      Im Norden und Süden des Landes sind fast die Hälfte des irakischen Territoriums vom übri-gen Staatsgebiet faktisch abgetrennt. Regelmäßig bombardieren amerikanische und britische Kampfflugzeuge rechtswidrig Ziele im Irak.

      Die bis heute fortgeltenden Wirtschaftssanktionen wurden 1990 als Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die bewaffnete Aggression des Irak gegen das Nachbarland Kuwait verhängt. Sie wurden 1991 über das Kriegsende hinaus verlängert, diesmal um den Entwaffnungsauflagen an die irakischen Streitkräfte Nachdruck zu verleihen. Den Zusammenhang zwischen dem Sanktionsregime und der Erfüllung von Abrüstungsverpflichtungen bekräftigen mehrere Irak-Resolutionen der Vereinten Nationen.

      Es trifft nicht zu, dass die derzeitige Regierung in Bagdad die begründete Forderung nach weiteren Waffeninspektionen mit einem verstockten Nein beantwortet. Sie hatte sich bisher lediglich geweigert, diese Frage losgelöst von jener der Wirtschaftssanktionen zu behandeln. Was genau sie tun muss, um auf eine Lockerung und schließliche Aufhebung der ökonomischen und militärischen Strangulierung hoffen zu können, würde auch jede andere irakische Regierung wissen wollen. Die Wiederaufnahme von Rüstungskontrollen durch die Vereinten Nationen mit Zusagen für Sanktionserleichterungen bei erfüllten Abrüstungsauflagen zu verknüpfen, ist mithin keine unbillige Vorbedingung. Unbillig ist vielmehr die Forderung nach "bedingungsloser" Wiederzulassung der Waffeninspekteure.

      UN-Generalsekretär Annan, der am selben Tag wie der amerikanische Präsident vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen sprach (hier geht es zur Rede von Kofi Annan), hat auf die Verbindung der beiden Problemkomplexe ausdrücklich hingewiesen. Sein Lösungsansatz ist offensichtlich ein grundlegend anderer als der des Mannes im Weißen Haus. Er setzt auf eine umfassende Regelung der Irak-Frage mit politischen Mitteln. Sie muss allen Seiten gewährleisten, was ihnen zusteht: dem Irak die schrittweise Rückgliederung in das internationale System, seinen Nachbarn Sicherheit, auch vor ihm.

      Welche politischen Maßnahmen verdienen Unterstützung?

      1. Die UN-Resolution 687 von 1991 gilt fort. Sie verpflichtet den Irak zur Duldung der Überwachung seiner Rüstungstätigkeit durch Vor-Ort-Inspektionen und andere technische Mittel. Sie muss bis auf weiteres ein Element der Gesamtlösung des Irak-Problems bleiben. Die Europäische Union sollte sich mit einem europäischen Inspektionsteam daran beteiligen oder selbst die Führung der Mission übernehmen.

      2. In Ziffer 14 bestimmt dieselbe Resolution, dass die dem Irak erteilten Abrüstungs- und Kontrollauflagen Schritte darstellen zum Ziel einer von Massenvernichtungswaffen samt zugehöriger Trägermittel freien Zone im Mittleren Osten. Die Aufrechterhaltung der amerikanischen Militärpräsenz in der Region über das Ende des Golfkriegs hinaus hat dazu beigetragen, das Vorhaben zu unterlaufen. Es bedarf der Reaktivierung. Eine von der Europäischen Union vorgeschlagene und vorbereitete Konferenz über regionale Rüstungsbegrenzung wäre ein Anfang.

      3. Abrüstung und Rüstungskontrolle sind in den vergangenen Jahren konzeptionell entwertet worden. Wer anderen Staaten die Beseitigung seiner Massenvernichtungswaffen abverlangt, muss sich selbst an die für alle geltenden Regime halten. Das Desiderat konsequenter und genereller Ächtung von Massenvernichtungswaffen steht und fällt mit der allseitigen Umsetzung und Vervollständigung zentraler Vertragswerke wie dem - gekündigten - ABM-Vertrag, dem Vollständigen Kernteststoppvertrag, dem Nichtverbreitungsvertrag sowie den Abkommen über das Verbot von B- und C-Waffen.

      4. Die auch nach dem den Einlenken Saddam Husseins in der Inspektionsfrage fortbestehen-de Angriffsdrohung gegen den Irak wird im Kontext des "Krieges gegen den Terrorismus" propagiert. Zu den gravierendsten Nebenfolgen der militärisch verengten Auseinanderset-zung mit Terrorgewalt gehört die Verrohung der internationalen Politik. Jeder rechtswidrige Übergriff, den ein antiterroristisches Motiv bemäntelt, kann inzwischen auf Nachsicht oder gar Billigung zählen. Russland bombardiert das Pankisi-Tal im souveränen Nachbarland Georgien. Israel nimmt die arabische Bevölkerung der Westbank und des Gaza-Streifens in Geiselhaft. Pakistan und Indien bedienen sich wechselseitig terroristischer Praktiken, um eigene Anhänger zu unterstützen und die des Kontrahenten zu schwächen. In allen drei Krisenregionen - Tschetschenien, Palästina, Kaschmir - ist die Suche nach einer politischen Konfliktlösung praktisch zum Erliegen gekommen. Dabei wäre nichts geeigneter, den Nährboden terroristischer Auflehnung dauerhaft zu beseitigen, als das Ende der langandauernden Bürgerkriege.

      5. Der nächste Golfkrieg ist noch längst nicht abgesagt. Die Bundesregierung hat entschieden, sich daran weder mit Soldaten noch mit Geldleistungen zu beteiligen. Sie sollte sich diese Entscheidung von niemandem abhandeln lassen. Der Griff zu den Waffen ist zulässig zur Abwehr einer gewaltsamen Aggression. Anders als im Sommer 1990 begeht der Irak keine militärische Aggression. Er wäre mit Aussicht auf Erfolg dazu wahrscheinlich nicht einmal imstande. Ohne die ernsthafte Ausschöpfung aller gegebenen politischen Lösungsmöglichkeiten wäre der Griff zu den Waffen ein Akt der Willkür. Jede Regierung, die daran mitwirkt, sei es durch militärischen Beistand, logistische Hilfe oder politische Unterstützung, übernimmt Mitverantwortung. Für die Folgen, für die Opfer, für die Toten.

      Dieter S. Lutz
      Reinhard Mutz
      Götz Neuneck
      Avatar
      schrieb am 02.10.02 14:52:38
      Beitrag Nr. 23 ()
      Die Wolfowitz-Verschwörung
      Am 14. Oktober veröffentlichte der London Observer eine der nun geläufigen - und völlig falschen - US-Propaganda-Schreckgeschichte mit dem Titel "Der Irak steckt hinter den Anthrax-Ausbrüchen." Der Bericht schenkte dem irren Gerede der "amerikanischen Falken" Glauben, welche sagen, daß es "einen wachsenden Haufen Beweise gibt, daß der irakische Präsident Saddam Hussein mit den Flugzeugentführungen vom 11. September - vielleicht indirekt - verwickelt sei. Wenn sich dies bestätigen würde", meinte der Observer, "dann würde der sich aufbauende Druck … für einen Angriff (auf den Irak) unwiderstehlich werden." Einer dieser "Falken", ein unbenannter "Regierungsangestellter" der USA, berichtete dem Observer, daß der britische Premierminister Tony Blair ein "treuer Verbündeter" im Krieg gegen den Terrorismus sei und "wenn es bedeuten würde, daß wir den nächsten Hundertjährigen Krieg beginnen würden, dann ist dies halt so.

      Der "nächste Hundertjährige Krieg"? Wer sind diese verrückten Amerikaner, die derartig sprechen, und sind sie nicht genauso gefährlich wie der Jihad des Osama bin Laden?

      Hier werden wir die Namen der Fanatiker in dieser Anti-Irak-Gruppierung nennen, die als die "Wolfowitz-Verschwörung" bekannt wurden, benannt nach dem Stellvertretenden Verteidigungsminister der USA, Paul Wolfowitz. Der New York Times zufolge, welche durchgesickerte Informationen über deren Aktivitäten vom 12. Oktober veröffentlichte, will diese Gruppierung einen unverzüglichen Krieg gegen den Irak, im Glauben, daß die Bombardierung von Afghanistan, welches längst ein ausgelaugtes Ödland ist, keinesfalls einem globalen Krieg entspricht, den sie erhoffen. Aber der Irak ist nur ein weiterer Trittstein, um den Anti-Terroristen-"Krieg" in einen ausgewachsenen "Clash of Civilizations" umzuwandeln, in welchem der Islam zum neuen "Feindbild" des neuen "Kalten Krieges" wird.

      Die Theorie hinter dem "Clash of Civilizations", entwickelt vom Berater für nationale Sicherheit des Präsidenten Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski und seinen Schützlingen einschließlich dem Harvard-Professor Samuel Huntington, definiert die arabische und islamische Welt als einen "arc of crisis", einen "Bogen der Gefahr" aus dem Mittlerem Osten über die islamischen Länder Zentralasiens in die damalige Sowjetunion. Brzezinski wollte die "islamische Karte" gegen die Sowjetunion ausspielen, und dadurch begann die Politik, islamische Fundamentalisten gegen moderate und pro-westliche arabische und islamische Regierungen zu fördern. Nach dem Ende des kalten Krieges aktualisierte der Haufen von Brzezinski/Huntington ihren "Bogen der Gefahr", indem sie erklärten, daß die islamische Religion in einem neuen Krieg der Feind sei, in welchem Religionen statt politischer Systeme sich unausweichlich bekämpfen würden.

      Jedenfalls wurden jene terroristischen Drogenschmuggler der islamischen Welt, welche durch Brzezinski lanciert und von den Iran-Contra-Netzwerken unter der Kontrolle des Oberstleutnant Oliver North aufgrund der Executive Order 12333 des George Bush Sen. "adoptiert" wurden - trainiert von britischen und amerikanischen Sondergeheimdiensten und dem CIA, ausgerüstet durch israelische Militärnetzwerke - die Hauptverdächtigen in den terroristischen Angriffen auf die Vereinigten Staaten.

      Ein Netzwerk durchdringt die Regierung
      Die Anhänger der sogenannten "Wolfowitz-Verschwörung", welche die Theorie vom "Clash of Civilizations" verfolgen, sind nichts geringeres als "ein innerer Feind" in den USA, ein Netzwerk, welches das Verteidigungsministerium, das Außenministerium, das Weiße Haus und den Nationalen Sicherheitsrat verknüpft. Der Bericht soll keine "Gute Jungs gegen Böse Jungs"-Beschreibung der Bush-Regierung sein; eher ist es eine Warnung, daß diese Verschwörung eine eng verflochtenes Gaunernetzwerk ist, welches versucht, die US-Politik zu übernehmen und die momentane afghanische Unordnung in einen Weltkrieg ausarten zu lassen. Die Verschwörung trägt die gefährliche Ähnlichkeit einer "geheimen Parallelregierung" der "Projekt Demokratie"-Operation von Oberstleutnant North und General Richard Secord, welche Iran-Contra steuerte. Tatsächlich sind einige der Verschwörungsmitglieder in der jetzigen Bushregierung verurteilte Kriminelle aufgrund ihrer Aktivitäten in dem "Unternehmen" des Herrn North!

      Am 12. Oktober enthüllte die New York Times tiefe Meinungsverschiedenheiten in der Bush-Regierung, beschrieb, wie die Verschwörung hinter dem Rücken der Beamten des Kabinetts wie dem Außenminister Amerikas, Colin Powel, im Namen der US-Regierung Politik betreibt. Die Gruppe möchte den Irak auslöschen, den Palästinenserpräsidenten Arafat und die Palästinenserregierung auf die Terroristenliste setzen (wenn nicht gleich auf die Nachrufsseite) und den Nationalstaaten Krieg erklären.

      Die Times enthüllte, daß eine Schlüsselgruppe der "Wolfowitz-Verschwörung" die 18 Mitglieder umfassende Rat für Verteidigungspolitik sei, welcher sich für 19 Stunden zusammensetzte, um am 19./20. September "Prozeß zu machen" gegen Saddam Hussein. Das Treffen drängte nach einem neuerlichen Krieg gegen den Irak, sobald der Krieg gegen Afghanistan seine Anfangsphase abgeschlossen habe. Er diskutierte den Sturz von Saddam Hussein, die Aufteilung des Irak in Ministaaten, die von US-finanzierten Dissidenten geleitet würden, welche die Gewinne aus den Basra-Ölvorkommen für ihre kollaborierende Regierung stehlen würden. Das Treffen diskutierte, wie man die Informationen so manipulieren könne, daß man die Angriffe des 11. Septembers auf Saddam Hussein schieben könne.

      Der Times zufolge nahm Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an beiden Tagen nur teilweise teil, und am 22. September wies Präsident George Bush die Empfehlung des Rates zurück, (so früh) den Krieg gegen den Irak zu erklären. Aber für die "Wolfowitz-Verschwörung" zählt die Entscheidung von Herrn Bush nicht wirklich - Kernmitglieder des Politik-Rates sind wegen ihrer breiten internationalen Verbindungen vor allem zum Vereinigten Königreich und Israel ausgewählt worden, was ihnen erlaubt, Änderungen in der US-Politik mittels einer "Außen-Innen"-Operation durchzusetzen. Wenn man nicht in der Lage ist, Politik durch Werbung zu ändern, kann das Netzwerk durchaus auch verdeckte Operationen als eine "Regierung in der Regierung" durchführen, wie sie es auch während Iran-Contra getan hat.

      Der Vorsitzende des Rates für Verteidigungspolitik ist Richard Perle, ein früher Stellvertretender Verteidigungsminister für internationale Sicherheitsangelegenheiten unter Reagan, nun beim neokonservativen American Enterprise Institute.

      Perle, dessen Spitzname "Fürst der Finsternis" wegen seiner nuklearen Armageddon-Ansichten während des Kalten Krieges ist, ist, was viel wichtiger ist, ein Mitarbeiter von Conrad Black`s Hollinger International Inc., welche den Bemühungen des Sicherheitskoordinators des Britischen Empires William Stephensons entsprungen ist, Waffen für England während dem Zweiten Weltkrieg zu sichern. Gegenwärtig besitzt Hollinger die mit der britischen Tory-Partei verknüpfte Telegraph PLC, deren internationaler Beratungsausschuß von der früheren britischen Premierministerin, Lady Magaret Thatcher geleitet wird. Hollinger besitzt ebenfalls die Jerusalem Post, ein weiterer kriegsgeifernder Presseausguß.

      Die "Hartschläger" im Verteidigungspolitik-Rat sind die schlimmsten der angloamerikanisch-israelischen geopolitischen Fanatiker der letzten Jahrzehnte, einschließlich: dem früheren Außenminister Henry A. Kissinger, der auch ein Mitglied von Hollingers Internationalem Beratungsausschuß ist; dem früheren Sprecher des Weißen Hauses Newt Gingrich; dem früheren Direktor der CIA unter Clinton, R. James Woolsey; dem früheren stellvertretenden Vorsitzenden der Oberbefehlshaber der Heere Admiral David E. Jeremiah; dem früheren Vizepräsident Dan Quale; dem früheren Verteidigungs- und Energieminister James R. Schlesinger und dem früheren Verteidigungsminister unter Präsident Carter Harold Brown.

      Obwohl Perle erst vor kurzem zum Vorsitzenden des Rates für Verteidigungspolitik ernannt wurde, waren er und Wolfowitz für mehr als zwanzig Jahre Kollaborateure als einflußhabende Agenten der rechtsgerichteten israelischen Kriegsparteien. 1985, als klar wurde, daß Jonathan Jay Pollard, ein in diesem Jahr der Spionage überführten Amerikaner beim Stehlen von solch hochgeheimen USA-Geheimnissen für Israel, um sie der Sowjetunion zu verkaufen, nicht allein gearbeitet haben kann, berichteten Geheimdienstangestellte höchsten Ranges der EIR, daß ein gesamtes "X-Kommittee" an höchstrangigen US-Beamten untersucht werde. Wolfowitz und Perle waren auf der Liste der Verdächtigen des "X-Kommittees", und die Spionage Israels gegen die Vereinigten Staaten waren derartig heftig, daß die Ermittler EIR berichteten, daß sie "nicht nur Maulwürfe sondern regelrechte Maulwurfshaufen" gefunden haben. Pollard und seine israelischen Verteidiger behaupteten später, daß Pollard gegen die USA spionieren "mußte", weil die Amerikaner zu sanft mit dem Irak und anderen arabischen Ländern umsprangen.

      Die "Wolfowitz-Verschwörung" ist dazu bestimmt, die Vereinigten Staaten in Richtung der gefährlichsten israelischen Rechtsaußenpolitik zu drängen einschließlich einem möglichen israelischen Nuklearangriffs auf einen arabischen Staat. Sie sind die Durchführer genau jenes Szenarios der "Auseinanderbrechenden Allianz", vor welcher Lyndon LaRouche in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober warnte.

      Plan B: Mit dem Hund wedeln
      Die "Wolfowitz-Verschwörung" ist darauf aus, jegliches Potential für einen Mittelöstlichen Frieden zu zerstören und ist dazu bestimmt, die eurasische Wirtschaftsentwicklung zu behindern, welche sich um die Kooperation zwischen Europa, Rußland und China konzentriert Nachdem Rückschlag nach der Marathonsitzung des Verteidigungspolitik-Rats, setzte die Wolfowitz-Verschwörung verschiedene Operationen in Bewegung, um Propagandageschichten, gefälschte Berichte der US-Politik zu verbreiten, und andere Manöver, wodurch sozusagen "der Schwanz mit dem Hund wedelt". Nicht genehmigte Stellungnahmen werden von den Verschwörern gemacht, Interviews, welche die US-Politik falsch darstellen, werden rund um die Welt verbreitet, und Geheimdienstberichte werden geändert oder hergestellt, um die politischen Ziele näherzubringen.

      Das Muster wird klar und deutlich.
      In einem ersten derartigen Vorgehen kurz nach den Angriffen vom 11. September erklärte Wolfowitz, daß die Vereinigten Staaten "staatsgestützten Terrorismus beenden" würden und bestand darauf, daß nach dem Prinzip der Selbstverteidigung die Vereinigten Staaten allein handeln dürfen, ohne die Vereinten Nationen oder eine Kooperation mit anderen Ländern. Er wollte die "Doktrin" etablieren, daß die Vereinigten Staaten "egal wo und zu welcher Zeit" ein Land aufgrund geheimer Beweise angreifen könnten. Aber Wolfowitz wurde in einer deutlich sichtbaren Unstimmigkeit mit dem Weißen Haus gezwungen, diese Aussage zurückzunehmen. Einige Tage später bremsten die NATO-Verbündeten im Hauptquartier in Brüssel Wolfowitz und lehnten es bei einem Treffen, in welchem Wolfowitz die Bush-Regierung vertrat, ab, die Kooperation mit den Vereinigten Staaten unter NATO-Abkommen formell zu bekräftigen.

      In derselben Laune versuchte die Verschwörung am 7. Oktober, dem Tag, als die Afghanistan-Bombardierung begann, einen Keil zwischen die Vereinigten Staaten und den UN-Sicherheitsrat, vor allem Rußland und China zu treiben, indem sie den Text eines Briefes des US-Botschafters für die UN John D. Negroponte änderten - ein ständiger Insider in der Iran-Contra-Operation, welcher beschuldigt wurde, in den 80ern mit Drogen-verbundenen militärischen Todesschwadronen in Honduras kollaboriert zu haben. Die Önderungen wurden ohne Kenntnis des Vorgesetzten von Negroponte, dem Außenminister Powell gemacht.

      Im Brief zitierte Negroponte den sogenannten Ausrutscher von Wolfowitz und schrieb "Wir könnten herausfinden, daß unsere Selbstverteidigung weitergehende Handlungen bezüglich anderer Organisationen und Staaten erforderlich macht." Die Aussage zielt implizit auf den Irak, Syrien und den Sudan, alles Länder, die auf der Staatenliste des Außenministeriums stehen, welche Terrorismus unterstützen. Die Aussage verletzt Versprechen, welche die USA gegeben haben, daß sie die "Koalitions"-Handlungen darauf beschränken, die Angriffe vom 11. September zu vergelten. Wie berichtet wurde, soll Powell, als er von dieser Aussage aus der Presse erfahren hat, "an die Decke gegangen sein". Die Einfügung wurde von Stephen J. Hadley entworfen, welcher stellvertretender Berater für den nationalen Sicherheitsrat ist. Dieser Stunt könnte beim Treffen des Rates für Verteidigungspolitik geplant worden sein.

      Dann ist da der Fall vom früheren CIA-Direktor James Woolsey, dessen definierte Rolle als Mitglied des Politikrates es ist, am öffentlichsten den Sturz von Saddam Hussein zu fordern. Die Zeitungskette Knight-Ridder berichtete am 11. Oktober, daß Woolsey im vorigen Monat dazu autorisiert wurde, mit einem US-Regierungsflugzeug nach London zu fliegen, auf geheimer Mission in Begleitung von Beamten des Justiz- und Verteidigungsministerium Beweise zu sammeln, die Saddam Hussein mit den Angriffen vom 11.September verbinden. In einer Pressekonferenz vom 18. September von Defense Week rief Woolsey nach einer "Flug- und Fahrtverbotszone" im Norden und Süden des Irak, damit die Kurden bzw. die Shi`iten besser Saddam bekämpfen können. "Das Schlagwort des Tages", meinte Woolsey, ist "Es sind die Regime, Trottel!" Seit dem Anthrax-Tod vom Bob Stevens am 5. Oktober, dem Fotoredakteur der Sun, wurde Woolsey zum weltweit führenden Fingerzeiger auf Saddam als Mann hinter der Anthrax-Attacken. Seine sogenannten Beweise sind veraltet, vorurteilsbehaftet und vollständig unverläßlich.

      Es ist kein Zufall, daß Woolsey im letzten Jahr eine prominente Rolle - als CIA-Direktor - im Szenario 1999/2000 des New Yorker Rates für auswärtige Angelegenheiten (CFR, Council on Foreign Relations) gespielt hatte, "Die nächste Finanzkrise: Warnzeichen, Schadenskontrolle und Auswirkungen", welcher einen virtuellen Militärputsch ausgearbeitet hatte, welcher einer kombinierten Finanzkrise und Terroristenattacke auf den Fuß folgen würde. Im Kriegsspiel des CFR würde der US-Präsident von der Bildfläche verschwinden. was das Land unter der Kontrolle der Krisenmanagement-Diktatur zurücklassen würde.

      Ebenfalls nach London entsendet, um für einen "rollenden Krieg", der Afghanistan, dann den Irak, und dann Land für Land, bis die Rache vollbracht wurde, Propaganda zu machen, ist das befreundete Mitglied des Politik-Rates Newt Gingrich. In einem Gespräch mit der London Times, die dem britischen Israel-Top-Propagandisten Rupert Murdoch gehört, sagte Gingrich, daß die Vereinigten Staaten "im Krieg" liegen mit dem "organisierten, systematisch ausgebreiteten Terrorismus, gefördert durch Nationalstaaten". Er meinte, daß der Beschuß der afghanischen Taliban ohne das Bezwingen des Irak "vergleichbar damit wäre, das imperiale Japan zu bezwingen, aber die Nazis in Ruhe zu lassen." Gingrich drohte, daß Länder, die entschieden, nicht kooperativ gegen den Terrorismus zu sein, den Konsequenzen gegenüberstehen müssen: "Die USA und die Koalitionskräfte werden euren eigenen Völkern beistehen, euch zu beseitigen."

      Indem er das Tempo für sein Team vorgibt, war Perle der verbindende Initiator mit dem Neu-Schwindler (neo-con?) William Kristol der von Rupert Murdoch finanzierten Weekly Standard bei einem offenen Brief an Präsident Bush, welcher, obwohl er den Präsidenten im Krieg gegen den Terrorismus begeistert unterstützte, tatsächlich ein Ultimatum war, um einen "Clash of Civilizations", dreissigjährigen Krieg im mittleren Osten zu unterstützen. Unter den nicht vertretbaren Forderungen, die in diesem Brief vorgetragen wurden, war der Sturz von Saddam Hussein, "selbst wenn die Beweise den Irak nicht direkt mit dem Angriff (vom 11. September) in Verbindung bringen."

      Es gibt keinen Zweifel, daß das Duo Wolfowitz/Perle am Kern des Netzwerkes sind, welches Israel im "Szenario wegfallender Verbündeter" benutzen kann. Tatsächlich ist Wolfowitz eine der großen Hoffnungen der rechtsextremen in Israel einschließlich der radiaklen Siedlerbewegung, wo man die Ermordung Arafats und die Vertreibung aller Palästinenser aus den besetzten Gebieten fordert. Aber Wolfowitz und Perle sind keine "israelischen Agenten". Eher sind sie die Unternehmer zweiter Generation, die beide von Albert Wohlstetter von der RAND Corp. ausgebildet wurden, einem früheren Trotzki-Kommunisten, der nun Nuklearstratege ist. Genauso wenig sind die verschwörerischen kriegstreiberischen Militaristen "Sieben Tage im Mai".

      Richard Armitage, General Wayne Downing, Richard Clarke und Elliott Abrams sind ebenso schwer in dieser Verschwörung verwickelt.
      Avatar
      schrieb am 02.10.02 15:05:57
      Beitrag Nr. 24 ()
      Bagdad ist nur der Anfang
      Amerikas neokonservative Elite denkt viel weiter: Von Syrien bis Iran sollen die Regierungen gestürzt werden

      Den folgenden Beitrag haben wir dem interessanten österreichischen Online-Magazin "profil" entnommen. Wir dokumentieren die Analyse leicht gekürzt. Ein Blick in das Magazin dürfte sich lohnen (www.profil.at)

      Von Bernhard Odehnal und Martin Kilian

      Das Pentagon ist nicht gerade als Ort der Offenheit und Kommunikationsfreude bekannt. Auf dem Weg durch die kilometerlangen Gänge stößt man vor allem auf unendlich viele "No entry!"-Schilder, auf Türen mit geheimnisvollen Codes und auf strenge Wachsoldaten, deren finstere Blicke in etwa besagen: In fünf Sekunden bist du verschwunden oder tot. Unwahrscheinlich, dass aus dieser Festung des amerikanischen Verteidigungsministeriums etwas nach außen dringt, das nicht nach außen dringen soll.

      So war es wohl auch kein Fehler im System, sondern politische Strategie, dass die "Washington Post" Anfang August die Mitschrift eines Briefings mit explosivem Inhalt erhielt. In dem Vortrag mit dem Titel "Wie man die Saudis aus Arabien entfernt" entwarf der Politologe Laurent Murawiec von der konservativen Denkfabrik Rand Corporation den Mitgliedern des Ausschusses für Verteidigungspolitik eine große Strategie für die Neuordnung des Nahen Ostens. Seine knappe Zusammenfassung: Der Irak sei dabei der taktische, Saudi-Arabien der strategische Angelpunkt, "und Ägypten ist der Preis". Im Fokus amerikanischer Interessen müsse der Sturz der saudischen Regimes und die Installierung eines haschemitischen Königs sein. Das Geschlecht der Haschemiten regiert heute Jordanien und gilt als besonders amerikafreundlich.

      Natürlich beeilte sich das Pentagon, sofort festzustellen, Murawiec` Vortrag habe nichts mit der politischen Linie der Regierung zu tun, das Königreich sei weiterhin enger Verbündeter. War die Veröffentlichung des geheimen Briefings jedoch als Schuss vor den Bug der Saudis gemeint, so hat sie ihre Wirkung nicht verfehlt: Ein in Panik geratenes saudisches Königshaus betont seither in Vorträgen, Anzeigen und Zeitungskommentaren seine Nähe zu den amerikanischen Freunden und die Reformfreudigkeit im eigenen Land.

      Die engagierte PR-Kampagne könnte zu spät kommen. Im Pentagon und im Weißen Haus hat nach den Terrorattacken vom 11. September eine Gruppe außenpolitischer Hardliner das Ruder übernommen, die im Angriff auf den Irak den Beginn einer umfassenden Neuordnung des Nahen Ostens sehen. Sie rechnen mit einem Dominoeffekt: Fällt das Regime von Saddam Hussein, werden sich auch in den Nachbarstaaten die Völker gegen die Diktatoren erheben, notfalls mit amerikanischer Hilfe. Dann könnten das Königshaus Saud ebenso wie die Mullahs im Iran, die Baat-Partei in Syrien und vielleicht sogar Präsident Hosni Mubarak in Ägypten durch amerikafreundliche, prowestliche Regierungen ersetzt werden. Großer Nutznießer dieser Umstürze wäre Israel, das als verlässlichster Bündnispartner in der Region freie Hand zur Lösung des Palästinenserproblems bekäme.

      Dass Saddam Hussein nun einlenkt und die Waffeninspektoren ins Land lässt, ist in diesen Planspielen nicht vorgesehen. Sämtliche Zugeständnisse des Irak werden folgerichtig als Tricks und Taktik interpretiert. Die Regierung Bush hat die Kriegsmaschinerie in Bewegung gesetzt. Es sieht nicht so aus, als wäre sie noch zu stoppen. "Mit dem Essen kommt eben der Appetit", sagt John Bunzl, Nahostexperte des Österreichischen Instituts für internationale Politik: "Weil der Krieg in Afghanistan so leicht gewonnen wurde, glauben nun die Falken in der US-Regierung, dieselbe Strategie sei überall anwendbar."
      ...
      Flaggschiffe der neokonservativen Medien sind die Meinungsseiten des "Wall Street Journal" sowie das Wochenmagazin "The Weekly Standard" unter Leitung des neokonservativen Gurus William Kristol. Beide Publikationen fordern lautstark einen Krieg gegen den Irak, notfalls auch ohne den Segen der Vereinten Nationen. Viel gelesene neokonservative Kolumnisten wie Charles Krauthammer oder Robert Kagan sind eifrige Verfechter einer Politik des Alleingangs.

      Lobbyisten des Kriegs

      Publizistische Trommeln für den Irak-Krieg und die "große Strategie" im Nahen Osten rühren auch drei neokonservative Think Tanks, die alle gute Verbindungen zur israelischen Regierung und zu Beamten im Pentagon haben: das American Enterprise Institute (AEI), das Washington Institute und das Middle East Forum. Michael Ledeen, Mitarbeiter des AEI, ist gern gesehener Gast in TV-Talkshows, wenn es um den Kampf gegen den Terror geht. In seinem unlängst erschienenen Buch über den Krieg gegen die Herren des Terrors ("The War against Terror Masters") erklärt er vier Staaten des Nahen Ostens zu Unterstützern des internationalen Terror-Netzwerks: Iran, Irak, Saudi-Arabien und Syrien. "Wir werden diesen Krieg gewinnen, und danach wird es keinen Irak mehr geben", prophezeite Ledeen unlängst in einem Fernsehinterview für den konservativen Sender Fox-TV. Sein Lieblingsprojekt ist jedoch der Sturz des Mullah-Regimes im Iran. ... Nicht zuletzt war es sein Einfluss, der die Bush-Regierung vor ein paar Wochen dazu bewegte, den Reformkurs von Präsident Mohammed Khatami für gescheitert zu erklären und nun die Revolution der Zivilgesellschaft zu fördern.

      Mindestens ebenso medial präsent wie Ledeen ist Daniel Pipes, Leiter des Middle East Forum, der im Interview mit profil eine "viel entschiedenere Politik gegenüber Saudi-Arabien" fordert. Die amerikanische Politik, so Pipes, "war bisher in Geiselhaft einiger saudischer und amerikanischer Geschäftsleute, Lobbyisten und Politiker".

      Ideen zur großen Neuordnung des Nahen Ostens sind an sich kein Monopol konservativer Hardliner. Auch Liberale und gemäßigte Republikaner denken seit Jahren über Methoden und Chancen nach, die arabische Welt zu öffnen und zu demokratisieren. Sie denken dabei jedoch eher an eine massive Unterstützung demokratischer Kräfte - so wie in Westeuropa nach 1945 und in Osteuropa nach 1989. Im Frühjahr 1999 veröffentlichten drei Nahostexperten der Rand Corporation, die dem Pentagon nahe steht, eine Studie über politische Stabilität im Nahen Osten. Das Urteil über den Zustand der Staaten in der Region ist vernichtend: "Auf jeder Ebene fehlt es in der Region an verantwortungsvollen Führungskräften. Die herrschenden Eliten verhindern jede politische Öffnung, die ihre Macht bedrohen könnte." Aber auch die Perspektiven sind für die Rand-Experten ernüchternd: Vielleicht habe der Nahe Osten das Potenzial zu einer positiven Entwicklung, so wie Osteuropa, Südostasien oder Lateinamerika: "Aber für die meisten Nationen im Nahen Osten scheinen politische Reformen in naher Zukunft nicht realistisch zu sein."

      Vom Krieg war damals noch nicht die Rede. Nur von einer Strategie, "Saddam in die Enge zu treiben". Und im Übrigen sollten die Amerikaner "politische Reformen ebenso vorantreiben wie Verbesserungen im Gesundheits- und im Schulsystem, und wir sollten in der gesamten Region Arbeitsmöglichkeiten schaffen".

      Nichts anderes hätten sie im Sinn, behaupten die neokonservativen Berater von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney: Demokratie und Wohlstand für den Nahen Osten, freien Zugang für amerikanische Unternehmen zu den Ölquellen. Die Idee von einem sanften Wandel der Region halten sie jedoch für liberales Geschwätz. ...

      Wer sind diese Neokonservativen oder "Neocons", wie sie in den Vereinigten Staaten genannt werden, die in Washington derzeit den Ton angeben?

      Das Geburtsdatum des Neokonservativismus als einer politischen Bewegung fällt in die späten siebziger Jahre, als desillusionierte Ex-Demokraten während der Präsidentschaft Jimmy Carters eine härtere Gangart gegenüber der Sowjetunion mitsamt einer wertkonservativen Gesellschaftspolitik verlangten.

      Die New Yorker Intellektuellen Irving Kristol und Norman Podhoretz bildeten den frühen Kern des neokonservativen Aufstands gegen amerikanische Liberale und Linke. Bald setzten sich Neocons in der zunehmend konservativeren Republikanischen Partei fest. Sowohl unter Ronald Reagan als auch dem älteren George Bush spielten sie jedoch nur Nebenrollen.

      Globale Machtspiele

      Erstmals ins Rampenlicht gerieten die außenpolitischen Glaubenssätze der Neokonservativen in einem Anfang 1992 durchgesickerten Pentagon-Planungsdokument, dessen Verfasser, darunter der prominente Neocon und jetzige stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, eine Verewigung globaler amerikanischer Hegemonie forderten. Die Vereinigten Staaten, so das Dokument, "müssen Mechanismen aufrechterhalten, um politischen Konkurrenten" eine "globale Rolle" zu verwehren. Im Klartext: Nie wieder dürfe Washington einen strategisch ebenbürtigen Widersacher wie die Sowjetunion dulden.

      Besonders das Pentagon wurde mit dem Amtsantritt George W. Bushs zu einer Domäne der Neocons. Neben Wolfowitz bestimmen zwei neokonservative Falken die politische Diskussion im Verteidigungsministerium: der für politische Planung zuständige Staatssekretär Douglas Feith und Richard Perle, ehemaliger Staatssekretär in der Ära Reagan und Vorreiter einer kompromisslosen amerikanischen Außenpolitik. Heute leitet Perle jenes einflussreiche Beratergremium des Verteidigungsministeriums, in dem im Sommer der Experte der Rand Corporation seinen Vortrag über Saudi-Arabien als "Kern des Bösen" halten durfte.

      Nicht nur im Pentagon sitzen Neocons. Selbst in Colin Powells Außenministerium hat sich ein neokonservativer Falke eingenistet: der für Abrüstungsfragen und internationale Verträge zuständige Unterstaatssekretär John Bolton, ein erbitterter Feind jeglichen Multilateralismus. Der amerikanische Ausstieg aus dem Vertrag zur Schaffung eines Internationalen Gerichtshofs sei der glücklichste Moment seiner Karriere gewesen, bekannte Bolton. ...

      ... Powell wurde zur Seite geschoben. Die Falken sind im Aufwind, in amerikanischen Umfragen stieg in den vergangenen Tagen die Zustimmung der Bevölkerung zu einem Militärschlag. Fast 60 Prozent halten den Krieg gegen Saddam für notwendig. Selbst in liberalen Denkfabriken wie dem Council on Foreign Relations (CFR) ist man überzeugt, dass der Konflikt nicht zu verhindern sei.

      Die US-Regierung könne nicht mehr zurück, sagt CFR-Analytikerin Jessica Fugate. George W. Bush werde jedoch den NATO-Gipfel Ende November in Prag abwarten, um die Alliierten auf Linie zu bringen. Der Sieg im Irak, meint Fugate, könne tatsächlich weitere Regimewechsel auslösen. Aber um den Nahen Osten nachhaltig zu verändern, brauche man vor allem gute politische Führer und viel Zeit: "Wer Demokratie über Nacht erzwingen will, provoziert Unruhen und Chaos."

      Quelle: www.profil.at - Das Online-Magazin Österreichs, Heft 39/2002-09-25
      Avatar
      schrieb am 03.10.02 20:05:19
      Beitrag Nr. 25 ()
      Offener Brief der akademischen Gemeinschaft gegen einen Irak-Angriff / AN OPEN LETTER FROM THE ACADEMIC COMMUNITY OPPOSING A U.S. INVASION OF IRAQ
      Verfasst von Lehrenden an der Universität von Minnesota, ins Internet gesetzt von Lehrenden des MIT / Written by faculty members at the University of Minnesota, placed on the web by faculty at MIT

      Im Folgenden dokumentieren wir einen "Offenen Brief" von Lehrenden verschiedener Universitäten und anderer wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen der USA sowie aus dem Ausland, in dem sich die Unterzeichner gegen einen Angriff auf den Irak aussprechen. Bis zum 28. September haben den Appell bereits an die 7.000 Wissenschaftler/innen unterschrieben. Die Initiatoren bitten die scientific community darum, sich dem Appell anzuschließen. Die Homepage mit dem Aufruftext, der Liste der Unterzeichner/innen (die fortlaufend ergänzt wird) und weiteren Informationen ist unter folgender Adresse zu erreichen:
      http://noiraqattack.org/.

      Zusammenfassung des Inhalts des Offenen Briefs

      Einleitend heißt es, die Entscheidung für einen Krieg sei vielleicht die schwerwiegendste Entscheidung, welche die führenden Politiker eines demokratischen Staates treffen können. Es bedeute z.B., jungen Bürgern zu befehlen, im Namen der Nation uzu töten odergetötet zu werden. Wenn eine solche Entscheidung richtig und legitimiert sein soll, dann kann sie erst am Ende einer öffentlichen Debatte stehen. Im Augenblick reichen nach Auffassung der Unterzeichner die Rechtfertigungsversuche der Bushs, Cheneys und Rices nicht aus, eine Invasion in den Irak zu rechtfertigen.

      Folgende Gründe sprächen gegen einen Krieg:

      Ein Angriff auf den Irak, um Saddam Hussein zu stürzen, entspricht weder den Interessen der USA, noch denen der Region oder der Welt. Ein Anmgriff würde zu noch mehr Instabilität im Irak führen, den Nahen Osten destabilisieren und den israelisch-palästinensischen Konflikt verschärfen. Radikale islamische Bewegungen würden weltweit Auftrieb und Terrorismus neue Nahrung erhalten. Kurz: Sowohl die Region als auch die Welt würde nicht sicherer, sondern unsicherer.

      Die wichtigsten Verbündeten der USA unterstützen den Angriff nicht. Sie plädieren für mehr Zurückhaltung uns verlangen mehr Beweise für die irakische Bedrohung. Selbst die Unterstützung durch Regierung und Bevölkerung des treuesten Verbündeten, Großbritannien, ist bestenfalls schwach. Jede militärische Aktion gegen Irak müsste aber von der moralischen Stärke eines internationalen Konsenses getragen sein.

      Selbst die US-Regierung steht nicht geschlossen hinter dem Angriff. Genannt werden Republikaner wie der Abgeordnete Dick Army oder der Senator Chuck Hagel, aber auch Außenminister Powell, von dem bekannt ist, dass er einem Krieg ablehnend gegenübersteht, wenn er nicht auf breite internationale Unterstützung stößt. Die Emntscheidung zum Krieg müsste von einer eindeutigen Zustimmung durch den Kongress, den Außenminister und die obersten Befehlshaber der Armee abhängig gemacht werden.

      Die meisten Kritiker, auch viele Militärexperten halten die Bedrohung durch den Irak für nicht glaubwürdig. Der Bush-Administration sei es nicht gelungen, überzeugende Beweise für die behauptete atomare Aufrüstung des Irak zu liefern.

      Ein Krieg gegen Irak würde auch gegen die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht verstoßen. Außer zur Selbstverteidigung darf kein Staat der Welt einen Krieg führen. Lediglich der UN-Sicherheitsrat könne hiervon eine Ausnahme machen. Als Land des Rechts müssten die USA auch die Prinzipien des Rechts in den internationalen Beziehungen anerkennen.

      Aus all diesen Gründen wird der Krieg also abgelehnt. Die Unterzeichner stellen auch fest, dass sie das Regime in Bagdad für verwerflich halten. Ein Krieg würde aber das Leid der Bevölkerung nur noch vergrößern. Die Wahrscheinlichkeit hoher "Kosten" an Menschenleben von Soldaten und Zivilisten ist zu groß angesicht der nur schwachen Argumente, die für einen Krieg und eine in Aussicht gestellte Nachkriegsordnung ins Feld geführt wurden. Krieg darf nur ein letzter Ausweg sein, der beschritten wird von einer UN-geführten internationalen Koalition, nachdem neue Waffeninspektionen und Diplomatie völlig gescheitert und es nicht vermocht haben, den Irak dazu zu bringen, alle UN-Resolutionen zu erfüllen.

      Als Erzieher und Lehrende hoffen die Unterzeichner auf eine breite Diskussion innerhalb und außerhalb des Campus, die auch Washingt5on erreicht. Diese Stellungnahme soll auch all jene unterstützen, die den Krieg aus moralischen, ethischen und humanitären Gründen ablehnen, gleichgültig von welchem religiösen oder politischen Standpunkt aus dies geschieht.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 11:22:27
      !
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      Avatar
      schrieb am 07.10.02 11:27:02
      Beitrag Nr. 27 ()
      Juvenile
      Danke für die interessanten Berichte.
      Gut recherschiert.
      Gruss vom Khan
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 11:53:54
      Beitrag Nr. 28 ()
      http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13372/1.html


      Krieg ist unvermeidlich

      Florian Rötzer 07.10.2002

      Nach einer aktuellen Umfrage wächst aber die Skepsis bei den US-Bürgern gegenüber der militärisch
      orientierten Politik der Bush-Regierung

      Im Endspurt der US-Regierung um die Gunst der Wähler für die Wahlen im November scheint man dem
      strategischen Ziel nahe zu kommen, dem Präsidenten freie Hand für einen Krieg auch ohne Legitimation durch
      einen UN-Beschluss zu geben ( Kaum Einschränkungen für den US-Präsidenten beim Einsatz der Streitkräfte
      gegen den Irak). Die Demokraten haben bislang dem militärischen Kurs der Bush-Regierung kaum etwas
      entgegenzusetzen gewagt und dürften die Kongressresolution wohl mittragen. Tom Daschle, Mehrheitsführer der
      Demokraten im Senat, kündigte an, dass die Irak-Resolution breite Zustimmung finden werde. Die US-Bürger
      aber sind zunehmend mit der säbelrasselnden Großmachtspolitik unzufrieden und sehen diese als Ablenkung von
      den innenpolitischen, vorwiegend ökonomischem Problemen.

      Dass Saddam Hussein gestürzt werden müsse, ist weiterhin die Meinung der meisten Amerikaner. Zwar waren bei der letzten Umfrage von New York Times und CBS noch 74 Prozent dieser Überzeugung, jetzt sagen das noch 67 Prozent. Gleichwohl kann sich Bush hier noch weiter auf die Haltung der Mehrzahl berufen ( Die Mehrheit der US-Bürger ist weiterhin für einen Militärschlag gegen den Irak). Die war auch schon vor dem 11.9. und nach dem Golfkrieg für ein Vorgehen gegen Hussein ( Überwältigende Mehrheit der Amerikaner für Militäraktion gegen den Irak). Wie auch schon bei früheren Umfragen sinkt aber die Zustimmung zu einem militärischen Vorgehen, wenn dieses nicht schnell zum Erfolg führen und viele Verlust mit sich bringen würde. Dann sind nur noch knapp die Hälfte der Befragten für eine militärische Aktion.

      Während jedoch die Bush-Regierung aus durchsichtigen Gründen auf das Gaspedal drückt, neigen immer mehr Amerikaner zu einem langsameren Vorgehen. 63 Prozent sind dafür, den Waffeninspektoren erst einmal mehr Zeit vor einer etwaigen militärischen Aktion zu geben (zwei Wochen zuvor sprachen sich dafür 57 Prozent aus). Die überwiegende Mehrzahl der Bürger ist nach wie vor dafür, dass die USA nicht sofort zuschlagen, sondern erst einmal auf die Zustimmung der Alliierten warten soll. So meint denn die Hälfte der Befragten auch, dass die Bush-Regierung zu schnell militärische Lösungen einbezieht. 70 Prozent gar würden die Entscheidung für einen militärischen Schlag nicht Bush überlassen wollen, sondern von der Zustimmung des Kongresses abhängig machen (allerdings nehmen mehr US-Bürger als zuvor es Bush ab, dass er wirklich mit der UN zusammen arbeiten wolle).

      " We cannot leave the future of peace and the security of America in the hands of this cruel and dangerous man. This dictator must be disarmed. And all the United Nations resolutions against his brutality and support for terrorism must be enforced.

      The United States does not desire military conflict, because we know the awful nature of war. Our country values life, and we will never seek war unless it is essential to security and justice. We hope that Iraq complies with the world`s demands. If, however, the Iraqi regime persists in its defiance, the use of force may become unavoidable. Delay, indecision, and inaction are not options for America, because they could lead to massive and sudden horror." - Präsident Bush in seiner Radioansprache am 5. Oktober


      Die Hälfte der Befragten meint auch, dass der Kongress dem Präsidenten bislang zu wenig Fragen gestellt. Und auch wenn die US-Regierung immer wieder beteuert, dass es ihr vorwiegend um die Vernichtung der Massenvernichtungswaffen gehe, glauben das nur 29 Prozent, hingegen liegen 53 Prozent wohl richtig, dass Bush auf den Sturz des Regimes zielt und die Vernichtung der angeblich existierenden assenvernichtungswaffen nur ein Vorwand ist. Tatsächlich bleibt es bislang der Fantasie der Menschen überlassen, was Bush unter einer Entwaffnung des Irak verstehen will und wie dies verifiziert würde, zumal es bislang keine Beweise, sondern nur Vermutungen gibt, dass der Irak weiterhin über Massenvernichtungswaffen verfügt. Eingesetzt hatte er diese bekanntlich, als Hussein noch ein Verbündeter der USA gewesen ist - was damals keineswegs zum Abbruch der Beziehungen führte.

      Die Vorsicht der US-Bürger gegenüber einem Alleingang von Bush und der USA nährt sich wohl vor allem aus der sicherlich realistischen Haltung, dass Bush trotz aller diplomatischen Schachzüge den Krieg will. So sind 70 Prozent der Meinung, dass die USA den Krieg gegen den Irak führen wird, letzten Monat waren es allerdings noch 78 Prozent. Die Mehrheit glaubt zudem, dass der Krieg länger dauernd, vor allem aber, dass er auch auf andere Länder der Region übergreifen wird. Hauptbegründung der US-Regierung für ein militärisches Vorgehen ist bekanntlich, dass der Irak die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten bedroht. Während die Hälfte der Befragten aber der Meinung ist, dass ein Krieg die Bedrohung erhöht, glauben nur 18 Prozent, dass er diese senkt, auch wenn 56 Prozent der Position der US-Regierung zustimmen, dass die von Hussein ausgehende Gefahr in den letzten Jahren gewachsen sei.

      Zerrissen sind die Amerikaner gegenüber der von Bush formulierten neuen Strategie des Erstschlags. Allgemein wird sie von den meisten zwar abgelehnt, doch im Fall der USA sagen immerhin 43 Prozent, dass ein Erstschlag ausgeführt werden dürfe, während 44 Prozent dies ablehnen.

      Vermutlich aber wird die größte Gefahr für den militärischen Kurs der Bush-Regierung nicht aus der direkten Kritik daran erfolgen, sondern aus der wirtschaftlichen Lage. Mit 37 Prozent sind mehr Amerikaner der Meinung, da ss ein Krieg die wirtschaftliche Lage verschlechtern werde, als umgekehrt (23 Prozent). Überhaupt sagen fast 70 Prozent, dass Bush sich zuwenig um die Wirtschaft kümmert. Fast 40 Prozent denken, dass es den USA wirtschaftlich noch schlechter gehen wird. Die Irak- und Krieg-Karte, die Bush weiterhin ziehen will und die auch im Mittelpunkt seiner für heute angekündigten Rede sein wird, scheint zunehmend an Wirkung zu verlieren ( Krieg und Sicherheit als Wahlkampfthemen der US-Regierung). Als Konsequenz könnte Bush Abstand von einem militärischen Schlag nehmen, wahrscheinlicher aber ist, dass angesichts der wachsenden innenpolitischen Probleme der Druck auf ein militärisches Vorgehen eher noch zunehmen dürfte. Schließlich
      würde, wenn die Nation sich tatsächlich im Krieg befinden würde, vorerst wieder die nationale Einheit im Vordergrund stehen.
      Avatar
      schrieb am 07.10.02 14:07:05
      Beitrag Nr. 29 ()
      Leider schlucken die meisten US-Bürger alles was im TV läuft. Man muss jemandem nur oft genug erzählen, dass es unbedingt notwendig ist, und irgendwann fangen die Leute es zu glauben. Die Kriegs- und Propagandamaschinerie läuft schon seit Monaten auf Hochtouren. :)
      Avatar
      schrieb am 08.10.02 16:54:02
      Beitrag Nr. 30 ()
      Bush

      "Wir lehnen es ab, in Angst zu leben"

      Von Carsten Volkery, New York

      In seiner Rede an die Nation hat George W. Bush bekräftigt, dass ein Krieg gegen den Irak nötig ist. Der Kongress wird dem US-Präsidenten wahrscheinlich mit überwältigender Mehrheit die Vollmacht geben. Doch viele Fragen bleiben offen.



      AP

      Neue Attacken gegen Saddam: George W. Bush


      New York - Ein Tag im kommenden Frühjahr: Die Amerikaner rollen in Bagdad ein, die GIs sitzen auf ihren Panzern und winken den Irakern am Straßenrand zu. Die Menge jubelt, die Kinder rennen neben den Panzern her, die Älteren feuern Freudenschüsse in die Luft. So ungefähr scheint sich die Bush-Regierung den Kriegs-Ausgang vorzustellen, wenn sie davon redet, die Iraker "aus der Gefangenschaft" zu befreien.

      Nicht so schnell, warnt Nicholas Kristof, der außenpolitische Kolumnist der "New York Times", der gerade im Irak unterwegs ist. Denn "noch mehr als Saddam hassen die Iraker die Amerikaner", berichtet der Journalist. Wer auf die Unterstützung der irakischen Bevölkerung setze, gebe sich einer gefährlichen Illusion hin. Seit Wochen malt Kristof in seinen Artikeln ein anderes, nicht minder hollywoodreifes Szenario des besetzten Irak aus: Straßenkämpfe, Aufstände, fliegende Messer und Steine.

      Diese beiden Extreme rahmen die Irak-Debatte, die derzeit in den USA geführt wird. Ja, es gibt eine Debatte. Geredet und geschrieben wird über alles, von den Gründen für eine Invasion über die Kosten des Krieges bis hin zur Demokratisierung danach. Drei Fragen sind besonders umstritten: Warum ist plötzlich ein Regimewechsel nötig, wenn Hussein sich bisher eindämmen ließ? Wird ein Krieg nicht den Irak und die Region noch weiter destabilisieren? Und lenkt der Feldzug nicht vom eigentlichen Kampf gegen die al-Qaida-Terroristen ab?

      Keine neuen Beweise

      In einer Rede am Montagabend versuchte Präsident Bush, die Zweifel zu zerstreuen. Seine Berater hatten den Auftritt in einem renovierten Bahnhof in Cincinnati im Vorfeld als "Rede an die Nation" groß vermarktet. Die Ansprache wurde allerdings nur auf Kabelnachrichtensendern live übertragen, nicht wie normalerweise bei solchen Anlässen auf den drei landesweiten "Networks".

      Die Rede enthielt keine neuen Beweise für Husseins Terrorismusverbindungen, war aber ein gut zusammengefügtes Argumentationswerk, das am Ende mit Standing Ovations gefeiert wurde. Bush nannte Saddam erneut eine "Gefahr für die Welt". Während er den Diktator sonst schon mal salopp als "den Typen, der meinen Dad töten wollte" bezeichnet, griff er diesmal zu wirksameren Metaphern: "Schüler von Stalin", "mörderischer Tyrann" und "süchtig nach Massenvernichtungswaffen" lauteten die Attribute, die durch die Rede gesprenkelt waren.

      Am Jahrestag des Beginns des Afghanistan-Feldzugs entgegnete Bush seinen Kritikern, dass der Krieg gegen den Irak keine Ablenkung vom "Krieg gegen den Terror" sei, sondern im Gegenteil seine Fortsetzung. Hussein sei allgemeingefährlich, er hasse die USA - und er habe genug biologische und chemische Waffen, um Millionen Menschen zu töten.

      Bush hat noch viel Überzeugungsarbeit vor sich

      Wie Mitglieder seines Kabinetts vor ihm sagte Bush, der Preis des Abwartens sei zu hoch. "An jedem beliebigen Tag" könne Hussein seine Massenvernichtungswaffen an Terroristen weitergeben. Der 11. September habe den Amerikanern ihre Verwundbarkeit gezeigt. "Damals haben wir uns geschworen, Bedrohungen zu bekämpfen", sagte Bush. "Wir lehnen es ab, in Angst zu leben".

      Meinungsumfragen nach zu urteilen hat Bush noch einiges an Überzeugungsarbeit vor sich. Zwar antwortet eine Zweidrittelmehrheit der Amerikaner auf die allgemeine Frage, ob sie einen Krieg gegen den Irak unterstützen würden, mit Ja. Aber sobald die Befragten an die möglichen Opfer erinnert werden, fällt die Zustimmung rapide - besonders wenn es um tote irakische Zivilisten geht. Die neueste Gallup-Umfrage kam zu dem Ergebnis, dass die Zustimmung zu US-Bodentruppen in Irak in den letzten Wochen sogar gesunken ist - von 57 auf 53 Prozent. Gleichzeitig glaubt eine Mehrheit der Amerikaner, dass Bush den Krieg aus innenpolitischen Gründen auf die Agenda gesetzt hat.

      "Die Unterstützung für diesen Krieg war von Anfang an sehr weich", sagt Ivan Eland, Direktor des Programms für Verteidigungspolitik am konservativen Cato Institute. "Und wenn die ersten Leichensäcke aus Irak zurückkommen, wird die Zustimmung in den Keller fallen".

      Bushs Rede war nicht nur ein Sammelruf an das amerikanische Volk, sondern auch das Schluss-Plädoyer eines Anwalts, der vor zwei Tribunalen steht: Sowohl Kongress als auch Uno-Sicherheitsrat beraten derzeit Resolutionen zum Irak. Um den zögernden Sicherheitsrat umzustimmen, nahm Bush in der Rede besonders oft die Worte "Allierte" und "Welt" in den Mund. Er stellte Hussein erneut als "Bedrohung für den Frieden" dar und verglich die derzeitige Situation mit der Kubakrise. Damals war der Gegner allerdings eine echte Atommacht, und der Dritte Weltkrieg stand vor der Tür.

      Zweifler bei den Demokraten

      Im Kongress dürfte der Präsident hingegen leichtes Spiel haben. Zwar gibt es noch zahlreiche Zweifler, besonders bei den Demokraten. "Warum jetzt?", fragte etwa der greise Senator Robert Byrd seine Kollegen. Prominente Demokraten wie die Senatoren Edward Kennedy und John Edwards sowie Ex-Vizepräsident Al Gore haben den Präsidenten für seinen Unilateralismus scharf kritisiert. Andere Demokraten beschweren sich, dass der Präsident kurz vor den Kongresswahlen mit dem Kriegsgeheul von der schwächelnden Konjunktur ablenken wolle.

      Nichtsdestotrotz wird der Kongress in den nächsten Tagen mit überwältigender Mehrheit eine Resolution verabschieden, die die Regierung ermächtigt, gegen den Irak "alle notwendigen Mittel", inklusive militärische, zu ergreifen. Die Resolution wird selbst den von den Demokraten kontrollierten Senat mit einer deutlichen Mehrheit, vielleicht sogar 75 zu 25, passieren. Das hat Mehrheitsführer Tom Daschle bereits angekündigt.

      Der Grund für die Einigkeit: 1991 hatten sieben von zehn Demokraten gegen den Golfkrieg gestimmt. Hinterher, bei der Triumphfeier, standen sie auf der falschen Seite. "Diesen Fehler wollen sie nicht wiederholen", erklärt Warren Bass vom Council of Foreign Relations. Damals hatte Gore übrigens für den Krieg gestimmt, ebenso wie sein designierter Vize im Präsidentschafts-Wahlkampf, Joseph Lieberman.

      Noch nie hat ein Kongress nach dem Zweiten Weltkrieg einem Präsidenten seine Unterstützung für einen Krieg versagt. Auch diesmal werfen sich selbst liberalste Demokraten zuverlässig in die Patriotenpose. "Dies ist keine Zeit für politische Spielchen. Es geht um Leben und Tod", sagte der demokratische Minderheitsführer des Repräsentantenhauses, Richard Gephardt.

      Vielleicht deshalb ist die Irak-Debatte von einem Grundoptimismus durchzogen, der Selbstzweifel oft unterdrückt - und daher zu neuer Kritik einlädt. "Die Risiken des Kriegs werden nicht genug diskutiert", sagt Bass, Direktor des Terrorismusprogramms beim Council of Foreign Relations.

      "Die Kongressmitglieder unterschätzen die Gefahren des weltweiten Terrorismus", sagt Eland. So ändere die Aggression gegen den Irak die "Anreizstruktur" für Hussein. "Der Mann ist kein Selbstmörder. Solange wir ihn nicht angreifen, greift er auch nicht an", sagt Eland. Aber dank des Säbelrasselns der Bush-Regierung könne man nun davon ausgehen, dass Hussein bereits Gegenmaßnahmen ergriffen habe. "Er hatte genug Zeit, um seine Schläfer in die USA zu schicken".

      "Der Krieg könnte schwierig werden"

      Das andere Alptraumszenario ist ein möglicher Straßenkampf in der Fünf-Millionen-Metropole Bagdad. "Das Resultat wären hohe Verluste auf beiden Seiten und unter den Zivilisten. Die Welt schaut zu, während wir dicht bevölkerte Stadtviertel bombardieren", warnte der pensionierte General Joseph Hoar in einer Kongress-Anhörung. "Es wäre wie die letzten 15 Minuten von `Saving Private Ryan`".

      Kriegsbefürworter betonen demgegenüber die Gefahr, die Hussein darstellt, und die Verantwortung der USA gegenüber der Welt. "Führungskraft bedeutet, Gefahren zu identifizieren und andere dazu zu bringen, sie zu konfrontieren", sagte der republikanische Senator Kit Bond auf CNN. Im Zweifel müsse dafür ein Preis gezahlt werden. "Der Krieg könnte schwierig werden", räumte Bush in seiner Rede ein. Aber die Situation könne "kaum schlimmer werden".

      Der Präsident betonte auch, dass er nicht Krieg um jeden Preis wolle. Es liege an Hussein, die Uno-Inspektoren ohne Bedingungen ins Land zu lassen. Sollte er allerdings versuchen, auf Zeit zu spielen, "werden wir eine Koalition anführen, die ihn entwaffnen wird", sagte Bush. "Er hat die Wahl".

      Nach seinen starken Worten in der Vergangenheit glauben Beobachter allerdings, dass Bush selbst keine Wahl mehr hat. "Es wäre sehr schwierig für den Präsidenten, den Rückzug vor seinen konservativen Anhängern zu rechtfertigen", sagt Eland. "Es sähe nach Aufgabe aus".
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      schrieb am 08.10.02 21:12:48
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      schrieb am 09.10.02 03:41:32
      Beitrag Nr. 32 ()
      Bush-Regierung ist mit der Rüstungsindustrie verfilzt

      Dirk Eckert 28.05.2002
      Ein Bericht des World Policy Institute deckt die Interessen hinter der neuen Atomwaffenpolitik der USA auf

      Die Regierung von George W. Bush hat mit der Nuclear Posture Review die Atomwaffenpolitik der USA gründlich verändert ( Mini-Nukes gegen Schurkenstaaten). Die Liste der Länder, gegen die die USA Atomwaffen einsetzen könnten, wird täglich länger: China, Iran, Irak, Libyen, Nord Korea, Russland und Syrien gelten der Bush-Administration als potenzielle Ziele. Erstmals stehen damit auch Nicht-Atomwaffenstaaten im Fadenkreuz. Bisher hatten die fünf offiziellen Atomwaffenmächte - China, USA, Russland, Frankreich und Großbritannien - immer politische Erklärungen abgegeben, wonach sie keine Atomwaffen gegen Nicht-Atomwaffenstaaten einsetzen. Damit sollte die Verbreitung von Nuklearwaffen gebremst werden. Mit der beabsichtigten Entwicklung kleiner Atomwaffen, sogenannter Mini-Nikes, wird darüber hinaus die Einsatzschwelle gefährlich gesenkt.

      Wie eine Doktrin des führbaren Atomkriegs, wie sie noch von den letzten drei Präsidenten Ronald Reagan, George Bush sen. und Bill Clinton abgelehnt worden sei, zum Herzstück der Atomwaffenpolitik der Bush-Administration werden konnte, hat das Arms Trade Resource Center am World Policy Institute ( WPI) in einem Bericht untersucht.

      Das WPI spricht darin vom "übermäßigen Einfluss", den frühere leitende Angestellte der Rüstungsindustrie, die jetzt in entscheidenden Positionen im Weißen Haus und im Pentagon Politik machen, Rüstungsfirmen und konservative Denkfabriken auf die Bush-Administration ausübten.



      "Mehr als jede andere Regierung in der jüngeren Geschichte verlässt sich die Bush-Regierung auf Personen mit engen beruflichen und finanziellen Verbindungen zur Rüstungsindustrie. Sie sitzen auf den höchsten Positionen in den Bereichen Außenpolitik und Nationale Sicherheit."




      Das World Policy Institute kommt auf 32 höhere Posten, die aus dem Umfeld der Rüstungsindustrie besetzt wurden. Ein Beispiel für die Verbindung von Industrie und Politik ist die Firma Lockheed Martin. Sie gehört neben Boeing, Reytheon und TRW zu den "großen Vier" im Geschäft mit der Raketenabwehr und ist mit den Sandia National Laboratories auch an der nuklearen Forschung beteiligt. Auch das Testgelände in Nevada wird mit Hilfe von Lockheed Martin betrieben. Insgesamt bekommt die Firma nach Angaben des WPI allein vom Energieministerium, das für Atomanlagen zuständig ist, eine Milliarde Dollar im Jahr. Acht frühere Mitarbeiter oder Kapitalanleger sitzen jetzt in der Regierung und bestimmen die Atomwaffenpolitik des Landes mit.

      Hinzu kommen indirekte Verbindungen: Lynne Cheney z.B., die Frau von Vizepräsident Dick Cheney, war von 1994 bis 2001 im Vorstand von Lockheed Martin. Die Firmen, die bei Atomwaffen und Raketenabwehr geschäftlich mit dem Pentagon verbunden sind, spenden gleichzeitig noch an Abgeordnete des Kongresses. Das WPI beziffert diese Zahlungen auf 12 Mio. Dollar zu den Wahlen von 1999 bis 2002. 36.000 Dollar bekam etwa Senator Joseph Liebermann, den Al Gore im Falle seiner Wahl zum Vizepräsidenten machen wollte, von Rüstungsfirmen, darunter Lockheed Martin, bei den Wahlen 1999/2000. Die Investition lohnt sich bis heute: Liebermann gilt als Befürworter höherer Rüstungsausgaben.

      Der Kreis schließt sich nach Ansicht des WPI bei einer Untersuchung, woher die neue Atomwaffenpolitik der Bush-Regierung stammt: aus konservativen Think Tanks, Denkfabriken, die von der Rüstungsindustrie finanziert werden. Das Center for Security Policy ( CSP) etwa bestreitet eigenen Angaben zufolge 25% seines Etats aus Spenden der Rüstungsindustrie, darunter wieder Lockheed Martin. Ehemalige Industrielle sitzen auch in den Vorständen solcher Institute. Mitglieder des CSP sind in die Bush-Administration gewechselt und heute bspw. Staatsekretär, Abteilungsleiter oder sogar Rechnungsprüfer im Pentagon.

      Die Nuclear Posture Review, für deren Umsetzung im Haushalt 2002/2003 8,3 Mrd. Dollar bereitgestellt seien, lässt sich laut WPI bis in eine Denkfabrik zurückverfolgen. Das National Institute for Public Policy ( NIPP) hat im Januar 2001 den Report Rationale and Requirements for U.S. Nuclear Forces and Arms Control herausgegeben, der als Modell für die Nuclear Posture Review gedient habe. Drei Autoren der Studie, Stephen Hadley, Robert Joseph und Stephen Cambone, sind jetzt in der Regierung, die beiden ersten im National Security Council, der letztere im Verteidigungsministerium. Der Direktor des NIPP, Keith Payne, sitzt gleichzeitig in einem Beratungsgremium des Pentagons. Payne wurde 1980 als Co-Autor des Aufsatzes "Victory is possible" bekannt. Darin propagierte er den begrenzten und gewinnbaren Atomkrieg durch "die Enthauptung der Sowjetunion von ihrer politischen und militärischen Führung".
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      schrieb am 11.10.02 13:39:46
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      schrieb am 11.10.02 15:27:36
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      schrieb am 14.10.02 22:55:41
      Beitrag Nr. 35 ()
      US-Wirtschaft gegen Irak-Krieg

      "Geschäfte mit Leichensäcken"

      Mit einer ganzseitigen Anzeige in der "New York Times" haben amerikanische Unternehmer gegen einen Irak-Feldzug protestiert. Für viele US-Manager ist die Kriegskampagne von Präsident Bush ein Produkt mit gefährlichen Nebenwirkungen.


      Anzeige: Keine Nachfrage nach Bushs Krieg


      Washington - "Sie preisen uns den Krieg wie ein neues Produkt an. Wir kaufen das nicht", heißt es in dem Text, der von rund 200 Unternehmern unterzeichnet wurde. Der Krieg, den Bush und Co. der amerikanischen Öffentlichkeit mittels eines "Multimillionen-Dollar-PR-Blitzes" verkaufen wollten, berge zahlreiche Gefahren für die USA, so die Unterzeichner.

      In der Anzeige finden sich mehrere Kästen mit "Warnhinweisen", zum Beispiel: "Warnung: Krieg ruiniert die Wirtschaft" oder "Warnung: Krieg führt zu Terrorismus". Viel wichtiger sei es, Amerikas Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen und eine erneute Rezession zu verhindern, so die Unterzeichner. "Wie kann es gut fürs Geschäft sein, Gebäude in die Luft zu jagen und Menschen zu töten? Das ist höchsten gut für das Geschäft mit Leichensäcken."

      Kampagne des Eiskrem-Aktivisten

      Ein Krieg gegen den Irak, heißt es in der Anzeige weiter, werde nach Angaben des Weißen Hauses etwa 200 Milliarden Dollar kosten. "Stellt Euch vor, was wir mit 200 Milliarden Dollar machen könnten! Wir könnten 200.000 neue Lehrer, Polizisten und Feuerwehrleute zehn Jahre lang bezahlen ... und 10.000 neue Schulen bauen!"

      Die Anzeige wurde von der Initiative True Majority geschaltet, die der Mitbegründer der Eiscreme-Kette Ben and Jerry`s, Ben Cohen, ins Leben gerufen hat. Cohen gilt als Philanthrop und predigt seit Jahren, dass Unternehmen eine soziale Verantwortung haben. Die Initiative setzt sich nach eigenen Angaben für den Frieden, die Umwelt, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung ein.

      Allerdings ist es Cohen offenbar nicht gelungen, die großen Konzerne auf seine Seite zu bringen: Unter den Unterzeichnern findet sich nicht ein einziger CEO eines im Dow-Jones-Index notierten Unternehmens.

      Von Thomas Hillenbrand
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      schrieb am 15.10.02 17:51:44
      Beitrag Nr. 36 ()
      US-Militärpolitik

      "Kraftvoll zuschlagen"

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat neue Richtlinien zum Einsatz von US-Truppen ausarbeiten lassen. Nur für handfeste nationale Interessen sollen amerikanische Soldaten demnach in den Krieg ziehen - dann aber mit aller Härte und ohne Rücksicht auf internationale Unterstützung.


      AP

      US-Verteidigungsminister Rumsfeld: Klare Regeln für den Militäreinsatz


      Washington - Amerika müsse bereit sein, "entschieden zu handeln und die Gewalt anzuwenden, die zum Sieg notwendig ist", heißt es in der Richtlinien-Sammlung. Wenn die Diplomatie versagt habe, müsse man "kraftvoll, früh und in der Zeit vor einer Krise" aktiv werden, um einen Angriff auf die USA abzuwenden.

      Bemerkenswert ist Rumsfelds Forderung, dass die "Anführer der Nation" ihre Missionen niemals vereinfacht darstellen sollten, um die Unterstützung der amerikanischen Öffentlichkeit, des US-Kongresses, der Vereinten Nationen oder von Verbündeten zu erhalten. Auch dürfe sich die Regierung nicht selbst Fesseln anlegen, indem sie ankündigt, was sie nicht tun wolle: Etwa Bodentruppen einsetzen, die Leben von US-Soldaten riskieren, unbeabsichtigt Zivilisten töten oder am Ramadan Bombenangriffe zu fliegen. Beteuerungen dieser Art machten es dem Feind einfach, sein Vorgehen zu planen, warnt Rumsfeld. Der schlimmste Fehler sei in dieser Hinsicht ein Ultimatum für den Rückzug amerikanischer Truppen. Der Feind könne dann "einfach abwarten", bis das US-Militär verschwinde.

      "Amerikanische Leben" sollten nur dann riskiert werden, wenn es um nationale Interessen der USA gehe, die Ziele erreichbar und alle notwendigen Ressourcen für den Einsatz vorhanden seien. Zudem müsse die Unterstützung der Öffentlichkeit gesichert sein. Dass US-Soldaten sterben könnten, solle dem Volk dennoch nicht verschwiegen werden: "Wenn es Verluste geben könnte, sollte man das von Anfang an zugeben, ehe man die Öffentlichkeit glauben lässt, ein Engagement könne antiseptisch, billig und mit wenigen Opfern verlaufen", schreibt Rumsfeld.

      Die Rumsfeld-Richtlinien sind eine Fortsetzung militärischer Überlegungen, die bereits von Caspar Weinberger, Verteidigungsminister unter Präsident Ronald Reagan, und dem jetzigen US-Außenminister und früheren Oberbefehlshaber der US-Armee Colin Powell dargelegt wurden. Allerdings stellt Rumsfeld das nationale Interesse stärker in den Mittelpunkt, als es etwa unter Präsident Bill Clinton der Fall war, der US-Truppen bei zahlreichen humanitären Missionen einsetzte - was ihm wiederholt die Kritik der Konservativen einbrachte.
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      schrieb am 17.10.02 03:34:32
      Beitrag Nr. 37 ()
      Eine Moralische Standortbestimmung / A Statement of Conscience
      "Nicht in unserem Namen" / "Not In Our Name"

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Aufruf US-amerikanischer Persönlichkeiten aus Literatur, Film und Wissenschaft, der sich gegen die kriegerische Außenpolitik und die innere Repression der Bush-Regierung wendet. Der Aufruf wurde bisher von über 4.000 Menschen unterzeichnet. Er erschien am 19. September 2002 als ganzseitige Anzeige in der New York Times.
      Der Aufruf folgt in einer deutschen Übersetzung und im amerikanischen Original. Darunter veröffentlichen wir einen Auszug aus der umfangreichen Unterzeichnerliste.



      Eine Moralische Standortbestimmung:
      Nicht in unserem Namen

      Lassen wir es nicht so weit kommen, daß man sagt, die Menschen in den Vereinigten Staaten wären untätig geblieben, als ihre Regierung einen uneingeschränkten Krieg verkündete und strikte Maßnahmen der Repression einführte.

      Die Unterzeichner dieser Erklärung fordern das Volk der Vereinigten Staaten auf, sich der Politik bzw. der generellen politischen Richtung seit dem 11. September 2001 zu widersetzen, da dies alles eine ernste Gefahr für die Menschen in der Welt bedeutet.

      Wir glauben, daß Völker u. Staaten das Recht haben, ihr Schicksal eigenverantwortlich zu bestimmen - und zwar frei von militärischem Zwang durch mächtige Staaten. Wir glauben ferner, daß alle Personen, die von der Regierung der Vereinigten Staaten festgehalten oder vor Gericht gestellt werden, dasselbe Recht auf einen fairen Prozeß haben. Wir glauben, daß Fragen gestellt, Kritik geübt u. abweichende Meinungen geäußert werden müssen - und daß dies hochgeschätzt u. verteidigt werden sollte. Wir sind der Auffassung, daß der Wert (der freien Meinungsäußerung) und das Recht darauf ständig bedroht sind und entsprechend verteidigt werden müssen.

      Wir glauben, daß Menschen, die ein Gewissen haben, sich dafür verant- wortlich fühlen müssen, was ihre Regierungen tun. A priori müssen wir uns der Ungerechtigkeit widersetzen, die in unserem Namen begangen wird. In diesem Sinne appellieren wir an alle Amerikaner, dem Krieg u. der Unterdrückung WIDERSTAND ZU LEISTEN, die die Bush-Regierung über die Welt gebracht hat / noch bringt. Das alles ist ungerecht, unmoralisch u. illegitim. Wir haben uns entschlossen, uns an die Seite der Menschen in aller Welt zu stellen.

      Aber auch wir haben natürlich mit Schrecken die furchtbaren Ereignisse des 11. Septembers 2001 mitverfolgt. Auch wir haben die tausende Unschuldiger betrauert, die getötet wurden und konnten nur den Kopf schütteln angesichts der Horror-Bilder schier unglaublicher Vernichtung - selbst wenn wir dabei unwilkürlich an ähnliche Bilder aus Bagdad, Panama City - oder eine Generation früher Vietnam - denken mußten. Und wie Millionen anderer Amerikaner haben auch wir voller Schmerz gefragt: Wie konnte soetwas nur geschehen?

      Aber das Trauern hatte kaum begonnen, als die höchsten Führer unseres Landes auch schon den Geist der Rache entfesselten. Eine simplifizierende Botschaft von ‘Gut versus Böse’ wurde entworfen und durch die ebenso glatten wie einge- schüchterten Medien verbreitet. Man sagte uns, die Frage nach dem Grund für diese schrecklichen Ereignisse grenze an Verrat. Eine Debatte wurde nicht gestattet. Man legte einfach fest: es existieren keine berechtigten Fragen moralischer oder politischer Natur. Die einzig mögliche Antwort sei: Krieg nach außen und Repression nach innen.

      In unser aller Namen hat die Regierung Bush - praktisch ohne jede Gegenstimme vonseiten des Kongreß - Afghanistan angegriffen. Aber nicht nur das, sie hat sich und ihre Verbündeten darüberhinaus auch noch ermächtigt, an jedem Ort und zu jeder Zeit militärisch einzugreifen. Die brutalen Auswirkungen (dieser Selbstermächtigung) kann man jetzt überall besichtigen - auf den Philippinen ebenso wie in Palästina, wo die Panzer bzw. Bulldozer der Israelis ja eine Spur der Verwüstung und des Todes gezogen haben. Und nun bereitet sich die US-Regierung also auch noch offen auf einen ‘End-Krieg’ gegen Irak vor - ein Land, das schließlich nichts zu tun hat mit dem Horror des 11. Septembers. Was für eine Welt wird das sein, in der die US-Regierung praktisch Blankovollmacht besitzt, überall und woimmer sie will ihre Bomben abzuwerfen, ihre Militärkommandos oder Mörder einzuschleusen?

      In unserem Namen hat die US-Regierung im eigenen Land ein Zweiklassensystem errichtet: Menschen, denen die grundlegenden Rechte unseres Rechtssystems zumindest theoretisch zugestanden werden und solche, die keinerlei Rechte irgendwelcher Art zu besitzen scheinen. Die Regierung hat über 1000 Immigranten verhaften lassen - und hält sie seither auf unbestimmte Zeit und an geheimen Orten fest. Hunderte wurden abgeschoben, und hunderte schmachten nach wie vor in Gefängnissen. Diese Prozedur erinnert stark an die berüchtig- ten Internierungslager für japanischstämmige Amerikaner während des ‘Zweiten Weltkriegs’. Und zum erstenmal seit Jahrzehnten werden bei der Immigration auch wieder Menschen bestimmter Nationalität rausgefiltert u. sonderbehandelt.

      In unserem Namen hat die Regierung ein Leichentuch der Repression über die Gesellschaft gelegt. So warnt beispielsweise der Präsidentensprecher, die Bürger sollten “aufpassen, was sie sagen”. Künstler mit abweichender Meinung, Intellektuelle, Professoren machen die Erfahrung, daß ihre Ansichten falsch wiedergegeben bzw. angefeindet bzw. gleich ganz unterdrückt werden. Der sogenannte ‘Patriot Act’ (Patriotengesetz) - zusammen mit einer ganzen Latte ähnlicher Maßnahmen auf Staatsebene - verleiht der Polizei sehr weitgehende neue Vollmachten zu Durchsuchung und Festnahme. Kontrolliert wird die Polizei hierbei, falls überhaupt, lediglich durch Geheim-Kommissionen, die im stillen agieren.

      In unserem Namen hat die Exekutive langsam aber sicher Aufgaben und Funktionen an sich gerissen, die eigentlich in den Bereich der übrigen Regierungs- instanzen gehörten. Per Befehl der Exekutive wurden Militärtribunale eingerichtet - Militärgerichte, vor denen eine eingeschränkte Beweispflicht gilt bzw. die Angeklagten nicht das Recht haben, vor ordentlichen Gerichten in Berufung zu gehen. Gruppierungen können mit einem einzigen Federstrich des Präsidenten zu ‘Terroristen’ erklärt werden.

      Wir müssen die höchsten Militärs unseres Landes ernstnehmen, wenn sie von einem Krieg sprechen, der eine ganze Generation währen wird - und wenn sie von einer neuen Innenpolitik reden. Nach außen verfolgen wir inzwischen ja eine offen imperialistische Politik, nach innen eine Politik, die darauf angelegt ist, Angst zu produzieren und diese Angst der Menschen zu benutzen, um die Rechte einzuschränken.

      Die Ereignisse der letzten Monate beschreiben eine tödliche Kurve - wir müssen das endlich begreifen und entsprechend Widerstand leisten. Denn viel zu oft in der Geschichte war es ja schon so, daß Menschen zu lange warteten - bis es für (effektiven) Widerstand zuspät war.

      Präsident Bush hat erklärt: “Entweder, ihr seid für uns oder gegen uns”. Hier unsere Antwort: Wir wehren uns dagegen, daß Sie sich anmaßen, für das gesamte amerikanische Volk zu sprechen. Wir werden unser Recht, Fragen zu stellen nicht aufgeben. Wir werden unser Gewissen nicht aufgeben - nicht für Ihr leeres Versprechen von Sicherheit. Wir sagen NICHT IN UNSEREM NAMEN. Wir weigern uns, mit diesen Kriegen irgendetwas zu tun zu haben und weisen jede Unterstellung zurück, sie würden auch in unserem Namen geführt bzw. in unserem Interesse. Vielmehr reichen wir all denen in der Welt die Hand, die unter dieser Politik zu leiden haben. Wir werden unsere Solidarität mit Worten und Taten unter Beweis stellen.

      Wir, die Unterzeichnenden, rufen alle Amerikaner dazu auf, sich zusammen- zuschließen und sich dieser Herausforderung zu stellen. Wir begrüßen u. unterstützen den derzeitigen Protest und die kritischen Fragen - wenngleich uns durchaus bewußt ist, daß es viel, viel mehr brauchen wird, um diesen blutrünstigen Götzen wirklich zu stoppen. Wir sind inspiriert durch das Beispiel der israelischen Reservisten - die unter Inkaufnahme großer persönlicher Risiken erklärt haben: “es GIBT eine Grenze” und sich konsequent weigern, ihren Teil zur Besatzung des Westjordanlands u. Gazas beizutragen.

      Wir berufen uns außerdem auf die Geschichte der Vereinigten Staaten - die ja viele Beispiele von Widerstand und moralischer Gewissensentscheidung kennt - angefangen bei denen, die gegen die Sklaverei revoltiert haben - oder an der ‘underground railroad’ mitwirkten - bis hin zu jenen, die gegen den Vietnam-Krieg kämpften - indem sie Befehle nicht befolgten, den Militärdienst verweigerten oder den Verweigerern solidarisch beistanden.

      Lassen wir es also nicht zu, daß die Welt draußen an unserem Schweigen und unserer Handlungsunfähigkeit verzweifelt. Schwören wir ihr statt dessen: wir werden gegen diese Maschinerie des Kriegs und der Unterdrückung ankämpfen und fordern auch andere dazu auf, sie mit aller Macht zu stoppen.
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      schrieb am 17.10.02 03:36:00
      Beitrag Nr. 38 ()
      Irak: Die ersten Amis sind schon dort
      FriedensaktivistInnen aus den USA als freiwillige "Schutzschilder"

      Was bringt US-AmerikanerInnen dazu, in den Irak zu reisen, um gegen die Politik ihrer Regierung zu protestieren? Diese Frage stellte sich die Bonner Journalistin Karin Leukefeld und beantwortete sie in der Schweizer Wochjenzeitung Woz.

      Von Karin Leukefeld

      Eine kleine Gruppe ist schon seit Mitte September im Irak. Im Oktober werden weitere US-amerikanische FriedensaktivistInnen in das vom Krieg bedrohte Land reisen. Insgesamt wollen mehr als hundert Menschen im Irak gegen einen US-Militärangriff protestieren. Dazu aufgerufen hat die Organisation Voices in the Wilderness (www.vitw.org), die potenzielle Irak-Reisende zuerst eine lange Liste von Fragen beantworten liess, bevor sie deren Einsatz zustimmte. AbenteurerInnen sind nicht erwünscht. Zur ersten Gruppe des «Irakischen Friedensteams» gehört auch der 25-jährige Journalist Nathan Mauger aus Washington D. C. Er will die US-Friedensbewegung mit Daten und Fakten aus dem Irak versorgen. «In Amerika wissen die Leute noch nicht einmal, dass im Irak 23 Millionen Menschen leben», so Nathan Mauger. Ramzi Kysia (34) ist Muslim. In Washington D. C. arbeitete er als Rechtsanwalt. 1998 schloss er sich der Friedensbewegung an – nachdem die USA den Irak wieder einmal bombardiert hatten. Seitdem arbeitet er mit Voices in the Wilderness und dem Education-for-Peace-in-Iraq-Zentrum (www.epic-usa.org). Ab Mitte August hat er in Bagdad den Aufenthalt für das erste Friedensteam vorbereitet. Treffen mit UN- und Menschenrechtsorganisationen, die im Irak humanitäre Hilfe leisten, stehen ebenso auf dem Programm wie Besuche in Schulen und Krankenhäusern. Die irakischen Behörden seien seinen Wünschen gegenüber «sehr aufgeschlossen», sagt Ramzi Kysia. «Sie schätzen uns als ‘Randgruppe’ ein, womit sie, leider, nicht ganz Unrecht haben.»

      Ramzi hat sein Hotelzimmer in ein kleines Büro umfunktioniert und fungiert als Arbeitsvermittler. Die FriedensaktivistInnen wollen sich während ihres Aufenthalts im Irak nützlich machen. Jede neue Delegation bringt Medikamente und Instrumente für Krankenhäuser mit. Als Freiwillige wollen sie bei irakischen und internationalen humanitären Organisationen arbeiten: bei den italienischen «Bridges to Bagdad», bei den französischen «Enfants du Monde», oder bei einer der UN-Einrichtungen.

      Die Atmosphäre in Bagdad bezeichnet Ramzi als «etwas surreal». Die Stadt wirke «ganz normal, sogar schön» – als ob kein Krieg drohen würde. «Die Menschen leben, arbeiten, besuchen Freunde, Kirchen und Moscheen.
      Abends spielen die Kinder in den Parks oder auf Seitenstrassen Fussball.» Kein Militär auf den Strassen, keine Panik – «das irritiert mich etwas», gibt Ramzi zu. Sollte es Krieg geben, werden die FriedensaktivistInnen den Roten Halbmond unterstützen. Und, sagt Ramzi, «wir wollen der Berichterstattung von CNN etwas entgegensetzen. Wir werden die Leute in den USA darüber informieren, welche Folgen der Krieg für die Menschen hier tatsächlich hat.»

      Ähnlich will auch Nathan Mauger, der junge Journalist, kämpfen. Er fühlt sich «moralisch verpflichtet, den Irakern zu helfen. Mein Land hat ihr Land zerstört, ich fühle mich irgendwie verantwortlich.» Er will über das Leben der einfachen IrakerInnen schreiben, wie sie unter den Sanktionen leben und angesichts des drohenden neuen Krieges. Mit seinen Berichten an die US-Presse, an Kirchen- und Friedensgruppen hofft er, «Widerstand gegen einen neuen Krieg zu mobilisieren».

      Die Reaktion der irakischen Bevölkerung auf ihre Anwesenheit beschreibt Nathan als «unglaublich freundlich». Die FriedensaktivistInnen tragen Zettel bei sich, mit denen sie ihre Anwesenheit erklären. Sie hoffen auf baldige Unterstützung aus anderen Ländern. «Wir erwarten Leute aus Britannien, Italien, den Niederlanden, Irland und vielleicht auch aus Frankreich», sagt Nathan. «Mag sein, dass es naiv ist, die US-Truppen so stoppen zu wollen. Doch ich muss alles tun, um meine Regierung davon abzuhalten, hunderttausende unschuldiger Iraker zu ermorden.» Er weigere sich, diesen Krieg zu akzeptieren, der nur geführt werde, um das irakische Öl zu kontrollieren. Kritik, sie machten sich zu einem Teil von Saddam Husseins Propaganda, weist Nathan zurück. Die Friedensteams seien neutral, nicht Kriegspartei. «Wir arbeiten unabhängig, und niemand sagt uns, was wir tun sollen.» Wäre das anders, würden sie das Land verlassen.
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      schrieb am 17.10.02 03:37:49
      Beitrag Nr. 39 ()
      Brief an den UN-Generalsekretär Kofi Annan: "Unterstützen Sie keinen Angriff auf Irak" / Letter to Secretary General Kofi Annan: "Do Not Support Attack on Iraq"
      Von Ramsey Clark, ehemaliger US-Justizminister / By Ramsey Clark, former U.S. Attorney General

      Der folgende Brief des ehemaligen US-Justizmninisters Ramsey Clark wurde allen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates zugeschickt. Kopien gingen an die UN Generalversammlung.
      Der BSV-Bunde für Soziale Verteidigung hat diesen Brief dankenswerterweise übersetzt (Ingrid von Heiseler) und zur weiteren Verbreitung zur Verfügung gestellt. Der BSV schreibt dazu: "Wir bitten Sie, diesen wichtigen, kritischen Text zur Kenntnis zu nehmen, ihn bei Möglichkeit weiterzuleiten und ihn bei eventuellen, zukünftigen Argumentationen zu benutzen. `Nichts ist besser als eine Anti-Kriegspropganda aus dem kriegführenden Land selbst.`
      Wir dokumentieren im Folgenden sowohl die deutsche Übersetzung als auch das englische Original.


      20. September 2002
      An den Herrn Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan New York, NY

      Sehr geehrter Herr Generalsekretär Annan,
      George Bush will in den Irak einmarschieren, wenn er nicht durch die Vereinten Nationen daran gehindert wird.

      Weitere internationale Organisationen wie die Europäische Union, die Afrikanische Union, die OAS, die Arabische Liga, selbstbewusste Nationen, die genügend Mut haben, ihre Stimme gegen die Aggression einer Supermacht zu erheben, internationale Friedensbewegungen, politische Führer und die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten müssen auch ihren Teil zum Frieden beitragen. Wenn die Vereinten Nationen sich einer Invasion des Irak durch die USA nicht widersetzen, büßen sie ihre Ehre, Integrität und Daseinsberechtigung ein.

      Ein militärische Angriff auf den Irak ist offensichtlich verbrecherisch, völlig unvereinbar mit den dringenden Bedürfnissen der Völker der Vereinten Nationen, auf legaler oder moralischer Grundlage nicht zu rechtfertigen, angesichts der bekannten Tatsachen unvernünftig, unverhältnismäßig gegenüber anderen vorhandenen Bedrohungen durch Krieg und Gewalt und darüber hinaus ein gefährliches Abenteuer, mit dem man einen dauerhaften Konflikt in der Region und weit darüber hinaus für künftige Jahre heraufbeschwört. Es muss sorgfältig untersucht werden, warum die Welt einer solchen Gewaltdrohung durch ihre einzige Supermacht ausgesetzt ist, einer Macht, die uns sicher und entschieden auf dem Weg zum Frieden vorausgehen könnte, und es muss untersucht werden, wie die UN die menschliche Tragödie eines weiteren Angriffs auf den Irak verhindern könnten und damit einen starken Anstoß für Vergeltungsmaßnahmen des Terrorismus, den ein solcher Angriff erzeugen würde.

      1. Präsident George Bush war von Anfang an dazu entschlossen, den Irak anzugreifen und dessen Regierung abzusetzen

      George Bush beeilt sich mit seinem Vorhaben, damit der Krieg bald stattfindet und nicht mehr aufzuhalten ist. Am letzten Freitag sagte er, dass er nicht daran glaube, dass der Irak UN-Inspektoren zulassen werde. Er reagierte auf die umgehende bedingungslose Akzeptanz des Irak, indem er jedes Eingehen darauf als "falsche Hoffnung" bezeichnete und versprach, den Irak alleine anzugreifen, wenn die UN nicht handelten. Er ist von dem Wunsch besessen, einen Feldzug gegen den Irak zu führen und eine Ersatzregierung zu errichten, die den Irak mit Gewalt regiert. Einige Tage nach der aggressivsten Ansprache vor den Vereinten Nationen, die jemals gehalten worden ist - ein nie dagewesener Angriff auf die Charter der Vereinten Nationen, die Geltung des Gesetzes und das Verlangen nach Frieden - kündigten die USA an, dass sie ihre erklärten Ziele der letzten elf Jahre geändert hätten. Es gehe nicht mehr um die Vergeltung für die Bedrohung von und Angriffe auf Flugzeuge der USA, die täglich gesetzwidrig den irakischen Luftraum verletzen. Wie ernst konnten diese Bedrohungen und Angriffe wohl gewesen sein, wenn niemals auch nur ein einziges Flugzeug getroffen wurde? Dagegen wurden hunderte von Menschen im Irak durch Raketen und Bomben der USA getötet, und zwar nicht nur in der so genannten "flugfreien Zone", sondern in Baghdad selbst. Jetzt erklären die USA ihre Absicht, die wichtigsten Militäreinrichtungen im Irak zu zerstören, als Vorbereitung auf die Invasion. Das ist eine klare Ankündigung militärischer Aggression. Täglich gibt es neue Drohungen, und weitere Propaganda wird eingesetzt, um den Widerstand gegen Bushs Kriegstreiberei zu überwinden. Das wird so weitergehen, bis schließlich die Panzer rollen, wenn die Überzeugungskraft für Gewaltfreiheit das nicht verhindert.

      2. George Bush führt die Vereinigten Staaten in eine weltweite Gesetzlosigkeit endloser Kriege und nimmt die UN und alle anderen Nationen dorthin mit.

      George Bush hat für seinen Krieg gegen den Terrorismus das Recht behauptet, jedes beliebige Land, jede Organisation oder Person zuerst, ohne Warnung und nach seinem eigenen Ermessen anzugreifen. Er und seine Verwaltungsbeamten haben erklärt, dass die bisher gültigen Einschränkungen, die die Gesetze aggressiven Handlungen durch die Regierung und der Unterdrückung der Bürger entgegensetzen, mit nationaler Sicherheit nicht mehr zu vereinbaren seien.

      Der Terrorismus ist eine solche Gefahr, sagen sie, dass die "Notwendigkeit" die USA zwingt, präventiv zuzuschlagen, um das Potential für terroristische Handlungen zu zerstören, die vom Ausland aus ausgeführt werden könnten. Ebenso werden willkürliche Verhaftungen, Einkerkerungen, Verhöre, Kontrollen und (ungesetzliche) Behandlungen von Menschen innerhalb und außerhalb der USA begründet. Die Gesetze sind zum Feind der öffentlichen Sicherheit geworden. Notwendigkeit ist ein Argument von Tyrannen! "Notwendigkeit bringt ein schlechtes Geschäft."

      Heinrich Himmler, der die Gestapo der Nationalsozialisten instruierte: "Zuerst schießen und dann Fragen stellen; ich werde euch decken", wird von George Bush übertroffen.

      Wie die von Jorge Luis Borges im "Deutschen Requiem" beschriebenen Deutschen hat George Bush sich jetzt zu "Gewalt und dem Glauben ans Schwert bekannt", ebenso wie Nazideutschland es tat. Und, so schrieb Borges, es tat dem Glauben an das Schwert keinen Abbruch, dass Deutschland besiegt wurde. "Wichtig ist, dass jetzt die Gewalt regiert." Zwei Generationen von Deutschen haben diesen Glauben verworfen. Ihre Beharrlichkeit bei der Verfolgung des Zieles Frieden wird sich überall den Respekt der folgenden Generationen verdienen.

      Den Völkern der Vereinten Nationen droht durch George Bushs Krieg gegen den Terrorismus und seine Entschlossenheit, in den Irak einzumarschieren, das Ende des internationalen Rechts und des Schutzes der Menschenrechte.

      Seitdem George Bush dem Terrorismus den Krieg erklärte, erheben auch andere Länder den Anspruch auf Präventivschläge. Indien und Pakistan brachten die Erde und ihre eigenen Bürger einem nuklearen Konflikt näher denn je seit dem Oktober 1962. Das war eine direkte Folge des Anspruchs der USA auf das unumschränkte Recht, Terroristen zu verfolgen und zu töten oder Nationen anzugreifen, die Terroristen beschützen. Die USA stützten sich dabei einseitige auf ihre eigene Entscheidung, ohne die Vereinten Nationen oder ein Gericht zu konsultieren und ohne eindeutige Fakten vorzulegen, und behaupteten, ihre Angriffsziele seien Terroristen und sie würden sich nur auf sie beschränken.

      Auf der Grundlage von George Bushs Machtanspruch im Krieg gegen den Terrorismus gibt es jetzt schon einen fast epidemisch verbreiteten Anspruch auf das Recht, andere Nationen anzugreifen oder die Menschenrechtsverletzungen gegen die eigenen Bürger zu verschlimmern. Mary Robinson hat in ihrer verhalten mutigen Rede aus Anlass der Beendigung Ihrer Amtszeit als Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UN davon gesprochen, dass der Anspruch der USA auf einen Präventivschlag und die Aufhebung des Schutzes der fundamentalen Menschenrechte einen Schneeballeffekt habe.

      Am 11. September 2002 beanspruchte Kolumbien, dessen neue Verwaltung stark von den USA unterstützt wird, "eine neue Ermächtigung, Verdächtige ohne Haftbefehl festzunehmen und Gebiete zu militärischen Kontrollzonen zu erklären", außerdem "zusätzliche Kräfte, die die Telefonüberwachung ermöglichen und den Zugang von Ausländern zu Konfliktzonen einschränken ... Sicherheitsbeamte erhalten das Recht, jederzeit ohne Haussuchungsbefehl Häuser und Büros zu durchsuchen, wenn sie jemanden für verdächtig halten." Zu diesen zusätzlichen Bedrohungen der Menschenrechte kommen nach dem 11. September 2002 noch die "Notfall"-Pläne, nach denen für eine Bevölkerung von vierzig Millionen Bürgern ein Netzwerk von einer Millionen Informanten aufgebaut werden soll. (Vgl. New York Times, 12. September 2002, p. A7.)

      3. Die USA und nicht der Irak sind die größte Einzelbedrohung für die Unabhängigkeit und den Zweck der Vereinten Nationen

      Präsident Bushs Behauptung, der Irak bilde eine den Krieg rechtfertigende Bedrohung, ist falsch. Achtzig Prozent der Militärkapazität des Irak wurde, dem Pentagon zufolge, 1991 zerstört. Neunzig Prozent von Material und Einrichtungen, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen benötigt werden, wurden während der mehr als acht Jahre dauernden Inspektion von den Inspektoren der UN zerstört. 1990 war der Irak, verglichen mit den meisten seiner Nachbarn, noch stark. Heute ist er schwach. Eins von vier im Irak lebend geborenen Kindern wiegt bei seiner Geburt weniger als 2000 Gramm, was ein kurzes Leben, Krankheit und beeinträchtigte Entwicklung erwarten lässt. 1989 war es nur eins von zwanzig. Die Bedrohung des Friedens, die vom Irak ausgehen kann, ist gering, viel geringer als die durch viele andere Nationen und Gruppen, und kann einen gewaltsamen Angriff auf das Land nicht rechtfertigen. Ein Angriff auf den Irak macht Vergeltungsangriffe auf die USA und Staaten, die deren Aktionen unterstützen, auf Jahre hinaus viel wahrscheinlicher.

      George Bush erklärt den Irak zu einer Bedrohung der Autorität der Vereinten Nationen, während die von den USA erzwungenen UN-Sanktionen die Sterblichkeitsrate des irakischen Volkes immer weiter erhöhen. Sei zwölf Jahren bewegen sich die Zahlen der durch die Sanktionen verursachten Sterbefälle auf dem Niveau eines Völkermordes. Die Rolle, die die UN bei den Sanktionen gegen den Irak spielt, kompromittiert und befleckt die Integrität und die Ehre der UN. Das alles trägt dazu bei, dass der Widerstand der UN gegen einen Krieg jetzt umso wichtiger ist.

      Die Inspektionen werden seit acht Jahren als Vorwand dafür benutzt, die Sanktionen fortzusetzen, während täglich tausende von irakischen Kindern und alten Menschen an den Folgen der Sanktionen sterben. Der Irak ist das Opfer der kriminellen Sanktionen, die schon 1991 hätten aufgehoben werden müssen. Für jeden Menschen, der am 11. 9. 2001 durch den terroristischen Akt in den USA starb, starben 500 Menschen im Irak an den Folgen der Sanktionen.

      Die USA gefährden nicht nur die Autorität der Vereinten Nationen, sondern auch ihre Unabhängigkeit, ihre Integrität und (die Hoffnung auf) ihre Wirksamkeit. Die USA zahlen ihre UN-Beiträge falls, wann und in der Höhe, wie sie wollen. Sie zwingen Mitglieder der UN dazu, im Interesse der USA zu stimmen. Sie zwingen dem Sekretariat die Wahl der personellen Besetzung auf. Sie traten wieder der UNESCO bei, um nach 18 Jahren des Widerstandes gegen deren Zwecke, sich zeitweilig beliebt zu machen. Sie schleusen Spione in die Inspektionsteams ein. Die USA haben Verträge über die Kontrolle von Kernwaffen und ihre Weitergabe abgelehnt, sie haben gegen das Protokoll gestimmt, das eine Stärkung der Konvention über biologische Waffen ermöglichen sollte, sie haben den Vertrag zur Ächtung von Landminen abgelehnt, sich darum bemüht, seine Entstehung zu verhindern, und damit den Internationalen Gerichtshof in seiner Wirksamkeit eingeschränkt und die Kinder-Konvention und das Verbot, Kinder im Krieg einzusetzen, zunichte gemacht. Die USA haben sich mehr oder weniger allen internationalen Bemühungen, Krieg zu kontrollieren und zu beschränken, die Umwelt zu schützen, Armut zu vermindern und die Gesundheit zu schützen, widersetzt. > >

      George Bush nennt zwei Invasionen des Iraks in andere Länder in den letzten 22 Jahren. Er ignoriert die vielen Fälle von Invasionen und Angriffen der USA auf andere Länder in Afrika, Asien und den beiden Amerikas in den letzten 220 Jahren, und die permanente Beschlagnahmung des Landes der amerikanischen Ureinwohner und anderer Nationen, in Ländern wie Florida, Texas, Arizona, New Mexico, Kalifornien und Puerto Rico neben vielen anderen, die durch Gewalt und Drohungen beschlagnahmt wurden.

      In denselben 22 Jahren griffen die USA die folgenden Staaten direkt an: Grenada, Nikaragua, Lybien, Panama, Haiti, Somalia, Sudan, Irak, Jugoslawien, Afghanistan und andere. Außerdem unterstützen sie Angriffe und Einmärsche anderer Staaten in Europa, Asien, Afrika und den beiden Amerikas.

      Man tut gut daran, sich zu erinnern, dass die USA 1983 nach einem Jahr der Drohungen das kleine Grenada besetzten, dabei hunderte von Zivilisten töteten und die kleine psychiatrische Klinik zerstörten, wobei viele Patienten starben. In einem Überraschungsangriff auf die schlafenden und wehrlosen Städte Tripolis und Benghazi töteten die USA 1986 hunderte von Zivilisten und beschädigten vier Botschaften. Im August 1998 schossen sie 21 Tomahawk Raketen auf die pharmazeutische Anlage El Shifa in Khartoum ab, wobei sie die Hälfte der dem sudanesischen Volk zur Verfügung stehenden Medizin vernichteten. Seit Jahren kämpfen USamerikanische Streitkräfte in Uganda und im Südsudan gegen die sudanesische Regierung. Die USA haben seit dem Golfkrieg den Irak bei vielen Gelegenheiten bombardiert, auch noch diese Woche, wobei hunderte von Menschen getötet wurden, ohne dass ein angreifendes Flugzeug abgeschossen oder auch nur beschädigt worden wäre.

      4. Warum hat George Bush entschieden, dasss die USA den Irak angreifen müssen?

      Es gibt keine vernünftige Grundlage dafür zu glauben, dass der Irak eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten oder irgendein anderes Land darstelle. Der Grund dafür, den Irak anzugreifen, muss anderswo liegen.

      Als Gouverneur von Texas führte George Bush den Vorsitz bei mehr Hinrichtungen als irgendein anderer Gouverneur der Vereinigten Staaten, seit 1976 die Todesstrafe wieder eingeführt worden war (nach einer Pause seit 1967). Er zeigte denselben Eifer, den er jetzt für einen "Regimewechsel" im Irak zeigt, als er die Hinrichtungen von Minderjährigen, Frauen, geistig Behinderten und Ausländern zu verantworten hatte. Das in der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen festgelegte Recht, dass die Verhaftung von Ausländern der diplomatischen Vertretung ihres Landes mitgeteilt werden müsse, wurde verletzt. Der oberste Gerichtshof der USA stellte fest, dass die Hinrichtung eines geistig Behinderten eine grausame und unübliche Strafe darstelle und gegen die Verfassung der USA verstoße. George Bush tritt den Vereinten Nationen jetzt mit denselben Wertvorstellungen und demselben Eigensinn entgegen.

      Seine Motive sind vielleicht auch dadurch bestimmt, dass er seine Präsidentschaft, die eine gesunde Wirtschaft und einen Haushaltsüberschuss in einen Verlust von mehreren Billionen Dollar verkehrt hat, retten will, dass er einen Traum verwirklichen will, der ein Albtraum werden wird, den Traum von einer neuen Weltordnung, die den besonderen Interessen der USA dienen soll, dass er allgemeinen Groll gegen den Irak schüren will, dass er eine arabische Nation nach der anderen schwächen will, dass er eine moslemische Nation schlagen will, um den Islam zu schwächen, dass er Israel schützen oder ihm in der Region zu mehr Dominanz verhelfen will, dass er sich die Kontrolle über das irakische Öl sichern will, um die Interessen der USA zu stärken, in Zukunft über das Öl in der Region zu bestimmen und die Ölpreise zu kontrollieren. Kriegshandlungen gegen den Irak aus irgendeinem dieser Beweggründe sind kriminell und ein Verstoß gegen eine große Anzahl internationaler Konventionen und Gesetze, darunter die Resolution der Generalversammlung über die Definition von Aggression vom 14. Dezember 1974.

      Neben einer großen Anzahl von Tyrannen brachten die Regimeveränderungen durch die USA bisher Staatsoberhäupter wie den Schah im Iran, Mobuto im Kongo und Pinochet in Chile an die Macht, die alle drei die demokratisch gewählten Staatsoberhäupter ersetzten.

      5. Eine vernünftige Politik, die dazu angetan ist, die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen in Nahost zu vermindern, muss auch Israel berücksichtigen

      Eine Politik der UN oder der USA, die die Feinde der USA zu Angriffszielen erklärt, ist kriminell und kann nur Hass, Zersplitterung und Terrorismus verstärken und zum Krieg führen. Die USA zahlen Israel pro Kopf mehr Unterstützung, als das Prokopfeinkommen (aus allen Einnahmequellen) im gesamten Afrika südlich der Sahara beträgt. Die von den USA erzwungenen Sanktionen haben das Prokopfeinkommen der Menschen im Irak um 75 % dessen gesenkt, was sie 1989 hatten. Das Prokopfeinkommen in Israel war in den letzten zehn Jahren etwa 12mal so hoch wie das der Palästinenser.

      Israel verstärkt seine jahrzehntelangen Angriffe auf das palästinensische Volk, indem es George Bushs Kriegserklärung gegen den Terrorismus als Entschuldigung dafür benutzt, unterschiedslos große und kleine Städte der Westbank und in Gaza zu zerstören und mehr Land zu annektieren. Damit verstößt Israel gegen internationales Recht und die wiederholten Resolutionen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung.

      Israel hat ein Waffenarsenal von hunderten von nuklearen Sprengköpfen amerikanischer Bauart, ausgeklügelte Raketen, die auf eine Entfernung von einigen tausend Kilometern genau treffen können, und Verträge mit den USA, gemeinsam mit den USA noch ausgeklügeltere Raketen und andere Waffen zu entwickeln.

      Massenvernichtungswaffen in der Hand einer einzigen Nation in einer Region mit einer Geschichte voller Feindseligkeiten befördern den Rüstungswettlauf und damit den Krieg. Die UN müssen etwas unternehmen, um a l l e Massenvernichtungswaffen zu reduzieren und zu zerstören. Sie dürfen sich nicht der Forderung beugen, die "Bösen" und "Feinde" d e r Supermacht zu bestrafen, die die größte Menge solcher Waffen besitzt und darüber hinaus die Fähigkeit, sie anzuwenden.

      Israel hat ungestraft seit vierzig Jahren mehr UN-Resolutionen ignoriert oder gegen sie verstoßen als jede andere Nation.

      Der Verstoß gegen Resolutionen des Sicherheitsrats kann in Friedenszeiten, und wenn es keine Bedrohung durch einen unmittelbar bevorstehenden Angriff gibt, kein Grund für die UN sein, einen Angriff auf eine Nation oder ein Volk gutzuheißen, sondern die Bemühungen, die Resolutionen des Sicherheitsrates gegen a l l e Nationen, die gegen sie verstoßen, durchzusetzen, müssen vergleichbar sein.

      6. Die Alternative ist Krieg oder Frieden

      Die UN und die USA müssen den Frieden suchen und nicht den Krieg. Ein Angriff auf den Irak könnte die Büchse der Pandora öffnen, aus der das Übel entweicht, das die ganze Welt zu Jahrzehnten sich ausbreitender Gewalt verdammt. Frieden ist nicht nur möglich; er ist unumgänglich notwendig angesichts der menschlichen Fähigkeit zur Zerstörung des Planeten und der menschlichen Art, zu der es Wissenschaft und Technik gebracht haben.

      Wenn es George Bush mit oder ohne Zustimmung der UN erlaubt wird, den Irak anzugreifen, wird er zum öffentlichen Feind Nummer Eins und die UN schlimmer als überflüssig. Die UN würden zu Komplizen in Kriegen, zu deren Beendigung sie einmal gegründet wurden. In dem Fall werden die Völker der Erde einen Neubeginn suchen müssen, wenn sie die Hoffnung behalten wollen, eines Tages die Geißel des Krieges zu zerbrechen.

      Dies ist ein entscheidender Augenblick für die Vereinten Nationen. Werden sie stark, unabhängig und treu zu ihrer Charta, internationalem Recht und ihren erklärten Zielen stehen, oder werden sie einen Krieg gegen die Wiege unserer Kultur stillschweigend dulden und sich dem Druck der Supermacht beugen, die uns in eine Welt ohne geltendes Recht führt?
      Lassen Sie es nicht so weit kommen!

      Hochachtungsvoll
      Ramsey Clark
      Avatar
      schrieb am 17.10.02 03:49:27
      Beitrag Nr. 40 ()
      Geheimdienstexperte: USA werden nicht nur gegen Irak Krieg führen
      John Pike vom US-Think-Tank "Globalsecurity" im Gesprüäch mit der "Netzeitung"

      Die Onlinezeitung "Netzeitung" (www.netzeitung.de) veröffentlichte am 14. Oktober 2002 ein interessantes Hintergrundgespräch mit einem renommierten Geheimdienstexperten der USA. Wir dokumenteiren im Folgenden den Bericht (Autor: Martin Schwarz) aus der Netzeitung. Die URL des Artikels lautet: http://www.netzeitung.de/servlets/page?section=1110&item=211…

      Fünf Jahre müsste Irak nach einem Sturz Saddam Husseins besetzt werden, um das Land zu stabilisieren. Das sagte John Pike, Direktor des amerikanischen Think-Tank Globalsecurity, der Netzeitung. Die eigentliche Gefahr sieht er aber in den Folgekriegen.

      Von Martin Schwarz

      Ein amerikanisches Militär-Regime muss lange in Irak ausharren, um das Land nach einem Sturz Saddam Husseins wieder zu einem funktionierenden Staatswesen zu machen, glaubt John Pike, Direktor beim renommierten amerikanischen Think Tank Globalsecurity. «Ich rechne damit, dass die USA den Irak mindestens fünf Jahre lang unter ihre Verwaltung stellen müssen, bis sich eigenständige politische Strukturen und auch die richtigen politischen Führer entwickeln können», sagte Pike der Netzeitung.

      Kein Personal

      Im Weißen Haus wird zurzeit die Idee diskutiert, in Irak ein ähnliches Regime zu etablieren, wie es in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und Japan existierte. Die sei zwar grundsätzlich gut, kranke aber an Personalfragen, so Pike: «In Deutschland hat man wieder Leute an die entscheidenden politischen Positionen setzen können, die schon in der Weimarer Republik politisch aktiv waren. In Irak funktioniert das nicht. Die Baath-Partei regiert länger als es Hitler getan hat.» Auch eine Integrationsfigur, wie es in Afghanistan der greise Ex-König Sahir Schah ist, gebe es derzeit in Irak nicht.

      Letztendlich komme es auch darauf an, wie weit die irakische Verwaltung nach einem Sturz Saddam Husseins gesäubert werden solle: «Am Tag nach der Entmachtung Husseins werden die Bürokraten in Bagdad wieder an ihre Schreibtische zurückkehren und weiter regieren, als wäre nichts geschehen.« Es werde an den USA liegen, bis zu welchem Punkt der Hierarchie gesäubert werden muss. »Das wird eine entscheidende Frage sein», sagte Pike.

      Putsch versus Krieg

      Doch obwohl in Washingtoner Regierungskreisen die Planungen für ein amerikanisches Militärregime laufen, sind die USA noch nicht sicher, ob ein solches - möglicherweise unter Leitung des Chefs des US-Zentralkommandos Tommy Franks - tatsächlich eingesetzt werden soll.

      Pike sagte: «Der Entscheidungsprozess ist noch nicht so weit gediehen. Es gibt noch immer Vertreter der US-Regierung, die eher die Inszenierung eines Putsches charmant finden, weil man sich dadurch einen Krieg ersparen würde», beschreibt Pike das inneramerikanische Gezerre um die richtige Strategie nach einem Krieg.

      Die Entscheidung zum Krieg, so Pike, sei aber bereits gefallen. Auch die Vereinten Nationen würden daran nichts mehr ändern können: «Die UN-Waffeninspektoren werden wohl nicht mehr in den Irak zurückkehren. Das ist vorbei», meint Pike - auch unter Berücksichtigung der Lage im UN-Sicherheitsrat: «Frankreich wird auf die USA zugehen. Russland lässt sich kaufen, weil man nur versprechen muss, dass es die Milliarden wieder sieht, die der Irak den Russen schuldet. China wird sich wegen des Irak nicht auf eine Konfrontation mit den USA einlassen und Großbritannien ist eine sichere Bank», analysiert Pike.

      Es sei «nur noch eine Frage von Formulierungen an einer Kompromiss-Resolution».

      Kriege gegen Iran und Nordkorea

      Doch Irak, meint Pike, sei nur die Vorstufe zu weiteren Kriegen: «Der Irak ist innerhalb der `Achse des Bösen` das leichteste Ziel. Danach, das kann ich fast garantieren, geht es an den Iran und schließlich an Nordkorea. Aber auch unter diplomatischen Gesichtspunkten ist der Irak derzeit am leichtesten anzugreifen, weil hier ein schlüssiges Bedrohungsszenario vorliegt».

      Die Bush-Regierung werde ihre Politik des präventiven Krieges auf jeden Fall fortsetzen, «so lange die Leute davon nicht gelangweilt sind. Derzeit sind sie es nicht».

      Vor den Kongresswahlen am 5. November werde das Thema Irak besonders aufgeheizt: «Die US-Demokraten haben Schwierigkeiten, mit ihren Themen in die Medien zu kommen, weil die Bush-Administration beinahe täglich die Presse mit Irak-Angelegenheiten füttert», sagt Pike.

      Für ihn, Pike, stellt sich aber die Frage, ob es klug ist, eine solche neue Weltordnung auf der Basis der Kriegsprovokation durchzusetzen: «Kann ich damit leben, wenn die USA den Irak angreifen? Ganz sicher. Ist es aber klug, danach auch den Iran und Nordkorea in die Knie zu zwingen? Vielleicht nicht».

      Aus: Netzeitung, 14. 10. 2002
      Avatar
      schrieb am 17.10.02 03:53:34
      Beitrag Nr. 41 ()
      Die Schlacht zum Feind tragen
      Die "Bush-Doktrin" vom Präventivkrieg gründet auf einer langen Tradition strategischen Denkens in den USA

      Von Jürgen Rose*

      Anfang des Jahres bezeichnete US-Präsident Bush in seiner State of the Union Address die "Achse des Bösen" als zentrale Bedrohung für den Weltfrieden. Gegen diese - so kündigte er zugleich an - würden die USA künftig mit präventiven Maßnahmen, unter Einschluss militärischer Aktionen, vorgehen. Diese Präsidentenrede wurde weltweit umgehend als Strategiewechsel wahrgenommen. Doch war sie es wirklich?

      Als der amerikanische Präsident im Sommer vor den Kadetten der Militärakademie von West Point sprach, hieß es in seiner Rede, die im Kalten Krieg bewährten Methoden der Abschreckung und Eindämmung reichten nicht mehr aus, um die Sicherheit der USA und ihrer Alliierten zu garantieren. Wer mit Terroristen und Diktatoren fertig werden wolle, müsse "die Schlacht zum Feind tragen, bevor die Bedrohung ihr schlimmstes Ausmaß erreicht". Daher sollten "alle Amerikaner zum präemptiven (Erklärung s.u.) Handeln bereit sein, um ihre Freiheit und ihr Leben zu verteidigen".

      Fortan firmierten die Axiome zur präventiven Selbstverteidigung unter der Bezeichnung "Bush-Doktrin". Sie bildet den Kern der dem US-Kongress im September 2002 offiziell vorgelegten National Security Strategy of the United States of America (NSS). In diesem Grundlagendokument, das zu erstellen jeder US-Präsident gesetzlich verpflichtet ist, beschreibt die Administration ihr außen- und sicherheitspolitisches Konzept - in neun Kapiteln finden sich Aussagen zu Interessen und Werten, die zu bewahren seien, zu Bedrohungen, denen man sich ausgesetzt fühle, zu den Methoden, derer sich die Außen- und Sicherheitspolitik bedienen wolle.

      Diese neue "Nationale Sicherheitsstrategie" konnte sich vor dem Hintergrund der seit einem Jahr laufenden globalen Anti-Terror-Kampagne sowie eines heraufziehenden Präventivkrieges gegen den Irak sowohl in den USA selbst als auch darüber hinaus größter Beachtung sicher sein. Dabei war von einem fundamentalen - teilweise "revolutionären" - Wandel die Rede, den die Amerikaner exerzierten. Begründet wurde ein solches Urteil vorzugsweise mit dem Argument, die US-Regierung habe die bis dato gültige Strategie der Abschreckung und Eindämmung für obsolet erklärt. Statt wie bisher auf Angriffe im Rahmen des kollektiven Verteidigungssystems der NATO flexibel und bedacht zu reagieren, setzten die USA nunmehr voll und ganz auf unilaterales Agieren mittels militärischer Präventivangriffe gegen jeden potentiellen Feind, gleich ob Terrornetzwerk oder Staat.



      Präemption und Prävention - in den Angriff des Gegners hineinlaufen

      Eine derartige Bewertung der "Bush-Doktrin" vernachlässigt Traditionslinien der Strategieentwicklung in der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik. Wer den historischen Kontext nicht ignoriert, dem wird auffallen, dass es sich bei der von George W. Bush vorgelegten National Security Strategy (NSS) um die konsequente Fortschreibung längst vorhandener respektive sich seit langem abzeichnender Konzeptionen handelt. Das lässt sich allein an den Kernelementen ablesen, auf die Bush zurückgreift.

      Im besonderen gilt das für die Begriffe "Prävention" und "Präemption" - beide tauchen sowohl in den präsidialen Reden als auch in der NSS mehrfach auf. Aus Sicht des Militärs ist deren terminologische Differenzierung alles andere als unwesentlich: Als präemptiv wird ein Angriff gemeinhin dann bezeichnet, wenn er in zweifelsfrei unmittelbar bevorstehende oder bereits stattfindende Angriffshandlungen eines Gegners hineinläuft. Als präventiv firmiert eine Kriegshandlung, wenn eine Angriffsvorbereitung des Gegners zwar nicht direkt erkennbar, aber damit zu rechnen ist, dass dieser Gegner demnächst oder jedenfalls in absehbarer Zeit eine militärische Offensive startet. Bezogen auf die völkerrechtliche Legitimation ist es ein entscheidender Unterschied, ob eine militärische Aktion präemptiv oder präventiv erfolgt: erstere wird in der Regel als legitim erachtet, während sich ein Präventivkrieg - da nicht zum Zweck der Selbstverteidigung gegen einen laufenden Angriff geführt - nach den geltenden Rechtsnormen keineswegs rechtfertigen lässt.

      Bei genauer Analyse der NSS zeigt sich, dass auch die Bush-Administration dieser Unterscheidung folgt. Unter Bezugnahme auf die in der völkerrechtlichen Tradition verankerten Zulässigkeit "präemptiver Verteidigung" gegen die "unmittelbar bevorstehende Gefahr eines Angriffs" wird dort gefordert, dieses "Konzept der unmittelbaren Bedrohung den Möglichkeiten und Zielsetzungen heutiger Gegner anzupassen". Darüber hinaus wird in der NSS kein grenzenloses Recht zu präemptiver Verteidigung reklamiert: Erstens wird klargestellt, dass "die USA nicht in allen erdenklichen Fällen auf militärische Gewalt zurückgreifen werden, um aufkeimenden Bedrohungen zuvorzukommen". Zweitens wird betont, dass "die Staaten Präemption nicht als Vorwand für Aggressionen nutzen dürften". Aus dem Wortlaut der NSS lässt sich demnach betreffs präemptiver militärischer Operationen keine prinzipiell neue Sichtweise der USA ableiten.

      Was andererseits präventive Maßnahmen betrifft, wird an keiner Stelle in der NSS explizit ein unmittelbarer Bezug zu einem militärischen Vorgehen hergestellt, besonders reklamiert die NSS kein Recht zum Präventivkrieg. Von Prävention ist primär die Rede im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, die Proliferation von Massenvernichtungswaffen zu verhindern, im Kampf gegen den globalen Terrorismus Koalitionen zu bilden und Allianzen zu stärken, die Finanzströme des internationalen Terrorismus abzuschneiden und Finanzkrisen im System der Weltwirtschaft zu verhindern, Gefahren durch die weltweite Klimaveränderung vorzubeugen sowie der Aufdeckung geheimdienstlicher Aktivitäten vorzubeugen. Insgesamt wird der Terminus Prävention in der NSS sehr weit gefasst und eher unspezifisch verwendet. Ein Blick auf den Verlauf der amerikanischen Strategieentwicklung bestätigt wiederum, dass in der von Präsident Bush vorlegten Nationalen Sicherheitsstrategie - bezogen auf die Prävention - keine grundlegende Neuorientierung erfolgt, sondern allenfalls eine verstärkte Akzentuierung, was deren Stellenwert angeht.



      Erste Verteidigungslinie - Frieden nicht allein den Politikern überlassen

      Über Präventionsstrategien wurde in den USA bereits seit 1994 unter dem Rubrum "Preventive Containment" (Präventive Eindämmung) diskutiert. 1996 hielt der damalige Verteidigungsminister William J. Perry an der Harvard University eine Rede über "Preventive Defense" (Präventive Verteidigung), in der er der (Welt-)Öffentlichkeit eine nach seinem Verständnis "revolutionär neue" Konzeption der US-Sicherheitspolitik vorstellte: "Präventive Verteidigung" sollte demnach die "erste Verteidigungslinie" Amerikas bilden, Abschreckung die zweite - der militärische Konflikt die dritte und letzte Option. Perry postulierte damals, dass "Frieden zu wichtig sei, um ihn allein den Politikern zu überlassen". Infolgedessen übertrug er dem Militär eine mit neuartigen Kompetenzen verbundene Schlüsselrolle. Es trat in seiner vormals eher passiven Rolle als Instrument der Abschreckung in den Hintergrund und bekam eine aktiv gestaltende und damit zugleich erheblich erweiterte Funktion zugewiesen. Mit seiner Konzeption hatte also schon einmal ein US-Verteidigungsminister eine Außen- und Sicherheitspolitik unter militärischen Vorzeichen gefordert. Präsident Clinton bekräftigte seinerzeit diesen Kurs, indem er in der unter seiner Ägide entstandenen National Security Strategy konstatierte: "Wenn Interessen unserer nationalen Sicherheit bedroht sind, werden wir - wie es Amerika immer getan hat - uns diplomatischer Mittel bedienen, wenn wir können, jedoch auf militärische Gewaltanwendung zurückgreifen, wenn wir müssen."

      Die damalige Außenministerin Madeleine Albright pflegte im Vergleich zu ihrem Amtsnachfolger Colin Powell nicht nur eine dezidiert bellizistische Rhetorik, sondern war darüber hinaus Militärinterventionen keinesfalls abgeneigt. Im Vergleich zur Rhetorik der Clinton-Administration erscheint die Diktion der National Security Strategy des George Bush sogar ein wenig moderater, stellt man die Aussagen zu militärischen Elementen der Strategie in den Kontext zu den Kapiteln, in denen von Menschenwürde und Menschenrechten, Weltwirtschaft und Handel, Demokratie und Entwicklung oder Koalitionsbildung und Kooperation die Rede ist.

      Als Fazit ergibt sich aus der Analyse der neuen NSS und der Strategieentwicklung unter vorherigen US-Administrationen, dass der Prävention bereits seit langem hohe Bedeutung beigemessen wurde und dem militärischen Instrumentarium eine essentielle Funktion zukam, nur ist eben - unter dem Eindruck der Anschläge von New York und Washington - die Bereitschaft zur Präemption mittels militärischer Gewalt erheblich gewachsen. Mutatis mutandis wahrt die Bush-Administration also durchaus die konzeptionelle Kontinuität der amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik.

      Diese Bilanz wird auch durch die Kernelemente der neuen NSS bestätigt. Sie beziehen sich unter anderem: auf die Bereitschaft zum unilateralen (militärischen) Handeln, falls von den USA als nötig erachtet; den Anspruch auf globale politische Führung durch die USA, die kontinuierliche Sicherstellung technologischer Suprematie; die Doktrin konkurrenzloser militärischer Dominanz, die Verknüpfung derselben mit dem Ziel der Ressourcensicherung, die Garantie des freien Welthandels zu für die USA günstigen Bedingungen sowie die ultimative Entschlossenheit, die Proliferation von nuklearen, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen zu verhindern.



      Ironie der Lage - Saddams Recht auf präemptive Selbstverteidigung

      Aber nicht nur hinsichtlich ihrer National Security Strategy steht die Bush-Administration in der Kontinuität tradierten strategischen Denkens. Gleiches gilt für die Schwierigkeiten, die normierte Theorie in praktische Politik umzusetzen. So resultieren zum Beispiel aus der neuen Sicherheitsstrategie kaum zu übersehende Paradoxien im Hinblick auf den derzeit geplanten und vorbereiteten Präventivkrieg gegen den Irak, durch den ein Regimewechsel mittels militärischer Gewalt erzwungen und in dessen Folge eine strategische Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens erreicht werden soll.

      Erstens nämlich bietet die NSS für einen derartigen Präventivkrieg keine geeignete konzeptionelle Grundlage, da sie - wie aufgezeigt - ausschließlich ein Recht zur präemptiven Verteidigung reklamiert. Niemand aber - auch nicht der US-Präsident - behauptet derzeit, dass Angriffshandlungen des Irak zweifelsfrei bevorstünden. Solche wären aber die Bedingung für einen präemptiven Militärschlag. Aus völkerrechtlicher Sicht gilt ohne jeden Zweifel, dass - solange ein Staat keinen bewaffneten Angriffshandlungen im Sinne des Artikels 51 der UN-Charta ausgesetzt ist - eine gesicherte völkerrechtliche Grundlage für die Anwendung militärischer Gewalt durch diesen Staat nicht besteht.

      Es steht außer Zweifel, dass der Irak seit dem Ende des Golfkrieges 1991 keine militärische Offensive mehr geführt hat. Allerdings ist seit dem Abzug der UN-Inspektoren im Jahre 1998 unklar, ob er über Massenvernichtungswaffen verfügt. Es gibt Indizien dafür, dass Saddam Hussein versucht haben könnte, sich solche zu verschaffen. Schließlich gibt es unspezifizierte Befürchtungen, dass der irakische Diktator - nachdem er sich in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gebracht hat - militärisch offensiv werden könnte. Angesichts einer derartigen Ausgangslage militärisch offensiv zu werden, würde auf idealtypische Weise den Tatbestand eines Präventivkrieges erfüllen - und der wäre nicht zu rechtfertigen.

      Würde andererseits Saddam Hussein umstandslos die Nationale Sicherheitsstrategie seines amerikanischen Gegenspielers für den Irak übernehmen, so besäße er - und hierin liegt die Ironie der Situation - eine fabelhafte Rechtfertigung für präemptive Selbstverteidigungsattacken gegen die in den Ländern rings um den Irak aufmarschierenden Streitkräfte der USA, Großbritanniens und gegebenenfalls auch Israels, das den geplanten Schlag der US-Streitkräfte vorbehaltlos unterstützt. Dieser Truppenaufmarsch, gepaart mit den unmissverständlichen politischen Erklärungen aus dem Weißen Haus, demonstriert zweifelsohne, dass die USA - Symptom für die Hybris der "einzigen Weltmacht" - dabei sind, den Irak mit einem Krieg zu überziehen.

      * Der Autor, der in diesem Beitrag seine persönlichen Auffassungen vertritt, ist Oberstleutnant der Bundeswehr.
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      schrieb am 17.10.02 03:56:42
      Beitrag Nr. 42 ()
      Amerikanischer Internationalismus oder: Angriff ist Verteidigung
      Zur "Nationalen Sicherheitsstrategie der USA", die Präsident Bush vorgelegt hat

      Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus einer ersten Analyse der neuen Sicherheitsdoktrin der Bush-Administration, die wir in der Internetzeitung "Telepolis" gefunden haben (www.heise.de/tp/).
      (Siehe auch unseren Beitrag "Bush skizziert eine harte außenpolitische Vision / Bush Describes Tough Foreign Policy Vision").


      Von Goedart Palm
      21.09.2002

      Präsident Bush wird demnächst dem US-Kongress sein Strategiepapier "The National Security Strategy of the United States" vorlegen. Weit mehr als sein Titel verrät, definiert dieses Konzept die amerikanische Sicherheits- und Außenpolitik fundamental neu. Das Strategiepapier enthält die bereits zuvor verkündete Präventivschlag-Doktrin (zur neuen Präventionsmoral alter Krieger), die in Zukunft auf feindliche Staaten und Terroristengruppen Anwendung finden wird, von denen die Gefahr ausgeht, Massenvernichtungswaffen herzustellen.

      Bedeutender noch als dieses Strategieelement ist aber der jetzt ausdrücklich erklärte Anspruch, die militärische Vorherrschaft der USA für alle Zeiten festzuschreiben. Die Zeiten des Kalten Krieges, der Bedrohung der USA durch fremde Aggressoren, seien endgültig vorbei und dürften sich niemals in der Geschichte wiederholen. Das zuvor verfolgte Prinzip internationaler Verträge, um die Nichtweiterverbreitung von Waffensystemen zu gewährleisten, habe sich in den Fällen des Irans, Nord-Koreas, Iraks und anderer Nationen als untauglich erwiesen. Stattdessen gilt nun das Prinzip der "counterproliferation" bis hin zur gewaltsamen Entwaffnung unbotmäßiger Staaten.

      Die Strategien der Eindämmung und Abschreckung, die die amerikanische Politik seit den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts prägten, sind damit Makulatur geworden. Die unilateralistische Schlüsselidee Bushs ist der unbedingte Wille, jede ausländische Kraft daran zu hindern, mit der exklusiven militärischen Führungsrolle der Vereinigten Staaten zu konkurrieren, die nach dem Fall der Sowjet-Union entstanden ist. Jeder potenzielle Feind hat mit Präventivschlägen zu rechnen, wenn er es wagt, die Macht der USA zu übertrumpfen oder auch nur mit ihr gleichzuziehen.

      "We cannot defend America and our friends by hoping for the best. So we must be prepared to defeat our enemies` plans, using the best intelligence and proceeding with deliberation. History will judge harshly those who saw this coming danger but failed to act. In the new world we have entered, the only path to peace and security is the path of action."

      Mit dieser Generalermächtigung wird bereits jede Nation allein dadurch zum antiamerikanischen Freiheitsfeind, wenn sie das hegemoniale Machtkalkül Amerikas durch verstärkte militärische Anstrengungen provoziert würde. Die Falken kreisen in einsamer Höhe und wehe dem, der es ihnen gleichtun wollte. Da Russlands Ökonomie kränkelt, könnten sich zukünftige Konflikte, wenn die Schurkenstaaten erst exterminiert sind, vor allem mit China ergeben, das sowohl konventionelle wie auch nukleare Militärkräfte weiter ausbaut. Der Geist der Bedrohung prägt auch diesen Teil des Strategiepapiers:
      "China`s leaders have not yet made the next series of fundamental choices about the character of their state. In pursuing advanced military capabilities that can threaten its neighbors in the Asia-Pacific region..." Quod licet Iovi, non licet bovi.

      ... Doch auch Diplomatie, internationale Hilfsmaßnahmen, die Kooperation mit "UNO", "International Monetary Fund" und "World Bank" haben sich in den expliziten Kampf der Werte und Ideen einzuordnen. Nota bene: Amerika befürchtet nicht länger den Kampf der Kulturen, sondern sucht ihn jetzt ausdrücklich:
      "Wir werden auch einen Krieg der Ideen führen, um den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu gewinnen."

      Auch hier gilt folglich die Doktrin des "preemptive strike." Nicht länger soll also - in der Sprache europäischer Intellektueller - der zivile Wettbewerb der Ideen, das herrschaftsfreie Gespräch, die interkulturelle wie -religiöse Ökumene gefördert werden, sondern Bush erklärt den "Krieg der Ideen". Der Bellizismus der Diktion ist vielleicht noch verräterischer als der Inhalt. Selbst die New York Times erkennt in dieser kopernikanischen Strategiewende ein sehr viel "muskulöseres und mitunter auch aggressives Verständnis nationaler Sicherheitsbelange", als es je seit der Reagan-Ära formuliert worden wäre.

      ... Multilateralismus gibt es immer dann, wenn es Amerikas Interessen, die zugleich die Interessen der freien Welt sind, dient. Unilateralismus herrscht da, wo das amerikanische Freiheitskonzept und die Militärhegemonie der USA provoziert werden. Denn im Strategiepapier mit dem tiefstapelnden Etikett "nationaler Sicherheit" wird kein Zweifel gelassen, dass im Fall von Konflikten amerikanischer mit anderen Interessen keine Kompromisse gelten. Dem haben sich auch die Alliierten zu fügen: Zwar sei man zu Allianzen bereit, um den immerwährenden Krieg gegen den Terrorismus zu führen. Im Fall nationaler Notwehr werde man aber nicht zögern, präventive Kriege auch alleine zu führen. ...

      Das neue Verständnis fremder Souveränität, das Bush in einigen Kostproben bereits verabreicht hat, sieht so aus: Staaten werden entweder überzeugt oder gezwungen, ihren "souveränen Verantwortlichkeiten" nachzukommen, wenn es der Kampf gegen Terroristen gebietet. Souveränität wird danach zum Lehngut. Ex-Präsident Bill Clinton verließ sich noch auf internationale Abkommen, ob in der nuklearen Abrüstung oder in der Umweltpolitik. Für Bush ist die Idee internationaler Verträge Ballast seiner machtpolitischen Weltneuordnung auf dem Boden amerikanisch definierter Glückseligkeit.

      ... Amerika wird seine Hilfsfonds für bedürftige Nationen in den nächsten Jahren um 50 % aufstocken. Davon sollen solche Gesellschaften profitieren, deren Regierungen gerecht regieren, ihre Zuwendungen der Bevölkerung zukommen lassen und die Wirtschaftsfreiheit fördern. Das Geld habe an die Armen zu gehen, sei insbesondere für Schule, Gesundheitswesen und sauberes Wasser zu verwenden:
      "Eine Welt, in der manche Menschen in Luxus und Wohlstand leben, während die Hälfte der Menschheit mit weniger als 2 Dollar täglich leben muss, ist weder gerecht noch stabil. Alle Armen der Welt in einen sich ausdehnenden Kreis der Entwicklung und der Chancen einzuschließen, ist ein moralischer Imperativ und gehört zu den obersten Prioritäten der amerikanischen Außenpolitik."

      Doch dieser moralische Imperativ besänftigt nicht das Dilemma einer kruden Mischung aus radikaler Militärpolitik, Weltgenesungstherapie und der globalen Verordnung von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten:
      "Wir arbeiten aktiv daran, die Hoffnung der Demokratie, der Entwicklung, der freien Märkte und des freien Handels an jeden Ort der Welt zu bringen."

      Der Begriff der "balance of power" ist in diesem militärhumanistischen Strategiepapier ein paradoxer Irrläufer, weil es ab jetzt nur noch eine Weltmacht gibt, aus deren Händen die anderen die Freiheit so zu nehmen haben, wie sie Amerika definiert. Diese Doktrin ist vor allem deshalb so fragwürdig, weil sie die Geschicke der Welt und die Interessen Amerikas unifiziert - zugleich aber, wenn es zum Konflikt kommt, allein der Priorität amerikanischer Interessen folgt. Diese schizoide Einheit von gesellschaftsübergreifenden Werten, internationalen wie nationalen Interessen hat der Weltinnenpolitiker Bush nun selbst mit dem Begriffshybriden "Amerikanischer Internationalismus" ("a distinctly American Internationalism") gelabelt.

      In Konsequenz ist diese erste Darstellung der zukünftigen amerikanischen Sicherheitspolitik der Bush-Regierung nichts anderes als die Demontage der Politik souveräner Staaten, der Uno inklusive des Internationalen Strafgerichtshofs und schließlich auch divergenter Freiheits- oder Kulturkonzepte anderer Gesellschaften. Denn es gibt jetzt keine machtpolitischen Spielräume mehr, in denen andere Völker noch souverän operieren dürften. Soweit der Präsident auf die UN verweist, gilt das Prinzip amerikanisch definierter Subsidiarität: Machen die Vereinten Nationen alles richtig, akzeptieren die USA ihre Politik, anderenfalls ist die UN ein Stück Papier. ...

      Aus: Telepolis, 21.09.2002 (www.heise.de/tp/)
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      schrieb am 17.10.02 20:56:02
      Beitrag Nr. 43 ()
      Krieg gegen Saddam

      Bush will Israel mehr als zwei Tage vor einem Angriff informieren

      Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und George W. Bush sind sich in ihrer Meinung über den Irak weitgehend einig. Israel habe bei einem Angriff Bagdads natürlich das Recht auf Selbstverteidigung, stellte der US-Präsident klar.


      AP

      Einig: Bush und Scharon


      Washington - "Wenn Irak Israel morgen angreift, würde ich von einer Antwort (Israels) ausgehen, denn es hat das Recht, sich zu verteidigen", sagte Bush. Er habe noch nicht über einen Militärschlag gegen Irak entschieden und hoffe, die Uno werde den Irak zu einer Aufgabe seines Programmes für atomare, biologische und chemische Waffen bewegen.

      Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Sean McCormack, sagte, Bush habe sich auf einen möglichen irakischen Angriff unabhängig von einem US-Militäreinsatz bezogen. "Natürlich hat jedes Land das Recht auf Selbstverteidigung", sagte McCormack auf die Frage, ob Israel einen irakischen Angriff auch vor einem US-Einsatz gegen den Irak vergelten würde. Wenn es aber einen Militäreinsatz in der Region gebe, sei dies eine völlig andere Situation. "Wir werden uns mit allen Ländern in der Region beraten, die einer irakischen Bedrohung ausgesetzt sind", sagte McCormack.

      Die USA haben nach israelischen Angaben zugesagt, Israel mehr "als zwei Tage vorher" von einem bevorstehenden Angriff auf den Irak zu informieren. So könne sich das Land rechtzeitig gegen mögliche irakische Vergeltungsanschläge wappnen, sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsvertreter. Die USA hätten außerdem zugesagt, alles zu unternehmen, um irakische Angriffe auf Israel zu verhindern.

      Eine israelische Vergeltung würde vermutlich jede arabische Unterstützung für einen US-Einsatz gegen den Irak untergraben. Während des Golfkriegs 1991 hatte der Irak insgesamt 39 Scud-Raketen auf Israel abgefeuert; dabei kamen zwei Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt.
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      schrieb am 21.10.02 13:20:24
      Beitrag Nr. 44 ()
      Terroristenfahndung

      Tschechien dementiert Atta-Treffen mit Irak-Spion

      Neuer Tiefschlag für US-Präsident Bush: Der tschechische Präsident Havel teilte den Amerikanern mit, dass es keinerlei Indizien für ein Treffen des Todes-Piloten Atta mit einem irakischen Spion in Prag gebe. Bushs Argumentationskette, die eine Verbindung zwischen al-Qaida und dem Irak beweisen soll, wird immer löchriger.


      AP

      Mohammed Atta war nur einmal in Prag, um billig in die USA zu fliegen


      Prag/Washington - Mittlerweile hat der tschechische Präsident Vaclav Havel der amerikanischen Seite in einer vertraulichen Note berichtet, dass die örtlichen Behörden keinerlei Hinweise auf ein solches Treffen haben. Laut einem Bericht der "New York Times" berichtete der tschechische Staatschef in dem Schreiben, dass es trotz monatelanger Recherchen seiner Fahnder keinen Zweifel gebe, dass der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge in den USA sich nie mit dem irakischen Geheimdienstoffizier Ahmad al-Ani in Prag getroffen habe.

      Für die USA ist die neue Wendung ein Rückschlag bei der Suche nach Argumenten für einen kriegerischen Einsatz im Irak. Denn die US-Geheimdienste versuchen seit Monaten zu beweisen, dass das Terror-Netz al-Qaida direkte Verbindungen zum Irak unterhielt und der Irak möglicherweise auch an den Planungen für den 11. September beteiligt war. Immer wieder hatte auch Präsident George W. Bush auf diese Verbindung hingeweisen, jedoch nie Beweise geliefert.

      Dazu passte die kurz nach dem 11. September kursierende Meldung eines Treffens von Mohammed Atta und dem Irak-Spion an der Havel. Intern jedoch gestanden gegenüber der "Times" auch hohe US-Geheimdienstler ein, dass sie trotz monatelanger Recherchen keinen Beweis für das Treffen gefunden hätten. Ganz im Gegenteil: Laut US-Erkenntnissen soll Atta zu der Zeit bereits in Virginia Beach in den USA gewesen sein, um dort eine Flugschule zu besuchen.

      Flug von Prag war schlicht billiger

      Die ersten Berichte über das vermeintliche Treffen der beiden Männer kamen aus Tschechien selbst. Damals war berichtet worden, dass Mohammed Atta sich im April 2001 mit dem irakischen Spion al-Ani getroffen habe, der als Mitarbeiter der irakischen Botschaft in Prag tätig ist. Die Vermutung damals war klar: Al-Ani und Atta haben über die Anschläge gesprochen. Mittlerweile jedoch ist klar, dass sich der erste Bericht über das Treffen auf die Aussage einer einzelnen Quelle aus der arabischen Szene in Prag berief. Diese Quelle hatte sich jedoch erst gemeldet, nachdem das Bild Mohammed Attas um die Welt ging. Mittlerweile gestehen tschechische Ermittler ein, dass sie mit dem Bericht voreilig waren.

      Genährt wurden die Verdachtsmomente gegen den Irak damals durch Hinweise auf weitere Prag-Aufenthalte Attas. Da Atta schon vorher in verschiedenen europäischen Länder für Meetings mit anderen Komplizen unterwegs war, nahmen die Ermittler an, dass auch die Prag-Reisen diesem Zweck dienten. Mittlerweile ist jedoch von deutschen Ermittlern zu hören, dass Atta im Juni 2000 lediglich in Prag war, weil der Flug von dort aus in die USA schlicht billiger war als von Hamburg, wo er zu der Zeit lebte.
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      schrieb am 22.10.02 20:22:44
      !
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      schrieb am 23.10.02 12:09:45
      !
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      schrieb am 24.10.02 22:29:36
      Beitrag Nr. 47 ()
      Krieg gegen den Terrorismus im Südkaukasus?
      Die USA entsenden Militärberater nach Georgien

      Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus einer Studie, die im regierungsnahen Institut SWP (Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit) angefertigt wurde. (Homepage: www.swp-berlin.org).


      Von Jürgen Schmidt

      Das jüngste Kapitel des von den USA angeführten ‚Kriegs gegen den Terrorismus‘ wurde unlängst in der südkaukasischen Republik Georgien aufgeschlagen durch die Entsendung der ersten von bis zu 200 Militärberatern zur Ausbildung und Ausrüstung der georgischen Armee und Grenztruppen.

      Hintergrund

      Als Begründung für die neue US-Initiative wird die Situation in der georgischen Pankisi-Schlucht angeführt. Die Schlucht befindet sich am tschetschenischen Abschnitt der russisch-georgischen Grenze und ist überwiegend von ethnischen Verwandten der Tschetschenen mit georgischer Staatsbürgerschaft, den Kisten, bewohnt. Insbesondere seit dem Beginn des zweiten russischen Tschetschenienkriegs 1999 steht das Tal außerhalb der Kontrolle georgischer Staatsmacht. Es wurde in dieser Zeit nicht nur Zufluchtsort von mehreren Tausend Flüchtlingen aus Tschetschenien, sondern auch von Kriminellen aus der ganzen Region. Von Pankisi aus betreiben sie - angeblich protegiert von kriminellen Elementen in der georgischen Regierung und dem Innenministerium - einträgliche Geschäfte wie Waffen- und Drogenhandel sowie Entführungen. Unter den Flüchtlingen aus Tschetschenien befinden sich auch bewaffnete Vertreter des radikal- islamistischen Lagers des tschetschenischen Widerstands. Neben der Teilhabe an den kriminellen Aktivitäten nutzen diese die Schlucht insbesondere als Rückzugs- und Durchgangsgebiet für ihren Kampf in Tschetschenien. Dabei werden sie insbesondere von saudischen Nichtregierungsorganisationen und türkischen Extremisten logistisch und finanziell unterstützt.

      Konsequenzen aus dem 11. September

      Die weltpolitischen Ereignisse als Reaktion auf die Geschehnisse des 11. September haben eskalierend auf die Situation in Pankisi gewirkt. Die westliche Staatengemeinschaft zeigte mehr Verständnis für Rußlands Tschetschenienkrieg und erkannte einen Teil des tschetschenischen Widerstands als Komponente des internationalen Terrorismus an. Zudem eröffnete der Krieg gegen den Terrorismus russischen Hardlinern eine erneute Option zu militärischem Eingreifen in Pankisi. Nur wenige Tage nach den US-Angriffen auf Afghanistan riefen russische Politiker und Militärs bereits nach russischen Aktionen in der Pankisi-Schlucht, wie sie den USA in Afghanistan zugestanden wurden. ...

      Aufgrund der Erfahrungen mit russischen Militärinterventionen in den Kriegen gegen die separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien war für die georgische Führung selbst eine gemeinsame russisch-georgische Aktion in Pankisi keine Option. Die unverhältnismäßige russische Gewaltanwendung auch gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien rechtfertigen die georgische Ablehnung.

      Somit befanden sich die USA hinsichtlich der Lage in Pankisi bereits im September 2001 in einem Dilemma. Einerseits mußte Präsident Bush seinem russischen Kollegen Putin klar machen, daß die territoriale Unverletzbarkeit des strategischen Verbündeten Georgien für die Vereinigten Staaten von höchster Wichtigkeit ist. Andererseits mußte Washington von der Regierung Schewardnadse glaubwürdig eine Nulltoleranzpolitik hinsichtlich Kriminalität und Korruption auch in Pankisi einfordern.

      Kämpfe in Abchasien

      Die Art, wie die georgischen Offiziellen das Problem der Anwesenheit tschetschenischer Kämpfer in Pankisi schließlich lösen wollte, führte das Land im Herbst 2001 ein weiteres mal an den Rand des Abgrunds. Mehrere Hundert Tschetschenen unter dem Kommando des Feldkommandeurs Ruslan Gelajew wurden von den georgischen Innen- und Staatssicherheitsministerien aus Pankisi quer durchs Land in die Kodori-Schlucht nach Abchasien transportiert. Der obere Teil Kodoris ist das letzte abchasische Gebiet unter nomineller georgischer Kontrolle, während der untere Teil bereits vom abchasischen Separatistenregime kontrolliert wird. Die Kodori-Schlucht ist von herausragender militärstrategischer Bedeutung, da ein erfolgreicher georgischer Vorstoß hier die gesamten abchasischen Verteidigungspositionen entlang der georgisch-abchasischen Waffenstillstandslinie von den Hauptnachschub- und Kommunikationslinien abschneiden und die abtrünnige Republik faktisch zweiteilen würde. An genau dieser Stelle starteten die mehreren Hundert Tschetschenen vereint mit offiziellen und irregulären georgischen Verbänden im Herbst eine Offensive, welche von den abchasischen Verbänden nur durch russische Ausrüstungs- und Luftunterstützung zurückgeschlagen werden konnte.

      Anhaltende politische Krise in Georgien

      Die Ereignisse in Abchasien und Pankisi führten zum Rücktritt der Minister für Staatssicherheit und Inneres. Der Privatsender Rustawi 2 machte die beiden nicht nur für das Abchasiendebakel verantwortlich, sondern bezichtigte den Innenminister Targamadse auch der direkten Beteiligung an Drogengeschäften in Pankisi. Versuche der beiden Minister, den Fernsehsender einzuschüchtern, brachten schließlich Tausende von Demonstranten auf die Straße. Die mehrtägigen Proteste führten schließlich zum Rücktritt der gesamten Regierung und der Auswechslung der Staatssicherheits- und Innenminister. Eine Konsequenz aus der Regierungsumbildung war eine zunehmend realistischere Einschätzung der Situation in Pankisi, was den russischen Druck erhöhte. Nach einer ernsthaften Verschlechterung der georgisch- russischen Beziehungen aufgrund eines erneuten russischen Luftangriffs auf georgisches Territorium im November bat Präsident Schewardnadse schließlich die USA um Hilfe im Kampf gegen Kriminelle und Terroristen in Pankisi.

      Der Auftakt zur US-Präsenz

      Am 11. Februar teilte Philip Remler, der Charge d’Affaires der US-Botschaft in der georgischen Hauptstadt einer georgischen Wochenzeitung mit, daß sich einige Dutzend Kämpfer der al-Qaida aus Afghanistan in die Pankisi-Schlucht geflüchtet haben. Er bezeichnete diesen Ort als „extrem gefährlich für Georgien“ und bot gleichzeitig die Mithilfe der USA beim Aufbau einer speziellen Antiterror-Struktur im georgischen Verteidigungsministerium im Rahmen der laufenden bilateralen Militärkooperation an.

      Remlers überraschende Eröffnungen über die Anwesenheit von al-Qaida-Kadern auf dem Staatsgebiet Georgiens wich von bisherigen amerikanischen Darstellungen ab und untermauerte erstmals die russische Kritik an der Passivität der georgischen Behörden hinsichtlich der Lage in Pankisi. In Moskau wurden diese Hinweise von Teilen der Regierung als grünes Licht für ein militärisches Eingreifen durch Rußland interpretiert. Am 15. Februar sprach der russische Außenminister Igor Iwanow von der Möglichkeit, daß sich Osama bin Laden selbst in Pankisi aufhalten könnte. Kurz darauf legte der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow nach und bezeichnete Pankisi als ‚Mini-Afghanistan‘. Er betonte, daß die Sicherheit Rußlands auf dem Spiel stehe, und Moskau deswegen nicht einfach nur weiter zusehen könne.

      Das US-Programm „train and equip“ für Georgien

      Erst nach ihrer Abreise wurde die Visite von etwa 40 Mitgliedern von US-Spezialeinheiten in Tiflis am 26. Februar durch einen Sprecher des US European Command bestätigt. Es habe sich hierbei um eine Erkundungsmission zur Ermittlung georgischer Sicherheitsbedürfnisse durch Einheiten der Spezialkräfte gehandelt, welche eine Schlüsselrolle in der Afghanistan-Kampagne gespielt hatten. Analysten in den USA und Rußland wiesen zudem auf die Beteiligung eines Logistikteams der US-Luftwaffe hin, das normalerweise auf dem Stützpunkt Incirlik in der Türkei stationiert sei.

      Am 27. Februar traf eine hochrangige US-Militärdelegation in Tiflis ein, welche im Rahmen ihrer Mission alle drei Staaten des Südkaukasus bereisten. Gemeinsam mit ihren georgischen Gesprächspartnern aus dem Verteidigungsministerium wurden Pläne für ein neues Ausbildungs- und Ausrüstungskonzept für die georgische Armee diskutiert. ... Das State Department gab bekannt, daß im Rahmen einer bereits mehr als fünfjährigen intensiven Sicherheitspartnerschaft nun ein Ausbildungs- und Ausrüstungsprogramm für Einheiten des georgischen Verteidungsministeriums und der Grenztruppen begonnen werde. Ziel des Programms ist die Entwicklung von Fähigkeiten zur besseren Kontrolle der Grenzen und der Durchführung begrenzter Antiterror- Operationen. ...

      Anfang März wurden weitere Details des US-Programms bekannt. Demnach werde die georgische Armee über die nächsten sechs Monate mit leichter Bewaffnung, Fahrzeugen und Kommunikationsmitteln im Wert von etwa 64 Millionen Dollar ausgestattet. Die Unterstützung für die georgischen Streitkräfte in Trainings- und Logistikfragen werde „in großem Umfang“ erfolgen. Gedacht ist an die Ausbildung von vier georgischen Armee-Einheiten sowie etwa 500 Mann der Grenztruppen, insgesamt etwa 2000 Soldaten und Offiziere. Zudem wird mit amerikanischer Unterstützung ein Krisenmanagement-Zentrum im georgischen Verteidigungsministerium eingerichtet, welches für die Planung von Antiterrormaßnahmen verantwortlich sein wird. ...

      Die georgische Armee

      Die georgischen Streitkräfte sind derzeit für keine Schlacht gerüstet. Sie leiden an chronischer Unterfinanzierung und sind zudem vom gesamtgeorgischen Problem der wuchernden Korruption nicht ausgenommen. Letzten Mai meuterten Einheiten der Nationalgarde in der Nähe der Hauptstadt aufgrund unhaltbarer Zustände wie Todesfälle aufgrund von Armutskrankheiten, einem sechzehnmonatigen Soldrückstand oder Unterernährung. Die georgische Armee ist zwar eine allgemeine Wehrpflichtarmee, doch aufgrund der Zustände kaufen sich die meisten jungen Leute vom Dienst frei. Beinahe ausschließlich die ärmsten, Minderheiten und Analphabeten finden sich somit zum Dienst ein. Der Verteidigungshaushalt fiel stetig über die letzten Jahre und wurde aufgrund der desolaten Finanzlage nie vollständig ausgezahlt. Das Budget für das Jahr 2002 beläuft sich theoretisch auf knapp 20 Mio. Dollar, zu denen die US-Militärhilfe von insgesamt über 64 Mio. Dollar in Beziehung zu setzen ist.

      Reaktionen in Rußland

      In Rußland entluden sich die Reaktionen auf die Ankündigungen des 27. Februar in den Medien in einem Sturm der Empörung, dem sich auch hochrangige Amtsträger nicht entzogen. In seiner ersten Reaktion bezeichnete der russische Außenminister Igor Iwanow die Möglichkeit einer US-Truppenpräsenz in Georgien als Verschlechterung der Situation in der Region, welche bereits kompliziert genug sei. Gleichzeitig kündigte er an, daß Rußland auf einer Einbeziehung in sämtliche Militäroperationen in Pankisi bestehe. ... Präsident Putin gab am 1. März dann seine Linie vor, wonach die Präsenz von US- Militärangehörigen in Georgien „keine Tragödie“ sei. Rußland werde überdies jede Antiterror- Maßnahme in Georgien unabhängig davon unterstützen, wer daran teilnehmen wird. ...

      Am 6. März verabschiedete die russische Staatsduma die Erklärung „Über die Situation in Georgien im Zusammenhang mit der militärischen Präsenz der USA auf georgischem Territorium“. Den russischen Gesetzgebern zufolge entsteht aufgrund der Zusammenarbeit zwischen Georgien und den USA bei der Terrorismusbekämpfung eine Gefahr nicht nur für Rußland, sondern auch für die selbsternannten Republiken „Abchasien“ und „Südossetien“. Für den Fall, daß sich die Beziehungen zwischen Georgien und den separatistischen Regimen verschlechtern sollte, droht die Duma mit „anderen Wegen“, welche sie in bezug auf das Begehren Abchasiens auf assoziierte Mitgliedschaft in der Rußländischen Föderation zu gehen bereit ist.

      Bewertung

      1. Die Mission „Ausbildung und Ausrüstung“ hat wenig mit dem Kampf gegen den Terrorismus zu tun und wurde wissentlich oder unwissentlich von der Bush-Administration falsch begründet. Vielmehr ist sie Teil der langjährigen Militärkooperation beider Länder, welche ursprünglich auf die Sicherheit der Pipelines und des Transportkorridors ausgelegt war. Nach den Ereignissen des 11. September sind Teile der Zusammenarbeit Ende letzten Jahres so modifiziert worden, daß der Antiterror-Ausbildung größere Aufmerksamkeit gewidmet werden konnte. Unlängst erklärten hochrangige Offizielle der Bush-Administration, daß man zwar über die Präsenz islamistischer Kämpfer in Georgien besorgt sei, das Hauptziel des neuen Hilfsprogramms jedoch die Befähigung der georgischen Seite zur Wiedererlangung der Kontrolle über ihr Territorium ist.

      2. Die Frage des Timings scheint wenig mit neuen Erkenntnissen über arabische Personen in Pankisi zusammenzuhängen, deren Anwesenheit seit letztem September allen Beteiligten bekannt gewesen ist und deren Verbindungen zur al-Qaida nicht eindeutig nachgewiesen ist. Vielmehr dürften insbesondere die russischen Reaktionen auf die Erklärungen des amerikanischen Charges d’Affaires in Tiflis der ausschlaggebende Grund gewesen sein. Die jetzige Ankündigung einer US-Militärpräsenz in Georgien scheint somit der drohenden Gefahr russischer Truppen in Pankisi zuvorgekommen zu sein.

      3. Die Mission ist durch übergreifende US-Interessen in der Region motiviert und stellt eine Revision der bisherigen US- Politik in der gesamten südkaukasischen Region dar. Das übergeordnete Bestreben, die Stabilität und Souveränität der südkaukasischen Staaten zur Förderung der regionalen Sicherheit zu stärken, wird durch die Einführung von Komponenten des Kriegs gegen den Terror qualitativ neu gefördert. Die Erfordernisse regionaler Stabilität als notwendige Voraussetzung für die Entwicklung und den Abtransport der Öl- und Gasreserven der kaspischen Region und Zentralasiens gehen dabei Hand in Hand mit der Eindämmung von Bedrohungen, welche die fragilen Staaten der Region und die vielen rechtsfreien Räume als Rückzugsgebiete für Terroristengruppierungen darstellen.

      Das Sicherheitsengagement der USA im Südkaukasus dient somit neben den Zielen regionaler Stabilität auch der Sicherung einer Nachschubroute für die Militärbasen in Zentralasien und Afghanistan sowie dem Schutz amerikanischer Investitionen in den Öl- und Gassektor der Region.

      4. Es wird in Pankisi auf absehbare Zeit weder einen Militäreinsatz geben, noch wird das Problem mit militärischen Mitteln gelöst werden können. Für die georgische Seite kommen zur Wiederherstellung der Ordnung in Pankisi nur Polizeioperationen in Frage. Die Anwesenheit mehrerer Tausend Flüchtlinge aus Tschetschenien sowie der mehrheitlich dort lebenden georgischen Staatsbürger tschetschenischer Abstammung ist der offizielle Grund für die Ablehnung militärischer Maßnahmen. Partikularinteressen des angeblich in kriminelle Machenschaften in Pankisi involvierten Innenministeriums, das derzeit ausschließlich für Einsätze in der Schlucht zuständig ist, sind die inoffiziellen Gründe.

      Laut dem Staatssicherheitsministerium hat die zunehmende internationale Aufmerksamkeit für die Probleme in der Pankisi- Schlucht der georgischen Staatsmacht bereits geholfen, indem sie einige Kämpfer und Kriminelle angeblich veranlaßt hat das Tal zu verlassen. Wenige Tage später erklärte Präsident Schewardnadse in Brüssel, daß Georgien die Situation in Pankisi „absolut unter Kontrolle“ habe. Bleibt die Frage, wohin die angeblich abwandernden Personen sich bewegen ...

      Sollte Georgien dennoch zu militärischem Vorgehen in Pankisi genötigt werden, dann dürfen hierzu laut Tiflis nur georgische Bodentruppen verwendet werden. Allerdings brauchen diese dann mit ziemlicher Sicherheit auswärtige Luftunterstützung bei Transport und Aufklärung, worauf derzeit noch keiner der Beteiligten seine Öffentlichkeit vorbereitet hat. ...

      5. Der Umfang der US-Präsenz und des Programms ist nicht abschließend geklärt. Bislang wurde noch keine Entscheidung über den Aufbau einer US-Militärbasis in Georgien getroffen. Diese hängt laut Schewardnadse von den weiteren Beziehungen zu Rußland und der gesamten Lage in der Region ab. Insbesondere mit Blick auf einen möglichen amerikanischen Militärschlag gegen den Irak bietet Georgien mit den von der Türkei modernisierten Luftwaffenbasen in Wasiani nahe Tiflis sowie Marneuli ein ideales Aufmarsch- oder Ausweichgebiet.

      Doch unabhängig von amerikanischen Plänen zum Irak ist die Beteiligung europäischer NATO- Partner am US- Ausbildungs- und Trainingsprogramm für Georgien wahrscheinlich. NATO-Generalsekretär Lord Robertson hat wiederholt die europäischen Partner in der NATO zur Unterstützung dieser US-Anstrengung in Georgien aufgefordert. Er schlug überdies vor, daß europäische Mitgliedstaaten sich an einem Antiterror-Einsatz in Pankisi beteiligen könnten.

      6. Das neue US-Engagement birgt für eine Reihe von Beteiligten erhebliche Risiken

      Rußland: Für Putin steht die territoriale Integrität Georgiens und somit die Hauptlinie seiner Politik gegenüber Abchasien und Südossetien außer Frage. Für die Mehrheit der Dumamitglieder und das militärisch-nachrichtendienstliche Lager gilt dies nicht, so daß weiterer Druck auf Georgien nicht auszuschließen ist. Der eigentliche Test für Putin ist die Frage, ob er die Hardliner in den eigenen Reihen von militärischen und nichtmilitärischen Destabilisierungsversuchen abzuhalten vermag. Die Chemie zwischen Putin und seinem Militär ist auch durch die Frage der US-Militärpräsenz in Zentralasien und nun dem Südkaukasus nachhaltig gestört. Der Druck des Militärs und der nationalpatriotisch-kommunistischen Kreise auf Putin wird zunehmen, und die Bombardements der Pankisi-Schlucht letzten Herbst haben gezeigt, daß das russische Militär zu Eigeninitiative neigt, welche auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann. ...

      Georgien: Die Entsendung der US-Militärberater hat die georgische Führung bereits zu einer aggressiveren Gangart gegenüber den separatistischen Landesteilen Abchasien und Südossetien verleitet. Georgien könnte versucht sein, die US-Mission zur Lösung einer Vielzahl anderer Probleme auszunutzen. Mehrere hochrangige georgische Offizielle waren sehr schnell mit Anschuldigungen an die Adresse Suchumis, wonach Abchasien zu einem Zufluchtsort für Terroristen mit Kontakten zur al-Qaida geworden sei. Selbst ein Kontakt zwischen dem offiziellen Abchasien und der al-Qaida wurde vom georgischen Innenministerium konstruiert. Die Zielsetzung dieser bislang von den USA nicht bestätigten Informationen scheint in der Vorbereitung der öffentlichen Meinung auf eine Militäraktion unter dem Banner des Kriegs gegen den Terrorismus zu liegen. ...

      Die USA haben verstanden, daß schwache Staaten einen idealen Nährboden und ein perfektes Rückzugsgebiet für Terroristen bieten. Somit ist die internationale Staatengemeinschaft gut beraten, ihr Augenmerk im georgischen Fall nicht ausschließlich auf Scheingefechte in der Pankisi-Schlucht sondern hauptsächlich auf den Zustand des Landes und seiner dahinsiechenden Institutionen zu lenken. Das Hauptproblem, dem die USA in Georgien gegenüberstehen, ist nicht eine mögliche Konfrontation mit Rußland oder einigen arabischen Kämpfern in Pankisi, sondern die Ausmaße des staatlichen Zerfalls Georgiens. Unabhängig davon wie erfolgreich gemeinsame Operationen bei der Sicherung der Pankisi-Schlucht sein mögen, und unabhängig davon wie effektiv die Truppenausbildung zu einer Reform der georgischen Streitkräfte beiträgt: die übergeordneten Ziele von Stabilität und Souveränität sind in der Hauptsache durch die fundamentale Schwäche des georgischen Staates bedroht. Das militärische Hilfsangebot wird nichts zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Tiflis und den Separatistenregimen in Abchasien und Südossetien beitragen. Im Extremfall wird sie sogar zu größeren Spannungen zwischen der Zentralregierung und Adscharien, dem überwiegend armenisch besiedelten Dschawachetien und Pankisi führen. ...

      Es bedarf zudem eines realistischen Augenmaßes bei der Frage der georgischen Agenda für Abchasien, wenn es um Vorwürfe der Verbindung des Separatistenregimes mit der al-Qaida geht. Es besteht die Gefahr, daß am Ende der Schwanz mit dem Hund wedelt und Georgien die USA zu einem Handeln veranlaßt, das auf fragwürdigen Erkenntnissen basiert, zumal dann, wenn die USA hinsichtlich ihrer Informationen zu den Vorgängen in Pankisi und Abchasien tatsächlich überwiegend auf georgische Quellen angewiesen sein sollten. Die derzeitige Stabilität in Georgien ist trügerisch, und die Ankunft von US-Militärberatern könnte ein weiteres gefährliches Element zur Verschärfung der hochexplosiven politischen Lage im Kaukasus hinzufügen.
      Avatar
      schrieb am 24.10.02 22:43:49
      Beitrag Nr. 48 ()
      Goldgräberstimmung in Transkaukasien
      Interessenkonflikte um die reichen Erdöl- und Gasvorkommen am Kaspischen Meer

      Von Matin Baraki*

      Der Raum um das Kaspische Meer, von dem hier die Rede sein soll, wird höchstwahrscheinlich einer von den bedeutenden Konfliktregionen des 21. Jahrhunderts werden. Es drängt sich die Frage nach den Hintergründen dieses prognostizierten Konfliktes auf. Da die Ökonomie Vater aller Politik ist, geht es hier auch hauptsächlich um Rohstoffe, nicht irgendwelche, sondern um strategische Rohstoffe, genauer um Erdöl und Erdgas, die Betonung liegt dabei auf Erdöl. Die Rohstoffe dieses Raumes hatten schon im 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit des internationalen Kapitals auf sich gezogen. Die Firmen Nobel und Rothschild saßen bei der Ausbeutung dieser Rohstoffe in der ersten Reihe. Die Existenz der Sowjetunion hat den ausländischen Konzernen dann die Grundlage entzogen, ihre "Raubzüge" auf diesem Gebiet weiter fortzusetzen.

      Nach der Kapitulation der Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) unter Gorbatschow & Co, wurden die Länder des kaspischen Raumes zu unabhängigen Staaten erklärt. Das war die Geburtsstunde einer "Goldgräber-Stimmung" bei den internationalen Öl-Konzernen. Kein Wunder, denn man geht davon aus, daß in dieser Region bis zu sage und schreibe 10 Milliarden Tonnen Erdölreserven vorhanden sind. Allein in der turkmenischen Republik sollen sich die viertgrößten Erdgasreserven der Welt befinden. Nirgendwo besser als in diesem Zusammenhang wird deutlich, warum die imperialistischen Mächte, die Sowjetunion so gehaßt haben und auf ihr Ende mit allen Mitteln hingearbeitet haben.

      Als die Gorbatschow-Clique grünes Licht gab zur Zerschlagung der Sowjetunion, dauerte es nicht mehr allzu lange, bis die internationalen Öl-Gesellschaften in der Region von Transkaukasien (d.h. Mittelasien und Kaukasus) aktiv wurden. Damit es nicht schon im Vorfeld um das größte Stück Kuchen zum Kampf kommt, bildete sich ein sog. Öl-Konsortium unter Beteiligung von zwölf Firmen aus sieben Nationen, das dann auch bald, nämlich seit November 1997 aserbaidschanisches Rohöl für den Weltmarkt lieferte.

      Die Vereinigten Staaten wollen, wie es Zbigniew K. Brzezinski drastisch formulierte, ungehinderten Zugang zu dieser Region haben! Um diesem Anspruch Geltung zu verschaffen, wurde 1997 durch die US-Außenministerin Madeleine Albright die gesamte Region von Transkaukasien zur "geostrategischen Interessenzone der USA" deklariert. Was das zu bedeuten hat, angesichts der "Neuen NATO-Doktrin" und den Erfahrungen des Krieges gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, überlasse ich der Phantasie der Leserinnen und Leser. Eine Reaktion seitens der Regierung der Russischen Föderation (RF) ließ nicht lange auf sich warten. Der damalige Präsident der RF, Boris Jelzin sprach von einer "alarmierenden Entwicklung" im Kaukasus. Ein Jahr später beim sog. G8-Gipfel im Mai 1998 betonte er, daß es in der heutigen Welt keinen Platz für das Diktat eines einzelnen Landes gäbe, womit natürlich die Hegemonialmacht USA gemeint war.

      Zweifelsohne bleiben die USA und die Russische Föderation vorläufig die größten Gegenspieler in der Region, aber mittlerweile melden auch andere Mächte und Länder, die auch einen "Platz an der Sonne" haben wollen, ihren Anspruch an. Es geht u.a. um den "Pipeline-Poker", darum wie die ungeheuren Rohstoffreserven sicher in die jeweiligen Länder transportiert werden können. Die Islamische Republik Iran tritt für die Durchführung einer Pipeline-Route von Baku durch Iran zum Schatt-al-Arab am Golf ein. Die Vereinigten Staaten, die Europäische Gemeinschaft und Israel lehnen diesen Vorschlag vehement ab, um u.a. erstens, den iranischen Einfluß in Mittelasien zu konterkarieren und zweitens, um im Energiebereich ihre Abhängigkeit von der Region des arabischen Golfes zu reduzieren.

      Zum Ärger von USA und EU hat die iranische Regierung inzwischen mit Turkmenistan und Kasachstan Verträge über wirtschaftliche Zusammenarbeit bzw. über den Transfer von Gas nach Europa über das iranisches Territorium geschlossen.

      Die türkische Regierung stellt sich bezüglich der Transporttrasse für die genannten Rohstoffe, auf die Seite der Vereinigten Staaten, d.h. gegen den Iran und die Russische Föderation. Dabei macht sich die türkische Regierung mit der Unterstützung der USA stark für eine Pipeline-Route über Kurdistan zum Mittelmeer. Hier wird unzweideutig klar, warum das "Problem Öcalan" unbedingt gelöst werden mußte; um in Kurdistan stabile Bedingungen für die internationalen Investoren zu schaffen. Daß die Ausweisung Öcalan aus Damaskus mit türkischer Kriegsdrohung gegen Syrien durchgepeitscht wurde, wird nun verständlicher.

      Von großer Bedeutung dürfte in diesem Zusammenhang sein, daß 1999 die Regierungen der Türkei und Israel eine militärische Zusammenarbeit vereinbart haben. Einer von den Ideologen des Kalten Krieges, Samuel Huntington, plädiert dafür, daß die Türkei "im Rahmen der islamischen Zivilisation" die Führungsfunktion zu übernehmen habe. Hier geht es um eine gravierende strategische Aufwertung der Türkei, seit dem vordergründigen Ende des Kalten Krieges, die ausschließlich unter dem unbegrenzten US-Interesse an der Region des Kaspischen Meeres zu sehen ist. Es muß betont werden, daß die Türkei heute für die Regionalstrategie der Vereinigten Staaten eine größere Bedeutung erlangt hat als die Europäische Union.

      Ein weiterer Mitspieler in dieser Partie ist die Atommacht VR-China, die ebenfalls nach USA-Vorstellungen von der Region fern zu halten ist, jedoch schon mit Kasachstan den Bau einer 3000 Km langen "Freundschaftspipeline" vom Kaspischen Meer über chinesisches Territorium nach Ostasien vereinbart hat. Dadurch wird nicht nur Chinas eigener Bedarf gedeckt, sondern China wird in der Zukunft den wichtigen Ernergiezufluß nach Japan und anderen asiatischen Industrieländern kontrollieren können. Die "Chinese National Petrol Corporation" (CNPC) hat 1997 für 5,62 Milliarden US-Dollar je 60% der beiden größten Förderanlagen Kasachstan erworben.

      Das chinesische Engagement wird von den anderen interessierten bzw. beteiligten Mächten mit Besorgnis registriert. Die Beobachter befürchten, daß sich die beiden Großmächte der Region, nämlich die Russische Föderation und die VR-China in Zentralasien in die Haare geraten könnten.

      Aber auch zwischen den USA und der VR-China könnte es zur militärischen Auseinandersetzung um die Vormachtstellung in Asien kommen. Diesbezüglich entwickelte Henry Kissinger in der Zeitung Die Welt vom 9. Mai 1999 ein Szenario: eine möglicherweise militärische Auseinandersetzung, wobei für ihn die Frage jedoch noch offen ist, ob und in welcher Weise sich die Verbündeten im Falle eines US-chinesischen Konfliktes beteiligen würden. Die Raketenpläne der USA, die unter Ronald Reagan als "Krieg der Sterne" bekannt wurden und nun von Präsident Bill Clinton aus der Mottenkiste geholt und mit der Schurken-Staaten-Theorie legitimiert wurden, sind nach Ansicht des Direktors des Institutes für Verteidigungsfragen bei den britischen Streitkräften, Jonathan Eyal, in erster Linie gegen die VR-China gerichtet.

      Die Europäische Union ist mit britischen, französischen, italienischen und bundesdeutschen (Veba jetzt e.on) Ölkonzernen in der kaspischen Region stark vertreten. Hinzu kommt noch, daß die EU-Konzerne, allen voran BRD-Firmen in Bereichen der Infrastruktur eine Vorreiterrolle spielen. Dies gilt als Prä-Investment, wodurch Bedingungen geschaffen werden, um künftig intensivere europäische Investitionen in der Region zu fördern.

      Die Bundesrepublik Deutschland war der erste Staat, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sofort zu allen Ländern des transkaukasischen Raumes diplomatische Beziehungen aufnahm. Die BRD definiert ihr Interesse in dieser Region nicht geostrategisch, zumindest nicht öffentlich und operiert vorläufig unter EU-Flagge. Ein Eingeständnis der BRD zu ihrem geostrategischen Interesse , wie es eigentlich in den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" klar formuliert ist, würde unweigerlich die deutschen Großmachtambitionen zu Tage treten lassen. Dies könnte sowohl innerhalb der EU als auch mit anderen Großmächten, wie den USA, der VR-China, Rußland usw. zu Auseinandersetzungen führen. Nicht desto trotz ist die Bundesregierung, vor allem die SPD an vorderster Front um Terraingewinnung in der Region des kaspischen Meeres bemüht. Schon vor längerer Zeit hat die SPD-Bundestagsfraktion, initiiert von ihrem "linken Flügel" (was immer man auch darunter verstehen mag) um Gernot Erler, ein Strategie-Papier "Zukunftsregion Kaspisches Meer" vorgelegt, worin die Marschrichtung der ökonomischen Expansion der BRD ganz klar zum Ausdruck kommt.

      Völkerrechtlich teilten sich zuvor die Sowjetunion und der Iran das Kaspische Meer. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR bilden nun fünf Staaten (Kasachstan, Turkmenistan, Iran, Aserbaidschan und die Russische Föderation) die Anrainer des Kaspischen Meeres, von denen jeder nach seiner Vorstellung Nutzungsansprüche erhebt. Hierin verbirgt sich weiteres Konfliktpotential, das zu einer Katastrophe führen kann.

      Der Pipeline-Poker, in den sowohl Regional- als auch die Großmächte involviert sind, kann, wenn er nicht einvernehmlich gelöst wird, ebenfalls zu einem Konflikt von internationaler Dimension führen. Bisher wurden fünf verschiedene Varianten einer möglichen Pipeline-Route in die Diskussion gebracht:
      Die Baku-Grosny-Noworossijski-Route, für deren Durchführung die Russische Föderation plädierte, weshalb der zweite Tschetschenienkrieg u.a. in diesem Zusammenhang gesehen werden muß.
      Die Baku-Iran-Route, die von der iranischen Regierung favorisiert, jedoch vor allem von den USA kategorisch abgelehnt wird.
      Die Baku-Supsa-Ceyhan-Route, die sowohl von Georgien als auch von der Türkei und den USA bevorzugt wird.
      Die Baku-Armenien-Ceyhan-Route, für diese Variante plädiert sowohl die armenische als auch die türkische Regierung.
      Die fünfte Variante einer Pipeline-Route war von Baku über das afghanische Territorium nach Pakistan zum indischen Ozean vorgesehen, die ausschließlich von dem US-Konzern UNOCAL, unter politischer Mitwirkung H. Kissingers favorisiert wurde. Nach dem Versagen zunächst der afghanischen Modjahedin und später der Taleban, in Afghanistan ein stabiles Regime zu installieren und für Ruhe und Sicherheit am geplanten Transportweg zu sorgen, wurde dieser Plan fallen gelassen. Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, daß es ohne dieses ökonomische Projekt von UNOCAL, jemals zur Talebanisierung Afghanistans gekommen wäre!

      Die USA-Pipelinepolitik, die darauf gerichtet war, die Vorschläge der russischen- und der iranischen Regierung zu torpedieren, die NATO-Osterweiterung bis an Rußlands Grenzen, das unermüdliche Verlangen des georgischen Präsidenten Edward Schewardnadse, sein Land so schnell wie möglich in die NATO zu führen und die inzwischen gemeinsam mit US-amerikanischen Einheiten vor Rußlands Tür durchgeführten Militärmanöver, verursachten eine panische Reaktion seitens der Regierung der Russischen Föderation. Der Nuklearstratege am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Prof. Theodore Postol erkennt in der Verschiebung der NATO-Maschinerie fast bis an Rußlands Grenzen, die Gefahr, daß die kleinste Krise sich zur militärischen Konfrontation ausweiten kann. Meines Erachtens sind diese Faktoren, weitere Ursachen für den zweiten Tschetschenien-Krieg, wobei der zugrundeliegende Konflikt eigentlich als gelöst galt. Der Verlust Tschetschenien würde möglicherweise eine Welle von Sezessionen auslösen, wodurch die territoriale Integrität der Russischen Föderation gefährdet sein könnte.

      Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion kaum Beachtung findet, ist eine bis heute nie da gewesene Einkreisung Rußland durch inzwischen sechzehn Staaten, die im Rahmen der sog. Partnership for Peace (PfP) mit den USA bzw. der NATO verbunden sind und jederzeit brüderliche NATO-Hilfe in Anspruch nehmen können. Auch in diesem Zusammenhang darf die "Neue NATO-Doktrin" nicht außer Acht gelassen werden.

      Als ob all diese Konfliktpotentiale noch nicht ausreichen würden, um eine Katastrophe zu verursachen, versucht die griechische Regierung antitürkische Kräfte in der Region des Kaspischen Meeres als Partner zu gewinnen, um ein Gegengewicht zur Türkei zu schaffen. Noch dramatischer wird es "im Ringen um die Energiereserven des 21. Jahrhunderts", da auch noch, die beiden neuen Atommächte Indien und Pakistan nicht nur an der Verteilung der Rohstoffe der Region teilhaben wollen, sondern auch auf dem dortigen grenzenlosen Markt mitmischen wollen. Angesichts der dargelegten Fakten, muß es die dringende Aufgabe der kritischen Wissenschaft und Publizistik sein, unter der Berücksichtigung der unvorstellbaren Gefahren, die sich daraus ergeben können, sich ernsthaft mit diesem Problem zu befassen.

      Abschluss des Manuskripts: August 2001

      * Dr. Matin Baraki ist Lehrbauftragter an den Universitäten Marburg und Kassel
      Avatar
      schrieb am 24.10.02 22:51:16
      Beitrag Nr. 49 ()
      Das große Projekt zwischen Aserbeidschan, Georgien, Türkei und USA:
      Baubeginn einer Öl-Pipeline vom Kaspischen Meer bis zur türkischen Mittelmeerküste

      Anlässlich des Baubeginns einer seit langem projektierten Ölpipeline vom Kaspischen Meer bis ans Mittelmeer wollen wir ein paar zusammengefasste Informationen über Hintergründe und Interessenten anbieten. Außerdem zitieren wir aus einem aktuellen Kommentar von Karin Leukefeld. Weitere Analysen zum Thema erhalten Sie auf unserer Kaukasus-Seite.

      Am Kaspischen Meer liegen gewaltige Öl- und Gas-Vorräte. Sie sollen in den kommenden Jahrzehnten ausgebeutet werden – vor allem für den amerikanischen Markt. Denn die USA wollen ihre Abhängigkeit vom arabischen Öl verringern. Sie initiierten deswegen ein Pipeline-Projekt, dessen Bau 2002 begann.

      Unter den Produzenten liegt traditionell Saudi Arabien vorn: 11,8 Prozent der Weltfördermenge von 2001 kam aus dem Golfstaat. Die USA belegten Platz zwei (9,9 Prozent), gefolgt von Russland (9,8 Prozent). Insgesamt wurden im Vorjahr 3,574 Milliarden Tonnen Roh-Öl gefördert. Saudi Arabien ist zugleich größter Roh-Öl-Exporteur, gefolgt von Norwegen und Russland.
      Die USA verbrauchen das meiste geförderte Erd-Öl selber. Sie sind zugleich größter Importeur des schwarzen Goldes. Im Jahr 2000 führten sie laut Internationaler Energiebehörde (IEA) 511 Millionen Tonnen Öl ein. Japan importierte 214 Millionen Tonnen, Korea 123 Millionen Tonnen. Auf Platz vier unter den Roh-Öl einführenden Ländern liegt Deutschland mit 104 Millionen Tonnen.

      --------------------------------------------------------------------------------

      Die größten Produzenten (2001):
      Saudi-Arabien, 421 Mio. t - 11,8 % der Weltproduktion
      USA, 345 Mio. t - 9,9 %
      Russland, 347 Mio. t - 9,7 %
      Iran, 186 Mio. t - 5,2 %
      Mexiko, 179 Mio t. - 5,0 %
      Venezuela, 173 Mio. t - 4,8 %
      China, 166 Mio t - 4,6 %
      Norwegen, 162 Mio t - 4,5 %
      Kanada, 125 Mio t - 3,5 %
      Großbritannien, 118 Mio t - 3,3 %
      Rest der Welt, 3.574 Mio t - 37,7 %
      Welt ges., 3.574 Mio. t - 100 %

      Die größten Exporteure (2000)
      Saudi-Arabien: 320 Mio. t
      Norwegen: 146 Mio. t
      Russland: 144 Mio. t
      Iran: 116 Mio. t
      Venezuela: 115 Mio. t
      Nigeria: 107 Mio t
      Irak: 102 Mio. t
      Großbritannien: 93 Mio. t
      Mexiko: 92 Mio. t
      Ver. Arab. Emirate: 84 Mio. t
      Rest der Welt: 656 Mio t
      Welt ges.: 1.975 Mio. t

      Die größten Importeure (2000)
      USA: 511 Mio. t
      Japan: 214 Mio. t
      (Süd-)Korea: 123 Mio. t
      Deutschland: 104 Mio. t
      Italien: 90 Mio. t
      Frankreich: 86 Mio. t
      China: 70 Mio. t
      Indien: 67 Mio. t
      Niederlande: 61 Mio. t
      Spanien: 59 Mio. t
      Rest der Welt: 642 Mio. t
      Welt ges.: 2.027 Mio t


      --------------------------------------------------------------------------------

      In Aserbaidschan hat der Bau einer strategisch wichtigen Öl-Pipeline vom Kaspischen Meer bis zur türkischen Mittelmeerküste begonnen. An der Zeremonie am 18. September 2002 nahe der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku nahmen die Staatschefs von Aserbaidschan, Georgien und der Türkei sowie ein Vertreter der US-Regierung teil. Washington hat das Projekt maßgeblich unterstützt und durchgesetzt, dass die Pipeline nicht durch Russland und Iran geführt wird.
      Die Pipeline soll im Jahr 2005 fertig sein. Durch die 1750 Kilometer lange Röhre sollen dann eine Million Barrel pro Tag fließen. Die Baukosten sollen umgerechnet 3,06 Milliarden Euro betragen.
      So kostspielig wird sie, weil sie nicht auf kürzestem Weg vom Kaspischen Meer Richtung Westen oder Süden führt. Denn dies hätte bedeutet, dass auf russischem oder iranischem Gebiet gebaut hätte werden müssen. Beide Varianten wurden auf Drängen der USA im Juli 2002 endgültig gekippt.

      Lange Zeit hatten die am internationalen "Baku-Tiflis-Ceyhan-Konsortium" beteiligten Konzerne die kürzere und billigere Route durch den Iran an den Persischen Golf bevorzugt. Aber dann brachten zwei Entwicklungen doch noch die Wende: Zum einen die Terroranschläge vom 11. September 2001. Dadurch bekam die Suche der USA nach Alternativen zum Öl aus Nahost neue Priorität. Außerdem fanden Geologen erheblich größere Öl-Vorkommen als zunächst erwartet – was zur Auslastung der teuren Röhre beitragen könnte.

      Auf bis zu 40 Milliarden Barrel werden die Öl-Reserven der gesamten Region geschätzt. Das wäre das drittgrößte Vorkommen weltweit – und würde der Erdöl-fixierten US-Wirtschaft ein paar sorglose Jahrzehnte bescheren. Den Löwenanteil machen allerdings Öl-Felder vor der Küste Kasachstans aus. Und wer diese ausbeutet, ist noch lange nicht entschieden.

      Russlands Dominanz in der Region zu brechen und den Iran aus dem neuen Öl-Geschäft zu halten war Washington erklärtes Ziel. US-Staatsbürgschaften decken die Risiken der endgültigen Pipeline-Strecke. Diese Risiken sind groß: Führt das ehrgeizige Bauwerk doch mitten durch ein Erdbebengebiet und durch das politisch instabile Georgien.

      Historisches

      Schon einmal, von Mitte des 19. bis in die Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts, war Baku im Öl-Rausch. Damals kamen die Brüder Nobel und die Rothschilds in die Stadt. Es wurden prächtige Bürgerhäuser gebaut, breite Alleen angelegt. Baku galt als "hip" - eine multinationale, vielsprachige Stadt, in der europäische Kultur, persische Mystik und der Ruch des Geldes eine prickelnde Verbindung eingingen. Exportschlager "süßes Öl"

      Etwa ab 1870 stiegen die Grundstückspreise ins Unermessliche. die armen Leute in den Siedlungen, die bis dahin kärglich von den Erträgen des dürftigen Bodens gelebt hatten, wurden über Nacht reich. Wo immer man bohrte, schossen Fontänen in die Luft. Immer fieberhafter wurde gefördert. Bald liefen von Baku und vom Schwarzmeerhafen Batumi große Flotten aus. Russische Zaren, kanadische Holzfäller, ostindische Kolonialherren, amerikanische Industrielle, galizische Traktorfahrer, ostpreußische Großgrundbesitzer, sie alle wollten das "crude oil", das Baku-Öl, das "süßer", also motorschonender war als das der Konkurrenz. Traum von der Wiederauflage der "Goldenen Ära"

      Vom Ende des ersten, 80 Jahre währenden, Booms hat sich Aserbaidschan nie wieder erholt. Entsprechend groß sind die Hoffnungen auf eine Neuauflage der "Goldenen Ära". Seitdem sich das Land von der Sowjetunion losgesagt hat und Staatspräsident Gajdar Alijew mehr diktatorisch als demokratisch regiert, seitdem vermutlich jeder zweite arbeitslos ist und mit Berg-Karabach ein Drittel des Landesterritoriums an die Armenier verloren ging, sind den Aserbaidschanern wenig Träume geblieben. Wieder die "Öl-Kapitale" zu werden, würde deshalb nicht nur die völlig desolate Wirtschaft sanieren.

      Quelle: Berichte der ARD-Tagesschau (online-Dienst)


      Karin Leukefeld: Pipeline gegen Moskau
      ... Neun Ölkonzerne teilen sich die Ausbeute folgendermaßen auf: Die britische BP erhält 38,21 Prozent, SOCAR (Aserbaidshan) 25 Prozent, Statoil (Norwegen) 9,58 Prozent, Unocal (USA) 8,9 Prozent, TPAO (Türkei) 7,55 Prozent, Eni Agip (Italien) und Total Final Elf (Frankreich) bekommen jeweils fünf Prozent, Inpex (Japan) 3,4 Prozent und Delta Hess (US/Saudi-Arabien) 2,36 Prozent.

      Die Pipeline wird durch die kurdischen Gebiete der Türkei verlaufen, wo zumindest in zwei Provinzen noch immer der militärische Ausnahmezustand herrscht. Vor wenigen Jahren noch erschien das Projekt Baku-Tbilissi-Ceyhan-Pipeline (BTC) unrealistisch wie ein »weißer Elefant«. Angesichts der Kämpfe zwischen der kurdischen PKK-Guerilla und dem türkischen Militär fanden sich lange keine Geldgeber. Doch das Interesse der USA, alternative, kürzere und billigere Pipelines durch Rußland oder den Iran zu verhindern, setzte sich schließlich durch. »Ohne diese Pipeline könnten die Ressourcen des Kaspischen Meeres der Welt nicht zugänglich gemacht werden«, sagte US-Energieminister Abraham bei der Einweihung. Ölexperten sehen das anders und kritisieren, daß es sich bei der BTC-Pipeline ausschließlich um ein politisches Projekt gegen Moskau handele.

      Der türkische Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer erklärte, die Pipeline werde in der Türkei zum »Rückgrat eines Ost-West-Energiekorridors, durch den kaspisches Öl und natürliche Gasvorkommen auf die internationalen Märkte« fließen könnten. Das stärkt die Stellung der Türkei als Regionalmacht gegenüber Rußland. Dazu kommt die enge Kooperation mit Aserbaidshan und Georgien. Der georgische Präsident Schewardnadse bezeichnete den Bau der BTC-Pipeline als »Beginn einer neuen Realität in Georgien und in der Region des südlichen Kaukasus«.

      Nichtregierungsorganisationen haben derweil vor einer »Kolonialisierung der Türkei durch die Ölgesellschaften« gewarnt. Schon im September 2000 sei mit der türkischen Regierung vereinbart worden, dem Ölkonsortium weitgehende Wirtschaftsfreiheit zu gewähren, so die Organisation Corner House, in der unter anderem das Kurdische Menschenrechtsprojekt (KHRP) und die Kampagne gegen den Ilisu-Staudamm mitarbeiten. Die Vereinbarung, veröffentlicht im türkischen Amtsblatt und gültig für 40 Jahre, sehe vor, daß die ohnehin schwachen Gesetzesvorschriften in puncto Arbeitsrecht und Umweltschutz nicht für das Ölkonsortium gelten sollen. Die Nichtregierungsorganisationen sehen in der Vereinbarung einen Versuch, das 1998 gescheiterte MAI (Multilaterales Abkommen über Investitionen) durch die Hintertür eines »undemokratischen Staates« wieder einzuführen, so Nick Hildyard von Corner House. Die Türkei sei jetzt dreigeteilt, sagte er. »Es gibt die Türkei mit türkischem Recht, die kurdischen Gebiete mit dem Ausnahmerecht und einen Streifen quer durch das Land, wo British Petrol regiert.« Das Abkommen sieht für die Ölgesellschaften unter anderem den ungehinderten Zugang zu Wasser vor, ungeachtet kommunaler Bedürfnisse. Im Falle von Ölverschmutzungen sollen die Firmen nicht belangt werden können. Nur in absoluten Notfällen bei Bedrohung der Bevölkerung, Umwelt oder der nationalen Sicherheit soll die Regierung einschreiten können. In einer Krisensituation soll es den an der Pipeline beteiligten Ölgesellschaften möglich sein, den Schutz der türkischen Armee oder von Sicherheitskräften anzufordern. Ähnliche Abkommen haben auch die Regierungen von Georgien und Aserbaidshan mit dem Ölkonsortium abgeschlossen.
      Avatar
      schrieb am 24.10.02 23:02:27
      Beitrag Nr. 50 ()
      Mag zwar ein wenig simpel sein, was der Bush da macht. Aber es funktioniert.

      Saddam Hussein ist ganz heiß darauf, nach 4 Jahren Verweigerungspolitik endlich wieder die Waffeninspekteure ins Land zurückholen zu dürfen.

      Das ist doch schon mal nicht schlecht, oder ?

      Dann: Die 70 Paläste dürfen nun auch inspiziert werden.
      Viele Kubikmeter umbauter Raum, der nun auch besichtigt werden darf. Plötzlich.

      Saddam Hussein hat sich einer Wiederwahl gestellt. Plötzliche demokratische Anwandlungen. Und dabei nicht weniger als 100% !!! erreicht.

      Damit man dieses System wirklich versteht: Wäre Saddam hier am Ruder, dann hättet ihr alle Saddam gewählt. Ohne Ausnahme. Alle, die bisher in dieesm Thread aufgetaucht sind, wären Saddam- Wähler gewesen.

      Interessant.

      Weiter im Text. Saddam hat alle Sträflinge freigelassen. Nicht nur die kleinen gauner aus der Operette: der Dieb von Bagdad. Sondern einfach alle !! Also auch die politischen Gefangenen.

      Das ist doch ein schöner Erfolg für alle Freunde der Menschenrechte. Wem haben wir das zu verdanken ?

      deNk. Denk. dEnk. denK. Na ?

      Ja, dem guten bösen Bush und seiner Unnachgiebbigkeit.

      Können wir uns vorstellen,d aß Saddam Husseinmomentan auf die Idee käme, die nordirakischen Kurden erneut mit Giftgas zu belegen ?

      Nein. wohl nicht.

      Saddam hat Angst. Und das ist keine so fürchterlich schlechte Welt, in der ein Saddam Hussein Angst hat, und vrosorglich schon mal die Gefängnisse aufmacht.

      Vielleicht will er nur Platz schaffen ? Egal.

      Saddam hat solche angst, daß er sich gleich mehrere Doppelgänger von sich zugelegt hat. Die haben nun auch Angst.

      Ist das so fürchterlich, wenn man mal miterleben darf, wozu eine konsequent verfolgte Politik führen kann ?

      Denn alles andere ist, da sind wir uns ja wohl einig, bisher noch Zukunftsmusik.

      Wahrscheinlich war es aber ganz anders.

      Wahrscheinlich ein Verdienst der Bundesrepublik Deutschland i.K. Eine Folge der Erklärung der Bundesregierung, auf keinen Fall den Irak anzugreifen, und auch dann nicht militärisch dabeisein zu wollen, falls die UNO einen Angriff beschließen sollte.

      Das muß den Saddam Hussein entweder verwirrt, oder gerührt haben.

      Ich glaube, es hat ihn gerührt, und vor Rührung hat er die Gefängnisse aufgemacht.

      Man sollte vielleicht mal jemanden dieser freigelassenen politischen Gefangenen fragen, vielleicht bei Jauch ?

      Wem verdanken Sie ihre Freiheit ?

      a.) Saddam Hussein
      b.) Joschka Schröder
      c.) Georg Bush.

      Hilfestellung: eine Antwort ist ganz sicher falsch.

      Als Hilfestellung ist ein Anruf bei Juvenile statthaft.

      SEP






















      (Beschimpft mich jetzt nicht, ich weiß schon alles über mich. Ein wenig Humor, wenn ich bitten darf).
      Avatar
      schrieb am 25.10.02 12:14:04
      Beitrag Nr. 51 ()
      Der Markt-Forscher

      Worum es Bush im Irak wirklich geht

      Von Matthias Streitz

      Nach einem Krieg gegen Saddam beginnt das Gezerre globaler Konzerne um die irakischen Ressourcen - fürchten viele Kommentatoren
      derzeit. Und im Kielwasser der US-Marines hätten amerikanische Ölmultis dabei die beste Ausgangsposition. Doch George W. Bush hat
      im Irak eine viel wichtigere Mission.

      Bagdad/Moskau - Im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters konnte Sharif Ali Ben al-Hussein schon mal ein bisschen
      Machthaber spielen. In extenso disputierte er über Erdölförderung im Irak, über Millionen von Barrel und Milliarden Dollar
      Erlöse. Und nicht ganz nebenbei versuchte der Sprecher der Oppositionsgruppe Irakischer Nationalkongress (INC) und Cousin
      des letzten irakischen Königs, den größten Mineralölkonzernen Frankreichs und Russlands ein wenig Angst einzujagen.

      Wenn Saddam Hussein aus seinen Palästen verjagt sei, tönte der in England lebende Exilant - dann würden die Karten im
      Spiel ums irakische Öl neu gemischt. Amerikas Energiekonzerne kämen zu ihrem Recht, sie dürften bisher versperrte Ölfelder
      entwickeln und bewirtschaften.

      Feldverweis für die Saddam-Begleiter?

      Ganz anders sei das bei russischen und französischen Multis, bei Lukoil aus Moskau und bei TotalFinaElf aus Paris. Beide
      haben seit dem letzten Golfkrieg Verträge oder Vorverträge für die Ölförderung im Irak geschlossen. Das seien suspekte Deals
      mit einem Tyrannen, ärgerte sich al-Hussein. Nach einem Sturz Saddams müsse man sie womöglich widerrufen, den
      Europäern einen Platzverweis erteilen. Eine Drohung, die anscheinend viel Gewicht hat. Denn der INC, von den USA
      protegiert, könnte die nächste Regierung in Bagdad stellen.

      Nach dem heißen Krieg gegen Saddam, fürchten Kommentatoren nicht nur wegen der Posen des INC, wird im Irak ein kalter
      folgen: Ein Kampf der US-Ölfirmen gegen die europäischen, ExxonMobil und ChevronTexaco gegen TotalFina und die Russen. Ein von den nationalen
      Regierungen unterstütztes Ringen um Förderrechte in jenem Land, in dem die zweitgrößten Öl-Reserven der Welt lagern. Selbst der stets seriöse
      Nachrichtendienst Bloomberg spekulierte, Washington könnte im Nachkriegsirak seine militärische Macht direkt in ökonomische ummünzen - und
      nichtamerikanische Energiekonzerne auf Grund früherer Kontakte zu Saddam aussperren.

      Riskantes Spiel und Träume von Größe

      Tatsächlich können Chevron, Exxon und andere US-Ölfirmen im Irak nur gewinnen, europäische haben anscheinend viel zu verlieren. Für die
      Amerikaner wurde der frühere Alliierte Irak zur Tabuzone, als Saddam 1990 Kuwait überrannte. Manche Europäer dagegen ließen sich nicht
      abschrecken - und hofierten den Despoten von Bagdad viele Jahre lang.

      So strebt TotalFina-Chef Thierry Desmarest, der auch den Iran allen US-Drohungen zum Trotz umwirbt, nach irakischem
      Öl, um seine ambitionierten Träume zu verwirklichen. Der Branchenvierte Total soll es endlich mit dem Spitzentrio Exxon,
      BP und Shell aufnehmen können. Dazu braucht Desmarest überproportionales Wachstum, dafür geht er Risiken ein. So
      vereinbarte Total in den neunziger Jahren zwei Vorverträge, um die Ölfelder von Madschnun und Nahr Umar zu
      erschließen, aus denen irgendwann über eine Million Barrel Öl pro Tag sprudeln könnte.

      Öliger Dank für den Freundschaftsdienst

      Anderen, den russischen Konzernen, half die traditionelle Nähe der Moskauer Regierung zum Hussein-Regime. Vor dem
      Golfkrieg 1991 war es der sowjetische Außenminister Primakow, der zur letzten, vergeblichen Vermittlungsvisite nach
      Bagdad eilte. Im Frieden konnte sich der immer noch teilstaatliche Lukoil-Konzern, der auch anderswo offensiv ins
      Ausland drängt, als Führer eines Konsortiums Förderrechte in West Kurna sichern. Dieser Vertrag, der Lukoil insgesamt
      20 Milliarden Dollar einbringen könnte, ist sogar schon unterzeichnet, Lukoil hat Milliarden investiert. Verlorenes Geld,
      wenn der INC zur Macht käme und seine Drohungen wahr machte.

      Aber will und wird die US-Regierung nicht nur Saddam aus dem Irak vertreiben, sondern auch die Firmen von seinen Ölfeldern? Dass Präsident George
      W. Bush, sein Vize Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice allesamt aus der Welt der
      Öltanker und -türme stammen, verleiht solchen Thesen eine gewisse Plausibilität. So plump nationalistisch im Sinne der eigenen Industrie, wie die
      Verschwörungstheoretiker glauben, werden die Amerikaner aber schwerlich agieren, und notfalls werden sie Heißsporne beim INC zu bremsen wissen.

      Saddam gibt, Saddam nimmt

      Dafür sorgt schon die Diplomatie: Für einen Einsatz gegen Saddam braucht Amerika die Stimmen Frankreichs und Russlands im Sicherheitsrat. Und so
      soll die Bush-Regierung Paris und Moskau bereits garantiert haben, die Interessen europäischer Konzerne im Irak zu wahren. Russlands Präsident
      Wladimir Putin sicherte Lukoil-Boss Wagit Alekperow gar persönlich zu, die russischen Förderrechte würden nicht angetastet. Die französische
      Regierung interveniert zwar nicht offen für Total, wirkt aber zweifelsohne im Verborgenen. Es ist auch schwer vorstellbar, wie Saddams Nachfolger
      einen Bruch gültiger Verträge juristisch rechtfertigen sollten, ohne neue Investoren zu verschrecken. Allenfalls wird man ein wenig an den
      Konditionen feilen.

      Die These vom gravierenden Interessenkonflikt zwischen amerikanischen und europäischen Ölfirmen funktioniert aus einem zweiten Grund nicht.
      Denn die Konzessionen, die Total, Lukoil und andere wie die italienische Eni mit Saddam ausgehandelt haben, sind weit weniger wert, als es den
      Anschein hat. Bei der Ausübung ihrer Rechte nämlich steht ihnen just der im Weg, der sie gewährt hat: Saddam Hussein.

      Despoten fallen, Ingenieure bleiben

      Denn solange die Sanktionen der Uno gelten, können die Europäer keine einzige moderne Förderanlage aufbauen, keinen Liter Öl legal und Profit
      bringend exportieren. Ein schneller Sturz Saddams, nach dem eine prowestliche Klientelregierung die Ölhähne öffnen könnte, wäre daher nicht nur für
      die amerikanischen Konzerne das Idealszenario - sondern auch für die europäischen. Dies gilt insbesondere für den wahrscheinlichen Fall, dass ihre
      vereinbarten Rechte weit gehend bestehen bleiben.

      Lukoil und Total hoffen offenbar, dass niemand ihr doppeltes Spiel enttarnt - und dass sich die Geschichte wiederholt. Die Regierung in Bagdad mag
      wechseln, das mittlere Management bleibt größtenteils das alte. Vielleicht erinnern sich irakische Öl-Ingenieure in der Ära nach Saddam, dass
      Franzosen und Russen schon lange um ihre Freundschaft gebuhlt haben. Das könnte den Europäern einen kleinen Startvorteil geben, sobald die
      ersten Amerikaner eintreffen.

      Multikulti der Multis und Zwist in der Opec

      Die US-Regierung wiederum wird sich natürlich insgeheim bemühen, nationalen Unternehmen kleinere Aufträge zuzuschanzen. Tatsächlich aber bietet
      der Irak, in dem elf Prozent der bekannten Erdöl-Reserven der Welt lagern, genug Raum für eine Fülle von Konzernen. Warum also Alliierte mit
      nationaler Klientelpolitik brüskieren? Auch zeigt die Praxis der Öl-Förderung, etwa in den zentralasiatischen Republiken, dass riesige Ölfelder ohnehin
      meist von multinationalen Konsortien erschlossen werden, nicht von Einzelunternehmen.

      Die übergeordneten, energiepolitische Ziele der Bush-Regierung dürfte denn auch andere sein: Stürzt Saddam, ohne dass die ganze Region ins Chaos
      versinkt - dann wäre die Gefahr gebannt, dass Bagdad den weltgrößten Erdöllieferanten Saudi-Arabien womöglich mit Massenvernichtungswaffen
      überfallen und den Westen mit Hochpreisen für Öl erpressen kann. Irakisches Öl könnte wieder auf den Weltmarkt strömen, die Saudis würden nicht
      wie bisher an den wichtigsten Preis-Hebeln der Opec sitzen. George Bush junior hätte eine neue "Balance of Power" installiert, mit Amerika als
      Schiedsmann. Da würde es kaum stören, wenn Russen und Franzosen ein wenig daran mitverdienen.
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      schrieb am 26.10.02 11:50:11
      Beitrag Nr. 52 ()
      "Es tut sich was" in der USA-Friedensbewegung
      Zehntausende gehen gegen Kriegspläne des Weißen Hauses auf die Straße

      Von Max Böhnel, New York

      Vivian Stromberg hat nie geschwiegen, wenn die USA-Regierung zum Krieg blies. Andere waren nach dem 11. September 2001 wie gelähmt. Nun scheint es, als sei die US-amerikanische Friedensbewegung neu erwacht. Es tut sich was«, sagt Vivian Stromberg, als sie ihr Büro der Frauen- und Kinderhilfsorganisation »Madre« nach einem anstrengenden Tag verlässt. »Immerhin, es tut sich etwas«, wiederholt die 59-Jährige, hält inne und erklärt: »Der offene Krieg ist noch nicht im Gange, und gemessen daran, dass wir auf die Aggressionskriege Washingtons immer erst dann reagiert haben, wenn die Bomben bereits fielen, ist dies ein Fortschritt.«

      Die ehemalige Musiklehrerin Vivian Stromberg marschierte bereits in den 60er Jahren auf Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg mit, sie beteiligte sich an linken und feministischen Bewegungen und gründete 1983 zusammen mit anderen Frauen, schockiert von der USA-Politik in Nikaragua, die Organisation »Madre« (www.madre.org). Die Gruppierung hat USA-weit inzwischen mehr als 20000 Mitglieder, und dass sie im Gegensatz zu anderen Lateinamerika-Solidaritätsgruppen die Repression der Reagan-Ära und des FBI überlebt hat, ist der Tatsache zuzuschreiben, dass »Madre« von Anfang an nicht nur die Hilfe von Rechtsanwälten in Anspruch nahm, sondern auch auf einer peniblen Rechnungsführung beharrte.

      Mittlerweile unterstützt »Madre« Menschenrechtsorganisationen über Lateinamerika hinaus. An ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Kriege sämtlicher USA-Regierungen macht Vivian Stromberg keine Abstriche. Der geplante Irakkrieg ist in aller Munde. Laut Umfragen verfolgen fast 90 Prozent der USA-Bevölkerung die Nachrichten über den »Krieg gegen den Terrorismus« täglich mit. Und in der Rest-Linken, aber nicht nur dort, bemühen sich alte und neue Aktivisten – auch Menschen, die nach dem 11. September schockiert waren und zum Afghanistankrieg schwiegen oder ihm sogar zustimmten – um Hintergrundinformationen. Nicht wenige davon haben auch ihre Bereitschaft bekundet, wieder auf die Straßen zu gehen.

      »Immerhin, es tut sich was«, sagt Vivian Stromberg aber auch desillusioniert. Denn ihr sind, wie sie sagt, die Auseinandersetzungen der »Kein Blut für Öl«-Demonstrationen Anfang der 90er Jahre noch in unangenehmer Erinnerung. Die Massendemonstrationen in den USA waren damals zwar, wie Stromberg erläutert, am Anfang von breiten Bündnissen gekennzeichnet. Doch im Verlauf des Krieges traten die tiefen politischen Unterschiede innerhalb der Linken an die Oberfläche und führten zur Spaltung der Bewegung: an der Frage nämlich, wie das Regime Saddam Husseins einzuschätzen sei. Aus »No blood for oil« war bei beinharten Ultralinken, die die Antikriegsbündnisse zu dominieren versuchten, die Losung »Verteidigt Saddam Hussein gegen den USA-Imperialismus« geworden – und da wollten viele nicht mehr mitgehen. Der Stand der Dinge heute: Zahlreiche Grüppchen politisch Unorganisierter haben sich in über 250 Städten und kleinen Ortschaften in den USA formiert. Politische und religiöse Pazifisten, College- und Universitätsinitiativen, Organisationen und sogar vereinzelt Mainstream-Politiker haben bekundet, gegen einen Irakkrieg zu sein. Auf nationaler Ebene existieren inzwischen zwei Bündnisse, die bereits jetzt Zehntausende zu mobilisieren in der Lage sind: »Not in our name« (Nicht in unserem Namen) und »ANSWER« (Antwort). Am 26. Oktober werden auf den ersten nationalen Großdemonstrationen in Washington und San Francisco die ersten Früchte der Organisationsarbeit zu sehen sein. Erwartet werden bis zu 100000 Menschen.

      Veranstaltungen und Demonstrationen finden seit Wochen statt, bisher sehr zum Unwillen des Friedensspektrums aber eingeschränkt durch eine Medienblockade. Zwar berichten örtliche Medien – das lokale Fernsehen meist ausgenommen – von einer Mahnwache hier und dort. Doch in den national verbreiteten Zeitungen wie »New York Times« und »USA Today« existiert die neu erwachte Friedensbewegung noch nicht, geschweige denn in den großen Fernsehnetzen. Doch dank Internet und dem werbefreien linken Radionetzwerk »Pacifica«, das immerhin in einigen Ballungszentren zu empfangen ist, kann man einiges erfahren:
      Mehr als 300 »peace events« gab es im September, darunter an Orten im Süden, Norden und Mittleren Westen, von denen man nie zuvor gehört hat. 880 Menschen, demonstrierten gegen einen Auftritt des Bush-Sprechers Ari Fleischer in Middlebury im Bundesstaat Vermont; 44 wurden in San Francisco festgenommen, als Demonstranten ein Bundesgebäude als Protest gegen die Kriegsresolution des Kongresses blockierten; 300 versuchten eine Bush-Rede in Knoxville im Bundesstaat Tennessee zu unterbrechen; 200 Demonstranten an der Universität in Miami, 85 in Englewood (New Jersey), 100 bei einer Spontandemo durch Downtown Indianapolis, 60 marschierten über den Gemüsemarkt von Traverse City (Michigan) und sagen »Give peace a chance«. In Cincinnati demonstrierten am 7. Oktober laut örtlicher Presse »Tausende«, als Präsident Bush sein Kriegsgeheul erneuerte. Das »Not in our name«-Netzwerk (www.notinourname.net), das von Angehörigen von Opfern des 11. September gegründet worden war, aus Opposition gegen den Afghanistankrieg eine pazifistische Gruppe namens »Peaceful tomorrows« ins Leben gerufen hatte und daraus ein loses nationales Netzwerk machte, berichtete, dass am 6. Oktober in 28 US-amerikanischen Städten rund 85000 Menschen gegen einen Irakkrieg demonstrierten. Allein im New Yorker Central Park versammelten sich 25000 Kriegsgegner. Auch die Abstimmung im USA-Kongress mobilisierte Tausende. Am 3. Oktober wurden 16 Demonstranten in Philadelphia beim Versuch festgenommen, das Büro des republikanischen Senators Rick Santorum zu besetzen. Ähnliche Versuche erfolgten bei Dutzenden anderer Politiker. Ende September waren 3000 Menschen vor das Haus des Vizepräsidenten Dick Cheney in Washington marschiert.

      Erwähnung finden in den nach spektakulären Erklärungen gierenden Massenmedien bislang freilich nur die Stimmen von Prominenten. Der Sänger Harry Belafonte machte vor kurzem von sich reden, als er Außenminister Colin Powell in einer Talkshow mit scharfen Worten geißelte, sich innerhalb seiner Regierung wie ein unterwürfiger Sklave zu verhalten. Und mehrere Hollywood-Größen, Barbara Streisand etwa und Martin Sheen, machten deutlich, dass sie von einem Angriff auf Irak nichts halten.

      Auch Vivian Stromberg, die Leiterin von »Madre«, überlegt zusammen mit den sechs fest angestellten Frauen ihrer Organisation, wie eine dauerhafte Struktur geschaffen werden könnte, mit der sich die Kriegspläne des Weißen Hauses durchkreuzen ließen. Nach Washington am 26. Oktober wird sie nicht fahren, wie sie sagt, die Demonstration sei ihr zu sehr von »ANSWER« dominiert, hinter der sich die straff geführte, marxistisch-leninistische Workers World Party verbirgt, die seit vielen Jahren Bündnispolitik mit dem Anwerben von Kadern verwechselt. Trotzdem, sagt Stromberg, wünsche sie der Demonstration das Beste und eine Teilnehmerschar von Zehntausenden.

      Stromberg selbst hatte sich damals – mitten im USA-Krieg gegen Irak – von den Zerwürfnissen innerhalb der Antikriegsbewegung angewidert, zusammen mit einigen erfahrenen Kämpinnen selbst auf den Weg in den Nahen Osten gemacht. Im jordanischen Amman hatte »Madre« Lastwagen gemietet und darauf tonnenweise Spielsachen, Medizin und Nahrung geladen. Stromberg und ihre Mitstreiterinnen kamen bis Bagdad durch – wo sie die mit USA-Dollars erworbenen Güter an die Not leidende Bevölkerung verteilten.
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      schrieb am 29.10.02 14:36:54
      Beitrag Nr. 53 ()
      Guantanamo Bay

      "Sie machten mich zum Tier"

      Nach monatelanger Gefangenschaft haben die USA drei Afghanen und einen Pakistani aus Camp X Ray frei gelassen. Die Männer beschweren sich bitter über die Haftbedingungen in Guantanamo Bay auf Kuba. Die lange Isolationshaft habe sie zum Tier gemacht.


      AP

      Entlassene Guantanamo-Gefangene: Muhammad Hagi Fiz (l.) und Jan Muhammad


      Washington - Über Monate saßen die nun Freigelassenen auf dem US-Stützpunkt auf Kuba - offenbar ohne Grund. Pentagon-Sprecherin Victoria Clarke räumte ein, es habe sich herausgestellt, dass die Betreffenden keine Verbindung zum Terrorismus hätten und keine Gefahr für die USA darstellten.

      Die drei Afghanen sagten, sie seien zwar nicht gefoltert oder gequält worden, doch beschwerten sich darüber, dass Gefangene tagelang in engen Zellen gehalten werden ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. Doch die Aussicht, möglicherweise für immer in Isolationshaft bleiben zu müssen, habe sie zermürbt. Jan Muhammad, einer der drei Afghanen, sagte in einem Interview mit der "New York Times", elf Monate lang habe er keinerlei Kontakt zur Außenwelt gehabt. Ihm seien bis drei Tage vor seiner Entlassung keine Briefe von seiner Familie zugestellt worden. Er selbst habe einen Brief an seine Verwandten geschrieben, in dem er mitteilte: "Halb schon bin ich zu einem Tier gemacht worden, in einem Monat werde ich vollends ein Tier sein - dann werde ich zurückkommen."

      Auf Guantanamo Bay befinden sich noch rund 600 Gefangene, die während des Afghanistan-Feldzugs der Anti-Terror-Allianz festgenommen wurden. Die nun Freigelassenen gaben an, darunter befänden sich Dutzende von einfachen Fußsoldaten der Taliban. Pentagon-Sprecherin Clarke kündigte weitere Freilassungen an, machte aber keine Zahlengaben. "Wir haben nicht den Wunsch, eine große Menge dieser Leute über einen langen Zeitraum in Guantanamo Bay festzuhalten", erklärte sie.

      Zugleich bestätigte sie, dass am Montag, erstmals seit August, wieder eine neue Gruppe von Gefangenen in dem Lager auf dem US-Stützpunkt eingetroffen sei. Damit befinden sich nach den Worten der Sprecherin jetzt "ungefähr 625" mutmaßliche Mitglieder der Terror-Organisation al-Qaida oder der afghanischen Taliban in dem Gefängnis auf Kuba.

      Die nun Freigelassenen kritisierten die amerikanischen Behörden: Bei den Festnahmen in Afghanistan verließen sich die US-Häscher zu sehr auf Informationen von angeblich verbündeten Warlords, die oft falsche Aussagen über missliebige Personen machten.

      Zwei der drei Afghanen, die an afghanische Beamte übergeben wurden, sind mehr als 70 Jahre alt, der Pakistani wird auf über 50 geschätzt. Der 35-jährige Jan Muhammad hadert immer noch mit den Umständen seiner Gefangennahme. Er räumte ein, bei Kunduz auf Seiten der Taliban gekämpft zu haben, sagte aber, er habe keine Wahl gehabt. Taliban-Soldaten hätten ihn eingezogen.

      Als er sich ergeben hatte, hätten Kämpfer des mit den Amerikanern alliierten Nordallianz-Generals Abdul Raschid Dostum ihn und neun weitere denunziert. Die Dostum-Leute hätten den Amerikanern gesagt, bei der Gruppe handele es sich um führende Taliban. Nach Angaben von Muhammad war aber nur einer der zehn ein Taliban. Unter den Festgenommenen habe sich auch ein 105-Jähriger und ein 90-Jähriger befunden.
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      schrieb am 01.11.02 14:44:25
      Beitrag Nr. 54 ()
      Die USA wandeln sich zum Unrechtsstaat / Orig.: The Troubling New Face of America
      Ex-Präsident Jimmy Carter in der Washington Post / Former President Jimmy Carter in the Washington Post

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Aufsehen erregenden Artikel, den der frühere Präsident de Vereinigten Staaten am 5. September in der Washington Post veröffentlicht hat. Er wurde in einer deutschen Übersetzung am 20. September im "Freitag" veröffentlicht. Wir dokumentieren auch das Original.

      Die Politik der Vereinigten Staaten erlebt gegenwärtig fundamentale Veränderungen - in der Frage der Menschenrechte, in unserer Rolle gegenüber den anderen Nationen dieser Welt und im Friedensprozess des Nahen Ostens. All das passiert ohne große Debatten - außer, bisweilen, innerhalb der Administration. Nach der Tragödie des 11. September musste der Präsident reagieren, und er hat das zunächst auch schnell und vernünftig getan. Aber mittlerweile versucht eine Gruppe von Konservativen, lang gehegte Ambitionen unter dem Deckmantel des Krieges gegen den Terrorismus zu verfolgen.

      Früher von den meisten Ländern als Champion der Menschenrechte bewundert, beargwöhnen respektable internationale Organisationen nun, ob unser Land noch zu den Grundprinzipien des demokratischen Lebens steht. Über das Unrecht in den Ländern, die uns beim Kampf um den Terrorismus unterstützten, haben wir hinweg gesehen. Bei uns im eigenen Land wurden amerikanische Bürger als Feinde inhaftiert, ohne Anschuldigung und ohne juristischen Beistand. Trotz aller Kritik der Bundesgerichte verweigert sich das Justizministerium diesem Problem. Und mit Blick auf die Gefangenen in Guantanamo erklärt der Verteidigungsminister, dass sie selbst dann nicht freigelassen werden würden, wenn sich ihre Unschuld erwiesen hat. All das passt zu Unrechtsstaaten, die von amerikanischen Präsidenten in der Vergangenheit immer verurteilt wurden.

      Während der Präsident sich noch nicht abschließend geäußert hat, wird das amerikanische Volk fast täglich vom Vizepräsidenten und anderen hohen Regierungsvertretern damit konfrontiert, dass die Massenvernichtungswaffen des Irak eine tödliche Bedrohung darstellen und Saddam Hussein aus dem Amt gejagt werden muss, ob mit oder ohne Unterstützung der Verbündeten. Wie aber die Verbündeten und auch verantwortliche Politiker früherer Administrationen immer wieder betont haben, gibt es gegenwärtig keine Bedrohung der Vereinigten Staaten durch Bagdad.

      Angesichts intensiver Überwachung und einer überwältigenden militärischen Übermacht der USA wäre jede kriegerische Handlung von Saddam ein Akt des Selbstmords. So unwahrscheinlich es ist, dass Saddam Nachbarstaaten attackiert, Nuklearwaffen testet, mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen droht oder sie Terroristen zur Verfügung zu stellt, so sehr ist es doch möglich, dass - im Falle eines amerikanischen Angriffs auf den Irak - diese Waffen gegen Israel oder gegen unsere Truppen als Reaktion eingesetzt werden. Wir können die Entwicklung von ABC-Waffen nicht ignorieren, aber ein einseitiger Krieg gegen den Irak ist nicht die Antwort. Unbehinderte Inspe ktionen im Irak sind dringend. Aber genau das ist offenkundig gar nicht gewollt, wie insbesondere der Vizepräsident mehrfach angedeutet hat.

      Wir haben unsere Missachtung der restlichen Welt auch gezeigt, indem wir aus mühsam vereinbarten internationalen Abkommen ausgestiegen sind. Verträge über Rüstungskontrolle, Konventionen über biologische Waffen, Umweltabkommen und Vereinbarungen, mit den die Folterung und Bestrafung von Kriegsgefangenen verhindert werden soll - all das haben wir nicht nur abgelehnt, sondern auch all jene bedroht, die an diesen Abkommen festhalten. Diese ganze einseitige Politik isoliert die Vereinigten Staaten immer mehr von den Nationen, die wir brauchen, um den Terrorismus zu bekämpfen.

      Tragisch ist auch, dass unsere Regierung substantielle Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis nicht länger aktiv unterstützt. Offensichtlich besteht unsere gegenwärtige Politik darin, jede Aktion der Israelis in den besetzten Gebieten zu begrüßen und die Palästinenser zum Ziel unseres Krieges gegen den Terrorismus zu erklären, während die Israelis ihre Siedlungen ausdehnen und die palästinensischen Enklaven zusammenschrumpfen.

      Innerhalb der Administration scheint es eine Auseinandersetzung über eine schlüssige Nahostpolitik zu geben. Die klaren Positionen des Präsidenten, wichtige UN-Resolutionen nach wie vor zu unterstützen und einem palästinensischen Staat nicht im Wege zu stehen, sind vom Verteidigungsminister negiert worden, der von den "sogenannten besetzten Gebieten" spricht, in denen sich "irgendetwas schon etablieren werde". Solche Stellungnahmen von Rumsfeld sind eine radikale Abkehr von der amerikanischen Politik, die seit 1967 immer den Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten und einen wirklichen Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn forderte.

      Stimmen des Krieges und der Spaltung scheinen Washington zu dominieren, aber bislang haben weder der Präsident noch der Kongress oder die Bundesgerichte abschließende Entscheidungen getroffen. Die historischen und wohl begründeten Verpflichtungen Amerikas müssen die Oberhand gewinnen: Für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umwelt und internationale Kooperation.
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      schrieb am 06.11.02 18:02:43
      Beitrag Nr. 55 ()
      US-Kongresswahlen

      Amerikaner schaffen freie Bahn für Bush-Krieger

      Die Kongresswahlen sind für George W. Bush zu einem triumphalen Erfolg geworden. Seine Republikaner bauten die Mehrheit im Repräsentantenhaus aus, und auch im Senat sind sie jetzt in der Überzahl. Bush schaffte damit eine der höchsten Zustimmungsquoten für einen US-Präsidenten mitten in einer Amtszeit überhaupt.


      AP

      Erfolgreich: George W. Bush und seine Frau Laura freuen sich


      Washington - Bush kann nun ab Januar mit der Unterstützung beider Parlamentskammern regieren und seine Wiederwahl im Jahr 2004 in Angriff nehmen. "Er hat gesagt, dass er Euch alle in zwei Jahren in seinem Team haben will", sagte der neue republikanische Senator von Georgia, Saxby Chambliss, nach einem Anruf des Präsidenten vor jubelnden Anhängern.

      Die Demokraten führten Bushs Erfolg auch auf seinen massiven Wahlkampfeinsatz zurück. Der Präsident trieb persönlich mehr als 140 Millionen Dollar für die Kandidaten seiner Partei ein und warb in mehr als 30 Staaten selbst um Wählerstimmen. Allein in den letzten fünf Tagen des Wahlkampfs unterstützte der Präsident rund zwei Dutzend Kandidaten vor Ort. Er hatte sich in seinen Reden auf die Irak-Debatte und den Kampf gegen den Terrorismus konzentriert. Den Demokraten gelang es nicht, aus der flauen Wirtschaftslage, der steigenden Arbeitslosigkeit oder den Bilanzskandalen Kapital zu schlagen.

      Bush ist der dritte Präsident seit 1860, dem es gelang, bei den Zwischenwahlen zuzulegen. Seine trotz der Wirtschaftskrise anhaltende Popularität - in den jüngsten Umfrage rund 60 Prozent - verschafften auch der Republikanischen Partei einen unerwarteten Auftrieb.

      Geringe Wahlbeteiligung

      Die Republikaner sicherten sich im Senat mindestens 51 der 100 Senatorensitze. Zwei Mandate waren am Mittwoch noch offen: In South Dakota musste noch weiter ausgezählt werden, und in Louisiana kommt es am 7. Dezember zu einer Stichwahl.


      SPIEGEL ONLINE


      Die Republikaner gewannen vier für die Mehrheit wichtige Senatorensitze in Georgia, New Hampshire, Missouri und Minnesota. Dadurch verloren die Demokraten ihre bisherige Mehrheit im Senat, die sie seit Juni 2001 innehatten. Damals verließ der Senator James Jeffords die Republikaner und stimmte mit den Demokraten.

      Im Repräsentantenhaus gewannen die Republikaner mindestens 225 der 435 Mandate. Einschließlich der noch nicht ausgezählten Bezirke wurden für Bushs Partei 227 Sitze erwartet. Damit hätten die Republikaner ihre bisherige Mehrheit von 223 zu 208 Sitzen um vier Mandate ausgebaut.
      Avatar
      schrieb am 06.11.02 23:10:48
      Beitrag Nr. 56 ()
      Irak nach dem Zweiten Golfkrieg - Der nächste wird noch schlimmer
      Vortrag von Prof. Dr. med. Ulrich Gottstein, IPPNW

      Nachfolgenden Dia-Vortrag hielt Ulrich Gottstein beim Irak-Kongress am 1./2. November 2002 in Berlin.

      Ein neuer Krieg gegen Irak droht, viele Menschen in aller Welt ,besonders auch in Deutschland, haben große Sorgen vor den Auswirkungen, denn wir Deutsche wissen noch genau, was Krieg bedeutet. Noch sind nicht alle Kriegsschäden beseitigt, noch trauern viele Menschen um ihre gefallenen Männer und Söhne, viele um ihre Väter, Geschwister und Mütter, um ihre verlorene Heimat. Als endlich Bundeskanzler GERHARD SCHRÖDER und Außenminister JOSCHKA FISCHER erklärten, Deutschland werde sich nicht am Krieg gegen Irak beteiligen, ging ein Aufatmen durchs Land, und man wusste, welcher Partei man die Stimme zu geben hatte. Wir wollten nicht wieder die mutige militaristische Nation sein, als die wir in der Welt bekannt wurden, sondern ein Vorbild für Friedensdiplomatie. Die Argumente unserer Regierung waren und sind ja richtig : die Sorgen vor einer Destabilisierung des ganzen vorderen Orients, vor Revolutionen in den arabischen Ländern, vor einer Eskalation der Gewalt in und gegen Israel, vor Ölpreiserhöhungen und massiven negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und auf die Arbeitslosigkeit, Sorgen vor verstärkten terroristischen Racheaktionen in den westlichen Ländern, die auch Deutschland betreffen können, und manches mehr.

      Es wäre unwahr zu sagen, dass die deutschen und internationalen Sorgen nicht der irakischen Bevölkerung gelten, doch wir Menschen neigen dazu, das Leid der anderen zu vergessen und vor allem bewegende und interessante Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen, wie z.B. Überschwemmungen oder Kindesentführungen. Schnell werden schreckliche Verbrechen, wie der Völkermord in Ruanda oder in Tschetschenien vergessen, und führen nicht zu schlaflosen Nächten.

      Seit 1945 ist die Welt an das ständige Leiden und Sterben an vielen Orten der Erde gewöhnt, an die 25-30 KRIEGE JEDES JAHR bis heute, an die Hunderttausende bis Millionen von im Krieg Getöteten, Verwundeten, Verwaisten, Vertriebenen, Verarmten. Jetzt ist es notwendig, an das Leiden der Menschen im Irak nach dem letzten Golfkrieg zu erinnern und anhand der Erinnerungen gegen eine Wiederholung zu protestieren. Statt Krieg vorzubereiten, sind diplomatische Maßnahmen zu fordern, die noch nicht ausgeschöpft sind.

      Wie ist es Präsident GEORGE W. BUSH gelungen, dem amerikanischen Volk einen Krieg gegen IRAK "plausibel" zu machen? Dazu hat er zwei Begriffe erfunden, die historisch geworden sind: " Die "ACHSE DES BÖSEN", die besagt, dass die USA bestimmen, wer böse ist, und dass die USA und ihre Verbündeten keine "Bösen" sind, also das "gute Amerika" mit Gewalt gegen die "Bösen" vorgehen darf und muss.

      Und der zweite, dazu gehörige Begriff " KRIEG GEGEN DEN INTERNATIONALEN TERRORISMUS". Alle Welt plappert diesen Begriff nach, aber reflektiert nicht, dass es den "internationalen Terrorismus" nicht gibt, sondern leider Gottes einen weitverbreiteten MULTINATIONALEN TERRORISMUS, einen Antiamerikanismus und einen Aufstand der Besitzlosen gegen die Herrschenden in vielen Ländern der armen Dritten Welt. Dazu kommen Kriminalität, Mord und Terror von Fanatikern und Desperados in VIELEN TEILEN DER WELT. Ich brauche nur einige Beispiele zu nennen: Die baskische Autonomiebewegung gegen Spanien, Korsika gegen Frankreich, Nordirland gegen Großbritannien. Oder denken wir an Algerien, den Sudan , die Philippinen, Ost-Timor, oder Indonesien ( Bali mit 130 Toten vor wenigen Wochen und zweiundachtzig terroristischen Attacken im Jahr 2000, darunter acht vor christlichen Kirchen zu Weihnachten. Oder denken wir an das tschetschenische Volk, das seit Zarenzeiten unterdrückt ist, unter Stalin nach Kasachstan und Sibirien deportiert wurde, wobei 50% der Menschen starben. Chruschtschow erlaubte die Rückkehr, der Wunsch nach Autonomie wurde wiederholt, und ein brutaler Krieg mit totaler Zerstörung von Grosny, russischer Staatsterrorismus und tschetschenische Überfälle waren die Folge, und jetzt der Terrorakt in Moskau. Oder denken wir an die Kurden in der Türkei, ein großes unterdrücktes Volk, das seiner eigenen Sprache und Kultur nicht leben durfte. Aufstände, Krieg und Terror auf beiden Seiten waren jahrelang die Folge. Oder denken wir an den Kampf der Palästinenser um einen eigenen Staat, der ihnen bis vor kurzem für alle Zeiten verweigert worden war: Der Terror auf beiden Seiten geht weiter. Sharon erklärt die Aktionen und Selbstmordattentate der palästinensischen Verzweifelten als "internationalen Terrorismus", um von den USA nicht behindert zu werden, doch hat der Terror weder in Israel noch in Türkisch-Kurdistan oder Tschetschenien und in den anderen Ländern etwas mit dem 11. September oder Osama bin Laden zu tun.

      Es gibt viele Beispiele von Terror, aber erst seit dem schrecklichen Anschlag der saudiarabischen Terroristen, die angeblich auf Geheiß von OSAMA BIN LADEN handelten, der in AFGHANISTAN mit starker US-amerikanischer Unterstützung den Krieg gegen die Sowjetunion organisiert hatte, wurde die Serie der Kriege gegen den neu erfundenen internationalen Terrorismus von Präsident Bush ausgerufen. Osama bin Laden konnte nicht gefunden werden, er ist unsichtbar, aber SADDAM HUSSEIN, der persönliche Gegner der BUSH-FAMILIE und Herrscher über das zweitgrößte ÖLVORKOMMEN der Erde, ist jeden Tag im Fernsehen sichtbar, also kann nun der Krieg gegen den angeblichen "internationalen Terrorismus" geführt werden, obgleich kein Hinweis auf Terrorismusbeteiligung Iraks besteht.

      Einige Worte müssen zu SADDAM HUSSEIN gesagt werden, den wir als brutalen Diktator ablehnen, der sich aber leider von sehr vielen brutalen Diktatoren, besonders in Arabien, Asien und Afrika, wenig unterscheidet. Soll man sie alle, ihre Nachfolger und Völker mit Krieg bekämpfen?
      Natürlich ist bekannt, dass Saddam völkerrechtswidrig 1980 den Iran angriff, um einen besseren Zugang zum Persischen Golf am Shatt el Arab zu erhalten. Er wurde weder von den Vereinten Nationen noch den USA dafür bestraft, sondern finanziell und logistisch von den USA unterstützt, weil Iran ein Feind der USA war. 1988 setzte Saddam, um eine Kriegs-Niederlage zu verhindern, Giftgas gegen die vorrückenden iranischen Soldaten und im gleichen Jahr auch gegen die Saddam feindlichen Kurden ein, und ermordete damit Tausende , ein schreckliches Verbrechen.

      WIE REAGIERTEN DIE UN UND DIE USA AUF DIESE VERBRECHEN, die jetzt ständig als Begründung eines notwendigen Krieges gegen den Irak zitiert werden? : Keine Sanktionen, keine Bestrafung, sondern weiterhin freundschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen zwischen den USA, den Industrienationen und dem Irak, Telegramme zwischen Präsident GEORGE BUSH und SADDAM HUSSEIN zu Festtagen, bis Saddam den "Fehler" beging, Amerikas wirtschaftliche Interessen zu tangieren und KUWEIT und seine Ölfelder zu besetzen. Es folgten noch im August 1990 UN-Sanktionen, um Iraks bedingungslosen Rückzug zu erzwingen. Es wurden alle Wünsche Iraks sowie der arabischen Länder nach Verhandlungen abgelehnt.

      Im Januar 1991 begann dann der ZWEITE GOLFKRIEG und damit all das Elend für das irakische Volk. Soll sich das nun alles wiederholen?
      Wiederholen, dass der Irak und seine Bevölkerung von den USA als Geisel für die Verbrechen, die Arroganz und Fehler von Saddam Hussein genommen wird? Aus eigener Anschauung will ich Ihnen, auch anhand von Diapositiven, etwas darüber berichten, was Irak bis 1991 gewesen war, und was der letzte Golfkrieg dem unschuldigen irakischen Volk beschert hat.

      IRAK war es trotz des achtjährigen Kriegs gegen Iran und der Schulden von 90 Milliarden Dollar im Ausland (u.a. vor allem USA und Russland) gut gegangen. Das Schulwesen war VORBILDLICH, etwa 85% der Menschen konnten lesen und schreiben, an den Universitäten wurde in englischer Sprache gelehrt, das Gesundheitswesen war das beste im vorderen Orient, 131 moderne und schöne Krankenhäuser wurden gebaut und optimal eingerichtet, daneben gab es 850 Gesundheitszentren, in denen landesweit die Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen stattfanden. Alle Menschen hatten kostenlosen Zugang. Jährlich kaufte der Irak für 600 Millionen Dollar Medikamente und Krankenhausbedarf im Ausland ein, dazu alle modernen Apparate. Die Medizin in den inneren und chirurgischen Kliniken hatte europäisches Niveau. Der Bevölkerung ging es gut, es gab nahezu keine Arbeitslosigkeit, die ausgebildeten und studierten Iraker verdienten gut, schöne Häuser und Wohnungen wurden eingerichtet. Die Städte, Strassen, Geschäfte und Basare waren sauber und adrett. Wer im Lande nicht gegen das Regime opponierte, hatte nichts zu leiden, die christlichen und anderen Religionsgemeinschaften waren unbehindert, das Regime war säkular.

      Am 17. Januar 1991 begann der von den USA angeführte KRIEG GEGEN IRAK, mit Zustimmung der Vereinten Nationen und dem begrenzten Auftrag, KUWEIT zu befreien. In 43 Tagen wurden 1.000 Luftangriffe geflogen, 88.500 Tonnen Bomben, Raketen und panzerbrechende Geschosse abgefeuert, darunter etwa 300 Tonnen uranhaltiger Munition. Die Panzer und anderen irakischen Fahrzeuge sowie die irakischen Soldaten wurden von den Kampffliegern abgeschossen, dann kamen 4 Tage Landkämpfe, in denen die irakischen Truppen keine Chance gegen die technisch überlegenen US-Streitkräfte hatten, etwa 50.000 ( wahrscheinlich viel mehr) kamen ums Leben. Irak kapitulierte.

      Der UN-AUFTRAG, KUWAIT ZU BEFREIEN, war also erfüllt. Doch was der Welt vorenthalten wurde, das waren die massiven Bombardierungen und ZERSTÖRUNGEN im ganzen Land Irak, die nicht für den UN-Auftrag notwendig gewesen waren, daher völkerrechtswidrig und gegen die Genfer Bestimmungen verstoßend: Zerstört wurden nahezu sämtliche Fabriken, so zur Herstellung von Trockenmilch, Gefrierfleisch, Textilien, Kunstdünger, Aluminiumsulfat, Desinfektionschlor, tiermedizinischen Impfstoffen, Injektionsspritzen und Pharmazeutika, zusätzlich Getreidesilos, Viehställe, das zentrale Telefonamt, nahezu alle Brücken, die meisten Straßen, mehrere Krankenhäuser, viele Gebäude in Bagdad und ganze Stadtteile im Süden Iraks, besonders in Basrah. Besonders schlimm und unverzeihlich wirkten sich die Zerstörungen der Elektrizitätswerke, der Wasserkläranlagen und Wasserwerke aus, mit der Folge infektiöser Epidemien. Die US- und UK-Flugzeuge haben alle diese Gebäude zerstört, die nicht im geringsten kriegswichtig waren! All die Zerstörungen unter der Devise: Befreiung von Kuwait.

      Ich zeige Ihnen Diapositive, die ich 10 Wochen nach Ende des Krieges aufgenommen habe, als ich gemeinsam mit vier anderen deutschen und zehn amerikanischen Ärzten irakischer Abstammung Medikamente, Desinfektionschlor, Verbandsmaterial und Milchpulver zu den Krankenhäusern Iraks brachte. Ich war dann weitere sechs Mal mit Hilfen im Irak. (An dieser Stelle wurden Dias gezeigt)

      ÄHNLICHE ZERSTÖRUNGEN WIRD ES IM NÄCHSTEN KRIEG WIEDER GEBEN, nur noch viel schlimmer, da dieses Mal der Krieg ins Land getragen werden wird mit neuen Waffenentwicklungen. Außerdem ist durch die Veröffentlichung der bislang geheim gewesenen neuen AMERIKANISCHEN ATOMWAFFENSTRATEGIE , der "Nuclear Posture Review", bekannt geworden, dass die US-Regierung bereit ist, Atomsprengköpfe auch gegen Nicht-Atomwaffenstaaten im Bedarfsfall, wie z.B. zum "Bunkerbrechen" einzusetzen.

      Aber nicht nur Amerikanische und Britische Truppen werden im Irak Krieg führen, sondern wieder wird es auch einen BLUTIGEN BÜRGERKRIEG geben.

      Wir erinnern uns: 1991 hatte Präsident GEORGE BUSH die Kurden im Norden und die Shiiten im Süden zum Aufstand gegen Saddam Hussein aufgerufen . Sie sollten das unvollendete Werk zu Ende bringen. Sie verließen sich darauf, von den USA jegliche notwendige Unterstützung zu bekommen, besonders aus der Luft, aber diese blieb aus. Die irakischen Truppen, trotz Niederlage stark genug, schlugen in blutigen Kämpfen die Aufstände nieder. Viele tausend Menschen starben.

      Ich war mehrfach in den Jahren 1991-1993 mit Hilfsgütern in den Städten Nadjef, Kerbela und Basrah und sah diese schrecklichen Verwüstungen und erhielt u.a. von den Ärzten genaue Beschreibungen: (Dias)

      Auch in dem neuen von den USA gewünschten Krieg wird es solche blutigen Kämpfe zwischen den Kurden und Shiiten einerseits und den Saddam treuen irakischen Truppen andererseits geben. Die USA haben bereits seit langem damit begonnen, Kurden und Shiiten für den Krieg gegen Zentralirak anzuwerben und auszubilden.

      DIE MENSCHEN IRAKS FÜRCHTEN DEN KRIEG. Unvergessen sind die verheerenden Zerstörungen der Elektrizitätswerke, sodass in der brütenden Sommerhitze keine Ventilatoren und Klimaanlagen funktionierten, keine Kühlschränke für Blutkonserven und Medikamente, keine Krankenhausapparate. Wegen der zerstörten Kläranlagen und Wasserwerke waren die Menschen zum Trinken und Gebrauch von Flusswasser gezwungen, mit der Folge schwerster Infektionen und Durchfallerkrankungen. Besonders die Kleinkinder starben massenhaft. All das wird sich im nächsten Krieg wiederholen. Allein im 1. Jahr STARBEN 170.000 KLEINKINDER. (Prof. Gottstein zeigte eine Reihe erschütternder Dias)

      Infolge der SANKTIONEN ging das Kindersterben weiter, durch Krankheiten und Unterernährung. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigten, dass seither über eine halbe Million Kleinkinder infolge der Sanktionen gestorben sind und weiterhin monatlich etwa 4.000 Kinder sterben. Hinzu kommen die größeren Kinder und die Erwachsenen, denen ebenfalls eine notwendige medizinische Hilfe nicht geleistet werden konnte. Insgesamt sind somit weit über 1 Million unschuldige Menschen Opfer der Nachkriegssanktionen geworden. Mehrere UN- und internationale Studiengruppen hatten 1991 und 1992 die menschliche Katastrophe bestätigt. 1996 wurde dem Irak mit einer neuen UN-Resolution ein Ölverkauf im Wert von 4 Milliarden Dollar gestattet, damit begann das eigentliche "Öl für Nahrungsmittel-Programm", doch standen nur die Hälfte der Summe für den Einkauf der benötigten Güter im Irak durch den UN-Sanktionsausschuss zur Verfügung, die andere Hälfte des Geldes wurde für UN-Ausgaben, sowie für den kurdischen Teil Iraks und für wirtschaftliche Kriegsverluste Kuwaits und der Türkei ausgezahlt. Hierüber wird HANS VON SPONECK berichten.

      Auch heute stehen, umgerechnet auf die Einwohnerzahl Iraks, nur 33 Cent pro Einwohner und Tag zur Verfügung. Davon müssen alle Medikamente, Hospitalbedarf, Lebensmittel und andere notwendigen Anschaffungen aus dem Ausland bezahlt werden, also eine winzige und völlig unzureichende Summe. Daher der weiterhin miserable Zustand im Gesundheitswesen, besonders bei der Behandlung ernster Krankheiten, wie der kindlichen Leukämien, der Krebskrankheiten, verschiedener Infektionen, die alle in Deutschland therapierbar oder heilbar sind, im Irak aber zumeist zum Tode führen. Hierüber wird Frau Dr. EVA-MARIA HOBIGER berichten.

      Abschließend wenige Worte zum PSYCHISCH-SEELISCHEN ZUSTAND der Menschen, insbesondere der Jugend aus den früher gebildeten und wohlsituierten Familien sowie der Ärzteschaft. Während die einfachen und zumeist armen Menschen still ihr Leid ertragen, in absoluter Resignation und Hoffnungslosigkeit und ausschließlich von der Staatspropaganda unterrichtet, leidet die "Mittelschicht" in mehrfacher Hinsicht: sie ist verarmt, die Jugend ohne berufliche Hoffnungen, große Sorgen vor einem neuen Krieg, dazu Bürgerkrieg. Eine begeisterte Unterstützung für das Regime fehlt, aber lieber soll der augenblickliche Zustand erhalten bleiben, als wieder Krieg, Zerstörungen und Massentötungen und dann ein neues Regime, etwa unter amerikanischer Führung. Die Amerikanische und Britische Regierung sind wegen der 12-jährigen Sanktionen und der ständigen Bombardements sehr unbeliebt, bis geradezu gehasst, man traut ihnen nichts Gutes zu und erinnert sich noch an die "Besatzungsjahre" , als der Irak ein britisches Protektorat war nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches nach dem 1. Weltkrieg.

      Ich habe mit diesen Ausführungen versucht, Gedanken und Fakten vorzutragen, die man nicht tagtäglich in den Zeitungen lesen kann. Gemeinsam mit Zehntausenden von Amerikanern und Millionen Humanisten weltweit sagen wir unser entschlossenes NEIN zu dem von BUSH und BLAIR gewünschten "preemptive war", also Vorbeugungskrieg, und appellieren an unsere Regierung, standfest in der Ablehnung des Krieges und der Scheinargumente für "Krieg gegen internationalen Terrorismus" zu bleiben. Kriminelle und Terroristen müssen verfolgt werden, nicht aber die unschuldigen Völker!
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      schrieb am 06.11.02 23:14:47
      Beitrag Nr. 57 ()
      Vom Containment zur Pax Americana
      Die nationale Sicherheitsstrategie der USA

      Von Jürgen Wagner*

      Nachfolgende Analyse von Jürgen Wagner ist im Novemberheft 2002 der Zeitschrift "Sozialismus" erschienen. Der Text befindet sich auch auf der Homepage der Informationsstelle Militarisierung (IMI e.V.), Tübingen (www.imi-online.de).


      Es ist kein Geheimnis, dass eine Gruppe so genannter Neokonservativer, angeführt von Vizepräsident Dick Cheney und dem stellvertretenden Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, die derzeitige US-Außenpolitik weitgehend im Alleingang kontrolliert.

      Diese Hardliner aus dem Spektrum der äußersten republikanischen Rechten nutzten die Terroranschläge des 11. September erfolgreich, um ihre seit Jahren zementierten Vorstellungen über die Rolle der US-Außenpolitik in Form der rasch entwickelten Bush-Doktrin zusammenzufassen und mit der am 20. September veröffentlichten "Nationalen Sicherheitsstrategie" (NSS)[1] zur offiziellen Regierungspolitik zu erheben.

      Der Grundgedanke der neokonservativen Grand Strategy

      Seit Charles Krauthammer Anfang der 90er Jahre den "unipolaren Moment" ausrief, der auf das Ende der Sowjetunion und den damit verbundenen Aufstieg der USA zur einzigen Supermacht folgte, steht die Forderung nach einer Verewigung der US-Hegemonie im Zentrum des neokonservativen Denkens. Diese neue Aufgabe der US-Außenpolitik wurde in ihren Grundzügen schon vor zehn Jahren in der unter anderem von Cheney und Wolfowitz verfassten Defense Planning Guidance festgelegt.

      Im September 2000 unterstrich eine Studie, an der neben Wolfowitz auch Lewis Libby, Cheneys Stabschef, sowie der Bruder des US-Präsidenten, Jeb Bush, beteiligt waren, dass sich die gesamte US-Außenpolitik diesem Ziel unterzuordnen habe: "Derzeit sieht sich die USA keinem globalen Rivalen ausgesetzt. Die Grand Strategy der USA sollte darauf abzielen, diese vorteilhafte Position so weit wie möglich in die Zukunft zu bewahren und aus-zuweiten."[2]

      Den neokonservativen Präferenzen entsprechend sieht auch die NSS die vorrangige Aufgabe von Washingtons Außenpolitik im Erhalt der US-Führungsposition: "Der Präsident beabsichtigt nicht, es irgendeiner anderen ausländischen Macht zu erlauben, den gewaltigen Vorsprung, der sich den USA seit dem Kalten Krieg eröffnet hat, aufzuholen."[3]

      Blaupause permanenter (militärischer) Dominanz

      Der Vermeidung einer künftigen Auseinandersetzung mit einem potenziellen Rivalen - genannt werden insbesondere Russland und China - kommt aus US-Sicht entscheidende Bedeutung zu. "Wir sind wachsam gegenüber einer erneuten Großmachtkonkurrenz", unterstreicht die NSS. Um dies zu verhindern, müsse das militärische Potenzial der Vereinigten Staaten "groß genug sein, um mögliche Gegner davon abzuhalten, in der Hoffnung, die Macht der USA zu übertreffen oder einzuholen, eine militärische Aufrüstung anzustreben". (S. 30)

      Dieser Ruf nach permanenter militärischer Dominanz ist ein zentraler Baustein der US-Hegemonialpolitik. "Amerika sollte versuchen, seine globale Führungsposition durch die Übermacht seines Militärs zu bewahren und auszuweiten", verkündeten die Neokonservativen schon vor ihrem Einzug ins Weiße Haus.[4] Diese Argumentation folgt einer doppelten Logik: Militärische Vorherrschaft sei die notwendige Bedingung für eine rigorose Wahrung von US-Interessen. Nur dies ermögliche es wiederum, die eigene Machtposition auszubauen, diese wiederum in militärische Stärke umzumünzen und so die globale Führungsposition zu bewahren.

      Gelinge dies nicht, ermutige man potenzielle Rivalen dazu, die USA herauszufordern, was unweigerlich zu einer verheerenden kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Großmächten führen werde.[5]

      Die Operationalisierung der US-Vorherrschaft

      Schon unter Bill Clinton kam dem Erhalt der US-Führungsposition ebenso wie vielen in der NSS beschriebenen operativen Elementen der US-Hegemonialpolitik - Unilateralismus, Sendungsbewusstsein, Interventionismus - eine wichtige Rolle zu. Erstmals gelang es aber, diese verschiedenen Elemente in eine Doktrin zusammenzufassen. Manche betrachten die NSS deshalb als "eine brilliante Synthese" und sehen in ihr den Nachfolger der Containment-Politik, die jahrzehntelang als Washingtons Grand Strategy fungierte.[6]

      In der Tat stellt sie das bisher aggressivste, aber auch kohärenteste Konzept für eine imperiale US-Politik nach dem Kalten Krieg dar. "Im schlimmsten Fall", so John Ikenberry, Professor für Geopolitik an der Georgetown University, geht es hier um "eine neoimperiale Vision, in der die Vereinigten Staaten für sich eine globale Rolle reklamieren, Standards festzulegen, Gefahren zu definieren, Gewalt anzuwenden und Gerichtsbarkeit auszuüben."[7]

      Die NSS ist somit nicht mehr und nicht weniger als die Anleitung für eine praktische Umsetzung der US-Hegemonie und der hierfür erforderlichen rigorosen Wahrung von US-Interessen.

      Proliferation - die neue Gefahr

      Von der US-Regierung wird betont, dass nach den Anschlägen des 11. September der Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln (Proliferation) nun das Hauptaugenmerk gelte. Dieser "Kampf gegen die Proliferation" als handlungsleitendes Prinzip wurde von Bush bereits am 29. Januar 2002 in seiner Ansprache an die Nation verkündet und in die NSS (S. 6) übernommen: "Unsere unmittelbare Aufmerksamkeit wird sich auf die Terrororgani-sationen globaler Reichweite und [...] staatliche Unterstützer des Terrorismus richten, die versuchen, Massenvernichtungsmittel zu benutzen oder an deren Vorläufer zu gelangen."

      Neu ist hierbei die nahezu ausschließliche Konzentration auf militärische Mittel. Andere Möglichkeiten - insbesondere die Rüstungskontrolle - werden eindeutig als nachrangig erklärt. "Die USA wirft [mit der NSS] die Idee über Bord, dass multilaterale Regime und globale Abmachungen effektive Wege zu Abrüstung und Non-Proliferation sind."[8]

      Das Ende der Abschreckung

      Angeblich hätten die Anschläge des 11. September belegt, dass die traditionellen Ansätze, mit Massenvernichtungsmitteln, Terrororganisationen und Schurkenstaaten umzugehen - Abschreckung, Eindämmung und Rüstungskontrolle -, nach dem Kalten Krieg nicht mehr funktionierten. "Abschreckung, die allein auf einer Drohung mit Vergeltung basiert, funktioniert kaum gegen Führer von Schurkenstaaten, die eher bereit sind, Risiken einzugehen." (NSS, S. 15)

      Zusätzlich habe sich die Gefahr seit dem 11. September drastisch erhöht, da, wie Cheney betont, "alte Sicherheitsdoktrinen nicht mehr gelten. Eindämmung ist nicht möglich, wenn Diktatoren Massenvernichtungsmittel erwerben und bereit sind, diese mit Terroristen zu teilen, die beabsichtigen, den Vereinigten Staaten katastrophale Verluste zuzufügen."[9] Der Besitz, ja sogar der bloße Versuch, an Massenvernichtungsmittel zu gelangen, stelle inzwischen, so die US-Regierung, eine nicht mehr tolerierbare Gefahr dar, die zum militärischen Eingreifen berechtige. Allerdings liefert die US-Regierung keine plausiblen Belege hierfür. Im Gegenteil, alles deutet darauf hin, dass sich "Schurkenstaaten" sowohl von einem Angriff auf die USA oder ihre Verbündeten als auch vor einer Weitergabe von Massenvernichtungsmitteln an Terroristen abschrecken lassen. Ebenso ist eine konsequente Rüstungskontrolle - die von der US-Regierung bekanntlich abgelehnt wird - in der Lage, den Zugriff auf gefährliche Waffen zu verhindern. Trotzdem übernimmt die NSS diese Bedrohungsanalyse.

      "Vorbeugendes Handeln" - Krieg auf Verdacht

      Da es außerhalb militärischen Eingreifens keine Möglichkeiten gäbe, Diktatoren und Terroristen von Angriffen auf die USA abzuhalten, sieht sich die US-Regierung dazu befugt, in Zukunft vorbeugend zu handeln. Die NSS (S. 6) fordert deshalb, die "Gefahr zu beseitigen, bevor sie unsere Grenzen erreicht", indem die USA "nicht zögern werden, wenn notwendig auch allein, durch präemptives Handeln ihr Recht auf Selbstverteidigung auszuüben." Aufgrund der angeblich drohenden Gefahren nimmt die US-Regierung damit für sich das Recht in Anspruch, Angriffe ohne eine eindeutig nachweisbare oder unmittelbar bevorstehende Aggression - Kriege auf Verdacht - durchzuführen, was ein klarer Bruch des Völkerrechts darstellt.

      Laut der bis heute gültigen Caroline-Klausel von 1837 sind Präventivhandlungen völkerrechtlich nur zulässig, wenn "die Notwendigkeit der Selbstverteidigung unmittelbar gegeben und überwältigend ist und weder eine Wahl der Mittel noch eine Möglichkeit von Verhandlungen bleibt. [...] Ein Krieg, der bereits das Aufkommen einer Gefahr im Keim ersticken will, bleibt verboten. [...] Der präemptive Krieg ist de facto ein Angriffskrieg."[10]

      Nukleare Planspiele

      Zwar nicht explizit in der NSS erwähnt, aber doch nahe liegend ist das beängstigende Szenario, das sich aus einer Verbindung der Bush-Doktrin mit der Nuclear Posture Review (NPR) ergibt. Sie enthält die vom Pentagon erarbeiteten Grundlagen zur künftigen US-Nuklearpolitik. Denn laut NPR "könnten Nuklearwaffen gegen Ziele eingesetzt werden, die in der Lage sind, nicht-nuklearen Angriffen zu widerstehen".[11] Da Produktions- und Lagerstätten von Massenvernichtungsmitteln mit konventionellen Waffen teilweise nicht zerstörbar sind, scheint man gewillt zu sein, diese mittels Atomwaffen präemptiv zu vernichten.

      Angesichts dieser Pläne zur nuklearen Proliferationsbekämpfung kann die Einschätzung der britischen Labour-Abgeordneten Alice Mahon geteilt werden: "Die Wahnsinnigen haben im Weißen Haus die Kontrolle übernommen."[12]

      Bedauerlicherweise hat dieser Wahnsinn aber Methode. Er dient der Vorbereitung weiterer Kriege zur Festigung der US-Vorherrschaft, denn "selbst eine globale Pax Americana wird sich nicht von selbst aufrechterhalten."[13]

      Mit der NSS stellt sich die US-Regierung einen Blankoscheck aus, auf bloßen Verdacht und ohne schlagenden Beweis nahezu beliebig jedes Land angreifen zu können. Denn "eine Politik möglicher militärischer Präemption schlägt den letzten Nagel in den Sarg des Artikels 51 der UN-Charta, der Selbstverteidigung nur als Reaktion auf einen bewaffneten Angriff erlaubt".[14] Die derzeitige Irakpolitik Washingtons bestätigt diese Befürchtung.

      Vom Containment zur Pax Americana

      Damit haben sich die Vereinigten Staaten ein Legitimationskonstrukt zurechtgezimmert, das ihnen erlauben soll, überall dort, wo US-Interessen gefährdet sind, die Verhältnisse im eigenen Sinne zurechtzurücken. Herbert Kremp wies in der Welt darauf hin, dass Washington explizit auf eine Erweiterung seines Einflusses abzielt: "Die Bush-Doktrin wird sich in ihrer Entwicklung nicht auf die Beseitigung der terroristischen Untergrundmächte und ihrer Helfer beschränken. Ihre konsequente Verfolgung impliziert die Ausweitung in drei Richtungen:
      Kontrolle der vorder- und zentralasiatischen Transferstaaten vom Kaukasus bis zum Hindukusch;
      Verhinderung der islamistischen Machtergreifung in Saudi-Arabien;
      Konzentration des Interesses auf den Iran, Indien und China, wo neue Macht-Agglomerationen entstehen."[15]
      Thomas Donnelly, Mitglied des Project for the American Century, eines einflussreichen Sammelbeckens der Hardliner, beschreibt ebenfalls den richtungsweisenden Charakter der Bush-Doktrin: "Seit dem 11. September hat auch Präsident George W. Bush gelernt, dass es schwer ist, ein bescheidener Hegemon zu sein. [...] Die Bush-Doktrin ist deshalb ein Ausdruck der Entscheidung des Präsidenten, die Pax Americana im gesamten Mittleren Osten und darüber hinaus zu erhalten und auszuweiten."[16] Wie dies geschehen soll, verdeutlicht Kremp. Er bescheinigt der Bush-Doktrin: "Sie diktiert einen Verhaltenskodex am Rande der Unterwerfung."[17]

      Showdown in Prag

      Die USA scheinen gewillt zu sein, den Alliierten auf dem NATO-Gipfel am 21./22. November in Prag ein Ultimatum zu stellen. Wie es Präsident Bush bereits gegenüber der UNO vorexerziert hat, wird Washington die bedingungslose Übernahme der neuen US-Strategie - Präventivangriffe (unter Umständen auch atomarer Art) zur Verhinderung der Proliferation - fordern, eingeschlossen den sich hieraus angeblich legitimierenden Angriff auf den Irak. Andernfalls drohen sie mit einem Bedeutungsverlust der NATO, indem künftig primär auf Ad-hoc-Allianzen zurückgegriffen wird. Bereits im Januar sprach US-Senator Richard Lugar diese Drohung in einer mit Bush abgesprochenen Rede vor der NATO aus: "Falls die NATO nicht dabei hilft, die drängendste Sicherheitsbedrohung für unsere Länder anzugehen [...], wird sie aufhören, die wichtigste Allianz zu sein, die sie immer war, und zunehmend marginalisiert werden."[18]

      Dies entspricht der von Richard Haass, dem Leiter der politischen Planungsabteilung im US-Außenministerium, ausgegebenen Devise vom "Multilateralismus - la carte". Internationale Verträge und Organisationen werden nur dann beachtet bzw. unterstützt, wenn diese sich eindeutig den Vorgaben Washingtons unterordnen.

      Obwohl insbesondere von Frankreich und Deutschland die US-Politik noch kritisiert wird, deutet sich eine Übernahme oder zumindest Akzeptanz der Bush-Doktrin seitens der europäischen NATO-Staaten an. So gaben alle Regierungen an, den von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eingebrachten und von NATO-Generalsekretär George Robertson aufgegriffenen Vorschlag zur Bildung einer 20.000 Soldaten starken Anti-Terror-Eingreiftruppe, die im NATO-Rahmen ebenfalls präemptiv und "out of area" handeln soll, zu begrüßen und ernsthaft prüfen zu wollen.[19]

      Abgesang auf das Völkerrecht

      Es ist dringend erforderlich, dass die europäischen Staaten dieser extrem aggressiven Variante US-amerikanischer Hegemonialpolitik in Prag eine klare Absage erteilen. Mit einer Übernahme der US-Doktrin würden die europäischen Staaten ebenfalls das Völkerrecht brechen und - insbesondere Deutschland - mit der Unterstützung von Angriffskriegen einen eindeutigen Verfassungsbruch begehen.

      Konsequenterweise muss auch eine Übernahme der US-Nuklearstrategie im NATO-Rahmen abgelehnt und die nukleare Teilhabe, die auch Deutschland zum Mittäter präemptiver Atomschläge machen würde, aufgekündigt werden.

      Zudem hätte dies katastrophale Folgen für das Völkerrecht, das kein im klassischen Sinne bindendes Recht ist, sondern der Versuch, über gegenseitige Verpflichtungen, Verträge etc. ein Normen-, Regel- und Wertesystem zu schaffen, das dazu beiträgt, die Wahrscheinlichkeit von Kriegen zu reduzieren. Die Aufkündigung des seit 1648 geltenden staatlichen Souveränitätsrechtes durch die USA zeigt schon jetzt dramatische Folgen. So berief sich die russische Regierung mit ihren Angriffsdrohungen gegen Georgien explizit darauf, nur den US-amerikanischen Anti-Terror-Ansatz zu übernehmen.[20] Noch schlimmer könnte es kommen, wenn beispielsweise Indien sich die US-Argumentation zu eigen machen und Pakistan wegen seiner Unterstützung des Terrorismus angreifen würde.

      Die US-Hegemonialstrategie ist deshalb nicht nur aus moralischen Gründen auf schärfste zu verurteilen, sondern auch wegen ihres eskalierenden Charakters für die internationalen Beziehungen. Denn ein entscheidendes Charakteristikum der NSS ist, dass "die neue Grand Strategy internationaler Stabilität wenig Bedeutung beimisst".[21]

      * Jürgen Wagner ist Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (http://www.imi-online.de). Von ihm erschien vor kurzem im VSA-Verlag das Buch "Das ewige Imperium. Die US-Außenpolitik als Krisenfaktor"
      Avatar
      schrieb am 06.11.02 23:16:32
      Beitrag Nr. 58 ()
      Der Irak-Kongress im Spiegel der Presse
      Viel Aufmerksamkeit für Scott Ritter - aber auch viel Unverständnis

      Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über eine Reihe von Artikeln, die in der überregionalen Presse zum Irak-Kongress (1./2. November 2002 in Berlin) erschienen sind. Einen weiteren Bericht können Sie auf einer gesonderten Seite lesen: "Weg und Ziel"


      "Alternativen zu Embargo und Krieg", hieß die Überschrift zu einem etwas ausführlicheren Bericht in der Frankfurter Rundschau, verfasst von Rolf Paasch. Der Seitenhieb gegen die Friedensbewegung wegen ihrer angeblichen "Einseitigkeit" ist unverständlich, hatte doch u.a. die Generalsekretärin von amnesty international, Barbara Lochbihler, bei der Auftaktveranstaltung die zahllosen Menschenrechtsverletzungen des Irak-Regimes gebrandmarkt. Auch in anderen Reden (von Scott Ritter, von Jan Oberg, von Ulrich Gottstein) wurde immer wieder darauf aufmerksam gemacht. Allerdings: Die Kritik an den USA wegen des von ihnen vorbereiteten völkerrechtswidrigen Angriffskriegs überwog. Und das war auch gewollt und legitim. Dass Rolf Paasch am Ende des Artikels ausgerechnet vom irakischen Botschafter Kritik an seiner Regierung anmahnt, mutet schon etwas weltfremd an.

      ... Wohl selten haben Mitglieder der deutschen Friedensbewegung einem US-Elitesoldaten so applaudiert wie am Wochenende im Berliner Rathaus Schöneberg. Scott Ritter ist kein Pazifist, sondern ein Ex-Marine, der 1991 gegen Saddams Husseins Truppen kämpfte. Danach wurde er UN-Waffeninspektor und würde Irak auch wieder bombardieren, wenn sich das Regime weiteren UN-Inspektionen widersetzt. Aber bis dahin widerspricht Ritter allen Bestrebungen der Regierung von US-Präsident George W. Bush, die Auflagen zur nötigen Entwaffnung Iraks in ein Mandat für den "Regimewechsel" umzuwandeln.

      Damit wird Ritter zu einer Figur, dem selbst der Beifall von Mitgliedern der Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) oder des Kasseler Friedensratschlags sicher ist. ...

      Und noch eine Person mit der Autorität eines ehemaligen Amtes trat vor den rund 150 Friedensbewegten im Schöneberger Rathaus auf. Hans von Sponeck, ehemaliger UN-Koordinator für Irak, kann wie kein Zweiter über die Motive und Folgen der verfehlten Embargo-Politik gegen Irak berichten. Von Sponeck beschrieb den dramatischen Anstieg der Kindersterblichkeit und die rapide Verbreitung verschiedener Armutskrankheiten. Zuvor hatte die österreichische Ärztin Eva Maria Hobiger mit Dias von ihrer jüngsten Irak-Reise im Saal für Entsetzen gesorgt: Missgebildete und dahinsiechende Kinder als Folgen von US-amerikanischer Uran-Munition und UN-Embargo. Die Krebsspezialistin erzählte, dass die durchaus heilbare Kinder-Leukämie in Irak nicht behandelt werden könne, weil sich der US-Vertreter im UN-Sanktionsausschuss immer wieder mit dem Argument des "dual use" - einer kriegswirtschaftlichen Verwendung also - gegen die Einführung benötigter medizinischer Geräte sperrt.

      Von Sponeck sieht darin eine "Bestrafungsmentalität der US-Regierung". Der deutsche Ex-Diplomat ist ein Verteidiger des UN-Systems und baut weiter auf Dialog als Alternative zum Krieg. Direkte Gespräche zwischen den USA und Irak, Gespräche mit der Arabischen Liga, Gespräche zwischen Bagdad und den irakischen Kurden im Norden des Landes müssten die "eklatanten Einmischungen des Westens" ersetzen, empfahl er als Alternative.

      Es sei die "Beendigung des Dialogs, die uns den Krieg bringt", sagte auch Mudhafar A. Amin, seines Zeichens irakischer Botschafter in London. Fazit seiner allerdings einseitigen Klage über die Verfehlungen westlicher Politik: "Wir haben genug gelitten." Kein Wort über die Brutalität des von ihm vertretenen Regimes, nicht einmal ein vorsichtiger Hinweis auf die doppelte Dimension irakischen Leidens. Der Moderator Peter Strutynski vom Kasseler Friedensratschlag zog aus diesem Vortrag den Schluss, "wie richtig es war", den irakischen Botschafter einzuladen. Die nicht anwesenden Vertreter von Iraks Exil-Opposition aber hätten nach dem Beifall für den Vertreter Saddam Husseins wohl eher ihre Vermutung bestätigt gesehen, "dass die Kongress-Veranstalter den Irak-Konflikt auf die Frage des Embargos und des drohenden Kriegs reduzieren".

      Frankfurter Rundschau, 4. November 2002

      Die Süddeutsche Zeitung brachte bereits am 2. November in der Online-Ausgabe zwei Beiträge: Einen kurzen Bericht zum Kongress sowie ein Interview mit Scott Ritter. Aus letzterem zitieren wir ein paar Sentenzen. (Das Interview führte Simone Mir Haschemi):

      sueddeutsche.de: Warum kämpfen Sie als überzeugter Golfkriegs-Veteran so vehement gegen George W. Bushs Kriegspläne?

      Scott Ritter: Wir haben die Charta der UNO unterzeichnet, die sehr genau besagt, unter welchen Bedingungen Staaten Krieg führen sollen. Gründe wären etwa die Selbstverteidigung oder Situationen, in denen die internationale Sicherheit bedroht ist. Das ist im Moment nicht der Fall. Warum also sollten die USA einen Krieg führen?

      sueddeutsche.de: Was treibt Bush dann?

      Ritter: Der Irak-Krieg ist nicht dazu gedacht, die USA oder die internationale Sicherheit zu verteidigen. Der Irak ist die erste Schlacht in einem fortdauernden Krieg amerikanischer imperialistischer Aggression. Ich werde nicht für mein Land kämpfen, um amerikanischen Imperialismus zu verteidigen.
      ...
      sueddeutsche.de: Welche Alternativen gibt es, um Saddam Hussein loszuwerden?

      Ritter: Wenn Saddam Hussein ein Kriegsverbrecher ist und die Menschenrechte verletzt, müssen wir es beweisen und ihn auf internationaler Basis anklagen. Es gibt immer eine Alternative zum Krieg.

      sueddeutsche.de: 1996 stellten die UN-Waffeninspektoren fest, dass der Waffenbestand im Irak zu 90 bis 95 Prozent abgerüstet sei. Ist diese Zahl auch heute noch realistisch?

      Ritter: Über 90 bis 95 Prozent der Waffen konnte Bericht erstattet werden, über den Rest nicht. Aber das bedeutet nicht notwendigerweise, dass der Irak auch noch soviel besitzt. Die Inspekteure müssen in das Land gehen, um herauszufinden, was damit passiert ist.
      ...
      sueddeutsche.de: Warum sind die Inspektoren noch nicht im Irak?

      Ritter: Weil die USA die Inspekteure als Bedrohung für ihren Krieg gegen den Irak ansehen. Die USA wollen keine Inspekteure im Irak. Zumindest wollen sie sicher gehen, dass sie den Ausgang der Untersuchungen so manipulieren können, dass ihr militärischer Schlag gerechtfertigt wird.
      ...
      sueddeutsche.de: Sie haben gesehen, wie die Position der Bundesregierung von der amerikanischen Seite aufgenommen wurde.

      Ritter: Deutschland muss sich entscheiden, ob es ein souveräner Staat mit einer Flagge sein will, die Deutschland repräsentiert, oder ob es seine Flagge gegen die amerikanische tauschen will und sagen: „Wir sind eine amerikanische Kolonie“.

      sueddeutsche.de: Wann werden die Amerikaner zuschlagen?

      Ritter: Sobald wir Flugzeugträger-Kampfeinheiten im Persischen Golf haben, werden wir sie nicht als Ziele herumschwimmen lassen, sondern sie benutzen. Meiner Einschätzung nach wird das Mitte, Ende Dezember der Fall sein.

      Aus: Sueddeutsche-Online, 2. November 2002

      Die Berliner Lokalsausgabe der taz befasste sich am 2. November ausführlicher mit dem Kongress - und mit den Versuchen oppositioneller Gruppen, den Kongress als Propagandaveranstaltung des Saddam-Regimes hinzustellen. Dazu hatten sie mit Hilfe der "Gesellschaft für bedrohte Völker" am 1. November eine Pressekonferenz einberufen, über die in den Medien ähnlöich breit berichtet wurde wie über den Irak-Kongress. Die taz-Berlin (Autor: Peter Nowak) schrieb unter der Überschrift "Gegen die `Achse der Desinformationen`" u.a.:

      ... Ein Krieg im Irak: In Berlin findet dieser Konflikt schon an diesem Wochenende statt, gedanklich - und als Konkurrenz zweier Konferenzen, die gestern ihr Programm vorstellten.

      Im Gewerkschaftshaus war die Aussage klar: eine Warnung vor einem militärischen Angriff auf den Irak. "Es ist schon eine seltsame Kombination, die einen US-Offizier und einen UN-Beamten zusammenführt. Doch das ist der ernsten Lage geschuldet", sagte der ehemalige UN-Koordinator im Irak, Hans von Sponeck, der sich in dieser Frage mit dem früheren UN-Waffeninspekteur Scott Ritter verbunden sah.

      "Krieg ist eine viel zu ernste Angelegenheit, um ihn auf der Grundlage von Spekulationen zu beginnen", betonte Ritter. Er kenne keine überzeugenden Beweise, die belegen würden, dass der Irak nach dem Abzug der Inspekteure erneut mit dem Bau von biologischen, chemischen und nuklearen Waffen begonnen habe. Hans von Sponeck wurde noch deutlicher: "Es gibt in Sachen Irak eine Achse der Desinformationen, die mitten durch das US-amerikanische und das britische Außenministerium geht." So würden dort angebliche Produktionsstätten von Waffen aufgeführt, die er bei einem Irakbesuch vor einigen Monaten als völlig zerstörte Ruinen vorgefunden habe. Ritter und von Sponeck forderten Verhandlungen und die Rückkehr der Waffeninspekteure. Doch Ritter glaubt, dass die USA dem nicht zustimmen werden. "Der Bush-Administration geht es nicht um die Abrüstung, sondern um einen Regimewechsel im Irak."

      Das ist auch das erklärte Ziel der in der "Koalition für einen demokratischen Irak" zusammengeschlossenen Exilpolitiker, die zwei Stunden im Haus der Bundespressekonferenz ihre Sicht zum Irakkonflikt darlegten. Sowohl Latif Rashid von der Patriotischen Union Kurdistan als auch Safaa Mahmoud vom Islamischen Widerstand und Raid Fahin von der Kommunistischen Partei im Irak sprachen über die jahrelangen schweren Menschenrechtsverletzungen des irakischen Regimes. Auch hier der Tenor: Niemand will einen Krieg. Doch wenn er kommt, sei Saddam Hussein dafür verantwortlich. Mit dem Verweis auf Bosnien und das Kosovo zeigte zumindest Latif Rashid, dass er einer militärischen Zerschlagung des Hussein-Regimes nicht ablehnend gegenübersteht. ...

      Hans Branscheidt von Medico International und Tilman Zülch von der Gesellschaft für bedrohte Völker warfen sowohl der Bundesregierung als auch großen Teilen der Friedensbewegung Ignoranz gegenüber der irakischen Oppositionsbewegung vor. In diese Kritik ist auch der Internationale Irak-Kongress einbezogen, auf dem im Schöneberger Rathaus nach "Alternativen zu Embargo und Krieg" gesucht werden soll. Neben Scott Ritter und Hans von Sponeck werden daran auch Peter Strutynski vom Bundesausschuss des Friedensratschlags, der britische Labour-Abgeordnete George Galloway und der Friedensforscher Reinhard Mutz teilnehmen. Auch der irakische Botschafter in London, Mudhafar Amin, wird sich an der Debatte beteiligen. ...

      Auf einer Veranstaltung an der Technischen Universität positionierte sich die antideutsche Linke schon am Freitagabend unter dem plakativen Motto "Gegen das Bündnis von Friedensbewegung und Baath-Regime" gegen den Irak-Kongress. Als Referent tritt dort auch Thomas von Osten-Sacken auf. Er war es, der am Vormittag die Pressekonferenz der irakischen Oppositionellen moderierte.

      Aus: taz-Berlin, 2. November 2002

      Ebenfalls vom 2. November ist der Bericht der Berliner Zeitung, den wir gekürzt wiedergeben (Autor: Maxim Leo).

      ... Scott Ritter, ehemaliger Chef der UN-Waffeninspektoren im Irak, und Hans von Sponeck, früherer UN-Koordinator für humanitäre Hilfe im Irak, wurden am Freitag auf einer Pressekonferenz in Berlin sehr deutlich. Beide sprachen sich vehement gegen einen Militärschlag gegen den Irak aus. "Alles spricht für eine politische und nichts für eine militärische Lösung", sagte von Sponeck. Und Scott Ritter rief die Deutschen auf, sich "gegen Bush und seine Kriegspläne zu wehren".

      Ritter betonte, dass vom Irak keine Gefahr für die internationale Gemeinschaft ausgehe, wie die amerikanische Regierung behauptet. "Der Irak stellt kein Kriegsrisiko dar, weil er gar nicht über das Bedrohungspotenzial verfügt", sagte Ritter. Er erklärte, dass nie biologische Waffen im Irak gefunden wurden. Auch Kernwaffen könnten von Saddam Husseins Regime wenn überhaupt nur in kleinen Mengen produziert werden. "Ich bin auch besorgt, dass es dort Waffen gibt. Deshalb müssen die Waffeninspektoren auch umgehend ihr Arbeit wieder aufnehmen...."

      Ähnlich äußerte sich Hans von Sponeck, der zudem beklagte, dass die USA in ihrer Einschätzung der Gefährlichkeit von bestimmten Ländern unterschiedliche Standards ansetze. "Der Irak erlaubt Inspektionen und es gibt keine Beweise für die Produktion von Atomwaffen. Nordkorea hat zugegeben, Atomwaffen zu entwickeln und lässt keine Inspektoren rein. Wer ist denn nun gefährlicher und warum wollen die USA nicht Nordkorea angreifen", fragte von Sponeck.

      Der ehemalige Koordinator für humanitäre Hilfe warf den USA vor, systematisch ein Bild vom Irak zu schaffen, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun habe. So würde in Washington behauptet, dass El-Kaida-Kämpfer im Irak frei operieren. Richtig sei, dass sich lediglich etwa ein Dutzend El-Kaida-Kämpfer im kurdischen Teil Iraks aufhalten. "Dies zu einem institutionellen Beziehungsgeflecht zu stilisieren ist eine Manipulation", sagte von Sponeck.
      ...
      Aus: Berliner Zeitung, 2. November 2002

      Am 2. November erschien auch ein längerer Artikel in der jungen Welt zur Irak-Frage ("Psychokrieg um Irak"), in dem es u.a. auch um den Irak-Kongress ging:

      ... Ehemalige Mitarbeiter der UNO gehen in ihrer Kritik an der US-Regierung weiter. Am Freitag warfen sie den USA und Großbritannien vor, bewußt Falschinformationen weiterzugeben, um einen neuen Golfkrieg zu legitimieren. Die sogenannten Beweise dafür, daß Bagdad Massenvernichtungswaffen produziere, seien nicht stichhaltig und zweifelsfrei, sagte der Exkoordinator des humanitären Hilfsprogramms für Irak, Hans von Sponeck, in Berlin. In der Hauptstadt begann im Schöneberger Rathaus ein zweitägiger internationaler Irak-Kongreß, auf dem über Alternativen zu Krieg und Embargo beraten werden soll. Das Bild einer "immanenten Bedrohung durch Irak" sei eine "Fehldarstellung", betonte von Sponeck. Er habe erst im Juli zwei Anlagen im Irak besichtigt, in denen westlichen Geheimdiensten zufolge biologische Kampfstoffe produziert werden sollen. Bei der Besichtigung habe er mit eigenen Augen gesehen, daß beide Anlagen noch immer zerstört seien. Von Sponeck warf der US-Regierung "Psychokriegsführung" vor.

      Der ehemalige Chef einer UN-Waffeninspekteureinheit, Scott Ritter, bestätigte, es gebe bis heute keinen eindeutigen Beweis dafür, daß Irak den Bau biologischer, chemischer und nuklearer Waffen wieder aufgenommen habe. "Das sind alles unbewiesene Hypothesen, die um so gefährlicher sind, als sie von Washington als angeblich bewiesene Wahrheiten verbreitet werden." Er und seine Kollegen hätten bis 1996 zwischen 90 und 95 Prozent der irakischen Programme für Massenvernichtungswaffen zerstört, sagte der US-Amerikaner. Allein für das Atomwaffenprogramm müßte Bagdad mehrere Milliarden Dollar investieren, um auf den Stand von 1991 zurückzukehren. Das würde leicht entdeckt werden.

      Aus: junge Welt, 2. November 2002

      Das "Neue Deutschland" interviewte bereits im Vorgriff auf den Irak-Kongress Scott Ritter und veröffentlichte am 1. November nachfolgenden Artikel (Auszüge):

      Wenig Zeit, den Krieg zu stoppen

      ND sprach mit dem früheren leitenden UN-Waffeninspektor Scott Ritter

      Von Martin Schwarz, Wien

      ... Viel Zeit bleibt den Gegnern eines Angriffs auf Irak wohl nicht mehr, um einen Krieg zu verhindern: "Wir haben bis Ende November Zeit, um diesen Militärschlag zu stoppen. Danach sind die Vorbereitungen in der Golf-Region so weit gediehen, dass es kein Zurück mehr gibt", ist Scott Ritter, ehemaliger leitender UN-Waffeninspektor und nunmehr Kriegsgegner, im Gespräch mit ND überzeugt. Die Chancen, einen USA-Militärschlag gegen Irak und Saddam Husseins Regime zu verhindern, werden von Tag zu Tag kleiner, was nach Ritters Meinung nicht zuletzt an der untertänigen Haltung von Chef-Waffeninspektor Hans Blix liege. "Wenn er ständig nach Washington zu Vertretern der Bush-Regierung pilgert und dann in Pressekonferenzen fordert, eine neue UN-Resolution müsse den Irakis ›ernsthafte Konsequenzen‹ androhen, wenn sie nicht mit den Waffeninspektoren kooperieren, dann überschreitet er sein Mandat. Er ist UN-Diplomat und nicht Erfüllungsgehilfe amerikanischer Forderungen", sagt Ritter. Blix hätte nach den Wiener Verhandlungen über die Rückkehr der Inspektoren vor einem Monat eigentlich schon die Inspektionen beginnen können.

      Ähnliche Kritik kam am Mittwoch (30. Oktober, webmaster) aus Bagdad: Das Treffen von Hans Blix und dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohamed El Baradei, mit George W. Bush und Vizepräsident Richard Cheney lasse eine "unzulässige Einflussnahme" der USA auf die Vereinten Nationen befürchten. ...

      Im Gespräch mit ND sieht Ritter aber auch noch andere Gefahren, sollte sich die UN auf diese Weise von Washington politisch kastrieren lassen. "Das wäre ein Signal an die Vereinigten Staaten, dass sie mit ihrer neuen Doktrin präventiver Militärschläge fortfahren können. Internationales Recht wird beseitigt, die Welt hat sich dann für amerikanische Expansionspolitik entschieden", warnt Ritter. Dass die USA ohnehin nicht fanatisch eine Rückkehr der UN-Inspektoren möchten, ist unterdessen für ihn klar: "Es geht ihnen einzig und alleine um den Regimewechsel. Zeigen Sie mir mal die UN-Resolution, die einen aus dem Ausland gesteuerten Putsch erlauben würde!"

      Freilich: An Sanktionen gegen Saddam Husseins Regime im Falle einer Nicht-Kooperation soll auch nach Ritters Meinung nicht gerüttelt werden: "Wenn er nicht kooperiert, geht der Hammer eben runter. Es gibt schon eine UN-Resolution mit Strafandrohung, die muss reichen, um dieses Regime kooperativ zu machen." Schon alleine die Bedingungen, die den UN-Inspektoren auferlegt würden, zeugen davon, dass die USA die Inspektoren auch als Spionage-Einheit nutzen möchten. So sollen die USA den Inspektoren Empfehlungen geben dürfen, welche Objekte inspiziert werden sollten. Eine Regelung, die sogar nach dem Geschmack Hans Blix` zu weit führt, weil dies den Verdacht der Spionage nähre. Und Blix muss es wissen: Die bis 1998 in Irak tätige UNSCOM hat sich als Schlapphut-Regiment teilweise missbrauchen lassen. "Die Informationen, die damals gesammelt wurden, gingen an die USA, und als die Ende 1998 Irak mit Raketen angriffen, wurden die UN-Informationen zur Zielauswahl benutzt", erinnert sich Ritter.

      Europa allerdings habe nun eine einmalige Chance, sich zu emanzipieren und "die amerikanischen Freunde darauf aufmerksam zu machen, dass sie auf dem falschen Weg sind. Im Weißen Haus sitzt ein Präsident, der betrunken vor Macht ist und vor Arroganz", meint Ritter. Eine ähnliche Emanzipation ohne platten Anti-Amerikanismus fordert Hans von Sponeck, früher in Irak für das UN-Programm "Öl für Nahrungsmittel" verantwortlich: "Ich wünschte mir, dass es eine gemeinsame Erklärung der EU und der Arabischen Liga zu Irak gibt und damit die USA auf den richtigen Weg geleitet werden." Ritter denkt im Falle eines USA-Angriffs auf Irak an weit drastischere Schritte: "Wenn die USA alleine losschlagen, muss Schröder deren Truppen in Deutschland zum Abzug zwingen und die Militärbasen schließen. Deutschland ist ein souveränes Land, es hat das Recht dazu."

      Neues Deutschland 01. November 2002
      Avatar
      schrieb am 07.11.02 13:02:53
      Beitrag Nr. 59 ()
      Bush plante einen "Regimewechsel" im Irak schon vor zwei Jahren / Bush planned Iraq "Regime Change" before becoming President
      Sunday Herald enthüllt geheime Planungsstudie aus der Denkfabrik "Project for the New American Century" (PNAC) / The "Sunday Herald" uncovered a secret blueprint from the think-tank "Project for the New American Century" (PNAC)

      Die in Schottland erscheinende Zeitung Sunday Herald befasste sich am 15. September 2002 mit einer bislang nicht bekannt gewordenen Studie aus dem Umkreis des Wahlkampfteams des Präsidentenanwärters George W. Bush Jun. Darin wurde schon im Herbst 2000 die Entmachtung des irakischen Staatschefs Saddam Hussein gefordert. Wir dokumentieren die wesentlichen Passagen des Artikels (Autor: Neil Mackay) in einer deutschen Übersetzung, die Hermann Kopp für uns besorgte, sowie im englischen Original.


      [Sunday Herald - 15. September 2002]: ... Der vom Sunday Herald aufgedeckte Plan für die Schaffung einer "globalen Pax Americana" wurde entwickelt im Auftrag von Dick Cheney (dem jetzigen Vizepräsidenten), Donald Rumsfeld (Verteidigungsminister), Paul Wolfowitz (Rumsfelds Stellvertreter), George W. Bushs jüngerem Bruder Jeb und Lewis Libby (Cheneys Stabschef). Das Dokument, das den Titel trägt: "Rebuilding America`s Defenses: Strategies, Forces And Resources For A New Century" [Amerikas Verteidigungsmittel umgestalten: Strategien, Kräfte und Ressourcen für ein neues Jahrhundert] wurde im September 2000 von der neokonservativen Denkfabrik Project for the New American Century (PNAC) verfasst. Es beweist, dass Bushs Kabinett, ob mit oder ohne Saddam Hussein an der Macht, die Golfregion unter amerikanische Kontrolle zu stellen beabsichtigte: "Die Vereinigten Staaten haben seit Jahrzehnten versucht, eine dauerhaftere Rolle in der Sicherheitsarchitektur am Golf zu spielen. Der ungelöste Konflikt mit dem Irak liefert zwar die unmittelbare Begründung dafür, die Präsenz einer substantiellen amerikanischen Streitmacht am Golf aber ist ganz unabhängig von der Frage des Saddam-Hussein-Regimes nötig." Das PNAC-Dokument entwirft einen Plan, "wie die globale US-Vorherrschaft aufrecht erhalten, dem Aufstieg einer rivalisierenden Großmacht vorgebeugt und die internationale Sicherheitsordnung gemäß amerikanischen Prinzipien und Interessen gestaltet werden kann".

      Diese "amerikanische Großstrategie" müsse "soweit wie nur möglich in die Zukunft" projiziert werden, heißt es in dem Papier. Es sieht eine "Kernaufgabe" der USA darin, "zahlreiche größere Kriege gleichzeitig durchkämpfen und für sich entscheiden" zu können.

      Die Studie versteht die amerikanischen Streitkräfte im Ausland als "die Kavallerie im neuen amerikanischen Grenzland". Sie unterstützt ein früheres, von Wolfowitz und Libby verfasstes Dokument [gemeint ist offenbar das Defense Planning Guidance vom Februar 1992 - vgl. dazu Marxistische Blätter 6-01, S. 16], wonach die USA "hochentwickelte Industriestaaten davon abzuhalten (hätten), unsere Führung in Frage zu stellen oder auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen".

      Das PNAC-Gutachten
      sieht in solchen engsten Verbündeten wie dem Vereinigten Königreich "das effektivste und effizienteste Mittel, die globale Führung Amerikas auszuüben";
      meint, dass für friedenserhaltende Maßnahmen "eher die politische Führung der USA als die der Vereinten Nationen erforderlich" sei;
      bringt Besorgnisse in der US-Administration über eine mögliche Rivalität Europas an den Tag;
      sagt, dass "selbst dann, wenn Saddam von der politischen Bühne verschwinden würde", die Stützpunkte in Saudi-Arabien und Kuwait auf Dauer bleiben müssen - trotz interner Opposition in den Golf-Regimen gegen die Stationierung von US-Truppen -, da "sich der Iran wohl als eine ebenso große Gefahr für die US-Interessen erweisen dürfte, wie dies beim Irak der Fall war";
      orientiert auf einen "Regimewechsel" in China und betont, "es ist an der Zeit, die Präsenz amerikanischer Streitkräfte in Südostasien zu verstärken". Dies sollte dazu führen, dass "durch die Macht Amerikas und seiner Verbündeten der Demokratisierungsprozess in China vorangetrieben wird";
      fordert die Schaffung von "US-Weltraumstreitkräften", um den Weltraum zu beherrschen, und die vollständige Kontrolle des Cyberspace, um "Feinde" daran zu hindern, das Internet gegen die USA zu benutzen;
      deutet an, dass die USA, obwohl sie dem Irak wegen der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen mit Krieg drohen, die Entwicklung von biologischen Waffen - die die Nation verboten hat - über Jahrzehnte hinaus in Betracht ziehen: "Neue Angriffsmethoden - elektronische, `nicht-letale`, biologische - werden noch breiter verfügbar sein ... der Kampf wird in neuen Dimensionen stattfinden, im Weltraum, im Cyberspace, und vielleicht in der Welt der Mikroben ... fortgeschrittene Formen biologischer Kriegführung, die auf spezifische Genotypen `zielen`, könnten die biologische Kriegführung aus der Welt des Terrors holen und zu einem politisch nützlichen Instrument machen";
      und brandmarkt Nord-Korea, Libyen, Syrien und den Iran als gefährliche Regime und sagt, deren Existenz rechtfertige die Schaffung eines "weltweiten Kommando- und Kontrollsystems".
      Tam Dalyell, Labour-Abgeordneter, rangältestes Mitglied des Unterhauses und einer der führenden Rebellen gegen einen Irakkrieg, meinte:
      "Das ist der Schund aus rechten Denkfabriken, in denen Falken mit Spatzenhirnen hocken - Leute, die nie die Schrecken des Krieges erlebt haben, aber verliebt sind in die Idee des Kriegs. Leute wie Cheney, die sich während des Vietnamkriegs vor dem Wehrdienst drückten.
      Das ist ein Plan für die Weltherrschaft der USA - für eine neue Weltordnung nach ihrem Gusto. Diese sind die Gedankengänge amerikanische Phantasten, die die Welt kontrollieren wollen. Ich bin entsetzt, dass ein britischer Labour-Premier mit einer Bande von solcherart moralischer Statur ins Bett steigt."

      Übersetzung: Hermann Kopp
      Avatar
      schrieb am 07.11.02 13:05:41
      Beitrag Nr. 60 ()
      Krieg der USA gegen den Irak rückt näher
      26. 07. 2002 (Quelle: World Socialist Web Site von Patrick Martin)


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      Der Besuch des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz in der Türkei letzte Woche war ein weiterer Schritt in Richtung einer großangelegten amerikanischen Militäraktion gegen den Irak. Wolfowitz ist derjenige Politiker in der Bush-Regierung, der am engsten mit den Kriegsplänen gegen das ölreiche Land am Persischen Golf identifiziert wird. Ziel seines Besuches waren Gespräche auf höchster Ebene mit Vertretern des Regimes, dessen Unterstützung für seinen solchen Angriff am wichtigsten ist.
      Ein amerikanischer Krieg gegen den Irak wäre eines der großen Verbrechen in der Geschichte des US-Imperialismus, vergleichbar nur mit den blutigen Gemetzeln in Korea und Vietnam. Interne Studien des Pentagon haben bereits Zehntausende ziviler Opfer im Falle einer US-Invasion prognostiziert. Sollte es zu Kämpfen in den Straßen von Bagdad kommen - oder die Bush-Regierung ihre Drohungen von Anfang des Jahres wahrmachen und taktische oder strategische Atomwaffen einsetzen - würde die Zahl der Toten enorm ansteigen.

      Trotz aller Behauptungen, wonach das Ziel eines solchen Krieges darin bestünde, Saddam Hussein zu stürzen und Demokratie einzuführen, geht es der Bush-Regierung - die selbst das Produkt eines Staatsstreichs bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000 ist - zuallerletzt um ein solches Ziel. Ihr geht es vielmehr um die Kontrolle über die riesigen Ölreserven des Irak und die uneingeschränkte Herrschaft in den beiden wichtigsten Ölregionen der Welt, dem Persischen Golf und Zentralasien.

      Die wirklichen Ziele Washingtons wurden in einem Artikel der Times of London vom 11. Juli ausgesprochen, der die Überschrift trug: "Westen sieht in gigantischen Ölfeldern reiche Beute winken". "Die Absetzung von Präsident Saddam Hussein würde die reichen neuen Ölfelder des Irak westlichen Bietern öffnen und die Abhängigkeit von saudischem Öl verringern", schrieb die Zeitung. "Kein anderes Land hat solche unerschlossenen Ölreserven anzubieten..."

      Iraks nachgewiesene Reserven von 112 Milliarden Barrel werden nur von Saudi-Arabiens 256 Milliarden Barrel übertroffen. Der Ölreichtum könnte sogar noch größer sein. Noch nicht nachgewiesene Reserven könnten sich auf bis zu 220 Milliarden belaufen - besonders in den drei großen Ölfeldern im Südirak - Majnoon, West Qurna und Nahr Umar - jedes so groß wie die gesamten Ölreserven von Kuwait. Wie ein Wirtschaftsexperte der britischen Zeitung sagte: "So etwas gibt es sonst nirgends auf der Welt. Es ist der große Preis."

      Es gibt noch ein zweites, ebenfalls mächtiges Motiv hinter dem Kriegskurs der USA gegen Irak. Von Teilen der herrschenden Elite wird ein solcher Krieg es zunehmend als einziger Ausweg aus der zunehmenden finanziellen und sozialen Krise in den Vereinigten Staaten selbst gesehen. Während Berichte in den amerikanischen Medien hinsichtlich des Zeitpunkts eines Kriegsbeginns beschwichtigen und verbreiten, vor diesem Winter oder Anfang 2003 sei keine Aktion wahrscheinlich, könnte die schwindende Unterstützung für die Bush-Regierung zu einem Angriff noch vor den Kongress-Wahlen im November führen.

      In einer Situation, wo der Aktienmarkt abstürzt und Berichte über kriminelle Machenschaften in den Konzernspitzen nicht abreißen, in die Bush und sein Vize Cheney ebenso wie andere Mitglieder der Regierung in einigen Fällen persönlich verwickelt sind, könnte das Weiße Haus sehr wohl zu dem Schluss kommen, die einzige Alternative zu einem Wahldebakel der republikanischen Partei sei ein militärisches Abenteuer. Das könnte ebenso eine massive Bombardierung des Irak sein wie ein Überfall auf Bagdad, bei dem Saddam Hussein getötet und sein Regime enthauptet werden soll, bis hin zu einer großangelegten Invasion.

      Die israelische Zeitung Haaretz berichtete unter Berufung auf hochrangige Quellen in der französischen Regierung, dass ein Angriff auf den Irak bereits im August stattfinden könnte. Berichte in den amerikanischen Medien, wonach die Verlegung von US-Truppen und die Zustimmung der Regierungen in der Region nur langsam vonstatten gehe, seien demnach "Desinformation, mit der taktische Überraschungsmomente hinsichtlich Zeitpunkt, Ort und Art des Angriffs gewonnen werden sollen", schriebt die Zeitung. "Paris wäre nicht überrascht, wenn der Schlag Mitte August käme, während Bush auf seiner Ranch in Texas Urlaub macht, und zwar in Form von Operationen von Spezialeinheiten mit Unterstützung der CIA und gezielten Luftangriffen."

      Kriegspläne der USA

      Laut Berichten aus dem Pentagon, die den amerikanischen Medien zugespielt worden sind, ist die Militärführung der Auffassung, dass ein Krieg gegen den Irak erfolgreich von der Türkei und den kleinen Golfstaaten Kuwait, Katar und Bahrain aus geführt werden könnte. Auf das Netzwerk von Stützpunkten in Saudi-Arabien, das während des Golfkrieges von 1990-91 aufgebaut wurde, bräuchte dann nicht zurückgegriffen werden.

      Die drei kleinen Golfscheichtümer sind zu kaum mehr als Außenbezirken der amerikanischen militärischen Infrastruktur in der Region geworden. Letzten Monat hat Verteidigungsminister Donald Rumsfeld diese drei Staaten besucht. Dass er Saudi-Arabien dabei ausgelassen hat, ist den Regimes der Region nicht entgangen.

      In Kuwait befindet sich Camp Doha, eine amerikanische Militärbasis, die nur etwa 56 km von der irakischen Grenze entfernt liegt und die Operationszentrale des Zentralkommandos der amerikanischen Streitkräfte ist. Hier sind etwa 2.000 Soldaten stationiert, ausgerüstet mit Abrams-Panzern, Kampffahrzeugen vom Typ Bradley und Luftabwehrraketen vom Typ Patriot. Sie sind Bestandteil eines 8.000 Mann starken Kontingents von Armee, Luftwaffe und Marine, deren Stärke und Kampfkraft die Streitkräfte des Emirs von Kuwait erblassen lässt.

      In Katar ist der Luftwaffenstützpunkt Al Udeid, eine große Anlage, wo bereits Tausende amerikanische Luftwaffensoldaten stationiert sind, die für F-16 Kampfjets, JSTAR-Aufklärungsflugzeuge und Tankflugzeuge der Typen KC-10 und KC-135 verantwortlich sind. Al Udeid ist die Kommandozentrale für Luftoperationen der USA in der Region. Es würde den Luftwaffenstützpunkt Prinz Sultan in Saudi-Arabien ersetzen, der diese Funktion im Krieg von 1991 spielte, aber jetzt vom saudischen Königshaus Restriktionen auferlegt bekommen hat.

      Das Scheichtum Bahrain ist die wichtigste Marinebasis der USA im Persischen Golf. 4.225 Matrosen und Kampfeinheiten der Marines sind dort stationiert. Letzten Dezember, nach dem Sturz der Taliban und Abschluss der ersten Phase der Militäroperationen in Afghanistan wurde das Kommando der amerikanischen Marine der Region dorthin verlegt.

      Ein mögliches militärisches Szenario für einen Krieg gegen den Irak, das in der New York Times zugespielten Dokumenten beschrieben und am 5. Juli veröffentlicht wurde, geht von einem Angriff von drei Seiten aus: vom Persischen Golf im Süden, von Jordanien im Westen und von der Türkei im Norden.

      Eine Einbeziehung Jordaniens würde einen scharfen Schwenk gegenüber 1991 bedeuten. Das Pentagon hat derzeit mehrere Bauprojekte von höchster Priorität in Jordanien laufen, darunter die Verlängerung von zwei Start- und Landebahnen für größere Flugzeuge auf jordanischen Flughäfen. Letzten Monat besuchte General Tommy Franks, der Kommandeur des CentCom [Zentralkommando] Jordanien und führte Gespräche mit König Abdullah und dessen führenden Militärs.

      Bestechungsgelder für die Türkei

      Der Besuch von Wolfowitz in der Türkei zielte darauf, die Unterstützung des Landes für einen US-Krieg gegen den Irak sicherzustellen, das die wichtigste Operationsbasis für einen solchen Krieg sein wird. Der amerikanische Luftwaffenstützpunkt in Incirlik ist der Schlüssel für Luftoperationen in der Nordhälfte des Landes, und türkische Häfen und Transportwege über Land wären notwendig, um in der ölreichen Region um Kirkuk Bodenoperationen durchführen zu können.

      Zwar behielten türkische Regierungsvertreter, darunter Premierminister Bülent Ecevit, ihre Pose der Opposition gegenüber einem unilateralen amerikanischen Angriff auf den Irak bei. Ihr wirkliches Ziel bestand jedoch darin, in Washington den höchstmöglichen Preis für ihre Zusammenarbeit auszuhandeln, sowohl finanziell als auch bei den Vereinbarungen über einen Nachkriegsirak.

      Dem türkischen Staat ist vor allem daran gelegen, dass kein unabhängiger kurdischer Staat im Nordirak entsteht. Er fürchtet, dass dieser einen Anziehungspunkt für die große und brutal unterdrückte kurdische Minderheit in der Südosttürkei darstellen könnte. Wolfowitz ging auf diese Frage bereits wenige Stunden nach seiner Ankunft ein und erklärte in einer Rede in Istanbul, dass die US-Regierung jeden unabhängigen Kurdenstaat ablehne.

      Einem Bericht zufolge drängten türkische Regierungsvertreter Wolfowitz zu sagen, dass nach einem US-Krieg gegen den Irak die Kurden nicht die Kontrolle über Mossul und Kirkuk erhalten würden, die beiden Zentren der Ölproduktion im Nordirak. Die Kontrolle dieser Ölfelder würde eine mächtige ökonomische Grundlage für einen kurdischen Staat bilden - oder einen lukrativen Preis für die Türkei, die sie als Belohnung für ihre Unterstützung oder Beteiligung am Krieg erhalten könnte.

      Ankara hat noch weitergehende Ansprüche. Wie die New York Times am 18. Juli in ihrem Bericht über den Besuch von Wolfowitz bemerkte: "Die Türkei will, das die USA ihr 4 Mrd. Dollar Schulden erlässt, Regierungsvertreter betonten aber heute, dass sie keinen Preis für die Unterstützung einer militärischen Operation zum Sturz von Iraks Saddam Hussein nennen würden."

      Außer im Fall der Türkei gibt sich die Bush-Regierung keine Mühe, den Eindruck zu erwecken, sie konsultiere die diversen Könige und Scheichs, die in der Region als ihre Büttel fungieren. Wie die Times in ihrem Bericht über das jüngste Szenario des Pentagon schrieb: "Keines der Länder, die in dem Dokument als mögliche Operationsbasis genannt sind, ist formell über eine solche Rolle konsultiert worden..."

      Die Times behauptete, dass dies "den vorläufigen Charakter der Planungen deutlich macht". Korrekter wäre es zu sagen, dass es die Gleichgültigkeit der Bush-Regierung gegenüber der nationalen Souveränität und den Rechten der Bevölkerung der Region deutlich macht.

      In den Kriegsplänen der USA spielt nur ein Verbündeter eine bedeutende Rolle: Großbritannien, der frühere Kolonialherr am Persischen Golf. Presseberichte aus London vom 19. Juli erklärten, dass Premierminister Tony Blair die Einberufung von Reservisten vorbereitet und eine Panzereinheit von Manövern zurückbeordert hat, um sie notfalls schnell in die Region verlegen zu können. Britische Schiffe und Kampfflugzeuge operieren von Basen in Oman, Bahrain und der Türkei.

      Regierungsvertreter der USA sind zu dem Schluss gekommen, dass es nicht einmal den Anschein einer irakischen Beteiligung an dem Angriff geben kann, vergleichbar mit der Nordallianz in Afghanistan. Die verschiedenen Fraktionen der irakischen bürgerlichen Opposition haben weder Unterstützung in der Bevölkerung noch Militäreinheiten in nennenswertem Umfang zu ihrer Verfügung. Vor seinem Besuch in der Türkei traf sich Wolfowitz mit Repräsentanten des Irakischen Nationalkongresses (INC), dem wichtigsten Dachverband von Oppositionsgruppen. Was er dort hörte, war laut der New York Times vom 5. Juli ein "schonungsloser Bericht" über den "chaotischen Zustand der Oppositionskräfte im Irak".

      Die Bush-Regierung sucht nur noch nach einem passenden Vorwand für den Krieg, sei es ein Zusammenbruch der Gespräche über die Wiedereinreise von Waffeninspekteuren der UNO oder ein inszenierter Zwischenfall mit amerikanischen und britischen Flugzeugen, die ständig die von den USA ausgerufenen "Flugverbotszonen" im Norden und Süden Iraks patrouillieren. Die Häufigkeit der Bombenangriffe, angeblich als Reaktion auf irakisches Luftabwehrfeuer, hat in letzter Zeit zugenommen. Während in den ersten fünf Monaten 2002 nur zwei größere Angriffe stattfanden, am 28. Februar und am 19. April, hat es seit Mitte Juni schon sechs Bombardierungen gegeben.
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      schrieb am 09.11.02 12:39:19
      Beitrag Nr. 61 ()
      "... entscheidet, dem Irak eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung seiner Abrüstungspflichten zu gewähren"
      UN-Sicherheitsrat verabschiedet einstimmig Resolution - "ernste Konsequenzen" angedroht

      Am 8. November 2002 haben es US-Präsident Bush und der britische Premierminister Blair endlich geschafft: Ihr scharfe Irak-Resolution wurde nach einem langen Tauziehen im UN-Sicherheitsrat einstimmig verabschiedet. Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats sind China, Frankreich, die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten. 2002 sind folgende zehn Länder als nichtständige Mitglieder im Sicherheitsrat vertreten: Bulgarien, Guinea, Irland, Kamerun, Kolumbien, Mauritius, Mexiko, Norwegen, Singapur und Syrien. Alle segneten sie die Entschließung ab.

      Irak hat nun sieben Tage Zeit, dieser letzten Aufforderung zur Kooperation mit den Waffeninspekteuren nachzukommen, d.h. die Resolution zu akzeptieren. Danach läuft eine Frist von 30 Tagen, innerhalb deren Bagdad eine vollständige Aufstellung der vorhandenen Waffen und Waffenprogramme vorlegen muss. Diese Liste muss wahrheitsgetreu sein.

      In einer ersten Reaktion äußerten sich Präsident Bush und UN-Generalsekretär Kofi Annan zufrieden mit dem Ergebnis der Sitzung. Bush warnte den Irak, dass dies seine letzte Chance sei. Hussein müsse jetzt sein Waffenarsenal offen legen und zerstören. Der UNO-Botschafter der USA, John Negroponte, stieß ins gleiche Horn, wenn er meinte, "die Weltgemeinschaft verlangt vom Irak, seine Massenvernichtungswaffen zu zerstören". Kofi Annan wird mit den Worten zitiert, dass die "Resolution den Frieden stärkt und dem Streben nach Sicherheit in einer zunehmend unsicheren Welt neuen Schwung gibt".

      Eine Sprecherin der für die Waffeninspektionen zuständigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sagte laut Spiegel-Online in Wien, es sei geplant, die ersten Inspektoren in zehn Tagen nach Irak zu entsenden. "Wir sind dazu mehr denn je bereit", sagte Melissa Fleming. "Wir sind zufrieden, dass wir eine Resolution haben, die uns erlauben wird, unsere Arbeit zu tun", sagte Fleming kurz nach der Abstimmung. Bei Licht besehen, hätten indessen schon längst Inspekteure in Bagdad sein können, nachdem der Irak bereits im September angeboten hatte, bedingungslose Inpektionen zuzulassen. Dazu kam es nicht, weil die USA auf den Chef der Waffeninspektionen, Hans Blix, sowie auf die Mitglieder des Sicherheitsrats Druck ausgeübt hat, die Inspektionen mit einer "harten" Resolution in den Irak zu schicken.

      Die Resolution lässt - vorbehaltlich einer Prüfung des gesamten Textes, der im Moment noch nicht vorliegt - genügend Spielraum zur Interpretation. Wann sind die Angaben Bagdads "vollständig" oder "genau" oder "aktuell"? Wer stellt fest, ob Angaben "falsch" sind oder ob es sich um "Auslassungen" handelt? (Beides wird als "schwer wiegender Verstoß" gewertet.) Was ist unter "jeglicher" Behinderung zu verstehen?

      Immerhin: Ein Automatismus zum Krieg ist in die Resolution nicht eingebaut worden. Dagegen hatten sich insbesondere Frankreich und Russland zur Wehr gesetzt. Beide wollen zweifellos keinen Krieg. Ihre Überlegung war wohl: Lassen wir eine Resolution an unserem Veto scheitern, dann werden die USA den Krieg mit dem Vorwand beginnen, der UN-Sicherheitsrat sei handlungsunfähig und käme seinen Verpflichtungen nicht nach - so hatte es Bush in seiner Rede vor der Generalversammlung am 12. September unmissverständlich zu Protokoll gegeben. Also haben Frankreich und Russland eine Resolution akzeptiert, nachdem im Gegenzug die USA den Text etwas "entschärft" hatten, insbesondere durch den Verzicht auf den Zwangsautomatismus.

      Nun sind alle zufrieden? Wir können es nicht sein. Sollte es Probleme bei den Waffeninspektionen geben, muss der UN-Sicherheitsrat zusammentreten, um die Situation zu bewerten. Zu befürchten ist, dass die US-Administration ihre eigene Bewertung vornehmen wird. Das würde dann Krieg bedeuten - ein Krieg, auf den sich die USA und Großbritannien schon seit Monaten vorbereiten.
      Peter Strutynski

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      Die UN-Resolution gegen Irak
      Im Folgenden dokumentieren wir wesentliche Auszüge aus der von den USA und Großbritannien eingebrachten Resolution, die der UN-Sicherheitsrat am Freitag, den 8. November 2002, um 10 Uhr (Ortszeit) einstimmig verabschiedete (in einer vorläufigen dpa-Übersetzung).

      Der Sicherheitsrat

      - stellt fest, dass der Irak schwerwiegende Verstöße gegen seine Verpflichtungen begangen hat und weiter begeht, die in relevanten Resolutionen festgeschrieben sind, unter anderem in Resolution 687 (von 1991), und insbesondere wegen seiner Verweigerung seiner Kooperation mit Inspekteuren der Vereinten Nationen und der IAEA (Internationalen Atomenergie-Agentur) (...)

      - entscheidet, dem Irak eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung seiner Abrüstungspflichten zu gewähren (...) und dafür ein verstärktes Inspektionsregime mit dem Ziel der vollständigen und verifizierten Beendigung des Abrüstungsprozesses einzusetzen (...)

      - entscheidet, dass (...) die Regierung des Irak dem Sicherheitsrat spätestens 30 Tage nach dieser Resolution eine aktuelle, genaue und vollständige Aufstellung (seiner Waffenprogramme) vorlegt (...)

      - entscheidet, dass falsche Angaben oder Auslassungen (...) einen weiteren «schwer wiegenden Verstoß» gegen Iraks Pflichten darstellen würden und dass dies dem Sicherheitsrat zur Bewertung berichtet wird

      - entscheidet, dass der Irak den (Waffeninspekteuren) (...) sofortigen, ungehinderten, bedingungslosen und unbeschränkten Zugang (...) gewährt. (...) weist die UNMOVIC an und bittet die IAEA, die Inspektionen nicht später als 45 Tagen nach der Annahme dieser Resolution wieder aufzunehmen und nach weiteren 60 Tagen den Sicherheitsrat über den neuesten Stand zu informieren.

      - weist den Exekutivdirektor von UNMOVIC und den Generalsdirektor der IAEA an, jegliche Behinderung der Inspektionen durch den Irak oder mangelnde Befolgung der Abrüstungsauflagen sofort an den Sicherheitsrat zu melden (...)

      - entscheidet, bei Erhalt einer solchen Meldung sofort zusammenzukommen und die Situation und die Notwendigkeit uneingeschränkter Erfüllung der entscheidenden Resolutionen zu überprüfen, um den internationalen Frieden und die Sicherheit zu gewährleisten

      - ruft in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass der Sicherheitsrat den Irak wiederholt gewarnt hat, dass er im Ergebnis seiner fortgesetzten Verletzungen dieser Pflichten mit ernsten Konsequenzen zu rechnen hat.

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      schrieb am 10.11.02 12:23:32
      Beitrag Nr. 62 ()
      Irak-Einsatzplan

      Blitzkrieg gegen Saddam

      Uno-Diplomaten sprachen noch von Frieden, George Bush dachte an 1600-Kilo-Bomben: Der US-Präsident soll schon letzte Woche nach Pentagon-Vorgaben detaillierte Pläne für den Irak-Krieg abgenickt haben. Die US-Streitmacht wird doppelt so groß sein wie ursprünglich geplant, Bagdad soll blitzartig erobert werden.


      AP

      Droh-Diplomat Bush und General Franks: Möglichst früher Einsatz von Elite-Truppen an strategischen Zielen


      Washington/New York - 200.000 bis 250.000 Mann sollen an Land-, See- und Luftstreitkräften vorsehen sein, der Krieg werde mit Luftangriffen durch B-1 und B-2-Bomber gegen Paläste, Armeebasen und Luftabwehr beginnen. Bald darauf sollten Militärstützpunkte im Norden, Westen und Süden Iraks eingenommen werden, von denen aus die weitere Offensive vorangetrieben werden könne. Das berichtet die "New York Times" am Wochenende. Im Militärjargon sei von einem "rollenden Start" der Invasion die Rede. "Ich glaube nicht, dass alles auf einen Schlag passiert", wird ein Militärvertreter zitiert.

      Der US-Präsident habe diese Pläne Ende der vergangenen Woche gebilligt, noch bevor der Uno-Sicherheitsrat seine neue Irak-Resolution verabschiedet, schreibt die "Times". Regierungsbeamte im Weißen Haus lehnten es ab, zu dem Bericht offiziell Stellung zu nehmen. Auch Reuters schreibt indes unter Berufung auf Regierungskreise, der Angriffsplan sei Ende vergangener Woche von Bush angenommen worden.

      Frühzeitig Elite-Truppen losschicken

      Aus dem Pentagon verlautete der Agentur AP zufolge, dass die ursprüngliche Planung eine Streitmacht von 100.000 Mann oder weniger vorgesehen habe. Der für den Mittleren Osten zuständige General Tommy Franks habe sich dann aber mit Überlegungen für eine weit größere Truppe durchgesetzt. Franks habe argumentiert, eine geringere Anzahl von Soldaten sei nicht im Stande sei, das Land einzunehmen und zu kontrollieren.

      Auf dem Stützpunkt Hampton Roads im US-Staat Virginia werden bereits Schlepper, Gabelstapler und ähnliches Gerät in ein gigantisches Frachtschiff geladen. Die Maschinen sind für Häfen an der Golfküste bestimmt und sollen dort das Entladen von Panzern und Munition beschleunigen. Bei der Ausarbeitung des Plans habe man auf die Erfahrungen aus dem Afghanistan-Einsatz zurückgegriffen. So sollten bereits frühzeitig Spezialeinheiten in den Irak eindringen, um Ziele für reguläre Truppen auszumachen, berichtet das Blatt weiter. Außerdem solle versucht werden, irakische Wissenschaftler und örtliche Militärs dazu zu bringen, Lagerstätten von Massenvernichtungswaffen preiszugeben.

      Wasser- und Stromleitungen sollen geschont werden

      Die Einsatzplanung des Pentagons sieht dem Zeitungsbericht zufolge vor, dass schon in einer frühen Phase die irakische Führung militärisch blockiert werden soll. So werde man möglicherweise versuchen, ihren Sturz herbeizuführen. Die Planung sieht vor, dass die zivile Infrastruktur wie die Wasser- und Stromversorgung geschont wird.

      Ein Angriff auf Irak nach der Jahreswende möglich, wenn der Irak nicht vorher seinen Verpflichtungen gemäß der neuen Uno-Resolution nachkomme und seine Programme für chemische, biologische und atomare Waffen beende. Zugleich muss er den Uno-Waffeninspektoren vollständige Bewegungsfreiheit im Land gewähren.

      Zuständiger General soll Ende des Monats abreisen

      Wie Reuters weiter schreibt, sollen die großen Bomber in der ersten Angriffsphase 1600 Kilogramm schwere und satellitengesteuerte Bomben abwerfen, um Saddams Machtbasis zu zerstören. Diese Phase werde wahrscheinlich kürzer sein, als die lange Kampagne im Vorfeld des Golfkrieges 1991. Die USA hofften auf eine Kapitulation Iraks innerhalb weniger Wochen.

      Den Regierungsvertretern zufolge, schreibt Reuters, haben die USA noch nicht mit der Verlegung von großen Truppenteilen oder ihrer Einberufung begonnen. Franks werde Ende des Monats mit einem Teil des Hauptquartiers der US-Armee für eine militärische Übung nach Qatar gehen. Die Truppe werde etwa 600 Mann stark sein, hieß es. Irak hat bis kommenden Freitag Zeit, die neue Uno-Resolution anzunehmen.
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      schrieb am 16.11.02 12:12:08
      Beitrag Nr. 63 ()
      Kritik an Bushs Kriegskurs

      US-Demokraten legen Demut ab

      Die Opposition in den USA gibt ihre devote Haltung gegenüber Präsident George W. Bush zunehmend auf. Mehrere Politiker der Demokraten warfen der Regierung vor, sich zu sehr auf den Irak zu konzentrieren und den bisher wenig erfolgreichen Kampf gegen den Terrorismus aus den Augen zu verlieren.


      REUTERS

      Tom Daschle: Scharfe Kritik an der Regierung


      Washington - Die Regierung sei "so auf den Irak fixiert, dass sie dem Krieg gegen den Terrorismus nicht genügend Aufmerksamkeit widmet", sagte der demokratische Senator und Geheimdienstausschuss-Vorsitzende Bob Graham der "New York Times". Tom Daschle, Chef der Demokraten im Senat, hatte zuvor erklärt, die Regierung könne Terroristenführer Osama Bin Laden nicht finden und habe keine wirklichen Fortschritte gemacht. "Die Gefahr ist noch genauso groß wie vor eineinhalb Jahren. Wie kann man da behaupten, dass wir erfolgreich waren?"

      Daschle reagierte damit auf die jüngste mutmaßliche Tonband-Botschaft Bin Ladens. Aus amerikanischen Geheimdienstkreisen war bekannt geworden, dass die Botschaft höchstwahrscheinlich wirklich von Bin Laden stammt. Dies sollte "eine Warnung an dieses Land und an die Regierung sein, dass das, was bisher getan wurde, nicht genug ist", sagte Daschle. Graham warnte, wenn Bin Laden wirklich noch am Leben sei, dann sei die Gefahr für die USA noch größer geworden, da al-Qaida weiterhin einen fähigen und hasserfüllten Führer hätte.

      Das FBI warnte unterdessen vor möglichen neuen "spektakulären" Anschlägen des Terrornetzwerks. In der internen Warnung heißt es, es gebe Hinweise, dass al-Qaida künftig Anschläge verüben wolle, die mehrere Kriterien erfüllten: Die Ziele müssten eine große symbolische Bedeutung haben, möglichst viele Menschen müssten sterben, und die Anschläge müssten die amerikanische Wirtschaft schwer schädigen.

      Der US-Kongress verabschiedete derweil ein Gesetz, dass die Sicherheitskontrollen in Häfen drastisch verschärft. Sie gelten als Einfallstore möglicher Terroristen. Vor allem Container, die verladen oder importiert werden, sollen streng geprüft werden. Das Präsidialamt hat bereits angekündigt, dass George W. Bush das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzen wird.

      Irakische Medien geißeln Uno-Resolution

      Trotz der Zustimmung der Bagdader Führung zu den Waffeninspektionen im Rahmen der neuen Uno-Resolution wird die Entschließung in den irakischen Medien heftig kritisiert. Die staatlich kontrollierten Zeitungen "al-Thaura" und "al-Irak" sprachen von der schlechtesten Irak-Resolution, die der Weltsicherheitsrat jemals verabschiedet habe.

      Russland und Frankreich wurde vorgeworfen, sich nicht ausreichend gegen einen etwaigen amerikanischen Militärschlag eingesetzt zu haben. Allein die Tatsache, dass beide Länder betonen müssten, die Entschließung ermächtige zu keinem Angriff auf den Irak, gebe Anlass zur Sorge.

      Nach Ansicht von "al-Thaura", dem Sprachrohr der regierenden Baath-Partei, stellt die Resolution eine Verletzung der Charta der Vereinten Nationen dar. Gleichwohl habe sich der Irak zur Annahme entschlossen, um Schaden von seinem Volk abzuwenden. Dies sei die wichtigste Aufgabe überhaupt, hob auch "al-Irak" hervor.
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      schrieb am 16.11.02 16:16:37
      Beitrag Nr. 64 ()
      "UK polls: 1 in 3 say Bush is biggest threat"
      Laut einer repräsentativen Umfrage in Großbritannien halten 32 Prozent der Briten den US-Präsidenten Bush für eine größere Bedrohung für die Sicherheit der Welt als den irakischen Diktator Saddam Hussein. Fast zwei Drittel sind der Meinung, dass die USA Saddam ins Visier genommen haben, weil er einer US-Kontrolle über das Nahost-Öl im Weg steht; nur ein Viertel glaubt, die Bedrohung des Weltfriedens durch Saddam sei der Grund für die US-Kriegspläne.
      Quelle: The Guardian, 14. November 2002
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      schrieb am 16.11.02 16:30:57
      Beitrag Nr. 65 ()
      Arundhati Roy über "Antiamerikanismus"

      Jene, die in den letzten Wochen Kritik an der amerikanischen Regierung geübt haben, wurden des Antiamerikanismus bezichtigt. Dieser Begriff erhält gegenwärtig die Weihen einer Ideologie. Gewöhnlich verwendet das amerikanische Establishment diese Bezeichnung, um seine Kritiker zu diskreditieren und ihnen ein (nicht völlig falsches, eher: ungenaues) Etikett zu verpassen. Sobald jemand als Antiamerikaner abgestempelt ist, kann der Betreffende damit rechnen, umstandslos verurteilt zu werden, und sein Argument wird im Aufschrei eines verletzten Nationalstolzes untergehen. Was bedeutet Antiamerikanismus? Daß man nicht gern Jazz hört? Daß man gegen Meinungsfreiheit ist? Daß man nicht für Toni Morrison oder John Updike schwärmt? Bedeutet es, daß man die Hunderttausende von Amerikanern nicht bewundert, die gegen Atomwaffen demonstriert haben? Oder die Tausende von Kriegsdienstverweigerern, die ihre Regierung zwangen, sich aus Vietnam zurückzuziehen? Bedeutet es, daß man alle Amerikaner haßt?

      Diese raffinierte Vermengung von amerikanischer Musik, Literatur, der atemberaubenden Schönheit des Landes, den einfachen Vergnügungen der einfachen Leute mit der Kritik an der Außenpolitik der amerikanischen Regierung ist eine bewußte und außerordentlich wirkungsvolle Methode. Es erinnert an eine zurückweichende Truppe, die in einer dichtbevölkerten Stadt Unterschlupf sucht, in der Hoffnung, der Feind werde aus Sorge vor zivilen Opfern von einem Beschuß absehen.

      Viele Amerikaner wären verärgert, wenn man sie mit der Politik ihrer Regierung identifizierte. Die nachdenklichsten, schärfsten, bissigsten und geistreichsten Kommentare über die Heuchelei und die Widersprüche der amerikanischen Politik stammen ja gerade von den Amerikanern selbst. (...) Jemandem Antiamerikanismus vorzuwerfen ist Ausdruck eines Mangels an Phantasie, der Unfähigkeit, die Welt anders zu sehen als in der vom Establishment vorgegebenen Weise: Wer nicht gut ist, ist böse. Wer nicht für uns ist, ist für die Terroristen. ...

      Das Zitat stammt aus dem neuesten Essay von Arundhati Roy, der am 2. Oktober 2002 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel "Wie man einen Krieg verkauft" veröffentlicht wurde (Übersetzung aus dem Englischen: Matthias Fienbork).

      Arundhati Roy, die Autorin des Bestseller-Romans "Der Gott der kleinen Dinge", hatte vor einem Jahr - ebenfalls in der FAZ, 28. 09. 2001 (siehe auch unser Zitat Nr. 28) - eine heftige Diskussion über die Politik der USA nach den Terroranschlägen ausgelöst. Damals hatte die Autorin die Rhetorik der US-Regierung unter dem Titel "Wut ist der Schlüssel" als "töricht" und "arrogant" verurteilt. Jetzt verstärkt sie ihre Kritik noch. Sie schreibt, sie habe sich damals geirrt. "Tatsächlich handelt es sich um eine raffinierte Werbekampagne für einen irrigen, gefährlichen Krieg." Doch würden die USA mit ihrem Imperialismus letztlich Schiffbruch erleiden. Am Schluss ihres Essays schreibt Arundhti Roy: "Der sowjetische Kommunismus ist nicht gescheitert, weil er grundsätzlich böse war, sondern weil er einen Fehler hatte. Zu wenige Leute konnten zuviel Macht an sich reißen. Der amerikanische Kapitalismus des einundzwanzigsten Jahrhunderts wird aus dem gleichen Grund scheitern."
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      schrieb am 16.11.02 16:45:22
      Beitrag Nr. 66 ()
      Friede statt Rache - "Wir handeln wie ein kleines, schwaches Land"
      Interview mit David Potorti von "September 11th Families for Peaceful Tomorrows"

      Das folgende Interview mit David Potorti von "September 11th Families for Peaceful Tomorrows" haben wir der Homepage der New Yorker Internetzeitung "springwords" entnommen. Bernd Hendricks, der das Interview führte, versorgt uns gelegentlich mit aktuellen Reportagen aus den USA.

      Er verlor seinen Bruder im World Trade Center, heute will er Frieden für die Welt gewinnen: David Potorti arbeitet für "September 11th Families for Peaceful Tomorrows", eine Friedensorganisation, die von Angehörigen der Opfer des 11. Septembers gegründet wurde. Er koordiniert die Aktivitäten der Organisation an der amerikanischen Ostküste. Bernd Hendricks sprach mit ihm über den Bombenkrieg in Afghanistan, Briefe an den Präsidenten und über seinen Bruder James.

      springwords: Was hat Sie als Angehörige der Terroropfer vom 11. September veranlaßt, eine Organisation für den Frieden zu gründen?

      Potorti: Die Bombardierung Afghanistans hat uns zusammengebracht. Das war im Oktober 2001, in den Tagen, an denen die ersten Beerdigungen unserer Verwandten und Freunde aus dem Pentagon und dem World Trade Center stattfanden. Wir standen an den Gräbern und wußten, daß in einem anderen Teil dieser Welt andere Menschen demnächst auch ihre Verwandten beerdigen werden, weil sie einen Bombentot sterben mußten. Man ehrt seine Toten nicht dadurch, indem man Menschen tötet. Wir gründeten unsere Organisation am 14. Februar, am Valentinstag.

      springwords: Was hat Ihre Organisation seitdem unternommen?

      Potorti: Wir besuchen im ganzen Land Kirchen und Schulen und geben Vorträge. Wir hatten zum Jahrestag des Terroranschlags andere Organisationen gebeten, für die Opfer des 11. September und für Frieden Gedenktreffen und Gebete durchzuführen. "United for Peace" listete in ihrer Webseite allein 200 Veranstaltungen in sieben Ländern auf. Wir unterstützten die Kundgebung "Not in Our Name" gegen die Pläne für einen Angriff auf den Irak. Vier Mitglieder unserer Organisation reisten nach Afghanistan und besuchten Angehörige von Kriegsopfern. Es sind nun unsere Schwesterfamilien, mit denen wir in Kontakt stehen. Und wir schrieben dem Präsidenten einen Brief.

      springwords: Was stand drin?

      Potorti: Wir haben dem Präsidenten vorgeschlagen, einen Fond für afghanische Bombenopfer einzurichten. Das afghanische Volk hatte uns ja nicht angegriffen. Es machte für uns keinen Sinn, so viele Bomben abzuwerfen, um eine kleine Gruppe von Al Quaida-Terroristen zu finden. Wir wissen ja bis heute nicht, ob Al Quaida zerschlagen wurde, ob Osama bin Laden noch lebt und irgendwo im arabischen Raum seine Terroristengruppe neu organisiert.

      springwords: Hat der Präsident auf Ihren Brief geantwortet?

      Potorti: Nein. Wir haben weitere Briefe geschrieben, unter anderem mit unserer ablehnenden Meinung zum Irakkrieg, aber noch nichts von ihm gehört.

      springwords: Er könnte antworten, daß die Militäraktion in Afghanistan zumindest weitere Terroraktionen verhindert hätte.

      Potorti: Seine Bundesermittlungsbehörde, das FBI, sagt das nicht. Im Juni berichtete die New York Times über ein FBI-Dossier, wonach die Bombardierung Afghanistans Amerika nicht sicherer gemacht habe. Al Quaida sei zersprengt in andere Teile der Welt. Es ist jetzt schwieriger, die Terroristen zu finden.

      springwords: Was sollten die Vereinigten Staaten Ihrer Meinung nach tun, um künftige Terroranschläge zu verhindern?

      Potorti: Als erstes sollten wir dem internationalen und nationalen Recht gehorchen. Wir haben Prinzipien und eine demokratische Verfassung. Die Terroristen haben das Recht mißachtet und wenn wir das gleiche tun, sind wir nicht besser als die Terroristen. Wir sollten nach Europa sehen, wo jede Woche Verdächtigte aufgespürt und verhaftet werden - nicht durch einen Bombenkrieg, sondern durch internationale Kooperation der Ermittlungsbehörden, durch solide Polizeiarbeit. Die Auffassung von Kanzler Schröder zum Irakkrieg zeigt, wie ein echter Staatsmann handeln sollte. Die Suche nach gewaltfreien Lösungen zeigt Stärke. Wir aber handeln wie ein kleines schwaches Land.

      springwords: Ist der Krieg gegen Irak unvermeidlich?

      Potorti: Ich bin optimistisch, daß er verhindert werden kann. Es hängt vom amerikanischen Volk ab, nicht vom Congress. Die Congress-Abgeordneten erhalten in diesen Tagen viele Anrufe von Wählern, die besorgt sind. Es gibt Leute, die zivilen Ungehorsam ausüben wollen, wenn es zu einem Krieg kommt. Dies ist der Moment der Wahrheit für das amerikanische Volk.

      springwords: Was steht für das amerikanische Volk auf dem Spiel? Potorti: Ansehen in der Welt. Und Sicherheit. Unsere Zukunft. Ein Krieg gegen Irak hat nichts mit dem Kampf gegen den Terrorismus zu tun. Er schwächt unsere Bemühungen, die Verantwortlichen der Terroranschläge vom 11. September zu finden und vor Gericht zu stellen. Der Krieg würde den Terroristen neue Rekruten in die Arme treiben. Ich aber möchte das verhindern, weil ich meine Familie, meine Kinder vor Terrorakten schützen will -- heute und in zwanzig Jahren.

      springwords: Werden Vertreter Ihrer Organisation auch nach Irak reisen?

      Potorti: Im Moment haben wir nicht die Absicht, nach Irak zu reisen. Ich kenne Kirchengruppen, Congress-Abgeordnete und Senatoren, die nach Bagdad gereist sind und uns über ihre Beobachtungen berichtet haben. Wir reden über eine Person, über Saddam Hussein, aber wir wissen nichts über das irakische Volk. Im Irak leben 22 Millionen Menschen. Bagdad hat drei Millionen Einwohner. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist arm. Sie wären die ersten Opfer eines Krieges.

      springwords: Viele Deutsche werfen den Amerikanern vor, gegenüber den Greueln eines Krieges blind zu sein.

      Potorti: Ich weiß, daß viele Deutsche zwischen den Amerikanern und ihrer Regierung nicht unterscheiden können. Sie vergleichen uns mit Bush. Amerika ist mehr. Es ist eine sehr vielfältige Gesellschaft. Viele Leute sind dagegen, was im Moment in Washington passiert. Möglicherweise kommt das in den europäischen Medien nicht zum Ausdruck.

      springwords: Haben Sie bei all ihren Aktivitäten für Ihre Organisation noch die Ruhe, sich an Ihren Bruder zu erinnern?

      Potorti: Ich verteidige das Andenken und meine Erinnerung an meinen Bruder, indem ich gegen den Krieg arbeite. James starb im 95. Stock des Nordturmes des World Trade Centers. Er war mein jüngerer Bruder. Es ist für mich immer noch schwer, mich mit der Tatsache abzufinden, daß er nicht mehr lebt. Es kommt oft vor, daß ich zum Telefonhörer greifen will, weil ich ihn in Manhattan anrufen und ein interessantes Buch empfehlen will. Er fehlt mir sehr. Der einzige Trost, den ich aus seinem Tod ziehen kann, ist, daß er für ein freies Land gestorben ist.
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      schrieb am 20.11.02 18:59:58
      Beitrag Nr. 67 ()
      Irak-Krieg

      Amerikaner bitten Verbündete um Hilfe

      Die Vorbereitungen der USA für einen Krieg gegen den Irak werden immer konkreter. Kanada und rund 50 andere Verbündete wurden in einem Brief um Hilfe gebeten, wenn es zu einem Angriff kommen sollte.


      AP

      US-Flotte: Flugzeugträger "USS George Washington"


      Ottawa - In dem Schreiben von Außenminister Colin Powell legen die Amerikaner der Regierung in Ottawa einen Wunschkatalog für den Einsatz kanadischer Truppen und Waffensysteme vor. Ähnliche konkrete Forderungen habe Washington an rund 50 befreundete Länder gerichtet, berichtet die Zeitung "Globe and Mail" unter Berufung auf Regierungsbeamte.

      Kanada soll danach unter anderem Herkules-Transportflugzeuge sowie Fregatten und Aufklärungsflugzeuge der Marine bereitstellen. Powell habe auch um den Einsatz der Spezialtruppe Joint Task Force 2 gebeten, die bereits in Afghanistan bei der Suche nach versteckten Mitgliedern des Terrornetzwerks al-Qaida im Einsatz war.

      Premierminister Jean Chrétien deutete an, dass Kanada die Wünsche der Amerikaner erfüllen werde. "Wir sind mit ihnen in Afghanistan, wir waren mit ihnen im Kosovo, wir sind in Bosnien, wir haben immer mit an der Spitze von Einsätzen gestanden", zitierte ihn die Zeitung. Noch steht eine formelle Antwort der Kanadier an Washington aber aus.

      Chrétien stellte auch klar, dass er davon ausgehe, dass die US-Wünsche hypothetisch blieben und dass jeder hoffe, dass die Vereinten Nationen eine friedliche Lösung der Irak-Krise finden. Außenminister Bill Graham äußerte sich ähnlich: Er hoffe, dass die Uno-Waffenkontrolleure erfolgreich seien.
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      schrieb am 21.11.02 18:54:04
      Beitrag Nr. 68 ()
      Geografie-Test

      Amerikaner finden Irak auf der Weltkarte nicht

      Ginge es nach Präsident Bush, würden wohl bereits Hunderttausende US-Soldaten gegen Saddam Hussein kämpfen. Doch viele haben keine Ahnung, wo die "Achse des Bösen" verläuft, wie ein neuer Geografie-Test zeigt. Deutsche, Schweden und Italiener schneiden beim Geo-Wissen viel besser ab.


      AP

      Globus in US-Schule: Offenbar selten genutztes Hilfsmittel


      Wo liegt doch gleich der Irak? Der angebliche Feind ist US-Amerikanern ziemlich unbekannt: Nur einer von acht US-Bürgern im Alter zwischen 18 und 24 Jahren kann den Irak auf einer Weltkarte finden. Das hat eine Untersuchung im Auftrag der National Geographic Society ergeben - und das, obwohl die meisten Kämpfer, die womöglich schon bald gegen Bagdad ziehen werden, in diesem Alter sind. "Jemand hat mal gesagt, ein Krieg sei Gottes Weg, Geografie zu lehren", so John Fahey, Präsident der Geografen-Gesellschaft, "aber heute sind Kriege oder die Bedrohung durch Krieg dazu offenbar nicht geeignet."

      Ein schwarzer Fleck sind der Erhebung zufolge auch Länder wie Iran und Afghanistan. Und Deutschland konnte nur jeder fünfte amerikanische Proband auf der Karte ausmachen. Noch erstaunlicher: 70 Prozent scheiterten am US-Bundesstaat New Jersey, 49 Prozent an New York - und elf Prozent konnten selbst die USA nicht finden.

      Findige Deutsche - Ehrenrettung nach Pisa

      Um den Bildungsstand der Deutschen steht es derweil nicht so schlecht, wie die verheerenden Pisa-Ergebnisse vermuten ließen, zumindest, was Geografie angeht. In diesem Wissensbereich landete Deutschland gleichauf mit Italien auf dem zweiten Platz. Sieger im Wettbewerb der besten Erdkundler wurde Schweden; auf mittleren Plätzen rangieren Frankreich, Japan, Großbritannien und Kanada.


      NASA

      Die Erde: Schweden, Deutsche und Italiener finden sich am besten zurecht


      Nach der internationalen Studie vom Frühsommer dieses Jahres in Amerika, Europa und Asien schnitten die Deutschen besonders gut ab, wenn es darum ging, Länder auf der Weltkarte zu erkennen. Nur in Osteuropa kennen sie sich schlecht aus: So fanden weniger Deutsche Rumänien oder Kroatien als beispielweise Afghanistan oder den Iran.

      Als mögliche Ursache für das insgesamt gute Abschneiden der Deutschen führt das Magazin "National Geographic Deutschland", das Auszüge aus der Untersuchung in der Dezemberausgabe vorstellt, unter anderem ihre Reiselust, Fremdsprachenkenntnisse und den kompetenten Umgang mit Medien an.

      Keine Besserung in den USA

      Die Studie hatte in erster Linie zeigen sollen, ob sich der geografische Kenntnisstand in den Vereinigten Staaten seit einer ähnlichen Umfrage 1988 verbessert hat. Das ist laut "National Geographic" allerdings nicht der Fall, obwohl in den USA in den vergangenen Jahren viel Geld und Knowhow in den Geografie-Unterricht investiert worden sei.

      Umso ernüchternder: Nur 25 Prozent der Amerikaner lagen bei der Einwohnerzahl ihres Landes (287 Millionen) in der richtigen Größenordnung von 150 bis 350 Millionen. Fast ein Drittel schätzte die Zahl ihrer Landsleute sogar auf ein bis zwei Milliarden. Von den deutschen Teilnehmern wussten immerhin drei Viertel über die Einwohnerzahl der Bundesrepublik Bescheid.

      Trotz des allgemein guten Abschneidens der Deutschen zeigten sie in einigen Gebieten jedoch Lücken, vor allem bei allgemeineren Aufgaben - so zum Beispiel bei der Frage nach der am weitesten verbreiteten Religion der Erde (Christentum) oder nach dem größten Öl-Export-Gebiet (Naher Osten). Bei diesen Aufgaben belegten die Deutschen jeweils den vorletzten Platz.

      Amerikaner und Engländer: Fremdsprachen schwach

      An der Studie hatten insgesamt rund 3000 Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren teilgenommen. Sie kamen aus neun Ländern: Schweden, Deutschland, Italien, Frankreich, Japan, Großbritannien, Kanada, USA und Mexiko - so auch die abschließende Rangliste. In Deutschland hatten sich rund 300 repräsentativ ausgewählte Männer und Frauen den Interviews mit je 56 Fragen gestellt.

      In der Untersuchung wurden auch die Fremdsprachenkenntnisse ermittelt. Den ersten Platz belegte auch dabei Schweden, wo neun von zehn Befragten mindestens eine Fremdsprache beherrschen. Deutschland (68 Prozent) und Italien (63 Prozent) landeten auf den nächsten Rängen. Schon deutlich schlechter schnitten Frankreich mit 54 Prozent, die USA mit 36 Prozent und Großbritannien mit 35 Prozent ab. Schlusslicht sind die Japaner mit nur 19 Prozent.
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      schrieb am 22.11.02 18:37:59
      Beitrag Nr. 69 ()
      Bush in Petersburg

      Nato und Russland wollen gemeinsam Terror bekämpfen

      Die Nato und Russland nähern sich weiter an. Beide wollen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus stärker zusammenarbeiten.



      REUTERS

      Will mit Moskau zusammenarbeiten: Nato-Generalsekretär George Robertson


      Prag - Einen Tag nach dem Beschluss des Bündnisses zur Erweiterung um sieben Länder aus dem früheren kommunistischen Machtbereich forderte der russische Außenminister Igor Iwanow, die Zusammenarbeit der Nato mit Moskau müsse das Fundament einer neuen euro-atlantischen Sicherheitsarchitektur werden. Eine auf neue Gefahren ausgerichtete Nato könne zur Sicherheit in der Welt beitragen und eng mit Russland im Kampf gegen neue Herausforderungen und Terrorismus zusammenarbeiten. Am 9. Dezember veranstalten Russland und die Nato in Moskau eine gemeinsame Konferenz zur Rolle des Militärs im Kampf gegen den Terror.

      Moskau werde die Beschlüsse der Nato zur Erweiterung und zur militärischen Modernisierung sorgfältig prüfen und dann entsprechende Schritte unternehmen, sagte Iwanow. Nato-Generalsekretär George Robertson bekräftigte erneut, dass die Erweiterung der Allianz nicht gegen die Sicherheitsinteressen Russlands gerichtet sei. Ähnlich äußerte sich auch US-Präsident George W. Bush: Die Erweiterung des Bündnisses sei auch im russischen Interesse. Davon wolle er den russischen Präsidenten Wladimir Putin überzeugen, sagte Bush, der heute zu einem Blitzbesuch bei Putin nach Sankt Petersburg fliegt.

      Iwanow und die Außenminister der Allianz waren nach Abschluss des Gipfels im so genannten Nato-Russland-Rat in Prag zusammengetroffen. In dem Gremium, das im Mai gegründet wurde, entscheidet die russische Regierung gleichberechtigt mit den Nato-Ländern.

      Iwanow reagierte gelassen auf den Beschluss des Bündnisses, erstmals auch frühere sowjetische Republiken - Estland, Lettland und Litauen - aufzunehmen. Die Frage eines künftigen Nato-Beitritts Russlands stellt sich nach Worten Iwanows nicht. "Russland selbst hat diese Frage nie gestellt", sagte er.

      Aus den Gipfelerklärungen gehe hervor, dass die Nato Russland nicht mehr als Gegner, sondern als Partner angesichts neuer Herausforderungen betrachte, sagte Iwanow. Moskau habe immer unterstrichen, dass eine "mechanische Erweiterung" der Nato bei Beibehaltung der militärischen Strategien aus dem Kalten Krieg kaum den neuen Sicherheitsanforderungen im euro-atlantischen Raum entspreche. Wenn die Nato ihre militärische Transformation aber wie angekündigt umsetze, würden sich die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Russland sogar vergrößern, sagte Iwanow.
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      schrieb am 22.11.02 20:19:58
      Beitrag Nr. 70 ()
      AMERIKANISCH-RUSSISCHE ALLIANZ

      Bush und Putin warnen den Irak

      Am Ende des amerikanisch-russischen Mini-Gipfels in St. Petersburg nannte US-Präsident Bush den russischen Staatschef Putin einen seiner engsten Freunde. Zuvor hatten beide gemeinsam eindringlich an den irakischen Diktator Hussein appelliert, bedingungslos die Uno-Resolution zu befolgen.

      St. Petersburg/Prag - In der Erklärung der beiden Staatschefs hieß es, andernfalls drohten dem Irak ernste Konsequenzen. Bei der eineinhalbstündigen Begegnung hinter verschlossenen Türen warnte Putin seinen Gast aber zugleich vor einseitigen Schritten gegen Irak. Es sei wichtig, im Rahmen der Uno-Resolution zu bleiben.
      Bush war unmittelbar vom Prager Nato-Gipfel nach St. Petersburg geflogen, um Putin unter anderem persönlich über die Beschlüsse des Bündnisses zu informieren. Beide Spitzenpolitiker, die in einer weiteren gemeinsamen Erklärung auch eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Energiesektor vereinbarten, lobten ihre Begegnung als überaus gut. Putin sagte, das Gespräch über eine ganze Reihe von wichtigen Themen sei sehr fruchtbar, sehr produktiv und sehr, sehr freundlich gewesen.

      Bush erklärte am Freitag in St. Petersburg, er betrachte Putin als einen seiner guten Freunde. Und wie bei anderen Freunden auch gebe es manchmal Unstimmigkeiten, "aber wir stimmen stets darin ein, das offen zu diskutieren". Ausdrücklich dankte Bush "Wladimir" für den russischen Beitrag beim Kampf gegen den globalen Terrorismus.

      "Wir haben unsere ernste Sorge über die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen betont", beginnt die gemeinsame Erklärung zum Irak. "In diesem Zusammenhang erklären wir unsere volle Unterstützung für die Umsetzung der Resolution des Uno-Sicherheitsrates. Wir rufen den Irak auf, dieser und allen anderen bedeutenden Resolution des Unp-Sicherheitsrates, die als ein notwendiger Schritt zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der Sicherheit verabschiedet wurden, voll und unverzüglich zu entsprechen."

      Breiten Raum nahm bei dem Treffen der Beschluss des Prager Nato-Gipfels zur Erweiterung des Bündnisses um sieben osteuropäische Staaten ein. Putin sagte, aus seiner Sicht sei die Ausdehnung nicht nötig. Er äußerte aber zugleich die Hoffnung auf gute Beziehungen zu den künftigen Nato-Neulingen und betonte sein Interesse an einem Ausbau der Kooperation mit dem westlichen Bündnis insgesamt. Der US-Präsident sagte, die Erweiterung des Bündnisses diene auch Russland, weil sie der Region Stabilität bringe. Die Nato betrachte Russland als Freund.
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      schrieb am 25.11.02 21:07:45
      Beitrag Nr. 71 ()
      Weißes Haus: Neue Fähigkeiten der NATO für neue Herausforderungen / NATO: Building New Capabilities for New Challenges
      Einzelheiten über die Transformation der NATO in ein Kriegsbündnis / Fact Sheet of the White House

      Während sich die Bundesregierung äußerste Zurückhaltung auferlegt, die Ergebnisse des NATO-Gipfels in Prag (21./22. November 2002) zu kommentieren, geht das Weiße Haus selbstbewusst in die Offensive. Das Amt des US-Präsidenten veröffentlichte eine Übersicht über die auf dem Gipfel beschlossenen Umstrukturierungen, die einen endgültigen Abschied von der NATO als einem "Verteidigungsbündnis" bedeuten, auch wenn dies weiterhin als "Kernaufgabe" bezeichnet wird. Viel wichtiger aber soll der Kampf gegen den Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen werden. Bisher hat niemand in der NATO und in der deutschen Bundesregierung die Frage gestellt, wie sich die Transformation der NATO mit dem eigenen Nordatlantikvertrag (insbesondere Art. 5) verträgt, und ob nicht die vollkommen veränderte Aufgabenstellung der NATO ein Fall für die Parlamente der Mitgliedstaaten sein müsse. Sie haben seinerzeit den Nordatlantikvertrag von 1949 ratifiziert und damit zu einem völkerrechtlichen Vertrag gemacht. Eine so gravierende Änderung der Zielbestimmung des Bündnisses, wie sie jetzt vorgenommen wurde, verlangt nachgerade einen erneuten Ratifizierungsprozess. Und der setzt auch hier zu Lande eine offene und breite Diskussion innerhalb und außerhalb des Parlaments voraus.

      Im Folgenden dokumentieren wir das Papier aus dem Weißen Haus im Original (weiter unten) und in einer von der US-Botschaft in Berlin verbreiteten Übersetzung.


      NATO: Neue Fähigkeiten für neue Herausforderungen

      Übersicht des Weißen Hauses*

      Die Nato wird umstrukturiert, um den neuen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen zu können. Die Verteidigung der Bündnisnationen als Kernaufgabe der NATO bleibt bestehen, aber die Bedrohungen des Kalten Krieges existieren nicht mehr und die neuen Bedrohungen nehmen zu: gefährliche Verknüpfungen zwischen Terrorismus, Massenvernichtungswaffen und diktatorischen Schurkenregimes. Nach den Anschlägen auf die Vereinigten Staaten am 11. September 2001 wollten die amerikanischen NATO-Verbündeten den Kampf gegen den Terror unterstützen. Die meisten taten dies auch, aber aufgrund der Schnelligkeit, mit der der Feldzug in Afghanistan geplant wurde, und wegen begrenzter Fähigkeiten zur Kampfkraftprojektion waren viele NATO-Verbündete nicht in der Lage, so umfassende und bedeutende Beiträge hierzu zu leisten, wie für sie wünschenswert gewesen wäre. Unsere Prager Agenda zur Verbesserung der Fähigkeiten der NATO zielt darauf ab, die NATO in die Lage zu versetzen, die entscheidende Rolle zu spielen, die sich Mitglieder auf beiden Seiten des Atlantik bei der Verteidigung gegen neue Bedrohungen wünschen.

      Die Verbesserung der Fähigkeiten hat vier miteinander verknüpfte Komponenten:
      NATO Response Force
      Verpflichtungserklärung von Prag (Prague Capabilities Commitment)
      Straffung der NATO-Kommandostrukturen
      Einrichtung eines strategischen Kommandos zuständig für die Umstrukturierung der NATO-Streitkräfte.

      NATO Response Force (NRF)

      Die NATO Response Force wird eine Einsatztruppe sein, die schnell verlegt werden kann, um die ganze Bandbreite militärischer Missionen auszuführen und wird eine Durchhaltefähigkeit von 30 Tagen haben. Es wird aus Luft-, Marine- und Bodenkontingenten bestehen, die abwechselnd jeweils sechs Monate Dienst tun und unter dem Kommando des Combined Joint Task Force Headquarters - CJTF - (Hauptquartier der Alliierten Streitkräftekommandos) stehen. Der Umfang der Truppe ergibt sich aus der Mission, würde theoretisch aber Lufttransportkapazitäten, Kommando- und Kontrollfunktionen umfassen und der Unterstützung von täglich bis zu 200 Kampfeinsätzen, Bodentruppen in Brigadegröße und Marineeinheiten bis zu einer Größe der NATO Standing Naval Force dienen. Das entspricht einer Personalstärke von 21.000 Soldaten.

      Die Einheiten werden vor ihrem Einsatz gemeinsame Übungen abhalten, um zu gewährleisten, dass sie mit einer Vorlaufzeit von 7 bis 30 Tagen überall in der Welt gemeinsam kämpfen können. Die NATO wird den Schwerpunkt bei Manöverprogrammen und gemeinsamen Übungen auf Einheiten legen, die im Rahmen der Rotation an der NATO Response Force beteiligt sein werden. SACEUR wird die Einsatzbereitschaft vor dem Einsatz bestätigen und Beiträge in Form von "high-readiness force packages" (schnell einsatzbereite Streitkräfteeinheiten) organisieren, die die NATO für Kampfeinsätze entsenden kann. Die NATO Response Force wird schnell einsatzbereite Streitkräfte mit den CJTF verbinden, um Kommando- und Streitkräftestrukturen der NATO besser zu integrieren. Dadurch werden Dislozierbarkeit, Durchhalte- und Kampffähigkeit der Allianz für die vor uns liegenden neuen Aufgaben verbessert.

      Prager Verpflichtungserklärung (Prague Capabilities Commitment)

      Die NATO startet ein Schwerpunktprogramm zur Ausgabenbündelung für spezifische, kurzfristige Verbesserungen ihrer Fähigkeiten. Ziel ist es, die europäischen Alliierten - alte und neue - darin zu bestärken, den Schwerpunkt ihrer Verteidigungsausgaben auf die Behebung der kritischsten von NATO-Behörden festgestellten Mängel bei der Kampfeinsatzfähigkeit zu legen: Dislozierbarkeit, Durchhaltefähigkeit, Interoperabilität, Informationsüber-legenheit und Schutz vor chemischen/biologischen/ radiologischen/nuklearen Waffen. Nicht der Versuch, Interoperabilität im gesamten Kampfspektrum zu erhalten ist unser Ziel, sondern die Schaffung hochwertiger Nischenfähigkeiten alliierter Streitkräfte auf diesen Gebieten.

      Mit der Prager Verpflichtungserklärung haben sich die NATO-Führer entschieden, die Bündnisstreitkräfte mit modernsten Kommunikations- und Waffensystemen auszustatten, die für eine Dominanz der NATO auf dem Schlachtfeld entscheidend sind. Neue Mitglieder, ebenso wie langjährige Alliierte werden in der Lage sein, bei ihren Streitkräften spezialisierte Nischenfähigkeiten zu schaffen, indem Modernisierungs- und Umstrukturierungsbemühungen auf Einheiten konzentriert werden, die im Rahmen der NATO Response Force eingesetzt werden sollen.

      NATO-Generalsekretär George Robertson hat verschiedene Anstrengungen unternommen, um Mängel durch multinationale Bemühungen zu beheben:
      Deutschland verpflichtet sich, als Interimsmaßnahme C-17 Transportflugzeuge zu leasen und führt ein Konsortium von Nationen mit dem Ziel der Bündelung von Lufttransportfähigkeiten und -ressourcen;
      Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Spanien und die Türkei verpflichten sich jeweils zum Kauf von Drohnen;
      die Niederlande führen ein Konsortium der Länder Kanada, Dänemark, Belgien und Norwegen zur Bündelung der Beschaffung präzisionsgelenkter Kampfmittel;
      Spanien und die Niederlande beschaffen Kampfmittel zur Unterdrückung der gegnerischen Luftverteidigung (Suppression of Enemy Air Defenses - SEAD);
      Dänemark und Norwegen tragen zur Luftbetankung bei und Spanien führt ein Länderkonsortium, das Luftbetankungsfähigkeiten bündeln will;
      Norwegen und Deutschland haben sich zur Verbesserung maritimer Minenabwehrfähigkeiten verpflichtet;
      Polen und Ungarn verbessern ihre nuklearen, chemischen und biologischen Spür- und Abwehrfähigkeiten.

      Neuordnung der Kommandostrukturen

      Die aktuelle Struktur der NATO-Hauptquartiere wurde für Kampfeinsätze mit festgelegten Truppenkontingenten geschaffen. Hier findet eine grundlegende Umstrukturierung statt, damit sie flexibel genug wird, um streitkräfteübergreifende Truppenteile variabler Größe und Zusammenstellung zu führen. Große, statische Hauptquartiere verringern die Mitarbeiterzahl und verändern Einsatzaufträge. Untergeordnete Hauptquartiere werden zu CJTF unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung. Andere Hauptquartiere werden besondere Funktionen erfüllen, wie die Verbesserung der Spezialeinsatzkräfte oder die Zuordnung von Transportkapazitäten (vergleichbar den U.S. Specified Commands). Alliierte Kommandos werden flexibler bei der Organisation ihrer Stäbe sein, um ihre Fähigkeiten zur Bewältigung neuer Bedrohungen und Missionen zu verbessern.

      Die neue Kommandostruktur wird zwei Kommandos auf höchster (militär-strategischer) Ebene beinhalten - eine für Einsätze und eine für die funktionelle Umstrukturierung der alliierten Streitkräfte. Bisher teilten sich zwei NATO-Kommandeure die Einsatzverantwortung für Europa und den Atlantik. Im Rahmen der neuen Struktur wird der strategische Kommandeur für Einsätze verantwortlich sein sowie für die Vorbereitung und Durchführung aller Operationen, einschließlich der Verteidigung von NATO-Hoheitsgebiet, was bisher zum Zuständigkeitsgebiet von SACLANT gehörte.

      Der Abbau von Hauptquartieren ist eine schwierige politische Herausforderung, ähnlich der Schließung von Militärbasen in den Vereinigten Staaten. Dennoch hat sich die NATO verpflichtet, diese schwierigen Entscheidungen zu treffen, damit ihre Struktur besser in der Lage ist, die Herausforderungen der Dislozierung gemeinsamer und streitkraftübergreifender Truppen zu bewältigen. Die neue NATO-Kommandostruktur stellt eine effektive, aber gestraffte Organisation dar, die in der Lage ist, das ganze Einsatzspektrum der Allianz zu erfüllen. Wir erwarten, dass die neue Kommandostruktur im Frühjahr 2003 bei den NATO-Ministertreffen Zustimmung findet und im Jahr 2004 umgesetzt werden kann.

      Allied Command Transformation - ACT

      Die NATO wird auf höchster Ebene ein neues Kommando einrichten, das in Norfolk, Virginia, beim U.S. Joint Forces Command angesiedelt wird. SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe) wird sich auf kurzfristige Einsatzanforderungen konzentrieren (so wie die U.S. Combatant Commanders). ACT wird sich auf die längerfristige Gestaltung der Streitkräfte konzentrieren (ähnlich der Rolle von JFCOM und der U.S. Service Chiefs). Seine Aufgabe wird sich auf die Verbesserung der Interoperabilität von NATO-Streitkräften sowie die schrittweise Schließung der "transatlantischen Fähigkeitslücke" konzentrieren. Dazu werden Innovationen und Experimente mit neuen Konzepten zur Kriegsführung dienen, die durch Verbesserungen im technologischen Bereich jetzt möglich sind. ACT wird Konzepte und Doktrinen entwerfen, Experimente entwickeln und durchführen, zukünftige Anforderungen an die Truppe ermitteln, militärische Ausbildung und Übungen überwachen und einheitliche Standards für Gemeinsamkeit und Umstrukturierung entwickeln und bewerten. Wir erwarten, dass das Kommando im Sommer 2003 einsatzbereit sein wird.

      Es wird einige Verschiebungen in den Verantwortungsbereichen von SHAPE und ACT geben. Die Allied Command Transformation wird das Instrument der NATO sein, um Bemühungen quer durch nationale Programme und Streitkräfte zu synchronisieren und eine effektivere alliierte Kampftruppe zu schaffen. ACT wird die Interoperabilität verbessern, indem gewährleistet wird, dass im gleichen Maße wie die Umstrukturierung bei den amerikanischen und anderen Militärstreitkräften voranschreitet, Heeres-, Marine- und Luftwaffensoldaten sowie Marines in der Lage sind, solide und kreative Lösungen für die operativen Herausforderungen gemeinsamer Kriegsführung gegen die neuen Bedrohungen zu finden.

      Dieses ehrgeizige Programm zur Verbesserung der Fähigkeiten wird die militärischen Einsätze der NATO dramatisch verändern. Diese Verbesserungen bei den NATO-Streitkräften - und damit auch der Effektivität und Glaubwürdigkeit der NATO - gründen sich auf unsere Fähigkeit zur Schaffung einer neuen, fähigeren NATO.

      * Veröffentlicht am 21. November 2002 im Rahmen des NATO-Gipfels in Prag.

      Originaltext: NATO Building New Capabilities for New Challenges (siehe http://usinfo.state.gov)
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      schrieb am 26.11.02 12:41:03
      Beitrag Nr. 72 ()
      Richard Butler bezichtigt die USA der "Heuchelei"
      Der ehemalige Chef der UN-Waffeninspekteure in einem Seminar des Zentrums für Friedens-und Konfliktforschung in Sydney

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel aus "Truthout Issues" (Los Angeles) vom 18. November 2002 im englischen Original. Die wichtigsten Überlegungen haben wir deutsch zusammengefasst. Interessant finden wir den Artikel vor allem deshalb, weil Butler von anderer Seite, so von Scott Ritter, schwere Vorwürfe gemacht werden, er habe als Chef der UN-Waffeninspekteure einseitig schlechte Arbeit zu Lasten des Irak geleistet und mitgeholfen, den Viertagekrieg 1998 vorzubereiten und ideologisch zu rechtfertigen (vgl. "Lehren aus der UNSCOM-Mission". Umso erstaunlicher, welche kritischen Worte Butler heute für die Politik der USA findet.


      Der ehemalige Chefwaffeninspekteur im Irak, der Australier Richard Butler, hat den USA doppelte Standards ("double standards") vorgeworfen. Selbst gebildete Amerikaner stellten sich taub, wenn sie mit Argumenten konfrontiert würden über die Heuchelei in ihrer Haltung zu Atomwaffen.

      Herr Butler sagte in einem Seminar, das er am 21. September 2002 im Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung Sydney abhielt, dass die Amerikaner nicht verstehen könnten, dass sie sich nicht auf das Recht berufen dürfen, Atomwaffen zu besitzen, wenn sie anderen Nationen dieses Recht bestreiten.
      "Meine Versuche, Amerikaner in Diskussionen über doppelte Standards zu verwickeln, sind kläglich gescheitert - selbst mit hochgebildeten und engagierten Menschen", sagte Butler. "Manchmal hatte ich das Gefühl, ich würde zu ihnen sprechen, als käme ich vom Mars, so tief sitzt ihre Unfähigkeit zu verstehen."
      "Was Amerika absolut nicht verstehen kann, ist, dass ihre Massenvernichtungswaffen genauso ein Problem darstellen wie die des Irak".
      Richard Butler sagte weiter, dass der Schrecken des 11. September in den Amerikanern nur die fixe Idee verstärkt habe, dass es "gute und schlechte Massenvernichtungswaffen" gäbe.

      Bei einer früheren Gelegenheit hatte Butler davon gesprochen, dass es immer besonders schwer gewesen sei, in Verhandlungen mit dem Regime in Irak mit solchen Ungereimtheiten zurecht zu kommen.
      Zu den "härtesten Momenten" in Bagdad habe es gehört, wenn die irakische Seite verlangte, ich sollte ihnen erklären, warum sie wegen ihrer Massenvernichtungswaffen verfolgt würden, während Israel nichts passierte, obwohl es bekanntlich etwa 200 Atomwaffen besitzt.
      "Ich gestehe, dass ich immer zurückzucke, wenn ich von amerikanischen, britischen oder französischen Attacken gegen Massenvernichtungswaffen höre, die außer Acht lassen, dass sie selbst die stolzen Besitzer großer Mengen solcher Waffen sind, und dreist behaupten, dass diese Waffen wichtig für ihre nationale Sicherheit seien und dass dies auch so bleiben müsse."
      Eine solche Ungerechtigkeit produzierte eine zutiefst unsichere Situation. Die Menschen würden eine solche ungerechte Behandlung nicht einfach "schlucken".

      Ein weiteres Problem im Irak sei gewesen, dass es Materialien gibt, die sowohl zur Produktion von chemischen und biologischen Waffen, als auch zur Verwendung in der Landwirtschaft, Industrie und Medizin eingesetzt werden können.
      Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats von 1991, auch ungefährliche Massenvernichtungswaffen im Irak zu zerstören oder zu beseitigen, war wesentlich härter als die Versuche, nach dem 2. Weltkrieg Deutschland und Japan zu entwaffnen.
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      schrieb am 27.11.02 12:34:02
      Beitrag Nr. 73 ()
      Kein Interesse an einer Aufklärung der Anthrax-Affäre?
      Von den gefürchteten Briefen in den USA führt eine Spur zurück in den ersten biologischen Krieg nach Rhodesien

      Von Hein Möllers

      Die USA haben dieser Tage die 5. Überprüfungskonferenz der Biowaffen-Konvention endgültig platzen lassen: Bis 2006 werden alle weiteren Verhandlungen über die Schaffung von Kontrollmechanismen, mit der die Konvention von 1972 überprüft werden soll, ausgesetzt.

      Die USA befürchten angeblich Industriespionage – aber nicht nur das. Sie befürchten offenbar auch, dass mehr über die eigene Forschung und Entwicklung biologischer Kampfmittel bekannt werden könnte. Schließlich ist die Affäre um die Anthrax-Briefe, die nach dem 11. September 2001 verschickt wurden und fünf Menschenleben kosteten, bisher nicht aufgeklärt.

      Schnell war deutlich geworden, dass hinter dem Absender ein USA-Bürger stecken muss mit guten Verbindungen zu Labors, die auf dem Gebiet der Biowaffen forschen. Schon früh legten genetische Vergleiche den Verdacht nahe, dass die Anthrax-Sporen aus dem wohl wichtigsten militärischen Labor der USA stammen, dem US Army’s Medical Research Institute for Infectious Deseases (USAMRID) in Frederick, nördlich von Washington. Trotz dieser Hinweise zogen sich die Ermittlungen hin und Kommentatoren fragten, ob sich das FBI so viel Zeit lasse, um möglichst wenige Details über die geheime Biowaffenforschung der USA an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.

      Der »nicht verdächtigte« Mr. Hatfill schweigt

      Ganz oben auf der Fahndungsliste stand Steven J. Hatfill. Am 1. August dieses Jahres besuchten ihn die Fahnder ein drittes Mal. Ein aktiver Forscher Hatfill stand jahrelang als Biowaffenexperte in den Diensten der USA. Seit 1995 arbeitete er beim Nationalen Gesundheitsdienst, in Hochsicherheitslabors der Armee, und war bei USAMRID von 1997 bis 1999 in Abteilungen mit höchster Sicherheitsstufe tätig. Er forschte an todbringenden Viren, gegen die es keine Impfstoffe gibt, kannte sich aus in der Produktion von Anthrax und hatte 1999 eine interne Studie in Auftrag gegeben, wie Anthrax per Post versandt werden könne.

      Die Karriere Hatfills endete 1999 abrupt, als er sich einer neuen und schärferen Sicherheitsprüfung unterziehen musste. Beim Test mit dem Lügendetektor gab es Probleme. Hatfill kam ins Stolpern, als er über seine Jahre in Simbabwe, dem damaligen Südrhodesien, befragt wurde. Den Untersuchungsbeamten, die den Detektor bedienten, warf er daraufhin vor, sie seien Amateure und hätten nicht verstanden, was Leute wie er in Zeiten des Kalten Krieges in Rhodesien hätten tun müssen. Einer der Beamten erwähnte gegenüber der Presse, Hatfill habe erzählt, sein Schwiegervater sei in Rhodesien von Rebellen umgebracht worden und er habe danach an Aktionen teilgenommen, deren Erinnerung ihn beim Test gestört habe. Steven J. Hatfill lebte nach seinem Studienabschluss 1975 und einer Anstellung beim US Army Institute for Military Assistance von 1975 bis 1978 in Südrhodesien, wo er u.a. seine medizinischen Studien im damaligen Salisbury, dem heutigen Harare, fortsetzte. In unmittelbarer Nachbarschaft seiner damaligen Wohnung liegt übrigens der Vorort Greendale, dessen Name in der Absenderadresse der Anthrax-Briefe vom vorigen Herbst aufgeführt wird. Gleichzeitig diente er in einer Special Air Squadron (SAS) der Südrhodesier. 1984 wechselte er nach Südafrika, wo er verschiedene militärmedizinische Aufgaben übernahm. Auffällig in seiner Biografie ist, dass seine Dienste beim USA-Militär und in der rhodesischen SAS zeitweise zusammenfallen.

      Die Zeitschrift »The American Prospect« stellte in ihrer Juni-Ausgabe unbequeme Fragen: »War das Programm zur biologischen Kriegsführung des US-Militärs bereit, einen Mann einzustellen, der zwei Jahrzehnte zuvor in einem Medizin-Corps der Apartheid-Armee und rhodesischen paramilitärischen Einheiten während des simbabwischen Befreiungskampfes gedient hat, und ihm eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für einen sensiblen Bereich auszuhändigen? Oder arbeitete Hatfill in der SAS und später im südafrikanischen Medizin-Corps im Auftrag der USA-Regierung?« Hatfills Dienst in einer Sondereinheit der rhodesischen Luftwaffe fällt in einen Zeitraum, als das dortige Regime auf biologische Kriegsführung gegen die Unabhängigkeitsbewegung setzte, weil sie ihr anders nicht mehr Herr zu werden glaubte.

      Milzbrand-Seuche gegen Befreiungsbewegung

      Hatfill schweigt sich aus über seine militärischen Aktivitäten in Südrhodesien. Und auch jene Regierungsstellen in den USA, die ihm eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt haben und seine Personalakte kennen, haben kein Interesse an einer Aufklärung dieses Lebensabschnittes. Seine Biografie aber verweist auf einen schmutzigen Krieg, der bis heute kaum wahrgenommen worden ist: »Sie bewegten sich im Dunkeln und schrieben eine finstere Geschichte, die ersten Soldaten, die den ersten modernen biologischen Krieg entfesselten. Sie waren besonders ausgebildet, haben aber wohl kaum die Ungeheuerlichkeit begriffen, die sie begingen.« Mit diesen Worten leiten Tom Mangold und Jeff Goldberg das Kapitel »Rhodesien 1978« ihres Buches »Plague Wars« (Seuchenkriege / Macmillan 2000) ein, in dem sie der Geschichte der biologischen Waffenentwicklung und Kriegsführung nachgehen. »Die Soldaten und ihre zivilen Berater verbreiteten heimlich Anthrax-Sporen unter die hungrigen Rinder in den rhodesischen Tribal Trust Lands und infizierten Flussläufe mit Colibakterien. Die großen, reichen weißen Farmen sparten sie aus. Die Logik dahinter war so brutal wie simpel: Töte das Vieh der Schwarzen, und mit ihnen stirbt die Nahrung der rhodesischen Guerilleros; töte die Rinder und beschuldige die Guerilleros und gewinne damit den psychologischen Krieg. Verbreite Cholera in den Dörfern und destabilisiere so die Guerilleros und ihre Infrastruktur.« Der Ausbruch des Milzbrandes fiel in die letzten Monate eines langen und brutal geführten Krieges gegen die Befreiungsorganisationen, der Ende der 60er Jahre begonnen hatte und 1980 mit dem Lancaster-House-Abkommen und der Unabhängigkeit Simbabwes endete.

      Den Einsatz biologischer Kampfmittel bestätigt ein Geheimbericht der US Defence Intelligence Agency an das USA-Verteidigungsministerium, der 1994 freigegeben wurde. »Nach Aussagen von (Quelle in Veröffentlichung gestrichen) gestand ein Mitglied der rhodesischen Selous Scouts (berüchtigte Sondereinheiten) 1978, dass sie sowohl chemische wie biologische Waffen eingesetzt hätten, um die Terroristen umzubringen.« Mit einer medizinwissenschaftlichen Untersuchung der Anthrax-Fälle im damaligen Südrhodesien befasste sich als erste die US-amerikanische Ärztin Meryll Nass. Ihr fielen eine Reihe von Besonderheiten bei der Milzbrand-Epidemie auf. Sie überprüfte zunächst alle natürlichen Erklärungsversuche für die Ausbreitung der Anthrax-Sporen – mit negativen Ergebnissen. Abgesehen von der ungewöhnlich hohen Zahl der Infizierten und Toten überraschte die Verbreitung. »Solche Ausbrüche sind in der Regel dadurch charakterisiert, dass sie sich um einen Herd konzentrieren. Die Fälle treten immer in einem begrenzten Gebiet auf. In Simbabwe jedoch sprang sie von Region zu Region, bis sechs von acht Provinzen betroffen waren.« Und es traf immer nur die Tribal Trust Lands – jene den Schwarzen zugewiesenen Gebiete. Die kommerziellen (im Besitz der Weißen befindlichen) Farmgebiete wurden komplett ausgespart. Die Milzbrand-Seuche in Südrhodesien kann – so das Fazit der Untersuchung – nicht als »natürlich« erklärt werden, sondern sie verweist auf einen strategischen Einsatz von Biowaffen im Krieg gegen die Befreiungsbewegung. Nicht geklärt ist, wer an diesem schmutzigen Krieg unmittelbar beteiligt war. Teilnehmer beider Seiten stimmen darin überein, dass nur ausgewählte rhodesische Offiziere in das Programm eingeweiht waren, Planung und Kontrolle aber von südafrikanischen Spezialeinheiten durchgeführt wurden. Die Labor-Sporen kamen aller Wahrscheinlichkeit nach aus Großbritannien. Das überrascht weiter nicht, da in jenen Tagen sowohl die Briten als auch die USA solche Pathogene für »legitime« Versuchszwecke exportierten.

      Opfer noch nach mehr als 20 Jahren

      Die Folgen sind heute noch spürbar, lange nachdem der Krieg um die Befreiung gewonnen und aus Rhodesien Simbabwe wurde. Anthrax-Sporen bleiben im Boden, und wenn die Bedingungen stimmen, vermehren sie sich und befallen zyklisch Vieh und Menschen. Ein biologischer Krieg hat andere Folgen als ein konventioneller; einmal entfesselt, gerät er außer Kontrolle. Tom Mangold und Jeff Goldberg reisten 1999 in eines der Gebiete, die 1978 mit Anthrax verseucht wurden. Die Krankheit war gerade wieder ausgebrochen. In den sechs Monaten vor ihrem Besuch waren zahllose Tiere eingegangen, 47 Menschen hatten sich angesteckt. Als Goldberg und Mangold eintrafen, wurde der Opfer von vor zwanzig Jahren gedacht. »Angehörige der Opfer warteten auf uns, um ihre Geschichten zu erzählen. Elijah Dube hat seinen Bruder Mbuyazwe verloren; nur 28 Jahre alt ist er geworden. Elijah, ein Sieben-Tage-Adventist, geht hinüber zum Chor in der bescheidenen Hütte, die sie Kirche nennen. ›Im Angesicht des Todes leuchtet Gott wie ein Stern‹, singt er.«

      Die Anthrax-Sporen sind im damaligen Südrhodesien nicht vom Himmel gefallen, so wenig wie die Briefe in den USA. Als dort die Fahnder am 1. August Steven Hatfill besuchten, brachten sie Spürhunde mit. Bei anderen Verdächtigen hatten sie keine Reaktion gezeigt. Jetzt aber schlugen sie sofort an. Offiziell jedoch heißt es weiter, Hatfill werde »nicht verdächtigt«. Weiß er zu viel, und fürchtet das FBI, dass zu viele Details über die Biowaffenforschung der USA ans Licht kommen? Die Karriere Steven Hatfills dürfte wohl beendet sein. Eines aber hat er erreicht. USA-Präsident George W. Busch hat – wie von Hatfill seit Jahren gefordert – mehr Geld bereitgestellt für Biowaffenforschung – im »Kampf gegen den Bio-Terrorismus«.

      Dieser Beitrag erschien am 26. November 2002 im Neuen Deutschland
      Avatar
      schrieb am 27.11.02 17:19:05
      Beitrag Nr. 74 ()
      Zivile Falken - militärische Tauben?
      Warum Teile des US-Militärs gegen einen möglichen Irak-Krieg opponieren

      In der Ausgabe 48 der Wochenzeitung Freitag erschien ein interessanter Artikel von Jürgen Rose über Widersprüche im US-Militär hinsichtlich der Opportunität eines Feldzugs gegen Irak. Wir dokumentieren seine Überlegungen in gekürzter Form. Der Artikel trug die Überschrift: "Häuserkampf und nukleare Glut". (Internetadresse des "Freitag": www.freitag.de)


      Von Jürgen Rose

      Erkennbare Differenzen zwischen Hardlinern der Bush-Regierung wie Vizepräsident Cheney und Verteidigungsminister Rumsfeld einerseits und dem State Department unter Colin Powell andererseits über einen Irak-Krieg sind nicht nur dem Streit über die Rolle der UNO geschuldet. Sie reflektieren auch Stimmungen unter führenden US-Militärs, die vor einer mission creep - dem schleichenden Ausufern einer Invasion - und der Zahl eigener Kriegsopfer warnen.

      Kurz nachdem die vormalige Außenministerin Madeleine Albright im Dezember 1996 ins State Department eingezogen war, kam es zu einer heftigen Kontroverse mit General Colin Powell, zu jener Zeit US-Generalstabschef. Ursache waren Albrights bellizistische Rhetorik und ihre Vorliebe für militärische Interventionen. Ihrem Kontrahenten aus dem Pentagon warf sie "Lahmheit" vor und fragte, warum Amerika solch großartige Streitkräfte habe, wenn Powell nur davon abrate, sie auch einzusetzen. Der konterte, die GI´s seien keine Zinnsoldaten, die sich beliebig auf einem globalen Schachfeld herumschieben ließen.

      Powells Argumentation illustrierte eindrücklich, dass innerhalb moderner Streitkräfte durchaus Denkweisen vorherrschen können, die im Unterschied zur Politik von einer Kultur der Zurückhaltung geprägt sind. Professionelle Soldaten gerade in den USA wissen inzwischen nur zu gut, was Krieg bedeutet, und sind daher mitnichten erpicht darauf, ihn am eigenen Leibe zu erfahren. Sie sind daher entgegen gängiger Vorstellung keine bloßen Handwerker des Krieges - darin liegt ihre Zuverlässigkeit.

      Der aktuelle Konflikt in den USA zwischen den zivilen politischen Entscheidungsträgern und führenden Militärs über einen Angriffskrieg gegen den Irak offenbart dies einmal mehr. Eine Phalanx von Schreibtischkriegern aus den neokonservativen Kreisen der Republikaner - größtenteils ohne irgendwelche persönlichen Erfahrungen in der Welt des Militärs - wirft der Generalität eine fatale Neigung zur Vorsicht vor. Das Militär übe zuviel Einfluss auf die Außenpolitik aus. ...

      Indessen scharen sich auf der langen Liste der Kritiker von Bush viele aktive und pensionierte Militärs, darunter eine illustre Gruppe hoher Generäle wie der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Brent Scowcroft, der Nahost-Sonderemissär Anthony C. Zinni, der einstige NATO-Oberbefehlshaber Europa, Wesley Clark, der Oberkommandierende des Golfkrieges von 1991, Norman Schwarzkopf, Ex-Generalstabschef John Shalikashvili und der vormalige Oberbefehlshaber des U.S. Central Command, Joseph Hoar. Zur Gruppe der Dissidenten ließen sich ebenso der UN-Waffeninspekteur und Ex-Marine Scott Ritter rechnen oder der demokratische Senator John Kerry, Marineoffizier und Vietnamkriegsveteran, sowie der republikanische Senator Chuck Hagel, ebenfalls Veteran der Schlacht um Indochina. ... Sie raten nicht nur vor einem übereilten Schlag ohne Koordination mit den Alliierten ab, sie fragen nach der Exit-Strategie und warnen vor mission creep, sprich: dem schleichenden Ausufern des Krieges.

      Auch die Vereinigten Stabschefs machen gewichtige Gründe geltend, die sie bisher noch vor einem Angriff auf Saddam Hussein zurückschrecken lassen: Dass dessen Militärmacht nur noch ein Papiertiger sei, könne sich als fatales Fehlurteil erweisen. Zwar sind die irakischen Streitkräfte im Golfkrieg 1991 und durch die fortlaufenden Luftangriffe von Amerikanern und Briten bis heute drastisch dezimiert worden und technologisch längst nicht auf der Höhe der Zeit. Dennoch werden die Iraker kämpfen - nicht weil sie den Diktator lieben, sondern ihr Vaterland und zugleich die muslimische Welt gegen die ungläubigen Invasoren aus dem Westen verteidigen wollen. ... Eine Invasion gegen Bagdad könnte sich für das "Neue Rom" als langwierige, äußerst blutige, enorm kostspielige Angelegenheit erweisen.

      Zwei Hauptsorgen kristallisierten sich zur Zeit bei den operativen Konzepten heraus: Wenn die Amerikaner sich selbst glauben und Saddam wirklich über Massenvernichtungswaffen verfügt, dürfte im Kriegsfall jeglicher Anlass entfallen, sie gegen US-Truppen einzusetzen. Die Invasionsarmee der USA müsste mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einem verstrahlten und verseuchten Schlachtfeld kämpfen. ... Zudem liegt auf der Hand, dass der Irak versuchen wird, Israel mit seinem Raketenarsenal anzugreifen. 1991 hatte die israelische Regierung für einen solchen Fall unmissverständlich mit einem nuklearen Gegenschlag gedroht. Diesmal, so ist zu vermuten, wird es nicht bei einer Drohung bleiben.

      Die zweite Sorge der US-Militärs betrifft den Umstand, dass sich der Diktator - umgeben von 80.000 kampferprobten Soldaten seiner Republikanischen Garde - voraussichtlich in der Metropole am Tigris verschanzen wird. Konsequenz: Das US-Invasionskorps müsste sich auf einen extrem schwierigen und hochriskanten Kampf auf einem urbanen Schlachtfeld einlassen, auf dem jedes Haus und jede Ruine zur Festung werden können. Man denke nur an das Desaster der russischen Armee in Grosny Weihnachten 1994, als Dutzende moderner Kampfpanzer und Hunderte von Schützenpanzern in den Trümmer der tschetschenischen Hauptstadt abgeschossen wurden. Zwangsläufig wird in einem solchen Fall der Vorteil militärtechnologischer Überlegenheit stark relativiert. ... Anthony C. Zinni, ehemaliger General der U.S. Marines, merkte hierzu kürzlich an: "Ich möchte nicht in die Städte hinein gesaugt werden. Wir hätten jede Menge Verluste, wir würden massenhaft Zivilisten töten und die Infrastruktur größtenteils zerstören. Schon gar nicht hilfreich wären die Bilder davon, die der Kanal Al-Jazeera ausstrahlen könnte."

      * Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr. Er vertritt in diesem Beitrag nur seine persönlichen Auffassungen.
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      schrieb am 27.11.02 17:54:09
      Beitrag Nr. 75 ()
      Der Tanz der Krieger

      Florian Rötzer 25.11.2002
      Journalisten werden vom Pentagon auf einen Krieg vorbereitet, während die US-Regierung weiterhin Stimmung in Sachen Diktatorensturz betreibt.

      Für den irakischen Außenminister Naji Sabri gibt es, wie er in einem Brief an die UN geschrieben hat, wenig Zweifel daran, dass die UN-Resolution und die Waffeninspektionen nur einen Vorwand für dei US-Regierung darstellen, militärisch gegen den das Regime vorzugehen. Das hat im übrigen auch ein Mitarbeiter der US-Regierung ziemlich deutlich formuliert. Und auch Präsident Bush wird nicht müde, seine Koalition zu schmieden, während das Pentagon schon einmal Journalisten auf den Kriegseinsatz vorbereitet.






      Dass die Regierung im Irak aus Gründen der Selbsterhaltung mit allen Mitteln versucht, einerseits keinen direkten Anlass zu einem militärischen Schlag der USA zu bieten und andererseits die Position der US-Regierung in Misskredit zu ziehen, liegt auf der Hand.



      US-Journalisten beim Pentagon-Traning für den Krieg





      Seit einiger Zeit findet bereits ein undurchsichtiger Schlagabtausch im Bereich der Flugverbotszonen statt. Ob hier tatsächlich immer nur das irakische Militär auf die britischen und amerikanischen Kontrollflugzeuge schießt oder diese auch aktiv und provokativ Stellungen bombardieren, möglicherweise auch, um schon einmal die Lufthoheit zu sichern, mag dahingestellt sein. Auch öffentlich geben amerikanische Politiker zu bedenken, dass sie im Beschuss der Kontrollflugzeuge eine Verletzung der neuen Resolution sehen. Zumindest werden hier schon einmal Punkte gesammelt, die sich addieren lassen ( Das Spiel mit dem Recht, Was ist ein Verstoß gegen die Irak-Resolution?).

      Sabri wirft der britischen und amerikanischen Regierung vor, bislang auch keine Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen in den Händen der irakischen Regierung geliefert zu haben. Vor allem aber kritisiert Sabri den Paragraphen 4 der Resolution, da dieser leicht zum Vorwurf führen kann, die Resolution gebrochen zu haben. Dafür würden schon "falsche Behauptungen oder Auslassungen" in der geforderten Erklärung über die im Irak vorhandenen Waffenproduktionsstätten und -lager, aber auch über die Anlagen und Materialien einen Grund liefern, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen gebraucht werden können. Sabri gibt zu bedenken, dass vielleicht schon ungenaue Formulierungen in einem Bericht mit vielen tausend Seiten als Verletzung der Resolution gelten könnten.

      Sturz der Tyrannen






      Tatsächlich scheint die Sorge des irakischen Außenministers nicht unbegründet zu sein. Präsident Bush hatte sich jedenfalls auf dem Nato-Gipfel in Prag durchsetzen können, so dass eine schnelle Eingreiftruppe zumindest beschlossen wurde, die Nato-Mitglieder voll hinter der Irak-Resolution stehen und Kritiker eines möglichen Militärschlags wie Deutschland sich nur noch zurückhaltend äußern ( Das ist doch der Gipfel!). Dafür rief Präsident Bush schon in Rumänien indirekt zum Sturz des Tyrannen im Irak auf und zog wieder den Vergleich zum Kalten Krieg, in dessen manichäischer Welt Bush und seine Regierung ihre Orientierung gesucht und bislang erfolgreich gefunden haben. Die Rumänen, so Bush am 23. November, wissen den Unterschied von Gut und Böse (wie er selbst), weil sie "das Gesicht des Bösen" gesehen haben:


      "Die Menschen von Rumänien verstehen, dass aggressive Diktatoren nicht befriedet oder übersehen werden können, man muss ihnen stets Widerstand leisten. Ein aggressiver Diktator herrscht jetzt im Irak."




      Bush versprach den Rumänen durch den Beitritt in die Nato größere Sicherheit, aber zugleich die Teilnahme am Krieg gegen die ihren Willen mit "Angst und Mord" durchsetzenden "Fanatiker", unter denen die Welt genug gelitten hätte. Die "Nato und die zivilisierte Welt" greifen die "neuen Feinde der Freiheit" an. Bush verspricht Sieg auf der ganzen Linie und macht deutlich, dass die USA zur Befreiung der Welt durch die Beseitigung von Hussein antreten werden, falls dieser die Resolution verletzt.

      Was ist ein Beweis?


      Dass die Bush-Regierung darauf setzt, ist zwar ein offenes Geheimnis, doch ausgesprochen wurde dies, nachdem man sich zur Zusammenarbeit mit der UN entschlossen hatte, nur von einem der Regierung Nahestehenden. Bei einem Besuch in Großbritannien sagte Richard Perle, Vorstand des Defense Policy Board und einflussreicher Berater der Regierung, auch eine Bestätigung der Waffeninspektoren, dass keine Waffen gefunden werden konnten, keinen Freibrief für Hussein darstelle:


      "Ich kann nicht sehen, wie Hans Blix mehr feststellen kann, als er wissen kann. Alles, was er wissen kann, sind die Ergebnisse seiner eigenen Nachforschungen. Und dies beweist nicht, dass Saddam keine Massenvernichtungswaffen besitzt."




      Es war zu vermuten, dass die Frage des Beweises zu einem Streitpunkt werden dürfte. Und man wird davon ausgehen können, dass die Argumentation bei Bedarf mit sophistischer Spitzfindigkeit geführt werden wird. Einen Vorgeschmack dessen hat der Alpha-Falke Perle bereits vorgeführt:


      "Gehen wir einmal davon aus, dass wir jemanden finden, der an der Entwicklung von Waffen beteiligt war und der sagt, dass es Lager mit Nervengift gibt. Aber man kann sie nicht finden, weil sie so gut versteckt sind. Muss man wirklich das Nervengas in Händen halten, um überzeugt zu sein? Wir haben es nicht mit einer Situation zu tun, in der man Kooperation erwartet."




      Das scheint auf beiden Seiten zuzutreffen. Und die theoretischen (und auch praktischen) Möglichkeiten, etwas in einem Land von 430.000 Quadratkilometern zu verstecken, sind tatsächlich groß. Es gibt Gerüchte, Hussein habe biologische Waffen auf den Land 20 Meter tief in Brunnen versteckt. Chemische oder biologische Waffen könnten sich unter Gebäuden oder künstlichen Seen, in tiefgelegenen Bunkern oder in ganz gewöhnlich aussehenden Lastwagen befinden, die quer durchs Land fahren. Vielleicht hat er bereits Waffen außer Landes geschafft, so dass nun seine "Schläfer" nur auf den Befehl für einen Anschlag warten?

      Die irakischen Flüchtlinge erzählen gerne und viel, um sich bei den Amerikanern beliebt zu machen und ihre Bedeutung zu steigern. Noch mehr Quellen werden sprudeln, wenn der militärische Schlag vor der Türe steht oder bereits begonnen hat. So berichtete etwa Khidhir Hamza vor dem Militärausschuss des US-Repräsentantenhauses, dass er, nachdem er den Irak verlassen hatte, von anderen Flüchtlingen erfahren habe, dass das Regime Menschen oft als Krankheitsübertrager eingesetzt habe:


      "Im Ausland lebende Dissidenten, deren Familien noch im Irak leben, erhalten plötzlich die Nachricht, dass ihre Familien zu ihnen ziehen dürfen. Bevor sie ihre Pässe erhalten, werden sie normalerweise gegen einige Infektionen geimpft. Es gab viele Fälle von ganzen Familien, die auf diese Weise mit HIV und anderen Krankheiten infiziert wurden ... Wenn Pocken ins Ausland vom Irak aus gebracht werden sollen, dann kann man davon ausgehen, dass unwissende Träger, die vermutlich nicht einmal Iraker sein werden, zu den gewünschten Zielorten geschickt werden."




      Journalisten werden auf den Krieg vorbereitet


      Mit einem schönen Titel versah das Pentagon die Kurse, mit denen Journalisten auf die Kriegsberichterstattung vorbereitet werden: "Medien berichten über Medienvertreter, die lernen, über den Krieg zu berichten." Natürlich hätten die Journalisten gedacht, das geschehe in Vorbereitung auf den Irak-Krieg, dem aber natürlich mit der bekannten Phrase entgegen getreten wurde, dass noch keine Entscheidung gefallen sei.

      Angeboten hat das Pentagon die Kurse für künftige Kriegsberichterstatter, nachdem Kritik laut geworden war, weil man keine Journalisten beim Einsatz im Krieg in Afghanistan zugelassen hatte. Ob das ganz anders wird im Irak, darf bezweifelt werden, aber das Pentagon sagt, dass man dies vor allem aus Vorsicht gemacht habe. Jetzt werden daher die willigen Reporter angeblich schon einmal trainiert, um im Kriegsfall sich besser schützen zu können und weniger ein Ballast zu sein. Dabei erfahren sie auch, wie gemein biologische und chemische Waffen sein können, wie man schnell Gasmasken aufsetzt oder aus Hubschraubern aus- und einsteigt. Und auch andere Strapazen machen die Medienmenschen anscheinend gerne mit, um dann auch wirklich vorne mit dabei sein können. Zum Abschluss gab es noch einen Marsch mit Gepäck, Überfällen aus dem Hinterhalt und einem simulierten Gasangriff.

      Gleichwohl wird vom "Einbetten" der Journalisten gesprochen, also dass sie nicht frei herumlaufen, sondern schön im Tross dorthin gehen sollen, wo man sie haben will - und die dann auch möglichst nur Gutes über das Militär berichten.


      "Wir wollen Journalisten mit uns haben, die genug Erfahrung haben, um richtig über das Militär zu schreiben, die Ränge zu kennen, die Taktiken und die Ausrüstung zu verstehen und genug Selbstschutz und Feldkenntnisse zu haben, so dass sie sich nicht selbst, die Mission oder die Marines gefährden." - Brigadegeneral Andrew Davis




      Die Medienvertreter selbst würden nur gerne deutlich als Nicht-Soldaten in Erscheinung treten. "Besonders in einigen Teilen dieser Welt", so ein Journalist des Fernsehsender ABC, "glaubt man, dass die amerikanischen Medien auf der Seite des amerikanischen Militärs stehen. Ich glaube nicht, dass das stimmt, aber so wird das wahrgenommen." Wobei vermutlich auch deutliche Zivilkleidung nicht helfen dürfte, wenn die Journalisten im Gefolge und unter dem Schutz der amerikanischen Soldaten deren Kampf gegen ihre Feinde beobachten.
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      schrieb am 27.11.02 17:59:19
      Beitrag Nr. 76 ()

      Flugblatt, das vom Pentagon am 8.11. über dem Irak abgeworfen wurde
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      schrieb am 27.11.02 19:41:34
      Beitrag Nr. 77 ()
      Irak-Politik

      Wieczorek-Zeul wirft USA blanken Zynismus vor

      Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat die Irak-Politik der USA und ihr Verhalten gegenüber den Bündnispartnern scharf angegriffen. Sie verurteilte die Planspiele in Washington, gegen den Irak Krieg führen zu wollen und anderen Staaten die Finanzierung des Wiederaufbaus zu überlassen.


      DPA

      Heidemarie Wieczorek-Zeul


      Hamburg - "Das ist blanker Zynismus", sagte die Ministerin in der Sendung "Maischberger" auf n-tv. Die Kriegsdiskussionen widerten sie an, zumal die Kosten eines Krieges vier Mal so hoch seien wie die weltweiten Ausgaben für Entwicklungs-Zusammenarbeit in einem Jahr.

      Gegen den Vorwurf, die rot-grüne Regierung habe ihre Haltung zu einem möglichen Irak-Krieg geändert, wehrte sich Wieczorek-Zeul. "Die Gewährung von Überflugrechten hat mit einer Beteiligung Deutschlands nicht das Geringste zu tun."

      Auch die ehemalige verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, kritisierte die US-Politik. Sie nannte einen Angriff auf den Irak ohne neue Resolution der Uno in der gleichen Sendung "ganz klar völkerrechtswidrig". Für ihre Partei bestehe wegen des Kurses der Bundesregierung derzeit erheblicher Diskussionsbedarf, da die Aussagen der vergangenen Tage "widersprüchlich" gewesen seien, räumte sie ein. Beer wertete die Angebote von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) an die Amerikaner etwa zu den Überflugrechten "ein klares Abrücken von Wahlkampfaussagen". Deutschland dürfe aus verfassungsrechtlichen Gründen "bei einem Angriffskrieg keine Überflugrechte erteilen".
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      schrieb am 27.11.02 22:19:31
      Beitrag Nr. 78 ()
      Mittwoch, 27. November 2002
      Bush "schwachsinnig" genannt
      Rücktritt in Kanada

      Die Sprecherin des kanadischen Premiers ließ einmal alle diplomatischen Gepflogenheiten außen vor. Am Rande des Nato-Gipfels in Prag sprach sie "rein privat" mit einem Journalisten - und nannte dabei den US-Präsidenten George W. Bush einen "Schwachsinnigen". Nun ist die 40-jährige Francoise Ducros zurückgetreten, allerdings ohne ein Wort der Entschuldigung.

      Kanadas konservative Opposition hatte bereits zuvor umgehend den Rücktritt der Regierungssprecherin gefordert, die als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten im Umfeld Chrétiens galt. Politiker der Partei Canadian Alliance warfen der von den Liberalen gestellten Regierung vor, einen "Anti-Amerikanismus" zumindest zu billigen, der Kanadas Beziehungen mit dem mächtigen Nachbarland Schaden zufüge.

      Chretien: Bush ist kein Schwachsinniger

      Chrétien deutete nach einer heftigen Debatte im kanadischen Parlament an, dass er den Rücktritt Ducros nur mit Bedauern akzeptiert habe. "Sie war sehr gut, eine sehr kompetente Person, die mir und der Regierung sehr gute Dienste erwiesen hat." Er hatte sich in der vergangenen Woche um Entspannung bemüht und erklärt, Bush sei "alles andere als ein Schwachsinniger, er ist ein Freund. Meine persönlichen Beziehungen mit dem Präsidenten sind äußerst gut".

      In den USA war der Fall mit weit mehr Gelassenheit aufgenommen worden, als der angebliche Vergleich zwischen Bush und Hitler durch die SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin während des bundesdeutschen Wahlkampfes. Sie hatte trotz mehrfacher Dementis ihr Amt als Justizministerin verloren. Zur Äußerung der Chrétien-Sprecherin hieß es in Washington lediglich, sie entspreche offensichtlich nicht der Meinung der kanadischen Regierung.

      Der 68-jährige Chrétien, der nach Angaben kanadischer Medien in Washingtoner Kreisen als "politischer Dinosaurier" bezeichnet wird, hatte enge freundschaftliche Beziehungen zu Bill Clinton unterhalten. Politische Beobachter wiesen darauf hin, dass der Kanadier, der unter anderem in der Irak-Frage andere Auffassungen vertrete als Bush, bisher noch nicht auf die Privatranch des US-Präsidenten eingeladen worden sei.
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      schrieb am 01.12.02 21:12:28
      !
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      schrieb am 01.12.02 21:21:48
      Beitrag Nr. 80 ()
      Frieden durch Angriffskriege?
      Das zivilisatorische Projekt (des Westens) steht am Scheideweg

      Von Dieter S. Lutz*

      "Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts." (1) Dieses oft zitierte Wort des Friedensnobelpreisträgers und vormaligen Bundeskanzlers Willy Brandt aus dem Jahre 1982 steht vorläufig am Schluss einer kulturhistorischen und politischen Entwicklung, die dem Begriff Frieden über Jahrhunderte hinweg sowohl stark unterschiedliche Inhalte als auch abweichende Wertschätzungen zuwies. Heute dagegen wird der Begriff "Frieden" als Ziel politischen Handelns weltweit von fast allen politischen Systemen und Gruppierungen ausschließlich positiv in Anspruch genommen.

      Spätestens seit der Verabschiedung der Charta der Vereinten Nationen am 26. Juni 1945 kann Frieden sogar als das zivilisatorische Projekt des Westens, wenn nicht gar der Einen Welt überhaupt, bezeichnet werden. Was dies meint, gibt die Präambel und Art. 1 Ziff. 1 der UN-Charta wieder: "Wir, die Völker der Vereinten Nationen, fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren . . . setzen (uns) folgende Ziele: . . . den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um . . . Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen."

      Mit anderen Worten: Das zivilisatorische Projekt zielt auf die Abschaffung von Krieg als Institution und auf die Eliminierung von Gewalt als gesellschaftliche und zwischenstaatliche Verkehrsform. An die Stelle von Machtinteressen und des Rechts des Stärkeren soll Gerechtigkeit und die Stärke des Rechts treten.

      Ob und in welchem Umfang das Projekt zu Zeiten des Ost-West-Konfliktes überhaupt zu realisieren war, mag dahingestellt bleiben: Nach Ansicht vieler standen Abschreckungssystem und Kalter Krieg in den Jahrzehnten nach 1945 nicht nur der Abrüstung und der Bildung einer effektiven Sicherheitsordnung entgegen, sondern auch der Verwirklichung einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung.

      Die Hoffnung der Menschen, ja das Versprechen der Politik zu Zeiten des Ost-West-Gegensatzes aber war es, Kriege, aber eben nicht nur Kriege, sondern auch die anderen großen existenziellen Probleme wie Hunger, Massenarmut oder Umweltverschmutzung und Klimaveränderung zu lösen, wenn nur erst einmal Abschreckungssystem und Nuklearkriegsgefahr beseitigt wären. Die Überwindung des Ost-West-Konfliktes war somit immer sowohl Teil des zivilisatorischen Projektes als auch die Voraussetzung seiner Vollendung.

      Entsprechend euphorisch waren die Erwartungen, die das Ende des Ost-West-Konflikts nach 1989 begleiteten. In der "Charta von Paris", der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der KSZE-Staaten von 1990, heißt es zum Beispiel: "Europa befreit sich vom Erbe der Vergangenheit . . . Nun ist die Zeit gekommen, in der sich die jahrzehntelang gehegten Hoffnungen und Erwartungen unserer Völker erfüllen."

      Heute, zwölf Jahre nach der Pariser Charta, sind nicht nur Euphorie und Hoffnungen verflogen. Das große zivilisatorische Projekt selbst - so scheint es - gerät zunehmend in Vergessenheit. Mehr noch: Die machttrunkenen Sieger des Ost-West-Konfliktes beginnen sogar, das Projekt in sein Gegenteil umzukehren: "Eine Dekade nach dem Ende des großen weltumspannenden Ost-West-Konfliktes" - so Ernst-Otto Czempiel - "sieht es in der Politik unerwartet düster aus. . . . Die Gewalt, so scheint es, ist auf dem Weg, sich all jener Fesseln zu entledigen, die ihr bisher vom System westlich-liberaler Normen und Werte, von der historischen Vernunft und vom Blick auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag angelegt worden waren." (2)

      Und auch das jüngste "Friedensgutachten 2002" der fünf führenden deutschen Friedensforschungsinstitute stellt unter der Überschrift "Zur gegenwärtigen Situation: Aktuelle Entwicklungen und Empfehlungen" warnend fest: "(Es) zeichnet sich ein Politikwechsel ab: Militärische Gewalt soll enttabuiert und in das Arsenal gewöhnlicher außenpolitischer Instrumente zurückgeholt werden. Der ordnungspolitische Kern der UN und ihre größte Errungenschaft, das Gewaltverbot der Staaten, wird ausgehebelt, wenn der stärkste Staat dazu übergeht, gefährliche Regime durch Krieg zu beseitigen." (3)

      Mit dem Hinweis auf den "stärksten Staat" im Zitat des Friedensgutachtens ist insbesondere die einzige verbliebene "Supermacht" angesprochen, deutlicher: die "Hypermacht" USA. Sie, die Vereinigten Staaten von Amerika, sind es, die nach den revolutionären Umbrüchen von 1989/90 zunehmend mit dem Konsens der Vergangenheit brechen, immer öfter aus der Gemeinschaft der Staaten und Völker ausscheren und möglicherweise - wenn auch ungewollt - Gefahr laufen, zu einem weitaus größeren Risiko für den Weltfrieden zu verkommen als es Länder wie gegenwärtig etwa der als "Schurkenstaat" indizierte Irak je vermochten oder vermögen werden.

      Zu Recht zwar sieht Europa die USA noch immer auch als Vorbild. Die USA haben erreicht, was für andere Kontinente - auch Europa - noch aussteht: ein föderatives System, eine Bundesverfassung, eine gemeinsame Sprache, einen einheitlichen Rechtsraum, eine einzige Währung, eine gemeinsame Armee, keinen Krieg (im Wortsinne) auf eigenem Boden!

      Aber kann es Europa wirklich akzeptieren, wenn sein Vorbild Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag nicht beachtet, Schulden bei den Vereinten Nationen (in Höhe von Milliarden Euro) nicht oder nur zögerlich und spät bezahlt, nichtregenerierbare Rohstoffe rücksichtslos wie kein anderes Land verbraucht, die Umwelt wie niemand sonst verschmutzt? Kann Europa wirklich schweigen, wenn die USA anders als der "Rest" der zivilisierten Welt Verträge wie das Landminen-Abkommen, die Vereinbarung über die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofes oder wie das Abkommen über das Verbot des Tests nuklearer Waffen nicht unterschreiben oder gar zu torpedieren versuchen?

      Richtig bleibt, dass nirgendwo auf der Welt zwischen zwei Regionen eine solch freundschaftliche, von hohen Sympathiewerten und zugleich ökonomischer Effizienz geprägte Beziehung besteht wie zwischen Europa und insbesondere Deutschland einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits. Gleichwohl kann nicht übersehen werden, dass Europa und Amerika im zunehmenden Maße getrennte Wege gehen. "Es ist an der Zeit", so Robert Kagan von der Carnegie Endowment for International Peace in Washington, "mit der Illusion aufzuräumen, Europäer und Amerikaner lebten in ein und derselben Welt oder besäßen gar ein gemeinsames Weltbild." (4)

      Insbesondere außenpolitisch scheiden sich mittlerweile immer wieder die Geister: Nationale Größe und "Second to None!" oder seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes noch unverblümter und unverbrämt: "America First!" sind Ziele und Werte, die sich auf Dauer nur ein Staat mit dem Willen zum Hegemon, ja zur imperialen Herrschaft zu Eigen macht - zuerst nur mitunter, dann immer häufiger und schließlich als Regel auch jenseits des Völkerrechts, in jedem Fall zu Lasten Dritter, gegebenenfalls auch der eigenen Verbündeten in Europa.

      Globale Interventionsfähigkeit und "power-projection" sind ferner außen- und interessenpolitische Orientierungen, die das Wesen einer militärischen Supermacht ausmachen, die den meisten europäischen Staaten aber grundlegend fremd sind. Die Folgen reichten bereits in den vergangenen Jahren vom völkerrechtswidrigen Helms-Burton-Gesetz/Libertad-Act über gigantische Rüstungsausgaben bis hin zur nahezu absoluten Dominanz in einer Vielzahl internationaler Organisationen, darunter insbesondere die Nato.

      Mit ziviler Vorsorge und präventiver Friedenspolitik jedenfalls, wie sie die europäischen Konfliktlagen dringend erfordern - sei es in Bosnien oder in Kosovo, sei es auf Zypern oder in Mazedonien, sei es im Kaukasus oder in Tschetschenien und anderen Krisen- und Kriegsgebieten mehr -, hat eine solche politische Orientierung wenig gemein.

      Es sind also nicht erst (und ausschlaggebend) die grauenvollen Verbrechen vom 11. September des Jahres 2001, welche die USA vom gemeinsamen zivilisatorischen Projekt haben Abstand nehmen lassen. Europa wollte (und will) das Projekt vor dem Hintergrund seiner historischen Erfahrungen vor und nach den Zweiten Weltkrieg.

      Die USA dagegen stützten es mit Blick auf Abschreckung und Nuklearkriegsgefahr vor allem aus der vermeintlichen Position relativer Schwäche, sprich: abschreckungsbedingter Verwundbarkeit. Oder in Worten Robert Kagans: "Als die USA schwach waren, verfolgten sie die Strategie der Schwachen; nun, da sie mächtig sind, benehmen sie sich auch wie ein mächtiger Staat . . . Die militärische Stärke der Vereinigten Staaten hat in den USA die Neigung wachsen lassen, diese Stärke auch auszuspielen." (5)

      Aus der Sicht einer Reihe europäischer Staaten bot der historische Umbruch von 1989/90 die Jahrhundertchance, die Lehren und Einsichten aus der Vergangenheit konzeptionell mit den neuen Gefahren und Bedrohungen hoch entwickelter Staaten und Gesellschaften, darunter auch der weltweite Terrorismus, zu verbinden. Die dominante Macht des siegreichen "Westens" war an dieser Chance jedoch nicht interessiert, ließ sie im Gegenteil ungenutzt verstreichen.

      Nach einer kurzen ersten Periode zu Beginn der 90er Jahre, in der sich Euphorie und Larmoyanz mischten, wurde begonnen, Fehler auf Fehler zu setzen, ja das zivilisatorische Rad selbst wieder zurückzudrehen: Die Nato, im Selbstverständnis die "mächtigste Militärallianz aller Zeiten", fing an, gesteuert von ihrer Vormacht USA, nach und nach ihre zivile Konkurrenz, die OSZE, "wegzubeißen" und (mit etwas Verzögerung) auch die Vereinten Nationen zurückzudrängen.

      Kriegsverhütung als Doktrin wurde aufgegeben, und die Verteidigungskräfte wurden bzw. werden zu Einsatzarmeen umgebaut.

      An Stelle von Interessenausgleich wird seither Interessendurchsetzung, die Erweiterung des Interessenspektrums und die Ausdehnung des militärischen Interessen- und Einsatzgebietes propagiert. Die Stärke des Rechts, Kernelement des zivilisatorischen Projektes, wurde spätestens 1999 im Kosovo-Krieg durch das Recht des vermeintlich Stärkeren in ihr Gegenteil verdreht - ein erster, aber entscheidender Schritt auf dem Weg zum Strategiewechsel, weg von der Abschreckung hin zum Präventivkrieg, wie er nunmehr nachdrücklich in der aktuellen "National Security Strategy of the United States of America" vom 17. September 2002 legitimiert wird: "Wir dürfen unsere Feinde nicht zuerst zuschlagen lassen."

      Zwischenschritte auf diesem Weg finden sich in einer Reihe von Regierungsdokumenten und Reden des US-Präsidenten oder anderen Vertretern der Administration, darunter der "Transformation Study Report. Prepared for the Secretary of Defense" vom 27. April 2001 oder der "Annual Report to the President and the Congress, Washington D.C., 2002" durch den Verteidigungsminister (Secretary of Defense), in denen die Transformationsziele des Pentagons beschrieben werden.

      Zu den Zwischenschritten gehören aber schon heute reale politische Maßnahmen und Entscheidungen mit weitreichender strategischer Natur wie einerseits die Entwertung der Rüstungskontrolle, darunter die Kündigung des ABM-Vertrages zum 14. Juni 2002 oder die Ablehnung des Verifikationsprotokolls zur Stärkung des B-Waffen-Übereinkommens und andererseits der Beschluss immer neuer Rüstungsprogramme, darunter insbesondere die Beschaffung von Raketenabwehrsystemen und die umfassende Modernisierung der Nuklearstreitkräfte. Nicht zu vergessen auch die gewaltigen Steigerungsraten im Verteidigungshaushalt des Pentagon: Im Haushaltsjahr 2003 werden sich die Ausgaben auf zirka 396 Milliarden US-Dollar belaufen - der nominell höchste Militäretat aller Zeiten und etwa die Hälfte aller Weltmilitärausgaben von über 190 Staaten insgesamt.

      Vor diesem Hintergrund ist es zu sehen, wenn US-Präsident George W. Bush in seinen Reden droht: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" oder US-Verteidigungsminister Donald H. Rumsfield die Herausforderung des neuen Jahrhunderts darin erblickt, die Nation zu verteidigen, und zwar "gegen das Unbekannte, das Ungewisse, das Unsichtbare und das Unerwartete". (6)

      Wer so denkt, spricht und handelt, provoziert, was er zu verhüten vorgibt: ein sich ständig drehendes Rüstungskarussell und nimmer enden wollende Serien von Kriegen.

      Europa und insbesondere Deutschland sollten sich an beidem nachdrücklich nicht beteiligen.

      Europa und insbesondere Deutschland sollten im Gegenteil unbeirrt am zivilisatorischen Projekt festhalten, stets und beharrlich nach neuen Bündnispartner suchen und im Übrigen keinesfalls nachlassen im Bemühen, die USA von ihrem katastrophalen Irrweg abzubringen.

      Fußnoten:
      Willy Brandt, Friedenssehnsucht und Friedenspolitik. In: 100 Jahre Verlag J.H.W. Dietz Nachf. 1881 bis 1981, Bonn 1982, S. 13-23, hier S. 20
      Ernst-Otto Czempiel, Kehrt der Krieg zurück? Anamnese einer Amnesie. In: Merkur 635/2002, S. 197-209, hier S. 197f
      Friedensgutachten 2002, S. 3
      Robert Kagan, Die Wege Europas und der USA trennen sich. In: Frankfurter Rundschau vom 16. Oktober 2002, S. 14
      Ebenda
      Donald Rumsfield, Transforming the Military. In: Foreign Affairs May/June 2002, S. 23
      Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine Stellungnahme, die Prof. Dr. Dieter S. Lutz, der Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) im Oktober 2002 für die Gustav-Heinemann-Initiative verfasst hat. Wir haben den Text lediglich um ein paar Fußnoten "erleichtert". Die Stellungnahme (mit allen Nachweisen) ist sowohl auf der Homepage des Instituts (www.ifsh.de) als auch der Gustav-Heinemann-Initiative (www.gustav-heinemann-initiative.de) verfügbar.
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      schrieb am 01.12.02 21:29:41
      Beitrag Nr. 81 ()
      Erst provozieren, dann zuschlagen

      Dirk Eckert 29.11.2002
      US-Militär will bei verdeckten Operationen mitmischen

      Im "Krieg gegen den Terror" setzt das Pentagon zunehmend auf verdeckt agierende Spezialeinheiten. In Afghanistan sind diese auf der Suche nach Mitgliedern von al-Qaida. Bei einem Krieg gegen Irak dürften es ebenfalls die Einheiten des US Special Operations Command (USSOCOM) sein, die das Land nach Massenvernichtungswaffen durchsuchen oder Mitglieder des Hussein-Regimes aufspüren werden. Jetzt plant die Regierung, zusätzliche Milliarden für das USSOCOM bereitzustellen und die Spezialeinheiten einem neuen Gremium aus Militär und CIA zu unterstellen.






      In der bisher unveröffentlichten Studie für das Verteidigungsministerium unter dem Titel "Summer Study on Special Operations and Joint Forces in Support of Countering Terrorism" hat das "Defense Science Board", ein Beratergremium des Verteidigungsministeriums, empfohlen, die Zuständigkeiten für verdeckte Operationen neu zu strukturieren. Die Experten schlagen vor, eine "Proactive, Preemptive Operations Group" (P2OG) einzurichten, deren Aufgabe nach Informationen des Militärexperten William Arkin wäre, die verdeckten Operationen von CIA und Militärs zusammenzuführen. Verantwortlich für die P2OG soll eine neu zu schaffende "Special Operations Executive" im National Security Council (NSC) sein.





      "Unsere Aufgabe ist es, die Feinde zu finden und zu vernichten, bevor sie uns angreifen", hatte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Mai gesagt. Präventivschläge wurden denn auch in die jüngst veröffentlichte National Security Strategy der Bush-Regierung aufgenommen ( Amerikanischer Internationalismus). Offenbar sollen solche Präventivschläge auch mit Spezialeinheiten ausgeführt werden. Denn als ein mögliches Einsatzszenario nennt das Defense Science Board verdeckte Aktionen, die terroristische Gruppen zu Reaktionen veranlasst. Wenn diese sich dann zeigten, könne das amerikanische Militär schnell zuschlagen. Wie das aussehen könnte, hat das US-Militär am 4. November vorgemacht ( Schuss aus der Ferne). Damals tötete eine Hellfire-Rakete, abgeschossen von einem Unbemannten Flugobjekt vom Typ Predator, mutmaßliche Terroristen im Jemen.

      Geheime Elite-Armee geplant


      Von der möglicherweise "größten Ausdehnung verdeckter Aktionen durch die Streitkräfte seit dem Vietnam-Krieg", spricht Arkin. Das Pentagon plane eine "geheime Elite-Armee", die auf das "gesamte Spektrum verdeckter Aktionen" zurückgreifen könne. Arkin schreibt unter Berufung auf Beamte des Pentagon, das Militär setzte deshalb verstärkt auf eigene Spezialtruppen, weil es mit der Arbeit von Geheimdiensten, Behörden und einem Großteil des ganzen Regierungsapparates, der sich mit Heimatsicherheit beschäftige, unzufrieden sei. Zudem wolle der Verteidigungsminister die gesamte Kontrolle über den "Krieg gegen den Terror" an sich ziehen.

      William Schneider Jr., der Vorsitzende des Defense Science Board, argumentierte dagegen, sein Gremium wolle nicht in die Autorität anderer Behörden eingreifen, sondern nur Wege finden, wie die Einheiten für Special Operations noch mehr in den Krieg gegen den Terror einbezogen werden können. "Die CIA führt die Pläne aus, aber sie benutzt die Mittel des Verteidigungsministeriums", beschrieb er die Arbeitsteilung.

      Verdeckte "Counter-Terror"-Aktionen gehen laut Arkin auf die Geiselnahme im Iran 1979 zurück. 1982 wurde die Intelligence Support Activity (ISA) geschaffen, die vom Nahen Osten bis nach Südamerika im Anti-Drogenkrieg und für "Counter-Terror" eingesetzt wurde. Als "Gray Fox", wie der Codename mittlerweile lautet, ging die Spezialeinheit in Bosnien auf Jagd nach serbischen Kriegsverbrechern und war bei der Verhaftung des kolumbianischen Drogenbosses Pablo Escobar beteiligt.

      Heute sind alle Spezialeinheiten, darunter "Army`s Rangers", "Green Barrets" oder "Navy Seals", dem US Special Operations Command (USSOCOM) mit Sitz in Florida unterstellt. Ein Unterkommando, das 1980 gegründete Joint Special Operations Command (JSOC), ist für die verdeckten Operationen zuständig. Sein Sitz ist in Fort Bragg in North Carolina, dem "Epizentrum der verdeckten Operationen", so Militärexperte Arkin. Das JSOC darf auch im Inneren Einsätze durchführen, etwa bei der Einführung des Präsidenten oder Olympischen Spielen. Normalerweise ist dem US-Militär aufgrund des Posse Comitatus Act der Einsatz im Inneren untersagt ( Der Feind steht im eigenen Land). In Fort Bragg sitzen auch die berüchtigten Special Forces Operational Detachment Delta, besser bekannt als Delta Force. "Die Existenz des hoch geheimen Kommando wurde bis heute nicht offiziell bestätigt", so Arkin.

      Unter dem Namen Task Force 11 gehen Seals und Delta Force seit der Operation Anaconda auf die Jagd nach geflohenen al-Qaida-Mitgliedern, die irgendwo in Dörfern und Bergen in Afghanistan untergetaucht sind oder versuchen, sich nach Pakistan abzusetzen. Dabei sind die Spezialeinheiten ausgestattet mit GPS-System, Nachtsichtgeräten oder einem Videosystem, das gerade in Afghanistan getestet wurde. Das Militär verspricht sich davon eine weitere Verfeinerung der Kriegsführung einschließlich Treffsicherheit. Dabei sollen Bilder beinahe in Echtzeit zwischen kämpfender Truppe und Hauptquartier ausgetauscht werden können.

      Spezialeinheiten kamen auch schon im Vietnam-Krieg zum Einsatz. John Pike von GlobalSecurity.org sieht aber wegen der verbesserten Technik einen grundsätzlichen Unterschied zu damals: "Die Amerikaner greifen heute eher aus dem Hinterhalt heraus an als selbst aus dem Hinterhalt angegriffen zu werden."

      Das Militär verdeckte Operation durchführen zulassen, ist u.a. deswegen rechtlich problematisch, weil das Militär nicht denselben Regeln unterliegt wie die CIA. So muss der Geheimdienst dem Kongress über seine verdeckten Aktivitäten Bericht erstatten. Sollte die P2OG beim National Security Council (NSC) angesiedelt werden, liefe das auf eine Stärkung des Präsidenten hinaus, dem der NSC unterstellt ist. Dem Parlament könnte damit die Kontrolle über verdeckte Operationen entgleiten.
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      schrieb am 03.12.02 12:16:57
      Beitrag Nr. 82 ()
      "Wir sind die wahren Patrioten"
      Bernd Hendricks berichtet aus den USA

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Bericht über die großen Anti-Kriegs-Demonstrationen vom 26.10.2002 in den USA. Der Autor, Bernd Hendricks hatte uns auch schon einen Bericht über die Central-Park-Kundgebung in New York geschickt. Hendricks unterhält eine eigene deutschsprachige Internetseite in den USA: www.springwords.com – Storys von den Straßen New Yorks.


      New York, 26.10.02 - Zehntausende Amerikaner demonstrierten am Samstag in zahlreichen Städten der Vereinigten Staaten gegen den geplanten Irakkrieg. Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich in der Hauptstadt Washington D.C. 100.000 Menschen am Vietnam-Mahnmal. Redner warfen der Bush-Regierung vor, mit den Kriegplänen von den Problemen des Landes wie Armut und Unternehmensskandale ablenken zu wollen.

      “Kümmern Sie sich lieber um die obdachlosen Kriegsveteranen, die vor dem Zaun des Weißen Hauses betteln müssen,” forderte die Congress-Abgeordnete Cynthia McKinney von Präsident Bush. McKinney warnte vor Einschränkungen der Bürgerrechte, die von der Regierung mit patriotischen Slogans bemäntelt würden. “Die wahren Patrioten Amerikas stehen hier”, sagte die Abgeordnete. “Wir repräsentieren das Richtige und Gute in unserem Land.” Die Demonstranten marschierten vom Mahnmal zum Weißen Haus, wo sie Plakate mit Aufschriften wie “Kein Blut für Öl” und “Regimewechsel in den USA” hochhielten. Zu den Rednern in Washington zählten die Bürgerrechtler Rev. Jesse Jackson und Rev. Al Sharpton aus New York sowie die Musikerin Patti Smith.

      In San Francisco protestierten nach Schätzung der Organisatoren zwischen 50.000 und 100.000 Menschen, die vor allem aus Kalifornien angereist waren – Beobachter der Westküste waren von der Größe der Demonstration überrascht. Tausende US-Bürger versammelten sich auch in Portland, (Oregon), Seattle, Chicago, in den Bundesstaaten Texas und Kansas, Michigan, Maine, Vermont, in Madison (Wisconsin), in Nashville (Tennessie) und in Dutzenden anderen Orten. Rund 2.000 Bürger des Örtchens Taos im Bundesstaat New Mexico zogen zum Wohnhaus von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Gegen ihren prominenten Nachbarn erhoben sie symbolisch “Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.”

      Der Tag war überschattet vom Tod des Senators Paul Wellstone, der am Vortag mit einem Privatflugzeug in seinem Heimatstaat Minnesota abgestürzt war. Wellstone galt in der Hauptstadt als Kriegsgegner. Vor anderthalb Wochen stimmte er im Senat gegen eine Resolution, die Präsident Bush freie Hand für einen Angriff auf Irak gibt. Wellstone, der die Antikriegsbewegung unterstützt hatte, war auf dem Weg zu einem Wahlkampfauftritt in Minnesota, als das Flugzeug offenbar infolge schlechten Wetters abstürzte. Mit ihm kamen Ehefrau und Tochter, Mitarbeiter und Piloten ums Leben. Kundgebungsredner im ganzen Land nannten den Tod Wellstones einen großen Verlust für das “andere Amerika”.

      Das “andere Amerika” scheint in den jüngsten Umfragen zum Irakkrieg das Meinungsbild zu dominieren. Nur eine Minderheit setzt sich enthusiastisch für einen Krieg gegen den Irak ein. Afroamerikaner stellen den größten Anteil der Kriegsgegner. Viele Amerikaner haben die mysteriösen Umstände nicht vergessen, unter denen George Bush vor zwei Jahren an die Macht gekommen war. Sie sind verbittert, weil der außenpolitische Kurs der Regierung das Ansehen Amerikas in der Welt ruiniert. Laut Medienumfragen sind die meisten Amerikaner der Auffassung, daß die Regierung sich statt den Kriegsvorbereitungen lieber den wirtschaftlichen Problemen des Landes widmen sollte.

      Viele Aktivisten werteten den Protesttag “als Beginn einer neuen Friedensbewegung in den Vereinigten Staaten.” Umstritten ist noch, welche Themen mit ihrem Friedensengagement verknüpft werden sollen. Die Aufrufe von Antikriegsveranstaltungen der vergangenen Wochen enthielten u.a. auch eine scharfe Kritik der israelischen Politik gegenüber Palestina, ohne auf die Selbstmordanschläge palestinensicher Terroristen einzugehen. Das habe nach Auffassung einiger Aktivisten viele regierungskritische Amerikaner, die Israel mit Sympathie gegenüberstehen, von der Kundgebungsteilnahme abgehalten.

      Die nächste Friedensdemonstration wird in Washington im Januar stattfinden, gefolgt von einem Friedensratschlag, einer “Volksfriedenskonferenz”, auf der interessierte Amerikaner ihre Strategie im Falle eines Irakkrieges beraten werden.
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      schrieb am 04.12.02 10:15:13
      Beitrag Nr. 83 ()
      Waffeninspektion im Irak

      Bush wird ungeduldig

      Das Vorgehen der Uno-Waffeninspektoren ist den USA offenbar zu lax. Die Kontrolleure machten es Saddam Hussein zu leicht, indem sie nicht mehrere Orte gleichzeitig überprüften, schimpfen Regierungsvertreter. Verteidigungsminister Rumsfeld stellte indes klar, dass die USA weiter einen Regimewechsel im Irak anstreben.



      REUTERS

      "Er hat die Wahl": US-Präsident Bush


      Washington - Die USA dringen Regierungskreisen zufolge auf ein aggressiveres Vorgehen der Uno-Inspektoren bei deren Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak. Die Inspektoren sollten nach US-Ansicht gleichzeitig verschiedene Orte überprüfen, um den Irak stärker unter Druck zu setzen, sagte ein ranghoher US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. "Verschiedene Orte, unterschiedliche Themen, unterschiedliches Personal, verschiedene Anlagen - das volle Programm." So solle es Iraks Präsident Saddam Hussein erschwert werden, seine Waffenprogramme zu verbergen.

      Ein "viel größeres Inspektorenteam, das Tag für Tag mehrere Inspektionen vornimmt, würde den Irak im ganzen Land auf die Probe stellen. Damit erhielte man eine Basis, auf Grund derer eine Entscheidung getroffen werden könnte, oder zumindest anderen deutlich gemacht werden könnte, dass sie nicht kooperieren", sagte der Regierungsvertreter.

      Der Chefinspektor der Vereinten Nationen, Hans Blix, sei den US-Vorschlägen jedoch am Montag bei einem Treffen mit der nationalen Sicherheitsberaterin der USA, Condoleezza Rice, mit Skepsis begegnet, hieß es. Bei ihrem Treffen erörterten Blix und Rice außerdem das Vorgehen, wenn der Irak die von den Vereinten Nationen geforderte Erklärung zu seinen Waffenprogrammen abgegeben hat. Der Irak hat diese Erklärung für Samstag angekündigt. Das Land bestreitet den Besitz von Massenvernichtungswaffen.

      US-Präsident George W. Bush bekräftigte, der Irak müsse seine Massenvernichtungswaffen aufgeben: "Er hat die Wahl. Und wenn er nicht abrüstet, werden die Vereinigten Staaten eine Koalition anführen und ihn entwaffnen, im Namen des Friedens."

      Nicht unbegrenzt Zeit

      Aus der US-Regierung verlautete, man wolle den Uno-Inspektoren noch mindestens drei bis vier Wochen Zeit geben, um Ergebnisse zu produzieren. Wenn Blix danach nicht energischere, beschleunigte Inspektionen in Gang setze, oder wenn der Irak die Inspektionen behindere, wollten die USA dem Uno-Sicherheitsrat detailliert darlegen, was sie über die irakischen Waffenprogramme wüssten, sagte der US-Regierungsvertreter. "Die Vorstellung, die Inspektionen hätten einen unbegrenzten Zeithorizont, ist schlicht nicht zutreffend", sagte er.

      In der US-Regierung ist Blix` Vorgehensweise als klassische Rüstungskontrolle bezeichnet worden, in der die Experten sich methodisch von Anlage zu Anlage vorarbeiten. Dies gebe dem Irak jedoch mehr Zeit, Dinge zu verstecken, zu verzögern, die Taktik der Inspektoren zu entschlüsseln und darauf zu reagieren. Deshalb müssten die Inspektionen mit mehr Leuten und größerem Tempo vorgenommen werden.

      Auch US-Außenminister Colin Powell sagte am Dienstag auf dem Weg nach Kolumbien, es mangele den Waffeninspektionen noch an Kraft und Tempo. "Ich kann nicht sagen, dass die Inspektionen wie vorgesehen laufen", sagte er. "Wir müssen vorsichtig sein und beobachten, was in den kommenden Tagen und Wochen passiert, aber ich denke, sie hatten einen guten Start."

      Am Dienstag hatten die Waffeninspektoren erstmals einen der Präsidentenpaläste Saddam Husseins überprüft. Bei früheren Inspektionen war ihnen der Zutritt zu den Palästen verwehrt worden.

      Regimewechsel bleibt das Ziel

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bekräftigte am Dienstag, dass ein Regimewechsel im Irak weiterhin Ziel der US-Politik sei. Er deutete an, dass für die USA bei der bis Sonntag abzugebenden irakischen Erklärung über die Waffenprogramme nur eine Variante in Frage kommt: dass der Irak laufende Programme zugibt, die Produktionsstätten zugänglich macht und der Zerstörung sämtlichen Materials zustimmt.

      Generalstabschef Richard Myers warf dem Irak vor, militärische Ausrüstung in Wohngegenden zu verstecken, um sie vor etwaigen Angriffen zu schützen. Das belege ein Video, das vor wenigen Tagen im Irak aufgenommen wurde, nach Angaben von Experten wahrscheinlich von einem unbemannten Aufklärungsflugzeug. Auf dem Videoband ist verschwommen ein beladener Lastwagen zu sehen, der eine Straße entlang fährt und schließlich zwischen Häusern parkt. Der Lkw habe eine Radaranlage transportiert, sagte Myers. "Dies zeigt, dass sie die Zivilbevölkerung als Schutzschild nutzen."

      Rumsfeld verwies darauf, dass der Kongress schon vor einigen Jahren Regimewechsel im Irak zur Regierungspolitik erhoben hat. "Der Grund dafür ist simpel: sie waren zu dem Schluss gekommen, dass (Saddam Hussein) sich weigerte, rund 16 Uno-Resolutionen einzuhalten und dass dieses Verhalten nahe legte, dass sich das auch in Zukunft nicht ändern wird." An der Politik habe sich nichts geändert, sagte Rumsfeld. Bush hatte vor kurzem angedeutet, dass eine völlige Offenlegung aller Waffenprogramme auf Seiten Bagdads und damit eine radikale Abkehr von der bisherigen Politik an sich als Regimewechsel interpretiert werden könne.

      Wie die USA auf die inzwischen von Bagdad für Samstag angekündigte Erklärung zu den Waffenprogrammen reagieren werden, wollte Rumsfeld nicht vorwegnehmen. Die US-Regierung sei sicher, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. "Es ist nicht Aufgabe eines Landes, (den Irakern) ein Gesundheitszeugnis auszustellen. Das muss der Irak selbst tun, indem er sagt: `Hier ist ganz ehrlich alles, was wir im Moment haben. Hier ist es untergebracht und hier ist alles, was wir gemacht haben. Zerstört es bitte für uns.`"

      Nach Angaben von Rumsfeld wurde die Uno-Resolution 1441 bewusst vage gefasst, damit alle Länder des Sicherheitsrates zustimmen würden. Der Text sei offen für unterschiedliche Interpretationen. Nicht nur der Sicherheitsrat, sondern auch jedes einzelne Mitglied könne jederzeit selbst entscheiden, wie es die Waffen-Deklaration aus Bagdad einschätze. Die Mitglieder der Vereinten Nationen stünden aber auf dem Prüfstand: Wenn das Regime in Bagdad eine falsche Erklärung abgebe, müssten die Uno entscheiden, ob sie den Irak zur Verantwortung ziehen oder die Verletzung einer Uno-Resolution wie in den vergangenen Jahren tatenlos hinnehmen wollten, sagte Rumsfeld. Wie die USA in dem Fall reagieren würden, sagte Rumsfeld nicht.
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      schrieb am 04.12.02 14:58:09
      Beitrag Nr. 84 ()
      Kriegsvorbereitungen in Ungarn

      Bush lässt irakische Saddam-Gegner für die Schlacht trainieren

      Das amerikanische Militär will auch irakische Oppositionelle in einen möglichen Feldzug gegen den Irak schicken. 2000 Regimegegner werden derzeit von US-Soldaten in Südungarn auf den Kampf vorbereitet.

      Budapest - Die Iraker sollen ab kommenden Januar in zwei Schüben in Taszar eintreffen, meldete am Mittwoch der ungarische Rundfunk. Der ungarische Verteidigungsminister Ferenc Juhasz informierte am selben Tag die Vertreter von neun Gemeinden im Umkreis des Stützpunkts über das Vorhaben.

      Offiziell liege noch kein Ersuchen der US-Regierung vor, hieß es in dem Rundfunkbericht weiter. Ungarn, das seit 1999 der Nato angehört, stimme aber grundsätzlich zu. Die Iraker sollen nach früheren Presseberichten als Dolmetscher, Militärpolizisten und Artillerie-Beobachter ausgebildet werden, um den US-Truppen bei einem eventuellen Einmarsch in den Irak behilflich zu sein. In Taszar werden außerdem 600 bis 800 US-Ausbilder erwartet, etwa 400 bis 500 Ungarn könnten Arbeitsplätze in der Versorgung finden.
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      schrieb am 05.12.02 19:57:30
      Beitrag Nr. 85 ()
      Massenvernichtungswaffen im Irak

      Bushs Beweise ohne Beweiskraft

      Die USA haben nach eigenen Angaben solide Beweise dafür, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt. Iraks Präsident Saddam Hussein vollführte unterdessen eine radikale Kehrtwende: Er erklärte sich mit Inspektionen auch in seinen Palästen einverstanden - angeblich, um sein Volk vor den USA zu schützen.


      AP

      Waffeninspektion in Saddam Husseins al-Sajoud-Palast: Kontrolleure willkommen geheißen


      Washington/Bagdad - Nach Angaben von US-Präsidialamtssprecher Ari Fleischer besitzen die USA Geheimdienstinformationen, die eindeutig bewiesen, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge. Einzelheiten könne er allerdings nicht bekannt geben, sagte Fleischer nach Angaben von US-Medien am Donnerstag.

      Präsident George W. Bush und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatten mehrfach die Überzeugung geäußert, dass der Irak trotz gegenteiliger Beteuerungen über chemische und biologische Waffen verfügt. Sie würden derartige Vorwürfe nicht äußern, wenn sie keine solide Grundlage dafür hätten, sagte Fleischer.

      Unterdessen begrüßte Saddam Hussein die Waffenkontrollen der Uno als Möglichkeit, die Anschuldigungen der US-Regierung zu widerlegen. Die Inspektionen seien eine Chance, "unser Volk vor den Drohungen der USA zu schützen", sagte Saddam Hussein einem Bericht der "New York Times" zufolge bei einem Treffen mit den Führern der regierenden Baath-Partei. Zugleich bezeichnete Saddam die USA als "ungerechte, arrogante, würdelose Tyrannei". Er betonte, dass der Irak beweisen werde, keine chemischen und biologischen Waffen zu besitzen.


      AP

      Saddam Hussein: Kooperation als Waffe gegen die USA


      Mit Bezug auf die erste Mission der Waffeninspektoren vor vier Jahren sagte der Diktator: "Mancher könnte behaupten, dass wir ihnen keine ausreichende Möglichkeit gegeben hätten, mit greifbaren Beweisen den amerikanischen Anschuldigungen zu widerstehen." Jetzt aber werde man den Inspektoren eine solche Chance einräumen.

      Erst kurz zuvor hatten sich mehrere irakische Regierungsmitglieder empört über die unangekündigten Inspektionen in Saddam Husseins Palästen geäußert und die Waffenkontrolleure der Spionage bezichtigt.
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      schrieb am 06.12.02 21:24:50
      Beitrag Nr. 86 ()
      Irak-Ultimatum

      Wie Bush den Krieg erzwingen will

      Von Michaela Schießl

      Mit immer heftigeren Maßnahmen versuchen die USA, Saddam Hussein zu provozieren. Erst behauptet Bush, dass Massenvernichtungswaffen im Irak existieren. Dann lässt er US-Kriegsschiffe zum Golf auslaufen. Und nun sollen die Uno-Inspektoren irakische Wissenschaftler aus dem Land bringen und zum Überlaufen bewegen. Es scheint, als wollten die USA Krieg um jeden Preis.


      AP

      Uno-Inspektoren: Bislang keine Belastungsbeweise gefunden


      Berlin - Die ganze Welt wartet gespannt auf die am Samstag fällige Erklärung Saddam Husseins zum irakischen Waffenprogramm. Nur für George W. Bush und seine Säbelrassler ist die Sache längst klar. Die USA verfüge über "solide Geheimdiensterkenntnisse", dass Massenvernichtungswaffen im Irak versteckt seien, verbreitete der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer am Donnerstag.

      Selbst wenn man außer Acht lässt, dass amerikanische Geheimdienste jüngst nur durch Pannen aufgefallen sind, bleibt die Frage: Warum zeigen die USA diese Beweise nicht der Uno vor? Alles zu seiner Zeit, sagt Fleischer. Noch wolle man damit hinterm Berg halten, denn "die Beweispflicht liegt eindeutig beim Irak". Behauptet Saddam am Samstag etwas Gegenteiliges, werden die USA ihn unerbittlich vorführen - so zumindest die Drohung. Die kleinste Lüge werde genügen, und die USA greifen an. Dann kann George W. Bush endlich beenden, woran sein Vater im Golfkrieg kläglich gescheitert war: die Entmachtung Saddam Husseins.

      Jeden Tag erhöhen die Vereinigten Staaten den Druck auf den irakischen Diktator, ziehen die Daumenschrauben immer fester. Doch der agiert geschickt: Er lässt die Uno-Inspektoren ins Land, erlaubt ihnen ungehindertes Arbeiten, zeigt sich ungewöhnlich kooperativ. Während in Amerika die Reservisten die Ranzen packen und der Flugzeugträger "Truman" mit Geleitzug in die Golfregion ausläuft, begrüßt Saddam ausdrücklich die Kontrolleure in seinen Privatpalästen. "Wir wollen den Inspektoren die Chance geben, herauszufinden, dass es keine Massenvernichtungswaffen im Irak gibt", gab er sich am Donnerstag lammfromm im irakischen Fernsehen.

      Wissenschaftler sollen außer Landes befragt werden

      Kein Problem für Ari Fleischer: "Die irakische Regierung hat immer wieder betrogen, getäuscht, gelogen", sagt er. Damit hat er nicht ganz Unrecht. Wiederholt hat Hussein in der Vergangenheit versucht, Waffenprogramme zu verstecken und ihre Existenz zu bestreiten. Diesmal aber fand die Uno-Abordnung nach siebentägiger Inspektion noch keinen einzigen Hinweis auf Besitz oder Herstellung biologischer, nuklearer oder chemischer Waffen.

      Ungeduldig greift Bush nun zu härteren Bandagen. Er will, dass das Inspektoren-Team unter Hans Blix die wichtigsten irakischen Wissenschaftler identifiziert und sie samt ihren Familien aus dem Irak herausschaffen, mit oder gegen ihren Willen. Ihnen würde jenseits der Grenzen politisches Asyl und ein Zeugenschutzprogramm gewährt - wenn sie im Gegenzug ihr Wissen über irakische Waffenprogramme und Standorte preisgeben.


      AP

      CondoleezzIa Rice: Irakische Wissenschaftler sollen überlaufen


      Um das Überläuferprogramm durchzusetzen, hat sich Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice am Montag mit Blix in New York getroffen. Sie möchte, dass dem US-Wunsch "erste Priorität" eingeräumt wird. Ihr Druckmittel: Die Sicherheitsratsresolution vom 8. November sieht eindeutig die Möglichkeit vor, Iraker im In- und Ausland zu befragen. Hintergrund für diese wohl aggressivste Regelung der Resolution ist es, trotz des irakischen Unterdrückungsapparats an frische Information heranzukommen. Nur durch Überläufer habe man die früheren Lügen Saddams als solche enttarnen können, sagen US-Offizielle.

      Die Uno will sich dem US-Druck nicht beugen

      Doch ein solches Vorgehen bedeutet gleichzeitig eine riesige Demütigung und ungeheuere Provokation für das betroffene Land. Lässt sich Saddam das gefallen, ist er politisch erledigt. Wehrt er sich, nehmen die USA die Weigerung zum Anlass, den längst beschlossenen Krieg zu beginnen.

      Den Vereinten Nationen ist der amerikanische Vorstoß hochgradig unangenehm. Das Anwerben von Überläufern ist ein klassisches Geheimdienstgeschäft, womit sich die Uno-Mission nur ungern in Zusammenhang bringen lassen will. Am Mittwoch schon warf Iraks Vizepräsident Yassin Ramadan den US-Inspektoren vor, dass es "deren Arbeit ist, für die CIA und den Mossad zu spionieren".

      Außerdem halten es nach einem Bericht der "New York Times" hohe Uno-Offizielle für nicht statthaft, Menschen ohne deren Einverständnis aus dem Land zu zwingen. Das Weiße Haus ist da weniger zartfühlend: "Ich verstehe nicht, wie sie ihrer Mission gerecht werden können, wenn sie keine mit den Waffenprogrammen betraute Wissenschaftler interviewen dürfen", sagt Pentagon-Berater und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses Richard Perle der "New York Times". Das Recht auf solche Befragungen sei schließlich die einzige Neuerung der Uno-Resolution gewesen, "wenn sie sie nicht benutzen, werden sie scheitern".

      Noch zögert Uno-Inspektor Blix, doch der Druck der USA wächst. Am 26 .Januar soll sein Team den Bericht an den US-Sicherheitsrat schicken - zu spät, finden die Amerikaner, und drücken aufs Tempo. Auch die Bewertung des Saddam-Berichts bleibt nicht allein der Uno überlassen. 1000 Seiten wird der Report umfassen, der den Uno-Inspektoren am Samstag in Bagdad übergeben und bis Sonntagabend in New York eintreffen wird. Dort soll ein 15-köpfiges Team den auf Arabisch und Englisch geschriebenen Inhalt analysieren.

      In Washington, wo das Material gleichzeitig von der US-Regierung geprüft wird, soll das Schlag auf Schlag gehen. "Hier gibt es Leute, die jahrelang solches Zeug gelebt und geatmet haben", sagte ein US-Offizieller der "New York Times", "die schnaufen da einmal durch und kleben Merkzettel an Ungenauigkeiten."

      Was da wohl dabei rauskommen mag? Schon jetzt wissen manche der Washingtoner Experten die Antwort: "Sicherlich wird Saddam wie immer das ein oder andere zugeben, um die wirklich wichtigen Dinge zu verschleiern." Bei der Uno in New York will man etwas genauer hinschauen. Die Analysten haben mehrere Wochen Zeit für die Analyse veranschlagt.
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      schrieb am 08.12.02 18:51:59
      Beitrag Nr. 87 ()
      Irak-Krieg

      USA verlangen offenbar deutsche Beteiligung

      Die Bundesregierung wird angeblich von US-Politikern weiter unter Druck gesetzt. Im Falle eines Irak-Krieges verlangen die Amerikaner nach Awacs-Aufklärungsflugzeugen, in denen auch deutsche Soldaten Dienst tun. Oppositionspolitiker sprechen schon von einer Falle für Rot-Grün.


      AP

      Gefragtes Gerät: Awacs-Aufklärer im Anflug auf den Flugplatz von Geilenkirchen


      Berlin - Der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz habe am Mittwoch im Nato-Rat eine Unterstützung der Allianz im Falle eines Irak-Krieges angeregt, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Diplomatenkreise. Der US-Politiker soll dabei vorgeschlagen haben, Awacs-Aufklärer und Minensuchbotte in die Region zu entsenden. Außerdem sollen seiner Ansicht nach Patriot-Flugabwehrraketen zum Schutz der südlichen Türkei vor eventuellen Angriffen aus dem Irak bereitstehen.

      Die Awacs-Flotte der Nato ist im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen stationiert und umfasst 17 Maschinen. Die Besatzung der Maschinen kommt aus elf Nato-Ländern, knapp ein Drittel davon sind Soldaten der Bundeswehr. Ein Einsatz der Aufklärer ohne deutsche Beteiligung sei schwer denkbar, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) unter Berufung auf deutsche Miliärs.

      Die Awacs-Flugzeuge können im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak sowohl zur Sicherung des Luftraumes wie auch zur Koordination von Luftangriffen verwendet werden.

      Nach den Anschlägen vom 11. September hatten die Nato-"Awacs"-Flugzeuge den Luftraum über den USA überwacht, damit die USA eigene "Awacs"-Maschinen für ihre Einsätze in Afghanistan einsetzen konnten.

      Regierungssprecher Bela Anda erklärte am Sonntag, die Bundesregierung bleibe bei ihrer klaren Linie, sich an militärischen Aktionen bei einem Krieg gegen den Irak nicht zu beteiligen. Nach Ansicht des parlamentarische Geschäftsführers der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin, dürfte dies jedoch schwierig werden. Deutschland werde die Anforderung der Awacs-Maschinen mit deutscher Besatzung nicht ablehnen können. Die rot-grüne Regierung befinde sich nun in einer selbstgebauten Falle und nähere sich Schritt für Schritt einer militärischen Unterstützung der USA im Falle eines Irak-Krieges.

      Auch der stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU) erwartet, dass die Bundesregierung eine Beteiligung nicht mehr verweigern kann. Gegenüber der "FAS" sprach er von einer "katastrophalen Lage", in die Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gekommen sei.
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      schrieb am 10.12.02 11:00:16
      Beitrag Nr. 88 ()
      Irak-Konflikt

      US-Prominente protestieren gegen Bushs Kriegskurs

      In den USA regt sich Widerstand gegen den Kriegskurs von Präsident George W. Bush: Heute soll ein offener Brief veröffentlicht werden, in dem Hunderte Prominente gegen die "Kriegsrhetorik" gegenüber dem Irak protestieren. Unterdessen gab Bush 92 Millionen Dollar zur Unterstützung irakischer Oppositionsgruppen frei.


      AP

      Ethan Hawke und Uma Thurman: Protest gegen Bushs Kriegsrhetorik


      Los Angeles - Die amerikanischen Schauspieler Mike Farrell und Anjelica Huston wollen am heutigen Dienstag einen von mehreren hundert Prominenten unterzeichneten Brief veröffentlichen, in dem George W. Bush aufgefordert wird, seine Kriegsrhetorik gegen den Irak zu beenden. Das teilten Agenten der Schauspieler mit.

      Dem Vernehmen nach sollen Stars wie Kim Basinger, Matt Damon, Laurence Fishburne, Ethan Hawke, Uma Thurman, Samuel L. Jackson, Jessica Lange und Martin Sheen ihre Unterschrift unter den Protest gesetzt haben. Einzelheiten zu dem Text wurden zunächst nicht bekannt.
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      schrieb am 11.12.02 14:13:34
      Beitrag Nr. 89 ()
      Abschreckung

      USA drohen mit atomarem Gegenschlag

      Die USA drohen ihren Feinden mit verheerenden Militärschlägen. In einem Strategie-Papier warnen Condoleezza Rice und Tom Ridge, die Nationale Sicherheitsberaterin und der Leiter des Sicherheitsministeriums der USA, potenzielle Angreifer: Sie müssten mit der Vernichtung durch Atombomben rechnen.


      AP

      Condoleezza Rice: Die USA halten sich Option für Atombombeneinsatz offen


      Washington - In dem Strategiepapier, das heute dem Kongress zugehen soll, warnen die Vereinigten Staaten alle potenziellen Angreifer, sollte eine Attacke gegen die USA mit chemischen oder biologischen Waffen geführt werden, werde es zu einem massiven Gegenschlag kommen. Dieser schließe den Einsatz von Atomwaffen ein.

      Ferner planten die USA, bei einem Angriff mit Massenvernichtungswaffen auf das eigene Land, alle im Ausland verfügbaren Streitkräfte zu mobilisieren. Man halte sich alle Optionen offen. Die US-Regierung sei bereit, "überwältigende Gewalt" anzuwenden, heißt es in einem Papier des Weißen Hauses, das öffentlich gemacht wurde. Die USA scheuen demnach nicht davor zurück, auch biologische, chemische, radiologische und atomare Waffen gegen einen Angreiferstaat und dessen Verbündete einzusetzen.

      Ein ranghoher Regierungsvertreter erklärte in Washington, diese Passage solle feindliche Regierungen oder so genannte Schurkenstaaten die Gefahr einer amerikanischen atomaren Vergeltung vor Augen führen. In einem als "hochgeheim" gehandelten Anhang sind namentlich der Iran, Syrien, Nord-Korea und Lybien als Länder genannt, denen die Drohung besonders gilt.

      Die Strategie ist gemeinsam von der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und dem Leiter des Sicherheitsministeriums Tom Ridge entwickelt worden. Schon vor Monaten waren erste Details durchgesickert, nun werden die Ideen offiziell vorgestellt. Sie markieren einen grundsätzlichen Schwenk in der amerikanischen Militärpolitik: Die Abwendung von der Doktrin der Abschreckung und der Eindämmung des Kalten Krieges hin zu Bushs Politik eines Präventivschlags, wonach ein feindlicher Staat kampfunfähig gemacht werden soll, bevor er zuschlagen kann.

      Wichtigste Neuerung: Die Bush-Administration erwägt ausdrücklich begrenzte Atomschläge. Das Strategie-Papier knüpft an eine Warnung an, die George W. Bushs Vater bereits kurz vor Ausbruch des Golfkrieges von 1991 machte. Bush senior drohte Saddam Hussein damals mit der "stärkstmöglichen Antwort", sollte der Diktator von Bagdad chemische oder biologische Waffen gegen US-Truppen oder die verbündeter Staaten einsetzen.

      Flankierend zur strategischen Neuausrichtung rüsten die USA ihr Atomwaffenarsenal um. Gezielt einsetzbare und begrenzt wirksame "Mini-Atombomben" sind bereits in der Entwicklung. Sie sollen in der Lage sein, sich in das Erdreich hineinzubohren und unterirdische Anlagen zu zerstören, etwa Lager von chemischen oder biologischen Waffen.

      Das amerikanische Verteidigungsministerium hatte die Entwicklung kleiner Atomsprengköpfe bereits kurz nach den Anschlägen vom 11. September empfohlen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sandte im Oktober 2001 einen entsprechenden Bericht an mehrere Kongressausschüsse. Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums und Atomwissenschaftler haben bereits vorläufige Studien darüber abgeschlossen, wie bestehende Atomwaffen so verändert werden können, dass sie gegen unterirdische Ziele eingesetzt werden können. Ein Gremium, das die diesbezügliche Nutzung von Atomwaffen prüfen soll, ist eingerichtet.
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      schrieb am 12.12.02 13:29:00
      Beitrag Nr. 90 ()
      Terror-Angst

      Bush kündigt Pockenimpfung für alle US-Bürger an

      US-Präsident George W. Bush hat eine freiwillige Pockenschutzimpfung für die US-Bevölkerung angekündigt. Damit solle einem möglichen Angriff mit biologischen Waffen vorgebeugt werden. Gesundheitsexperten kritisierten die Pläne.


      AP

      Präsident George W. Bush will alle Amerikaner zur Pockenimpfung aufrufen


      Washington - Mit der Impfung der Bevölkerung soll im Jahr 2004 begonnen werden, kündigte Bush Mittwochabend im TV-Sender ABC an. Zunächst würden Militär- und Polizeiangehörige sowie Mitarbeiter ziviler Rettungskräfte gegen das Pockenvirus geschützt werden, berichteten US-Medien unter Berufung auf Regierungskreise.

      "Ich denke, die Impfung der Bevölkerung sollte freiwillig sein", sagte Bush in dem Fernsehinterview. Dabei sei es wichtig, die Bürger genau zu informieren, damit sie eine kluge Entscheidung treffen könnten. Nähere Details will Bush am Freitag bekannt geben.

      Auch die deutsche Regierung will sich mit Impfstoffen für alle Bürger eindecken. Zunächst sollen auch hier zu Lande Soldaten mit einem besonders sicheren Dosierabfolge immunisiert werden. Die Einwohner erhalten den Plänen zufolge eine vergleichsweise einfache Dosis.

      Nach Ansicht von Gesundheitsexperten stellen die Nebenwirkung einer Pockenimpfung ein größeres Risiko als ein möglicher Terroranschlag dar. So würden durchschnittlich bei tausend von einer Million Geimpften gesundheitliche Probleme auftreten, 15 behielten bleibende Schäden und ein bis zwei Personen würden an den Folgen der Impfung sterben, berichteten Mediziner.

      Die Pocken wurden 1980 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ausgerottet erklärt. Die USA hatten ihr Pocken-Impfprogramm bereits acht Jahre zuvor eingestellt, sind aber ebenso wie Russland noch im Besitz von Erregerstämmen. Experten befürchten jedoch, dass terroristische Gruppen in den Besitz der noch in einigen Laboren aufbewahrten Pocken-Bestände gelangen könnten und sie als Waffen einsetzen. Das Pockenvirus ist hoch ansteckend.
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      schrieb am 14.12.02 13:28:34
      Beitrag Nr. 91 ()
      Die USA wollen die sich nach den Terroranschlägen in New York und Washington bietende Gelegenheit nutzen und durch neue Allianzen ihre weltbeherrschende Stellung weiter auszubauen. In unverschämter Arroganz sortieren sie dabei die Welt in "Gut" und "Böse", wer nicht bereit ist, ihren Kreuzzug gegen "den Terrorismus" vorbehaltlos zu unterstützen, riskiert als Feind ins Visier genommen zu werden. Manche vormaligen "Schurkenstaaten", wie Syrien und Iran könnten, wenn sie wie gewünscht mitspielen, wieder hoffähig werden, um dem breiten Bündnis gegen die Staaten beizutreten, die – wie beispielsweise Kuba, Libyen oder der Irak – auch weiterhin als Gegner angesehen werden.

      Während Kuba – aufgrund seines Prestiges und seiner guten Beziehungen zu den meisten Ländern der Welt – militärische Angriffe kaum zu fürchten hat, sieht dies für eine Reihe von Ländern wesentlich gefährlicher aus. Vor allem Somalia und der Irak stehen ganz oben auf der Liste der potentiell nächsten Ziele.

      Obwohl ein größerer Militärschlag gegen den Irak von den USA und Großbritannien wohl schon seit einem halben Jahr vorbereitet wird, erscheint er im Moment noch nicht opportun. So wiegelt US-Außenminister Colin Powell ab, es seien keine Verbindungen zwischen den Anschlägen am 11. September und dem Irak bekannt. Diese Zurückhaltung scheint vor allem taktischer Natur zu sein: Kriegsdrohungen gegen den Irak kommen ihm im Moment bei seinen Bemühungen, die arabischen Verbündeten in ihre Allianz gegen den "weltweiten Terrorismus" einzubinden, äußerst ungelegen, da diese aktuell Militärschläge gegen den Irak strikt ablehnen.

      Vieles spricht aber dafür, daß ein solcher Angriff nur eine Frage des günstigen Zeitpunktes ist und sich der Fokus zunächst – eventuell mit deutscher Beteiligung – auf Somalia richten wird. – Mit einem "Kampf gegen Terrorismus" hätte beides aber mit Sicherheit nicht viel zu tun.

      "Kampf gegen den Terror" – eine Fortsetzung alter Interventionspolitik
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      Die Bush-Regierung hat von Anfang an deutlich gemacht, daß ihr "Kampf gegen den Terrorismus" sich nicht auf ihre Hauptverdächtigen, Bin Laden und das Al Qaeda-Netzwerk, sowie Afghanistan beschränken wird. Am 9. Oktober überreichte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte, dem UN-Sicherheitsrat ein Schreiben, in dem förmlich angekündigt wurde, daß sich die USA vorbehalten, nach Afghanistan weitere Länder anzugreifen. Am selben Tag äußerte er auch massive Drohungen gegen den Irak.

      Weitere Länder, die in diesem Zusammenhang an vorderster Stelle genannt werden, sind Somalia und Sudan, wo Bin Laden eine Zeitlang lebte, sowie der Jemen, da er in diesen Länder über ein weites Geflecht von Firmen und Stützpunkten verfügen soll. Zudem wird er und Al Qaeda von den USA auch für den Tod von 18 US-Soldaten, 1993 in Somalia und den Angriff auf das US-Kriegsschiff "Cole" im Oktober 2000 in Aden verantwortlich gemacht.

      Möglich ist nach Ansicht von Experten, daß auch Organisationen wie die libanesische Hisbollah, die Islamische Bewegung Usbekistan (IMU), der Islamische Djihad in Ägypten oder Abu Sayyaf auf den Philippinen zu den kommenden Zielen zählen werden und der indirekte Krieg der USA gegen die linken Guerillaorganisationen in Kolumbien ausgeweitet wird. Wenn auch diese Operationen häufig zeitlich begrenzt und in Kooperation mit den lokalen Regierungstruppen durchgeführt werden würden, so Michael T. Klare, Professor für Konfliktforschung in Massachusetts, so könnten durchaus auch welche in längere "Kampagnen" ausarten, mit mehrfachen Luftschlägen und dem ausgedehnten Einsatz von Bodentruppen. 1

      Ein guter Teil der Drohungen dient offensichtlich auch dem Bestreben, die aktuelle Anti-Terror-propaganda zur Disziplinierung bestimmter Länder und Organisationen zu nützen. Bestes Beispiel waren die Warnungen in Richtung Nicaragua, vor den kürzlich statt gefundenen Präsidentenwahlen, doch ja die richtige Entscheidung zu treffen. Da die sandinistische Befreiungsfront FSLN, während ihrer Regierungszeit und auch danach, enge Beziehungen zu terroristischen Organisationen und Ländern wie Libyen und Irak unterhalten hätte, würden sie Nicaragua nach einem Wahlsieg Daniel Ortegas unweigerlich wieder auf die Liste der "Terror unterstützenden Staaten" setzen, auf der sich aktuell nur ein amerikanisches Land befindet - Kuba. Die Konsequenzen wären Sanktionen und Isolation. Unterstaatsekretär Marc Grossman hatte daher den Nicaraguanern bei einem Pressetreffen geraten, "wählen zu gehen, dies aber weise zu tun".2 Wahlforscher in Nicaragua sehen tatsächlich in der Furcht vor einer neuen Konfrontation mit den USA, einen Faktor bei der überraschend klaren Niederlage Ortegas.

      Mit Hilfe deutscher Truppen gegen Somalia?
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      Während Luftschläge gegen Ausbildungslager mutmaßlicher islamistischer Kämpfer auf den Philippinen, in Indonesien oder im Bekaa-Tal, angesichts der angestrebten Allianzen und der außenpolitischen Risiken, vorerst Spekulation sein mögen, erscheinen Militärschläge auf Ziele in Somalia, das bei den US-Militär immer noch bittere Erinnerungen weckt, durchaus wahrscheinlich. 1993 hatten US-Eliteeinheiten im Kampf gegen die von Farah Aideed geführte "Nationale Allianz" (SNA) eine herbe Niederlage einstecken müssen: 18 Rangers wurden getötet, die Bilder, wie ihre Leichen im Triumph durch die Straßen Mogadischus geschleift wurden, gingen um die Welt und Präsident Clinton zog daraufhin die US-Truppen ab.

      Die USA machen nun auch dafür Bin Laden verantwortlich, der zur Vertreibung der US-Truppen aus Somalia aufgerufen und Aideeds SNA maßgeblich unterstützt hätte. Zudem vermuten sie, daß auch die Vorbereitungen für die Anschläge 1998 auf die US-Botschaften in Nairobi und Dar es Salaam in Somalia stattgefunden hätten.

      Gemäß der Washington Post scheinen die Vorbereitungen für Angriffe auf Somalia, von allen in Frage kommenden künftiger Operationen, schon am weitesten gediehen zu sein. Demnach gäbe es auch schon Absprachen mit Äthiopien, das die Bodentruppen für die Angriffe stellen würde. Nach Ansicht der US-amerikanischen Regierung, würde diese Form der Zusammenarbeit mit lokalen Verbündeten auch ein Modell für andere "Anti-Terror-Aktionen" darstellen.3

      Äthiopien das sich selbst von dem vorgeblichen somalischen Verbündeten Bin Ladens, Al-Itihaad al-Islamiya (Islamische Union) bedroht sieht, ist einer der engsten US-Alliierten in der Region und unterstützt aktiv die Sezession Somalilands, die nördliche Küstenregion Somalias, die am "Horn von Afrika", direkt gegenüber von Jemen am Golf von Aden liegt. Es steht also jetzt schon im offe-nen Konflikt mit der in Somalias Hauptstadt Mogadischu amtierenden Übergangsregierung, die von der UNO unterstützt und auch von islamistischen Gruppen mitgetragen wird.

      Maßnahmen gegen Somalia wurden von den USA bereits auf einem anderen Feld eingeleitet. Die Bush-Regierung hat am 7 November alle US-Filialen der somalischen Finanz- und Telekommunikationsfirma Barakaat mit der Begründung geschlossen, Barakaat habe für Al Qaeda Geld transferiert und Telekommunikation bereitgestellt. Die Firma bestreitet eine solche Zusammenarbeit und hat bisher vergeblich angeboten, seine Akten einer unabhängigen Prüfung unterziehen zu lassen.

      Barakaat gilt aber nicht nur als größter Arbeitgeber in Somalia. Für einen Großteil der neun Millionen Somalier ist Barakaat eine lebenswichtige Einrichtung, da sie nur über sie, die Geldüberweisungen ihrer im Ausland lebenden Angehörigen erhalten können. Die Somalier werten die Sperrung der Filialen, daher "als eine Attacke auf ihr Volk", wie der somalische BBC-Korrespondent aus Mogadischu meldete.4

      Die USA erwarten bei einem Vorgehen gegen Somalia, ähnlich wie bei ihrem Feldzug gegen Afghanistan, verhältnismäßig geringe Proteste ihrer Verbündeter. Das Land hat international praktisch keine Stimme und die Gelegenheit scheint daher günstig, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung nun einen erneuten Versuch zu starten, das rohstoffreiche Land unter militärische Kontrolle zu bekommen.

      Noch zu Zeiten Siad Barres hatten die Öl-Konzerne Amoco, Chevron, Conoco und Philipps Konzessionen für Gebiete erworben, die zwei Drittel des somalischen Bodens umfassen. Millionen Dollar wurden insbesondere in den 80er Jahren in Studien investiert, die ihnen günstige Öl-Perspektiven versprachen. Sie hatten 1992 auch nicht gezaudert und unmittelbar nach dem Einmarsch der US-geführten Truppen mit entsprechenden Bohrungen begonnen. 5

      Wichtiger noch dürfte aber die große geostrategische Bedeutung des Landes sein: direkt gegenüber der arabischen Halbinsel gelegen und mit dem Horn von Afrika unmittelbar am wichtigsten Trans-portweg der Welt, der vom Indischen Ozean aus über den Golf von Aden und das Rote Meer durch den Suezkanal ins Mittelmeer führt. Da vor allem die Ölversorgung des Westens zu einem großen Teil von diesem Transportweg abhängig ist, waren die europäischen Mächte und die USA seit jeher bestrebt, die Anrainerstaaten dieser Wasserstraße, die Europa mit Asien verbindet, unter ihre Kon-trolle zu bringen.

      Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß nach Wunsch der deutschen Regierung, genau hier das Einsatzgebiet der deutschen Marineeinheiten liegen soll, die sich an den US-amerikanischen Kriegshandlungen im Rahmen der Operation "Enduring Freedom beteiligen werden. Auch ein direkter Einsatz deutscher Truppen gegen Somalia ist durchaus nicht ausgeschlossen: Schröder hat zwar die Einschränkung gemacht, dass Bundeswehreinsätze im Rahmen von "Enduring Freedom", außerhalb Afghanistans nur mit Zustimmung der jeweiligen Regierungen möglich sein sollen. Was aber ist mit einem Land wie Somalia, das gar keine international anerkannte Regierung hat?

      Irak – der "endgültige Feind"?
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      Bald nach dem islamische Gruppen als Hauptverdächtige ausgemacht waren und Afghanistan ins Visier geriet, wurden innerhalb der Bush-Regierung Forderungen laut, möglichst bald auch militärisch gegen den Irak vorzugehen. Als Wortführer betätigt sich hierbei u.a. der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, der schon zu Zeiten des Golf-Krieges im Stab von Bush senior erfolglos für eine Besetzung des Irak plädiert hatte. Eine Schar konservativer Politiker um den berüchtigten Jesse Helms fordern ebenfalls, "eine entschlossene Anstrengung zu unternehmen, um Saddam Hussein zu entmachten", auch wenn ihm keine Beteiligung an den Anschlägen nachzuweisen sei. 6 Alle sehen im Fortbestand des irakischen Baath-Regimes eine unerledigte Aufgabe des Golfkrieges, die der Sohn des damaligen Präsidenten nun zu Ende bringen muß und für die ja auch im Kabinett eine ganze Schar alter Krieger zur Seite stünde.

      William Safire, einer der bekanntesten publizistischen Scharfmacher der USA, brachte die Ansicht der Falken in einem Artikel in der New York Times mit dem Titel "The Ultimate Enemy" wohl am deutlichsten zum Ausdruck: Unnötige Rücksichtnahme auf saudi-arabische und ägyptische Potentaten, vorsichtige Verhandlungen um UN-Resolutionen, ein begrenzter Krieg gegen Afghanistan und jahrelange Polizeiaktionen würden bedeuten, den "Terroristen-Krieg von Gestern" zu kämpfen. Der wahre Feind sei der Irak, die richtige Strategie "präventive Gegenschläge [!] gegen eine erwiesen terroristische Nation". 7

      Am 19. und 20. September traf sich das Defense Policy Board, eine renomierte Zweiparteienkommission nationaler Sicherheitsexperten, die das Pentagon berät. Die Mitglieder – unter ihnen Henry A. Kissinger, Ex-CIA-Chef James Woolsey, der frühere Vizepräsident Dan Quayle und der ehemalige Energie und Verteidigungsminister, James R. Schlesinger – stimmten nach Angaben der New York Times über die Notwendigkeit überein, sich, dem Irak zuzuwenden, sobald die "initiale Phase des Krieges gegen Afghanistan" zu Ende wäre. Sowohl Verteidigungsminister Rumsfeld, als auch sein Stellvertreter Wolfowitz nahmen an diesem Treffen teil.

      Es gehe darum, so Newt Gingrich, früherer Parlamentsvorsitzender und ebenfalls Mitglied der Kommission, den Moment zu nutzen, "um Saddam zu ersetzen, nach dem wir die Taliban ersetzt haben." 8

      Angesichts dieser starken überparteilichen Lobby gegen den Irak, erstaunt es kaum, daß kein Tag vergeht, an dem nicht in den US-amerikanischen Medien alte und neue Anschuldigen gegen den Irak vorgebracht werden. Selbst der Spiegel wunderte sich, wieso, wenn es um Verbindungen Bin Ladens zu anderen Ländern geht, nie von Bosnien, der UCK und Albanien die Rede ist, dafür unentwegt vom Irak und wieso der frühere CIA-Chef James Woolsey erst jetzt mit der bis dahin unbekannten Meldung überraschte, der 1993 als Drahtzieher für den Terroranschlag gegen das World Trade Center verurteilte Ramsi Ahmed Jussuf sei Mitglied des irakischen Geheimdienstes.9 (Mehr hierzu im Kasten "Kriegspropaganda")

      Konzentrierten sich anfänglich die Versuche darauf, Verbindungen des Iraks zu Bin Laden aufzuzeigen, so werden nach den Anschlägen mit Milzbranderregern die angeblichen Fähigkeiten des Iraks zur Herstellung biologischer Kampfstoffe in den Mittelpunkt gerückt. Inzwischen hat auch das FBI kaum noch Zweifel, daß der Ursprung der Erreger im Land selbst liegt. (s. Kasten "Milzbrandbriefe ...")

      Nachbarn Iraks gegen erneuten Krieg
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      Propaganda gegen den Irak ist – angesichts des seit Jahren bestehenden Feindbildes – in den USA und Europa an sich keine schwere Aufgabe. Für einen erneuten Feldzug gegen das Land fehlen aber doch noch überzeugendere Hinweise auf eine Beteiligung an den Anschlägen in New York und Washington oder an der Verbreitung von biologischen Kampfstoffen. Eine Zusammenarbeit der religiösen Fanatiker, unter denen die US-Führung die Täter vermuten, und dem laizistischen Irak erscheint auch US-Experten wenig wahrscheinlich. Zudem war der Irak bisher auch nie ernsthaft mit Aktionen individuellen Terrors oder Anschlägen auf westliche Ziele in Verbindung gebracht worden, sieht man mal vom angeblichen Plan zur Ermordung Präsident Bushs, 1993, ab, mit dem damals umfassende Luftschläge der USA gerechtfertigt worden waren.

      Vor allem steht einem Vorgehen gegen den Irak im Moment die außenpolitische Orientierung der USA entgegen. Die arabischen Verbündeten, deren Unterstützung Außenminister Colin Powell für seine "Allianz gegen den Terrorismus" dringend benötigt, stehen der Antiterrorkampagne der USA sowieso recht skeptisch gegenüber. Ägyptens Präsident Mubarak z.B. verwies anlässlich seines Besuchs bei Bundeskanzler Schröder Mitte September auf die Zuständigkeit der UNO und forderte im übrigen eine Lösung des Israel-Palästina-Problems.

      Auch die angebliche Gefahr, die das irakische Regime für seine Nachbarn darstelle, wird vor Ort nicht gesehen. Alle Nachbarstaaten des Iraks, einschließlich Saudi Arabien und die Türkei, lehnen daher aktuell Militärschläge gegen den Irak strikt ab10 Darauf werden die USA bei ihren Bemühungen für ein breites Bündnis vorerst Rücksicht nehmen müssen, und so hat selbst Präsident George Bush Jordaniens König Abdullah versprochen, keine Militärschläge gegen den Irak als Vergeltung für die Terroranschläge durchzuführen (The Guardian, 2.10.2001).

      In London ist man wohl ebenfalls in Sorge, daß in Washington diejenigen die Oberhand gewinnen könnten, die eine Ausweitung des "Anti-Terror-Feldzugs" in Richtung Irak, befürworten. Der regierungsnahe Guardian zitiert dazu ein Kabinettsmitglied mit den Worten, eine Bombardierung Iraks wäre "katastrophal" und hätte "unvorstellbar gefährliche" Folgen: den Tod zahlloser Frauen und Kinder, die absehbare Schließung britischer und US-amerikanischer Botschaften in vielen Regionen, Übergriffe auf westliche Zivilisten und den Sturz gemäßigter arabischer Regierungen. Ein Diplomat wurde mit der Bemerkung wiedergegeben, Irak sei "eine rote Linie, die Britannien nicht überqueren wird".

      Dem Irak ist es in den letzten Jahren gelungen, sich aus der völligen politischen Isolation zu befreien und auch die Beziehungen zu Iran und Syrien spürbar zu verbessern. Daß sich selbst Länder wie die Türkei – nach Israel engster Partner der USA in der Region – gegen erneute Angriffe auf den Irak wenden, hat natürlich auch ganz handfeste Gründe: Zu groß sind die wirtschaftlichen Verluste, die sie durch Krieg und Embargo hinnehmen mußten. Die Türkei beziffert sie mit knapp 30 Mrd. US-Dollar. Wie dauerhaft eine solche Ablehnung bei ihr sein wird, bleibt angesichts der Kriegsdiplomatie der USA und ihrer Abhängigkeit allerdings abzuwarten. Die arabischen Verbündeten, wie Saudi Arabien oder Ägypten, müssen aber auch sehr auf die eindeutige Stimmung im Lande Rücksicht nehmen – nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch innerhalb ihrer Armeen.

      Powell, wie auch Vizepräsident Richard Cheney, stehen in der Irakfrage im offenen Konflikt mit den Falken in der Regierung. Bemüht, den außenpolitischen Schaden in Grenzen zu halten, betonen auch sie immer wieder, daß es keine Hinweise für Verbindungen von den Anschlägen zum Irak gibt und dieser daher auch aktuell nicht im Visier wäre.

      Krieg und Embargo – die US-Politik gegen den Irak
      (» Inhalt)

      In allzu großer Sicherheit können sich die Iraker aber dennoch nicht wiegen. Viele Anzeichen sprechen dafür, daß ausgedehnte Militärschläge, wenn auch nicht im Moment, so doch in naher Zukunft wahrscheinlich sind.

      Bedrohlich ist bereits das Kriegsarsenal, das die USA nach dem 11.9. am Golf zusammenzogen, wenn es auch nicht zwangsläufig etwas über die künftigen Ziele aussagt. So wurde der Flugzeugträger "Theodore Roosevelt" in Richtung Mittelmeer in Marsch gesetzt, nachdem bereits zwei zusätzliche Flugzeugträger, begleitet von je 50 Kriegsschiffen, in die Golfregion verlegt worden waren. Zusätzliche Kampfflugzeuge der Typen F-15 und F-16 wurden an den Golf verlegt, deren Zahl sich dadurch annähernd verdoppelt hat. 11

      Der Irak rechnet laut seinem stellvertretenden Ministerpräsident Tarik Aziz fest mit einem Angriff der USA und Großbritanniens. Die beide Staaten würden planen, 1000 Raketen auf 300 irakische Ziele abzufeuern, hatte Aziz der britischen Zeitung Sunday Telegraph gesagt. "Wir wissen, dass sie einen solchen Angriff vorbereiten", es sei "nur eine Frage der Zeit".

      Mit Sicherheit wären Militäraktionen gegen den Irak keine Reaktion auf die Anschläge in New York und Washington. Sie müßten eher als eine Intensivierung der aktuellen Kriegspolitik gesehen werden, in deren Folge britische und US-amerikanische Flugzeuge Woche für Woche irakisches Territorium bombardieren 12 – eine Intensivierung, über die in der Bush-Administration auch schon seit Monaten nachgedacht wird.

      Diese muß mit ansehen, wie die Stellung der USA in der Region zunehmend schwächer wird. Sie sieht sich damit konfrontiert, daß die Verbündeten vor Ort die US-amerikanische Politik gegen den Irak nicht länger mittragen wollen: Die Sanktionsfront zeigt deutliche Risse und viele Länder haben wieder volle diplomatische Beziehungen aufgenommen und streben normale Handelsbeziehungen an. Auch die militärischen Maßnahmen zur Niederhaltung des Iraks stoßen auf zunehmend heftigere Kritik – auch bei ihren engsten regionalen Verbündeten. (s. Kasten "Smart Sanctions?)

      Die Zukunft der Sanktionen wird auch weiterhin im Sicherheitsrat und in der internationalen Öffentlichkeit heftig umstritten bleiben. Dies gilt in gleichem Maße für die eigenmächtigen Maßnahmen zur direkten militärischen Kontrolle des Iraks, für die sich die USA und Großbritannien nun seit 11 Jahren die Lufthoheit über mehr als der Hälfte des irakischen Territoriums, den beiden einseitig proklamierten "Flugverbotszonen" im Norden und Süden des Landes sichern. Diese Zonen sind ausreichend, um das ganze Land aus der Luft überwachen zu können, auch können aus diesem Luftraum heraus mit geringem eigenem Risiko, Luftangriffe auf die wichtigsten potentielle Ziele im irakischen Kernland durchgeführt werden.

      In der recht ungleichen Auseinandersetzung um die Lufthoheit über dem Land, hat der Irak seit Anfang des Jahres seine Anstrengungen intensiviert. So haben irakische Abwehrgeschütze nach US-Angaben in den ersten vier Monaten des Jahres fünfmal so häufig auf US- und britische Kampfflugzeuge gefeuert als im ganzen Jahr 2000.13 Dem Irak ist es offensichtlich auch gelungen die Reichweite seiner Abwehrraketen zu erhöhen und kam so einige Male alliierten Kampf- und Aufklärungsflugzeugen gefährlich nahe. Praktisch jedes Flugzeug würde beschossen und da die irakische Flugabwehr ihre Radaranlagen kaum noch einschalten würden, hätten die Piloten keine Anhaltspunkte mehr für Gegenangriffe. Ohne Radar um ihre Luftabwehrraketen zu lenken, feuern die Iraker ihre Geschosse meist "blind" in den Himmel, aber in solch großer Zahl, daß die US-Kommandeure vor Ort schon im Mai fürchteten, ihnen könnte bald einmal ein Glücksschuß gelingen. Nach BBC-Angaben vom 11.9. gelang es dem Irak seither wohl tatsächlich, mindestens zwei unbemannte, mehrere Millionen US-$ teure Aufklärer über dem Süden des Landes abzuschießen.14

      Wegen des gestiegenen Risikos für die Piloten und um die "Notwendigkeit" zur Bombardierung von irakischem Territorium zu vermeiden, zu der sie die irakische Luftabwehr "häufig provozieren würde", haben die verantwortlichen US-Generäle im Mai eine Einschränkung der Kontrollflüge gefordert. 15 Die Antworten auf solche "Provokationen" haben seit Januar 1999 nach glaubwürdigen und teilweise von UN-Mitarbeitern bestätigten irakischen Angaben, immerhin ca. 300 Menschen, vorwiegend Zivilisten, das Leben gekostet.

      Der Irak hofft natürlich durch den Abschuß eines Kampfjets und seiner Besatzung die öffentliche Meinung in den USA beeinflussen zu können. Auch wenn die Aussichten dafür nach wie vor gering sind, so verfehlen offensichtlich die dadurch provozierten heftigen und rücksichtslosen Bombardierungen durch die alliierten Luftwaffen ihre Wirkung auf die Stimmung im arabischen Lager und darüber hinaus nicht.

      Letztlich stecken die USA in einem Dilemma. Sie müssen mit ansehen, wie sie selbst in der Region politisch an Boden verlieren und der Irak sich Schritt für Schritt aus seiner Isolierung befreit und auch die militärische Kontrolle in Frage stellt. Für eine Anpassung der Sanktionspolitik benötigen sie die Zustimmung Rußlands, Chinas und Frankreichs. Die Versuchung für die US-amerikanische Führung, den Irak durch umfassende Militärschläge wieder in seine Schranken zu weisen, ist daher groß. In der Tat berichteten US-amerikanische Medien schon vor dem September immer wieder über Pläne für eine Militäraktion vom Umfang der viertätigen Bombardierung im Dezember 1998. Die aktuellen Angriffe gegen Luftabwehrstellungen würden demnach vor allem als notwendige Vorbereitung dafür dienen.

      "Die US-amerikanischen Anstrengungen zielen auf die Vorbereitung des Schlachtfelds für eine wesentlich größere spätere Militäroperation, die wahrscheinlich den Rest des irakischen Militärs und seine Massenvernichtungswaffen (WMD) zum Ziel hätte." Folgert beispielsweise der Nachrichtendienst Stratfor. Allerdings würden die U.S. Anstrengungen im Moment noch durch die regionale politische Bedingungen behindert. Die Zerstörung der Luftabwehreinrichtungen sei aber der klassische erste Schritt eines jeden größeren Luftkrieges. 16

      Mit solchen Kriegshandlungen könnten die USA aber auch den Rückhalt für ihre Politik in der Region gänzlich verlieren. Es bleibt daher abzuwarten, ob es den USA mit entsprechenden Vorwürfen und unter Ausnutzung der aktuellen Terrorismusdebatte gelingen wird, den massiven Vorbehalten ihrer Verbündeten zu begegnen. Dies wird auch entscheidend davon abhängen, mit welcher Zielsetzungen ein Angriff verbunden sein wird.

      Durchsetzung von US-Interessen durch dauerhafte Konfrontation
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      Viele sehen als klares Endziel eines US-geführten Militärschlages, die Ersetzung des Baath-Regimes durch ein pro-westliches. Neben dem Problem, wie ein solches Vorgehen wenigstens vordergründig völkerrechtlich legitimiert werden könnte, würden sich dabei aber für die USA eine Menge praktische Probleme ergeben. So gibt es nach wie vor keine Kräfte im Hauptteil des Landes auf die sich die USA stützen könnten und nach wie vor ist auch keine glaubwürdige Alternative für eine neue Regierung in Sicht. Der oft genannte, weitgehend von den USA finanzierte "Irakische National-Kongreß", ein Bündnis von Exilgruppen, verfügt im Land selbst keine Basis. 17

      Allein im mehrheitlich kurdischen Nordirak können sich die USA tatsächlich auf Kräfte vor Ort stützen. Eine Besetzung des Iraks wäre daher, wenn überhaupt, nur mit großen eigenen Verlusten zu erreichen und würde zudem auch international auf erheblichen Widerstand und massive Proteste stoßen. Im Gegensatz zum Golfkrieg würden sich die meisten Staaten der Region in diesem Falle gegen einen Angriff stellen.

      Im Gespräch ist auch die Besetzung und faktische Abspaltung von Teilen des Iraks, Dies könnten dann – analog der "No Fly"-Zonen – im Norden die mehrheitlich kurdischen Provinzen und im Süden die Region um Basra sein, die schon während des Golfkrieges kurzfristig von US-Truppen besetzt waren. In diesen beiden Gebieten liegt auch der größte Teil des irakischen Öls.

      Nicht zuletzt ums Öl geht es ja schließlich bei der Politik, die Großbritannien und die USA am Golf verfolgen und nicht etwa um die "Demokratisierung des Iraks". Die unversöhnliche Feindschaft der einstigen Kolonial- wie der aktuellen imperialistischen Supermacht gegen das Baathregime hat bekanntlich – wie so oft – mit der Nationalisierung der Ressourcen des Landes Anfang der 70er Jahre begonnen. Diese Feindschaft wurde nach dem Sturz des Schahs eine Zeit lang überlagert durch eine Politik, die nun im Iran unter Ajatollah Khomeini das größere Übel sah. Der Irak wurde in der Folge zum Krieg gegen den Iran ermuntert und erhielt, als sich nach Anfangserfolgen das Blatt gegen ihn zu wenden drohte, auch massive westliche militärische Unterstützung. Die gleichzeitigen Waffenlieferungen an den Iran, zeigen allerdings, daß die USA am liebsten keinen Sieger und kein Ende des ersten Golfkrieg gesehen hätten. Es lag an der völligen Fehleinschätzung der Haltung der USA ihr gegenüber, die die Baath-Führung zum Überfall auf Kuwait ermunterte und der USA so die Gelegenheit gab, den zur Regionalmacht aufgestiegenen Irak wieder gründlich abzurüsten – militärisch, aber vor allem auch industriell.

      Die USA und Großbritannien hatten nach Ende des "Zweiten Golfkrieges" mehreres erreicht: Sie sind seither wieder mit erheblichen Streitkräften in der Region militärisch präsent und konnten somit die, mit dem Sturz des Schahregimes aufgetretenen Lücken, mehr als nur schließen. Der Irak ist als eigenständiger regionaler – politischer wie wirtschaftlicher – Faktor weitgehend ausgeschaltet und über das Sanktionsregime haben sie auch wieder die Kontrolle über das irakische Öl. 20.000 bis 25.000 U.S. Soldaten sind nun ständig in der Region stationiert und große Mengen an Waffen und Ausrüstung wurden im voraus in Stellung gebracht, die den USA eine schnelle Expansion ihrer Militärmacht vor Ort erlauben.18

      Die massive US-Truppenpräsenz richtet sich dabei nicht nur gegen den Iran und den Irak, sondern dient nicht zuletzt auch der Stabilisierung der Ölmonarchien nach Innen. Der Kontrolle dieser Länder – vor allem Saudi-Arabiens, als größtem Ölproduzenten – mittels ihrer korrupter Herrscher kommt dabei größte Bedeutung zu. Schließlich kann, wer hier das Sagen hat, den Preis des Öls entscheidend beeinflussen, mit all seinen Auswirkungen auf die Wirtschaft großer wie kleiner Staaten.

      Bereits Präsident Ronald Reagan hatte betont, auf keinen Fall zuzulassen, daß aus Saudi Arabien ein zweiter Iran werden würde. Aus Sicht der USA ist der Zugriff auf das Öl am Golf essentiell. Ausgedrückt ist dies in der "Carter Doktrin" vom Januar 1980, d.h. unmittelbar nach der iranischen Revolution: "Jeder Versuch einer auswärtigen Macht, die Kontrolle über die Golfregion zu erringen, wird als Angriff auf die vitalen Interessen der USA angesehen und mit allen, auch militärischen Mitteln zurückgeschlagen." Auf dieser Basis führte 1991 Präsident Bush senior die Operation Desert Storm durch und baute Präsident Clinton massiv die militärische Präsenz der USA am Golf aus.19

      Im Boden der Länder dieser Region liegen, wie Dieter Lohaus in der letzten Ausgabe der Marxistischen Blätter sehr anschaulich beschrieben hat, nach aktuellen Schätzungen Ölreserven, die nach heutigen Preisen, Gewinne von mehr als 10.000 Mrd. US-$ erwarten lassen. Um die Verteilung dieser Profite geht es bei diesem Spiel und aus diesem Fonds werden auch die Rüstungsausgaben, wie die Kriege der Region finanziert - der Angreifer, wie der Verteidiger. 20

      Wenn natürlich die Installation eines US-hörigen Regimes im Irak und damit die Wiederherstellung der unmittelbaren Verfügungsgewalt über das irakische Öl, aus US-Sicht verlockend ist, so scheint sich seit Jahren, die US-Strategie auf die Aufrechterhaltung des Status Quo, d.h. der Aufrechterhaltung eines permanenten Spannungszustands, inklusive eines Krieges niederer Intensität, zu beschränken. Das erklärt auch eine Politik, die die Sanktionen auf unbestimmte Zeit fortschreiben will, an einer effektiven Rüstungskontrolle aber offensichtlich nicht interessiert ist.

      Allen schon weit gediehenen Bemühungen in diese Richtungen wurde ja bekanntlich mit den Bombardierungen im Dezember 1998 der Garaus gemacht. Zuvor hatten die Kontrolleure von UNSCOM den nahezu vollständigen Vollzug aller geforderten Abrüstungsmaßnahmen vermelden können. 21 Auf Kosten des Iraks war ein voll funktionsfähiges Videoüberwachungssystem mit mehr als 130 Installationen an allen Orten, die zur Rüstungsproduktion dienen könnten, eingerichtet worden, über die eine sehr effektive Überwachung möglich gewesen wäre.22 UNSCOM mußte auf Grund der Kriegsvorbereitungen im Herbst 1998 abgezogen werden und das Videoüberwachungssystem fiel den folgenden angelsächsischen Bomben zum Opfer.

      Auch die Aufrechterhaltung des Status Quo kann, wie schon geschehen, umfassende militärische Angriffe beinhalten, die neben der militärischen, stets auch der industriellen Infrastruktur gelten. Angriffsziele könnten dabei auch Teile der Infrastruktur zur Förderung und Transport von Erdöl sein, um die Möglichkeiten des Iraks, auf eigene Rechnung Öl zu exportieren, zu beschneiden. – Dies war ja eines der Ziele, der im Juni im UN-Sicherheitsrat gescheiterten US-Pläne zur Änderung der Sanktionspolitik.

      Joachim Guilliard,
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      schrieb am 18.12.02 14:24:37
      !
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      schrieb am 19.12.02 18:10:51
      Beitrag Nr. 93 ()
      Drohung mit Atomwaffen ist menschenverachtend und völkerrechtswidrig
      Eine Erklärung der IPPNW-International physicians for the prevention of nuclear war

      Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung der deutschen Sektion von IPPNW


      Pressemitteilung

      Berlin, den 12. Dezember 2002

      Ein atomarer Angriff auf Bagdad würde bis zu 3,6 Millionen Tote kosten. Das ist ein Ergebnis der jüngsten wissenschaftlichen Studie der IPPNW, der International physicians for the prevention of nuclear war. Vor diesem Hintergrund verurteilen die IPPNW-Ärzte die Drohung Amerikas, Atomwaffen einzusetzen, scharf. "Die Drohung der USA, so viele Menschen zu töten, ist menschenverachtend und völkerrechtswidrig", sagt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der deutschen Sektion der IPPNW.

      Die IPPNW-Studie "Kollateralschaden" analysiert die Folgen eines neuen Krieges gegen den Irak. Die Studie wurde von der britischen Sektion der IPPNW (MEDACT) erstellt. Die Autoren rechnen im Falle eines Krieges mit verheerenden Auswirkungen für die irakische Bevölkerung, ihre Nachbarn und weit über die Region hinaus. Sollte die USA ihre Drohung verwirklichen und eine Atombombe zünden, wäre ein enormes ziviles Sterben die Folge. Eine kleine Atombombe, etwa in der Größe der Hiroshima-Bombe, tötet bis zu 360,000 Menschen. Eine moderne thermonukleare Bombe tötet jedoch bis zu 3,6 Millionen, ohne die Spätfolgen einzurechnen.

      Die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen ist generell völkerrechtswidrig, das erklärte der Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten vom 8.Juli 1996. Mit einer Ausnahme: Der Gerichtshof drückte sich vor der Entscheidung, ob ein Einsatz von Atomwaffen gerechtfertigt sei, wenn ein Staat in seiner Existenz bedroht sei. Dies trifft im gegenwärtigen Szenario aber nicht zu: Es gibt bisher keinen Beweis, dass der Irak im Besitz von biologischen oder chemischen Waffen ist - und dass die USA vom Irak mit Massenvernichtungswaffen bedroht werden.

      "Hier wird der Gerechtigkeitsgedanke auf den Kopf gestellt. Allein aufgrund der Behauptung der USA, Hussein sei gefährlich, wird Millionen Menschen mit dem atomaren Feuer gedroht. Das darf die internationale Gemeinschaft nicht zulassen", sagte Frau Hall.

      IPPNW-Deutschland, Koertestr. 10, D-10967 Berlin
      http:www.ippnw.de
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      schrieb am 20.12.02 13:58:39
      Beitrag Nr. 94 ()
      US-Wirtschaft

      Greenspan warnt vor Irak-Krieg

      Die US-Wirtschaft ist nach Einschätzung von US-Notenbankchef Alan Greenspan dabei, ihre Schwächephase zu überwinden. Der Präsident der Federal Reserve deutete jedoch an, dass ein Krieg gegen Saddam Hussein Gift für die Konjunktur wäre.


      REUTERS

      Sieht die geopolitischen Risiken als Wachstumshemmnis: Alan Greenspan


      New York - Ohne die Irak-Krise beim Namen zu nennen, sagte Greenspan bei einer Rede vor dem New Yorker Wirtschaftsclub, die jüngste Zunahme geopolitischer Risiken würde die Nachfrage dämpfen. Ein Nachlassen der Risiken würde eine bedeutende Rolle bei der Belebung der Wirtschaft spielen, fügte er hinzu. Diese stellten eine "bedeutende Barriere" für Investitionen dar. Angesichts der zunehmenden Furcht vor einem Krieg der USA gegen Irak waren am Donnerstag die Ölpreise nahe an ihre höchsten Stände seit rund zwei Jahren geklettert.

      Es ist ungewöhnlich, dass sich der einflussreiche Notenbanker so deutlich zu den Risiken eines immer wahrscheinlicher werdenden Feldzugs der USA gegen den Irak äußert. Bedeutsam sind Greenspans Äußerungen auch vor dem Hintergrund der Diskussion unter amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlern darüber, wie sich ein Krieg unter dem Strich auf die US-Wirtschaft auswirkt.

      Einige Experten, etwa der Yale-Professor William Nordhaus, warnen vor den erheblichen finanziellen Risiken eines Krieges. Dagegen glaubt Lawrence Kudlow, ehemaliger Berater des Ex-Präsidenten Ronald Reagan, dass ein Krieg der US-Wirtschaft helfe. In einem Kommentar mit dem Titel "Den Markt mit Gewalt zurückerobern" zeigte er sich sogar zuversichtlich, dass der Krieg den Dow Jones "um ein paar tausend Punkte" anheben könnte.

      Verhaltener Aufwärtstrend

      Greenspan sagte, nach der Zinssenkung im November gebe es Anzeichen dafür, dass sich die US-Wirtschaft von der leichten Schwächephase erhole. Die Fed hatte Anfang November den Leitzins überraschend deutlich um 50 Basispunkte auf 1,25 Prozent gesenkt und dies damit begründet, der US-Konjunktur solle durch ihre "leichte Schwächephase" geholfen werden.

      Einige Wirtschaftsexperten haben ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, dass der US-Wirtschaft eine Deflation drohen könnte, wie sie Japan in den vergangenen Jahren getroffen hat. Greenspan sagte hierzu, die USA seien nicht nahe dran, in eine schädliche Deflation abzugleiten. Selbst im Fall einer Deflation gebe es Möglichkeiten dieser mit einer aggressiven Finanzpolitik zu begegnen.

      Durch eine starke Zunahme der Arbeitsproduktivität und niedrigere Steuern würden sowohl Einkommen als auch Ausgaben erhöht. Seit Oktober hätten sich zudem die Bedingungen für Finanzmärkte der USA verbessert. So seien etwa die allgemeinen Kapitalkosten deutlich gesunken und in den vergangenen Wochen die Herausgabe von Anleihen aller Arten gestiegen. Der Lage am Arbeitsmarkt sei aber weiter gedämpft und auch größere Investitionen würden zurückgehalten, bis die Gewinne wieder stiegen.

      Von Thomas Hillenbrand
      Avatar
      schrieb am 20.12.02 14:02:19
      Beitrag Nr. 95 ()
      Nationale Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen / NATIONAL STRATEGY TO COMBAT WEAPONS OF MASS DESTRUCTION DECEMBER 2002
      Das Strategiepapier der US-Regierung, veröffentlicht im Dezember 2002, im Wortlaut (deutsch und englisch)

      Nachfolgend dokumentieren wir das am 11. Dezember 2002 veröffentlichte Strategiepapier der US-Regierung zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen in einer von der US-Botschaft in Berlin autorisierten deutschen Übersetzung sowie im amerikanischen Original.


      "In der Verbindung von Radikalismus mit Technologie liegt die größte Gefahr für unsere Nation. Unsere Feinde haben offen erklärt, dass sie den Besitz von Massenvernichtungswaffen anstreben, und es gibt Beweise dafür, dass sie dieses Ziel mit Entschlossenheit verfolgen. Die Vereinigten Staaten werden es nicht zulassen, dass solche Bemühungen von Erfolg gekrönt werden. ... Die Geschichte wird mit denen scharf ins Gericht gehen, die diese Gefahr auf sich zukommen sahen, aber nichts dagegen unternommen haben. In der neuen Welt, in der wir leben, ist der einzige Weg zu Frieden und Sicherheit der Weg des Handelns."
      Präsident Bush

      Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika

      17. September 2002

      Einleitung

      Massenvernichtungswaffen, seien es nukleare, biologische oder chemische, die sich im Besitz feindlich gesinnterer Staaten und Terroristen befinden, stellen für die Sicherheit der Vereinigten Staaten eine der größten Herausforderungen dar. Wir müssen eine umfassende Strategie verfolgen, um dieser Bedrohung in all ihren Dimensionen zu begegnen.

      Eine effektive Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen - Einsatz und Weiterverbreitung eingeschlossen - ist ein wesentliches Element der Nationalen Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika. Ebenso wie der Krieg gegen den Terrorismus, unsere Strategie zur inneren Sicherheit und unser neues Abschreckungskonzept stellt auch der amerikanische Ansatz zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen eine grundlegende Veränderung im Vergleich zur Vergangenheit dar. Um erfolgreich zu sein, müssen wir die sich heute bietenden Chancen voll ausnutzen, unter anderem die Anwendung neuer Technologien, verstärkte Beschaffung und Analyse nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, Stärkung der Bündnisbeziehungen und Aufbau neuer Partnerschaften mit ehemaligen Gegnern.

      Massenvernichtungswaffen können Gegner in die Lage versetzen, den Vereinigten Staaten, amerikanischen Streitkräften im In- und Ausland sowie unseren Freunden und Bündnispartnern in großem Umfang Schaden zuzufügen. Manche Staaten - darunter einige, die Terrorismus unterstützt haben und noch unterstützen - besitzen bereits Massenvernichtungswaffen und streben nach noch größeren Fähigkeiten, um sie als Mittel zur Einschüchterung und Zwangsausübung einzusetzen. Für sie sind diese Waffen nicht das letzte Mittel, sondern militärisch nützliche Waffen der Wahl, gedacht zur Überwindung des Vorsprungs, den unsere Nation im Bereich konventioneller Streitkräfte hat und um uns davon abzuhalten, auf eine Aggression gegen unsere Freunde und Bündnispartner in Regionen von entscheidendem Interesse zu reagieren. Außerdem streben terroristische Gruppen die Beschaffung von Massenvernichtungswaffen an, mit dem erklärten Ziel, in großem Umfang Amerikaner und Bürger befreundeter und verbündeter Nationen zu töten - ohne Gewissensbisse und ohne Warnung.

      Die Vereinigten Staaten von Amerika werden es den gefährlichsten Regimes und Terroristen der Welt nicht erlauben, sie mit den zerstörerischsten Waffen der Welt zu bedrohen. Wir messen dem Schutz der Vereinigten Staaten, ihrer Streitkräfte und ihrer Freunde und Bündnispartner vor der bestehenden und wachsenden Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen höchste Priorität bei.

      Pfeiler unserer Nationalen Strategie

      Unsere Nationale Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen ruht auf drei wesentlichen Pfeilern:

      Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zur Bekämpfung des Einsatzes solcher Waffen

      Das feindlich gesinnte Staaten und Terroristen im Besitz von Massenvernichtungswaffen sind und die Wahrscheinlichkeit ihres Einsatzes steigt, zählt zu den Realitäten unseres gegenwärtigen Sicherheitsumfelds. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die amerikanischen Streitkräfte und zuständige zivile Behörden darauf vorbereitet sind, die ganze Bandbreite möglicher Einsatzszenarios von Massenvernichtungswaffen abzuschrecken und abzuwehren. Wir werden gewährleisten, dass alle notwendigen Fähigkeiten zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen in vollem Umfang in den sich abzeichnenden Plan zur Umstrukturierung der Verteidigung und unser Konzept zur inneren Sicherheit eingebunden werden. Die Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen wird auch in vollem Umfang in die Grundsatzdoktrinen, Ausbildung und Ausrüstung aller Streitkräfte aufgenommen, damit gewährleistet ist, dass sie Operationen zur Bezwingung von mit Massenvernichtungswaffen ausgestatteten Gegnern ausführen können.

      Verstärkte Nichtverbreitung zur Bekämpfung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

      Die Vereinigten Staaten, ihre Freunde und Bündnispartner sowie die internationale Gemeinschaft müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um Staaten und Terroristen an der Beschaffung von Massenvernichtungswaffen und Flugkörpern zu hindern. Wir müssen traditionelle Maßnahmen - Diplomatie, Rüstungskontrolle, multilaterale Abkommen, Unterstützung bei der Bedrohungsreduktion und Exportkontrollen - verbessern, die mit der Weiterverbreitung befasste Staaten und Terrornetzwerke von diesen Aktivitäten abhalten oder diese zu unterbinden versuchen, sowie den Zugang zu sensiblen Technologien, Materialien und entsprechendem Fachwissen erschweren und kostspieliger machen. Wir müssen gewährleisten, dass einschlägige internationale Abkommen eingehalten werden, darunter der Nichtverbreitungsvertrag (NVV), das Chemiewaffenübereinkommen und das Übereinkommen über das Verbot biologischer Waffen. Die Vereinigten Staaten werden ihre Zusammenarbeit mit anderen Staaten fortsetzen, damit die Fähigkeiten verbessert werden, den unerlaubten Tranuner von Massenvernichtungswaffen, Raketentechnologie, Fachwisselound Material zu verhindern. Wir werden neue Präventionsmethodeävermitteln und anwenden, wie die Strafandrohung auf nationaler Ebene bei Verbreitungsaktivitäten und die Ausweitung von Vorsichtsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen.

      Folgenmanagement als Reaktion auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen

      Schließlich müssen die Vereinigten Staaten darauf vorbereitet sein, auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen amerikanische Bürger, amerikanische Streitkräfte sowie gegen Freunde und Bündnispartner zu reagieren. Wir werden die Fähigkeit entwickeln und erhalten, die möglicherweise furchtbaren Folgen eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen im In- und Ausland so weit wie möglich zu verringern.

      Die drei Pfeiler der amerikanischen Nationalen Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen gliedern sich nahtlos in einen umfassenden Ansatz ein. Der Eingliederung dieser Grundsätze dienen vier miteinander verbundene Elemente, die vorrangig aufgebaut werden müssen: die Beschaffung und Analyse nachrichtendienstlicher Erkenntnisse im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen, Trägersystemen und damit verbundenen Technologien; Forschung und Entwicklung zur Verbesserung unserer Fähigkeit, auf entstehende Bedrohungen zu reagieren; bi- und multilaterale Zusammenarbeit; gezielte Strategien gegen feindliche Staaten und Terroristen.

      Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

      Wir wissen aus Erfahrung, dass die Bemühungen, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen an feindlich gesinnte Staaten und Terroristen zu verhindern und einzudämmen nicht immer von Erfolg gekrönt sind. Daher müssen das amerikanische Militär und zuständige Zivilbehörden über die ganze Bandbreite operativer Fähigkeiten verfügen, um auf die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und deren Einsatz durch Staaten und Terroristen gegen die Vereinigten Staaten, ihre Streitkräfte sowie ihre Freunde und Bündnispartner zu reagieren.

      Verbot

      Wirksame Verbote sind ein entscheidendes Element der amerikanischen Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme. Wir müssen die Fähigkeiten unseres Militärs, unserer Nachrichtendienste, der technischen Einrichtungen und Strafverfolgungsbehörden verbessern, damit Massenvernichtungswaffen sowie damit im Zusammenhang stehende Technologien und Expertise nicht in die Hände feindlich gesinnter Staaten und Terrororganisationen gelangen.

      Abschreckung

      Die Bedrohungen der heutigen Zeit sind weitaus vielfältiger und weniger vorhersehbar als jene der Vergangenheit. Länder, die den Vereinigten Staaten, ihren Freunden und Bündnispartnern feindlich gesinnt sind, haben ihre Bereitschaft gezeigt, zur Erreichung ihrer Ziele große Risiken auf sich zu nehmen, und sie streben den Besitz von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen als wichtiges Hilfsmittel bei diesen Bemühungen an. Folglich bedarf es neuer Abschreckungsmethoden. Eine stark deklaratorische Politik und effektive Streitkräfte sind unerlässliche Elemente des aktuellen amerikanischen Abschreckungskonzepts, das auch die volle Bandbreite politischer Instrumente umfasst, damit potenzielle Gegner davon abgehalten werden, um den Besitz oder den Einsatz von Massenvernichtungswaffen anzustreben. Die Vereinigten Staaten werden weiterhin deutlich machen, dass sie das Recht haben, mit übermächtiger Gewalt auf den Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen die Vereinigten Staaten, ihrer im Ausland stationierten Streitkräfte sowie gegen Freunde und Bündnispartner zu reagieren - unter Anwendung aller zur Verfügung stehenden Mittel.

      Zusätzlich zu unseren konventionellen und nuklearen Reaktions- und Verteidigungsfähigkeiten wird unser umfassendes Abschreckungskonzept gegen die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen durch effektive Nachrichtendienste, Überwachung, Verbote und nationale Strafverfolgung untermauert. Diese kombinierten Fähigkeiten verbessern die Abschreckung sowohl durch die Abwertung feindlicher Massenvernichtungswaffen und Raketen als auch die Aussicht auf eine übermächtige Reaktion auf jeglichen Einsatz solcher Waffen.

      Verteidigung und Abschwächung

      Da Abschreckung unter Umständen nicht ausreichend ist und der Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen amerikanische Streitkräfte und die Zivilbevölkerung möglicherweise verheerende Folgen hätte, müssen die Streitkräfte und zuständige Zivilbehörden der Vereinigten Staaten die Fähigkeiten zur Verteidigung gegen mit Massenvernichtungswaffen ausgerüstete Gegner haben, einschließlich der Möglichkeit, gegebenenfalls präemptive Maßnahmen zu ergreifen. Dies erfordert Fähigkeiten zur Aufdeckung und Zerstörung feindlicher Massenvernichtungswaffen, bevor diese zum Einsatz kommen. Darüber hinaus müssen wirksame aktive und passive Verteidigungs- und Abschwächungsmaßnahmen eingeführt werden, die die amerikanischen Streitkräfte und Zivilbehörden in die Lage versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen sowie Freunden und Bündnispartnern beizustehen, sollten Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen.

      Aktive Abwehr macht Massenvernichtungswaffen untauglich, zerstört oder stört sie auf dem Weg zu ihrem Ziel. Aktive Verteidigung schließt eine wirksame Luftverteidigung und effektive Raketenabwehr gegen die Bedrohungen der heutigen Zeit ein. Passive Abwehr muss den einzigartigen Eigenschaften verschiedener Formen von Massenvernichtungswaffen angepasst werden. Die Vereinigten Staaten müssen ebenso die Fähigkeit haben, die Auswirkungen eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen gegen ihre stationierten Streitkräfte rasch und effektiv abzuschwächen.

      Unser Ansatz zur Abwehr biologischer Bedrohungen gründete lange Zeit auf unserem Vorgehen bei Bedrohungen durch Chemiewaffen, trotz der grundlegenden Unterschiede beider Waffenformen. Die Vereinigten Staaten entwickeln einen neuen Ansatz, um das Land und die Freunde und Bündnispartner mit einer effektiven Abwehr vor biologischen Waffen zu schützen.

      Schließlich müssen die amerikanischen Streitkräfte und Strafverfolgungsbehörden bereitstehen, gegebenenfalls gegen die Quelle eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen vorzugehen. Das oberste Ziel einer Reaktion ist die Abwendung eines kurz bevorstehenden Angriffs oder eines gerade stattfindenden Angriffs und die Beseitigung der Bedrohung durch zukünftige Anschläge. Ebenso wie Abschreckung und Prävention erfordert eine effektive Reaktion rasches Handeln und eine starke Schlagkraft. Wir müssen verstärkte Anstrengungen unternehmen zur Entwicklung neuer Fähigkeiten zur Beseitigung von Massenvernichtungswaffen und damit verbundener Komponenten. Die Vereinigten Staaten müssen darauf eingerichtet sein, im Anschluss an Konflikte Operationen zur Zerstörung und Demontage verbleibender Massenvernichtungswaffen feindlich gesinnter Staaten oder Terrornetzwerke durchzuführen. Eine effektive amerikanische Reaktion wird nicht nur die Quelle eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen beseitigen, sondern auch einen deutlichen Abschreckungseffekt auf andere Gegner haben, die Massenvernichtungswaffen oder Raketen besitzen oder deren Besitz anstreben.

      Nichtverbreitung

      Aktive Nichtverbreitungsdiplomatie

      Die Vereinigten Staaten werden auf bilateraler und multilateraler Ebene diplomatische Anstrengungen unternehmen, um ihr Ziel der Nichtverbreitung zu erreichen. Wir müssen Zuliefererstaaten von der Zusammenarbeit mit Staaten abbringen, die Massenvernichtungswaffen verbreiten und diese dazu bewegen, ihre Massenvernichtungswaffen- und Raketenprogramme einzustellen. Wir werden Länder im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur Rechenschaft ziehen. Sollten unsere weitreichenden Bemühungen zur Nichtverbreitung jedoch scheitern, müssen wir die ganze Bandbreite operativer Fähigkeiten zur Verfügung haben, die zur Verteidigung gegen einen möglichen Einsatz von Massenvernichtungswaffen notwendig sind.

      Multilaterale Regime

      Bestehende Nichtverbreitungs- und Rüstungskontrollregime spielen in der Gesamtstrategie eine wichtige Rolle. Die Vereinigten Staaten werden diese aktuell geltenden Regime unterstützen und auf die Verbesserung ihrer Effektivität und Einhaltung hinarbeiten. In Übereinstimmung mit anderen politischen Prioritäten werden wir auch neue Vereinbarungen und Abkommen fördern, die unseren Zielen der Nichtverbreitung dienen. Alles in allem streben wir nach der Schaffung eines der Nichtverbreitung förderlicheren internationalen Umfelds. Unsere Bemühungen umfassen unter anderem:

      Nuklearmaterialien
      Stärkung des Nichtverbreitungsvertrags und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), einschließlich der Garantie, dass - mittels der Ratifikation eines Zusatzprotokolls durch alle Unterzeichnerstaaten des NVV - alle Länder in vollem Umfang die vereinbarten Schutzklauseln der IAEO umsetzen sowie angemessene Finanzierungszuwächse für die Organisation;
      Verhandlungen über ein für die Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten förderliches Verbot der Produktion von nuklearem Spaltmaterial für Waffenzwecke;
      Stärkung der Nuclear Suppliers Group und des Zangger-Komittees.
      Chemische und Biologische Materialien
      Effektive Arbeit der Organisation im Hinblick auf das Verbot chemischer Waffen;
      Ermittlung und Förderung konstruktiver und realistischer Maßnahmen zur Stärkung des Übereinkommens über das Verbot biologischer Waffen;
      Stärkung der Australiengruppe.
      Flugkörper
      Stärkung des Trägertechnologieregimes, unter anderem durch die Unterstützung einer umfassenden Umsetzung des Internationalen Verhaltenskodex gegen die Proliferation ballistischer Flugkörper.

      Nichtverbreitung und Zusammenarbeit bei der Bedrohungsreduktion

      Die Vereinigten Staaten betreiben eine Reihe von Programmen, darunter das Nunn-Lugar-Programm, die sich mit der Proliferationsbedrohung befassen, die von den großen Mengen an Massenvernichtungswaffen aus Sowjetbeständen sowie mit Fachwissen und Material im Zusammenhang mit Flugkörpern ausgehen. Programme zur Unterstützung der Nichtverbreitung und Bedrohungsreduktion in Russland und anderen ehemaligen Sowjetstaaten haben hohe Priorität. Wir werden Freunde und Bündnispartner weiterhin darin bestärken, ihren Beitrag zu diesen Programmen zu leisten, insbesondere durch die Globale Partnerschaft der G8 gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -materialien. Darüber hinaus werden wir mit anderen Ländern an der Verbesserung der Sicherheit ihrer in Verbindung mit Massenvernichtungswaffen stehenden Materialien arbeiten.

      Kontrolle von Nuklearmaterial

      Zusätzlich zu Programmen mit den ehemaligen Sowjetstaaten zur Verringerung spaltbaren Materials und zur Verbesserung der Sicherheit von Überresten werden die Vereinigten Staaten weiterhin die weltweite Anhäufung gespaltenen Plutoniums unterbinden und den Einsatz hochangereicherten Urans minimieren. Wie in der National Energy Policy dargelegt, werden die Vereinigten Staaten in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern auf die Entwicklung von Technologien zur Wiederverwertung und Treibstoffverwertung hinarbeiten, die sauberer und effizienter sind, weniger Abfall verursachen und sich schwerer weiterverbreiten lassen.

      Amerikanische Exportkontrollen

      Wir müssen gewährleisten, dass die Durchsetzung amerikanischer Exportkontrollen unsere Ziele im Hinblick auf Nichtverbreitung und andere nationale Sicherheitsbelange fördert, während wir gleichzeitig die Realitäten im Auge behalten, mit denen amerikanische Unternehmen angesichts des zunehmend globalisierten Markts konfrontiert sind.

      Wir werden mit den bestehenden Behörden Exportkontrollen aktualisieren und stärken. Wir werden auch eine neue Gesetzgebung anstreben, die die Fähigkeit unseres Exportkontrollsystems verbessert, gleichermaßen dem Ziel der Nichtweiterverbreitung als auch kommerziellen Interessen Rechnung zu tragen. Unser übergeordnetes Ziel ist, unsere Ressourcen auf wirklich sensible Exporte an feindselig gesinnte Staaten oder solche zu konzentrieren, die Massenvernichtungswaffen weiterverbreiten, während wir gleichzeitig unnötige Hemmnisse des globalen Markts beseitigen.

      Sanktionen zur Nichtverbreitung

      Zwangsmaßnahmen können eine wichtige Komponente unserer Gesamtstrategie gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen darstellen. Gelegentlich haben sich Sanktionen jedoch als unflexibel und unwirksam erwiesen. Wir werden eine umfassende Sanktionspolitik zur besseren Integration von Zwangsmaßnahmen in unsere Gesamtstrategie entwickeln und gemeinsam mit dem Kongress an der Konsolidierung und Modifizierung bestehender Gesetzgebung zu Sanktionen arbeiten.

      Folgenmanagement im Hinblick auf Massenvernichtungswaffen

      Die Verteidigung des amerikanischen Heimatlandes ist die grundlegendste Verantwortung unserer Regierung. Teil unserer Verteidigung ist die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, auf die Folgen des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen auf ihrem Territorium - sei es durch feindlich gesinnte Staaten oder Terroristen - zu reagieren. Die Vereinigten Staaten müssen auch darauf vorbereitet sein, auf die Auswirkungen eines Einsatzes von Massenvernichtungswaffen gegen im Ausland stationierte Truppen zu reagieren sowie Freunden und Bündnispartnern beizustehen.

      Die Nationale Strategie zur inneren Sicherheit beinhaltet Programme der amerikanischen Regierung zur Reaktion auf die Folgen eines Einsatzes chemischer, biologischer, radiologischer oder nuklearer Waffen in den Vereinigten Staaten. Eine Reihe dieser Programme bieten bundesstaatlichen und kommunalen Verwaltungen Ausbildung, Planung und Unterstützung. Um ihre Effektivität zu maximieren, müssen diese Bemühungen integriert werden und umfassend sein. Unsere Krisenreaktionskräfte müssen die volle Bandbreite von Instrumentarien zum Schutz, zur Rettung und zur medizinischen Behandlung zur Verfügung haben, um nach einem Angriff mit Massenvernichtungswaffen auf unserem Hoheitsgebiet entsprechende Bewertungen vorzunehmen und rasch reagieren zu können.

      Das Büro des Weißen Hauses für innere Sicherheit wird alle staatlichen Bestrebungen zur Vorbereitung auf Terroranschläge in den Vereinigten Staaten und zur Milderung ihrer Auswirkungen koordinieren, einschließlich der Terroranschläge mit Massenvernichtungswaffen. Das Büro für innere Sicherheit wird auch eng mit den bundesstaatlichen und kommunalen Verwaltungen zusammenarbeiten um sicherzustellen, dass ihre Planungs-, Ausbildungs- und Ausrüstungserfordernisse berücksichtigt werden. Diese Themen, einschließlich der Rolle des Ministeriums für innere Sicherheit, werden in der Nationalen Strategie für innere Sicherheit im Einzelnen behandelt.

      Das Büro des Nationalen Sicherheitsrats zur Bekämpfung von Terrorismus koordiniert und verbessert die amerikanischen Bestrebungen, auf Rettungsmaßnahmen nach Terroranschlägen außerhalb der Vereinigten Staaten zu reagieren und diese zu organisieren. In Zusammenarbeit mir dem Büro für Terrorismusbekämpfung koordiniert das Außenministerium behördenübergreifende Bestrebungen zur Zusammenarbeit mit unseren Freunden und Bündnispartnern bei ihren eigenen Vorbereitungen auf Notfälle und dem Folgenmanagement.

      Integration der Pfeiler

      Mehrere entscheidende Elemente dienen zur Integration der drei Pfeiler - Verhinderung der Verbreitung, Nichtverbreitung und Folgenmanagement - der amerikanischen Nationalen Strategie zur Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.

      Verbesserte Beschaffung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse und ihre Auswertung

      Ein genaueres und umfassenderes Verständnis des gesamten Spektrums der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen zählt gegenwärtig und in Zukunft zusammen mit der Verhinderung der Verbreitung sowie der Abschreckung oder Verteidigung gegen diejenigen, die diese Fähigkeiten gegen uns einsetzen würden, zu den obersten nachrichtendienstlichen Prioritäten der Vereinigten Staaten. Die Verbesserung unserer Fähigkeit zur Beschaffung rechtzeitiger und genauer Erkenntnisse der offensiven und defensiven Fähigkeiten des Gegners sowie seiner Pläne und Absichten ist der Schlüssel zur Entwicklung effektiver Maßnahmen und Fähigkeiten zur Verhinderung der Verbreitung und der Nichtverbreitung. Besondere Betonung muss auf die Verbesserung folgender Faktoren gelegt werden: nachrichtendienstliche Erkenntnisse bezüglich Einrichtungen und Aktivitäten im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen, Interaktion zwischen den amerikanischen Nachrichtendiensten, Strafverfolgungsbehörden und militärischen Einrichtungen sowie nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit Freunden und Bündnispartnern.

      Forschung und Entwicklung

      In den Vereinigten Staaten werden dringend modernste Technologien benötigt, die der Entdeckung, Analyse, Abwehr und Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen dienen sowie ein Verbot solcher Waffen erleichtern und die Folgen ihrer Existenz abschwächen. Zahlreiche amerikanische Ministerien und Behörden befassen sich zurzeit mit unerlässlichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Unterstützung unserer Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.

      Der aus hochrangigen Vertretern aller zuständigen Behörden bestehende neue Koordinierungsausschuss für Technologie zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen wird auf die Verbesserung der behördenübergreifenden Koordinierung der Forschungs- und Entwicklungsbestrebungen der amerikanischen Regierung zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen hinarbeiten. Der Ausschuss wird dabei behilflich sein, Prioritäten, Lücken und Überschneidungen bei bestehenden Programmen auszumachen und Optionen für künftige Investitionsstrategien zu prüfen.

      Verstärkte internationale Zusammenarbeit

      Massenvernichtungswaffen stellen nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern auch für unsere Freunde und Bündnispartner sowie die internationale Gemeinschaft eine Bedrohung dar. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, dass wir bei allen Elementen unserer umfassenden Nichtverbreitungsstrategie eng mit gleichgesinnten Ländern zusammenarbeiten.

      Gezielte Strategien gegen die für die Verbreitung Verantwortlichen

      Alle Elemente der amerikanischen Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen müssen in gezielten Strategien gegen die Zuliefer- und Empfängerstaaten von Massenvernichtungswaffen sowie gegen Terrorgruppen zum Tragen kommen, die Massenvernichtungswaffen zu beschaffen versuchen.

      Einige wenige Staaten betreiben die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, und ihre Staatschefs sind zur Entwicklung, Unterhaltung und Verbesserung ihrer Massenvernichtungswaffen und Trägersysteme entschlossen, die direkt die Vereinigten Staaten, amerikanische Streitkräfte in Übersee und/oder unsere Freunde und Bündnispartner bedrohen. Weil alle diese Regime unterschiedlich sind, werden wir länderspezifische Strategien verfolgen, dank derer wir sowie unsere Freunde und Bündnispartner Bedrohungen durch Massenvernichtungswaffen und Flugkörper aus jedem dieser Länder am besten verhindern, abschrecken und abwehren können. Diese Strategien müssen auch die zunehmende Zusammenarbeit zwischen den für die Verbreitung verantwortlichen Staaten berücksichtigen - die so genannte Sekundärproliferation - die uns zu neuen Denkweisen bezüglich spezifischer Länderstrategien herausfordert.

      Zu den schwierigsten uns konfrontierenden Herausforderungen zählt die Verhinderung und Abschreckung der Beschaffung und des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen durch Terrorgruppen sowie die Abwehr solcher Waffen. Die derzeitigen und künftigen Verbindungen zwischen Terrorgruppen und den Terrorismus fördernden Staaten sind besonders gefährlich und erfordern vordringliche Aufmerksamkeit. Das gesamte Spektrum der Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, der Nichtverbreitung und des Folgenmanagements muss gegen die terroristische Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen zum Tragen kommen, ebenso wie gegen die Staaten, die zu größter Sorge bei der Verbreitung Anlass geben.

      Schlussbemerkung

      Unsere Nationale Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen verlangt viel von uns allen - der Exekutive, dem Kongress, den bundesstaatlichen und kommunalen Verwaltungen, dem amerikanischen Volk sowie von unseren Freunden und Bündnispartnern. Die Anforderungen an die Verhinderung, Abschreckung, Verteidigung gegen und Reaktion auf die heutige Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen sind komplex und stellen eine Herausforderung dar. Aber sie sind nicht beängstigend. Wir können und werden bei den in dieser Strategie dargelegten Aufgaben Erfolg haben; wir haben keine andere Wahl.

      Originaltext: Bush Administration Releases New WMD Strategic Plan
      (siehe unter: http://www.usinfo.state.gov)
      Avatar
      schrieb am 22.12.02 21:08:34
      !
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      Avatar
      schrieb am 22.12.02 21:10:03
      Beitrag Nr. 97 ()
      US-Kriegsvorbereitungen

      Bush lässt sich gegen Pocken impfen

      Vor seinem Weihnachtsurlaub hat sich US-Präsident George W. Bush demonstrativ gegen Pocken impfen lassen. Mit der Geste machte der Oberbefehlshaber der US-Armee unmissverständlich klar, dass alle Zeichen auf Krieg stehen.


      REUTERS

      George W. Bush lässt keine Gelegenheit aus, um seine Bereitschaft zum Krieg zu zeigen


      Washington - Im Zeichen wachsender Kriegsgefahr am Golf hat US-Präsident George W. Bush seinen Weihnachtsurlaub angetreten. In seiner wöchentlichen Radioansprache würdigte er am Samstag die US-Streitkräfte, die sich "zwischen Amerikanern und schwerer Gefahr" für Frieden und Freiheit einsetzten.

      Zuvor ließ sich Bush gegen Pocken impfen und setzte damit nach der Anordnung obligatorischer Impfung für eine halbe Million Soldaten ein demonstratives Zeichen. "Als Oberbefehlshaber kann ich nicht andere anweisen, dieses Risiko einzugehen, ohne selbst dazu bereit zu sein", sagte Bush zu der Impfung, die in seltenen Fällen zu einer Erkrankung führen kann. Die Pocken gelten seit 1980 als ausgerottet. Die US-Regierung hält es jedoch für möglich, dass Staaten wie Irak oder auch Terroristen Pockenerreger als biologische Waffe einsetzen könnten. Zusammen mit seiner Frau Laura flog Bush auf den Präsidentenlandsitz Camp David in Maryland. Dort wollte er Weihnachten verbringen und anschließend auf seine Ranch im texanischen Crawford fliegen. Die Rückkehr nach Washington ist für den 4. Januar geplant.
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      schrieb am 23.12.02 15:09:30
      Beitrag Nr. 98 ()
      das muss noch hier rein Juvenile, übrigens, gute Recherche die du hier betreibst. mach weiter so ;)
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      schrieb am 23.12.02 15:09:55
      Beitrag Nr. 99 ()
      Feldzug gegen Saddam

      Uno bereitet sich auf Irak-Krieg vor

      Noch ist keine Entscheidung über einen Krieg gegen den Irak gefallen. Aber die Uno trifft bereits heimlich Vorkehrungen für einen möglichen Feldzug gegen Saddam Hussein.


      AP

      Kriegsvorbereitungen: US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln"


      London - Die Vereinten Nationen seien dabei, Lebensmittel für rund 900.000 Flüchtlinge zu sammeln, berichtet die britische Zeitung "Times". Die Uno habe bei einem geheim gehaltenen Treffen Mitte Dezember in Genf mehr als 10 Geberländer aufgerufen, rund 37 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Das Blatt beruft sich auf ein internes Dokument der Vereinten Nationen.

      Bei einem Irak-Krieg gebe es Befürchtungen, dass das Elektrizitätsnetz im Irak stark beschädigt würde. Auch die Wasser- und Abwasserversorgung wären davon betroffen. Die Ölförderung käme zum Erliegen. Auch würden das Eisenbahn- und Straßennetz stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Uno-Hilfsorganisationen arbeiteten auch an der Aktualisierung von Evakuierungsplänen für ihre Mitarbeiter im Irak.

      Uno-Generalsekretär Kofi Annan versuche, die Vorbereitungen geheim zu halten, berichtet die "Times". Er befürchte, dass dem Irak mit den Planungen signalisiert werde, dass die Waffeninspektionen sinnlos seien und ein von den USA geführter Angriff gegen das Land unvermeidlich sei. Dennoch habe er im vergangenen Monat, nachdem der Weltsicherheitsrat eine neue harte Uno-Resolution verabschiedet hatte, diese Vorkehrungen angeordnet, hieß es weiter.

      Die Bemühungen zur Entwaffnung des Iraks sind nach Angaben aus US-Regierungskreisen unterdessen in eine Endphase getreten. "Obwohl wir nicht (den Versuch einer) Entwaffnung des Iraks mit Hilfe der Vereinten Nationen aufgegeben haben, treten wir jetzt in eine Endphase bezüglich der Weise ein, wie wir Saddam Hussein zu einer Entwaffnung bewegen wollen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen in Washington. Offenbar habe der Irak "nicht die strategische Entscheidung" getroffen, sich zu entwaffnen. Bagdad müsse überprüfbare Beweise vorlegen, dass er seine Massenvernichtungswaffen vernichtet habe.

      Die USA haben nach BBC-Angaben ein irakische Angebot zurückgewiesen, Mitarbeiter des Geheimdienstes CIA an den Waffeninspektionen teilnehmen zu lassen. Die Beweislast liege bei Saddam Hussein, dass Bagdad keine Massenvernichtungswaffen herstelle, wird ein Mitarbeiter des Weißen Hauses zitiert.

      Am Sonntag hatte Bagdad erklärt, der Irak sei bereit, jede Frage der USA und Großbritanniens zu dem rund 12.000 Seiten umfassenden irakischen Waffendossier zu beantworten. Ein Vertrauter von Saddam Hussein lud zudem CIA-Mitarbeiter ein, Waffeninspekteure zu Orten zu führen, an denen Produktionsstätten für Massenvernichtungswaffen vermutet würden.
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      schrieb am 23.12.02 15:37:01
      Beitrag Nr. 100 ()
      Die USA im Mittleren Osten und ihre "Friedensmission":
      Permanenter Krieg als neue Strategie der Weltführung

      Von Gazi Caglar*

      Die Welt scheint auf dem Kopf zu stehen, seit die USA als Spitze der "neuen Weltordnung" getroffen sind. Die USA geben wie im Falle Iraks die Ziele vor, der Rest der Welt diskutiert über Sinn und Unsinn US-dominierter Zielbestimmung. Die Anschläge in New York und Washington am 11. September 2001 haben die Weltpolitik in Kriegs- und Friedensfragen weitgehend verändert. Das Denken im Modus "heiliger Kriege" und "heiliger Allianzen" mit aller dazugehörigen innenpolitisch-militärischen Disziplinierung der jeweiligen Gesellschaften und Köpfe hat zugenommen. Ein permanenter Krieg, systematisch geplant und in Großtönen angekündigt, ist Teil politischer Normalität geworden. Jegliches Nachdenken über diesen Prozeß muß jedoch zunächst beim Anschlag selbst ansetzen: Die Anschläge, denen Tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind, sind abscheulich und ohne Wenn und Aber zu verurteilen.

      Politisches Denken aber, welches seine Sprengkraft aus dem mit jedem Tag dringlicher werdenden Interesse an der Beseitigung von entwürdigenden Verhältnissen auf dem Globus bezieht, darf nicht bei der Bestürzung und Trauer über dieses Grauen stehen bleiben. Sozialkritisches Denken hat nichts mit Einfühlung in die Terroranschläge zu tun und darf sich daher nicht verstummen lassen von den Maulkorbstrategen der massenmedial vermittelten Monokultur der herrschenden Politik.

      Die Attacken, zunächst einmal unabhängig von ihrer weiteren metaphorischen Symbolik betrachtet, waren weder ein Anschlag auf "die Freiheit" (Schröder), da ja schließlich nicht die Freiheitsstatue getroffen wurde, noch auf "die Zivilisation" (Bush) oder "den Westen" (Joffe 2001). Die Ziele waren konkrete Symbole der USA nicht als "Olymp der Freiheit und Demokratie", sondern als materieller und mentaler Größe des Imperialismus, nicht als Zentrum und Botschafter der Zivilisation, sondern als einer übriggebliebenen militärischen Supermacht mit Anspruch auf Weltführung. Gegen jegliche moralisierende Gleichsetzung des World Trade Centers, eines ehemaligen Zentrums des Finanzkapitalismus, mit dem Herzen Amerikas und dem Zentrum der Zivilisation und gegen jegliche mediale und gesellschaftliche Sprachnormierung müssen wir mit dem zweifellos geadelten Kenner Huntington die Zielscheibe der Angriffe beim Namen nennen: "Die Symbole Amerikas - das World Trade Center als Symbol des Kapitalismus, das Pentagon als Symbol amerikanischer Militärmacht" (Huntington 2001:2). Genau diese zivilen und militärischen Symbole wurden in einer koordinierten Aktion angegriffen, welche sich in einer unglaublichen Verbindung von High-Tech-Teufelsaustreibung und politischem Atavismus von einer unzulässigen und in diesem konkreten Fall höchst verbrecherischen Reduktion von Politik auf apokalyptisch interpretierte Symbole leiten ließ (vgl. Benhabib 2001:20).

      Wer die Täter waren und welche "Hintermänner" sie haben, ist bis heute nicht völlig geklärt. Auch in diesem Punkt sind wir weitgehend abhängig von den gefilterten, wenn nicht offen manipulierten offiziellen Informationen, die bewusst eingeplanter Teil der Kriegsführung sind, wie wir zuletzt beim NATO-Krieg gegen Jugoslawien erleben durften, den manche aufgeklärten Philosophen wie Habermas im Eifer zur Generalkompetenz zwischen Erfahrungsdetail und Großentwurf als Vorgriff auf die Durchsetzung einer Weltrechtsordnung missverstanden hatten (vgl. Ross 2001:45). Der damalige Sprecher der NATO im Krieg gegen Restjugoslawien Shea, der als Kriegsinterpret und Ingenieur des Informationsterrors um die Bedeutung der Nutzung der Medien weiß, spricht zur Charakterisierung der Nachrichtenpolitik seiner Organisation von "unvollständiger Information", "aufrichtigen Fehlern", "bewusster Lüge", den "Verschleppungen oder Blockaden unserer eigenen Bürokratie" sowie "Restriktionen" im "Nebel des Krieges" und fügt unverhohlen hinzu: "So hatten die Journalisten das Gefühl, sie würden informiert, und konnten ihre Geschichten schreiben" (Shea 2001:4). Andererseits haben auch die Attentäter ihre Anschläge dank den audiovisuellen Medien als ein "Katastrophenfilm in Echtzeit - eine Live-Katastrophe, ein Krieg in Direktübertragung" inszeniert und das Fernsehen als Simultanabbilder zum Bestandteil des Attentats gemacht, obwohl und gerade weil man um so weniger wußte, je intensiver die immer gleichen Bilder gesendet wurden (vgl. Virilio 2001:49). Von der immer mehr Oberhand gewinnenden Bildlogik der durchmedialisierten kapitalistischen Gesellschaft inspiriert verübten sie wie im minuziösen Drehbuch eines Horror- oder Science-Fiction-Thrillers das Massaker als Medienspektakel. Sie, die im Dunkeln des Todes bleiben werden, wie es so oft in der Geschichte von Menscheitsverbrechen vorkommt, werden ihre "Hintermänner" nicht mehr verraten können: Kaum Erklärungskraft haben in dieser Situation bekannten Mustern von Verschwörungstheorien nacheifernde Verwicklungsszenarien von Regierungen, Geheimdiensten, US-amerikanischen Nazis, "Juden" oder gar von "Fraktionen des Kapitals" als geheime Auftraggeber, obgleich die Frage offenbleibt: Wie konnten Osama bin Laden und seine Organisation Al-Qaida als eine scheinbar geklonte Armee heiliger Krieger und Netzwerk-Terroristen die Anschläge verüben, obwohl sie seit Jahren als erstrangige Staatsfeinde auf der Top-Terroristen-Liste der USA stehen und somit nachrichtendienstlich und mit sonstigen Mitteln bestens bewacht waren (vgl. Foden 2001:11)?

      Die These, der Terror sei die Waffe der Ohnmächtigen und Unterdrückten, mag in gewissen Grenzen stimmen. Auch das durch historisches Leiden festgeronnene Argument "Wer Wind sät, wird Sturm ernten", mag gelten (Alexander 1986). Von politischem Kurzschlussdenken zeugt aber offensichtlich die Schlussfolgerung, die Anschläge seien eine unvermeidliche Folge des US-Imperialismus oder der gegenwärtigen Stufe kapitalistischer Verhältnisse. Solches Denken würde auf eine ungerechtfertigte Entschuldigung der Täter hinauslaufen, die jedoch selbst für ihre Taten voll verantwortlich sind. Ein solcher Diskurs, der den Islamismus zumeist als eine Antwort auf den Imperialismus liest, vergisst nicht nur, dass der Islamismus eine im wesentlichen von Mittelschichten getragene Bewegung ist, die ihrerseits fleißig an der weiteren Versklavung der Ohnmächtigen arbeitet, sondern reproduziert auch ein binäres Schema von Erster und Dritter Welt, reduziert die soziale Ursachenforschung auf die böse US-Machtpolitik und betreibt, den Antiimperialismus zumeist auf Antiamerikanismus verkürzend, eine Dämonisierung der USA. Er ist kaum in der Lage, zwischen der Objektivität einer gewaltförmigen US-Machtpolitik als Ausdruck der Totalität kapitalistischer Vergesellschaftung einerseits und der Subjektivität ihrer verdinglichenden und personalisierenden Interpretation als spezifischer "Yankee-Imperialismus" andererseits zu unterscheiden. Die Übel der kapitalistischen Weltordnung vor allem und allein an den USA festzumachen, ist schon vom Ansatz her zu kurz gedacht, da die ideologische Akzeptanz des Kapitalismus zu universal ist und er zuviele Nutznießer, Staaten wie Individuen, hat, was keineswegs bedeutet, dass die USA als Hegemonialmacht des kapitalistischen Weltsystems nicht ebenso verantwortlich sind für ihre Aggressionen und deren Folgen. Falsch ist ein Unvermeidliche-Folge-Denken aber auch deshalb, weil es die Kampfalternativen der Unterdrückten der Peripherien unzulässigerweise reduziert, und zudem vergißt, dass es auf Ausbeutung und Herrschaft auch eine sozial und politisch fortschrittliche Antwort geben kann. Die Anschläge in den USA widersprechen jedoch jeglicher emanzipatorischer Regung nicht nur wegen ihrer bereits voll in Anspruch genommenen Instrumentalisierbarkeit in den Metropolen zum Ausbau des repressiven Staatsapparats, sondern vor allem wegen der Ununterscheidbarkeit der menschenverachtenden Kriegsmethoden der Angreifer und der Angegriffenen. Insofern sind die Täter der Terroranschläge in New York pathologische Kopien derjenigen, die im vollen Bewußtsein ihrer unvermeidlichen Niederlage Vietnam mit Napalm-Bomben besät haben (vgl. Burchett 1980). Das Verbrechen vom 11. September ist auf alle Fälle ein willkommenes Geschenk für die chauvenistische und hurrapatriotische Rechte nicht nur in den USA. So könnte man allein an den Reaktionen der politischen "Elite" Deutschlands mit Leichtigkeit analysieren, wozu die Anschläge und die dadurch entstandene Angst instrumentalisiert wurden. Das sagt Schröder selbst unverblümt: Seine Regierung habe "nämlich in so kurzer Zeit so fundamentale Veränderungen durchgesetzt", also z. B. nicht nur innenpolitisch das Migrationsregime restriktiv modernisiert und die "Sicherheit" z. B. durch Rasterfahndung erhöht, sondern vor allem auch den Verwandlungsprozeß der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee beschleunigt. "Wir haben in den letzten drei Jahren ... deutsche Außen- und Sicherheitspolitik fundamental verändert... Militärische Interventionen darf man ... nicht tabuisieren... Wir sind an diesem Konflikt im sehr existenziellen Sinne beteiligt... Wer als Terrorist, ohne daß er über ein Land vollständig verfügt, einem anderen Land den Krieg erklärt ..., der führt Krieg" (Schröder 2001:3). Und Deutschland muß sich dann an der Seite des Weltpolizisten Nr. 1 in die Welt bewegen, um einen solchen "Terroristen" zu bestrafen und nebenbei auch die eigenen ökonomischen und geopolitischen Interessen durchsetzen. Dabei gibt es natürlich unterschiedliche Wege in den Krieg: einen "deutschen Weg" (Schröder) und den Weg Bushs.

      "Solidarität mit Amerika": Vertrauen in die Friedfertigkeit der Normalität

      Trauer und Betroffenheit wurden nach den Anschlägen in New York weltweit regelrecht verordnet, "Solidarität mit Amerika" wurde überall gefordert. "Wir alle" waren, so die Reden der Spitzenpolitiker, plötzlich "Amerikaner" geworden. So ehrlich jedoch das Entsetzen über das Grauen von New York bei vielen Menschen war, so verlogen klangen die Betroffenheitsfloskeln aus dem Munde von Politikern, die Massaker und Völkermord mit noch viel mehr Opfern für gewöhnlich achselzuckend zur Kenntnis nehmen, ja sogar zivile Opfer wie in Jugoslawien und Afghanistan als "Kollateralschäden" in einem "humanitären Krieg" rechtfertigen. Nach den Reaktionen hätte man meinen können, Amerika sei "ein schlafender Riese" und keine hochgerüstete Militärmacht, die fast ständig Krieg führt. Einmalig in ihrer Brutalitätsdimension waren wohl nicht nur die Terroranschläge. Unweigerlich drängte sich die an sich inhumane Frage auf, ob denn ein amerikanisches Leben mehr wert sei als ein afghanisches, kurdisches, ein palästinensisches... Allein diese Frage, die durch die unglaubliche Tatsache beunruhigend beantwortet wird, daß für die Opfer der Anschläge in den USA bisher mehr Spendenaufkommen zu verzeichnen sind als beispielsweise für die Flüchtlinge in Afghanistan oder zum Aufbau dieses Landes, zwingt sozialkritisches Denken dazu, sich der demonstrativen Solidarität mit Amerika zu verweigern. Diese human motivierte Verweigerung steht - anders als die Krokodilstränen der politischen Trittbrettfahrer und der Geschäftemacher mit der Trauer - auf jeden Fall im Interesse eines aufrichtigen Mitfühlens mit den Angehörigen der Opfer in New York und Afghanistan.

      Das Erstaunen und die Empörung über die als außerordentlich wahrgenommene Brutalität der Anschläge in New York in den Bevölkerungen der Metropolen und die lähmende Passivität gegen den jüngsten Afganistan-Krieg deuten auf zweierlei: Einerseits sind sie aufrichtige Zeichen berechtigter Verabscheuung von massenhafter Vernichtung von Menschenleben. Und andererseits speisen sie sich aus dem naiven Vertrauen in die Friedfertigkeit der Normalität des kapitalistischen Weltsystems und dessen politischer Verfassung. Groß und verbreitet ist die Annahme, dass Gewalt und Krieg, dass Terror und Barbarei von außen in die "westliche Welt" einbrechen, dass diese in sich die seelige Friedfertigkeit auf der scheinbar bisher höchsten Stufe von Zivilisation trägt, auch wenn diese eine bis an die Zähne hochbewaffnete Friedfertigkeit ist. Die massenmedial vermittelte Scheingewißheit über die Alternativlosigkeit der kapitalistischen Weltwirtschafts(un)ordnung mit deren bürgerlich-demokratisch verfaßten Regimen in den Metropolen und den Menschenrechten als moralischem Exportgut verbündet sich mit dem individuellen Interesse nach Aufrechterhaltung und Fortsetzung des eigenen Lebens zur Erleichterungs- und Ermöglichungskulisse der brutalen Kriegsführung der eigenen Herrschaften, wobei die Angst, dass die Normalität des eigenen Lebens ebenfalls permanent bedroht ist, im Untergrund ihre Fäden zieht. Nicht nur an der scheinbar und teilweise real fehlenden Perspektive zur Umwälzung der weltweiten Verhältnisse und der fundamentalen Veränderung des eigenen individuellen Lebens liegt es, dass es der Supermacht des imperialistisch-kapitalistischen Weltsystems gelingt, nicht nur passiven, sondern auch aktiven Konsens massenhaft zu erzeugen. Auch überwiegt das angstdominierte Bewußtsein um die eigene Komplizenschaft mit dem Bestehenden, also das Bewußtsein, von den krassen Mißverhältnissen zwischen der "westlichen Zivilisation" und dem "Rest" zu profitieren, so wie sie sind, im "Westen" gegenwärtig das unterschwellige Wissen um die "Ungerechtigkeit" in der Welt und vereitelt jede Regung zum verändernden Handeln. Groß ist die Zahl der Profiteure und Verwalter einer bis zum Himmel stinkenden ungerechten Weltwirtschaftsordnung in den Metropolen und breit die Schichten ihrer intellektuellen und moralischen Rechtfertigungsakrobaten in der Zivilgesellschaft.

      Die Gewalt kommt von innen: Zur Dialektik von Gewalt und Kapitalismus

      Wer in den Koran und die Bibel geschaut hat, um irgendeine Plausibilität für die Anschläge von New York und den Krieg in Afghanistan zu entdecken, der hat sich für weitere Verblendung entschieden. Wenn es überhaupt eine Erklärung für solche Verbrechen geben kann, dann liegt sie in der offen vor uns liegenden Sprache der zunehmend irrationaler werdenden Realität der kapitalistischen Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse, die da immer mehr blinde Gewalt und Zerstörung produzieren. Es gab einen inneren Zusammenhang zwischen den Streubomben und den Nahrungsmittelpaketen, die über Afghanistan geworfen wurden und deren Nährwert unter ihrem Propagandawert lag. Es gibt einen inneren Zusammenhang zwischen der strukturellen Gewalt des Systems gegenüber den Peripherien, der brutalen Unterdrückung fortschrittlicher Antworten darauf und der massenhaft erzeugten Angst im "Westen". Überhaupt ist der Kapitalismus, überhaupt ist die kapitalistisch vermittelte Zivilisation des "Westens" eine Angstkultur, eine Kultur permanenter Kultivierung von Angst und Schrecken. Dies gilt auch für die Phase, in der der Kapitalismus am Ende des Realsozialismus den Triumph des Übriggebliebenen, ja sozusagen den Glanz der Scheindauer genießt, Scheindauer deswegen, weil der Seinsmodus des Kapitalismus die permanente Vernichtung der menschlichen Lebensgrundlagen und damit seiner eigenen Bedingungen ist. Bei ungebrochner Fortdauer materieller Ursachen wie Krieg, Hunger, Armut, Krankheit, Verschuldung, Drogen, Umweltverschmutzung, Entwurzelung ganzer Völker und internationale Migration tut Ernüchterung not angesichts der aktuellen Heilsversprechen der Missionare der Hochtechnologie, der Biowissenschaften und der Politik. Der in den Peripherien milliardenfach erfahrene Weltzustand als das Imperium der Unfreiheit untergräbt real die Propaganda für das amerikanisch-europäische Gesellschaftsmodell als Treuhänder der Freiheit, so dass die strukturell vom Boden Europas und der USA ausgehende Gewalt langsam auf den "Westen" zurückschlägt. Niemand will mehr angesichts dessen von der "Einen Welt" hören, obwohl nach 1989 doch kaum noch wirklich getrennte wirtschaftsgeographische Räume existieren, wenn man von den nur militärisch und polizeilich mühsam aufrechterhaltenen Mauern der Festung Europa und anderer Grenzen des kapitalistischen Reichtums absieht (vgl. Lutz 2001). Die Annahme, die Gewalt komme von außen, trügt, da es keinen externen Raum für menschenfeindliche Handlungen gibt. Die Gewalt und der Terror kommen nicht von außen auf die "Zivilisation", wie der raumbestimmte Machtbegriff der realistischen politischen Schule suggeriert, sondern werden in ihr und durch sie erzeugt und freigesetzt. Überall auf der Erde folgen dem Weltmarkt und seinen Finanz- und Wissensströmen auch plötzliche ökonomische Zusammenbrüche, hochgefährliche Waffen, Viren im Cyberspace, riskante Seuchen wie neuerdings Milzbrand, ökologische Katastrophen, blutige Bürgerkriege, Verbrechen und Staats- und Wirtschaftsterrorismus sowie individueller Terrorismus. Die Vorstellung, irgendeine Gesellschaft könnte sich gegen diese Folgen isolieren, ist abwegig. Niemand, der nicht einer hypermoralischen Illusion verfallen ist, kann den fundamentalistichen Terror erklären, ohne einen Blick auf das entgrenzte Eigene zu werfen, auf die ökonomisch-kulturelle und militärische Kolonisierung, die vom globalisierten "Westen" ausgeht. Wie Piraten fallen die Mächte der kapitalistischen Moderne unter dem Banner der Menschenrechte und im Schlepptau NATO und Holywood in das "Andere" ein und plündern den Schatz der alten Imaginationen und alten Weltbilder. Die kapitalistische Moderne ist somit per se eine landnehmende Macht, aber auch eine Macht der Benennung, die die alten Namen und Traditionen auslöscht. Nach Said geht die kulturelle Kodierung und Narrativierung dem materiallen Ausgreifen der imperialen Gesellschaften und ihrer Systeme sogar voraus: "Die Kraft, zu erzählen oder andere Erzählungen in der Entstehung oder Entfaltung zu behindern, ist für Kultur und Imperialismus hoch bedeutsam" (Said 1994:15). Mit regelmäßigen Ausbrüchen von Hass antworten die "Elenden" dieser Welt auf die unendliche Gleichgültigkeit der Metropolen, mit Haß, weil sie angesichts der ökonomischen Barbarei des Imperialismus zu anderen Gefühlsregungen nicht imstande sind. So waren auch die Gesetze der Taliban durch kapitalistische Modernisierung vermittelt; sie waren lediglich die brutalisierte und radikalisierte Version des aus Singapur und anderen "Tigerstaaten" bekannten Modells: Kapitalismus mit "asiatischen Werten" (vgl. Rüland 2001). Gerade weil der "Westen" ein Weißwaschen der Gewalt im Interesse des unbesiegbar erscheinenden Bündnisses aus kapitalistischer Ökonomie und liberalem Konsenszwang betreibt, träumt die Gegenseite von nichts anderem, als eine heftige Feindschaft wachzurufen. Die Metropolen kultivieren in verstärktem Maße seit dem Ende des Kalten Krieges die einfältige Beschwörung des Realitätsprinzips und eine Wut auf das Un-Mögliche und Un-Denkbare; unablässig wird das Ende der Geschichte und aller Utopie verkündet, um die letzten Zweifel an den Litaneien der Deregulierung und Zurichtung aller Lebensverhältnisse durch die "Religion des Kapitals" (Derrida) zu beseitigen. Nur greift dieser Propagandafeldzug nicht wirklich, da die unterschlagene Wirklichkeit des Kapitalismus immer wieder in seiner medial abgeschirmten Scheinwelt aufblitzt. Mit der unterschlagenen Wirklichkeit sind mehr Seattle, Genua und Florenz und weniger die Aktivitäten der islamistischen Bewegungen gemeint, die in ihrem Milieu eine hochgradig gefährliche Mischung aus politischen Wahnvorstellungen, selbstzerstörerischer Energie und weit entwickelten technischen Fertigkeiten im Interesse eines scheinbaren Direktdurchgriffs der Religion auf das Leben und des Hangs zur Gottesstaatlichkeit und Glaubensdiktatur unterhalten und damit Verarmte und Verzweifelte in die Irre führen, indem sie ihnen durch magisches Denken schnelle und blutige Lösungen versprechen.

      Die USA und der Fundamentalismus: Die Logik des Entweder-Oder

      Wir sind in einer weltpolitischen Phase, in der die These vom Kampf der Kulturen über größtmögliche Erklärungskraft zu verfügen scheint (Huntington 1996; zur Kritik Caglar 2001). Huntington sprach auch jüngst von der drohenden Gefahr eines Kriegs der Zivilisationen, bezeichnete die Angriffe auf New York als Attentat "gemeiner Barbaren gegen die Zivilisation" forderte einen unerbittlichen Kampf gegen die "Kräfte des Bösen" (Huntington 2001:2). Angesichts massenhafter medialer Bemühung dieser These muss man sich heute fragen, wie fundamentalistisch und kulturkämpferisch eigentlich die USA sind? Bush sprach in seiner Rede an die Nation in einer fundamentalistischen Logik: "Wir werden jedes Mittel in unserer Macht einsetzen - jedes Mittel der Diplomatie, jede Möglichkeit der Geheimdienste, jedes Instrument der Strafverfolgung, jeden finanziellen Einfluß und jede notwendige Wafe des Krieges... Amerikaner sollten nicht eine einzelne Schlacht erwarten, sondern einen langen Feldzug, wie wir ihn bisher noch nicht erlebt haben... Ob wir unsere Feinde der Gerechtigkeit ausliefern oder ob wir Gerechtigkeit zu ihnen tragen, es wird Gerechtigkeit geben... Unser Feind ist ein radikales Netzwerk von Terroristen und jede Regierung, die sie unterstützt... Jede Nation, in jeder Region, muß sich nun entscheiden: Entweder sind sie mit uns oder mit den Terroristen... Das ist allerdings nicht nur Amerikas Kampf... Das ist der Kampf der Welt. Das ist der Kampf der Zivilisation" (Frankfurter Rundschau, 22.09.2001).

      Diese Sätze Bushs, seine Rede vom "Kreuzzug" sowie die mit Bibelzitaten geschmückten Trauerreden, die regelmäßig mit "Gott schütze Amerika" endeten (FAZ, 15.9.2001), verkündeten eine in islamischen Kreisen genaustens verstandene Botschaft. Die bewußte Erzeugung von Verschwommenheit zwischen Islam und Islamismus diente der Koppelung des Mythos des Westens als Hort einer offenen Gesellschaft an das Feindbild Islam. Das Motiv eines monumentalen Kampfes zwischen Gut und Böse (Gott versus Teufel) wird bemüht, um das Grauen der Gegenwart zu erklären und die innenpolitische und außenpolitische Oppposition zu terrorisieren. Was ist das eigentlich, wenn nicht regierender religiöser Fundamentalismus an der Spitze der USA, die sich anmaßen, ganze Länder zu Staaten voller Schurken zu erklären? Sollte nicht die Redeweise von "historischer Zäsur", "Zeitenwende", "radikalem Einschnitt" usw. einen absoluten quasi-religiösen Neubeginn verkünden? Wozu diente die systematische Erzeugung einer apokalyptischen Erwatung, nichts unter der Sonne werde nun mehr so sein, wie es vor dem 11. September gewesen sei? Deutete nicht die Ankündigung, die USA würden Gerechtigkeit in die Welt bringen, gemeinsam mit dem ersten Namen des Afghanistanfeldzuges, der da anfänglich indefinite justice lautete, auf ein fundamentalistisches Denken an der Spitze der Weltmacht, die sich damit anschickte, Gottes irdischer Sachwalter und Vollstrecker zu sein? Der religiöse Fundamentalismus in den USA spielt eine enorme Rolle, die bisher noch nicht ausreichend erforscht wurde. Fest steht, daß die USA inzwischen in hohem Maße auch ein Land des "protestantischen Fundemantalismus" mit all ihren Organisationen wie Moral Majority, Christian Coalition, Family Research Council und Concerned Women For America sind, die vor allem auf die Politik der Republikaner großen Einfluß haben (vgl. Mertin 2001:63).

      Die Bombardierung Afghanistans durch USA und England war kein Krieg im traditionellen Sinne. Das Etikett Krieg für diese Aggression diente eher zur Verschleierung des Charakters der Racheaktion, der darin bestand, daß die USA an der Grammatik des Wahns weiterschrieben, diesmal auch mit der Unterstützung Rußlans und Chinas. Der mit der Bestrafung Afghanistans begonnene lange "Krieg gegen das Böse" ist ein einseitig erklärter Angriffskrieg, also eine offene Aggression, mit der "die zivilisierten Nationen zeigen, dass ihre Art zu leben ihnen sehr viel Wert ist" (Joffe 2001). Er ist eine regelrechte Traumatherapie für den "Westen" und sein höchst persönlich getroffenes, ach so armes Individuum, das sich endlich in einer Katharsis als Teil der "Wir-Gemeinschaft!" fühlen durfte, die dazu noch die Solidarität der ganzen Welt brauchte. So titelte Die Zeit einen Bericht zum neuen Bündnis: "Die Terror-Therapie. Soldaten, Banker, Diplomaten: Allianz gegen das Verbrechen" (Die Zeit, 4.10.2001). Die USA sprachen von einer neuartigen Bedrohung, auf die mit neuen Mitteln reagiert werden müsse. Die Rede war von "asymetrischer Kriegsführung" oder "irregulärem Krieg", der geheim, gemein, ohne Flagge und Absender geführt werde. Muß man denn zuerst ein Gegengift gegen die Gesetzmäßigkeiten der US-amerikanischen Gedächtnisbeschränkungen erfinden, um ihnen klar zu machen, dass sie doch selbst die Erfinder der Doktrin vom "Krieg niedriger Intensität" waren, mit der sie befreundete Militärs z. B. in der Türkei geschult haben (cgl. Caglar 2000) , dass sie doch mit den Contras in Nicaragua genau jenen "irregulären Krieg" geführt haben, "geheim" und "gemein"? Kann denn ein solcher Rechtfertigungsversuch mehr sein als der Versuch eines Carl Schmitt, der zur Relativierung der verbrecherischen Kriegsführung der nationalsozialistischen deutschen Armee eine ganze "Theorie des Partisanen" dichtete, dem er besondere Grausamkeit unterjubelte? (Schmitt 1963). Ist denn bin Laden nicht ein von der CIA selbst großgezogener grüner Mordprediger? (vgl. Pohly / Duran 2001; Duran 2001:10; Benjamin/Simon 2001:2; Keppek 2001:2). Haben die USA nicht den blutrünstigen pakistanischen Diktator Ziya Ül Hak unterstützt, der seinerseits in den Korankursen und religiösen Schulen die Taliban großzog?

      Heute ist es gewisser denn je: Ohne eine Fundamentalveränderung der ungerechten Weltwirtschaftsordnung wird es keine umfassende und wirkliche Sicherheit auf diesem Planeten geben. Daher wird der US-Feldzug, dessen nächste Etappe Irak ist, keinen Frieden mit sich bringen, sondern zu weiterer Eskalation führen, selbst wenn man einen brutalen Herrscher wie Saddam zur Verantwortung zöge, da mit allergrößter Wahrscheinlichkeit weitere Bin Ladens und Saddams sofort nachwachsen würden. Noch eines ist gewiß: Wirkliche internationale Sicherheit liegt heute in den Protesten gegen die menschenverachtende Politik der G8 und nicht in den Kriegen, die die USA führen (vgl. Klein 2001:25). Wenn die Gewalt auf unserem Planeten solche Formen angenommen hat, dann ist es höchste Zeit, darüber nachzudenken, welche Verantwortung hierfür diejenigen tragen, die systematisch die Reorganisation unseres Planeten auf der Grundlage von Solidarität, Selbstverwaltung und ökonomischer und sozialer Gerechtigkeit verhindern. Es ist höchste Zeit, mit der fundamentalistischen Stimme des Raubkapitalismus zu brechen und weltweit zu einem effektiven kollektiven Widerstand zu finden.

      Die US-Präsenz im Nahen und Mittleren Osten: Friedensmission?

      Angesichts einer Welt, die durch die zügellose imperialistische Außenpolitik der USA und ihrer engsten Verbündeten regelrecht destabilisiert und verwüstet wurde, ist die gegenwärtige Phrase von der "westlichen Zivilisation" und der "orientalischen Barbarei" eine grenzenlose Anmaßung. Diese Anmaßung, die angesichts des Wegfalls des kommunistischen Ostens nunmehr aus dem Osten endlich wieder den islamischen Orient machen kann, wird vollends zur tragikomischen Farce durch das Faktum, dass die USA mit ihrer Politik der grünen Einkreisung der Sowjetunion, also der Förderung einer islamischen Erhebung in den islamischen sowjetischen Republiken gegen das damalige "Reich des Bösen" genau die Kraft sind, die den Djihadismus ins Leben gerufen hat. In diesen Zusammenhang antikommunistischer Umtriebe der USA mit Hilfe Allahs gehören ja Osama Bin Laden und ca. 100 000 und mehr Mudjaheddin, die von den USA finanziert wurden und schließlich in Tschetschenien, in Kosovo, in Algerien und Kaschmir im Dienste einer aufzubauenden islamistischen Weltfront unterwegs waren (vgl. Powers 1980; Chomsky 1995; Biermann 2000).

      Die Geschichte der US-Präsenz im Nahen und Mittleren Osten gibt Anhaltspunkte zur Erklärung für den großen Haß gegen die Usa. Diese Geschichte, die entlang des schmierigen Öls zu lesen ist, spricht für sich: US-Amerikanische Firmen hatten bereits in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts Beteiligungen und Konzessionen für die Ölproduktion erworben, doch politisch und wirtschaftlich dominierten damals noch Großbritannien und Frankreich, die nach dem Ersten Weltkrieg, in dessen Verlauf das Osmanische Reich aufgeteilt wurde, große Teile der Region als Völkerbundsmandate an sich gerissen hatten (vgl. zum folgenden Berg 2001:92; Khella o. J.). Spätestens im Zweiten Weltkrieg war die enorme Bedeutung der Ölquellen des Mittleren Ostens offenkundig geworden, und mit dem Beginn des Kalten Krieges und der Frontbildungen der bipolaren Welt sowie der Gründung Israels im Jahre 1948 veränderten sich die strategischen Interesen der USA. Von da an bestimmten drei primäre Ziele die Politik der Vereinigten Staaten in der Region: "unbeschränkter und dauerhafter Zugang" (so der Direktor des Five College Program in Peace and World Security Studies Klare 2001:23) zum Öl als dem Lebenselexier der insdistrialisierten Länder, die Begrenzung der Einflußsphären der Sowjetunion und die Bekämpfung sozialistisch orientierter Bewegungen sowie der Schutz Israels, der übrigens nicht vertraglich fixiert wurde und für eine permanente Belastung des Verhältnisses zur arabisch-islamischen Welt sorgte. Der Konflikt zwischen Palästina und Israel, welcher bis heute das Epizentrum der Gewalt in der Region bleibt , spielte daher eine Schlüsselrolle in der amerikanischen Nahost-Politik.

      Dass sie entschlossen waren, eine sozialistisch orientierte Entwicklung im Nahen Osten zu verhindern, demonstrierten die Vereinigten Staaten bereits 1946 in der Krise um den Iran. Die USA mobilisierten gegen die Sowjetunion die Vereinten Nationen, die die iranische Regierung dabei unterstütze, einen Rückzug der Roten Armee aus dem Iran durchzusetzen. 1953 inszenierte die CIA den Sturz des populären Ministerpräsidenten Mohammed Mosadeg, der die Ölindustrie verstaatlicht hatte und von den USA und ihren Verbündeten als Marionette Moskaus diffamiert wurde. US-Geheimdienste berieten und unterstützten Schah Reza Pahlewi dabei, Mossadeg zu entlassen und zahlreiche seiner Unterstützer ins Gefängnis zu werfen. Unter Pahlewi wurde der Iran zu einem Pfeiler der amerikanischen Interessen.

      Die Vereinigten Staaten hatten 1947 die Resolution der UNO zur Teilung Palästinas begrüßt und Israel unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung offiziell anerkannt, was auch die Sowjetunion tat. Bis zum Sechstagekrieg von 1967 existierte keine vorbehaltlose Bindung zwischen Israel und den USA. Sie befürchteten damals, dass eine einseitige Unterstützung Israels den arabischen Nationalismus stärken und die arabischen Staaten zu Bündnissen mit der Sowjetunion treiben könnte. Als die israelische Armee im Bündnis mit England und Frankreich 1956 Ägypten angriff, nachdem Gamal Abdel Nasser den Sueskanal verstattlicht hatte, und die Sinai-Halbinsel besetzte, kritisierten die USA öffentlich diese Aktion. Israel räumte schließlich den Sinai. Dem wachsenden Einfluß der Sowjetunion in der Region traten die US-Amerikaner mit der agressiven Eisenhower-Doktrin entgegen, die allen Staaten des Mittleren Ostens nicht nur Wirtschafts- und Militärhilfe versprach, sondern ihnen auch den Einsatz von US-Truppen im Konflikfall in Aussicht stellte. Bereits ein Jahr später schon, im Juli 1957, rückte die amerikanische Marine in den Libanon ein, um scheinbar einem möglichen Sturz des proamerikanischen Staatspräsidenten Chamoun vorzubeugen, nachdem sich Ägypten und Syrien zur Vereinigten Arabischen Republik zusammengeschlossen hatten. Auch war die irakische Monarchie von nasserfreundlichen Militärs gestürzt worden, die von einem Dritten Weg träumten. Mit dem Sechstagekrieg vom Juni 1967 und dem Jom-Kippur-Krieg vom Oktober 1973 rückte der Konflikt zwischen Israel und Palästina ins Zentrum der Weltpolitik. Die massive politische und militärische Unterstützung für Israel machte die USA zum Objekt offenen Hasses in der arabisch-islamischen Welt. Dabei zeigte die Hegemonie des Imperialismus eine doppelte Verwundbarkeit. Erstens war Amerika spätestens um 1970 zum weltgrößten Rohölimpeurteur geworden. Mit der Gründung der OPEC 1960 hatten die Hauptförderländer eine größere Marktmacht aufgebaut, die mit dem Öl-Embargo als politische Waffe von der OPEC 1973 erstmals eingesetzt wurde. Zweitens waren die Vereinigten Staaten 1970, als Angehörige der Volksfront zur Befreiung Palästinas ein Flugzeug der Trans World Airlines nach Jordanien entführten, selbst zur Zielscheibe geworden. Die amerikanische Intervention in Libanon trug ebenfalls dazu bei, dass nicht nur ein Antiimperialismus im Sinne sozialer Emanzipationsbewegungen, sondern auch ein Antiamerikanismus immer mehr in der Region zunahmen. Dass der persische Schah unter dem Namen der "weißen Revolution" eine scheinbare Modernisierungspolitik mit Hilfe eines von den USA mitaufgebauten blutrünstigen und gnadenlosen Unterdrückungsapparates sicherte, übersah man in den USA gern. Saudi Arabien - Luftwaffenstüttzpunkt seit 1946 - wurde ebenso hochgerüstet. Zwar beiteiligten sich die Saudis 1973 an dem Ölembargo, setzten aber bereits März 1974 das Ende der Liefersperre durch. Dass sich die nahezu absolutistische saudische Monarchie gegen jegliche Demokratisierung konsequent und bis heute abschottet, war für die USA ebenfalls nebensächlich, solange sie ihre Funktion als antikommunistisches Bollwerk gegen die Bedrohung durch säkularnationalistische und später radikalislamistische Kräfte erfüllte.

      Khomeinis Revolution im Iran machte aus dem treuesten Vasallen Washingtons im Mittleren Osten über Nacht einen auf Allah eingeschworenen Feind, der die imperialistische Supermacht während der Geiselkrise teilweise als hilflosen Riesen vorführte. Die islamistische Revolution im Iran und der Sturz des Schahs, dessen Regime Präsident Carter noch Ende 1977 als "Insel der Stabilität" gepriesen hatte, bedeuteten die bislang schwerste Niederlage für die vitalen strategischen und ökonomischen Interessen der USA. Zugleich trat mit dem Islamismus eine neue antiamerikanische Kraft auf die politische Bühne. Der sowjetische Einmarsch Ende 1979 nach Afghanistan bedeutete eine weitere Bedrohung der strategischen Interessen der USA im Mittleren Osten. Die Amerikaner unsterstützten die Mudschaheddin im Krieg gegen die Sowjetunion. Im Golfkrieg in Folge des Überfalls des Irak auf den Iran im September 1980 unterstützten die USA mehr oder weniger offen den Agressor Irak nach dem realpolitischen Grundsatz, der Feind meines Feindes ist mein Freund, und strichen ihn von der Liste der sogenannten terrorismusverdächtigen Staaten. Der Irak wurde mit Geheeimdienstinformationen versorgt. Allerdings ließ sich Saddam, Bagdads bis heute regierender Diktator, nicht "einbinden." Die irakische Invasion in Kuweit 1990 führte zum ersten Krieg der "neuen Weltordnung" der Bush-Administration. Was aus Sicht der USA als Durchbuch zur neuen Weltordnung gefeiert wurde, empfanden die arabischen Nationalisten und Islamisten als offene Niederlage, da die USA diesen Krieg zu einem weiteren Ausbau ihrer militärischen Präsenz in der Region benutzten. Machtpolitisch haben die USA bis heute ihre strategischen und ökonomischen Interessen in der Region auch über ein Hinhalten einer wirklichen Lösung des Palästinakonfliktes sichern können, da bekanntlich Interessen nicht nur über Stabilisierung befreundeter diktatorischer Regime, sondern auch über Destabilisierungspolitik nicht zuletzt zur Freude der eigenen Waffenindustrie durchgesetzt werden. Der Irak ist heute erneut erklärte Zielscheibe US-amerikanischer Aggression.

      Dass der neuerliche Afghanistan-Feldzug der USA jenseits geostrategischer und ökonomischer Interessen bloß nur eine "Zivilisierungsmission" sein soll, können wohl nur diejenigen glauben, deren Gedächtnis von den Eintagsfliegen der Kulturindustrie an die jeweilige Aktualität festgenagelt wird. Das Interesse der Supermacht und der Regionalmächte an den "reichen Öl- und Gasreserven des Kaspischen Meeres" ist seit langem bekannt: "In der Region um das Kaspische Meer vermischen sich ... ökonomische Interessenkonflikte mit Rivalitäten um politischen Einfluss sowie religiös und ethnisch begründete Auseinandersetzungen. Der Kaukasus ist auch deshalb so besonders interessant, weil die Republiken nicht der OPEC angehören. Das könnte die Möglichkeit zur Einflußnahme auf deren Preispolitik eröffenen" (Ott 2001:27f). Im Interesse schmierigen Öls und militärischer Übermacht provozieren und produzieren die USA also weltweit ungeheuren Haß, der sich im Nahen und Mittleren Osten auf besondere Weise verdichtet.

      Ob die USA aus dem neuesten "langen Feldzug" eines "John-Wayne-Machismos" (Rorty 2001:21) zur praktisch-militärischen Anwendung vorgeblicher Menschenrechte als Sieger hervorgehen oder in diesem "irregulären Krieg" nur verlieren können, ob also der erklärte permanente Krieg der schnelle Start zum langen Abschied von der Supermachtsrolle sein wird, bleibt offen. Solange die USA nicht fundamental einschwenken und aufhören, ihre Verbrechen im Nahen und Mittleren Osten als Beglückungsprogramm für die islamische Welt hinzustellen, müssen sie wohl immer wieder mit dem Einbruch "plötzlichen" Hasses und dem Terror der Identitätspolitiken rechnen, der jedes Mal nur beweisen kann, dass auch der derzeitige Feind außerhalb jeglicher Ethik handelt, mit dem Unterschied, dass er nicht über internationale Foren verfügt, um seine kriminellen Aktionen zu rechtfertigen. Und solange wird humanes Denken wohl auch um die Opfer skrupelloser ökonomischer Interessen trauern und sich in Solidarität fühlen mit den Menschen, die angesichts der amerikanischen Aggression, deren Eskalationsrisiken und militärischen Ziele zynisch auch den Tod massenhaften amerikanischen Lebens einkalkulieren, massenhaft im Modus des Todes, der Flucht und des Hungers leben müssen.
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      schrieb am 23.12.02 22:53:28
      Beitrag Nr. 101 ()
      Atomwaffenprogramm

      Rumsfeld droht Pjöngjang indirekt mit Krieg

      Im Konflikt um das wieder aufgenommene Atomprogramm Nordkoreas hat US-Verteidigungsminister Rumsfeld jetzt Klartext gesprochen. Indirekt drohte er dem isolierten Staat sogar mit einem Angriff. Die US-Army sei durchaus in der Lage, mehr als einen Krieg gleichzeitig zu führen.


      AP

      Donald Rumsfeld gibt sich stark. Die USA können seinen Worten nach auch zwei Gegner gleichzeitig bekämpfen


      Washington - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld äußerte sich am Montag erstmals zu der Entwicklung in Nordkorea, das in den letzten Tagen damit begonnen hatte, Kontrollanlagen der Uno an seinen Atommeilern abzumontieren. Rumsfeld drohte Nordkorea indirekt mit einer US-Militäraktion, falls das Land seinen atomaren Konfrontationskurs weiter fortsetzen sollte.

      Rumsfeld erklärte, dass die USA durchaus gleichzeitig mehr als einen militärischen Konflikt austragen könnten. Pjöngjang sollte bei seinem Provokationskurs in Sachen Atomprogramm nicht darauf setzen, dass sich die Welt derzeit stark auf den Irak-Konflikt konzentriere. "Wenn sie das tun, wird es ein Fehler sein", sagte Rumsfeld vor Journalisten in Washington. "Wir sind in der Lage, alles zu tun, was nötig ist", so Rumsfeld.

      Die nordkoreanische Regierung hatte zuvor die Überwachungstechnik der Vereinten Nationen an einer Wiederaufarbeitungsanlage für abgebrannte Brennstäbe außer Betrieb gesetzt, wie ein Sprecher der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien mitteilte. Pjöngjang teilte mit, die "Atomfrage" könnte beigelegt werden, indem die USA einen Nichtangriffspakt mit dem kommunistischen Land unterzeichneten. Um die Frage ordentlich zu lösen, müssten die USA aufhören, eine atomare Bedrohung für die Volksrepublik Korea zu sein, hieß es in einem Leitartikel der amtlichen Zeitung "Rodong Sinmun".

      In den Konflikt hatte sich Nordkorea auch Zugang zu einem Lager in Yongbyon verschafft, in dem rund 8.000 abgebrannte Brennstäbe aufbewahrt wurden. Da diese eine bedeutende Menge Plutonium enthielten, sei der Schritt bedenklich, erklärte IAEA-Generaldirektor Mohamed El Baradei am Sonntag. IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky sagte, die am Montag begonnenen Arbeiten an dem Atomlabor seien von Bedeutung, "weil die Anlage keinen anderen rechtmäßigen Zweck hat, als Plutonium von abgebrannten Brennstäben zu trennen".

      Die Atomanlagen waren nach einem 1994 geschlossenen Abkommen mit den USA stillgelegt worden. Bereits damals hatten die USA mit einer Bombardierung Nordekoreas gedroht. Aus dem Umfeld des Weißen Hauses verlautet jedoch am Montag, die aktuelle Situation sei "etwas anders" als damals.

      Nordkorea begann in den vergangenen Tagen, die Uno-Überwachungsinstrumente abzuschalten und kündigte an, die Atomkraftwerke würden nun ihren Betrieb wieder aufnehmen und Strom erzeugen. Pjöngjang begründete den Schritt mit einer drohenden Energieknappheit. Die Entscheidung sei eine Reaktion auf die Einstellung der Öllieferungen aus den USA. Washington hatte seine - ebenfalls in dem Abkommen von 1994 vereinbarten - Hilfslieferungen ausgesetzt, weil Nordkorea einräumte, sein Atomprogramm wieder aufgenommen zu haben.

      Der scheidende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, der Demokrat Joseph Biden, sagte, vom nordkoreanischen Atomprogramm gehe eine größere Gefahr für die USA aus als vom irakischen Staatschef Saddam Hussein. "Sie werden in der Lage sein, innerhalb von Monaten vier bis fünf zusätzliche Atomwaffen zu bauen, wenn sie mit der Wiederaufarbeitung beginnen", sagte Biden am Sonntag im Fernsehsender Fox News.
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      schrieb am 23.12.02 22:54:15
      Beitrag Nr. 102 ()
      Atomwaffenprogramm

      Rumsfeld droht Pjöngjang indirekt mit Krieg

      Im Konflikt um das wieder aufgenommene Atomprogramm Nordkoreas hat US-Verteidigungsminister Rumsfeld jetzt Klartext gesprochen. Indirekt drohte er dem isolierten Staat sogar mit einem Angriff. Die US-Army sei durchaus in der Lage, mehr als einen Krieg gleichzeitig zu führen.


      AP

      Donald Rumsfeld gibt sich stark. Die USA können seinen Worten nach auch zwei Gegner gleichzeitig bekämpfen


      Washington - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld äußerte sich am Montag erstmals zu der Entwicklung in Nordkorea, das in den letzten Tagen damit begonnen hatte, Kontrollanlagen der Uno an seinen Atommeilern abzumontieren. Rumsfeld drohte Nordkorea indirekt mit einer US-Militäraktion, falls das Land seinen atomaren Konfrontationskurs weiter fortsetzen sollte.

      Rumsfeld erklärte, dass die USA durchaus gleichzeitig mehr als einen militärischen Konflikt austragen könnten. Pjöngjang sollte bei seinem Provokationskurs in Sachen Atomprogramm nicht darauf setzen, dass sich die Welt derzeit stark auf den Irak-Konflikt konzentriere. "Wenn sie das tun, wird es ein Fehler sein", sagte Rumsfeld vor Journalisten in Washington. "Wir sind in der Lage, alles zu tun, was nötig ist", so Rumsfeld.

      Die nordkoreanische Regierung hatte zuvor die Überwachungstechnik der Vereinten Nationen an einer Wiederaufarbeitungsanlage für abgebrannte Brennstäbe außer Betrieb gesetzt, wie ein Sprecher der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien mitteilte. Pjöngjang teilte mit, die "Atomfrage" könnte beigelegt werden, indem die USA einen Nichtangriffspakt mit dem kommunistischen Land unterzeichneten. Um die Frage ordentlich zu lösen, müssten die USA aufhören, eine atomare Bedrohung für die Volksrepublik Korea zu sein, hieß es in einem Leitartikel der amtlichen Zeitung "Rodong Sinmun".

      In den Konflikt hatte sich Nordkorea auch Zugang zu einem Lager in Yongbyon verschafft, in dem rund 8.000 abgebrannte Brennstäbe aufbewahrt wurden. Da diese eine bedeutende Menge Plutonium enthielten, sei der Schritt bedenklich, erklärte IAEA-Generaldirektor Mohamed El Baradei am Sonntag. IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky sagte, die am Montag begonnenen Arbeiten an dem Atomlabor seien von Bedeutung, "weil die Anlage keinen anderen rechtmäßigen Zweck hat, als Plutonium von abgebrannten Brennstäben zu trennen".

      Die Atomanlagen waren nach einem 1994 geschlossenen Abkommen mit den USA stillgelegt worden. Bereits damals hatten die USA mit einer Bombardierung Nordekoreas gedroht. Aus dem Umfeld des Weißen Hauses verlautet jedoch am Montag, die aktuelle Situation sei "etwas anders" als damals.

      Nordkorea begann in den vergangenen Tagen, die Uno-Überwachungsinstrumente abzuschalten und kündigte an, die Atomkraftwerke würden nun ihren Betrieb wieder aufnehmen und Strom erzeugen. Pjöngjang begründete den Schritt mit einer drohenden Energieknappheit. Die Entscheidung sei eine Reaktion auf die Einstellung der Öllieferungen aus den USA. Washington hatte seine - ebenfalls in dem Abkommen von 1994 vereinbarten - Hilfslieferungen ausgesetzt, weil Nordkorea einräumte, sein Atomprogramm wieder aufgenommen zu haben.

      Der scheidende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, der Demokrat Joseph Biden, sagte, vom nordkoreanischen Atomprogramm gehe eine größere Gefahr für die USA aus als vom irakischen Staatschef Saddam Hussein. "Sie werden in der Lage sein, innerhalb von Monaten vier bis fünf zusätzliche Atomwaffen zu bauen, wenn sie mit der Wiederaufarbeitung beginnen", sagte Biden am Sonntag im Fernsehsender Fox News.
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      schrieb am 24.12.02 00:05:15
      Beitrag Nr. 103 ()
      Joachim Guilliard / Karin Leukefeld

      Der Irak und der US-amerikanische "Krieg gegen den Terror"

      "Vergeltungsschläge" auch gegen den Irak?


      Bald nachdem islamische Gruppen als Hauptverdächtige ausgemacht waren und Afghanistan ins Visier geriet, wurden in den USA Forderungen laut, auch militärisch gegen den Irak vorzugehen: so vom Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, der Staaten, die er der Unterstützung des Terrorismus verdächtigt "auslöschen" möchte und vom berüchtigten Senator Jesse Helms, der fordert, daß eines der Ziele des "U.S. Krieges gegen den Terrorismus" sein sollte, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu stürzen. (1)

      Militärschläge gegen den Irak werden auch aufgrund der Unwägbarkeiten von Militäraktionen gegen Afghanistan ins Spiel gebracht, die viele in den USA mit Sorge sehen. Da im Falle des Scheiterns "einer sinnvollen Luftkampagne" die Glaubwürdigkeit der USA untergraben würde, so beispielsweise der private US-amerikanische Nachrichtendienst Stratfor am 20. September, könnte sich der Fokus mehr auf den Irak richten, da es wesentlich einfacher sei, Angriffe auf den Irak zu fliegen. Auch Newsweek vom 23. September sah in Angriffen auf den Irak eine Alternative, falls sich die USA in Afghanistan verheddern würden. Das Territorium des Irak ist wohlbekannt und die gesamte Infrastruktur für Kriegseinsätze gegen den Irak steht einsatzbereit vor Ort - technisch gesehen eine sichere Bank, um gefahrlos innenpolitisch zu punkten und nach außen Stärke zu zeigen. "Für diejenigen, die in Washington die politischen Karten mischen, kommt der Irak gleich hinter Afghanistan." (2) Die Konzentrierung weiterer Truppen und Flugzeugträger im Persischen Golf, sowie auf den Luftwaffenstützpunkten in der Türkei sind deutliche Zeichen für eine anhaltende Kriegsgefahr.

      Die propagandistischen Vorarbeiten haben bereits begonnen, indem neue und alte Gerüchte in Umlauf gebracht werden. So forderte der ehemalige CIA-Chef (1993-1995) James Woosley nach dem 11. September, man dürfe den Irak bei der Spurensuche nicht vergessen. Schon der Anschlag auf das World Trade Center im Jahre 1993 habe "irakische Fingerabdrücke" aufgewiesen, so Woosley. Der damalige Attentäter Ramzi Yousef sei ein irakischer Geheimagent gewesen, der die Identität eines Pakistaners angenommen habe, der nach dem irakischen Einmarsch nach Kuwait verschwunden sei. (3)

      Der Irak produziere in großem Umfang C- und B-Waffen, die an gefangenen Kurden und Schiiten getestet würden, wiederholte u.a. der Sunday Telegraph am 1. Oktober ältere Berichte, die nicht überprüft werden können, da als Zeugen nicht namentlich genannte irakische Ingenieure angegeben werden, denen die Flucht aus dem Irak gelungen sei.

      Neben den Falken in den USA bemühen sich auch israelische und irakisch-kurdische Kreise, die USA zu größeren Militärschlägen gegen den Irak zu bewegen, indem sie Berichte über Verbindungen des irakischen Geheimdienstes zu Osama bin Laden lancieren.

      Auf Israels militärischen Geheimdienst Aman beispielsweise war die Nachricht über ein Treffen zwischen dem mutmaßlichen Flugzeugattentäter Mohammed Atta und einem hochrangigen irakischen Geheimdienstmann zurückzuführen. (4) Obwohl selbst der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes diese Mutmaßungen zurückwies und erklärte, daß nach ihren Erkenntnissen der Irak nicht in die Attentate verwickelt sei wurde die Nachricht von vielen Medien verbreitet. (5)

      Aufgegriffen wurden auch Berichte der irakisch-kurdischen Patriotischen Union Kurdistans (PUK) über terroristische Aktivitäten einer radikal-islamischen Organisation namens Jund Al-Islam ("Soldaten des Islam") in den kurdischen Nordprovinzen des Irak, die, angeblich von afghanischen Arabern angeführt, mit Osama bin Ladens Netzwerk Al Qa`eda in Verbindung stehen soll. (6) Ohne wirkliche Anhaltspunkte dafür zu nennen, gibt sich die PUK überzeugt, daß Jund Al-Islam als "fünfte Kolonne des irakischen Regimes" fungiere, um in Absprache mit dem irakischen Geheimdienst die "Kurdistan-Region durch Terror und Zwang" zu destabilisieren.

      Da die Anhänger eines politischen Islams seit jeher erbitterte Gegner des laizistischen Regimes im Irak waren, ist eine solche Zusammenarbeit sehr unwahrscheinlich. Zudem wären solche Kontakte den westlichen Geheimdiensten, die stark im Nordirak vertreten sind, kaum entgangen. Auch die ebenfalls im Nordirak präsente türkisch-kurdische PKK hält die Berichte für übertrieben und weist auf die frühere Zusammenarbeit radikal islamischer Gruppen und der PUK, sowie der Türkei hin. (7)

      Keine Hinweise auf Verbindungen des Iraks zum "Terror"

      Wenn auch die Lobby gegen den Irak recht aktiv ist, konkrete Hinweise auf eine Beteiligung an den Anschlägen in New York und Washington hat sie bisher nicht zu bieten. "Tatsächlich spricht bislang wenig für eine Beteiligung des irakischen Baath-Regimes an der verheerendsten Terrorserie in der Geschichte der USA" vermeldete so auch dpa am 21.9.01 in einer von mehreren Zeitungen verbreiteten Nachricht, - eine Ansicht, die auch US-Vizepräsident Richard Cheney bestätigte. Eine Zusammenarbeit der religiösen Fanatiker, unter denen die US-Führung die Täter vermutet, und dem laizistischen Irak sei auch nach Ansicht von US-Experten wenig wahrscheinlich.

      Der Irak wurde zwar bisher nie ernsthaft mit Aktionen individuellen Terrors in Verbindung gebracht. Da für die USA jedoch alle mißliebigen Bewegungen und Organisationen unter ihren selektiven Terrorismusbegriff fallen, die den bewaffneten Kampf zeitweise führten oder ihn propagierten, finden sich auf ihrer Liste der Staaten, die ihrer Meinung nach den, "weltweiten Terrorismus fördern", neben dem Irak auch Länder, wie Kuba, Libyen und Nordkorea - Länder also, denen die USA feindlich gegenüberstehen und die in der Tat Befreiungsbewegungen, Parteien und andere Organisationen unterstützen, die gegen US-Interessen in der Welt stehen.

      Doch die arabischen Staaten stehen der Antiterrorkampagne der USA sehr skeptisch gegenüber. Ägyptens Präsident Hosni Mubarak verwies Mitte September auf die Zuständigkeit der UNO und forderte eine Lösung des Israel-Palästina-Problems. Alle Nachbarstaaten des Iraks, einschließlich Saudi Arabiens und der Türkei, lehnen aktuell Militärschläge gegen den Irak strikt ab. (8) Dies ist eine Tatsache, auf die die USA auch im Hinblick auf ihre Bemühungen für ein breites Bündnis Rücksicht nehmen müssen, so daß selbst Präsident George Bush Jordaniens König Abdullah versprechen mußte, keine Militärschläge gegen den Irak als Vergeltung für die Terroranschläge durchzuführen. (9)

      Krieg und Embargo - die US-Politik gegen den Irak

      Militärische Angriffe gegen den Irak wären mit Sicherheit keine "Antwort" auf die Anschläge in New York und Washington. Sie müßten eher als eine Intensivierung der aktuellen Kriegspolitik gesehen werden, in deren Folge britische und US-amerikanische Flugzeuge Woche für Woche irakisches Territorium bombardieren (10) - eine Intensivierung, über die in der Bush-Administration auch schon seit Monaten nachgedacht wird.

      Diese muß mit ansehen, wie die Stellung der USA in der Region zunehmend schwächer wird. Sie sieht sich damit konfrontiert, daß die Verbündeten vor Ort die US-amerikanische Politik gegen den Irak nicht länger mittragen wollen: Die Sanktionsfront zeigt deutliche Risse und viele Länder haben wieder volle diplomatische Beziehungen aufgenommen und streben normale Handelsbeziehungen an. Auch die militärischen Maßnahmen zur Niederhaltung des Iraks stoßen auf zunehmend heftigere Kritik - auch bei ihren engsten regionalen Verbündeten.

      Die gemeinsam mit Großbritannien vorgebrachten Vorschläge für eine Änderung des Sanktionsregimes sind bisher im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Mit den in diesen sogenannten "Smart Sanctions" enthaltenen Lockerungen des Embargos für zivile Güter wollten sie den Anrainerstaaten Syrien, Iran, Türkei und Jordanien entgegenkommen, um das Bündnis gegen den Irak auf neuer Basis wieder festigen zu können. Diese haben ihren Handel mit dem Irak intensiviert und rechtfertigen dies mit den schweren Einbußen durch das Embargo, die ihre Ökonomien nicht länger verkraften würden.

      Die anglo-amerikanischen Pläne stießen aber auf breite Ablehnung, da sie zum einen weiterhin strenge Importbeschränkungen für eine große Zahl essentieller Güter bedeuten würden, die von den USA als sogenannte "dual use"-Güter eingestuft werden, und zum anderen den Anrainerstaaten strengere Kontrollen der Grenzen abverlangen würden. Unverändert soll auch die gesamte Finanzkontrolle über den Irak beim UN-Sicherheitsrat verbleiben und ausländische Investitionen im Irak weiter verboten sein, inklusive die dringend notwendigen Investitionen in die marode Ölindustrie. Inakzeptabel dürfte mittlerweile auch der Lieferstopp von billigem irakischen Öl am Sanktionsregime vorbei sein, an dem die Nachbarstaaten stark profitieren. (11)

      Eine spürbare Erleichterung für die Bevölkerung wäre im übrigen durch die Einführung solcher "intelligenten Sanktionen" kaum zu erwarten, wie die beiden ehemaligen UN-Koordinatoren für humanitäre Hilfe im Irak, Hans von Sponeck und Denis Halliday in einer gemeinsamen Erklärung ausführten. (12) Die humanitären Organisationen, die im Auftrag der UNO im Irak arbeiten, vertreten einhellig den Standpunkt, daß nur eine vollständige Aufhebung der Sanktionen (mit Ausnahme der Waffenimporte) es dem Irak ermöglichen würde, seine zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen. "Der Irak stellt heute für niemanden mehr eine militärische Bedrohung dar" halten Sponeck und Halliday den Sanktionsbefürwortern entgegen. "Für all die vorgebrachten Spekulationen über Massenvernichtungswaffen im Irak gibt es keine Beweise. Ein Irak, der auf dem Höhepunkt seiner militärischen Schlagkraft nicht einmal einen eindeutigen Sieg im Krieg gegen den Iran erringen konnte, ist kein Land, das nach zehn Jahren Wirtschaftssanktionen und sieben Jahren Abrüstung noch eine Gefahr darstellen kann." (13)

      Die Zukunft der Sanktionen wird auch weiterhin im Sicherheitsrat und in der internationalen Öffentlichkeit heftig umstritten bleiben. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die eigenmächtigen Maßnahmen zur direkten militärischen Kontrolle des Iraks, für die sich die USA und Großbritannien nun seit 11 Jahren die Lufthoheit über mehr als der Hälfte des irakischen Territoriums, den beiden einseitig proklamierten "Flugverbotszonen" im Norden und Süden des Landes sichern. Diese Zonen sind ausreichend, um das ganze Land aus der Luft überwachen zu können. Auch können aus diesem Luftraum mit geringem eigenem Risiko Luftangriffe auf die wichtigsten Ziele im irakischen Kernland durchgeführt werden.

      In der ungleichen Auseinandersetzung um die Lufthoheit hat der Irak seit Anfang des Jahres seine Anstrengungen intensiviert. So haben irakische Abwehrgeschütze nach US-Angaben (14) in den ersten vier Monaten des Jahres fünfmal so häufig auf US- und britische Kampfflugzeuge gefeuert als im ganzen Jahr 2000. Dem Irak ist es offensichtlich auch gelungen, die Reichweite seiner Abwehrraketen zu erhöhen. Sie kamen einige Male alliierten Kampf- und Aufklärungsflugzeugen gefährlich nahe. Praktisch jedes Flugzeug würde beschossen und da die irakische Flugabwehr ihre Radaranlagen kaum noch einschalten würden, hätten die Piloten keine Anhaltspunkte mehr für Gegenangriffe. Ohne Radar feuern die Iraker ihre Geschosse meist "blind" in den Himmel, aber in solch großer Zahl, daß die US-Kommandeure vor Ort schon im Mai fürchteten, ihnen könnte bald einmal ein "Glückstreffer" gelingen. (15) Nach BBC-Angaben vom 11. September gelang es dem Irak seither tatsächlich, zwei unbemannte Aufklärungsdrohnen über dem Süden des Landes abzuschießen.

      Wegen des gestiegenen Risikos für die US-Piloten und um die "Notwendigkeit" zur Bombardierung von irakischem Territorium zu vermeiden, zu der sie die irakische Luftabwehr "häufig provozieren würde", haben die verantwortlichen US-Generäle im Mai eine Einschränkung der Kontrollflüge gefordert. (16) Die Antworten auf solche "Provokationen" haben seit Januar 1999 nach teilweise von UN-Mitarbeitern bestätigten irakischen Angaben immerhin ca. 300 Menschen, vorwiegend Zivilisten, das Leben gekostet. (17)

      Dennoch sehen die USA, wie sie an Boden verlieren, der Irak sich Schritt für Schritt aus seiner Isolierung befreit und auch die militärische Kontrolle in Frage stellt. Die Versuchung für die US-amerikanische Führung, den Irak durch umfassende Militärschläge wieder in seine Schranken zu weisen ist groß. US-Medien berichten immer wieder über Pläne einer Militäraktion vom Umfang der viertätigen Bombardierung vom Dezember 1998. (18) Die aktuellen Angriffe gegen Luftabwehrstellungen dienten demnach als notwendige Vorbereitung dafür. (19) Mit solchen Kriegshandlungen könnten die USA aber auch gänzlich den Rückhalt in der Region verlieren. Es bleibt abzuwarten, ob es den USA unter Ausnutzung der aktuellen Terrorismusdebatte gelingen wird, den massiven Vorbehalten ihrer Verbündeten zu begegnen.

      Ziele und mögliche Folgen eines US-Militärschlages gegen den Irak

      Auch über die Ziele eines möglichen US-geführten Militärschlages gehen die Ansichten auseinander, sie reichen vom "Sturz Saddam Husseins", bis zur Aufteilung des Iraks. Es wird nötig sein, sich wieder der eigentlichen wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA zu erinnern, um das wahrscheinlichste Vorgehen herauszufinden.

      Viele sehen mit Jesse Helms das klare Endziel in der Ersetzung des Baath-Regimes durch ein pro-westliches Regime. Neben dem Problem, wie ein solches Vorgehen wenigstens vordergründig völkerrechtlich legitimiert werden könnte, würden sich dabei eine Menge praktische Probleme ergeben. Es gibt nach wie vor keine Kräfte im Hauptteil des Landes, auf die sich die USA stützen könnten und nach wie vor ist keine glaubwürdige Alternative als neue Regierung in Sicht. Ein Bürgerkrieg ist auch mit massiver US-Unterstützung nicht wahrscheinlich, womit auch die Möglichkeit, sich von verbündeten Kräften "zu Hilfe rufen" zu lassen, entfällt.

      Allein im mehrheitlich kurdischen Nordirak können sich die USA auf Kräfte vor Ort stützen. Die zwei dort existierenden großen kurdischen Organisationen, KDP (Kurdische Demokratische Partei - Irak) und PUK (Patriotische Union Kurdistans) mit ihren Führern Barzani und Talabani, bezeichnen sich selbst zwar als politische Parteien, basieren jedoch nach wie vor auf Stammes- bzw. Clanstrukturen. Im Konfliktfall war Einfluss und Macht des jeweiligen Clans stets wichtiger, als die Verfolgung gemeinsamer Interessen. Beide Parteien haben es nach den Wahlen 1992, nachdem der irakischen Regierung die Kontrolle über die drei Provinzen verlor, daher nicht geschafft, das autonome kurdische Regionalparlament - übrigens auch Bestandteil der irakischen Verfassung - einvernehmlich zu führen. Die politischen Organisationen mit fortschrittlichen Programmen, verfügen über wenig Einfluss. Die Islamische Bewegung Kurdistans, die von Saudi-Arabien und dem Iran unterstützt wird, ist zwar zahlenmäßig stärker, aber politisch ebenfalls zerstritten.

      In Bagdad selbst und dem Rest des Landes ist keine nennenswerte politische Opposition erkennbar, die für einen gewaltsamen Sturz der Regierung eintreten würde. Es existiert mit dem "Irakischen Nationalkongress" (INC) zwar ein Bündnis, das sich diesem Ziel verschrieben hat und in dem nach eigenen Angaben auch mehr als 30 oppositionelle Gruppen aus dem gesamten Irak zusammengeschlossen sind. (20) Doch sind diese Exilorganisationen politisch weitgehend unbedeutend und im Irak so gut wie nicht präsent. Für die große Mehrheit der irakischen Bevölkerung dürfte auch - unabhängig von ihrer politischen Orientierung - der INC wegen seiner Nähe zur USA, die ihn im wesentlichen finanzieren, keine Alternative darstellen. Auch innerhalb der schiitischen Opposition im Süden des Irak ist keine politische und militärische Kraft erkennbar, die der Regierung in Bagdad ernsthaft gefährlich werden könnte.

      Auch wenn es den USA und ihren Verbündeten gelingen sollte, gestützt allein auf ihre militärische Überlegenheit, das Baath-Regime zu beseitigen, so hätten sie Schwierigkeiten, eine auf irakische Kräfte gestützte Regierung zu bilden. Zu erwarten wären auch hier, wie in den drei Nordprovinzen, Kämpfe verschiedener Gruppen untereinander um die regionale Vorherrschaft in dem einen oder anderen Gebiet.

      Generell deutet alles daraufhin, daß nach wie vor der Druck von außen die Bevölkerung hinter ihre aktuelle Regierung zwingt. Diese erscheint daher stark und von innen nicht ernsthaft gefährdet, auch wenn es immer wieder zu Attentatsversuchen und Bombenanschlägen in Bagdad kommt, die wahrscheinlich Gruppierungen des INC zuzurechnen sind.

      Eine regelrechte Besetzung des Landes, um das Regime zu stürzen, wird von den USA und Großbritannien angesichts des zu erwartenden hohen Preises an Menschenleben und Material, den dies gegen den Widerstand der Armee und wohl auch weite Teile der Bevölkerung erfordern würde, kaum ernsthaft erwogen.

      Ein solches Vorgehen würde auch international auf Widerstand und massive Proteste stoßen. Im Gegensatz zum Golfkrieg würden sich die meisten Staaten der Region in diesem Falle an die Seite des Iraks stellen - eine direkte militärische Unterstützung könnte die irakische Führung allerdings kaum erwarten. Mit Sicherheit würde es massive Proteste der Bevölkerung in der arabischen Welt gegen die USA und alle Staaten, die sie unterstützen, geben, inklusive Angriffe auf Einrichtungen dieser Staaten in der Region. Die Wahrscheinlichkeit terroristischer Anschläge auf US-amerikanische Ziele würde ebenfalls stark zunehmen.

      Teile und herrsche als mögliche Alternative

      Zunehmend wird daher auch eine "Alternative" diskutiert, die eine territoriale Zerschlagung des Irak zum Ziel hat: Der Plan sieht eine Dreiteilung des Landes vor, die den "kurdischen Norden" sowie den "schiitischen Süden" des Landes vom Zentralstaat abtrennen würde. Die Einrichtung der "Flugverbotszonen" weisen bereits in diese Richtung. Da eine solche Dreiteilung nur gegen den erbitterten Widerstand der irakischen Armee durchzusetzen wäre, würde dies ebenfalls einen längeren Krieg und die anschließende dauerhafte Stationierung von Truppen der USA und ihrer Verbündeten nötig machen, die Errichtung von NATO-Protektoraten oder ähnlichem wäre die notwendigen Folge. Die UNO würde dabei keine Rolle spielen, da Rußland und China einer solchen Politik mit Sicherheit nicht zustimmen würden.

      Es könnten im Norden auch die Türkei und im Süden Saudi-Arabien "Schutzmacht"-Stellungen erhalten. Beide Staaten haben seit langem Begehrlichkeiten hinsichtlich dort befindlicher Ölquellen geäußert. Der zitierte CNN-Turk-Moderator Mehmet Ali Birand forderte in dem gleichen Artikel denn auch, der "Nordirak sollte der türkischen Kontrolle überlassen werden". Die Türkei, so Birand weiter, sei nach den Angriffen vom 11. September "einer der zuverlässigsten Verbündeten" der USA. In den USA gehe man davon aus, dass "falls die USA gegen den Irak vorgehen sollten, die Türkei voll und ganz dahinterstehen" würde. Diesen Eindruck habe Premierminister Bülent Ecevit in einer Rede in CNN-International vermittelt. "In Washington heißt es, wenn diese Haltung beibehalten wird, könnte - im Falle eines Angriffes auf den Irak - der gesamte Nordirak der türkischen Kontrolle unterstellt werden."

      Sehr wahrscheinlich sind diese Szenarien allerdings nicht. Sowohl international als auch regional würde ein solches Vorgehen auf heftigen Widerstand stoßen und es ist davon auszugehen, dass weder Syrien, noch der Iran eine solche "Lösung" akzeptieren würden. Eine Aufteilung des Irak hätte auf alle Fälle verheerende Konsequenzen und würde die Region auf lange Sicht destabilisieren.

      Durchsetzung von US-Interessen durch dauerhafte Konfrontation

      Es ist nicht untypisch, daß die Diskussion über mögliche Kriegshandlungen gegen den Irak sich vorwiegend mit der Frage beschäftigt, was die USA tun werden und weniger mit dem warum. Stillschweigend wird meist davon ausgegangen, daß es hier um Ziele, wie die Beseitigung eines diktatorischen Regimes oder die Verhinderung erneuter irakischer Aufrüstung gehen würde. Ziele also, die lohnend scheinen und wo allenfalls die eingesetzten Mittel, wie Krieg und Embargo, abzulehnen sind.

      Die Demokratisierung des Iraks und die Beschränkung irakischer Rüstung sind allerdings nicht die primären Ziele, die die USA und Großbritannien am Golf verfolgen. Es ist wichtig daran zu erinnern, daß die unversöhnliche Feindschaft der einstigen Kolonial- wie der aktuellen Supermacht gegen das Baath-Regime ihren Ursprung in der Nationalisierung der Ressourcen des Landes, im Falle des Iraks des Erdöls haben. Der Irak wurde in der Folge zum Krieg gegen den Iran ermuntert und erhielt, als sich nach Anfangserfolgen das Blatt gegen ihn zu wenden drohte, auch massive westliche militärische Unterstützung. Die gleichzeitigen Waffenlieferungen an den Iran zeigen allerdings, daß die USA am liebsten keinen Sieger und kein Ende des ersten Golfkrieges gesehen hätten. Es lag an der irakischen Fehleinschätzung der Beziehungen der USA zu ihrem Land, die die Baath-Führung zum Überfall auf Kuwait ermunterte und der USA so die Gelegenheit gab, den zur Regionalmacht aufgestiegenen Irak wieder gründlich abzurüsten - militärisch, aber vor allem auch industriell.

      Die USA und Großbritannien hatten nach Ende des "Zweiten Golfkrieges" mehreres erreicht: Sie sind nun wieder mit Streitkräften in der Region präsent und konnten somit die mit dem Sturz des Schah-Regimes aufgetretenen "Lücken" schließen. Der Irak ist als eigenständiger regionaler - politischer wie wirtschaftlicher - Faktor ausgeschaltet und über das Sanktionsregime haben sie auch wieder weitgehend die Kontrolle über das irakische Öl. Aus diesem Grunde liegen in der Aufrechterhaltung des Status Quo wahrscheinlich die größten Vorteile der beiden Staaten.

      Das würde auch eine Politik erklären, die die Sanktionen auf unbestimmte Zeit fortschreiben will, an einer politischen Rüstungskontrolle aber offensichtlich nicht interessiert ist. Allen schon weit gediehenen Bemühungen in diese Richtung wurde mit den Bombardierungen im Dezember 1998 der Garaus gemacht. Zuvor hatten die Kontrolleure von UNSCOM den nahezu vollständigen Vollzug aller geforderten Abrüstungsmaßnahmen vermelden können. (21) Auf Kosten des Iraks war ein funktionsfähiges Videoüberwachungssystem mit mehr als 130 Installationen an allen Orten, die zur Rüstungsproduktion dienen könnten, eingerichtet worden, über die eine sehr effektive Überwachung möglich gewesen wäre. (22) UNSCOM wurde während der Kriegsvorbereitungen im Herbst 1998 abgezogen, das Videoüberwachungssystem fiel den folgenden angelsächsischen Bomben zum Opfer.

      Auch die Aufrechterhaltung des status quo kann umfassende militärische Angriffe beinhalten. (23) Angriffsziele könnten neben der irakischen Luftabwehr auch Teile der Infrastruktur zur Förderung und Transport von Erdöl sein, um dem Irak die Möglichkeit, auf eigene Rechnung Öl zu exportieren, zu beschneiden. - Dies war eines der Ziele, der im Juni im UN-Sicherheitsrat gescheiterten US-Pläne zur Änderung der Sanktionspolitik.

      Nachbarstaaten für ein Ende des Krieges

      Dem Irak ist es in den letzten Jahren gelungen, sich aus der politischen Isolation zu befreien und auch die Beziehungen zu Iran und Syrien spürbar zu verbessern. Sämtliche Nachbarstaaten des Iraks haben sich anläßlich der Bombardierung im Februar des Jahres für ein Ende der Kriegshandlungen gegen den Irak ausgesprochen und nach den Anschlägen am 11. September bekräftigt, sich auf keinen Fall an Militärschlägen gegen einen arabischen Staat zu beteiligen zu wollen.

      Daß sich selbst Länder wie die Türkei - nach Israel engster Partner der USA in der Region - gegen erneute Kriegshandlungen gegen den Irak wendet, hat handfeste Gründe: auf knapp 30 Mrd. $ beziffert die Türkei ihre Verluste durch das UN-Embargo gegen ihren einstmals größten Handelspartner Irak. Wie dauerhaft eine solche Ablehnung sein wird, bleibt abzuwarten. Erst kürzlich war eine Diplomatendelegation in Ankara und führte Gespräche im Aussenministerium und mit dem Generalstab über die Kriegsplanungen der USA. Anschließend lobten die US-Teilnehmer die Türkei als "leuchtenden Kronjuwel" in einer instabilen Region.

      Schwieriger wird es sicher sein, die arabischen Verbündeten wie Saudi Arabien oder Ägypten zu einer Unterstützung von Kriegshandlungen gegen den Irak zu bewegen, die auf die starke Stimmung in der Bevölkerung, aber auch innerhalb der Armee Rücksicht nehmen müssen. Saudi Arabien besteht daher schon seit langem darauf, daß von US-Stützpunkten des Landes ausschließlich Kontrollflüge über den Irak geflogen werden. Angriffsflüge werden daher von der Türkei, Kuwait oder Flugzeugträger aus gestartet. (24)

      Verlierer: die Völker der Region

      Die Verlierer eines Militärschlages gegen den Irak wären in jedem Fall die Bevölkerung im ganzen Land, auch Kurden und Schiiten. Durch das mehr als zehnjährige UN-Embargo ist das wirtschaftliche, soziale und politische Niveau des Irak weit zurückgeworfen. Die Menschen sind krank und ohne Arbeit. Die Rate der Kindersterblichkeit hat sich mehr als verdoppelt, ein Drittel der irakischen Kinder leiden an Unterernährung, viele bleiben körperlich und geistig in der Entwicklung zurück.

      Mittlerweile ist fast ein Drittel der irakischen Bevölkerung geflohen oder lebt und arbeitet in Jordanien, um Geld nach Hause schicken zu können. Es wird enorme wirtschaftliche, finanzielle und technische Anstrengungen bedürfen, um die wirtschaftliche und ökologischen Schäden des Landes wiedergutzumachen. Und nichts deutet derzeit darauf hin, dass dem Irak diese Chance gegeben werden soll.

      Ein erneuter Militärschlag würde weder den Kurden noch den Schiiten nutzen, als deren Beschützer sich die westliche Welt gern aufspielt, sondern sie bleiben, wie die übrige irakische Bevölkerung, Geisel westlicher Interessen aber auch des Baath-Regimes. Ein bedingungsloses Ende des Embargos gegen den Irak, sowie eine Lösung der ausstehenden Probleme auf dem Verhandlungswege wie es u.a. der Aufruf der deutschen Initiative gegen das Irakembargo fordert, ist daher dringender den je. (25) Diese Forderungen müssen ergänzt werden durch den dringenden Appell an die USA und ihre Verbündeten, alle Kriegshandlungen gegen den Irak endlich einzustellen.

      Joachim Guilliard ist Physiker, seit vielen Jahren in der "Dritte-Welt"-Bewegung aktiv und befaßt sich seit dem Golfkrieg 1990/91 mit der inneren Situation des Irak.

      Karin Leukefeld ist freie Journalistin mit den Arbeitsschwerpunkten Kurdistan und Türkei.

      (1) CNN, 24.9.2001. Helms war Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses und Initiator des "Helms-Burtons-Gesetzes" zur Verschärfung des US-Embargos gegen Kuba.

      (2) So der Kolumnist und Moderator von CNN-Turk, Mehmet Ali Birand in der regierungsnahen türkischen Tageszeitung Hürriyet, 27.9.01.

      (3) UPI, 14.9.01.

      (4) Siehe: Jane`s Security, 19.9.2001, www.janes.com

      (5) afp, 23.9.2001.

      (6) Siehe: Kurdistan Newsline, Sonderausgabe, 21.9.2001; K. Leukefeld, Falsche Fährten nach Nordirak, Junge Welt, 1.10.2001.

      (7) Pressemitteilung Berlin, 27.9.2001.

      (8) So warnte am 2. Oktober 2001 die Arabische Liga die USA erneut vor großangelegten Attacken gegen den Irak. Ein solcher Schritt würde eine sehr ernste Situation mit sich bringen und jeder Absichtserklärung zur internationalen Kooperation widersprechen, erklärte Amr Moussa, der Generalsekretär der Arabischen Liga. Siehe: Junge Welt, 4.10.01.

      (9) The Guardian, 2.10.2001.

      (10) Am 10. September 2001 hatten nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Kampfjets in drei Angriffswellen Ziele im Südendes Iraks attackiert. Acht Personen wurden dabei nach irakischen Angaben getötet und drei weitere verwundet. Siehe: BBC, 10.9.2001. Dies sei bereits der fünfte derartige Attacke seit dem 25. August 2001 gewesen. Erneute Bombardierungen wurden von Reuters auch am 20. und 21. September gemeldet.

      (11) J. Guilliard, Taktische Rückzüge - USA und Großbritannien wollen Reihen gegen Bagdad wieder schließen, Junge Welt, 30.5.2001.

      (12) Junge Welt, 21.6.2001. Sponeck und Halliday erklären in ihrer Stellungnahme auch, warum die Einnahmen aus dem Direktverkauf von Erdöl am Sanktionsregime vorbei für den Unterhalt von Verwaltung, Straßen, Schulen etc. aktuell unverzichtbar sind.

      (13) ebd.

      (14) Washington Post, 3.5.2001.

      (15) N.N., Cuts Urged In Patrols Over Iraq, Washington Post, 9.5.2001. Ein Vorfall vom 24. Juli 2001, bei dem ein amerikanisches U-2-Aufklärungsflugzeug im südlichen Sperrgebiet nur knapp dem Abschuss durch das irakische Militär entging, hatte die US-Führung besonders alamiert. Eine irakische Rakete, vermutlich eine für größere Reichweiten ausgerüstete SAM-2 ohne Zielradar, kam so nah an das unbewaffnete einsitzige Aufklärungsflugzeug heran, dass der Pilot die Druckwelle spürte.

      (16) ebd.

      (17) Vgl. ami 4/99, S. 25ff.; ami 8-9/99, S. 33ff.

      (18) Vgl. ami 1/99, S. 40ff.

      (19) "Die US-amerikanischen Anstrengungen zielen auf die Vorbereitung des Schlachtfelds für eine wesentlich größere spätere Militäroperation, die wahrscheinlich den Rest des irakischen Militärs und seine Massenvernichtungswaffen (WMD) zum Ziel hätte. Allerdings werden die US-Anstrengungen im Moment noch durch die regionalen politischen Bedingungen behindert.

      Die Zerstörung der Luftabwehreinrichtungen ... ist der klassische erste Schritt in jeder Luftangriffskampagne. ... Die umfangreiche US-Operation wird voraussichtlich in Größe und Umfang der Operation Desert Fox von 1998 entsprechen." Stratfor, 14.8.2001.

      (20) Protokoll des INC-Kongress 24. / 25. März 2001, www.embargos.de/irak/aktionen/debat201/bran_congress.htm

      (21) Siehe: Interview mit dem ehemaligen UNSCOM-Chefinspekteur Scott Ritter, Fellowship 65: 9-10 (September-Oktober 1999), www.nonviolence.org/for/ritter1.htm; weiteres Interview mit Scott Ritter, Junge Welt, 22.8.2000.

      (22) Deirdre Sinnott: Die permanente Sanktionsmaschinerie - Was verbirgt sich hinter UNSCOM, in Göbel, Guilliard, Schiffmann (Hg.): Der Irak - Ein belagertes Land, PapyRossa Verlag, Köln, Mai 2001.

      (23) Siehe: Analyse des privaten US-amerikanischen Nachrichtendienst "Stratfor", 27.7.2001; Rainer Rupp in Junge Welt, 2.8.2001.

      (24) N.N., US-Truppen richten sich in der arabischen Wüste dauerhaft ein, Junge Welt, 15.5.2001.

      (25) siehe www.embargos.de

      Hintergrundinformationen zum Thema bietet das im Mai 2001 erschienene Buch: R. Göbel, J. Guilliard, M. Schiffmann (Hg.), Der Irak - Ein belagertes Land, PapyRossa-Verlag Köln
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      schrieb am 24.12.02 15:28:37
      Beitrag Nr. 104 ()
      Streit um Atomanlagen

      Nordkorea warnt vor unkontrollierbarer Katastrophe

      Nordkorea und USA sollten ihren Streit um das nordkoreanische Atomprogramm untereinander ausmachen. Der Ansicht sind zumindest die Machthaber in Pjöngjang. Sie warnen vor einer Internationalisierung des Konflikts.


      DPA

      Luftbild der umstrittenen Atomanlage in Yongbyon


      Seoul - Dies könne zu einer "unkontrollierbaren Katastrophe" führen, schrieb die Zeitung der in Nordkorea regierenden kommunistischen Partei, "Rodong Sinmun". Es gebe keine Notwendigkeit dafür, dass eine dritte Partei in dem Streit um das nordkoreanische Atomprogramm vermittle, schrieb das Blatt. Das Problem sollte zwischen Nordkorea und den USA gelöst werden. Nach US-Angaben hatte Nordkorea Anfang Oktober eingeräumt, dass es entgegen einem Abkommen angereichertes Uran entwickelt, das zur Herstellung von Atomwaffen benutzt werden kann. Die USA fordern von Nordkorea einen Stopp des Atomprogramms.

      "Wenn die USA weiter beharrlich versuchen, den Streitpunkt zwischen Nordkorea und den USA zu internationalisieren, um aus ihrer Verantwortung zu fliehen, werde die Situation hin auf eine unkontrollierbare Katastrophe gedrängt", schrieb die Zeitung. Südkoreas Präsident Kim Dae Jung warf Nordkorea dagegen vor, Forderungen der internationalen Gemeinschaft nach einem Stopp seines Atomprogramms zu ignorieren. Die USA hatten zuletzt mit Frankreich, Russland, Großbritannien, China, Japan und Südkorea über die Lage beraten. US-Präsident George W. Bush hat Nordkorea zusammen mit Irak und Iran als "Achse des Bösen" bezeichnet, die nach Massenvernichtungswaffen strebe.

      Nordkorea hatte in den vergangenen Tagen die Versiegelung von rund 8000 verbrauchten Brennelementen in einem Atomreaktor nördlich von Pjöngjang gebrochen, die nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) eine "bedeutende Menge" waffenfähiges Plutonium enthielten. Die Regierung in Pjöngjang hatte erklärt, der Reaktor werde zur Stromgewinnung benötigt, nachdem die USA, Südkorea, Japan und die EU wegen des Atomprogramms ihre Öllieferungen an Nordkorea eingestellt hatten.

      Nach südkoreanischen Angaben hat Nordkorea bereits mit Reparaturarbeiten an dem Reaktor begonnen. Möglicherweise bereiteten Techniker derzeit die Wiederinbetriebnahme des Fünf-Megawatt-Reaktors in Yongbyon vor, sagte ein Sprecher des Außenministeriums heute in Seoul. Inzwischen seien alle Anlagen in Yongbyon bis auf zwei nicht funktionsfähige Reaktoren entsiegelt worden.

      Zuvor hatte der designierte südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun die Botschafter Russlands, Chinas und Japans zur Zusammenarbeit für eine friedliche Lösung der Atomkrise mit Nordkorea aufgefordert. Über eine Reaktion der drei Botschafter wurde nichts bekannt. Ihre Staaten haben sich aber in der Vergangenheit für eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel ausgesprochen. Rohs Sprecher Lee Nak Hyun erklärte, Außenminister Choi Sung Hong habe den Präsidentenanwärter über die jüngste Entwicklung in der Krise informiert. Roh wurde in der vergangenen Woche zum neuen Präsidenten gewählt. Er tritt sein Amt im Februar an. Er hat sich für einen Dialog mit dem Norden ausgesprochen, um die Krise zu lösen.

      Die USA haben dagegen Gespräche ausgeschlossen, solange Pjöngjang sein Atomprogramm nicht aufgegeben hat. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte am Montag, dass Washington zugleich einen Krieg gegen Irak und Nordkorea führen und beide gewinnen könne. Eine Militäraktion gegen Nordkorea stehe aber nicht unmittelbar bevor.

      Die britische Regierung bezeichnete indes die Pläne Nordkoreas zur Wiederaufnahme seiner Plutonium-Produktion als "höchst Besorgnis erregend". Dennoch bleibe London davon überzeugt, dass das Problem auf diplomatischem Weg gelöst werden könne, sagte Außenamts-Staatssekretär Bill Rammell der BBC.

      "Das Problem mit Nordkorea ist, dass das Land von der Außenwelt abgeschnitten ist und unberechenbare Dinge tut. Aber im Moment sieht es nach unserer Analyse nicht so aus, dass das Regime in Nordkorea um jeden Preis die Konfrontation will", meinte Rammell.
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      schrieb am 25.12.02 06:38:41
      !
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      schrieb am 25.12.02 12:50:30
      Beitrag Nr. 106 ()
      Einer flog über das Völkerrecht
      Der mögliche Irakkrieg und die Charta der Vereinten Nationen

      Le Monde diplomatique brachte im Dezemberheft 2002 eine Analyse von Richard Falk über die Unvereinbarkeit der Angriffsplanung der USA gegen Irak mit dem geltenden Völkerrecht insbesondere der UN-Charta. Wir dokumentieren den Text in Auszügen. Die deutsche Ausgabe von Le Monde diplomatique erscheint monatlich als Beilage zur Tageszeitung taz.


      Von Richard Falk *

      Wo immer in den letzten Wochen in den USA über einen möglichen Irak- krieg debattiert wurde, kam die völkerrechtliche Dimension nur ganz am Rande zur Sprache. Als Präsident George W. Bush in seiner wichtigen Rede vom 2. Juni in der Marineakademie West Point die neue Präventiv- schlag-Doktrin verkündete, unternahm er mit keinem Wort den Versuch, einen weit gefassten Interventionsanspruch aus der UN-Charta oder einer anderen Rechtsquelle abzuleiten. Bush argumentierte schlicht: Erstens brauche man nach dem 11. September einen Angriff nicht mehr abzuwarten; zweitens liefere das irakische Regime eine hinreichende Begründung für den geplanten Krieg, da es den Erwerb von Atomwaffen anstrebe und Verbindungen zum islamistischen Terrorismus unterhalte. Erst später, als der Unilateralismus des Präsidenten die eigene Partei zu entzweien drohte ..., vollzog das Weiße Haus eine taktische Wende und legte sich eine multi- laterale Fassade zu.

      Doch die innerparteilichen Kritiker empörten sich nur über die Form, nicht über die Substanz. Sie erteilten Bush eine geopolitische Nach- hilfestunde, gaben nützliche Hinweise zu der Frage, wie man einen breiten Kriegskonsens herstellen könne. Sie rieten ihm, sich um eine demonstrative Rückendeckung beim US-Kongress zu bemühen und den Krieg auf indirektem Wege anzustreben. Dazu müsse man dem Irak via Vereinte Nationen einen Forderungskatalog vorlegen, der so massive "Zwangs- inspektionen" vorschreibt, dass diese eigentlich von keinem souveränen Staat akzeptiert werden können. Das Weiße Haus hat den Rat seiner alten Garde geschickt, wenn auch mit einigem Zögern umgesetzt. Bush brachte den Kongress dazu, sein Konzept des Präventivkriegs abzusegnen, und konnte auch im Sicherheitsrat nach langem Feilschen eine Resolution durchbringen, die es der US-Regierung ermöglicht, zu behaupten, sie sei zu einseitigen militärischen Aktionen gegen den Irak berechtigt, ohne dass der Sicherheitsrat zuvor eine Verletzung der UN-Resolution durch den Irak feststellen müsse.

      Bemerkenswert an diesem Willensbildungsprozess ist, wie forsch man sich dabei über das Völkerrecht hinweggesetzt hat, also über genau die inhaltlichen Fragen, aus denen Washington seinen Casus Belli gegen den Irak ableitet. Der demokratische Senator Edward Kennedy und andere Kritiker haben sich in die politische Debatte über den geplanten Krieg mit dem Hinweis eingeschaltet, man müsse unbedingt zwischen einem "Präemptivkrieg" (preemptive war) und einem "Präven- tivkrieg" (preventive war) unterscheiden. Nach Kennedy ist ein Präemptivkrieg nur dann zu rechtfertigen, wenn man mit überzeugenden Fakten beweisen kann, dass tatsächlich eine unmittelbare Gefahr droht und keine anderen Mittel zur Abwehr dieser Gefahr verfügbar sind. (1) Beides sei im Fall Irak nicht gegeben, damit breche die Argumentation der Bush-Regierung in sich zusammen.

      Demgegenüber taugen die Befürchtungen, der Irak könnte sich langfristig zu einer strategischen Bedrohung entwickeln, laut Kennedy allenfalls zur Begründung eines Präventivkrieges. Ein solches Unternehmen sei jedoch ein Präzedenzfall, der völkerrechtlich nicht erlaubt und mit Blick auf die nationalen Interessen der USA nicht akzeptabel sei. (...) Das entscheidende rechtliche Argument in der Debatte um den Irakkrieg hat mit der Frage zu tun, in welchem Umfang das Völkerrecht einem Staat das Recht auf Selbstverteidigung zubilligt. Dieses Recht wird in der Regel im Licht der UN-Charta betrachtet, die in Artikel 2, Absatz 4 für die inter- nationalen Beziehungen ein allgemeines Verbot der "Androhung oder Anwendung von Gewalt" formuliert. Wie Artikel 51 bestimmt, ist Gewalt- anwendung ausschließlich zur Selbstverteidigung zulässig, wobei der Streit um die Bedeutung des Begriffs Selbstverteidigung durch die ambivalente Formulierung dieses Artikels verstärkt wird. Die zentrale Passage in Artikel 51 lautet: "Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung "

      Seit Gründung der UN im Jahre 1945 haben sich die Völkerrechtsexperten über die Reichweite dieser Selbstverteidigung gestritten. Dabei stehen sich zwei Lesarten gegenüber: Die Vertreter einer restriktiven Interpretation machen geltend, Artikel 51 legitimiere den Anspruch auf Selbstverteidigung ausschließlich als Reaktion auf einen voran- gegangenen militärischen Angriff. Anders als die Restriktivisten argumentieren die Minimalisten: Indem die UN-Charta ein "naturgege- benes Recht" auf Selbstverteidigung vorsehe, werde dieses Recht auch prinzipiell als Äußerungsform staatlicher Souveränität anerkannt. Deshalb könne man einer Regierung die Berufung auf dieses Recht nicht streitig machen, solange der UN-Sicherheitsrat (in dem konkreten Konfliktfall) nicht tätig geworden ist.

      Recht besehen haben beide Positionen etwas für sich, aber beide gehen zu weit. Was die Restriktivisten betrifft, so geben sie die vorherrschende Meinung der Verfasser der UN-Charta wieder. Ihnen kam es darauf an, das freie Ermessen der Staaten möglichst weitgehend einzuschränken und den Ausnahmefall der Selbstverteidigung möglichst eng zu definieren, indem sie ihn an objektive Kriterien banden, zum Beispiel an einen vorangegangenen militärischen Angriff. Diese Auf- fassung erschien damals als konsistente Fortsetzung der langjährigen Bemühungen, Angriffskriege für völkerrechtswidrig zu erklären - wobei man allerdings zugestehen musste, dass es in einer aus souveränen Staaten bestehenden Welt nach wie vor ein eng gefasstes Recht auf Verteidigung des eigenen Territoriums und der staatlichen Souveränität geben muss. Die Minimalisten wiederum erkannten, dass das Völkerrecht nicht funktionieren kann, wenn es Staaten unerlässliche und begründbare Aktionen gegen eine schwere und neuartige Bedrohung untersagt, bei der es sich nicht um einen bewaffneten Angriff handelt.

      Der Irak ist eher bedroht als bedrohlich

      EIN solcher Fall liegt vor, wenn terroristische Aktionen von einer ausländischen Basis ausgehen, ohne dass die Regierung des betreffenden Staates direkt an ihnen beteiligt ist - wie bei den Angriffen vom 11. September auf die Vereinigten Staaten. Dass die Amerikaner darauf mit einem Krieg reagierten, wurde von einem Großteil der internationalen Gemeinschaft als verständlich akzeptiert, weil das Nervenzentrum von al-Qaida in Afghanistan weiterhin einen akuten Gefahrenherd darstellte und vom Taliban-Regime offensichtlich geduldet, wenn nicht sogar unter- stützt wurde. Diese erweiterte Interpretation des Rechts auf Selbstver- teidigung hat die Geltung von Artikel 51 der UN-Charta in den Augen der internationalen Gemeinschaft nicht untergraben. Damit war still- schweigend anerkannt, dass einerseits das Völkergewohnheitsrecht sich in Reaktion auf konkrete Ereignisse weiterentwickeln und neue Realitäten einbeziehen muss, dass andererseits aber die grundlegende Verpflichtung, auf einen nicht defensiven Einsatz militärischer Mittel zu verzichten, so weit wie möglich gültig bleiben muss.

      Solche Erwägungen sind auf den Fall Irak nicht anwendbar. Damit ist nicht gesagt, dass man Artikel 51 - unter bestimmten Bedingungen wie bei einer drängenden und unmittelbar bevorstehenden Gefahr- nicht auch zur Legitimierung eines "Präemptivkrieges" heranziehen könnte. Als 1967 Israels arabische Nachbarn ihre Streitkräfte mobilisierten, begann das Land den Sechstagekrieg, was damals allgemein als ange- messene Reaktion auf die Bedrohung seiner Existenz anerkannt wurde. Zwar sind die Hintergrundfakten dieses Krieges unter Völkerrechtlern immer noch strittig, aber es wird kaum noch bezweifelt, dass Israel mit seiner seit 1967 andauernden Besetzung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens gegen das Völkerrecht verstößt und sich der Autorität der Vereinten Nationen beharrlich widersetzt.

      Nun muss ein bedrohter Staat nicht unter allen Umständen einen Angriff der anderen Seite abwarten, bis er sich auf das Recht zur Selbstver- teidigung berufen kann. Aber die UN-Charta läßt sich im Grunde nur so interpretieren, dass die "Vermutung" (wie die Juristen sagen) gegen den Anspruch auf präemptives Handeln spricht. Im Fall des Irak liegt keinerlei plausible Bedrohung der USA vor, und auch keine direkte Verbindung zu der Al-Qaida-Gefahr, wie sie etwa in Afghanistan gegeben war und die Anschuldigungen gegen das Taliban-Regime hinreichend glaubwürdig machte. Wenn man diesen Konflikt ganz leidenschaftslos betrachtet - und die erdrückenden Verpflichtungen sieht, die dem Irak nach dem Golfkrieg auferlegt wurden, und dazu die nun schon zehn Jahre währenden überharten Sanktionen - dann lässt sich ohne weiteres behaupten, dass der Irak viel eher "bedroht" als "bedrohlich" ist. Um auf die begriffliche Unterscheidung von Edward Kennedy zurückzu- kommen: Im Fall Irak legitimieren die Fakten nicht einmal einen Präventivkrieg, geschweige denn einen Präemptivkrieg. Und ein weiterer Punkt ist zu betonen: Auch wenn man auf Gründe für präemptives Handeln verweisen könnte, müssten sich diese auf erdrückende Beweise stützen, um eine Abweichung von der allgemein akzeptierten Bedeutung des Begriffs "Selbstverteidigung" rechtlich begründen zu können.

      Die völkerrechtliche Diskussion drehte sich auf der Ebene der UN eher um den Begriff "antizipatorische Selbstverteidigung" als um Präemptiv- oder Präventivkrieg. Dabei ging es vor allem um die feinen Unterschei- dungen zwischen militärischen Vergeltungsschlägen und einem regel- rechten Krieg. Anlass für heftige Debatten unter den Rechtsexperten boten etwa der israelische Luftangriff auf den irakischen Atomreaktor in Osirak im Jahre 1981 (der angeblich die Entwicklung von Nuklear- waffen durch den Irak gestoppt hat), die Angriffe der US-Luftwaffe auf Libyen (wegen der behaupteten Unterstützung Gaddafis für den antiamerikanischen Terrorismus in Europa) und die Vergeltungsschläge der Clinton-Regierung gegen Ziele im Sudan und in Afghanistan (weil diese Länder in die Attentate gegen die US-Botschaften in Kenia und Tansania verwickelt gewesen sein sollen). In all diesen Fällen waren die Fakten, mit denen die militärischen Aktionen begründet wurden, heftig umstritten, und der Einsatz von Gewaltmitteln wurde außerhalb der USA im Allgemeinen als Verstoß gegen die UN-Charta angesehen. Allerdings waren diese Militärschläge von begrenzter Dauer und bedeu- teten - so schwere Schäden sie auch verursacht haben - keine Bedrohung für die Grundprinzipien des Völkerrechts hinsichtlich der Definition von Krieg und Frieden. Der jetzt drohende Irakkrieg tut dies jedoch ganz eindeutig.

      Es geht in den nächsten Monaten also nicht nur darum, einen ungerecht- fertigten Krieg mit unkalkulierbaren Folgen zu verhindern, sondern auch um den Versuch der USA, einen Präzedenzfall für das Funktionieren der neuen Weltordnung zu schaffen. Die globale Führungsmacht USA ist ohne Zweifel fähig und willens, die geopolitischen Regeln des neuen Machtspiels festzulegen. Hat sie dies einmal getan, können sich auch andere Staaten auf diese Regeln berufen. (...)

      Selbst wenn man den USA das defensive Recht auf den Angriff in Afghanistan zubilligt, hat die Bush-Regierung der internationalen Gemeinschaft doch insofern einen Schaden zugefügt, als sie es versäumt hat, ihren Anspruch in engen und sehr spezifischen Grenzen zu formulieren, die sich aus der besonderen Qualität des apokalyptischen Al-Qaida-Terrorismus ergeben. Tatsächlich hat die US-Regierung genau das Gegenteil getan. Präsident Bush mobilisierte die anderen Länder zu einem heiligen Krieg gegen "den Terrorismus", wobei er den Begriff auf die Formen politischer Gewalt beschränkte, die sich gegen Staaten richten. Auf diese Weise warf die US-ameri- kanische Politik nach dem 11. September zweierlei Dinge in einen Topf: die notwendige, aber ganz spezifische Reaktion auf die Al- Qaida-Attacken und die unterschiedlichen Kämpfe gegen die Unter- drückung, die überall auf der Welt stattfinden - wobei alle Fälle von staatlichem Terror von jeglicher kritischer Überprüfung ausge- nommen waren. Diese Verkehrung der moralischen und rechtlichen Maßstäbe trieb Präsident Bush auf die Spitze, als er Ariel Scharon - trotz der kurz zuvor erfolgten Besetzung palästinensischer Städte und Flüchtlingslager durch die israelische Armee - als einen "Mann des Friedens" bezeichnete.

      Mittlerweile verfolgen die USA die Strategie, ihren Kriegskurs völker- rechtlich mittels der Autorität der Vereinten Nationen abzusichern, so etwa in den Irak-Resolutionen des UN-Sicherheitsrats nach dem ersten Golfkrieg. Sie enthalten die schärfsten Strafklauseln, die je einem Land seit dem Friedensvertrag von Versailles am Ende des Ersten Welt- kriegs zugemutet wurden. (...)

      Der verspätete Rückgriff auf die Vereinten Nationen kann außerhalb der USA nicht viele Menschen täuschen und wirkt auch innerhalb des Landes nicht sehr überzeugend. Denn im Grunde wissen alle, dass George Bush nun einmal kein Freund der UN ist und deren Zustimmung für die Politik der USA nur gesucht hat, um die wachsende innenpo- litische Opposition gegen einen allzu krassen Unilateralismus zu entschärfen. (...)

      Wenn die USA die Vereinten Nationen zur Erzwingungsinstanz ihrer Politik machen und die Inspektionen in einer Form wieder aufgenommen werden, die ihr Scheitern fast schon garantiert, so heißt das nichts anderes, als dass die UN für die schmutzige Arbeit einer aggressiven Kriegspolitik rekrutiert werden. (...) Das wäre ein schwerer Schlag für die Rolle und das Ansehen der Vereinten Nationen, das ja bereits durch die Schirmherrschaft der UN über das Sanktionsregime beschädigt ist. Denn die Zivilbevölkerung hat unter diesen Sanktionen so sehr zu leiden, dass hochrangige und angesehene UN-Mitarbeiter wie Denis Halliday (2) und Hans von Sponeck von ihren Ämtern zurückgetreten sind, weil sie als Beauftragte für humanitäre Hilfe nichts mit dieser Politik zu tun haben wollten, die manche als "genozidal" beschreiben.

      (...) Schließlich ist daran zu erinnern, dass der UN-Sicherheitsrat auch an die Charta der Vereinten Nationen gebunden ist und nicht gegen den Geist und Buchstaben der daraus entspringenden Verpflichtungen verstoßen sollte, von denen insbesondere zwei von Bedeutung sind: Erstens haben alle Mitgliedstaaten ihre Streitigkeiten in einer Weise beizulegen, "dass der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden" (Art. 2, Absatz 3); und zweitens haben die Vereinten Nationen keine Befugnis "zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrer Natur nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören" (Art. 2, Absatz 7). Es ist die Aufgabe der UN- Mitglieder und vor allem der Staaten, die einen Sitz im Sicherheitsrat haben, die Integrität der Weltorganisation zu bewahren. Sie sollten sich nicht dafür einspannen lassen, einer US-Politik, die wahrschein- lich auf einen ungerechten und völkerrechtswidrigen Krieg zuläuft, auch noch den Segen der UN zu verschaffen.

      Fußnoten:
      Michael Byers, "Der Irak und der Fall Caroline", Le Monde diplomatique, September 2002.
      Siehe Dennis Halliday, "Sanktionen gegen das Volk", Le Monde diplomatique, Januar 1999.
      * Prof. em. für Internationales Recht an der Princeton University, USA. Autor von "The Great Terror War", Olive Branch Press 2002.

      aus dem Engl. von Niels Kadritzke

      Aus: Le Monde diplomatique, Dezember 2002
      Avatar
      schrieb am 25.12.02 18:28:28
      Beitrag Nr. 107 ()
      "Humanistan all over the world"
      Der Kriegsvorbereitungsdiskurs und die Moral

      Von Sabine Schiffer*

      Wenn ein Schurke ein armes, unschuldiges Opfer überfällt - zu wem halten Sie dann? Wenn ein selbstloser Held sich für die Befreiung des Opfers einsetzt - mit wem solidarisieren Sie sich? Die Eigenlogik dieser märchenhaften Konstellationen gebietet es uns, sich auf die Seite des moralisch integer Handelnden zu stellen. Also auf seiten der USA, als sie 1991 den Irak angriff, um das vergewaltigte Kuweit zu befreien. Diese Märchenmetaphorik konnte aufgrund der tatsächlichen Umstände effektiv eingesetzt werden, um vorab Akzeptanz für die folgenden Kriegshandlungen zu scahffen.

      Solche Konzepte sind Metaphern, die die Eigenschaft haben, bestimmte Aspekte eines Sachverhalts zu betonen, andere gar auszublenden. Inwiefern Kuweit unschuldig war wurde ebensowenig veröffentlicht, wie die Frage, ob denn die Schauermärchen über die irakischen Soldaten wie etwa die Brutkastenstory stimmten - dies wissen inzwischen die, die es noch interessiert. Sie stimmten nicht. Solche Denkmetaphorik dient jedoch dazu, ein stimmiges Bild herzustellen - eines, das wir als Kinder schon assimiliert haben und das unsere Entscheidungen und Handlungen entsprechend und sicher lenkt.

      Gerade heute sind allerdings andere Konzepte aktiv, um uns auf eine Kriegsnotwendigkeit einzustimmen - diese aber ebenso effektiv wie wirksam. Wer zweifelt noch daran, dass es im Irak Krieg geben werde? Bereits jetzt wird Hans Blix demontiert als "zu weich", "eventuell nicht geeignet für den Job" - ebenso wie sein Vorgänger Scott Ritter, der behauptet, dass es im Irak keine gefährlichen Waffen mehr gäbe und seither als "Überläufer" etikettiert wird. Vergegenwärtigen wir uns: Im Irak ist heute nichts anders als vor zwei Jahren - mit dem einzigen Unterschied, dass darüber geredet wird. Diese Deklaration zum Krisengebiet ist rein sprachlicher Natur. Dummerweise trägt auch dieser Beitrag dazu bei, die Thematisierung des Irak zu verstärken. Ein perpeto-mobile ist in Gang gekommen und jeder fühlt sich berufen, Stellung zu nehmen bzw. Informationen über Husseins Biographie, seine Giftgaseinsätze - von denen vor 15 Jahren, als sie passierten, niemand berichtete - u.v.m. beizutragen. All dies bedient Bushs Irak-Thematisierung. Das ist ein Dilemma, dem so leicht nicht zu entkommen ist und belegt, wie stark die Definitionsmacht der Mächtigen ist - auch die Gegner seiner Politik, wir alle orientieren uns daran. Die sogenannte Irak-Krise ist lediglich eine verbale und das Bedrohungsszenario konstruiert. Allerdings schwer für uns wieder heraus zu denken und sich vorzustellen, dass das ganze Gerede genauso über Nordkorea handeln könnte, Pakistan oder sonst ein Land.

      Dieses sprachliche Konstrukt wird zudem durch Denkbilder gestützt. Hat uns denn nicht der Einsatz in Afghanistan deutlich gemacht, dass es sich lohnt, Krieg zu führen. Schließlich diente er neben der Terrorbekämpfung auch noch einem guten Zweck. Ohne wirklich etwas über die Zustände im Land zu wissen, glauben wir alle bereitwillig, dass es den Menschen dort nun besser gehe. Also heiligt der Zweck die Mittel?! Diesem Schluss liegt ein Vokabular zugrunde, das ein Kosten-Nutzen-Denken stüzt. Dieses Kosten-Nutzen-Kalkül dominiert inzwischen auch die Diskussion um einen Einsatz im Irak - dies bestätigen unter anderem jüngste Umfragen in den USA, die belegen, dass die Mehrzahl der befragten Amerikaner eine Bereitschaft zum Krieg dann haben, wenn gesichert ist, dass keine Gefahr für die eigenen Soldaten bestehe.

      Durch die Pressebank können wir lesen, dass man die USA vielleicht dann eher unterstützen würde, wenn sie ein Konzept für den Irak nach Saddam Hussein hätten. Derlei Beispiele sind zahlreich. Fernsehsendungen von Weltspiegel über Aspekte bis Auslandsjournal zeigen die miserablen Zustände im Land und identifizieren diese als Mache des Diktators - schließlich hat er das UNO-Embargo verdient. All dies fördert unseren Wunsch, den armen Menschen im Land zu helfen. Somit wird vorab eine moralische Legitimation geschaffen für den Kriegsbefehl, denn Krieg ist Friedenssicherung, wie Kofi Annan vor dem deutschen Bundestag versicherte. Humanitäre Hilfe ist dabei das Legitimationszauberwort. Nur, wer kommt bei all dem Gerede über den Irak noch darzu hinzuschauen, wo auf der Welt, denn humanitäre Hilfe nötig wäre? Was ist mit Kriegen in Ruanda und Kongo, Lateinamerika, die ehemaligen Sowjetrepubliken, dem historischen Dauerkrieg in Israel-Palästina? All diese Menschen hätten Recht auf unsere Hilfe. Hier wird deutlich, wie zielgerichtet moralisch hochwertige Denkkonzepte eingesetzt und damit missbraucht werden.

      Aufgrund der erlernten Eigenlogik dieser Denkmuster ist ein Durchschauen und ein Sich-Wehren dagegen besonders schwierig - man stößt an eigene moralische Tabus. Die lange kultivierten Muster schaffen Akzeptanz für den Einsatz von Waffen gegen Menschen - wohlgemerkt Menschen, was immer auch von chirurgischen Operationengegen Militäreinrichtungen behauptet wird. Allen voran der Clausewitz-Grundsatz vom Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Zu diesem dominierenden Konzept US-amerikanischer Regierungspolitik kommt noch das stark ausgeprägte Kosten-Nutzen-Denken hinzu, das einen rational-wirtschaftlich inspirierten Hintergrund hat. Rationalität verspricht Gewinnmaximierung, Irrationalität dagegen Verlust. Es erscheint rational einen Störfaktor zu eliminieren, damit der Handel florieren kann. Vor allem aber ist es nicht möglich, mit einem Irrationalen zu verhandeln. Das Böse im Märchen ist vielleicht gewieft, hintertrieben, clever, aber niemals rational und versteht nur die schwarz-weiß-Sprache des Stärkeren. Märchenfiguren sind immer eindeutig gut oder böse. Differenziertheit kommt nicht vor. Unsere Weltpolitik droht gerade solch einem Märchenmythos aufzusitzen.

      Im Märchen ist das Gute wie das Böse immer personifiziert. Das kommt der amerikanischen Außenpolitik zugute, denn wie ließe sich Krieg des amerikanischen gegen das irakische Volk führen? Da wäre wohl niemand daran interessiert. Saddam Hussein aber als ein Politiker ist der Staat-Ersatz ist ein geeigneteres Feindbild. Außerdem hat eine Person einen unabänderlichen Charakter, mit dem man entsprechend umgehen muss. Der Vergleich mit Hitler und Stalin tut sein weiteres. Ganze Assoziationsketten setzen sich in Gang. Die Ökonomie dieser Sprachbilder wird weitestgehend unterschätzt. Hat uns die Geschichte nicht gelehrt, wie mit solchen Despoten zu verfahren ist?

      Noch etwas hat sie uns gelehrt: Krieg gibt es dann, wenn bzw. solange eine Seite glaubt, gewinnen zu können. Dies wäre eine Gewinnmaximierung mit wenig Risiko bzw. lohnendem Einsatz - wer würde diese Aktie nicht kaufen? Genau diese Voraussetzungen sind aufgrund der militärischen wie medientechnischen Asymmetrie gegeben - anders als etwa bei der sogenannten Kuba-Krise. Im Falle eines Verlustes oder keiner optimalen Gewinnmaximierung stehen zudem bereits vorformulierte Interpretationskonzepte bereit. Unter Ausblendung des eigenen Dominanzverhaltens können die Anderen entsprechend einer sich-selbst-erfüllenden Prophezeiung als fanatisch abgetan werden. Die Entmenschlichung des Gegenübers ist perfekt. Eine Bestätigung des eigenen Vorurteils wird kreiert. Die Spirale der Gewalt dreht durch.
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      schrieb am 25.12.02 18:39:44
      Beitrag Nr. 108 ()
      Wie steht es eigentlich mit der Moral wenn ein Schurke einen Schurken überfällt?;)
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 14:52:00
      Beitrag Nr. 109 ()
      @Imoen

      dann kann man wohl nur hoffen, dass beide draufgehen ;)
      Avatar
      schrieb am 26.12.02 14:53:13
      Beitrag Nr. 110 ()
      zum Thema MORAL :D

      Nato

      Robertson sieht moralische Verpflichtung zum Irak-Krieg

      Im Falle eines Irak-Feldzuges sei es die "moralische Verpflichtung" der Nato, an der Seite der Amerikaner in den Krieg zu ziehen. Diese Ansicht hat jetzt Nato-Generalsekretär George Robertson vertreten. Saddam Hussein rief sein Volk indes in einer zweiten Weihnachtsansprache zum Kampf gegen die "amerikanische Aggression" auf.


      AP

      "All the way to Baghdad": Das Ziel der US-Army (hier eine Übung in der Wüste von Kuweit) ist klar.


      London - In einem BBC-Interview schloss Robertson heute die Möglichkeit eines militärischen Alleingangs der USA jedoch aus. Die US-Streitkräfte könnten einen möglichen Krieg gegen den Irak allein nicht führen, sondern seien auf Stützpunkte ihrer Alliierten im Nahen Osten angewiesen.

      Die Nato-Staaten stünden voll hinter der Uno-Resolution zur Abrüstung des irakischen Regimes, sagte Robertson. Wenn dieser Prozess jedoch scheitern sollte, stehe die Nato eindeutig in der "moralischen Verpflichtung, alle Hilfsanforderungen der USA zu erfüllen".

      Die USA haben ihren Partnern laut Robertson "eine Reihe von Optionen" vorgeschlagen, wie die Nato bei einer Militäraktion helfen könnte. Darüber würden jetzt Überlegungen angestellt. Entscheidungen seien noch nicht gefallen.

      Nach Ansicht von Robertson könnten die USA einen Krieg gegen den Irak ohne ihre Nato-Partner nicht führen. "Es gibt immer wieder Äußerungen in dieser Richtung, aber Tatsache ist, dass Bush sein Land fest in die Strukturen der Nato sowie internationaler und multilateraler Institutionen eingebunden hat."

      Saddam: Medien dürfen Gegner nicht zu Wort kommen lassen

      Zum zweiten Mal binnen zweier Tage hat der irakische Staatschef Saddam Hussein sich am Mittwoch an sein Volk gewandt. In der am Abend im staatlichen Fernsehen verlesenen Rede forderte er die Medien auf, Gegner des Landes nicht zu Wort kommen zu lassen.

      Die Meinung von Widersachern zu zitieren, sei ungeachtet des Zwecks der Ausstrahlung Sabotage, sagte Saddam Hussein. Weiter sprach er sich gegen eine Aufhebung des Verbots von Satellitenprogrammen aus, die am Mittwoch im Kabinett diskutiert wurde. "Ich wünsche, dass die Moral stark ist und dass das Erbe, die Geschichte, die Gemeinschaft und die Religion erhalten bleiben - und dann Satellitensender erlauben, die auf ihren Bildschirmen Dinge senden, die die Ethik verletzen?" sagte der Präsident. Wenn die Iraker ihrem Weg ohne den Einfluss solcher Versuchungen folgten, würden sie sich angesichts der "amerikanischen Aggression" gegen den Westen auflehnen.

      Bereits in seiner Weihnachtsansprache an Heiligabend hatte Saddam Hussein erklärt, sein Volk sei bereit, im Heiligen Krieg einen Märtyrertod zu sterben. Die Welt stehe vor einem neuen Jahr unter einer nie da gewesenen Unsicherheit und Anspannung, die von den "Kräften des Bösen" geschaffen worden seien, sagte Saddam Hussein. Die USA und ihre Verbündeten seien längst zum Angriff gegen Irak entschlossen, obwohl das Land uneingeschränkt mit den Waffeninspektoren der Vereinten Nationen zusammenarbeite. Das Ergebnis der Kontrollen werde ein großer Schock für die USA sein und deren Lügen aufdecken, erklärte er.
      Avatar
      schrieb am 27.12.02 19:47:55
      Beitrag Nr. 111 ()
      Irak-Krieg

      Medien sollen Bush als Feldherrn feiern

      Für den Fall eines Krieges gegen den Irak will die amerikanische Regierung offenbar ihre Strategie gegenüber den Medien ändern. Seit dem Vietnam-Krieg hielten die USA die Journalisten auf Abstand, nun sollen sie offenbar direkt vom Schlachtfeld berichten dürfen, um den Ruhm von Präsident Bush als Kriegsherrn zu mehren.


      REUTERS

      Beim Manöver in Kuweit durften Journalisten verschiedene Einheiten begleiten


      Hamburg - Der Golfkrieg 1991 sah für den Fernsehzuschauer eher aus wie ein veraltetes Videospiel als wie ein wahrhaftiger Krieg: Grünstichige Nachtaufnahmen, auf denen nichts zu erkennen war, sollten beweisen wie Raketen auf irakische Städte fielen. Damals war die Presse weit entfernt von allen Kampfhandlungen - das könnte sich beim nächsten Krieg ändern. Heute heißt es laut einem Bericht der "Financial Times" beim amerikanischen Militär, es werde eine dezentralisierte Kontrolle der Presse bevorzugt, die den Journalisten mehr Zugang zu den Schlachtfeldern erlaube.

      "Wir haben sehr hart gearbeitet und stehen nun voll hinter der Überzeugung, die Presse umfassend zu informieren und mit einzubeziehen," sagte Bryan G. Whitman vom Verteidigungsministerium kürzlich bei einem Briefing von Korrespondenten in Washington. "Die Führung dieses Ministeriums will Ihnen versichern, dass Sie und Ihre Reporter Zugang zu unseren Truppen im Feld haben werden, falls es eine militärische Operation geben sollte."

      Das Weiße Haus steht offenbar voll hinter dem Konzept. Die amerikanische Regierung ist laut dem Zeitungsbericht sehr daran interessiert, amerikanische TV-Sender direkt vom Schlachtfeld über den erhofften leichten Sieg berichten zu lassen, um so einen Popularitäts-Schub für Präsident Bush und sein Kabinett zu erreichen.

      Mut, Einsatz und Opfer

      Ende November hatte Bush einen seiner Top-PR-Spezialisten zum zentralen Militärkommando entsandt, wo er General Tommy Franks, Oberbefehlshaber in der Golfregion, unterstellt ist. Und obwohl einige Militärs noch immer die kritische Presse im Vietnamkrieg im Hinterkopf haben, unterstützen viele inzwischen eine größere Offenheit. Für Colonel Rick Thomas, Chef der US-Militär-Öffentlichkeitsarbeit in Kuweit, liegt der Vorteil auf der Hand: "Ich habe eine tiefe Verpflichtung, die Familienangehörigen zu informieren," sagte er der "Financial Times". "Ich denke, dass Mütter und Väter durch die Augen, Worte und Bilder von Journalisten den Mut, den Einsatz und die Opfer ihrer Söhne und Töchter verstehen werden."

      Schon während des Kuweit-Manövers "Desert Spring" konnten Gruppen von Journalisten mit Kampfeinheiten an Übungen teilnehmen. So sollten sich die Reporter an das militärische Leben gewöhnen und die Soldaten an die Zivilisten an ihrer Seite. Inzwischen hat allerdings der Tod des französischen TV-Journalisten Patrick Bourrat, der voriges Wochenende durch einen Panzer ums Leben kam, allen Beteiligten die Risiken solcher Aktionen noch einmal bewusst gemacht.


      AP

      Bilder wie dieses von Kindern, die vor einem Napalm-Angriff flüchten, ließen die Zahl der Gegner des Vietnamkriges steigen


      Inzwischen sind 60 Journalisten in fünf Tage dauernden Kursen in den USA in die Grundlagen eingeführt worden. Sie haben gelernt, sich vor chemischen und biologischen Waffen zu schützen oder erste Hilfe auf dem Schlachtfeld zu geben. Zwei weitere solcher Ausbildungen sind geplant.

      Die neue Öffentlichkeitsarbeit soll die Mängel im Medienmanagement des Golfkrieges vor einem Jahrzehnt zu beseitigen. Damals wurden die Reporter in Gruppen zusammengefasst und erhielten häppchenweise Informationen aus dem Zentralkommando - was vielfach als gesteuerte Propaganda kritisiert wurde. Das Militär zeigt sich demonstrativ einsichtig und bedauert die Fehler von damals. "Von unserer Seite gibt es das Gefühl, dass wir "Desert Storm" nicht so dokumentiert haben, wie wir es hätten tun sollen," sagt Dan Hatlage vom US-Verteidigungsministerium der "Financial Times". "Wir haben keine Geschichten über individuellen Heldenmut."

      Doch anders als im Vietnam-Krieg, wo jeder Journalist im Hintergrund überall dabei sein konnte, soll es im nächsten Krieg doch Grenzen geben. Militärsprecher machten deutlich, dass sie keine Fotos oder Filmaufnahmen von Leichen amerikanischer Soldaten dulden wollen. Zudem gibt es die Sorge, dass Enthüllungsgeschichten die Sicherheit militärischer Operationen gefährden könnten. Dennoch kündigte Thomas in dem Zeitungsbericht an, militärische Einheiten würden das Material sie begleitender Journalisten weder zensieren noch kontrollieren. Man setze darauf, dass Journalisten die zu einer Einheit dazugehören, dadurch angespornt werden, besonders vorsichtig mit ihrem Wissen umzugehen - und im Zweifelsfalle die Soldaten um Rat fragten.
      Avatar
      schrieb am 28.12.02 21:00:00
      Beitrag Nr. 112 ()
      Kriegsvorbereitungen

      Das Pentagon macht mobil

      Die USA haben begonnen, ihre Truppenpräsenz in der Golfregion um mehrere zehntausend Mann aufzustocken. Marineverbände, Luftwaffeneinheiten sowie Heeressoldaten wurden offenbar angewiesen, sich auf eine Beteiligung an einem möglichen Krieg gegen den Irak vorzubereiten.


      REUTERS

      US-Panzer in Kuwait: Die Truppen sollen sich bereit halten


      Washington - Die Verstärkung der Truppen am Golf solle im Januar und Februar erfolgen, verlautete am Freitagabend aus dem US-Verteidigungsministerium. Insgesamt würden mehrere zehntausend Soldaten an den Golf gesandt.

      Nach Informationen der "Washington Post" hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Order zur Mobilmachung bereits am vergangenen Dienstag unterzeichnet. Auf über 20 Seiten führe das Papier aus, welche Verbände sich für einen mögliche Irak-Krieg bereit halten müssten.

      Genaue Zahlen oder Details wurden vom Pentagon bisher nicht genannt. Derzeit sind bereits rund 50.000 US-Soldaten in der Region stationiert. Die Bereitschaftsanweisung ging unter anderem an zwei Marinekampfverbände mit jeweils einem Flugzeugträger und zwei Verbände mit Landungsschiffen, wie Beamte des Pentagons mitteilten.

      Die Schiffe der genannten Verbände sollen in die Lage versetzt werden, innerhalb von 96 Stunden nach einem bestimmten Termin im Januar in die Golfregion zu fahren. Luftwaffenvertreter berichteten von Anweisungen an fünf in den USA stationierte Kampfeinheiten sowie an Truppen zur logistischen Unterstützung.

      Die Anordnung an die Marine erging laut den Informationen aus dem Pentagon an den Verband mit dem Flugzeugträger "George Washington", der zur Atlantikflotte gehört. Aus der Pazifikflotte sind es entweder die zurzeit im australischen Perth liegende "Abraham Lincoln" oder die in Japan stationierte "Kitty Hawk".

      In der Golfregion befinden sich bereits der Flugzeugträger `Constellation" und das Landungsschiff "Nassau". In Marseille lief am Freitag der amerikanische Flugzeugträger "Harry Truman" aus, der im Fall einer kriegerischen Eskalation ebenfalls Kurs in die Golfregion nehmen könnte.

      Die für einen möglichen Einsatz angeforderten Kriegsschiffe und U-Boote würden das schon stationierte militärische Potenzial der USA in der Golfregion weiter verstärken. Ein Schiffsverband mit einem Flugzeugträger umfasst sechs bis acht Kreuzer, Zerstörer, Fregatten und andere Schiffe mit insgesamt rund 7500 Matrosen. Einem Landungsschiffverband gehören etwa 2200 Marineinfanteristen an.

      Außerdem soll das Hospitalschiff "Comfort" in der nächsten Woche den amerikanischen Hafen Baltimore verlassen und die britische Insel Diego Garcia im Indischen Ozean ansteuern. Dort haben die USA auch zahlreiche Flugzeuge stationiert. Die "Comfort" verfügt über 1000 Betten und zwei Operationsräume.
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 12:53:59
      Beitrag Nr. 113 ()
      Kriegsdiplomatie

      Saudis geben Stützpunkte für Irak-Krieg frei

      Saudi-Arabien ist offenbar bereit, den Vereinigten Staaten im Fall eines Krieges gegen den Irak die Nutzung seiner Luftwaffenstützpunkte zu erlauben. Bisher hatte die saudische Regierung immer beteuert, sie werde für einen Angriff auf Saddam Hussein keine militärischen Einrichtungen zur Verfügung stellen.


      REUTERS

      George Bush: Wichtiger Verbündeter lenkt ein


      Washington - Die "New York Times" berichtete am Samstag unter Berufung auf führende US-Militärs, die USA dürften auch eine wichtige Kommandozentrale nutzen. "Ich glaube fest, dass die Saudis uns all die Zusammenarbeit geben werden, die wir brauchen", sagte der Stabschef der US-Luftwaffe, John Jumper, dem Blatt.

      "Alle Anzeichen, die ich habe, bedeuten, dass wir ziemlich viel von dem bekommen werden, worum wir gebeten haben." Im November hatte Prinz Saud erklärt, Saudi-Arabien werde den USA nicht erlauben, seine Einrichtungen für einen Angriff auf Irak zu nutzen.

      Eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums wollte sich zu dem Zeitungsbericht nicht äußern. Die saudiarabische Botschaft in Washington war zunächst nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.

      Die Zeitung zitierte in ihrer Online-Ausgabe US-Kommandeure mit den Worten, sie hätten die persönliche Zusicherung erhalten, dass sie eine hoch entwickelte Kommandozentrale auf dem Prinz-Sultan-Luftwaffenstützpunkt bei Riad nutzen dürften. Außerdem könnten Flugzeuge der Allianz von saudiarabischen Luftwaffenstützpunkten starten und den Luftraum des Landes für Einsätze in Irak nutzen.

      US-Militärstrategen hatten sich in den vergangenen Monaten in der Golf-Region um Alternativen zu Saudi-Arabien bemüht, sollte das Land es ablehnen, in einem Krieg gegen Irak der US-Luftwaffe als Bereitstellungsraum zu dienen. Im Golf-Krieg 1991, der der Invasion Kuwaits durch Irak folgte, war Saudi-Arabien das wichtigste Aufmarschgebiet der Alliierten gewesen.
      Avatar
      schrieb am 29.12.02 17:20:36
      Beitrag Nr. 114 ()
      Weltwirtschaft

      "Koalition der Eliten"

      US-Ökonom Paul Krugman über die zwiespältigen Aussichten für die Weltwirtschaft, die notwendigen Reformen in Deutschland und seinen publizistischen Kampf gegen Präsident Bush

      SPIEGEL: Professor Krugman, die Wirtschaftslage in den USA hat sich nach dem Einbruch in 2001 wieder aufgehellt. Ist die US-Wirtschaft über das Gröbste hinweg?

      Paul Krugmann
      gehört zu den schärfsten Kritikern der Wirtschaftspolitik der Regierung Bush. Der Ökonom lehrt an der Universität in Princeton und schreibt zweimal pro Woche eine viel beachtete Kolumne in der "New York Times". Krugman, 49, gilt als Wunderkind seiner Disziplin und Anwärter auf den Nobelpreis, weil er jung an Jahren eine bahnbrechende Theorie über internationalen Handel veröffentlichte. Er verbrachte 1982/83 "erhellende Monate" im Weißen Haus unter Ronald Reagan und gehörte zu den Beratern Bill Clintons, bekam aber keinen Job wegen seines Freimuts und seiner Unabhängigkeit. Für das Verhältnis George W. Bushs zur Wirtschaft prägte er den treffenden Ausdruck "crony capitalism" - Kapitalismus unter Busenfreunden.



      Krugmann: Die wirtschaftliche Lage ist seit einem Jahr im Grunde nahezu unverändert: kaum Erholung bei Investitionen, aber dafür ein starker Konsum, der die Ökonomie vor einem Abschwung bewahrt. Die Optimisten sagen die ganze Zeit, dass die Unternehmen schon bald beginnen werden, wieder neu zu investieren - was nicht geschieht. Die Pessimisten glauben, dass die Verbraucher zurückstecken - auch das ist bislang nicht passiert. Klar ist, dass die US-Wirtschaft zu langsam wächst, um ihre Produktionskapazitäten auszulasten. Das drückt auf die Preise und damit auf die Gewinne und lässt die Zahl der Arbeitslosen weiter steigen. Die Parallelen zur Situation in Japan Anfang der neunziger Jahre sind stärker, als uns lieb sein kann.

      SPIEGEL: Trauen Sie sich eine Konjunkturprognose für 2003 zu?

      Krugman: Meine Vorhersage wäre zwei bis drei Prozent Wachstum übers Jahr gerechnet. Wenn Sie mich allerdings fragen, ob die US-Wirtschaft in eine neue Rezession stürzen kann, muss ich sagen: ja, absolut. Kann sie im Gegenteil um fünf Prozent nach oben drehen? Ebenfalls gut möglich.

      SPIEGEL: Die Republikaner planen eine weitere Runde von Steuersenkungen, um der Wirtschaft noch einmal Schwung zu geben. Die Demokraten sind entschieden dagegen und verweisen auf die wachsenden Staatsschulden. Auf welcher Seite stehen Sie bei diesem Streit?

      Krugman: Ein hoher Beamter im Finanzministerium hat einmal gesagt, dass der Staat im Grunde genommen nichts anderes ist als eine riesige Versicherungsanstalt, die nebenbei noch ein nationales Verteidigungsunternehmen unterhält. Die vernünftigste Position wäre also, die dauerhaften Steuersenkungen, die 2001 beschlossen wurden, wieder zurückzunehmen, weil wir sie uns derzeit nicht leisten können und sie dem Auftrag des Staates zuwiderlaufen, ausreichend Vorsorge für seine Verpflichtungen in der Zukunft zu treffen. Ich gebe zu, diese Position ist in der politischen Debatte nicht so leicht zu vermitteln, was auch die Schwierigkeiten der Demokraten ausmacht, die Diskussion zu ihren Gunsten zu entscheiden.

      SPIEGEL: Was soll die Regierung Ihrer Meinung nach tun: Einfach dasitzen und abwarten, dass sich die Dinge schon fügen?

      Krugman: Wenn ich wie Bush die Kontrolle über Senat, Repräsentantenhaus und das Weiße Haus hätte, würde ich erstens die Finanzhilfen für die Bundesstaaten aufstocken, zweitens die Sozialabgaben senken und drittens die Arbeitslosenzahlungen verbessern, denn dieses Geld wird mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort wieder ausgegeben. Mein Schwerpunkt läge auf einer Entlastung der Mittelschichten und Geringverdiener. Doch was bekommen wir stattdessen? Klassische konservative Steuerpolitik, von der vor allem die Wohlhabenden profitieren, die Wirtschaft und die Investoren. Wenn man die Vorschläge durchrechnet, die derzeit vom Weißen Haus in Umlauf gebracht werden, dann gehen zwei Drittel der Vergünstigungen an die oberen fünf Prozent der Bevölkerung.

      SPIEGEL: Liegt es nicht in der Natur einer Steuerreform, dass diejenigen, die die meisten Steuern zahlen, auch am meisten von ihr profitieren? Von diesen oberen fünf Prozent in der amerikanischen Einkommenspyramide kommen immerhin auch 50 Prozent der Einkommensteuern.

      Krugman: Man kann auch eine ganz andere Rechnung aufmachen: Wenn Sie sich nämlich die Steuersenkungen für das oberste ein Prozent der Gesellschaft ansehen, dann stellen Sie fest, dass auf diese kleine Gruppe gut 40 Prozent der vorgesehenen 1,35 Billionen Dollar an Erleichterungen, wenn sie erst einmal voll greifen, entfallen, und das, obwohl ihr Beitrag zum Steueraufkommen des Staates nur bei 24 Prozent liegt. Es ist genau dieses Ungleichgewicht zu Gunsten der Reichen, das charakteristisch ist für alles, was die Bush-Regierung tut. Sie repräsentiert, was man gemeinhin Plutokratie nennt, eine Koalition der Eliten.

      SPIEGEL: Die deutsche Bundesregierung setzt statt auf Steuerentlastungen auf Steuererhöhungen, mit zweifelhaftem Erfolg: Die Konjunkturprognosen für 2003 sind noch einmal nach unten korrigiert worden, die Arbeitslosenquote hängt bei knapp 10 Prozent. Was wäre in diesem Fall Ihre Empfehlung?

      Krugman: Bei Ihnen sieht es besonders trostlos aus, das stimmt. Was Deutschland dringend braucht, ist eine Abwertung der Währung, aber das ist ja nun, nach Einführung des Euro, nicht mehr möglich. Zunächst einmal würde ich versuchen, die Europäische Zentralbank davon zu überzeugen, doch bitte mehr wie die hiesige Notenbank zu handeln. Die Zinssätze in Europa sind eindeutig zu hoch, und es spricht absolut nichts dagegen, das Inflationsziel etwas höher zu setzen. Darüber hinaus? Strukturreformen, was sonst.

      SPIEGEL: In diesem Fall also doch Vorbild USA?

      Krugman: Wenn Amerika zu viel Vertrauen in freie Märkte setzt, dann Deutschland eindeutig zu wenig. Da ist doch alles sehr eng gezurrt, von den Kündigungsregeln bis zum Ladenschluss. Was Deutschland heute fehlt, ist eine Margaret Thatcher.

      SPIEGEL: Die USA bereiten sich auf einen neuen Waffengang gegen Saddam Hussein vor. Wird ein Krieg der US-Wirtschaft schaden oder im Gegenteil, wie manche glauben, sogar einen zusätzlichen Schub geben?

      Krugman: Jede Militärausgabe steigert die Nachfrage, das ist schon richtig. Anderseits werden sowohl Washington als auch die einzelnen Bundesstaaten in diesem Jahr wegen der schlechten Haushaltslage gezwungen sein, gerade die Sozialbudgets zusammenzustreichen, so dass der Nettoeffekt eher negativ sein wird. Ich denke, dass die wirtschaftlichen Folgen eines neuen Irak-Kriegs zunächst eher unbedeutend sind. Richtig teuer wird es erst, wenn die USA gezwungen sind, im Golf auf Dauer große Truppenkontingente zu stationieren.

      SPIEGEL: Das Jahr 2002 war auch das Jahr der spektakulären Firmenpleiten. Sie haben prophezeit, dass das Enron-Debakel im Rückblick für das Selbstverständnis Amerikas wichtiger sein könnte als der 11. September. Sehen Sie sich im Nachhinein in Ihrer Einschätzung bestätigt?

      Krugman: Ich muss zugeben, dass es mich überrascht und auch ein wenig bestürzt hat, wie schnell die Erinnerung an Skandale wie den Fall von Enron oder WorldCom aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden ist.

      SPIEGEL: Sie haben auch den US-Wähler falsch eingeschätzt. Die Republikaner haben bei den Zwischenwahlen im November einen glänzenden Wahlsieg eingefahren, Präsident Bush ist nach wie vor ungemein populär. Anscheinend stören sich die Amerikaner nicht besonders an dem, was Sie eine Koalition der alten Eliten nennen.

      Krugman: Ich war leider nie besonders gut in der Prognose, wie Wähler reagieren. Aber man sollte auch nicht vergessen, dass ein Land in Vorbereitung auf einen Krieg das Beste ist, was einer Regierung passieren kann. Krieg macht sich im Fernsehen immer gut.

      SPIEGEL: Sie glauben wirklich, dass die Kriegsvorbereitungen die Bürger hinreichend von dem deprimierenden Stand ihrer Aktiendepots ablenken? Man sollte annehmen, dass sie allen Grund haben, wütend zu sein, zumal die Regierung erkennbar bremst, wenn es um eine effektivere Aufsicht der Unternehmen geht.

      Krugman: Sicher, die Leute finden ihre Depots halbiert, aber dann schalten sie den Fernseher ein und sehen ihren Präsidenten, mit wehenden Flaggen im Hintergrund, und sie nehmen einfach an, dass er auf ihrer Seite steht. Sie wollen nicht glauben, dass er Teil des Systems ist, das sie um ihre Altersrücklagen gebracht hat. Es ist ein sehr verstörender Gedanke, dass ausgerechnet die Autoritäten, an die man sich um Hilfe wendet, mit der Räuberclique unter einer Decke stecken könnten. Die Psychologen nennen das kognitive Dissonanz.

      SPIEGEL: Sie schreiben nahezu wöchentlich gegen Präsident George W. Bush und seine Regierung an. Glaubt man Ihren Artikeln, dann sitzt im Weißen Haus eine Bande von Betrügern und Lügnern, die nur ein Ziel kennt: die Reichen noch reicher zu machen und die Armen noch ärmer. Meinen Sie das ernst?

      Krugman: Niemand erwartet, dass der Präsident ein Heiliger ist. Jeder geht davon aus, dass diejenigen, die im Weißen Haus sitzen, die Wahrheit ein wenig zu ihren Gunsten biegen. Aber in welchem Ausmaß diese Regierung die Öffentlichkeit zu täuschen versucht, das ist schon ziemlich spektakulär. Ich habe manchmal das Gefühl, ich lebe nicht in einer der ältesten Demokratien der Welt, sondern auf den Philippinen unter einem neuen Marcos.

      SPIEGEL: Wo täuscht und belügt Sie denn Ihre Regierung?

      Krugman: Das beginnt bei der doppelten Buchführung in Wirtschaftsplänen, bei denen derselbe Billionenbetrag einfach zweimal für verschiedene Zwecke gezählt wird. Sie finden diesen entstellenden Umgang mit Fakten aber auch, wenn es um den Irak-Krieg geht und die Frage, welche Beweise tatsächlich gegen Saddam Hussein vorliegen, oder um die engen Beziehungen von Regierungsmitgliedern zu großen Konzernen. Da hat sich eine Art Muster entwickelt, das fraglos etwas Neues in der amerikanischen Politik darstellt.

      SPIEGEL: Nach den Bilanzskandalen bei WorldCom und Enron ist es vergleichsweise ruhig geworden. War`s das? Oder drohen möglicherweise weitere Betrugsfälle?

      Krugman: Die derzeitige Ruhe ist wahrscheinlich trügerisch. Man muss sich nur die Gewinne ansehen, die die 500 wichtigsten, bei Standard & Poors aufgeführten US-Unternehmen zwischen 1997 und 2001 ausgewiesen haben, und diese dann mit den Zahlen des Nipa, der Volkseinkommensstatistik des US-Wirtschaftsministeriums, vergleichen, die man nicht schönen kann und die sich bemerkenswerterweise in diesem Zeitraum kaum bewegt haben. Wir können deshalb mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass die S&P-500-Unternehmen als Gruppe genommen ihre Profite um etwa 30 Prozent zu hoch angegeben haben, was bedeutet, dass da noch einige Enrons auffliegen werden.

      SPIEGEL: Es gibt viele Experten, die Notenbankchef Alan Greenspan vorwerfen, die Börsenblase mit seiner Zinspolitik begünstigt zu haben. Denken Sie das auch?

      Krugman: Man kann daran Zweifel haben, ob er die Blase hätte verhindern können, aber er hat es jedenfalls nie ernsthaft versucht. Tatsächlich hat er die Börse sogar hochgeredet. Er war einer der prominentesten Vertreter dieses grenzenlosen Millenniums-Optimismus. Er wurde zum Cheerleader, und wenn es etwas gibt, was ein Zentralbanker nie sein sollte, dann das.

      SPIEGEL: Die Frage ist allerdings, ob es Aufgabe der Notenbank ist, sich um Aktienpreise zu sorgen. Soll sie wirklich über die Zinsen intervenieren?

      Krugman: Das ist eine schwierige Debatte, die unter Ökonomen derzeit auch sehr ernsthaft geführt wird. Einerseits wissen wir genau, wie Blasen entstehen und zu welchen gesamtwirtschaftlichen Problemen sie führen können. Auf der anderen Seite steht die Frage, ob wir den Auftrag der Zentralbank wirklich noch weiter ausdehnen wollen. Meine Haltung ist da sehr schwankend, man kann mit gutem Grund beide Positionen vertreten.

      SPIEGEL: Haben Sie selbst Geld an der Börse verloren?

      Krugman: Ja, aber nicht sehr viel.

      SPIEGEL: Sie schreiben mittlerweile zweimal in der Woche für die "New York Times", bringen Bücher heraus, halten Vorträge. Kommen Sie noch zum Unterrichten?

      Krugman: Ich bereite mich gerade auf meine nächste Vorlesung vor. Ich bin, ehrlich gesagt, auch ziemlich froh, dass ich nicht vom Schreiben leben muss, sondern noch eine Karriere als Wissenschaftler habe. Deshalb kann ich ganz andere Risiken eingehen als ein normaler Journalist. Ich bin nicht auf guten Zugang zum Weißen Haus angewiesen, ich kann es mir mit allen dort verderben.

      SPIEGEL: Das haben Sie offenbar geschafft.

      Krugman: Es ist schon eigenartig, denn als ich im Herbst 1999 meine Kolumne mit der "New York Times" vereinbarte, dachte ich eigentlich daran, gut gelaunte Anmerkungen zu den Eigentümlichkeiten der New Economy zu liefern. Stattdessen finde ich mich nun wieder als die einsame Stimme der Wahrheit in einem Meer von Korruption. Manchmal denke ich, dass ich eines Tages in einem dieser Käfige in Guantanamo Bay lande (lacht). Aber ich kann ja immer noch in der Bundesrepublik um Asyl bitten. Ich hoffe, Sie nehmen mich im Notfall auf.

      SPIEGEL: Professor Krugman, wir danken Ihnen für dieses Gespräch
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      schrieb am 31.12.02 19:19:43
      Beitrag Nr. 115 ()
      Kostenschätzung

      Washington rechnet sich den Irak-Krieg schön

      Das Weiße Haus hat die Kosten für einen möglichen Irak-Krieg nach neuen Berechnungen deutlich niedriger angesetzt als noch vor einigen Monaten. Jetzt soll ein Waffengang gegen Saddam Hussein für die Hälfte des ursprünglich errechneten Betrags zu haben sein.


      DDP

      Weißes Haus: Plötzliche Halbierung der Kosten


      Washington - Der Finanzchef des Weißen Hauses, Mitchell Daniels, sagte in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der "New York Times", er gehe von Gesamtkosten in Höhe von 50 bis 60 Milliarden Dollar aus.

      Noch vor einigen Monaten hatte der inzwischen entlassene Wirtschaftsrater des Präsidenten, Lawrence Lindsey, die Kosten mit 100 bis 200 Milliarden Dollar angegeben. Daniels sagte, diese Schätzungen seien zu hoch gewesen.

      Die nun angebene Summe entspricht nach Angaben der "Times" in etwa den Kosten des Golfkriegs von 1991. Für den Militärschlag waren 60 Milliarden Dollar ausgegeben worden, wobei der größte Anteil allerdings damals von internationalen Partnern wie Kuwait und Deutschland übernommen worden war. Damit ist in Fall eines neuen Kriegs nicht zu rechnen.
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      schrieb am 01.01.03 20:03:45
      Beitrag Nr. 116 ()
      Irak

      Bush schickt seine Wüstenkrieger

      Mit der größten Verlegung von Bodentruppen an den Persischen Golf seit dem Irakkrieg von 1991 setzen die USA ihren Aufmarsch in der Region fort - und berechnen die Kriegsdauer neu.


      REUTERS

      US-Soldaten bei Manöver in Kuwait


      Washington - Nach US-Medienberichten vom Mittwoch wurde die auf einen Wüstenkrieg spezialisierte 3. Infantrie-Division in Alarmbereitschaft für eine Entsendung in die Golfregion versetzt. Mit der Verlegung der etwa 15.000 Soldaten werde in den kommenden Tagen begonnen, hieß es.

      Neben der im Bundesstaat Georgia stationierten 3. Infantrie- Division erhielt nach Informationen der "New York Times" auch der Flugzeugträgerverband "Abraham Lincoln" den Befehl, sich für Operationen in der Golfregion bereit zu halten. Bereits Ende Dezember war bekannt geworden, dass der Flugzeugträger "USS George Washington" kurz nach Neujahr Richtung Persischen Golf auslaufen soll. Ein zweiter Verband komme aus dem Pazifik. Zudem bereite die Marine eines ihrer beiden riesigen Lazarettschiffe für einen Einsatz vor.

      Derzeit sollen etwa 60.000 US-Soldaten in der Golfregion sein. Hinzu kommen nun die 3. Infantrie-Division mit ihren Panzerverbänden und Hubschraubern. Nach Berechnungen der "New York Times" könnten bereits in wenigen Wochen über 100.000 US-Soldaten in der Region stationiert sein.

      Luftkrieg nur wenige Tage?

      Unterdessen nehmen die Spekulationen über einen möglichen Kriegsverlauf zu. Rund fünf Wochen dauerte die Phase der Luftangriffe im Golf-Krieg von 1991, mit dem die Iraker von den Alliierten unter Führung der USA wieder aus Kuwait vertrieben wurden. Im Fall eines neuen Irak-Kriegs im Jahr 2003, so US-Militärexperten, würde diese vorbereitende Phase für das weitere Kriegsgeschehen am Boden wahrscheinlich nur einige wenige Tage dauern, berechneten jetzt US-Experten.


      Vom Umfang her würden die Angriffe "massiv" sein, aber vom Einsatz her deutlich weniger Aufwand erfordern, dank der inzwischen erheblich modernisierten Laser-Bombentechnik. "Wir haben weitaus mehr Präsizisionswaffen heute als früher", sagt zum Beispiel John Warden, ehemaliger Luftwaffen-Offizier und einer der strategischen Planer für die Einsätze der US-Luftwaffe damals am Golf. Seiner Schätzung nach dürfte die Eröffnung des Krieges aus der Luft diesmal "nicht mehr als vier oder fünf Tage" dauern. "Wir können praktisch gefahrlos gegen die Iraker aus der Luft operieren, denn sie können uns praktisch nicht erreichen", so die Begründung.

      Höchstens sieben bis zehn Tage?

      Anthony Cordesman, Militärexperte am Center for Strategic and International Studies, schätzt, dass höchstens sieben bis zehn Tage intensiver Luftangriffe im erneuten Kriegsfall nötig sein würden, um die irakische Luftabwehr zu knacken und den Vorstoß auf die irakischen Machtzentren zu beginnen. Dann wird allerdings ein anhaltender Häuserkampf in Bagdad nicht ausgeschlossen.


      Für ihren Luftkrieg verweisen die US-Experten auf die Weiterentwicklung der bereits aus dem Golf-Krieg bekannten "smart bombs", die gelenkt von Laserstrahlen ihr Ziel finden. Heute könnten die US- Bomberpiloten dank verbesserter Waffentechnologie mit einem einzigen Kampfeinsatz erreichen, wozu damals noch mehrere Angriffe hätten geflogen werden müssen, betonten die Experten. Rund 90 Prozent der 1991 abgeworfenen Bomben waren zudem noch ungelenkt abgeworfene, sogenannte "dumme Bomben".


      Während es 1991 noch darum ging, die irakischen Soldaten aus Kuwait zu verjagen, haben sich die USA jetzt zumindest verbal den Sturz des gesamten Systems unter Präsident Saddam Hussein auf die Fahnen geschrieben. "Wir müssen die Pfeiler der irakischen Militärmacht präzise ins Fadenkreuz nehmen, während wir zugleich versuchen müssen, nahezu alle Elemente der irakischen Infrastruktur intakt zu lassen", wie US-Expertin Loren Thompson vom Lexington Institut das Kampfszenario beschreibt.

      Verschärfte Drohungslage


      US-Präsident Bush verschärfte unterdessen seinen Ton gegenüber dem Irak. Er warf dem irakischen Machthaber Saddam Hussein vor, nur unbefriedigende Angaben über seine Massenvernichtungswaffen gemacht zu haben. Zugleich warnte der Präsident, die US-Wirtschaft könnte durch einen Angriff des Irak schwer getroffen werden. Die US- Wirtschaft könne es sich nicht leisten, "einen Angriff durch den Irak zu erleben", sagte Bush. Seine Aufgabe sei es deshalb, das amerikanische Volk zu schützen.

      50 Milliarden Dollar Kriegskosten?

      Am Dienstag hatte das Weiße Haus die Kosten für einen möglichen Irakkrieg deutlich niedriger angesetzt als noch vor einigen Monaten. Der Finanzchef des Weißen Hauses, Mitchell Daniels, sagte in einem Interview der "New York Times", er gehe von Gesamtkosten in Höhe von 50 bis 60 Milliarden Dollar (47,7 bis 57,2 Milliarden Euro) aus.

      Noch vor einigen Monaten hatte der inzwischen entlassene Wirtschaftsrater des Präsidenten, Lawrence Lindsey, die Kosten mit 100 bis 200 Milliarden Dollar angegeben. Daniels sagte, diese Schätzungen seien zu hoch gewesen.

      Die nun angebene Summe entspricht nach Angaben der "New York Times" den Kosten des Golfkriegs von 1991 in Höhe von 60 Milliarden Dollar, wobei der größte Anteil der Kosten allerdings damals von den internationalen Partnern wie Kuwait und Deutschland übernommen worden war. Damit ist in Fall eines neuen Krieges nicht zu rechnen.




      Getränkefabriken kontrolliert

      Die UN-Waffeninspekteure im Irak haben am Neujahrstag sieben Objekte kontrolliert, darunter auch eine Spirituosenfabrik in Bagdad. Der Besuch stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Feiertag, sagte der Sprecher der UN-Inspekteure, Hiro Ueki, am Mittwoch in Bagdad. Der 1. Januar ist auch im Irak ein offizieller Feiertag. Die UN-Waffeninspekteure besuchten außerdem mindestens sechs weitere Einrichtungen, darunter eine Fabrik für Erfrischungsgetränke, einen Rüstungsbetrieb und ein Chemieunternehmen.

      Nach Angaben des arabischen TV-Senders "El Dschasira" hätten die UN-Inspekteure am Mittwoch erstmals Hubschrauber einsetzen sollen. Wegen des Feiertags seien die Kontrollen jedoch auf Orte in Bagdad und Umgebung beschränkt worden, berichtete der Sender.
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      schrieb am 02.01.03 23:08:04
      Beitrag Nr. 117 ()
      Milzbrandbriefe – "Wer, wenn nicht der Irak?"
      (» Inhalt)
      Bei biologischen Waffen weisen alle Spuren zurück in die USA selbst

      Obwohl bzgl. der Anschläge mit Milzbrand alles auf einheimische Täter hinweist, halten sich hartnäckig die Vorwürfe in Richtung Irak. Die Argumentation ist recht einfach: Da es sich bei den eingesetzten Milzbranderregern (Anthrax) um einen Kampfstoff hoher Qualität handeln würde, kämen nur staatliche Quellen in Frage und hier eigentlich nur der Irak. So nannte der ehemalige Chef der Uno-Waffeninspekteure im Irak (UNSCOM), Richard Butler, Rußland und Irak als einzige Staaten, die seiner Meinung nach aktuell über ein ausreichend ausgereiftes Biowaffenprogramm verfügen würden und als Quelle in Frage kämen. Butler, der 1998 mit seinem Bericht zur Entwaffnung des Iraks – den er mit der US-Regierung, aber nicht mit den Kontrolleuren vor Ort abgestimmt hatte – den Vorwand zur folgenden viertägigen Bombardierungen lieferte 1 , gibt sich auch überzeugt, daß es in dieser Frage Kontakte zwischen Bin Ladens Netzwerk und dem Irak gegeben hätte.
      Der Schweizer Martin Schütz, der als B-Waffenexperte ebenfalls für UNSCOM im Irak tätig war, argumentiert hier wesentlich sachlicher. Er geht prinzipiell davon aus, daß auch ausländische, nichtstaatliche Gruppen, sich B-Waffen in ausreichender Qualität verschaffen können. Er zweifelt aber daran, daß es sich für sie lohnen würde, mit Kampfstoffen anzugreifen, da sie einen sehr hohen Aufwand erfordern und dagegen relativ gute Abwehrmaßnahmen existieren. Insbesondere das ins Land Schmuggeln größerer Mengen von Kampfstoffen in dafür geeigneten Behältern, stellt ein fast unüberwindbares Hindernis dar, so daß die Herstellung im Land selbst wahrscheinlicher ist. 2
      Doch auch Schütz hatte in einem, kurz vor den ersten Milzbrandbriefen erschienenen, Artikel über die potentiellen Gefahren biologischer Kampfstoffen an erster Stelle den Irak genannt und anschließend auch nur noch die Sowjetunion, als Staat mit einst umfangreichen B-Waffenprogramm, erwähnt.
      Seine Ausführungen zeigen auch noch an anderer Stelle die typische Voreingenommenheit und Betriebsblindheit westlicher Experten. Bei der Darstellung der Gefahren biologischer Waffen, führt er an, daß eventuell nur die Drohung der USA mit Nuklearwaffen, den Irak vom Einsatz biologischer Waffen im Golfkrieg abgehalten hätte. Die Gefahr, die damals folglich von den USA und den mit Abstand schlimmsten Massenvernichtungswaffen ausgegangen war, wird dabei völlig ignoriert.
      Immerhin führt er später als Beispiel für den Einsatz des wesentlich einfacher zu handhabenden Einsatzes von B-Waffen gegen Tiere, die von Kuba vorgebrachten Belege gegen die USA an. Aber weder er noch Butler erwähnen die wahrscheinlichste Quelle der Milzbrandsporen - die USA selbst.

      In der New York Times erschien am 4. September ein ausführlicher Artikel, der über einige, seit Jahren geheimgehaltene, B-Waffen-Forschungsprogramme der USA berichtete. Die Rede war von Versuchen, durch gentechnische Veränderungen eine noch wirksamere Variante des Bakteriums, das Milzbrand erzeugt, zu züchten und von umfassenden Impfprogrammen innerhalb der Armee gegen diese Erreger. Zudem wurde bekannt, daß die CIA – angeblich zu Versuchszwecken – eine Fabrik zur Produktion biologischer Kampfstoffe in der Wüste von Nevada aufgebaut hat.
      In diesen – und wahrscheinlich weiteren – geheimen Programmen, wird daher auch der Grund für die Weigerung der USA gesehen, sich weiter an Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zur B-Waffen-Konvention zu beteiligen. Dieses Zusatzprotokoll sollte ein für alle Vertragsstaaten bindendes Kontrollregime schaffen, daß auch die weiterhin erlaubten defensiven B-Waffen-Aktivitäten internationaler Kontrolle unterstellen sollte.
      Offensichtlich war es auch – zumindest bis vor wenigen Jahren – nicht schwer gewesen, an gefährliches Material heranzukommen. So hat beispielsweise einer dpa-Meldung zufolge, der Biologe Larry Harris aus Ohio auf gefälschtem Briefpapier bei einem Forschungsinstitut Pest-Bakterien bstellt. Harris gehörte der Rassistenorganisation "Arian-Nations" an. Das Material wurde geliefert. 3
      Auch nach jüngsten Informationen der Staatlichen Universität von Iowa liegt es nahe, daß die untersuchten Milzbrandbakterien aus US-Labors stammen. Demnach gleichen die gefundenen Bakterienstämme einer Anthrax-Art mit dem Namen "Ames" aus dem Militärlabor in Frederick, Maryland.
      Daher weist auch der ehemalige Waffeninspektor im Irak, Scott Ritter alle Verdächtigungen in Richtung Irak zurück. Irak habe nie auf "Ames" beruhende Anthrax-Stämme besessen, zudem sei Iraks biologisches Waffenprogramm nach hunderten von unangekündigten Inspektionen, aufgedeckt und zerstört, zumindest auf ein harmloses Maß reduziert worden.
      Scott Ritter kritisiert auch massiv seinen ehemaligen Vorgesetzten Butler, wegen dessen unverantwortlichen Anschuldigungen, in denen er nur das Bemühen sieht, auf den "Erobert Bagdad-Zug" aufzuspringen.
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      schrieb am 02.01.03 23:14:05
      Beitrag Nr. 118 ()
      Irak-Krise

      Pentagon plant geheimen Propaganda-Feldzug in Deutschland

      Die US-Regierung will die Anti-Kriegsstimmung in verbündeten Staaten wie Deutschland systematisch aufweichen. Angeblich erwägt das US-Verteidigungsministerium eine verdeckte Propaganda-Offensive. Der Vorschlag, der unter anderem die Bestechung von Journalisten beinhalte, soll im Pentagon zu einer scharfen Kontroverse geführt haben.


      AP

      Donald Rumsfeld: Propaganda in befreundeten Staaten?


      Washington - Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe noch nicht über den Vorschlag entschieden, berichtet die "New York Times". Er sei jedoch zunehmend frustriert über das oftmals negative Echo auf die Außenpolitik der USA, insbesondere in verbündeten europäischen Staaten. Deutschland wird in dem Bericht ausdrücklich als Ziel geheimer Propaganda-Operationen genannt.

      Der Plan, der dem Bericht zufolge einen heftigen Streit innerhalb des Pentagon auslöste, könne etwa beinhalten, Journalisten für US-freundliche Berichte zu bezahlen oder pro-amerikanische Demonstrationen zu organisieren. Außerdem werde überlegt, den Einfluss von Moscheen und Religionsschulen in Europa und Asien zurückzudrängen. Die USA könnten gar eigene Moscheen aufbauen und geheim finanzieren, um einen moderateren Islam zu lehren, hieß es.

      Während der "New York Times" zufolge im Pentagon weitgehende Einigkeit darüber herrsche, dass Propaganda in feindlichen Staaten gerechtfertigt sei, entwickle sich derzeit eine heftige Diskussion über die Frage, ob ein solches Vorgehen auch in neutralen oder gar alliierten Staaten ratsam sei. "Wir haben die Mittel und die Fähigkeiten, die öffentliche Meinung in neutralen und verbündeten Staaten zu beeinflussen. Und wir würden damit durchkommen", sagte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums der Zeitung. "Das bedeutet aber nicht, dass wir es auch tun sollten."

      Es ist nicht das erste Mal, dass die US-Regierung eine solche Initiative startet. Erst im Februar musste Rumsfeld die Behörde für Strategische Einflussnahme im Pentagon auflösen. Es war das Ende des kurzlebigen Vorhabens, ausländische Journalisten mit falschen Pressemitteilungen zu füttern, um die öffentliche Meinung in ihren Heimatländern im Sinne der USA zu beeinflussen.
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      schrieb am 03.01.03 11:28:01
      Beitrag Nr. 119 ()
      Bushs neue Drohung

      "Der Tag der Abrechnung kommt"

      Von seiner Ranch in Texas aus stimmt US-Präsident Bush die Welt auf die Abrechnung mit seinem Intimfeind ein. Zum ersten Mal seit 1991 ist eine volle Kampfdivision auf dem Weg in die Region. Über den Städten Basra und An Nasirijah regnete es eine halbe Million Propaganda-Flugblätter, US-Radiosendungen für Irak verglichen Saddam mit Stalin.


      AP

      Letzte Warnung an Saddam: US-Präsident Bush


      Crawford - George Bush bekräftigte gestern seine drohende Haltung gegen Irak. Der irakische Staatschef Saddam Hussein müsse "verstehen, dass sein Tag der Abrechnung kommt". Vor Journalisten auf seiner Ranch in Texas fügte Bush hinzu: "Hoffentlich erkennt er, dass wir es ernst meinen, und hoffentlich rüstet er friedlich ab." Bush sagte, seit elf Jahre habe die Welt sich mit Iraks Präsident Saddam Hussein in der Abrüstungsfrage auseinander gesetzt.

      An dem amerikanischen Truppenaufmarsch in der Golfregion werden in den nächsten Wochen auch 800 US-Soldaten aus Deutschland teilnehmen. Die Spezialisten aus Pionier- und Aufklärungseinheiten würden bis Mitte Februar in die Golfregion verlegt, teilten die US-Streitkräfte am Donnerstag in Washington mit. Außerdem erhalten 300 Soldaten der Patriot-Raketenabwehr aus Texas den Marschbefehl.

      In Kuweit, Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und anderen Ländern rings um den Irak sind bereits mehr als 50.000 amerikanische Soldaten stationiert worden. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld unterzeichnete in der vergangenen Woche eine Anordnung zur Entsendung von mehreren zehntausend weiteren Soldaten in den kommenden Wochen.

      Nach Informationen aus US-Verteidigungskreisen wird mit der Verlegung der im Wüstenkampf ausgebildeten Soldaten erstmals seit dem Golfkrieg von 1991 eine volle Kampfdivision in die Region geschickt. Insgesamt soll mit den Ende Dezember befohlenen Verlegungen die Zahl der US-Soldaten verdoppelt werden.

      Die USA verstärkten gestern auch ihre auf die irakische Bevölkerung abzielende Propaganda. Amerikanische Flugzeuge warfen über den Städten Basra und An Nasirijah im Süden des Landes 480.000 Flugblätter ab. Darin wurden die Einwohner nach Angaben der US-Streitkräfte aufgerufen, amerikanische Sender zu hören. Die Radioprogramme in arabischer Sprache rufen die irakischen Soldaten zur Erhebung gegen Saddam Hussein auf.

      Der Sender verbreitet nach Angaben der Kommandozentrale Berichte über den irakischen Präsidenten Saddam Hussein sowie über die Uno-Resolution 1441 zur Abrüstung Iraks.

      Unter anderem werde Saddam Hussein in den Radioprogrammen mit dem sowjetischen Präsidenten Joseph Stalin verglichen, der "Millionen seiner eigenen Bürger tötete und inhaftierte". An die irakischen Soldaten gerichtet, lautet eine weitere Aussage der Kommandozentrale zufolge, "lassen Sie Saddam nicht länger den Ruf von Soldaten beschmutzen."

      Nach den Worten des irakischen Vize-Ministerpräsidenten Tarik Asis bereiten die USA einen Angriff auf sein Land vor, ganz gleich ob es Massenvernichtungswaffen besitzt oder nicht. Eine iranische Zeitung meldete am Donnerstag hingegen, es gebe angeblich mit Russland abgestimmte Pläne der USA, den irakischen Präsidenten Saddam Hussein ohne Krieg und Gewalt zu stürzen. Die Zeitung "Entechab" bezog sich auf ein Telefongespräch, in dem der deutsche Außenminister Joschka Fischer seinen iranischen Kollegen Kamal Charrasi darüber informiert haben solle. Das Auswärtige Amt in Berlin dementierte diesen Bericht umgehend.

      Auf den Bericht angesprochen verwies der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, auf Forderungen von US-Regierungsvertretern, die Saddam zum Rücktritt aufgerufen hätten. Allerdings wisse er nichts über aktive Bemühungen, solche Vorschläge aktiv zu fördern, fügte Boucher hinzu.

      Die USA werfen Irak den Besitz von Massenvernichtungswaffen vor und haben angekündigt, das Land notfalls mit militärischer Gewalt zu entwaffnen. Irak bestreitet den Besitz solcher Waffen. Am 27. Januar berichtet Uno-Chefinspekteur Hans Blix dem Sicherheitsrat, ob die Inspektionen in Irak Hinweise auf verbotene chemische, biologische und atomare Waffen ergeben haben. Die Inspektoren der Vereinten Nationen (Uno) hatten nach vierjähriger Unterbrechung am 27. November ihre Kontrollen wieder aufgenommen.
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      schrieb am 03.01.03 11:39:43
      Beitrag Nr. 120 ()
      Irak: Krieg um die Ölrente des Nahen Ostens
      Eine Analyse von Dieter Lohaus

      Die USA werden in den nächsten Monaten den Irak bombardieren, Menschen töten, das Land verwüsten, in Bagdad einmarschieren und die Ölfelder besetzen. Waren die beiden letzten Jahre der ideologischen Vorbereitung und der Präparierung der westlichen Massenpsyche gewidmet (Hollywood steuerte von Three Kings über Private Ryan bis zu Der Anschlag, aus Washington angeleitet, eifrig dazu bei), so sind jetzt die konkreten militärisch-logistischen Vorbereitungen angelaufen. Die amerikanischen Ölreserven sind bis zum Anschlag aufgefüllt. Die Briten absolvieren gerade die letzten vorbereitenden Manöver. Frankreichs Außenministerin sagt: Unser Militär (inklusive Flugzeugträger) ist jederzeit einsatzbereit (vorausgesetzt, wir machen mit!). Sogar die Bundeswehr ist bereits mit Spürpanzern in Kuwait sowie mit Marine am Horn von Afrika im Bereich des Geschehens - daran ändern auch die pazifistischen Bekundungen des Bundeskanzlers während des Wahlkampfes nichts.

      Die US-Rüstungskonzerne Raytheon und Boeing erhielten in letzter Zeit neue Aufträge für Bomben (Joint Direct Attack Munition) für über eine Milliarde US-$. Boeing baut für diesen Munitionstyp gerade in St. Louis, Missouri, eine neue Fabrikationslinie, wodurch die Kapazität von derzeit gut 1 500 pro Monat auf 2 000 am Ende diesen Jahres und auf 2 800 Bomben im August 2003 erhöht wird. Das Pentagon, das bei Einführung der neuen zielgenauen Bomben im Jahre 1999 geplant hatte, davon 87 500 zu bestellen, hat den Auftrag inzwischen fast verdreifacht, auf nunmehr 238 000 Stück. Darüber hinaus bestätigte das Pentagon vor kurzem einen 200 Mio. US-$-Auftrag für lasergeleitete Bomben, sowie einen Auftrag über weitere 400 Tomahawk Cruise Missiles im Wert von mehr als 250 Mio. US-$. (Mark Odell, Boeing builds ´smart bomb´ plant as US demand rises, in Financial Times (FT), 9. September 2002) Ökonomisch ist das angesichts des etwa 400-Milliarden US-$ ausmachenden Etats des US-Rüstungshaushalts nicht so sehr bedeutungsvoll, es ist aber kriegerisches Verbrauchsmaterial für die heißen Kriegsphasen. Am Montag, den 16. September erklärte der amerikanische Verteidigungsminister Rumsfeld - unbeeindruckt von der zeitnahen Mitteilung des UN-Generalsekretärs, dass der Irak sich bereit erklärt, die UN-Waffeninspektoren wieder in das Land zu lassen -, dass US-Piloten bereits begonnen hätten, Befehls- und Kommunikationseinrichtungen der irakischen Luftverteidigung anzugreifen, und nicht nur (wie bisher) Flugabwehr-Waffen und Radar. (Brian Knowlton, US-jets targeting Iraqi air control, Rumsfeld announces change in tactics; Saudis hint they will allow use of bases, International Herald Tribune (IHT), 17. September 2002)

      Bush verspricht Kanonen und Butter

      Die Teile der amerikanischen Wirtschaft, die nicht vom Krieg profitieren werden, werden von Washington beruhigt: "Der Präsident hat ein klares Signal an die Öffentlichkeit gesandt, dass beides zu haben ist, sowohl Krieg als auch Business as usual." (Countdown to a collision, Leitartikel der New York Times (NYT) vom 9. September 2002) Und Jackie Calmes überschreibt ihren wöchentlichen Bericht aus dem Büro der amerikanischen Hauptstadt: "Ökonomen des Weißen Hauses rechnen damit, dass der Krieg gegen den Irak wahrscheinlich keine Rezession auslösen wird", wenngleich im selben Artikel die Kriegskosten konkret angesprochen werden: "Die Beraterfirma G7Group veranschlagt die Kosten für das erste Kriegsjahr auf 80 Milliarden US-$." (Jackie Calmes, White House Economists figure war with Iraq wouldn`t likely spark recession, in Wall Street Journal Europe, 6.-8. September 2002)

      Lange vor den Anschlägen vom 11. September 2001, und spätestens mit dem Regierungsantritt von Bush jr., war erkennbar, dass der Kampf der USA gegen den Irak in ein neues Stadium treten würde. Der Zermürbungstaktik durch Luftangriffe und ökonomische Knebelung, Ausplünderung und Embargo, durch die die Widerstandskraft des Volkes unterminiert werden sollte, musste ein direkterer Zugriff auf das irakische Öl folgen. Dazu ist eine heiße Kriegsphase notwendig, damit für die amerikanischen und britischen Ölkonzerne der Weg zum irakischen Öl frei wird. Die bis zum Frühsommer in den maßgeblichen amerikanischen Medien intensiv geführte Debatte, wie man die nächste Kriegsetappe gestalten sollte, sollte eine Antwort auf die Frage erarbeiten, wen man (außer den Briten, deren Beteiligung für die USA zu keinem Zeitpunkt in Frage stand) noch, und zu welchen Bedingungen, mit ins Kriegsbündnis aufnehmen sollte. Z. B.: Wenn sich Frankreich aktiv beteiligt, welchen Anteil vom irakischen Ölkuchen soll man Elf-Total einräumen. Wie schwierig diese Verhandlungen waren, zeigt sich daran, dass sich Frankreich lange geziert hat, eine Kriegsbeteiligung zuzusagen. Oder bezüglich Russlands: Reicht Russland, damit es bei einem Angriff auf den Irak stillhält und auf ein Veto im UN-Sicherheitsrat verzichtet, freie Hand in Tschetschenien/Georgien, oder muss man dem Land noch zusätzlich ökonomische Versprechungen bzgl. der Erfüllung bestimmter irakisch-russischer (Vor-)Verträge und/oder der Tilgung(Bezahlung) irakischer Verbindlichkeiten gegenüber Russland durch die Nach-Saddam-Regierung machen. Für die Zustimmung Spaniens reichten vermutlich kleine Versprechungen für Repsol, bei Italien für ENI, bei den Niederlanden für Royal Dutch. Der mächtigste Hebel der Amerikaner gegen China bleibt sicherlich (trotz WTO-Mitgliedschaft Chinas) der Zugang zum amerikanischen Markt. Bei den arabischen Golfstaaten dürfte die Überlegung bestimmend sein, möglichst lange zu vermeiden, obenan auf die wirkliche Schurkenliste gesetzt zu werden, nach der die realen Aggressionsziele der USA bestimmt werden. Diese Überlegungen ließen sich weiter fortsetzen. Das Ergebnis der veröffentlichten Überlegungen war, dass die USA notfalls auch alleine handeln könnten, dass man jedoch lieber - wie in 91 - wieder ein Bündnis zusammenzimmern würde. Der militärische Aspekt spielt hierfür, im Gegensatz zum politisch-moralischen, nur eine völlig untergeordnete Rolle.

      Die Wahl Bush´s war bereits Teil der Strategie des Öl-Militärkomplexes, der heute in den USA dominiert. Zwar hatten sich auch die Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Gore und Lieberman, zur Zeit von Bush sen. - anders als die Mehrheit der Demokraten im Kongress - für den "Wüstensturm" ausgesprochen. Gleichwohl traute ihnen das Kapital nicht zu, den beabsichtigten neuen Krieg konsequent vorzubereiten und umzusetzen.

      Je näher nun der Zeitpunkt des Hauptangriffs rückt, desto deutlicher wird, dass das irakische Öl nur ein Teil dessen ist, was der arabischen Welt geraubt werden soll. Das weitergehende Ziel ist das Öl Saudi-Arabiens und das der gesamten Region des Nahen Ostens. Kuwait und die VAE werden in diesem Zusammenhang selten extra erwähnt, sie würden militärisch-politisch kein großes Problem darstellen, anders als der Iran, der ein sehr großes, für die USA vielleicht kaum lösbares Problem darstellen würde, wie die Vergangenheit gezeigt hat. (Zur Argumentation, diese weitergehende Zielsetzung betreffend, vergleiche die Ausführungen des Autors: D. L., Nächste Station Bagdad - übernächste Riad, Zum Kampf ums Öl im Nahen Osten, in Marxistische Blätter (MB) 3-02, S.73ff.)

      "Der Krieg rechnet sich nicht"(?)

      In der Süddeutschen Zeitung trägt nun Marc Hujer ökonomische Argumente gegen den Krieg gegen den Irak vor. Ein Krieg "gegen das Ölland Irak" sei "nicht unbedingt im Sinne der US-Volkswirtschaft. Die möglichen Gewinne sind klein, sagen die Experten, die Risiken aber sind groß." Er beruft sich u. a. auf das wirtschaftsliberale Cato Institute, das von einem sinnlosen Engagement spreche. "Die US-Regierung gebe in der Golfregion jährlich bis zu 60 Milliarden Dollar für militärische Stabilisierung aus, um Importe von sechs Milliarden Dollar zu sichern." (Marc Hujer, Der Krieg, der sich nicht rechnet, Wirtschaftliche Gründe für einen Feldzug gegen den Irak fehlen, SZ vom 23. September) Richtig ist, dass es in den USA breite Wirtschaftskreise gibt, die über die Kampagne im Nahen Osten aus wirtschaftlichen Gründen nicht glücklich sind, weil es die eigenen Geschäftsaussichten verschlechtert. Dazu gehören z. B. Handelsfirmen, Fluggesellschaften, die Touristikbranche, die Autoindustrie, die chemische Industrie.

      Hatten diese Kräfte während der Clinton-Administration noch das politische Übergewicht gegenüber dem Öl-Rüstungskomplex, der von der Bush-Administration vertreten wird - wenngleich das Irak-Gesetz von 1998 bereits politisch-deklaratorisch die Vorstellungen der Wahlsieger von 2000 verkörpert: dort wurde bereits "regime change, die Beseitigung der Herrschaft Saddam Husseins im Irak, als strategisches Ziel der USA" benannt. Die Benennung eines Ziels ist eine Sache. Zur praktischen Verwirklichung gehört sehr viel mehr. Zur Umsetzung ihrer Absichten im Nahen Osten setzte das Militär-Öl-Lager auf Bush/Cheney. Seit der letzten Präsidentschaftswahl im Herbst 2000 wird das Vorhaben konsequent angegangen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lautet das "volkswirtschaftliche" Kalkül nicht: Was bringt ein Krieg der "amerikanischen Wirtschaft insgesamt" für Vorteile - die ökonomischen Interessen der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung sind für solche Überlegungen nicht von primärer Bedeutung -, sondern vielmehr: Welche ökonomischen Vorteile (in anderen Worten: Profitaussichten) sind durch einen solchen Krieg für den herrschenden Militär-Rüstungs-Komplex der USA zu erwarten. Bei der Überprüfung des Kalküls gilt es auch zu berücksichtigen, dass sogar bescheidene Profite attraktiv für die sein können, die die hierfür notwendigen (in unserem Fall Kriegs-) Kosten nicht selber tragen müssen.

      Hauptgewinn oder Niete?

      Unter Aufwand/Ertrag-Gesichtspunkten wollen wir einmal zwei gegensätzliche historische Beispiele betrachten.

      Beispiel 1: Vor gut hundert Jahren eroberte England Tibet: Tibet war so arm, dass die erobernden Vertreter der europäischen Kolonialmacht sich nicht in der Lage sahen, aus dem Land einen nennenswerten Mehrwert herauszusaugen. Die Kosten waren für die ausländischen Ausbeuter nachhaltig höher als der mögliche Nutzen. Das ganze war also ein Flop. Man zog wieder ab.

      Beispiel 2: Gelohnt für die imperialistischen Ausbeuter hat sich hingegen China: Militärisch abgerungen wurden dem Land nach der Niederschlagung des sogenannten Boxeraufstands, ebenfalls vor hundert Jahren, gewaltige "Entschädigungs"- (indemnity) Zahlungen, die in heutiger Währung gerechnet etwa 6,5 Mrd. US-$ ausmachten und den gesamten Staatseinnahmen der Qing-Regierung für den Zeitraum von 12 Jahren entsprachen. (Vgl. hierzu D. L.: Nächste Station Bagdad - übernächste Riad, Zum Kampf ums Öl im Nahen Osten, in MB 3-2002, S. 73ff.) Man benötigt nicht allzu großen ökonomischen Sachverstand, um zu begreifen: Die Entsprechung für Beispiel II im 21. Jahrhundert ist der Nahe Osten mit seinem Ölreichtum (im Wert von mindestens 10 000 Mrd. US-$, vgl. weiter unten) als Objekt der imperialistischen Begierde. Beispiel I entspricht heute Gebieten wie Afghanistan oder Kosovo, die aus mancherlei Gründen Gegenstand von Aggression sein mögen, nicht jedoch, weil aus ihnen ein nennenswerter Mehrwert herauszupressen wäre; ganz im Gegenteil.

      US- und britische Konzerne brauchen das Öl

      Um langfristig ihre Existenz als führende Konzerne der Weltwirtschaft zu sichern, benötigen die US- und britischen Ölmultis unbedingt den Zutritt zur Ölförderung im Nahen Osten. Am Beispiel von Royal Dutch/Shell wurde das von diesem Autor bereits einmal aufgezeigt. Die Darlegung kommt zu der folgenden Einschätzung: "In 2000 stellte das im gesamten Mittleren Osten von Shell geförderte Erdöl gerade mal einen Anteil von etwas über 20 Prozent der Gesamtförderung des Unternehmens dar. Wenn man bedenkt, dass zweidrittel aller Erdölreserven in dieser Region liegen, dass dagegen in Gebieten wie der Nordsee (der in Europa wichtigsten Förderstätte Shells) die Reserven kaum noch über die nächste Dekade hinaus reichen werden, dann wird verständlich, dass sich die Ölmultis wie Shell Gedanken um ihre Zukunft machen und von Bush und Blair erwarten, dass sie das Problem lösen, dass die ihre Förderung gegenüber dem ausländischen Kapital abschottenden OPEC-Staaten darstellen." (MB 3-02, S. 75) Das hier Gesagte gilt analog genau so für EXXON, BP/AMOCO, CHEVRON/TEXACO und CONOCO.

      Aber werfen wir nun doch einmal einen etwas genaueren Blick auf das, was aus dem Irak herauszuholen ist. Das Besondere in den Ländern des Nahen Ostens besteht darin, dass der Wert der Ölreserven - hier von uns überschlägig geschätzt als Produkt der sicher nachgewiesenen Mengen und dem heutigen OPEC-Richtpreis von 25 US-$ - wegen der in dieser Region der Erde bestehenden u. a. geologischen Besonderheiten annähernd identisch ist mit der Rente, die man bei Förderung des Öls realisieren kann. Bei dynamischer Betrachtungsweise, wenn man sich den historischen Verlauf über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten vorstellt, können sich bei realistischer Betrachtung Werte ergeben, die beträchtlich höher anzusetzen sind, nämlich dann, wenn es den US-Konzernen gelingen würde, sich die Ölrechte im gesamten Raum anzueignen, und sie, wenn in ein bis zwei Jahrzehnten die Ölquellen in der übrigen Welt zunehmend unergiebig werden, als privatkapitalistische Marktregulierer in einer dann veränderten Angebotssituation den Ölpreis nachhaltig monopolistisch in bisher nicht gekannte Höhen treiben würden. Ein Missvertändnis besteht bei Teilen (auch der amerikanischen) Öffentlichkeit darin zu glauben, dass die Kampagne gegen die Länder des Nahen Ostens den Konsumenten billigeres Öl bringen wird. Das Gegenteil wird der Fall sein, gerade auch langfristig. Und nicht der Fiskus des jeweiligen Landes, wie etwa im Fall der westeuropäischen Benzinpreise, sackt sich dann die größten Teile des Wertes ein, sondern der Haupttransfer geht dann in Richtung der Schatullen der US-britischen Ölkonzerne, bzw. in die Taschen ihrer Aktionäre und leitenden Mitarbeiter. Die Ursache hierfür liegt einerseits im durch die bevorstehenden Kriege unmittelbar möglich werdenden Zugriff auf die Hauptmenge des verbleibenden Öls der Welt sowie in der sich daraus ergebenden immensen Marktmacht der US-britischen Ölkonzerne.

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      Wert der Ölreserven ausgewählter Länder
      [Wert der Ölreserven bei 25 $/Fass in Mrd. $ (1995)]

      USA: 519
      GB: 96
      Russ. Föderation: 1.055
      Kuwait: 2.302
      Irak: 2.003
      Iran: 1.946
      Vereinigte Arabische Emirate: 1.936
      Saudi-Arabien: 5.345

      Quellen: Eigene Berechnung des Werts der Olreserven nach Angaben aus: 1995 Energy Statistics Yearbook, United Nations, New York 1997. Übrige Angaben: Der Fischer Weltalmanach 2001, Frankfurt 2000.

      Lesehinweis zur Tabelle: Eine aktuellere Quelle (Dan Morgan, David B. Ottaway; When it´s over, who gets the oil?, The Washington Post vom 16. September 2002, in IHT vom gleichen Tag.) gibt Iraks Reserven mit 112 Mrd. Fass an. Entsprechend unserer Rechnung ergibt sich daraus ein noch höherer Wert für das irakische Öl, nämlich 2,8 Billionen (2.800 Mrd.) US-$. Die irakischen Reserven gelten heute zudem - abweichend von der oben benutzten Quelle aus dem Jahre 1997 - als größer im Vergleich zu den kuwaitischen. Die zugrunde gelegten Zahlen enthalten natürlich immer ein Element der Unsicherheit. Für unser Argument entscheidend ist nicht so sehr das exakte Rechenergebnis, sondern vielmehr die Größenordnung, die damit angezeigt wird. Auf dieser Grundlage sind Überlegungen zur Rente zwingend, wie sie vom Autor im August 2001 formuliert wurden: "Die Differenz zwischen Förderkosten und Marktpreis ist eine Rente. Diese Rente beträgt für das Öl im Mittleren Osten bei Ölpreisen von 25 US-$ durchschnittlich gut 20 US.$ (pro Fass). Multipliziert mit der Ölmenge im Boden der Länder des Mittleren Ostens ergibt sich für die Region ein Gesamtwert der Renten von weit über 10.000 Mrd. US-$. Das ist der Preis, um den die USA sowie ihre imperialistischen Konkurrenten mit Saudi-Arabien, Kuwait, Irak, Iran, etc. ringen. Diese 10.000 Mrd. US-$ sind im Wesentlichen auch der Fonds, aus dem u.a. die Kriege in der Region, die Rüstung der jeweiligen Angreifer und Verteidiger, die Besatzungen, der Einfluss in anderen Ländern dieser Region etc bezahlt werden. (D. L., Ein unerledigtes Geschäft - Die USA und das Öl der Verweigerer Iran und Irak, MB 5-2001

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      Die Kriegsbeute wird verteilt "Wenn alles vorbei ist, wer kriegt dann das Öl?" Diese rhetorische Frage wird bereits im ersten Satz des Artikels der Washington Post, der die erste Seite der IHT vom 16. September 2002 ziert, von den Autoren Morgan und Ottaway so beantwortet: Der US-geführte Sturz von Saddam könnte für die lange aus dem Irak verbannten amerikanischen Ölgesellschaften ein "Bonanza" (Silbermine) darstellen, bestehende Verträge zwischen Bagdad und Russland, Frankreich und anderen Ländern würden jedoch den (im Westen lebenden) Führern der (sogenannten) irakischen Opposition zufolge schleunigst aufgehoben.

      Insgesamt steht im Irak ein Wertvolumen von (beim heutigen Preisniveau für Erdöl) zwei bis drei Billionen US-$ (2 000 bis 3 000 Mrd. US-$) zur Verteilung an. Der Artikel weist darauf hin, dass Teile der irakischen Ölrechte auch bei den Verhandlungen der Amerikaner um die Zustimmung zu ihrem geplanten Krieg gegen den Irak im UN-Sicherheitsrat eingesetzt werden können. "Alle fünf Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates - die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China - haben internationale Ölgesellschaften mit großen Interessen hinsichtlich einer Veränderung der Führung in Bagdad." Seit dem Golfkrieg von 1991 hätten Gesellschaften von mehr als einem Dutzend Länder, darunter Frankreich, Russland, China, Indien, Italien, Vietnam und Algerien, Vereinbarungen getroffen, um irakische Ölfelder zu erschließen, Anlagen zu erneuern oder unentwickelte Gebiete zu explorieren. Die Vertreter der irakischen Opposition erklärten, dass sie sich an keines dieser Geschäftsabkommen gebunden fühlten. Stattdessen sagte Ahmed Chalabi, der Führer des Iraqi National Congress, einer Gruppe von irakischen Oppositionellen, er "favorisiere die Schaffung eines US-geführten Konsortiums zwecks Entwicklung der irakischen Ölfelder ... Amerikanische Gesellschaften werden einen großen Anteil am irakischen Öl haben, sagte Chalabi." (Dan Morgan, David B. Ottaway, When it´s over, who gets the oil?, The Washington Post, in IHT vom 16. September 2002)

      Die imperialistische Zahnbürste

      Ein in der Frage des bevorstehenden Krieges eigenartig idyllisches Bild trat dem Leser der Süddeutschen Zeitung hingegen noch bis Ende August diesen Jahres entgegen. Man las da z. B.: "Die Entscheidung für einen Irak-Krieg steht nicht an." (Stefan Kornelius, Projektion statt Politik, SZ vom 13. August 2002), oder etwa: "Der Feldzug gegen den Irak scheint sich als große Luftblase zu entpuppen. ... der US-Präsident (beruhigte) das Biest (!) von Bagdad. Hatte Präsident Teddy Roosevelt einst empfohlen: ´Sprich leise, aber nimm einen großen Stock mit´, so drehte Bush, der gerne mit Roosevelt verglichen würde, das Motto um: Er polterte laut gegen Saddam Hussein, doch in der Hand hielt er höchstens eine Zahnbürste." (Wolfgang Koydl, Der Sommer des Missvergnügens, SZ vom 28. August 2002)

      Nur ganze zwei Tage, nachdem Koydl seine Zahnbürstenthese vertreten hatte, stellte Jakob Heilbrunn, gestützt auf die unmittelbare Beobachtung des amerikanischen Mediengeschehens, in der gleichen Süddeutschen Zeitung klar: "Die große Frage des Sommers ist, wann und wie der Angriff gegen den Irak erfolgen wird. ... Achtzig Milliarden Dollar würde der Krieg kosten, schätzt die New York Times, doch die fetten Haushaltsüberschüsse der Clinton-Jahre hat Bush bereits komplett verpulvert. Seine konservativen Berater wie Richard Perle und Paul Wolfowitz ficht das nicht an. Sie schmieden schon Pläne, nach dem Irak auch gegen den Iran vorzugehen sowie die Ölfelder in Saudi-Arabien zu besetzen." (Jakob Heilbrunn, Das Jahr danach, SZ-Magazin Nr. 35 vom 30. August 2002, S. 23)

      Wenige Tage darauf revidiert Koydl seine bisherige Ansicht und behauptet nun genau das Gegenteil von dem, was er zuvor vertreten hatte: "Alles nach Plan / George Bush geht in seiner Politik gegen Bagdad zielstrebig vor - man muss nur zuhören." (SZ, 6. September 2002)

      Was ist die Ursache für diese Fehlbeurteilung? Außer den Gründen, die bei den Rezipienten liegen und eventuell dem von bestimmten Kreisen infizierten Interesse an einem Herunterspielen der imperialistischen Kriegsabsichten, spielte hierbei vielleicht auch das Bild einer starken inneramerikanischen Opposition eine Rolle, die die Kriegsstrategie der rechten Kriegsvorbereiter um Wolfowitz, Rumsfeld und Cheney nicht zum Tragen kommen lassen könnte. Wie berechtigt ist diese Auffassung?

      Die Frage ist also: Gibt es eine amerikanische Opposition gegen den Irak-Feldzug? Sicher. Z. B. u. a. die Kommunisten und der Kreis um Chomsky. Und innerhalb des Establishments? Gibt es eine politisch relevante Opposition, die gegen den Krieg eingestellt ist und ihn eventuell noch verhindern könnte?

      Schwäche der Opposition

      Amity Shlaes geht in ihrer regelmäßigen Kolumne in der FT ausführlich auf diese Frage ein. Sie konstatiert, es gebe im Lande eine Opposition gegen den Krieg. "Aber die Opposition von Republikanern und Demokraten ist relativ gedämpft. Die Wahrheit über Amerika ist der Konsens innerhalb der US-Führung in Bezug auf die Frage des Sturzes von Saddam Hussein." Shlaes vergleicht die Opposition gegen ein militärisches Vorgehen nach der irakischen Invasion in Kuwait mit der Stärke der heutigen Opposition. Sie erinnert daran, dass Bush senior nicht nur mit Skeptikern in den eigenen Reihen zu tun hatte (darunter auch General Powell), sondern dass er auch im Kongress eine starke Opposition von Demokraten gegen sich hatte, und nach einer Umfrage von USA Today wurde seine Politik nur von 51 Prozent der Bevölkerung unterstützt. Eine Erhebung der New York Times vom September 2002 dagegen zeigte, dass 68 Prozent der Amerikaner die Irak-Politik Bushs unterstützen. Richard Gebhardt, der damals die Opposition anführte, ist heute ein deutlich vernehmbarer Befürworter. "Erst im vergangenen Monat, noch bevor klar wurde, dass sich das Weiße Haus um die Zustimmung des Kongresses für ein militärisches Handeln bemühen würde, sagte Mr. Gebhardt, der heute Führer der Minderheit im Repräsentantenhaus ist: ´Präsident Bush hatte Recht, als er am Sonnabend sagte, dass wir einen neuen Krieg führen und dass wir bereit sein müssen loszuschlagen, wenn das notwendig ist.´" Es gebe unter den Republikanern zwar Abweichler, wie General Powell, Dick Armey und Brent Scowcroft, aber, abgesehen von Powell, handele es sich dabei nicht um "big ´players´", es sind also politische Leichtgewichte ohne große eigene Machtbasis. Die Demokraten erinnerten sich daran, was es seinerzeit bedeutete, zu der Verliereropposition gegen den Golfkrieg zu gehören. "Die beiden wichtigen Mitglieder der Demokratischen Partei (jedoch), die frühzeitig mit der Mehrheit in ihrer Partei brachen und die Administration dabei unterstützten, den Wüstensturm zu lancieren - Senator Al Gore und Senator Joseph Lieberman - wurden sechs Jahre später mit der Chance belohnt, für das Amt des Präsidenten bzw. des Stellvertretenden Präsidenten zu kandidieren." (Amity Shlaes, Democrats fall in line against the Iraqi tyrant, George W. Bush faces little of the partisan friction that surrounded the Gulf war, with his critics lacking a strong power base. FT, 10. September 2002.)

      Die Opposition zur Irakpolitik der amerikanischen Administration wird bisweilen mit Hilfe der Kategorien Multilateralismus/Unilateralismus gedeutet. Robert Kagan weist mit Recht darauf hin, "dass die meisten Amerikaner keine prinzipienfesten Multilateralisten sind". Im Grunde seien die amerikanischen multilateralistischen Argumente pragmatischer Natur. Er fährt fort: "Anders als manche glauben, gibt es heute in den USA in Wirklichkeit keine Debatte zwischen Multilateralisten und Unilateralisten. Ebenso wie es wenige prinzipienfeste Multilateralisten gibt, gibt es wenige echte Unilateralisten. Nur wenige innerhalb und außerhalb der Bush-Administration halten es für vorteilhaft für die Vereinigten Staaten, in der Welt allein voranzugehen. Die meisten hätten lieber Verbündete. Sie wollen nur nicht, dass die Vereinigten Staaten daran gehindert werden, allein zu handeln, falls die Verbündeten sich weigern, den Weg mitzugehen. Die wirkliche Debatte in den Vereinigten Staaten dreht sich um Fragen des Stils und der Taktik." (Robert Kagan, Targeting Iraq I, Multilateralism, American Style, The Washington Post, in IHT vom 14.-15. September 2002)

      Let´s make war

      Sehen wir uns doch einmal unterschiedliche Positionen an, wie sie in den maßgeblichen amerikanischen Medien vorgetragen werden. Beginnen wir mit einer Position der sogenannten Rechten. Unter der offenherzigen Überschrift: "Lasst uns Krieg führen! Cheney legt die Sache unheimlich gut dar", führt Maureen Dowd aus:

      "Cheney möchte in den Irak einmarschieren, solange wir über ein strategisches Fenster zum Handeln verfügen, während Saddams Armee noch am Taumeln ist. Aber die Saudis anzugreifen wäre sogar noch einfacher. Sie sind verweichlicht und verwöhnt. ... Eine Invasion in Saudi-Aabien würde der Panama-Invasion während der Amtszeit von Bush I ähneln. ... Sobald wir Saudi-Arabien in unsere Selbstbedienungstankstelle (für Benzin) verwandelt haben, werden seine Nachbarn den Demokratie-Virus bekommen." (Maureen Dowd, Let´s Make war! Cheney puts the case uncannily well, NYT, zitiert nach IHT vom 29. August 2002)

      Diese nicht gerade pazifistischen Ausführungen erschienen gleichzeitig mit einem Leitartikel (Cheney fails to convince, Leitartikel der NYT, in IHT vom 29. August 2002), der Vorbehalte gegenüber Cheney´s Plädoyer für einen Krieg gegen den Irak - das in Dowd´s Artikel den begeisterten Widerhall fand - äußert und die Bush-Administration auffordert, noch mehr dafür zu tun, das Land von der Notwendigkeit für ein militärisches Vorgehen gegen den Irak zu überzeugen. Nur fünf Tage zuvor hatte der Chefredakteur der IHT, David Ignatius, die New York Times gegenüber dem "Diktat der Gedankenpolizei der Rechten, der Leitartikelseite des Wall Street Journal", vor dem Vorwurf in Schutz genommen, (zu) ausführlich über Strategie und Taktik hinsichtlich der Ziele, "mehr Demokratie in den Nahen Osten zu tragen, inklusive eines Regimewechsels im Irak und politischer Reformen in Saudi-Arabien" zu debattieren. Damit hatte die New York Times sozusagen als liberale Abweichlerin denunziert werden sollen. Ignatius vertritt die Ansicht, dass eine gründliche Debatte nützlich ist. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen beschäftigt er sich kritisch mit den Auslassungen des Laurent Murawiec von der Rand Corporation, der dem Defense Policy Board gegenüber gesagt hatte, "die Strategie der USA sollte ´ein Ultimatum an das Haus Saud (sein) ... andernfalls.´ Er definierte das ´Andernfalls´ als ´Das saudische Öl, Geld und die heiligen Stätten ins Visier zu nehmen´." Dies ist für Ignatius ein typisches Beispiel für die heutige Diskussion der Rechten zum Thema Naher Osten, die er als mit Großspurigkeit behaftet charakterisiert. Mit seiner eigenen Meinung zur politischen Hauptfrage hält er nicht hinterm Berg zurück: "Lasst uns ehrlich sein: Im Nahen Osten alles auf eine Karte zu setzen - auf Regimewechsel im Irak, im Iran, in Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien zu drängen: so handeln nur Spieler. Das bedeutet nicht, dass es falsch ist, sondern dass es riskant ist - und aus diesem Grund verdient es eine besonders sorgfältige Debatte." Und als Chefredakteur einer der wichtigsten Publikationen der USA findet er gegen Ende seiner Ausführungen selbstverständlich politisch korrekte Phrasen für die Vorhaben des US-Imperialismus im Nahen Osten, indem er sich auf den "Idealismus" von Präsident Wilson beruft: "Die Befreiung des Nahen Ostens würde die Grenzen von Demokratie und Menschenrechten erweitern, wenngleich mit großen Kosten für die nationalen Interessen Amerikas, wie sie traditionell definiert sind."

      Große Visionen fordert auch William Pfaff und merkt an: "Die Amerikaner fühlen sich unwohl bei einer Außenpolitik, die nicht in visionären und idealistischen Formulierungen vorgetragen wird." Als Rechtfertigung für den Krieg gegen Irak benötige Bush "einen erwiesenen ernsten Grund (nicht Spekulation darüber, was der Irak in Zukunft tun könnte), vernünftige Erfolgsaussichten und die Legitimierung in der amerikanischen öffentlichen Meinung und in der seiner Verbündeten." (William Pfaff, Targeting Iraq II, Bush needs a vision to justify war, IHT, 24-25. September 2002)

      Von großen Visionen ist denn auch in dem Strategie-Papier der Bush-Administration die Rede, das dem Kongress am 20. September unterbreitet wurde, in dem der "präventive" Erstschlag, der Angriffskrieg, als militärpolitisches Konzept der USA eingeführt wird. Es gehe den USA überall in der Welt um "Freiheit" und "Gerechtigkeit"; und "Wir nutzen unsere Stärke nicht, um uns einseitigen Vorteil zu erpressen." Dennoch: "Es ist an der Zeit, die entscheidende Rolle der amerikanischen militärischen Stärke zu bekräftigen." Und: "Wenn nötig, werden wir nicht zögern, alleine zu handeln, um unser Recht auf Selbstverteidigung wahrzunehmen, indem wir in Form eines präventiven Erstschlags gegen solche Terroristen vorgehen." (America´s Security Strategy, How US will lead "freedom´s triumph", Edited extracts of President Bush´s new national security strategy, FT vom 21./22. September 2002)

      Erst einen Tag zuvor wurde dem Kongress eine Gesetzesvorlage zugeleitet, die in expliziter Fortschreibung des "Iraq liberation act" (Gesetz bezüglich der Befreiung des Irak) aus dem Jahre 1998 den Präsidenten in dem (Haupt-)Abschnitt 2, "Autorisierung der Anwendung der Bewaffneten Streitkräfte der USA" überschrieben, ermächtigt, "alle ihm geeignet erscheinenden Mittel, einschließlich Waffengewalt" ... "gegen die vom Irak ausgehende Bedrohung" "anzuwenden", "und den internationalen Frieden und die Sicherheit in der Region (Hervorhebung durch uns) wieder herzustellen." (Bush´s resolution on Iraq: the text, IHT vom 20. September 2002) Bei der Behandlung dieser Vorlage am 25. September gab sich Daschle, der Sprecher der Demokraten im Senat, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, empört vor allem darüber, dass ihnen von der Regierungsseite mangelnder Patriotismus unterstellt worden sei. In der Sache, so deutete sich an, wird der Öl- und Rüstungs-Präsident Bush mit seinen Nahostplänen im Kongress auf wenig Widerstand stoßen.

      Der Beitrag erschien in zwei Teilen in der Wochenzeitung "unsere zeit" am 4. und 11. Oktober 2002.
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      schrieb am 03.01.03 11:47:59
      Beitrag Nr. 121 ()
      + 14.10.2002 + CIA-Chef: "Krieg um Öl"
      Immer mehr US-Politiker bestätigen, dass es beim Kampf gegen den Terror primär um Öl für die USA geht. George W. Bush selbst hat schon im Frühsommer 2002 auf einer Pressekonferenz gesagt: "Um Osama Bin Laden geht es eigentlich gar nicht mehr."

      Seither haben führende US-Politiker beider Parteien immer wieder gesagt: "Wir müssen immer auch an die knapper werdenden Öl- und Gasreserven denken." Es ist sicher kein Zufall, dass diejenigen Staaten, die George W. Bush als "Schurkenstaaten" bezeichnet überwiegend Ölförderländer sind.


      Jetzt hat auch der Chef des US-Geheimdienstes CIA, James Woolsey in der "Washington Post" gesagt, dass die "USA alles in ihren Kräften stehende tun werde, damit die neue irakische Regierung und die US-Ölgesellsschaften gut zusammenarbeiten werden.

      Auch Russland und Frankreich, deren Regierungen den US-Kriegskurs im Irak kritisch gegenüberstehen, sollten den Zusammenhang mit dem Erdöl erkennen, forderte Woolsey. In den USA wird heute mehr Erdöl verbraucht als je zuvor. Und der Irak verfügt nach Saudiarabien über die zweitgrößten Ölreserven im Nahen Osten.


      Neben Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter haben in den letzten Wochen weitere führende Demokraten in den USA Bushs Kriegspolitik scharf kritisiert, so Al Gore und Senator Edward Kennedy. Trotzdem haben sowohl der Senat wie auch das Abgeordnetenhaus in Washington Bushs Irak-Politik mit etwa Zwei-Drittel-Mehrheit gebilligt und ihn auch zur Kriegsführung bevollmächtigt.
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      schrieb am 03.01.03 20:03:24
      Beitrag Nr. 122 ()
      + 18.10.2002 + Kein Krieg gegen den Irak
      Die Behauptung von Präsident George Bush, dass die vom Irak ausgehende Bedrohung einen Krieg rechtfertige, ist falsch. Achtzig Prozent der militärischen Kapazitäten des Iraks wurden im Golfkrieg 1991 zerstört - das sagt das Pentagon. Neunzig Prozent der Ausrüstung, die man benötigt, um Massenvernichtungswaffen herzustellen, wurde von den UN Inspektoren während der acht Jahre dauernden Inspektionen zerstört.

      Der Irak war einmal militärisch stark im Jahre 1990. Heute ist er ein schwacher Staat mit einer Bevölkerung, die unter den Sanktionen leidet. Eines von vier Kindern, die im Irak geboren werden, wiegt weniger als zwei Kilo. Es hat ein schweres Leben vor sich: Ihm drohen Krankheiten und Entwicklungsprobleme. Im Jahre 1989 wog im Irak nur eines von zwanzig Kindern weniger als zwei Kilo.

      Dieses Land als Bedrohung für den Weltfrieden zu bezeichnen, um damit einen Krieg zu begründen, ist abwegig. Dagegen wird dieser Krieg Vergeltungsaktionen gegen die USA und ihre Verbündeten in diesem Krieg wahrscheinlicher machen. George Bush bezeichnet den Irak als Bedrohung für die Weltgemeinschaft, während die Sanktionen der UNO die Sterblichkeitsrate im Irak ständig in die Höhe treiben. Man benutzte die UN Inspektionen als Ausrede, um die Sanktionen über acht Jahre lang fortzusetzen, während tausende von irakischen Kindern jeden Monat an Unterernährung sterben. Für jeden Menschen, der bei dem terroristischen Überfall auf das World Trade Center am 11. September 2001 starb, sterben im Irak 500 Menschen an den Sanktionen.

      Es sind die USA, die die Autorität der Vereinten Nationen, ihre Unabhängigkeit und ihre Glaubwürdigkeit bedrohen. Die USA zahlen ihre UNO Beiträge nur, wenn und wann es ihnen passt. Sie kaufen sich Stimmen von Mitgliedsländern. Sie kaufen sich das Personal in der UNO. Sie platzieren Spione unter den UN Inspektoren.

      Dagegen haben die USA Verträge abgelehnt, die Atomwaffen und ihre Lieferung kontrollieren. Sie stimmten gegen das Protokoll, das die Konvention gegen Biowaffen in Kraft setzen sollte. Sie lehnten die Ächtung von Landminen ebenso ab wie den Internationalen Strafgerichtshof. Darüber hinaus unterlaufen die USA alle internationalen Anstrengungen, um Kriege zu begrenzen, die Umwelt zu schützen und Armut zu bekämpfen ( ... )

      George Bush kritisiert, dass der Irak in den letzten 22 Jahren zwei Länder überfallen habe. Er ignoriert dabei die vielen Angriffe der USA auf andere Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika in den vergangenen 220 Jahren und den permanenten Landraub von Indianern in Nordamerika

      Es gibt keine rationale Grundlage für die Annahme, dass der Irak die Vereinigten Staaten oder irgendein anderes Land bedroht. Die Gründe für einen Angriff auf den Irak durch die Bush Regierung liegen denn auch anderswo. George Bush versucht mit dem Krieg gegen den Irak vor allem, seine Präsidentschaft zu retten, die zu scheitern droht. Er hat eine gesunde Wirtschaft mit einem Überschuss im Staatshaushalt zu einem Verlustunternehmen mit einer dreistelligen Milliardendefizit gemacht und dies nur wegen seines Traums von einer neuen Weltordnung, die den speziellen Bedürfnissen der Vereinigten Staaten dient.

      Dieser Traum ist ein Albtraum. Bush hat außerdem noch andere Gründe: Er will die Familienfehde gegen den Irak siegreich beenden, die sein Vater begonnen hat; er will eine muslimische Nation schlagen, um den Islam zu schwächen; er will Israel schützen, damit es in der Region noch dominanter wird; er will sich die Ölvorkommen des Irak sichern und die ölreiche Region unter US-Kontrolle bringen, damit die Ölpreise nicht steigen. Jede kriegerische Aggression der USA aus einem dieser Gründe verletzt viele der internationalen Vereinbarungen, die von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet worden sind.



      Deshalb stehen die Vereinten Nationen jetzt vor einer entscheidenden Weichenstellung. Entweder sie bleiben hart und halten sich an ihre Charta und an das internationale Recht. Oder aber sie unterwerfen sich dem Druck einer Supermacht, die uns in eine rechtlose Welt und in einen Krieg gegen die Wiege der Zivilisation führt.
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      schrieb am 06.01.03 23:31:11
      Beitrag Nr. 123 ()
      Bushs Irak-Szenario

      18 Monate Besatzung, Übernahme der Ölfelder

      Während die Welt noch gespannt auf den Bericht der Uno-Waffeninspektoren wartet, schmiedet die US-Regierung bereits Pläne für den Tag nach Saddams Sturz: Der Diktator und seine Helfer müssten sich vor Militärgerichten verantworten, ein Statthalter würde das Land regieren.


      AP

      Wie geht das Leben im Irak nach Saddam Hussein weiter? Die USA haben bereits detaillierte Pläne...


      Washington - Experten des Sicherheitsteams von US-Präsident George W. Bush arbeiten einem Bericht der "New York Times" zufolge schon seit einigen Monaten an den Plänen. Sie seien schon im Detail mit Bush diskutiert worden. Es wäre der anspruchsvollste Wiederaufbauplan für ein besiegtes Land seit der Besetzung Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn Bush heute aus seinem Weihnachtsurlaub zurückkehrt, sollen ihm die Pläne noch einmal vorgelegt werden.

      Mindestens 18 Monate, so das Szenario, soll der Irak nach einer Niederlage unter amerikanische Militärherrschaft kommen. Die Streitkräfte hätten in dieser Zeit die Aufgabe, Frieden zu sichern, die Saddam-treue Elite auszuschalten, Massenvernichtungswaffen zu zerstören und das Land zusammenzuhalten. Ein ziviler Verwaltungschef - eventuell eingesetzt von der Uno - soll in der Übergangsphase die Wirtschaft am Laufen halten, Schulen und politische Einrichtungen wiederaufbauen und Hilfsprogramme organisieren.

      Auch Kriegsverbrecherprozesse ähnlich den Nürnberger Prozessen sollen abgehalten werden - von amerikanischen Militärgerichten. Dabei sollen jedoch nur Vertreter des Saddam-Regimes zur Verantwortung gezogen werden, die in besonderen Schlüsselpositionen gewirkt haben. Ein Großteil der Regierung soll jedoch bestehen bleiben.

      Zwei Kernziele prägen die Planungen der Sicherheitsberater: Zum einen solle der Irak als staatliche Einheit in seinen jetzigen Grenzen bewahrt werden, zum anderen soll "Einmischung von außen" verhindert werden - eine klare Warnung an die Nachbarländer.

      Eine Schlüsselrolle in den amerikanischen Plänen für die Zeit der Besetzung spielt freilich der Umgang mit den Ölreserven des Irak. Offiziell heißt es zwar noch, das Öl bleibe das Eigentum des irakischen Volks, die US-Regierung diskutiert jedoch bereits, wie die Ölfelder während des Konflikts geschützt werden können. Auch die Frage, ob und wie der Irak dann in der Opec vertreten werden kann, beschäftigt die Bush-Berater.

      Im vielstimmigen Kriegsgerede der US-Regierung wird Öl selten erwähnt. Aber der Irak verfügt über ein Zehntel der Weltölreserven. Und eine Militäraktion am Golf wird zweifellos einen großen Einfluss auf die Weltmärkte haben. "Es wäre unsere Absicht, diese Felder zu schützen und sicherzustellen, dass sie von einem schwindenden Regime nicht im letzten Moment zerstört oder beschädigt werden", sagte kürzlich US-Außenminister Colin Powell. Die wachsende Kriegsgefahr und auch der monatelange Generalstreik im Ölförderland Venezuela haben schon jetzt die Rohölhändler verunsichert. In der vergangenen Woche sprangen die Preise für Rohöl mit einem Auslieferungstermin im Februar auf mehr als 33 Dollar je Barrel (das Fass zu 159 Liter). Das sind 65 Prozent mehr als vor einem Jahr.

      Das aus Sicht der Rohstoffmärkte schlimmste Szenario würde so aussehen, dass eine Invasion auf massiven Widerstand trifft, die Ölfelder in Flammen aufgehen und die Produktion in anderen Ländern am Golf gestört würde. Dann würden sechs Millionen Barrel täglich ausfallen, und der Ölpreis könnte auf 80 Dollar hochschnellen. Bis ins Jahr 2004 hinein würde der Ölpreis bei einer solchen Lage über 40 Dollar bleiben, was nach Einschätzung von Experten eine globale Rezession verursachen könnte.

      Viele wesentliche Entscheidungen, so warnen die Strategen im Weißen Haus und im Pentagon, könnten erst vor Ort im Irak entschieden werden. "Vieles hängt einfach von dem Krieg selbst ab", zitiert die "New York Times" einen der Verantwortlichen, "ob es überhaupt zum Krieg kommt, wie er beginnt und wie er endet". Entscheidend sei auch, wie die amerikanischen Truppen im Irak empfangen würden, ob es eine "feindliche oder eine freundliche Besetzung" werde. Die CIA entwerfe derzeit diverse Szenarien, die all diese Unwägbarkeiten berücksichtigen.

      Eines jedoch haben alle Szenarien gemein: Das US-Militär würde für längere Zeit das Kommando im Irak übernehmen. Allein um sicher zu gehen, dass alle Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins zerstört würden, so warnt das Pentagon, könnte es mindestens ein Jahr dauern. Auf keinen Fall werde man länger im Irak bleiben als unbedingt nötig. "Aber ich glaube nicht", so einer der Nachkriegsplaner, "dass das nach ein paar Monaten vorbei ist".
      Avatar
      schrieb am 07.01.03 00:02:54
      Beitrag Nr. 124 ()
      Irak-Krise

      Saddam wirft Uno-Inspektoren Spionage vor

      Saddam Hussein hat seinen Ton gegenüber den USA und der Uno verschärft. Kriegsdrohungen aus Washington tat er als Geschrei, Lärm und Hysterie ab. Der Uno warf er vor, dass die Arbeit der Waffeninspektoren reine Spionagetätigkeit sei. Unterdessen senden die USA ein Lazarettschiff in die Golfregion und Großbritannien einen Flottenverband.


      REUTERS

      Saddam Husseins Ansprache zum Tag des Militärs: "Wir sind hier auf alles vorbereitet"


      Bagdad - "Wir sind hier auf alles vorbereitet", sagte Saddam in einer Fernsehansprache zum Tag der Armee. Die Drohung der USA, Irak mit Gewalt zu entwaffnen, bezeichnete er als das Zischen von Schlangen und das Bellen von Hunden.

      Die Arbeit der Waffeninspektoren der Vereinten Nationen kritisierte Saddam als "reine Spionagetätigkeit". Statt nach Massenvernichtungswaffen zu suchen, konzentrierten sie sich auf die Befragung irakischer Wissenschaftler und die Durchsuchung von Kasernen und Produktionsstätten für konventionelle Waffen.

      Uno und USA warfen den Spionagevorwurf zurück. Ewen Buchanan, der Sprecher von Uno-Chefinspekteur Hans Blix, sagte in New York, dass keine näheren Angaben über den Spionageverdacht der Iraker vorlägen. Blix habe immer klar gemacht, dass er jeden Waffenkontrolleur sofort entlassen werde, der für seine Regierung im Irak nachrichtliche Informationen einhole. "Wir glauben nicht, dass auch nur einer unserer Inspekteure Spionage betreibt", hieß es weiter bei der Uno-Waffenkommission Unmovic. "Alle Inspekteure arbeiten für eine internationale Organisation und im Auftrag des Weltsicherheitsrates". Derweil betonte der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, in Washington, die wichtige Arbeit der internationalen Inspekteure müsse weitergehen.

      Der britische Außenminister Jack Straw bekräftigte, ein Krieg gegen Irak sei alles andere als eine beschlossene Sache und unwahrscheinlicher als viele glaubten. Zu Berichten, wonach ein nicht namentlich genannter britischer Minister die Wahrscheinlichkeit als 60:40 gegen einen Krieg eingestuft hatte, sagte Straw: "Das ist eine ziemlich zutreffende Einschätzung, aber die Situation ändert sich von Tag zu Tag."

      Der türkische Ministerpräsident Abdullah Gül warnte bei einem Besuch in Jordanien vor den katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Folgen eines Irak-Kriegs für die gesamte Region. Gül sagte nach einem Treffen mit Jordaniens König Abdullah, beide Länder seien sehr beunruhigt über die Folgen eines Krieges. "Unsere Erwartung ist, dass im Falle eines Kriegs die Länder in der Region die Verlierer sein werden", sagte Gül, der zuvor auch mit Regierungsvertretern in Syrien und Ägypten über die regionalen Auswirkungen eines Krieges gesprochen hatte. Jordanien und die Türkei unterhalten enge wirtschaftliche Beziehungen zu ihrem Nachbarland Irak. Beide Länder hoffen, von den USA für negative Auswirkungen auf die Wirtschaft entschädigt zu werden.

      Insbesondere die Türkei ist bei einem Irak-Krieg für die USA von strategischer Bedeutung. Die USA erwarten, dass das Nato-Land im Kriegsfall etwa seine Luftwaffenstützpunkte zur Verfügung stellt. Der türkische Außenminister Yasar Yakis wurde am Montag mit den Worten zitiert, bei der türkischen Bevölkerung würde die Stationierung tausender US-Soldaten im Land auf Ablehnung stoßen. Gül erklärte jedoch, eine Entscheidung über die Stationierung von US-Soldaten auf türkischem Boden oder eine militärische Unterstützung der US-Einheiten durch türkische Soldaten könne nur vom Parlament getroffen werden.

      Aus US-Militärkreisen verlautete am Montag, die Armee habe mehr als 10.000 Reservisten in Alarmbereitschaft versetzt. Die Soldaten, Ingenieure und Geheimdienst-Spezialisten seien in den vergangenen Tagen darüber informiert worden, dass sie sich zwischen dem 10. Januar und Ende Februar für eine Entsendung in die Golf-Region bereithalten müssten. Derzeit befinden sich annähernd 60.000 US-Soldaten in der Region. Die Armee hatte angekündigt, die Militärpräsenz weiter auszubauen. Auch das US-Lazarettschiff "USNS Comfort" lief am Montag in Baltimore mit Kurs auf die Golf-Region aus, wo es in frühestens drei Wochen erwartet wird. Das Schiff verfügt über 1000 Betten und mehrere voll ausgestattete Operationssäle.

      Großbritannien schickt einen Flottenverband in die Golfregion, bestreitet aber, dass dies etwas mit der Irak-Krise zu tun hat. Der Flugzeugträger "HMS Ark Royal", ein U-Boot, eine Fregatte, ein Zerstörer und zwei Transportschiffe sollen am Samstag aus Portsmouth auslaufen und Kurs auf den Fernen Osten nehmen, wo sie im Sommer zu gemeinsamen Übungen mit verbündeten Staaten erwartet werden.

      "Auf dem Weg dorthin kommen sie auch durch die Golfregion, so ist das nun mal", sagte am Montag ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in London. Der Besuch der Schiffe in Australien, Japan und den Philippinen sei aber schon seit langem geplant und habe mit der Irak-Krise nichts zu tun.
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      schrieb am 07.01.03 13:58:20
      Beitrag Nr. 125 ()
      Iraks Nachbarn in Angst
      Druck der USA auf arabische Welt nimmt zu

      Den folgenden Bericht über die Kriegsvorbereitungen der USA im Nahen Osten schrieb die Bonner Journalistin Karin Leukefeld während eines Irak-Aufenthalts Ende Dezember 2002. Er erschien in zwei Teilen in der Tageszeitung "junge Welt" und wird von uns geringfügig gekürzt dokumentiert.

      Von Karin Leukefeld, z.Zt. Bagdad

      Mitte Dezember unterzeichnete der Außenminister des kleinen Scheichtums Katar, Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr Al Thani, mit US-Verteidi- gungsminister Donald Rumsfeld ein Abkommen, das formal absegnet, was seit dem Golfkrieg von 1991 bereits Praxis war: Die USA können ihre Militärbasen in Katar jetzt offiziell nutzen. Seit 1991 war die Präsenz von US-Soldaten in dem »Däumling am Persischen Golf« kontinuierlich ausgebaut worden. Auf der größten der insgesamt drei Militärbasen, Al Udeid, sind heute 3000 US-Soldaten stationiert. Vor wenigen Tagen schloß das US-Zentralkommando (CentCom) aus Tampa (Florida) in Katar ihr erstes virtuelles Manöver ab, bei dem ein möglicher Angriff auf den Irak geübt wurde.

      Seit sich mit dem 11. September 2001 die Beziehungen zu Saudi-Arabien, dem bisher zuverlässigen US-Partner in der Region, abgekühlt haben, wurde Al Udeid zügig ausgebaut. Heute hat die Militärbasis die längste Start- und Landebahn in der Region (5000 Meter) und kann damit auch von schweren Transport- und Nachschubflugzeugen angeflogen werden. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach CentCom von Tampa ganz nach Katar verlegt werden soll. Mit der Unterzeichnung des bilateralen Abkommens wird auch das möglich sein.

      Außenminister Scheich Hamad bin Jassim äußerte sich gegenüber CNN zurückhaltend. Katar lehne einen Militärschlag der USA gegen den Irak ab, so der Scheich, doch sei das kein Widerspruch zu einer militärischen Zusammenarbeit mit Washington. Diese sei von »größtem Interesse« für sein Land. »Die Amerikaner wollen etwas von uns, und wir wollen etwas von ihnen«, so Scheich Hamad. Der Al-Thani-Clan, dem auch Scheich Hamad entstammt, bestimmt seit drei Generationen die politischen Geschicke Katars. Die knapp 500.000 Einwohner des kleinen Landes sind mehrheitlich ausländische Gastarbeiter. Katar lebt vor allem von seinen Erdölexporten und ist in den letzten Jahren auch durch den Sitz von Al Dschasira, dem prominenten arabischen Satellitenfernsehen, bekannt geworden.

      Auch in der Türkei möchten die USA ihre Truppenpräsenz ausweiten. Das zumindest berichtete die Tageszeitung Hürriyet nach dem Besuch des stellvertretenden US-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz Mitte Dezember. Hürriyet ist bekannt für seine guten Kontakte in die Spitzen des türkischen Militärs. Derzeit können US-Kampfflugzeuge von der Militärbasis Incirlik (Adana) im Südosten der Türkei täglich zu ihren Flügen über die nördliche »Flugverbotszone« im Nordirak starten. Auf Incirlik sind derzeit 50 Kampfjets stationiert. Hürriyet will schon erfahren haben, daß bis zu 90.000 US-Soldaten angeblich im Südosten der Türkei stationiert werden sollen. Auch wenn das möglicherweise dem Wunsch der USA entsprechen sollte, scheinen solche Meldungen von der Realität noch entfernt. Eine starke US-Truppenpräsenz im Südosten der Türkei soll wahrscheinlich verhindern, daß türkische Truppen den kurdischen Nordirak einschließlich der Ölfelder von Kirkuk besetzen. Die Türkei hat große Sorge, daß die nordirakischen Kurden mögliche Kriegswirren nutzen werden, um ein unabhängiges Kurdistan im Nordirak auszurufen. Vorsichtshalber hat die türkische Armee die Truppenpräsenz bereits auf 40.000 Soldaten entlang der irakisch-türkischen Grenze verstärkt.

      Die neue türkische Regierung wird von den USA hart bedrängt. Washington will konkrete Zusagen für den Fall eines Irak-Krieges. Der Zugang zu türkischen Militärbasen für US-Soldaten könnte »einen Krieg verhindern helfen«, argumentierte George W. Bush gegenüber dem AKP-Vorsitzenden Recep Tayyip Erdogan bei dessen Besuch vor zwei Wochen in Washington. Je mehr militärische Kraft gezeigt werde, desto wahrscheinlicher sei, daß der Irak abrüsten werde, so die Logik des US-Präsidenten. (...)

      Der syrische Präsident Bashar Al Assad schrieb derweil mit seinem Besuch in Großbritannien in der vergangenen Woche ein neues Kapitel britisch-syrischer Geschichte. Man wolle die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich der privaten Bankwirtschaft und der technologischen Entwicklung ausbauen, so Al Assad in einem Interview mit der britischen Zeitung The Times. Zur Absicht der USA, einen Regimewechsel im Irak herbeizuführen, sagte Al Assad, die Völker könnten selbst Veränderungen in der Region bewirken, eine Einmischung von außen werde die Probleme nur vergrößern. Ein Krieg werde jegliche wirtschaftliche Entwicklungen in der Region stoppen. Die überraschende Zustimmung seines Landes zur UN-Resolution 1441 im Sicherheitsrat begründete Al Assad damit, daß Syrien als nichtständiges Mitglied kein Vetorecht habe. Und immerhin habe die Resolution einen US-Militärschlag gegen Irak zunächst ver- schoben. Mit Tony Blair sprach er vor allem über die Möglichkeit, wie ein Krieg verhindert werden könne.

      Auch in der iranischen Hauptstadt Teheran ist die Sorge über einen eventuellen US-Angriff auf den Irak groß. Gegenüber dem stellvertre- tenden italienischen Außenminister Alfredo Mantika sagte der Vertreter des Hohen Rates für nationale Sicherheit (SNSC), Hassan Rowhani, Mitte des Monats, die USA wollten ihre Dominanz über das Öl der Region ausdehnen. Auch Rowhani betonte, es sei »Sache des irakischen Volkes, über sein Schicksal und das System seiner Regierung zu entscheiden«. Er hoffe, daß die Europäische Union eine aktive Rolle einnehmen werde, um den Ausbruch eines neuen Krieges im Mittleren Osten zu verhindern.

      Das Klima zwischen den früheren Kriegsgegnern Iran und Irak hat sich in den vergangenen Monaten etwas entspannt. Ein Zeichen dafür ist die Einigung beider Regierungen über die Öffnung eines direkten iranisch- irakischen Grenzüberganges bei Khusravi/Monhariya, nordöstlich von Bagdad. Unter der Kontrolle der Vereinten Nationen sollen hier voraus- sichtlich ab Februar 2003 Güter im Rahmen des UN-Programms »Öl für Nahrungsmittel« in den Irak transportiert werden, hieß es in einer UN-Erklärung. Damit wird es neben jeweils einem Grenzübergang aus der Türkei, Syrien, Jordanien, Saudi-Arabien und Kuwait künftig eine sechste UN-kontrollierte Passierstelle in den Irak geben.

      Annäherung nicht erwünscht

      (...) Die Entschuldigung des irakischen Präsidenten Saddam Hussein für den Einmarsch in Kuwait, Anfang Dezember im Fernsehen verlesen, wurde von der dortigen politischen Führung zurückgewiesen. Hussein hatte deutlich Kritik an der Kooperation der Regierung Kuwaits mit den USA geübt. Nur wenige Tage später präsentierte das Golfemirat ein Geheimdienstpapier, aus dem hervorgehen soll, daß der irakische Präsident angeordnet habe, eine Untergrundtruppe gegen Kuwait einzusetzen. Diese solle Angriffe auf die Infrastruktur und amerikanische Streitkräfte ausführen. Das Oberkommando hätten ein irakischer Geheimdienstoffizier sowie ein persönlicher Leibwächter von Saddam Hussein. Offiziell lehnt Kuwait zwar einen Krieg gegen den Irak ab, bedankt sich gleichzeitig aber artig für jede US-amerikanische »Unterstützung«. Auch dem deutschen Verteidigungsminister Peter Struck wurde für die stationierten ABC- Spürpanzer, die übrigens im Manöver der US-Truppen gleich mit getestet wurden, gedankt.

      Noch auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Beirut im vergangenen März hatten sich Kuwait und Irak einander angenähert. Bagdad hatte die Grenze und staatliche Souveränität Kuwaits ausdrücklich anerkannt und sich bereit erklärt, das kuwaitische Nationalarchiv zurückzugeben. Das geschah in großem Umfang unter Aufsicht der UN bereits Ende Oktober. Über die Rückgabe des restlichen Materials wurde nach Aus- kunft der UN eine Einigung erzielt. Ungeklärt zwischen Kuwait und Irak ist der Verbleib von 605 kuwaitischen Kriegsgefangenen. Im Zuge der Generalamnestie am 20. Oktober wurden zwar viele Häftlinge aus den Nachbarländern Iraks freigelassen, Kuwaitis allerdings befanden sich nicht darunter. Der irakische Außenminister Naji Sabri hat nun den UN-Sonderbeauftragten, Juri Worontzow, zu Gesprächen über die Vermißten nach Bagdad eingeladen. Am 8. Januar sollen in Jordanien Gespräche zwischen kuwaitischen und irakischen Vertretern stattfinden. Dies berichtete die jordanische Nachrichtenagentur Petra am Sonntag. Über die Entschädigungskommission der Vereinten Nationen wurde seit 1996 vom Irak eine Summe von 550 Millionen US-Dollar an Kuwait und andere Geschädigte gezahlt. 25 Prozent der Einnahmen aus dem Ölverkauf im Rahmen des UN-Programms fließen direkt in diesen Fonds.

      Ungeachtet der Fortschritte, die die Vereinten Nationen mit dem Irak aufweisen können, trommelt die US-Administration ihre Truppen in der Region zusammen und zeigt, welche Mittel sie jenseits eines blutigen Kampfes noch einzusetzen bereit ist, um ein Regime, das ihr nicht paßt, zu stürzen. Psychologische Kriegführung gehört dazu, wie Radio- sendungen, die von US-Truppen seit neuestem in den Südirak hinein ausgestrahlt werden. Ein Sender mit gleichem Auftrag, »Radio Free Iraq« mit Sitz in Prag, sendet in den Norden des Irak hinein.

      Wirtschaftliche und militärische Abhängigkeiten von den USA führen dazu, daß die meisten arabischen Regimes dem Druck aus Washington nachgeben. In vielen Staaten stehen die US-freundlichen Regimes innenpolitisch unter Druck und reagieren mit verstärkter Repression.

      In Jordanien hat sich die Kritik an König und Regierung durch die aktuelle Irak-Krise weiter verschärft. Anfang November kam es zu Unruhen in der Stadt Maan im Süden des Landes, wo traditionell die Beduinenstämme sehr stark sind. Unter dem Vorwand, einen »Terroristen« zu suchen, war die jordanische Armee massiv gegen den kleinen Ort vorgegangen, sogar Kampfhubschrauber wurden ein- gesetzt. Die empörte Bevölkerung wehrte sich, es gab Tote und Verwundete, viele Menschen wurden festgenommen. Das Vorgehen der jordanischen Armee wurde von Parteien, Gewerkschaften und unab- hängigen Politikern scharf kritisiert. Sie forderten eine Unter- suchung, die Freilassung der noch Inhaftierten, den Rückzug des Militärs und eine Entschädigung.

      Doch auch in anderen arabischen Staaten gärt es. In Tunesien ver- hinderte kürzlich die Regierung mit einem massiven Polizeiaufgebot eine geplante Antikriegsdemonstration in der Hauptstadt Tunis. Sprecher von elf oppositionellen Parteien und Nichtregierungs- organisationen teilten mit, das Innenministerium habe die Organi- satoren schriftlich von dem Verbot der Demonstration informiert. Algerien erhielt von den USA vor kurzem im Rahmen des »Antiterror- krieges« umfangreiche Militärhilfe.

      Die US-Politik jenseits des Ausbaus ihrer Militärbasen im Mittleren Osten erläuterte vor wenigen Tagen US-Außenminister Colin Powell vor der Heritage-Stiftung in Washington. Die »Initiative für eine Partnerschaft mit dem Mittleren Osten« soll mit einer Summe von 25 Millionen US-Dollar für Entwicklungs- und Reformprojekte den Aufbau einer zivilen Gesellschaft in der arabischen Welt fördern. Mit dem bescheidenen Fonds sollen arabische Frauen gefördert und Jugendliche im Umgang mit Internet und Computer geschult werden. Das »Partner- schaftsprogramm« aus Washington umreißt eher die US-amerikanischen Interessen in der Region als die arabischen. Privatisierung soll vorangetrieben werden, um eine wirtschaftliche Umstrukturierung einzuleiten und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Frauen und die Ent- wicklung einer Zivilgesellschaft in Form von Nichtregierungsorgani- sationen seien dafür ebenso notwendig wie die Stärkung der Recht- sprechung, sagte Colin Powell.

      Der ägyptische Außenminister Ahmed Maher gehörte zu den ersten, die die »Partnerschaftspläne« der USA in einer Stellungnahme zurückwiesen. Sie träfen nicht den Kern der Probleme im Mittleren Osten, so Maher. Frieden und Sicherheit für die Völker der Region, eine umfassende und gerechte Lösung könne es nur geben, wenn sich Israel aus allen besetzten arabischen Gebieten in die Grenzen von 1967 zurückziehen würde.
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      schrieb am 07.01.03 16:45:51
      Beitrag Nr. 126 ()
      Nordkorea

      USA lehnen Nichtangriffspakt ab

      Der Druck auf Nordkorea wächst. Nachdem die Internationale Atomenergie-Organisation den Machthabern in Pjöngjang eine letzte Frist zum Stopp ihres Atomprogramms gesetzt hat, drängt nun auch Japan, Nordkorea müsse sein Atomwaffenprogramm absetzen. Die US-Regierung wandte sich gegen einen Nichtangriffspakt.

      Washington/Wien - US-Präsident George W. Bush hegt nach eigenen Angaben keine Kriegsabsichten gegen Nordkorea. "Ich war in Korea und habe klar gesagt, dass die USA keine Absicht haben, in Nordkorea einzumarschieren. Das wiederhole ich: Wir haben keine Invasionsabsichten in Nordkorea", sagte Bush. Dennoch sei die US-Regierung gegen einen förmlichen Nichtangriffspakt, wie aus Washington verlautete.

      Die diplomatischen Bemühungen gehen derweil weiter - ohne direkte nordkoreanische Beteiligung. In Washington kamen amerikanische und südkoreanische Diplomaten zusammen. Die Südkoreaner wollen offenbar Vorschläge für die Beilegung des Konflikt machen. Im Gegenzug für die Aufgabe des Atomprogramms sollten die USA unter anderem "Sicherheitsgarantien" geben und die ausgesetzten Öllieferungen an Nordkorea wieder aufnehmen.

      In Washington tagt am heutigen Dienstag die "Trilaterale Koordinierungs- und Übersichtsgruppe" mit Vertretern der USA, Südkoreas und Japans. Dazu wollte Südkoreas Präsident Kim Dae Jung seinen Top- Sicherheitsberater zur Koordinierung des Vorgehens gegen Pjöngjang nach Washington schicken.

      Nach einer Kabinettssitzung am Montag hatte Bush gesagt, er erwartet eine friedliche Lösung des Konflikts um das nordkoreanische Atomprogramm. Der Dialog mit Nordkorea werde wieder aufgenommen, doch müsse das Land zunächst seinen Verpflichtungen, der Aufgabe des Atomprogramms, nachkommen.

      Zuvor hatte die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) Nordkorea eine letzte Frist zum Stopp des Atomprogramms und zur Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der Uno-Behörde eingeräumt.

      Ferner verlangte der 35-köpfige Gouverneursrat der IAEO am Montag bei einer Sondersitzung in Wien ein sofortiges Treffen von IAEO-Experten mit Vertretern der nordkoreanischen Behörden und die Wiederinbetriebnahme der von Pjöngjang abgeschalteten IAEO-Überwachungskameras in den Atomanlagen. Außerdem müssten die ausgewiesenen Inspekteure wieder ins Land gelassen werden. Sollte Nordkorea diesen Forderungen nicht nachkommen, will sich die IAEO an den Uno-Sicherheitsrat wenden.

      Japan forderte Nordkorea auf, die von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) gesetzte Frist zum Stopp des Atomprogramms ernst zu nehmen. Die Resolution sei eine "klare Botschaft der internationalen Gemeinschaft" gewesen, sagte der japanische Regierungssprecher Yasuo Fukuda am Dienstag. Man werde Nordkorea drängen, konkrete Maßnahmen zur Abschaffung seines Atomwaffenprogramms zu ergreifen.
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      schrieb am 07.01.03 17:31:36
      Beitrag Nr. 127 ()
      Bush plante einen "Regimewechsel" im Irak schon vor zwei Jahren / Bush planned Iraq "Regime Change" before becoming President
      Sunday Herald enthüllt geheime Planungsstudie aus der Denkfabrik "Project for the New American Century" (PNAC) / The "Sunday Herald" uncovered a secret blueprint from the think-tank "Project for the New American Century" (PNAC)

      Die in Schottland erscheinende Zeitung Sunday Herald befasste sich am 15. September 2002 mit einer bislang nicht bekannt gewordenen Studie aus dem Umkreis des Wahlkampfteams des Präsidentenanwärters George W. Bush Jun. Darin wurde schon im Herbst 2000 die Entmachtung des irakischen Staatschefs Saddam Hussein gefordert. Wir dokumentieren die wesentlichen Passagen des Artikels (Autor: Neil Mackay) in einer deutschen Übersetzung, die Hermann Kopp für uns besorgte, sowie im englischen Original.


      [Sunday Herald - 15. September 2002]: ... Der vom Sunday Herald aufgedeckte Plan für die Schaffung einer "globalen Pax Americana" wurde entwickelt im Auftrag von Dick Cheney (dem jetzigen Vizepräsidenten), Donald Rumsfeld (Verteidigungsminister), Paul Wolfowitz (Rumsfelds Stellvertreter), George W. Bushs jüngerem Bruder Jeb und Lewis Libby (Cheneys Stabschef). Das Dokument, das den Titel trägt: "Rebuilding America`s Defenses: Strategies, Forces And Resources For A New Century" [Amerikas Verteidigungsmittel umgestalten: Strategien, Kräfte und Ressourcen für ein neues Jahrhundert] wurde im September 2000 von der neokonservativen Denkfabrik Project for the New American Century (PNAC) verfasst. Es beweist, dass Bushs Kabinett, ob mit oder ohne Saddam Hussein an der Macht, die Golfregion unter amerikanische Kontrolle zu stellen beabsichtigte: "Die Vereinigten Staaten haben seit Jahrzehnten versucht, eine dauerhaftere Rolle in der Sicherheitsarchitektur am Golf zu spielen. Der ungelöste Konflikt mit dem Irak liefert zwar die unmittelbare Begründung dafür, die Präsenz einer substantiellen amerikanischen Streitmacht am Golf aber ist ganz unabhängig von der Frage des Saddam-Hussein-Regimes nötig." Das PNAC-Dokument entwirft einen Plan, "wie die globale US-Vorherrschaft aufrecht erhalten, dem Aufstieg einer rivalisierenden Großmacht vorgebeugt und die internationale Sicherheitsordnung gemäß amerikanischen Prinzipien und Interessen gestaltet werden kann".

      Diese "amerikanische Großstrategie" müsse "soweit wie nur möglich in die Zukunft" projiziert werden, heißt es in dem Papier. Es sieht eine "Kernaufgabe" der USA darin, "zahlreiche größere Kriege gleichzeitig durchkämpfen und für sich entscheiden" zu können.

      Die Studie versteht die amerikanischen Streitkräfte im Ausland als "die Kavallerie im neuen amerikanischen Grenzland". Sie unterstützt ein früheres, von Wolfowitz und Libby verfasstes Dokument [gemeint ist offenbar das Defense Planning Guidance vom Februar 1992 - vgl. dazu Marxistische Blätter 6-01, S. 16], wonach die USA "hochentwickelte Industriestaaten davon abzuhalten (hätten), unsere Führung in Frage zu stellen oder auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen".

      Das PNAC-Gutachten
      sieht in solchen engsten Verbündeten wie dem Vereinigten Königreich "das effektivste und effizienteste Mittel, die globale Führung Amerikas auszuüben";
      meint, dass für friedenserhaltende Maßnahmen "eher die politische Führung der USA als die der Vereinten Nationen erforderlich" sei;
      bringt Besorgnisse in der US-Administration über eine mögliche Rivalität Europas an den Tag;
      sagt, dass "selbst dann, wenn Saddam von der politischen Bühne verschwinden würde", die Stützpunkte in Saudi-Arabien und Kuwait auf Dauer bleiben müssen - trotz interner Opposition in den Golf-Regimen gegen die Stationierung von US-Truppen -, da "sich der Iran wohl als eine ebenso große Gefahr für die US-Interessen erweisen dürfte, wie dies beim Irak der Fall war";
      orientiert auf einen "Regimewechsel" in China und betont, "es ist an der Zeit, die Präsenz amerikanischer Streitkräfte in Südostasien zu verstärken". Dies sollte dazu führen, dass "durch die Macht Amerikas und seiner Verbündeten der Demokratisierungsprozess in China vorangetrieben wird";
      fordert die Schaffung von "US-Weltraumstreitkräften", um den Weltraum zu beherrschen, und die vollständige Kontrolle des Cyberspace, um "Feinde" daran zu hindern, das Internet gegen die USA zu benutzen;
      deutet an, dass die USA, obwohl sie dem Irak wegen der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen mit Krieg drohen, die Entwicklung von biologischen Waffen - die die Nation verboten hat - über Jahrzehnte hinaus in Betracht ziehen: "Neue Angriffsmethoden - elektronische, `nicht-letale`, biologische - werden noch breiter verfügbar sein ... der Kampf wird in neuen Dimensionen stattfinden, im Weltraum, im Cyberspace, und vielleicht in der Welt der Mikroben ... fortgeschrittene Formen biologischer Kriegführung, die auf spezifische Genotypen `zielen`, könnten die biologische Kriegführung aus der Welt des Terrors holen und zu einem politisch nützlichen Instrument machen";
      und brandmarkt Nord-Korea, Libyen, Syrien und den Iran als gefährliche Regime und sagt, deren Existenz rechtfertige die Schaffung eines "weltweiten Kommando- und Kontrollsystems".
      Tam Dalyell, Labour-Abgeordneter, rangältestes Mitglied des Unterhauses und einer der führenden Rebellen gegen einen Irakkrieg, meinte:
      "Das ist der Schund aus rechten Denkfabriken, in denen Falken mit Spatzenhirnen hocken - Leute, die nie die Schrecken des Krieges erlebt haben, aber verliebt sind in die Idee des Kriegs. Leute wie Cheney, die sich während des Vietnamkriegs vor dem Wehrdienst drückten.
      Das ist ein Plan für die Weltherrschaft der USA - für eine neue Weltordnung nach ihrem Gusto. Diese sind die Gedankengänge amerikanische Phantasten, die die Welt kontrollieren wollen. Ich bin entsetzt, dass ein britischer Labour-Premier mit einer Bande von solcherart moralischer Statur ins Bett steigt."

      Übersetzung: Hermann Kopp
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      schrieb am 07.01.03 18:08:05
      Beitrag Nr. 128 ()
      "Was wird ein Krieg gegen den Irak schaffen? Eine Million neue Terroristen."
      Während die Bush-Regierung mit allen Mitteln versucht, vornehmlich den Kongress unter Druck zu setzen, um noch vor den anstehenden Wahlen durch die Verabschiedung der Resolution freie Hand für einen militärischen Schlag gegen den Irak erhalten, beginnt allmählich auch die Opposition lauter zu werden. Versucht die Bush-Regierung den beabsichtigten "Regime-Wechsel" über eine neue UN-Resolution zu Waffeninspektionen und neuerdings über eine angebliche Verbindung von Hussein und al-Qaida zu rechtfertigen, ist die Opposition in den USA und anderswo hinsichtlich der Ziele nicht gerade einig.

      Wahrscheinlich geht es bei Kriegsvorbereitungen immer ähnlich zu. Gerüchte und Horrorstories werden verbreitet, Ängste geschürt, der Feind als bedrohlich und hinterhältig aufgebaut, die eigene Stärke beschworen und die Kritiker beschuldigt, dass sie dem Feind in die Hände arbeiten. Dieses Mal jedoch erhält man den Eindruck, dass die US-Regierung nach dem schrecklichen Medienereignis der Anschläge vom 11.9., die vom seinerzeit noch sehr umstrittenen Präsidenten als Hinweis auf die "einzigartige Rolle in der menschlichen Geschichte" für die Nation und ihn selbst interpretiert » wurden, die vollen Register des Informationskriegs durch Medienbenebelung gezogen hat - bislang einigermaßen mit Erfolg, auch wenn man manche Propagandaabteilungen offiziell zumindest einstellen musste.

      Nachdem die Bush-Regierung, die Afghanistan immer nur als Auftakt des andauernden Kriegs bezeichnet hat, schon letztes Jahr zur Rechtfertigung eine direkte Verbindung zwischen dem Hussein-Regime und al-Qaida herstellen wollte, hat man dies aber wegen mangelnder Beweise zunächst fallen gelassen. Zum Schlussspurt aber scheint man nun den Joker wieder hervorziehen zu wollen, um die öffentliche Diskussion nicht alleine auf die angebliche Existenz von Massenvernichtungswaffen zu konzentrieren. Ließe sich eine Verbindung zwischen al-Qaida und dem Irak nachweisen, dann könnte die US-Regierung wieder eher auf eine Kriegsrechtfertigung aus Selbstverteidigung zurückgreifen, die ihr auch für den Angriff auf Afghanistan von der Staatengemeinschaft zugestanden wurde. Bislang gab es nur angebliche Hinweise auf die der al-Qaida nahestehende Gruppe Ansar al-Islam, die in dem von den Kurden beherrschten Gebiet im Nordirak agiert. Schon seit geraumer Zeit wurde immer mal wieder spekuliert » , ob sie von Bagdad unterstützt wird ( US-Regierung will nicht auf Beweise warten » ).


      Beim Krieg gegen den Terror kann man zwischen al-Qaida und Saddam nicht unterscheiden
      Auf einer Pressekonferenz mit dem neuen kolumbianischen Präsidenten Uribe legte » Bush am 25. 9. auf die Frage, ob nun al-Qaida oder Hussein gefährlicher sei, eine argumentative Schlitterpartie hin, nachdem tags zuvor Verteidigungsminister Rumsfeld während der Nato-Tagung in Warschau bereits versichert hatte, dass es "ganz sicher" eine Verbindung gebe:

      "That`s a -- that is an interesting question. I`m trying to think of something humorous to say. (Laughter.) But I can`t when I think about al Qaeda and Saddam Hussein. They`re both risks, they`re both dangerous. The difference, of course, is that al Qaeda likes to hijack governments. Saddam Hussein is a dictator of a government. Al Qaeda hides, Saddam doesn`t, but the danger is, is that they work in concert. The danger is, is that al Qaeda becomes an extension of Saddam`s madness and his hatred and his capacity to extend weapons of mass destruction around the world. Both of them need to be dealt with. The war on terror, you can`t distinguish between al Qaeda and Saddam when you talk about the war on terror. And so it`s a comparison that is -- I can`t make because I can`t distinguish between the two, because they`re both equally as bad, and equally as evil, and equally as destructive."

      Als Ari Fleischer zu der von Präsident Bush geäußerten Behauptung Stellung nahm, sagte » er auf den Einwand, dass Ansar al-Islam doch gar nicht auf einem von Hussein kontrollierten Gebiet operiere: "Irak ist Irak". Er versprach dann aber, wenigstens einmal näher auf einer Karte nachzusehen.



      "Schließlich ist dass der Mann,
      der einmal versucht hat,
      meinen Dad zu töten."


      Ohne irgendeinen Beweis dafür vorzulegen, behauptet Sicherheitsberaterin Rice » auch, es gebe dokumentierte Verbindungen zwischen hohen Regierungsleuten im Irak und al-Qaida-Angehörigen. Der Irak habe diesen chemische Waffen verschafft, einige "hohe" al-Qaida-Mitglieder hätten im Irak Unterschlupf finden können. Diese Informationen kämen vor allem von al-Qaida-Angehörigen, die sich in amerikanischer Gefangenschaft befinden - und möglicherweise nicht immer die Wahrheit sagen, sondern auch einmal etwas, was die Vernehmenden gerne hören wollen.

      Aber auch wenn niemals Beweise für die behaupteten Verbindungen geliefert würden, so reicht es möglicherweise auch schon, mit Vermutungen zu hantieren, wenn sie nur oft genug geäußert werden. Sie werden von Medien aufgegriffen und weiter getragen, deren Aufmerksamkeit natürlich dem Kriegsthema zugewendet ist, prägen sich so in den Köpfen ein und werden zum Bestandteil der zirkulierenden Informationen, wodurch die Glaubwürdigkeit durch breite Präsenz wächst. Auch das von Tony Blair vorgelegte Dossier - das eher als Mediencoup gelten kann - bietet wohl keinen einzigen erkennbaren Beweis, sondern besteht aus Vermutungen und Spekulationen, um die potenzielle Gefährlichkeit des Irak als Rechtfertigung für einen Angriff belegen sollen.

      Präsident Bush am 26.09.02 nach einem Gespräch » mit einigen Kongressabgeordneten über die Irakresolution, die zu einem "Instrument der Führung" werden soll und mit der man "mit einer Stimme" sprechen werde, noch einmal viele der Vermutungen als Faktum hingestellt, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügt. Die Konstruktion der Wirklichkeit geht also voran:

      "The danger to our country is grave. The danger to our country is growing. The Iraqi regime possesses biological and chemical weapons. The Iraqi regime is building the facilities necessary to make more biological and chemical weapons. And according to the British government, the Iraqi regime could launch a biological or chemical attack in as little as 45 minutes after the order were given. The regime has long-standing and continuing ties to terrorist organizations. And there are al Qaeda terrorists inside Iraq. The regime is seeking a nuclear bomb, and with fissile material, could build one within a year. Iraq has already used weapons of mass death against -- against other countries and against her own citizens. The Iraqi regime practices the rape of women as a method of intimidation; and the torture of dissenters and their children."

      In einer Wahlkampfrede wies » Bush dann nochmals auf Gefährlichkeit von Hussein hin, der vor allem die USA bedroht - und schließlich wollte er auch schon seinen "Dad" töten:

      "Das ist ein spezifisch amerikanisches Problem, weil ich wirklich glaube, dass dieser Mann, da sich jetzt der Krieg verändert hat, da wir jetzt zum Schlachtfeld wurden, eine viel größere Gefahr darstellt, als sich dies jemals jemand vorstellen konnte. Andere Länder sind natürlich demselben Risiko ausgesetzt. Aber es gibt keinen Zweifel, dass sich sein Hass hauptsächlich auf uns richtet. Schließlich ist dass der Mann, der einmal versucht hat, meinen Dad zu töten."
      An diesem Wochenende finden in Washington Demonstrationen der Globalisierungsgegner » gegen die Weltbank und den Weltwährungsfonds statt. Möglicherweise kommt es auch hier zu Protesten gegen die Kriegspolitik von Bush. Folgen werden dann am 6. Oktober, dem Jahrestag des Angriffs auf Afghanistan, Demonstrationen in New York, Los Angeles, San Francisco, Chicago und anderen Städten, zu denen die Initiative Not In Our Name » aufruft. Die Initiative, der sich zahlreiche Intellektuelle und Künstler angeschlossen haben, hat bislang ihre Kritik in Anzeigen in großen Tageszeitungen wie der New York Times bekannt gemacht. Sie protestiert nicht nur gegen die von Bush angeworfene "Kriegsmaschinerie", sondern auch gegen die Einschränkungen der Bürgerrechte, die Einrichtung von Militärgerichten und die Missachtung des Rechts bei den Festgenommenen.

      Die Veranstalter erwarten eine massenhafte Beteiligung, die zeigen soll, dass die Bush-Regierung nicht im Namen aller Amerikaner handelt. Dieser wird im Manifest » vorgeworfen, nach dem 11.9. einer Politik der Rache zu folgen und einen "Krieg ohne Begrenzung" gestartet zu haben. Die Medien hätten die von der Regierung propagierte vereinfachende Rhetorik des Kampfes zwischen Gut und Schlecht blind übernommen:

      "Die Regierung bereitet nun offen einen Krieg gegen den Irak vor, gegen ein Land, das in keiner Verbindung zu dem Schrecken des 11. September steht. Welche Welt werden wir erhalten, wenn diese US-Regierung eine Blankovollmacht bekommt, um nach Belieben Truppen, Mörder und Bomben einzusetzen?"

      Am 16.9. hatte die vorwiegend kalifornische Organisation Americans Against War with Iraq (AAWWI) ebenfalls eine Anzeige » über eine ganze Seite der Los Angeles Time geschaltet. Die Kritik zielt hier vor allem darauf, dass die Bush-Regierung mit dem geplanten Krieg von innenpolitischen Problemen ablenken will und bislang keine Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak oder eine Verbindung zwischen dem Irak und al-Qaida vorgelegt hat.

      BILD dazu:
      "Was wird ein Krieg gegen den Irak schaffen? Eine Million neue Terroristen."

      Die Schwäche der Kriegsgegner dürfte allerdings darin liegen, dass sie sich primär nur gegen einen möglichen Krieg und dessen Folgen wenden. Möglicherweise wäre es geschickter, das angebliche Anliegen der US-Regierung aufzugreifen, nämlich die Welt von gefährlichen Unrechtsregimen befreien und durch demokratische Rechtssysteme ersetzen zu wollen, und darauf zu dringen, dass dies nur durch die Stärkung der UN, von internationalen Abkommen und der Institutionalisierung eines globalen Rechtssystems durch den Internationalen Strafgerichtshof auf gerechte und legitime Weise erfolgen kann und muss. Die US-Regierung hat sich allerdings mit dem Rückzug aus internationalen Verpflichtungen und Abkommen, dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus und mit der Haltung im Nahost-Konflikt vermutlich schon jetzt so in eine Politik mit doppeltem Maßstab verwickelt, dass es lange dauern wird, diesen Schaden wieder rückhängig zu machen. Sich nur gegen den Krieg überhaupt auszusprechen, führt hingegen in die pazifistische Falle, denn die Androhung und auch die Anwendung militärischer Gewalt wird manchmal auch selbst im Rahmen eines globalen Rechtssystems notwendig sein - und dafür ist eben der Irak auch ein Beispiel.
      Die Strategie der Bundesregierung, die "vergiftete" Beziehung zu bereinigen, indem Deutschland sich stärker bei der Nachbearbeitung der Kriege engagieren will, kommt zwar der US-Regierung vermutlich zurecht, würde aber einen Teil des Problems nur verschärfen. Schließlich setzt die US-Regierung gerade auf schnelle und medienwirksame Aktionen, während sie die Folgen von diesen kaum zuvor zu bedenken scheint und deren Bewältigung lieber anderen überlässt.

      Quelle: www.telepolis.de - Florian Rötzer 27.09.2002 »



      Weitere Hintergründe:
      Entweder für uns oder gegen uns (Florian Rötzer) »
      Die deutsche Regierung ist über den einfach gestrickten Gut-Böse-Dualismus der Bush-Regierung gestolpert - und der ist ein gefährlicher, wahltaktisch inszenierter Sprengstoff

      Terrorismus, Massenvernichtungswaffen, Bush und der Irak (Michael H. Goldhaber) »
      Die von der Bush-Regierung manipulierte Angst kann auf Dauer keine Grundlage für den Erhalt der Macht sein

      Krieg und Sicherheit als Wahlkampfthemen der US-Regierung (Florian Rötzer) »
      Dabei kränkelt nicht nur die Wirtschaft und wachsen die Staatsschulden, auch die Armut nimmt in den USA zu

      Wahlkampfrede George W. Bush »
      Organisation Americans Against War with Iraq - Anzeige »
      Globalisierungsgegner »
      notinourname »
      Artikel: Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne »
      Buchtipp: Franz Alt "Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne" »
      Avatar
      schrieb am 08.01.03 23:13:42
      Beitrag Nr. 129 ()
      Die USA, Algerien, der Irak und (Nord)Korea:
      Unterschiedliche Maßstäbe im Krieg gegen den Terrorismus

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Essay, der am 4. Januar im britischen The Independent erschien.

      Von Robert Fisk

      Ich glaube, langsam wird mir das klar. Nordkorea bricht all seine Abkommen über Nuklearwaffen mit den Vereinigten Staaten, wirft die UNO Inspektoren aus dem Land und beginnt damit eine Bombe pro Jahr zu produzieren, und Präsident Bush sagt, es ist "ein diplomatisches Thema". Der Irak übergibt ein 12000 Seiten Dokument über seine Waffenproduktion und gestattet es UNO Inspektoren das ganze Land zu durchqueren und - wenn sie in 230 Durchsuchungen nicht einmal ein Marmeladenglas voll chemischer Waffen finden - verkündet Präsident Bush, dass der Irak eine Gefahr für Amerika ist, sich nicht ent- waffnet hat und es vielleicht eine Invasion geben muss. Also so ist das.

      Leser fragen mich immer in den eloquentesten Briefen, wie er damit davonkommen kann? Gute Frage, wie kommt Tony Blair damit davon? Vor nicht langer Zeit verkündete unser werter Premierminister im House of Commons in seinem üblichen schulmeisterlichen Ton - der Ton den man insbesondere für unaufmerksame und schwache Buben in der Klasse benutzt - dass die Fabriken für Massenvernichtungswaffen Saddams "bereit [Pause] und in Betrieb sind [Pause], jetzt". Aber auch der Dear Leader in Pyongyang hat Fabriken die "bereit [Pause] und im Betrieb sind [Pause], jetzt". Und Tony Blair ist still.

      Warum dulden wir das? Warum die Amerikaner. In den letzten paar Tagen gab es nur die kleinsten Andeutungen, dass die amerikanischen Medien - die größten und schuldigsten Unterstützer der Kampagne der Unwahrheit des Weißen Hauses - wenn auch nur sehr ängstlich, einige Fragen stellte. Monate, nachdem der Independent seinen LeserInnen das erste Mal auf die freundlichen persönlichen Besuche Donald Rumsfelds bei Saddam in Baghdad zur Spitzenzeit der Benutzung von Giftgas gegen Iraner im Jahr 1983, aufmerksam gemacht hat, hat die Washington Post sich endlich entschieden, seinen eigenen LeserInnen ein bisschen von dem zu erzählen, was vorgeht. Der Reporter Michael Dobbs baute die übliche Drumherumrede-Klauseln ein ("Die Meinungen unter Nahost- experten gehen auseinander - ob Washington mehr tun hätte können, um den Fluss von Technologie zur Produktion von Massenvernichtungswaffen zu verhindern"), aber die Wahrheit bleibt da: wir haben das Monster erschaffen und Mr. Rumsfeld war auch eine Person in dieser Geschichte.

      Aber keine amerikanische - oder britische - Zeitung traute sich eine weitere, fast genauso gefährliche, Beziehung zu untersuchen, welche die derzeitige Regierung der USA hinter unserem Rücken schmiedet: mit dem vom Militär gestütztem Regime in Algerien. Schon seit 10 Jahren ist einer der dreckigsten Kriege der Welt in diesem Land ausgetragen worden, angeblich zwischen "Islamisten" und "Sicher- heitskräften", in welchem fast 200.000 Menschen - die meisten Zivilisten - getötet worden sind. Aber in den letzten fünf Jahren sind zunehmend mehr Beweise aufgetaucht, dass Teile dieser selben Sicherheitskräfte in einige der blutigsten Massaker involviert waren, mit eingeschlossen dem Hals-aufschneiden von Babies. Der Independent hat sehr detaillierte Berichte über die algerische Polizeifolter und die außergerichtlichen Exekutionen von Frauen wie von Männern veröffentlicht. Und doch hat die USA, als Teil dieses obszönen "Krieg gegen den Terrorismus", sich mit dem algerischen Regime angefreundet. Sie hilft dabei mit die algerische Armee neu zu bewaffnen, und verspricht weitere Unterstützung. William Burns, der US Assistant Secretary of State for the Middle East, verkündete, dass Washington "von Algerien viel darüber lernen kann, wie man den Terrorismus bekämpfen kann".

      Und natürlich hat er Recht. Die algerischen Sicherheitskräfte können Amerikaner darüber informieren, wie man einem männlichen oder weib- lichen Gefangenen einreden kann, dass sie ersticken werden. Die Methode - Personal der USA können Experten für diese besondere Foltermethode im Keller der Château Neuf Polizeistation im Zentrum Algiers in Anwendung sehen - ist es den Mund des gefesselten Opfers mit einem Lappen zu bedecken und diesen dann mit einer Reinigungs- flüssigkeit vollzusaugen. Der Gefangene erstickt langsam. Es gibt natürlich auch das gewöhnliche Nägel-ausreißen und die üblichen Drähte an den Penissen und Vaginas und - ich werde den Augenzeugen- bericht nie vergessen - die Vergewaltigung einer alten Frau in einer Polizeistation, von welcher sie blutbedeckt zurückkam, und die anderen Gefangenen dazu aufforderte Widerstand zu leisten.

      Einige der Zeugen die diese Abscheulichkeiten mit ansahen, waren algerische Polizisten, welche in London zuflucht suchten. Aber man kann beruhigt sein, Mr. Burns hat recht, Amerika hat viel von den Algeriern zu lernen. Zum Beispiel - man sollte nicht fragen, warum das niemals zu den Zeitungen gedrungen ist - ist der General- stabschef der algerischen Armee in den Hauptquartieren des NATO Südkommandos in Neapel freundlich willkommen geheißen worden.

      Und die Amerikaner sind dabei zu lernen. Ein mit dem CIA zusammen- arbeitender Regierungsbeamter für Nationale Sicherheit gab letzten Monat preis, dass, was Gefangene betrifft, "unsere Leute sie durch das Adrenalin direkt nach der Aktion (sic) etwas herumtreten". Ein anderer US Beamter für "Nationale Sicherheit" gab bekannt, dass "Schmerzkontrolle von verwundeten Patienten eine sehr subjektive Sache ist". Aber seien wir fair. Die Amerikaner könnten diese Gemeinheit von den Algeriern gelernt haben. Sie könnten sie genauso vom Taliban gelernt haben.

      Inzwischen geht die Diskriminierung der Muslime innerhalb der USA geschwind voran. Am 17. November fanden sich Tausende IranerInnen, IrakerInnen, SyrerInnen, LybierInnen, AfghanInnen, BahrainInnen, EritreerInnen, LibanesInnen, MarokkanerInnen, OmanerInnen, KatarerInnen, SomalierInnen, TunesierInnen, JemenitInnen, EmiratInnen bei Bundesstaatlichen Stellen ein um ihre Fingerabdrücke abzugeben. Die New York Times - die bei der Berichterstattung über die Geschichte seit dem 11. September feigeste unter allen amerikanischen Zeitungen - zeigte (natürlich nur im fünften Absatz ihres Berichts), dass "in der vergangenen Woche Beamte - hunderten Männern Handschellen anlegten, als sie sich zur Abnahme der Fingerabdrücke meldeten. In einigen Fällen hatten die Männer ausgelaufene Studenten- oder Arbeitsvisa; in anderen Fällen konnten die Männer keine ange- messenen Dokumente für ihres Immigrationsstatus vorlegen".

      In Los Angeles gingen den Polizisten die Plastikhandschellen aus, als sie die Männer zum Einsperren zusammentrieben. Von den 1000 Männern die seit dem 11. September ohne Gerichtsverfahren und Anklagen inhaftiert worden sind waren viele in den USA geborene Amerikaner.

      Tatsächlich wissen viele Amerikaner nicht einmal wofür das frostige Akronym des "US Patriot Act" steht. "Patriot" bezieht sich nicht auf Patriotismus. Der Nme steht für den "United and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act". [Akt zur Stärkung und Einigung Amerikas durch die Verfügungstellung von angemessenen Mitteln, die zur Abwehrung und Verhinderung von Terrorismus nötig sind]. Amerikas 200 Millionen Dollar "Total Awareness Programme" ["Totales Informiertseinprogramm"] wird es der Regierung der USA erlauben die E-Mail- und Internet- aktivität ihrer Bürger zu Überwachen und Aufzeichnungen über die Bewegungen aller Amerikaner zu machen. Und auch wenn uns das von unseren Journalisten nicht gesagt worden ist, besteht die Verwaltung der USA nun darauf von den europäischen Regierungen Zugang zu allen Daten ihrer eigenen Bürger zu erhalten. Die letzte - und groteskeste - dieser Forderungen galt dem Zugang zu den Computeraufzeichnungen der staatlichen französischen Linie Air France, um Tausende ihrer Passa- giere "zu analysieren". Alles dies geht weit über die wildesten Träume Saddams und des Dear Leaders Kim hinaus.

      Die neuen Regeln winden sich ihren Weg sogar in den akademischen Bereich. Man nehme die nette kleine Universität von Purdue in Indiana, wo ich vor einigen Wochen vortrug. Mit Bundesgeldern schafft es nun ein "Institut für Heimatsicherheit", dessen 18 "Experten" Manager von Boeing und Hewlett-Packard und Beamte aus dem US Defence und State Department miteinschließen wird, um "Forschungsprogramme" über "kritische Missionsbereiche" zu organisieren. Was, frage ich mich, werden diese Bereiche sein? Das wird sicher nichts mit der Ungerechtigkeit im Nahen Osten, dem arabisch-israelischen Konflikt, oder der Anwesenheit von Truppen der USA in arabischen Ländern zu tun haben. Schließlich war es Richard Perle, der finsterste pro-Israel Berater George Bushs, der letztes Jahr verkündete, dass "Terrorismus vom Kontext unabhängig gemacht werden muss".

      Inzwischen steuern wir - von diesem Grundsatz ausgehend - auf einen Krieg im Irak zu, wo es Öl gibt, aber vermeiden Krieg in Korea, wo es kein Öl gibt. Und unsere Führer kommen damit davon. Indem wir so vorgehen bedrohen wir die Unschuldigen, foltern unsere Gefangenen und "lernen" von Männern, die auf der Anklagebank für Kriegsver- brechen sitzen sollten. Dies ist also unser wahres Gedenken an die Männer und Frauen, welche durch die Verbrechen gegen die Menschlich- keit am 11. September 2001 so brutal umgebracht worden sind.

      Übersetzt von: Matthias

      Orginalartikel: "Double Standards In War On Terror"
      The Independent
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 14:42:46
      Beitrag Nr. 130 ()
      Irak-Krieg

      Die Front bröckelt

      Unwillige Deutsche, zaudernde Saudis, eine neue türkische Regierung, die Stationierungsanfragen der USA unbeantwortet lässt. Und nun auch noch Großbritannien, das einen möglichen Angriff auf den Irak um mehrere Monate verschieben will. Die möglichen Kombattanten verweigern den Vereinigten Staaten zunehmend den Dienst.


      AP

      Blair: Der Zeitplan für einen Irak-Angriff scheint ihm nicht ganz geheuer


      Hamburg - Der "Daily Telegraph" berichtet, britische Minister und führende Regierungsbeamte sähen derzeit keine Rechtsgrundlage, den Irak anzugreifen. Ein Massenaufmarsch durch britische und amerikanische Truppen am Golf sei kein hinreichender Kriegsgrund.

      Die Zeitung zitiert einen hohen Whitehall-Beamten: "Der Premierminister hat klar gemacht, dass den Inspektoren Zeit gegeben werden müsse, um weiter nach Waffen zu suchen, es sei denn im Irak brenne bereits eine Lunte."

      Hohe Diplomaten üben offenbar Druck auf die Regierung von Blair aus. Sie sehen zudem eine gute Chance, dass der Weltsicherheitsrat einen Krieg zu einem späteren Zeitpunkt billigen würde, wenn wirklich bewiesen sei, dass Saddam Hussein keine Anstalten gezeigt hat, die Bedingungen der Uno-Resolution 1441 zu erfüllen.


      Die Briten marschieren zwar am Golf mit mächtigen Marine-Einheiten auf und berufen Tausende Reservisten ein, Beobachter stellen jedoch fest, dass die Härte der Kriegsrhetorik deutlich zurückgefahren wird.

      Eine ganze Reihe von britischen Zeitungen berichtete am Donnerstag zusätzlich über Differenzen innerhalb der Regierung zum Thema Irak. Eine Äußerung von Außenminister Jack Straw, wonach die Gefahr eines Krieges auf 40 Prozent gesunken ist, wurde von Blair laut "Daily Mirror" als "äußerst dumm" bezeichnet. Der Premier sei "rasend" über Straws Äußerungen. Der Labour-Abgeordnete Tam Dalyell sagte: "Es ist Zeit für Jack Straw, seinen Rücktritt anzubieten."

      Keine Kriegsstimmung in Europa

      Die wichtigsten Minister des Kabinetts ziehen nicht an einem Strang. Auch Verteidigungsminister Geoff Hoon tadelte Straw wegen dessen Äußerungen. Blair sieht freilich keinen Riss im Kabinett, doch es besteht zumindest darin kein Zweifel, dass unter den Labour-Abgeordneten die Zahl derer wächst, die einen von der USA geführten Krieg gegen den Irak ohne überzeugende Gründe ablehnen. Nach Einschätzung des "Telegraphs" könnte Blair mit einer Revolte in den eigenen Reihen konfrontiert sein, sollte er sich den USA ohne Uno-Mandat anschließen.

      Der BBC-Kriegsexperte Brian Hanrahan sagte: "Blair weiß, dass er nach der politischen Stimmung zu Hause im Moment unter keine Umständen in den Krieg ziehen kann." Eine Stimmung, die offenbar auch in Frankreich vorherrscht. Obwohl Staatspräsident Jacques Chirac vor kurzem damit begonnen hat, die Nation auf einen Krieg gegen den Irak einzustimmen, will ihm die Mehrheit der Franzosen nicht folgen. Laut einer Befragung des Ipsos-Instituts lehnen 77 Prozent der Franzosen einen Krieg gegen den Irak ab. In einer in "Le Parisien" veröffentlichten Umfrage des CSA-Instituts sind 66 Prozent gegen einen Krieg. Im Januar 1991 hatten 71 Prozent der Franzosen den Golfkrieg befürwortet.

      Nicht nur immer mächtiger werdende Kräfte bei den Briten stehen einem Irak-Krieg skeptisch gegenüber. Anfang der Woche erst hatte die "Washington Post" über Spannungen zwischen der türkischen und der US-Regierung berichtet. Ankara zeige sich unwillig, eine Nordfront gegen den Irak aufzubauen. Stationierungsbegehren des Weißen Hauses seien entgegen ersten Signalen bisher unbeantwortet geblieben. Die "New York Times" zitiert einen Beamten: "Militärisch gesehen sind wir an einen kritischen Punkt gelangt, der ein Ja oder ein Nein der Türken erfordert."

      Saudis gegen Alleingang der USA

      Auch die arabischen Regierungen setzen momentan alles daran, einen Krieg doch noch zu verhindern, sagte der saudische Außenminister Saud el Faisal. Der Prinz machte klar, dass sich das Königreich nicht an einem von den USA im Alleingang geführten Krieg gegen den Irak beteiligen werde. Er schloss jedoch nicht aus, eine eventuell von den Vereinten Nationen beschlossene Militäraktion gegen Bagdad mitzutragen. "Wenn eine Resolution vom Sicherheitsrat erlassen würde, dass eine Militäroperation gegen den Irak unternommen werden soll und alle Mitgliedstaaten der Organisation (Uno) aufgefordert würden, sich an der Umsetzung dieses Beschlusses zu beteiligen, dann würde das Königreich seine Position in dieser Frage neu überdenken", erklärte der Faisal in Riad.

      Auch EU-Außen- und Sicherheitspolitiker Javier Solana treibt ein Auseinanderdriften der Europäer und der Amerikaner voran, indem er die Unterschiede betont, die auf kulturellen Verschiedenheiten beruhten. Seiner Einschätzung nach entfremden sich die USA und Europa zunehmend voneinander. Die USA betrachteten die Dinge verstärkt so, als stünden sie in einem religiösen Kontext, sagte Solana der "Financial Times" vom Mittwoch. "Es ist eine Politik des Alles oder Nichts. Für uns Europäer ist es schwer, damit umzugehen, weil wir säkular denken. Wir sehen die Welt nicht so sehr in schwarz und weiß", sagte Solana.

      Uno-Inspektoren wollen mehr Zeit

      Die Absetzbewegung der Europäer von den USA geht einher mit Forderungen der Uno-Waffeninspektoren, die vor einem Angriff in Kürze warnen. Sie fordern wesentlich mehr Zeit, um sich ein endgültiges Urteil über die Waffenarsenale und die mögliche Produktion von Massenvernichtungsmitteln zu machen. Der Zwischenbericht an den Weltsicherheitsrat am heutigen Donnerstag, ja nicht einmal der mit großer Spannung für den 27. Januar angekündigte umfassende Bericht von Uno-Chefinspektor Hans Blix könnten das letzte Wort sein.

      Tariq Rauf, Leiter des Teams der Internationalen Atomenergie Behörde (IAEA), sagte gestern auf einer Konferenz in London, seine Inspektoren benötigten noch "mehrere Monate", um festzustellen, ob der Irak ein Atomwaffenprogramm fahre oder nicht.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 16:00:13
      Beitrag Nr. 131 ()
      Donnerstag, 9. Januar 2003
      Kein Geld - kein Krieg?
      Bush-Programm vor Ablehnung

      Die Chancen auf die Verabschiedung des von US-Präsident George W. Bush initiierten 674 Mrd. Dollar schweren Konjunkturprogramms scheinen sich zu verschlechtern. Einige demokratische Senatoren, die etwa das 1,35 Billionen-Dollar-Steuerentlastungsprogramm von Bush in 2001 passieren ließen, haben für die kommende Abstimmung ihre Verweigerung mehr oder weniger deutlich angekündigt.

      Dies träfe auf einige Demokraten zu, aber "auch einige Republikaner sind nicht bereit, das jetzige Programm als vollendete Tatsache zu akzeptieren", sagte Senator John B. Breaux (Louisiana) der "New York Times". Der Wegfall der Dividendenbesteuerung - das Kernstück des Programms - müsse gestrichen oder dramatisch verändert werden, sagt der Politiker, dessen Zustimmung als äußerst wichtig im Senat gilt, wo die Republikaner nur über die einfache Mehrheit verfügen. Und obwohl es Punkte im Entwurf der Republikaner gibt, mit denen auch die Demokraten leben könnten, wie zum Beispiel der Erhöhung von Kinderfreibeträgen, ist Unterstützung von dort nicht zu erwarten. "Ich kenne kein Mitglied unserer Partei, das bereit wäre, dafür zu stimmen", sagt die Demokratische Abgeordnete aus Kalifornien, Dianne Feinstein.

      Das Scheitern des ehrgeizigen Programms könnte für den amerikanischen Präsidenten gerade in der jetzigen Phase fatale Folgen haben. Neben der Kritik an dem Konjunkturprogramm mehren sich in den USA auch die Stimmen, die einen Krieg gegen den Irak schlicht für nicht finanzierbar halten (Bushs geschasster Finanzminister Paul O`Neill hatte das Fass zum Überlaufen gebracht, in dem er die Kosten für einen Angriff auf den Irak auf 200 Milliarden Dollar taxierte). Eilig rechneten die Republikaner die Kosten auf 50 Milliarden schön.

      Im Gegensatz zu früheren Auseinandersetzungen ist die Schlacht diesmal auch den internationalen Verbündeten zu teuer. Während die USA im ersten Golfkrieg mit unter zehn Milliarden Dollar nur einen Bruchteil der Kosten zahlten, bliebe die Rechnung diesmal im wesentlichen an den USA hängen. Neben den Aufwendungen für die Invasion an sich kommen dazu auch immer finanzielle Anstrenungen für den Wiederaufbau des zuvor zerstörten Landes.

      Anders ist auch kaum zu deuten, dass mittlerweile ausgerechnet die US-treuen Briten auf Distanz gehen. Deren Außenminister Jack Straw hat mit der Äußerung, die Gefahr eines Krieges sei auf 40 Prozent gesunken, ein klares Signal gesetzt. Für die europäischen Regierungschefs ist klar, dass sie nicht nur aus humanitären Gründen Rückhalt in der eigenen Bevölkerung verlieren würden. Eine Kriegs-induzierte Rezession wegen expoldierender Ölpreise möchte seinen Wählern niemand erklären. Die Haltung der Finanzmärkte ist ebenfalls unzweideutig. Die Importnation USA ist von erheblichen Mittelzuflüssen abhängig, um dieses Ungleichgewicht zu kompensieren. Doch momentan fließen die Mittel in den Euro statt in den Dollar.
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 17:03:11
      Beitrag Nr. 132 ()
      Warum redet man so viel über Kosten und Ausgaben für diesen Krieg? Wenn Saddam doch eine so große Gefahr darstellt, dann muss man ihn doch beseitigen. Alles Geschwätz. Hat man vor dem Eintritt in den 2.WK über Kosten geredet?! Das zeigt alles zeigt nur auf, dass hier ein Dämonisierung der gesamten Lage betrieben wird. Ansonsten würde man nicht über das Geld sprechen. :)
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 17:07:18
      Beitrag Nr. 133 ()
      Wieviel ist den US-Amerikanern ihre Sicherheit und Freiheit wert? 200, 300, 400Mrd. US $ :laugh:
      das Pentagon hat sicher schon eine Kosten/Nutzen Analyse betrieben. :D
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 18:02:03
      Beitrag Nr. 134 ()
      Interview mit Sicherheitsexpertin Alyson Bailes

      "Die USA könnten umschwenken"

      Die Europäer und die Uno drängen die USA, mit einem Krieg gegen den Irak zu warten. Welche Folgen hätte eine Verschiebung des Kriegsbeginns? SPIEGEL ONLINE sprach mit der Direktorin des Stockholmer Instituts für Friedensforschung, Alyson Bailes.


      SIPRI


      Alyson Bailes
      Alyson Bailes ist Direktorin des renommierten internationalen Friedens-
      forschungsinstituts in Stockholm (Sipri). 32 Jahre war Bailes im diplomatischen Dienst Großbritanniens. Als Angehörige des diplomatischen Corps lebte sie mehrere Jahre in Ungarn, Deutschland, China, Norwegen und Finnland. Für die britische Regierung führte sie Verhandlungen mit der Nato und der EU. Sie war Vizepräsidentin des New Yorker Ost-West-Instituts und politische Leiterin des Verteidigungsbündnisses Westeuropäische Union in Brüssel.



      SPIEGEL ONLINE: Mrs. Bailes, der Druck auf die USA wächst, einen Krieg gegen den Irak über den Februar hinauszuzögern. Werden die USA dem nachgeben?

      Bailes: Das ist durchaus möglich. Aus den USA selbst kommen ja ganz unterschiedliche Signale. Das Nord-Korea-Problem wird in der Wahrnehmung immer wichtiger, und man will keineswegs zwei Krisen auf einmal bewältigen, schon gar nicht, wenn die USA isoliert handeln müsste. Für die Amerikaner ist es außerdem schwierig, Verbündete in der Region zu finden. Ein wenig mehr Zeit dafür könnte ihnen gelegen kommen. Außerdem macht Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix bisher einen exzellenten Job. Die US-Regierung könnte daher durchaus gewillt sein, ihm mehr Zeit einzuräumen. Ich halte es also aus verschiedenen Gründen für möglich, dass die USA ihren Kurs ändern.

      SPIEGEL ONLINE: Lässt sich der Druck auf Saddam Hussein bei einer Verschiebung des möglichen Kriegsbeginns halten?

      Bailes: Durchaus. Die Amerikaner werden weiterhin eine hohe Truppenpräsenz im Golf haben. Sie könnten relativ schnell jederzeit zuschlagen. Auch Blix ist hart genug, um den Irak auch weiterhin öffentlich an den Pranger zu stellen, wenn nötig.

      SPIEGEL ONLINE: Im Sommer sind die Temperaturen in der Krisenregion unerträglich hoch. Könnte die US-Armee wirklich jederzeit zuschlagen?

      Bailes: Ich bin kein General. Doch offiziell spielen die Temperaturen für die US-Regierung keine Rolle. Es gibt keine Deadline bezüglich des Klimas.

      SPIEGEL ONLINE: Wie sieht es mit der Glaubwürdigkeit der Amerikaner aus, wenn sie nicht bald zuschlagen?

      Bailes: Die Kategorie der Glaubwürdigkeit ist doch nichts anderes als ein PR-Trick. Man kann sie doch nicht messen.

      SPIEGEL ONLINE: Wird US-Präsident George W. Bush das Gesicht wahren können, nachdem er sich Wochen lang in Kriegsrhetorik erging?

      Bailes: Bush ist noch immer relativ jung im Amt. Das heißt, man muss ihm ein gewisses Entwicklungspotenzial zusprechen. Bisher wurde er häufig dafür kritisiert, zu schnell zu handeln, nicht geduldig genug zu sein, auf Rat wenig zu hören. Nun hätte er eine Chance, sein schlechtes Image abzulegen. Er hat nichts zu verlieren. Selbst viele Republikaner und die Militärs stehen einem Irak-Krieg skeptisch gegenüber. Und die Demokraten könnten sich erst recht nicht über einen Schwenk in der Irak-Politik beschweren.

      SPIEGEL ONLINE: Welche Wirkung hätte eine Unterbrechung der Kriegsspirale auf Saddam Hussein?

      Bailes: Natürlich muss der Druck auf Saddam aufrecht erhalten werden. Das kann gelingen, solange die Uno-Inspektoren ihren Job weiterhin gewissenhaft tun.

      SPIEGEL ONLINE: Wie lange können sich die USA eine hohe Militärpräsenz im Golf leisten?

      Bailes: Es fallen natürlich enorme Kosten an. Doch solange es zu keinem Krieg kommt, hätten die USA mehr Luft, sich stärker um die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu kümmern.

      SPIEGEL ONLINE: Wenn es für alle Beteiligten von Vorteil ist, einen Krieg zu verschieben, warum wird er nicht ganz abgeblasen?

      Bailes: Solange man den Krieg nur verschiebt, hat man weiterhin die Option, anzugreifen.

      SPIEGEL ONLINE: Das Drohpotenzial nimmt doch mit jedem verstreichenden Monat ab!

      Bailes: Zudem kann sich der Irak immer besser auf einen Angriff vorbereiten. Daher: Je länger der Krieg hinausgeschoben wird, desto unwahrscheinlicher wird er. Das heißt, der Handlungsspielraum für eine friedliche Lösung wird auch größer.

      Das Interview führte Alexander Schwabe
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 18:04:28
      Beitrag Nr. 135 ()
      Aufbruchstimmung bei der US-Armee

      Von Vilseck an den Golf

      Die USA bereiten sich auf den Krieg gegen den Irak vor - auch in Bayern. Mehr als 500 Lastwagen, Planierraupen, Kräne, Bagger und Sattelschlepper machen die Soldaten am bayerischen Truppenstützpunkt Vilseck für den Transport nach Kuweit fertig. "Wir sind Teil einer größeren Operation", sagt ein Oberstleutnant.


      AP

      Verladungsarbeiten in Vilseck


      Vilseck - "Es ist ein sehr wichtiger Einsatz, und wir fühlen uns sehr geehrt, daran teilzunehmen", sagt Kommandeur Paul Grosskruger des 94. Pionier-Bataillons im oberpfälzischen Vilseck. "Wir sind bereit." Die Ausrüstung soll per Bahn zu Schiffen transportiert werden und auf dem Seeweg in etwa zwei Wochen ihr Einsatzgebiet erreichen. Außerdem würden 700 Soldaten des Pionierbataillons in den kommenden Wochen in die Golf-Region verlegt, schreit Grosskruger gegen den Lärm der Diesel-Motoren an.

      Wo genau die in Bayern stationierte Technikeinheit eingesetzt werde, sei aber noch nicht bekannt. Die Spezialisten aus der Oberpfalz waren zuletzt in Bosnien und im Kosovo. Die US-Pioniere waren auch Anfang der 90er Jahre beim Golfkrieg in der Türkei und im Norden des Irak im Einsatz. Das Bataillon ist auf den Truppenübungsplätzen Hohenfels und Grafenwöhr stationiert. Die beiden oberpfälzischen Übungsplätze bilden mit zusammen fast 37 000 Hektar das größte militärische Übungsgelände der US-Armee in Europa. In der Oberpfalz sind rund 6200 US-Soldaten stationiert.

      Schon am Neujahrstag hatten 500 Pioniere aus Vilseck ihren Marschbefehl bekommen, bestätigt Standortsprecher Franz Zeilmann. Sie werden den Angaben zufolge voraussichtlich Ende Januar in die Golf-Region verlagert. Die Pioniere gehörten zur besten Bau-Einheit innerhalb der US Army, die bereits beim Golf-Krieg 1991 für den Bau von Straßen, Camps und Brücken verantwortlich war.

      Insgesamt sind nach Armee-Angaben bisher 800 in Deutschland stationierte US-Soldaten für den Einsatz im Nahen Osten vorgesehen, darunter Medizin-Einheiten, Hubschrauber-Piloten und Aufklärer.

      Aus US-Militärkreisen in Deutschland verlautete aber, in den kommenden Wochen würden vermutlich sehr viel mehr in Deutschland stationierte US-Soldaten ihren Marschbefehl erhalten. Insgesamt sind in Deutschland rund 70.000 US-Soldaten stationiert. Die USA schicken Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in die Golf-Region und planen, die Zahl der bereits rund 60.000 Soldaten in der Region zu verdoppeln.

      Noch im Januar beginnt auf dem größten US-Truppenübungsplatz in Europa, Grafenwöhr, ein einwöchiges Manöver des 5. US-Korps. Wie die Sprecherin des US-Hauptquartiers, Cornelia Summers, sagte, wird damit jedoch kein spezieller Einsatz vorbereitet. 3000 Zivil- und Militärangehörige der Luftwaffe, Kavallerie, Infanterie und Marine beteiligten sich an der Simulationsübung unter dem Motto "Victory Scrimmage".
      Avatar
      schrieb am 09.01.03 23:32:33
      Beitrag Nr. 136 ()
      Doppelte Mobilmachung in den USA
      Präsident Bush setzt neue Truppen in Marsch - die Friedensbewegung formiert sich

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel des ND-Korrespondenten in New York.


      Von Von Max Böhnel, New York

      Nicht in ziviler Kleidung, sondern in militärisch-strammer Kluft gab USA-Präsident George Bush am Freitag auf dem texanischen Militärstützpunkt Fort Hood zu verstehen, dass Krieg für ihn im neuen Jahr das zentrale Element der Politik sein und dass der Feind Nummer eins Irak bleiben wird. »Wenn es notwendig sein sollte, den irakischen Besitz von Massenvernichtungswaffen mit Gewalt abzurüsten, wird Amerika siegen, weil wir die beste Armee der Welt haben«, sagte Bush unter dem zustimmenden Gejohle von 4000 Soldaten. Es werde in Irak keinen Eroberungsfeldzug geben, sondern die USA würden kämpfen, »um Menschen zu befreien«. Saddam Hussein habe kein »glaubwürdiges Waffendossier vorgelegt«. Damit habe der irakische Herrscher gezeigt, dass er die UNO und ihre Resolution 1441, in der Irak unter Androhung »schwerwiegender Konsequenzen« zur Abrüstung aufgefordert wird, gering schätze.

      Der UNO-Chefinspektor für Irak, Hans Blix, soll nun am Donnerstag bei einem Zwischenbericht an den UNO-Sicherheitsrat Laborergebnisse von Bodenproben über mögliche Bestände von atomaren, biologischen und chemischen Waffen bekannt geben. Aus New Yorker UNO-Kreisen hieß es unterdessen, die Wahrscheinlichkeit, dass Irak tatsächlich keine Massenvernichtungswaffen besitze, steige von Tag zu Tag.

      Dessen ungeachtet rüsten die USA weiter für eine Irakinvasion auf. Mehrere Einheiten der 45.000 Soldaten umfassenden 1. Marine Expeditionary Force (MEF) aus Kalifornien würden an den Golf verlegt, hieß es am Wochenende in Washington. Außerdem solle militärisches Fluggerät und Ausrüstung der MEF-Truppen bald in die Region verlegt werden. Zusätzlich sollen in den kommenden Wochen weitere Marineinfanteristen aus Camp Lejeune im USA-Bundesstaat North Carolina an den Golf transportiert werden. Zur Zeit bereiten sich bereits 11000 im Wüstenkampf trainierte Soldaten auf ihre baldige Verlegung vor. Anvisiert wird die Zahl von rund 120.000 USA-Soldaten am Golf, was weit unter der 250.000 Mann umfassenden US-amerikanischen Truppenstärke im Golfkrieg 1991 läge und einen Irakkrieg innerhalb weniger Wochen wahrscheinlich macht. Denn Weißes Haus und Pentagon wollen so früh wie möglich zuschlagen, um heiße Wüstenmonate zu vermeiden und die mögliche Bremskraft der ausländischen Diplomatie zu minimieren.

      Dass die Zeit drängt, um die massiven Kriegsvorbereitungen wenigstens nicht reibungslos über die Bühne gehen zu lassen, ist auch den verschiedenen Strömungen der neuen amerikanischen Friedensbewegung klar. Auf das Maß der tatsächlichen Zustimmung der amerikanischen Bevölkerung zu einem Irakkrieg und die Möglichkeiten einer signifikanten Oppositionsbewegung angesprochen, antwortete der Linguistik- professor am Bostoner MIT, Noam Chomsky, gegenüber ND so: »Um die wirkliche Zustimmungsrate in den USA ermitteln und dann mit anderen Nationen vergleichen zu können, müsste man den Angstfaktor herausnehmen, der in den USA seit den 80er Jahren einmalig groß ist. Dann würde man vermutlich auf wenig Unterschied zu den Bevölkerungen anderer Länder stoßen«. Damit spielte Chomsky auf die öffentlichen Angstkampagnen der USA-Regierungen seit der Reagan-Zeit an, mit der der Bevölkerung erfolgreich Furcht eingejagt und damit Politik gemacht wurde. In den 80er Jahren hätten dafür Libyer, Russen und Sandinisten herhalten müssen. Jetzt sei es Saddam Hussein, den man der im Fernsehen produzierten Mehrheitsmeinung zufolge »erledigen« müsse, bevor er die Amerikaner erledigt.

      Neben den großen nationalen Antikriegs-Gruppierungen ANSWER und Not in our name, die im Herbst mit mehreren hunderttausend Demonstranten auf sich aufmerksam gemacht hatten, haben inzwischen die seit Jahrzehnten existierenden Friedensgruppen Pax Christi, die Quäker und die War Resisters League ihre Aktivitäten schwerpunktmäßig auf den drohenden Irakkrieg konzentriert. Außerdem mobilisiert Peace Action mit seinen über 100 Ortsgruppen im gesamten Land ebenso wie eine neu gegründete Initiative namens Racial Justice 9-11, die vor allem ethnische Minderheiten für Antikriegsbemühungen ansprechen will, gegen den Krieg. In einer Umfrage hatte sich vor kurzem herausgestellt, dass nur 20 Prozent der afroamerikanischen Bevölkerung den Irakkrieg unterstützen würden. Die organisierte Friedensbewegung ist dagegen großenteils weiß und europäischstämmig.

      Auch im amerikanischen Gewerkschaftsspektrum, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs traditionell die Kriege Washingtons offen unter- stützte bzw. »andere Prioritäten« vorschob, um nicht dagegen auftreten zu müssen, tut sich einiges. Hatten die Gewerkschaften den Afghanistankrieg noch voll unterstützt, so haben sich führende Gewerkschafter in Sachen Irakkrieg offen ablehnend geäußert. Auch im studentischen Milieu und bei den Kirchen steigt die Bereitschaft, auf die Straßen zu gehen. Nach Hunderten von kleineren Mahnwachen und Demonstrationen im ganzen Land will sich die USA-Friedensbewegung am 15. Februar der Welt in voller Größe präsentieren - auch wenn es bis dahin zur Verhinderung der Irakaggression wahrscheinlich zu spät ist.
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      schrieb am 10.01.03 18:11:26
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      schrieb am 12.01.03 12:05:39
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      schrieb am 12.01.03 16:37:24
      Beitrag Nr. 139 ()
      Streit um Atomprogramm

      Nordkorea bezichtigt USA der Lüge

      Das kommunistische Regime in Nordkorea verschärft weiter den Tonfall gegenüber der US-Regierung. Kein Vertreter des Landes habe je gegenüber einem US-Gesandten eingeräumt, ein geheimes Atomwaffenprogramm entwickelt zu haben, schreibt eine Staatszeitung.


      AP

      Poster an einer nordkoreanischen Schuhfabrik in Sinuiju: Die USA sind der Hauptfeind


      Pjöngjang - "Die Behauptung, dass wir zugegeben haben, Atomwaffen zu entwickeln, ist eine Erfindung der Vereinigten Staaten", schrieb die staatliche nordkoreanische Zeitung "Rodong Sinmun" in einem Kommentar.


      Das Blatt machte die USA für die gegenwärtige Krise verantwortlich und warnte: "Wenn die Vereinigten Staaten sich ihrer Verantwortung entziehen und uns herausfordern, werden wir die Festung der Imperialisten in ein Flammenmeer verwandeln."

      Die US-Regierung hatte im Oktober bekannt gegeben, Pjöngjang habe während des Besuchs von Unterstaatssekretär James Kelly eingestanden, ein Programm zur Produktion von Atomwaffen zu unterhalten. Dies bedeute den Bruch eines 1994 mit den USA geschlossenen Abkommens. Als Reaktion stellte Washington die damals vereinbarten Öllieferungen an Nordkorea ein.


      Unterdessen bemüht sich Russland um eine Lösung der Krise, nachdem Nordkorea vergangene Woche den Austritt aus dem Atomwaffensperrprogramm bekannt gegeben hatte. Mit einer "Paketlösung" will die russische Führung des Konflikt auf der Halbinsel glätten. Die ersten Details habe Außenminister Igor Iwanow bereits mit seinen Amtskollegen in den USA, Frankreich, China und Südkorea erörtert, teilte am Sonntag Außenamtssprecher Alexander Jakowenko in Moskau der Agentur Itar-Tass mit. Dabei seien drei Grundlinien der Initiative "bereits umrissen" worden.


      EPA/DPA

      Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il: Seit Tagen keine eigene Erklärung


      Als erstes gelte es, den "atomfreien Status der koreanischen Halbinsel" zu erhalten, bei strenger Einhaltung aller entsprechender internationaler Vereinbarungen. Der zweite Teil des Pakets sehe einen "bilateralen und multilateralen Dialog" aller interessierter Parteien vor, an dessen Ende Sicherheitsgarantien für Nordkorea stehen müssten. Der dritte Punkt beinhalte schließlich "die Wiederaufnahme der humanitären und wirtschaftlichen Hilfsprogramme für die koreanische Halbinsel".

      Nach Meinung Moskaus sei eine Einberufung des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen zum koreanischen Problem verfrüht. "Die (bilateralen und multilateralen) Verhandlungsmöglichkeiten sind bei weitem noch nicht erschöpft", sagte Jakowenko. Die Einberufung des Sicherheitsrates hatte als erstes Land Frankreich angeregt, das derzeit den Vorsitz innehat. Wenig später hatte der nordkoreanische Botschafter bei der Uno mit scharfen Worten vor möglichen Sanktionsbeschlüssen des Uno-Sicherheitsrates gewarnt. Dies würde sein Land wie eine "Kriegserklärung" bewerten, so der Uno-Botschafter am vergangenen Freitag in New York.
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      schrieb am 12.01.03 16:57:02
      Beitrag Nr. 140 ()
      Britische Lokführer weigern sich, Waffen zu transportieren / Anti-war train drivers refuse to move arms freight
      Die erste derartige Aktion von Arbeitern seit Jahrzehnten / The first such industrial action by workers for decades

      Im britischen "Guardian" erschien am 9. Januar ein Artikel, der besondere Aufmerksamkeit verdient. Wir dokumentieren den Bericht in einer deutschen Zusammenfassung und im englischen Original.


      Zwei Zugführer haben sich gestern (8. Januar) geweigert, einen Güterzug zu befördern, der Munition geladen hatte, die wahrscheinlich für die britischen Streitkräfte zum Einsatz in der Golfregion bestimmt war.

      Eisenbahnmanager stornierten den Auftrag des Verteidigungsministeriums, nachdem die Beschäftigten, die von einem Gleichgesinnten als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen bezeichnet wurden, erklärt hatten, sie seien gegen den von Tony Blair angedrohten Angriff auf Irak.
      Diese Antikriegs-Revolte ist die erste derartige industrielle Aktion von Arbeitern seit Jahrzehnten. Die in Motherwell arbeitenden Lokführer weigerten sich, den Zug zwischen Glasgow und dem Glen-Douglas-Stützpunkt an der schottischen Westküste zu fahren. Glen Douglas ist Europas größtes Waffenlager.
      Die Englisch-Walisisch-Schottische Eisenbahngesellschaft (EWS), die sowohl Munitionstransporte für das Verteidigungsministerium als auch zivile Handelsgüter transportiert, hatte versucht, die beiden Lokführer zu überreden, die umstrittene Ladung am nächsten Tag zu befördern. In einem Gespräch mit Vertretern der Geschäftsleitung wurden Führer der Bahnarbeitergewerkschaft gedrängt, die Lokführer zum Nachgeben aufzufordern. Dem haben sich die Funktionäre der Gewerkschaft, die ebenfalls einen Angriff auf Irak ablehnen, aber widersetzt.
      Von den beiden Lokführern heißt es, sie seien die einzigen am Güterbahnhof Motherwell, die die Route der West-Highland-Linie fahren können.

      Ein Sprecher von EWS lehnte es ab zu bestätigen, dass der Zug gestoppt worden sei. Er bestand darauf, dass kein Fahrer sich geweigert hätte, die Züge zu fahren. "Wir diskutieren keine geschäftlichen Angelegenheiten", sagte er. "Die Geschichte über die beiden Lokführer ist nicht wahr und wir diskutieren auch nicht über Themen unserer Sitzungen."
      Diese Behauptung widersprach indessen völlig einer Quelle aus der Branche, die dem "Guardian" sogar die genaue Nummer des Güterzugs nennen konnte. Das Verteidigungsministerium sagte später, es sei von EWS darüber informiert worden, dass technische Probleme zur Streichung des Güterzuges geführt hätten, Probleme, die vom kalten Winterwetter verursacht worden seien.
      Diskutiert wurde zwischen Ministerium und EWS, ob der Transport nicht auf der Straße abgewickelt werden könnte. Auf diese Weise sollte eine ähnliche "isolierte" Konfrontation vermieden werden.
      Der Artikel im Guardian erinnert daran, dass zuletzt 1973 britische Hafenarbeiter sich geweigert hatten, Waffen auf Schiffe zu laden, die für das Regime in Chile bestimmt waren, das den linksgerichteten Präsidenten Salvador Allende ermordet hatte. Zu einem ähnlichen Streik war es 1920 gekommen. Schauerleute in den Londoner Ostindien-Docks weigerten sich, Gewehre auf die "Jolly George" zu verladen, die für die antibolschewistische Front gegen das revolutionäre Russland gedacht waren.

      Gewerkschaften, die Arbeiter unterstützen, die sich Waffentransporten widersetzen, riskieren eine Anklage und möglicherweise Geldbußen wegen Missachtung der Gerichte.
      Unterstützung erhalten die streikenden Arbeiter von der Friedensbewegung. Lindsay German, Organisator der "Stoppt-den-Krieg-Koalition" wird mit den Worten zitiert: "Wir stehen voll hinter der Aktion, die unternommen wurde, um einen ungerechten und aggressiven Krieg zu behindern. Wir hoffen, dass andere Menschen überall im Land ähnliches tun können."
      Die Antikriegsgruppe organisiert eine zweite nationale Demonstration in London am 15. Februar. Die Organisatoren behaupten, beim ersten Mal, im September l.J. hätten mehr als 400.000 Menschen am Protest teilgenommen.

      Übertragung aus dem Englischen: P. Strutynski
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      schrieb am 14.01.03 11:37:42
      Beitrag Nr. 141 ()
      Irak-Konflikt

      Blix warnt vor baldigem Kriegsausbruch

      Uno-Chefinspektor Hans Blix befürchtet ein unfreiwilliges Ende der Rüstungskontrollen im Irak: Angesichts des immer größer werdenden britisch-amerikanischen Truppenaufgebots werde ein baldiger Krieg mit vielen Toten und Milliardenkosten immer wahrscheinlicher.


      REUTERS

      Hans Blix: Zeitdruck durch britisch-amerikanischen Aufmarsch


      New York/London - Ein Militärschlag mit 250.000 Soldaten werde vermutlich insgesamt mehr als 100 Milliarden Dollar kosten, sagte Blix. Zudem sei mit vielen Toten, Verletzten und Kriegsschäden im Land zu rechnen. Sein aus 250 bis 300 Mann starkes Inspektionsteam koste dagegen pro Jahr nur 80 Millionen Euro.

      Blix sagte, der Irak müsse nun rasch die offenen Fragen zu seinem Waffenprogramm beantworten, sonst drohe ein Krieg. Es könne sein, dass es eines Tages heißt, "`Geht zur Seite Jungs, wir kommen jetzt rein`", sagte Blix in Bezug auf den forcierten Aufmarsch der USA und Großbritanniens am Golf. "Ich glaube, die Iraker müssen sich nur an ihren Außengrenzen umsehen, dann sollte ihnen der Ernst der Lage bewusst werden." Laut Blix wird die Suche der Uno-Rüstungsinspektoren nach Massenvernichtungswaffen noch Monate dauern.

      US-Präsidialamtssprecher Ari Fleischer sagte unterdessen, Präsident George W. Bush habe "keinen künstlichen Zeitplan" für ein mögliches militärisches Eingreifen im Irak.

      Auf Grundlage neuer Geheimdienstinformationen haben die Uno-Rüstungsinspektoren zu Wochenbeginn ihre Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak ausgeweitet. Sie hätten bereits Einrichtungen aufgesucht, die zuvor noch nicht besichtigt worden seien, erklärte Blix im britischen Rundfunksender BBC. Weitere würden folgen. "Wir haben unser Netz ausgeweitet. Ob sich die Qualität der Arbeit verbessert, hängt davon ab, wie gut die Geheimdienstinformationen waren. Wir werden das überprüfen."


      AP

      Uno-Waffeninspektionen im Irak: Ergebnis erst nach mehreren Monaten


      Auf die Frage, ob die Inspektoren bislang etwas Verdächtiges gefunden hätten, sagte Blix: "Wir haben mehrere Fälle entdeckt, in denen es klar ist, dass der Irak mit Waffen in Verbindung stehendes Material importiert und damit gegen das Verbot des Sicherheitsrats verstoßen hat." Ob diese Fälle etwas mit Massenvernichtungswaffen zu tun hätten, müsse noch herausgefunden werden.

      Zuvor hatte bereits der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed al-Baradei, in Paris betont, dass die Waffeninspektoren im Irak noch "einige Monate" bräuchten, um ihre Arbeit erfolgreich beenden zu können. Nach einem Gespräch mit dem französischen Außenminister Dominique de Villepin sagte al-Baradei, bislang nehme der Irak "eine passive Haltung ein, wir wünschten uns eine aktive Zusammenarbeit".

      IAEA-Sprecher Mark Gwozdecky sagte der BBC, die Waffeninspektoren benötigten etwa ein Jahr für eine "zuverlässige" Untersuchung der irakischen Waffenprogramme. In vielen Fällen müssten Einrichtungen mehrfach durchsucht werden. Er äußerte sich dennoch zuversichtlich, dass die Experten vor Ort jedes verbotene Nuklearprogramm entdecken könnten. Angesichts der bisher guten Kooperation der Iraker sei dies möglich. "Ist es nicht ein Jahr wert, um eine nachhaltige, überprüfbare Lösung diese Problems zu bekommen?"
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      schrieb am 15.01.03 20:52:26
      Beitrag Nr. 142 ()
      Irak-Krieg: "So tut doch den Mund auf!"
      Stellungnahme des ehemaligen Verteidigungsministers von Luxemburg, Jacques F. Poos

      Von unbekannter Seite ist uns nachfolgender Text zugesandt worden. So konnten wir auch die genaue die Quelle leider nicht in Erfahrung bringen.

      Bisher war es vor allem ein Krieg der Lügner. Wir sind Zeugen einer nie dagewesenen Gehirnwäsche.

      Im 11.000 Seiten-Rüstungsbericht des Irak hat der amerikanische Geheimdienst sämtliche Passagen zensiert, die genaue Angaben über amerikanische Waffenlieferungen an den Irak, vor 1990, enthielten. Sie bleiben den übrigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und der Öffentlichkeit vorenthalten. Niemand protestiert.

      Nigeria habe waffenfähiges Uran an den Irak verkauft, sagt der Pentagon. Dementi! Nigeria habe (in den achtziger Jahren) ein solches Angebot abgeschlagen. Der Irak habe seine biologischen und chemischen Waffen in Syrien versteckt. Das sagt Sharon, der daran interessiert ist, dass die Amerikaner rund um Israel gründlich säubern. Dementi! In Syrien gäbe es keine ABC-Waffen, im Gegensatz zu Israel.

      Amerikanische und britische Nachrichtendienste haben unumstössliche Beweise, dass der Irak "Massenvernichtungswaffen" besitzt. Dementi! Die UN-Inspektoren und der CIA (!) können Überall nachprüfen, wo solche Waffen vermutet werden. Pikant ist die Tatsache, dass Bush und Blair sich weigern ihr Beweismaterial den Kontrolleuren voll- ständig zuzustellen. Sie wollen ihre Quellen nicht preisgeben. Ver- ständlich?

      So wird es weiter gehen bis zum 27. Januar. Egal was wahr ist, egal was passiert, Bush will den Krieg. Die alte Volksweisheit "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, selbst wenn er die Wahrheit spricht", schlägt zwar dem irakischen Diktator ins Gesicht. Aber wer wagt zu sagen, dass diese "Volksweisheit" rechtlich nichts taugt? Das Unschuldsprinzip verlangt, dass einem mutmaßlichen Verbrecher jedes einzelne Vergehen vor Gericht nachgewiesen wird. Im Falle Irak ist das "Gericht" der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Tatsache ist, dass bis heute (6. Januar 2003) die Waffen- kontrolleure im Irak keine verwendbaren MV-Waffen gefunden haben.

      Nichtsdestotrotz erleben wir von Tag zu Tag eine Steigerung der Kriegshysterie. Da tut es schon gut, wenn die Bischöfe der englischen Kirchen (Katholiken und Protestanten) zusammen die Regierenden ermahnen, "nie zuzulassen, dass dieser Krieg unvermeidbar wird". ("La guerre comme méthode pour résoudre les conflits est incompatible avec les enseignements du Christ.") Da gehört hervorgehoben, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche vor der "grauenhaften Verblendung" eines Krieges warnt, und alle auffordert, durch ihre Entschlossenheit diesen Krieg zu verhindern. Namenhafte amerikanische Politiker (beider Parteien) und Generäle haben sich ebenfalls gegen einen Irak- Krieg ausgesprochen

      Aber wo verstecken sich die großen Europäer, die uns regieren? Weil sie schweigen, werden wir in einen Krieg hineingetrieben, den wir nicht wollen. Man möchte ihnen zurufen: Steht doch auf und tut endlich den Mund auf! Ihr habt die Möglichkeit zu verhindern, dass da jemand im Alleingang einen Angriffs-Krieg lospredigt und lostritt. Haut doch auf den Tisch! "Ohne neues UNO-Mandat, keine Militäraktion", müsste es auf allen Chef-Etagen erschallen: Die UNO-Charta muss respektiert werden. Sie regelt die friedliche Lösung von Konflikten. Krieg ist keine Fortsetzung der Politik. Weder Wildwest-Strafexpeditionen noch Kreuzzüge sind in der Charta vorgesehen.

      Jacques F. Poos
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      schrieb am 17.01.03 21:32:10
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      schrieb am 21.01.03 12:55:58
      Beitrag Nr. 144 ()
      Truppenaufmarsch

      Bush und Blair entsenden 63.000 weitere Soldaten

      Es ist die größte Truppenverlegung seit Beginn des jüngsten Irak-Konflikts: 63.000 Soldaten haben die USA und Großbritannien jetzt auf den Weg die Golfregion geschickt.


      DPA

      Britische Soldaten beim Training


      Washington - Die US-Streitkräfte kündigten gestern die Entsendung weiterer 37.000 Soldaten in die Golfregion an. Dabei handelt es sich um die größte bislang offiziell bestätigte Verlegung von Bodentruppen im Zuge des gegenwärtigen Aufmarschs.

      Wie aus Regierungskreisen in Washington weiter verlautete, werden die Truppen von der 4. Infanteriedivision aus Texas angeführt, die als Eliteeinheit gilt und über modernstes Kriegsgerät verfügt.

      Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon kündigte gestern die Entsendung von weiteren 26.000 Soldaten in die Golfregion an. Dieser Schritt diene der Vorbereitung einer möglichen Militäraktion im Irak, sagte Hoon im Unterhaus. Die Soldaten würden in den kommenden Wochen in Marsch gesetzt, damit "die richtige Gruppe Streitkräfte für die Art Aufgaben, die möglicherweise nötig sind", bereitstehe. Die 26.000 Soldaten entsprechen einem Viertel der britischen Armee.

      Der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach sich unterdessen gegen eine Verlängerung der Uno-Rüstungskontrollen im Irak aus. In einer Rede vor Reserve-Offizieren in Washington wandte er sich gegen die Einschätzung, die Waffenkontrolleure bräuchten noch einige Monate, um festzustellen, ob der Irak seinen Verpflichtungen zur Abrüstung tatsächlich nachgekommen sei. `Die Beweislast liegt bei Irak", sagte Rumsfeld. Und bislang sei die Führung in Bagdad dem nicht nachgekommen.

      Auch der britische Außenminister Jack Straw hatte zuvor vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York erklärt, die Zeit für den irakischen Präsidenten Saddam Hussein laufe ab. Das Versteckspiel müsse ein Ende haben und der Irak müsse endlich in vollem Umfang seinen Verpflichtungen nachkommen, die ihm vom Sicherheitsrat auferlegt worden seien.

      Demgegenüber sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer bei seiner ersten Rede im Weltsicherheitsrat, die Waffenkontrolleure sollten alle Zeit bekommen, die sie bräuchten. Dieser Forderung schlossen sich die Außenminister Frankreichs, Chinas und Russlands an. Der französische Außenminister Dominique de Villepin schloss ein Veto seines Landes für den Fall nicht aus, dass die USA im Sicherheitsrat auf eine neue Resolution für einen Militärangriff gegen den Irak dringen sollten.
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      schrieb am 21.01.03 12:57:34
      Beitrag Nr. 145 ()
      Uno-Sicherheitsrat

      Powell droht mit Krieg, Fischer mahnt zum Frieden

      US-Außenminister Powell will die jüngsten Zugeständnisse des Irak nicht gelten lassen und droht weiter mit Krieg. Anders die Franzosen und der deutsche Außenminister Fischer: Bei seinem ersten Auftritt vor dem Weltsicherheitsrat warnte er vor unkalkulierbaren Risiken eines Militärschlags.

      New York - Er habe zur Kenntnis genommen, dass die Chefinspekteure Hans Blix und Mohammed al Baradei "ein wenig mehr vom Irak bekommen haben, aber das ist einfach nur mehr vom Altbekannten", sagte Colin Powell am Montag nach einer Sondersitzung des Weltsicherheitsrates.


      AP

      Colin Powell (re) bleibt auf Kriegs-Kurs, Joschka Fischer warnte vor den Folgen


      Der Irak habe nach der Uno-Resolution 1441 die Pflicht, Bedingungen zu schaffen, unter denen die Inspekteure ihre Arbeit tun könnten und nicht erst ahnen müssten, wo etwas sein könnte, sagte Powell. "Insofern erfüllt der Irak die Verpflichtungen nicht."

      Der Irak hatte nach Verhandlungen mit Blix und El Baradei am Montag in einer Zehn-Punkte-Erklärung unter anderem zugestimmt, Auskunft über den angeblichen Import von angereichertem Uran und Aluminiumröhren zu geben. Außerdem versprach Bagdad Kooperation bei der Befragung von Wissenschaftlern sowie bei zusätzlichen Informationen zu seiner Waffendeklaration vom 7. Dezember.

      Powell sagte dazu: "Wir dürfen den Irakern nicht erlauben, scheibchenweise Zugeständnisse zu machen und das über Jahre hinweg zu ziehen". Der Minister machte jedoch klar, dass es nicht unmittelbar nach dem für den 27. Januar erwarteten Bericht von Blix und al Baradei an den Sicherheitsrat eine endgültige Entscheidung darüber geben wird, ob der Irak sich einer schwerwiegenden Verletzung der Uno-Resolution 1441 schuldig gemacht hat. Es werde darüber zunächst viele Gespräche zwischen Regierungschefs geben.

      Am 29. Januar werde man im Sicherheitsrat erneut beraten. Dabei sei aber klar, dass die Uno sich nicht einfach zurücklehnen und zuschauen könne, wie der Irak seine Missachtung der Vereinten Nationen zeige. "Wir dürfen nicht vor der Verantwortung zurückschrecken, die wir uns selber auferlegt haben als wir die Uno-Resolution einstimmig angenommen haben und so viele andere Staaten ihre Unterstüzung gezeigt haben."

      "Schlechteste mögliche Lösung"

      Der Sicherheitsrat zog bei der von Frankreich initiierten und geleiteten Sondersitzung auf Außenministerebene eine Bilanz des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus seit den Anschlägen vom 11. September 2001. UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte davor, Freiheiten und Rechte im Zuge der Anti-Terror-Kampagne zu opfern. Ein solches Opfer "würde den Terroristen einen größeren Sieg bescheren, als sie ihn je mit einem ihrer Anschläge erobern könnten", sagte Annan. Der Sicherheitsrat nahm einstimmig eine Resolution an, in der die UN-Staaten zu verschärften Anti-Terror-Maßnahmen aufgefordert werden.

      Der französische Außenminister Dominique de Villepin lehnte einen Militärschlag gegen den Irak als "schlechteste mögliche Lösung" ab und kündigte den entschiedenen Widerstand seiner Regierung an. Vor Journalisten bezweifelte Villepin die Rechtmäßigkeit und die Wirksamkeit eines militärischen Eingriffs. Er warnte davor, dass dies unweigerlich zu einer Spaltung in der internationalen Gemeinschaft führen werde.

      Dagegen äußerte sich Großbritanniens Außenminister Jack Straw ähnlich wie die amerikanische Administration: Er warnte den irakischen Präsidenten Saddam Hussein vor den Folgen, sollte er die Abrüstungsauflagen der UN nicht erfüllen. "Die Zeit für den Irak läuft ab", sagte Straw. Noch könne er die Krise friedlich lösen.

      Ungeklärte Themen

      Blix hingegen zeigte sich am Montagabend zufrieden über die Zehn-Punkte-Erklärung mit der die Iraker auf mehrere Forderungen der Inspekteure eingegangen sind. "Es gibt jedoch einige Themen, die noch nicht geklärt sind", sagte Blix nach seiner Ankunft in Athen. "Es ist das Thema der Überflüge von U-2-Aufklärungsflugzeugen, die der Irak noch nicht akzeptiert hat. Sie haben einige Bedingungen gestellt, die wir nicht akzeptieren", fügte Blix hinzu.

      Der schwedische Diplomat gab bekannt, dass die Vereinten Nationen auf ihrem Wunsch bestehen, irakische Wissenschaftler auf die Mittelmeerinsel Zypern zu bringen, um sie dort ohne die Präsenz irakischer Aufpasser zu befragen. "Das ist möglich. Das kann bald stattfinden", sagte Blix.

      Fischer fürchtet Ende der Anti-Terror-Koalition

      Joschka Fischer nutzte seinen ersten Auftritt vor dem Sicherheitsrat für deutliche Worte: "Wir fürchten neben fatalen Konsequenzen für die langfristige regionale Stabilität auch mögliche negative Folgen für den gemeinsamen Kampf gegen diesen mörderischen Terrorismus." Der Minister warnte vor einem Auseinanderfallen der internationalen Anti-Terror-Koalition, sollte es zum Krieg gegen den Irak kommen. Fischer bekräftigte die Ablehnung einer Militäraktion gegen den Irak durch die Bundesregierung.

      Fischer forderte erneut die vollständige Umsetzung der Uno-Resolutionen zur Abrüstung des Irak ohne Wenn und Aber durch das Regime in Bagdad. "Wir machen uns keine Illusionen über den menschenverachtenden Charakter des Regimes von Saddam Hussein."

      Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus habe für Deutschland weiterhin Priorität in der Außen- und Sicherheitspolitik, sagte Fischer. Ohne die internationale Anti-Terror-Koalition seien die Ziele der Terrorbekämpfung nicht durchzusetzen. Deutschland werde im Rahmen seiner Präsidentschaft im Sicherheitsrat am 20. Februar dazu eine offene Debatte in dem Gremium ansetzen.

      "Deutschland wird sich konstruktiv und aktiv an der Bekämpfung des Terrorismus beteiligen." Fischer forderte für einen erfolgreichen Kampf gegen den Terror eine intensive internationale Zusammenarbeit, die Einhaltung rechtlicher Grundlagen und besonders der Menschenrechte. Die Menschenrechte dürften unter dem Deckmantel des Terrorismus nicht außer Kraft gesetzt werden. Die internationalen Instrumente der Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen müssten gestärkt werden.

      Terroristische Netzwerke wie das von Osama bin Laden müssten besiegt und zerstört werden, sagte Fischer. "Dieser Terrorismus will uns zu einer unüberlegten Reaktion zwingen, uns in einen Krieg der Zivilisationen verstricken." Dem dürfe die Antwort nicht entsprechen. "Im Extremfall" seien militärische Maßnahmen zwar unverzichtbar. Ebenso bedeutend sei aber auch Krisenvorbeugung, Armutsbekämpfung, Bildungsförderung und Dialog der Kulturen.

      Der erste umfassende Bericht der Uno-Waffeninspekteure über die Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak soll dem Sicherheitsrat am nächsten Montag vorgelegt werden. Die USA haben wiederholt gedroht, dass Verstöße des Irak gegen die Uno-Abrüstungs-Resolution 1441 zu einem Militärschlag führen würden. Fischer und Powell hatten sich am Rande der Sitzung zu einem vertraulichen Gespräch getroffen. Über die Inhalte wurde zunächst nichts bekannt. Das Verhältnis zwischen Berlin und New York gilt wegen der unterschiedlichen Irak-Positionen immer noch als schwierig.

      Die Bundesrepublik ist im Januar für zwei Jahre in den Sicherheitsrat eingezogen und übernimmt im Februar für einen Monat die Präsidentschaft. Ständige Mitglieder des Gremiums aus 15 Ländern sind die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China.
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      schrieb am 21.01.03 13:01:47
      Beitrag Nr. 146 ()
      Die USA im Krieg
      Von Eduardo Galeano

      Den folgenden Beitrag hat Eduardo Galeano ("Die offenen Adern Lateinamerikas") im Dezember 2002 geschrieben. Wir dokumentieren ihn in einer deutschen Übersetzung. Zuvor hatten ehrenamtliche Übersetzer/innen des coorditrad@attac.org den Text ins Englischen übertragen.

      Zeiten der Angst

      Die Welt lebt in einem Zustand des permanenten Terrors - aber der Terror verbirgt sein Gesicht. Manche behaupten, Saddam Hussein stecke dahinter, er habe es satt, Feind Nr. 1 zu sein, andere führen den Schrecken auf Osama bin Laden zurück, jenem professionellen Handlungsreisenden in Sachen Angst. In Wirklichkeit steckt hinter der globalen Panik etwas, was sich `der Markt` nennt. Und mit `Markt` ist keineswegs der freundliche Tante-Emma-Laden an der Ecke gemeint, wo man sein Gemüse u. Obst kauft. Vielmehr hat dieser Markt kein Gesicht, er ist ein allmächtiger, omnipräsenter Terrorist, der sich aufführt, als wäre er Gott, und weil er meint, er ist Gott, glaubt er auch, es gäbe ihn ewig. Die Schar seiner Jünger schreit: "Vorsicht, der Markt ist nervös" u. warnt: "macht ja den Markt nicht böse". Das Sündenregister des Markts läßt viele vor Angst erzittern. Seine ganze Existenz scheint der Markt damit verbracht zu haben, Leuten die Nahrung zu rauben u. Jobs kaputtzumachen; er hat ganze Staaten als Geißeln genommen u. Kriege angezettelt. Um sein Produkt, den `Krieg`, an den Mann zu bringen, muss der Markt Angst streuen. Angst erzeugt noch mehr Angst. Tag für Tag sieht man die Zwillings- türme von New York erneut auf den TV-Bildschirmen kollabieren. Oder was ist mit der Bedrohung durch Anthrax? Einerseits hat die offizielle Ermittlungskommission nichts oder sogut wie nichts über jene tödlichen Briefe herausgefunden, gleichzeitig steigen die Militärausgaben, die Rüstungsschulden, der USA, in geradezu spektakulärer Weise. Die Unsum- men, die dieser Staat in seine Kriegsmaschinerie investiert, machen uns staunen. Die Summen, die hier in anderthalb Monaten ausgegeben werden, würden ausreichen, die ganze Welt zu ernähren - glaubt man den Zahlen der UN. Gibt der Markt das Startsignal, so schnellt der Zeiger auf der Angstskala in den `roten Bereich`, u. alle Ängste scheinen sich zu bewahrheiten. Kriege töten im Namen der Prävention, im Namen des Zweifels - Beweise sind unerheblich. Jetzt ist eben der Irak an der Reihe - u. wird erneut verurteilt. Eine einfache Rechnung: der Irak besitzt die zweitgrößten Erdöl-Reserven der Welt. Damit ist er im Besitz dessen, was der Markt so nötig braucht, um den Benzin-Bedarf einer verschwenderischen Konsum-Gesellschaft zu decken.

      Spieglein, Spieglein an der Wand - wer ist der Schrecklichste im ganzen Land?

      Die Weltmächte monopolisieren das Recht auf Massenvernichtungswaffen, so, als wäre es ihr natürliches Recht. Zur Zeit der Eroberung (des Kontinents) Amerika, als der globale Markt gerade erst am Enstehen war, starben wesentlich mehr Eingeborene durch Pocken u. Grippeviren, als durch Gewehrfeuer u. Schwert. Die europäischen Erobererer ver- danken den Sieg ihrer Invasion daher nicht zuletzt Viren u. Bazillen. Einige Jahrhunderte später stellen diese natürlichen Verbündeten erneut eine Zerstörungswaffe in den Händen der Weltmächte dar. Eine Hand voll Länder kontrolliert das Bio-Arsenal der ganzen Welt. Nur wenige Jahrzehnte ist es her, da gestatteten die USA Saddam Hussein, die Kurden mit Bio-Waffen zu bekämpfen. Damals war eben Saddam der Liebling der westlichen Welt, u. die Kurden konnte niemand leiden. Diese Waffen wurden übrigens Mithilfe von Lieferungen einer Firma aus Rockville/Maryland, USA, produziert.

      Der Markt ruft nach Liberalisierung - nicht nur in militärischer sondern in jeglicher Hinsicht. Allerdings gilt diese Liberalisierung nicht für jedermann. Die Arsenale befinden sich in den Händen einiger weniger - u. das im Namen der Weltsicherheit. Saddam Hussein erschreckt die Menschen, die Welt hat Angst. Eines der schlimmsten Bedrohungs- szenarien: Irak könnte bakteriologische Waffen zum Einsatz bringen oder noch schlimmer, er könnte im Besitz von Atomwaffen sein. Ausgerechnet der Präsident jenes einzigen Landes der Welt, das je Atomwaffen gegen Zivilisten einsetzte, erklärt uns nun, die Menschheit könne diese (irakische) Bedrohung nicht länger hinnehmen. War es etwa der Irak, der in Hiroshima u. Nagasaki alte Menschen, Frauen u. Kinder tötete? Sehen Sie sich das neue Jahrtausend doch nur an: ganze Populationen müssen fürchten, morgen nichts mehr zu essen zu haben oder kein Dach über dem Kopf. Menschen wissen nicht mehr, was mit ihnen passiert, wenn sie krank werden oder einen Unfall erleiden. Ganze Populationen von Menschen fragen sich, werde ich morgen überhaupt noch Arbeit haben? Und wenn ja, wird man mich dann zwingen, doppelt soviel zu arbeiten? Wird meine Rente von den Schwankungen der Börse bzw. vom Inflations- teufel aufgefressen? Stadtbewohner fürchten sich vor neuen Angriffen in der Zukunft bzw. davor, an der nächsten Straßenecke ausgeraubt zu werden. Wird man in meine Wohnung einbrechen u. mir die Gurgel durch- schneiden? Die Landbevölkerung fragt sich, wielange können wir unser Land noch halten? Die Fischer fragen sich, ob sie in Zukunft wohl noch unverseuchte Flüsse u. Meere vorfinden werden. Einzelpersonen wie ganze Staaten wissen nicht mehr, wie sie ihre Schulden bezahlen sollen - zumal diese durch Wucherer in Zukunft noch mehr hochgeschraubt werden.

      Steckt hinter alledem etwa Al-Kaida?

      Die Wirtschaft tötet, ohne dass man davon in der Zeitung liest. So sterben beispielsweise weltweit jede Minute 12 Kinder an Hunger. Die Terrororganisation, die unsere Welt konstituiert (beschützt durch militärische Gewalt), läßt 1 Milliarde Menschen an chronischem Hunger leiden, während gleichzeitig 600.000 Menschen übergewichtig sind. Die Wirtschaft brummt, aber der Lebensstandard sinkt. Die Staaten Ecuador u. El Salvador haben den Dollar als Landeswährung eingeführt. Jetzt flieht die Bevölkerung. Nie haben diese Länder soviel Elend, soviel Emigration, gesehen. Dieser Export an Menschenmaterial ins Ausland, er erzeugt Trauer, Unruhe u. Gräben. 2001 schickten alle ecuadorianischen Arbeitsemigranten zusammen mehr Geld in ihre Heimat, als Ecuadors Gesamteinnahmen aus Bananen-, Shrimps-, Thunfisch-, Kaffee- u. Kakaoexport betrugen. Uruguay u. Argentinien verlieren ihre jungen Männer. Arbeitsemigranten (deren Großeltern ja einstmals in diese Länder eingewandert sind) hinterlassen zerstörte Familien, während sie selbst die schmerzenden Erinnerungen verdrängen müssen: "Doktor, meine Seele blutet. Welches Krankenhaus kann mich heilen?" In Argentinien gibt es eine Fernsehshow, in der der Hauptpreis in einem Job besteht. Die Kandidatenschlange ist endlos. Die Show sucht die entsprechenden Kandidaten aus, u. die Zuschauer stimmen ab. Es gewinnt derjenige mit dem tränenreichsten Auftritt, weil er das Publikum zum weinen bringt. Sony Pictures verkauft diese erfolgreiche Show jetzt schon weltweit. Was wird das für ein Job sein? Egal. Wie wird er bezahlt? Laß dich überraschen.

      Die Verzweiflung der Arbeitslosen bzw. die Angst, den Job zu verlieren, bringt die Menschen dazu, selbst Inakzeptables zu akzeptieren. Auf diese Weise konnte sich weltweit das `Modell WalMart` etablieren. Dieser US-Top-Konzern verbietet Gewerkschaften u. verlangt unbezahlte Überstunden. Der `Markt` exportiert dieses lukrative System. Wobei gilt: je mieser der Zustand der nationalen Ökonomie, desto leichter läßt sich das Arbeitsrecht schreddern. Und mit ihm bleiben die übrigen Rechte auf der Strecke. So reift der Same des Chaos zur Frucht des Ordnungsstaats. Armut u. Müßiggang erzeugen Kriminalität, Kriminalität wiederum verbreitet Panik, was den Boden für noch Schlimmeres bereitet. So wird beispielsweise in Argentinien das Militär zur Verbrechensbe- kämpfung eingesetzt. Dabei ist das Militär selbst massivst ins Ver- brechen verwickelt. "Kommt und rettet uns vor der Kriminalität!" ruft ausgerechnet Carlos Menem, ein treuer Diener des `Marktes` u. Ver- brechensexperte aus eigener Erfahrung - er war ja lange genug Präsident.

      Billige Kosten, hohe Profite, keine Kontrollen. Ein Öltanker bricht entzwei und spuckt seine tödlich schwarze Fracht mitten ins Meer. Diese schwarze Masse schwimmt direkt an die galicische Küste, sogar noch weiter. Die weltweit profitabelsten Geschäfte - für gewöhnlich führen sie zu zwei Dingen: zu hohen Gewinnen auf der einen Seite u. `Naturkatastrophen` auf der andern. Die giftigen Gase, die durch das Erdöl entstehen sind Hauptursache des Klimawandels u. des Ozonlochs (dieses Loch besitzt mittlerweile ungefähr die Größe der Vereinigten Staaten). In Äthopien u. andern afrikanischen Ländern haben Dürren zur größten Hungersnot seit 20 Jahren geführt - Millionen Menschen sind davon betroffen. Gleichzeitig wurden Deutschland u. mehrere andere europäische Länder von der schlimmsten Flutkatastrophe seit 50 Jahren heimgesucht. Und noch etwa entsteht durch Erdöl: Krieg. Armer Irak.

      Brecha, Uruguay, im Dezember 2002
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      schrieb am 21.01.03 15:29:30
      Beitrag Nr. 147 ()
      Terrorismus

      Wie Osama Bin Laden den Amerikanern entwischte

      Terroristenführer Bin Laden konnte offenbar mittels einer List den Amerikanern in Afghanistan entkommen. Mit seinem Satellitentelefon lockte er einem US-Zeitungsbericht zufolge seine Verfolger auf eine falsche Fährte.


      AP

      Osama bin Laden narrte seine Verfolger


      Washington - Als ihm US-Truppen in der afghanischen Bergregion Tora Bora immer näher kam, habe er sein Satellitentelefon seinem marokkanischem Leibwächter Abdallah Tabarak gegeben, berichtete die "Washington Post" am Dienstag. Der Leibwächter habe das Telefon - wohl wissend, dass es von amerikanischen Satelliten geortet wurde - weiter benutzt und damit die Verfolger auf eine falsche Fährte gelockt.

      In der Zwischenzeit sei Osama Bin Laden in einer anderen Richtung verschwunden. Der Leibwächter wurde später gefasst und soll sich nun in dem amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba befinden, wo er von seinen Mitgefangenen für seine Rolle hoch geschätzt werde, berichtete die Zeitung. Sie beruft sich in ihrem Bericht auf marokkanische Beamte, die Tabarak verhört haben.
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      schrieb am 22.01.03 18:54:15
      Beitrag Nr. 148 ()
      Der Irak, die USA und die Massenvernichtungswaffen

      Florian Rötzer 16.10.2002
      In Vietnam haben die USA einen chemischen Krieg geführt, der Irak wurde noch Ende der 80er Jahre mit waffenfähigen B- und C-Waffen versorgt und das Golfkriegssyndrom könnte eine Warnung sein

      Eines der Hauptargumente der US-Regierung für die Gefährlichkeit des Hussein-Regimes ist, dass es nicht nur biologische und chemische Waffen hergestellt und entwickelt hat (und möglicherweise noch herstellt), sondern zumindest chemische Waffen auch wiederholt gegen den Iran und 1988 gegen Kurden eingesetzt hat. Weil US-Verteidigungsminister Rumsfeld, der in 80er Jahren die Beziehungen zum damaligen Freund Saddam Hussein aufbaute, aber nichts von den US-Lieferungen biologischer und chemischen Substanzen, die für Waffen verwendet werden können, wissen will, fordert jetzt der Verband der amerikanischen Golfkriegsveteranen seinen Rücktritt.













      Erst kürzlich musste das Pentagon Dokumente über Experimente mit biologischen und chemischen Substanzen veröffentlichen, die US-Soldaten und wahrscheinlich auch Zivilisten betroffen haben ( Nur zu Testzwecken). Ähnlich wie der Irak haben die USA aber nicht nur derartige Waffen entwickelt und getestet, sondern diese auch eingesetzt. Im Vietnamkrieg hatte das Pentagon ebenfalls chemische Waffen großflächig verwendet, beispielsweise in Form des dioxinhaltigen "Entlaubungsmittels" Agent Orange oder von über 300.000 Tonnen von Napalm. Wieviele Menschen dadurch direkt getötet oder geschädigt wurden, wieviele Kinder deswegen missbildet auf die Welt kamen, ist unbekannt. Die direkten Opfer dürften in die Hundertausenden gehen, ein Fünftel des südvietnamesischen Walds wurde durch Agent Orange vernichtet und mit Dioxin kontaminiert, noch immer leiden Vietnamesen an den Folgen des chemischen Krieges.

      Während die Vietnamesen von den USA niemals als Wiedergutmachung Schadensersatz erhielten, hatten nach dem Krieg auch über 60.000 Soldaten auf Schadensersatz geklagt, weil sie unter den Folgen des selbst geführten chemischen Kriegs gelitten haben. Nach amerikanischen Recht konnte die Klage nicht gegen das Pentagon gestellt werden, sondern musste sich gegen die Unternehmen wie Dow Chemical, Thompson, Diamond oder Monsanto richten, die Agent Orange hergestellt hatten. Sie einigten sich vor dem Prozess mit den Klägern auf eine Summe von 180 Millionen Dollar, die an etwa 40.000 Veteranen verteilt wurden.





      Nun holt aber zumindest US-Verteidigungsminister Rumsfeld die irakische Vergangenheit ein. Während seiner Zeit als Gesandter von Präsident Reagan für den Mittleren Osten hatte Rumsfeld nicht nur die neuen Beziehungen, die auch Militärhilfe einschlossen, mit dem irakischen Präsidenten Hussein aufgebaut, sondern auch diese weiter gepflegt, als von der UN Vorwürfe gegen den Irak erhoben wurden, Giftgas gegen den Iran einzusetzen. Der Krieg, der wahrscheinlich einer Million Menschen den Tod gebracht hatte, begann 1980 nach einer Invasion des Irak. Zuvor war bekanntlich Ajatollah Khomeini nach dem Sturz des Schahs an die Macht gekommen. Der technisch unterlegene, aber bevölkerungsreichere Iran hatte schließlich damit begonnen, Wellen von meist jugendlichen, kaum oder schlecht bewaffneten Märtyrern gegen die irakischen Stellungen anrennen zu lassen. Den Selbstmordkandidaten wurde natürlich eine ewiges Leben im Paradies versprochen. Für die USA erschien damals eine macht- und ölstrategisch begründete Unterstützung des Hussein-Regimes offenbar besser zu sein, als einen Sieg des Iran und seiner fundamentalistischen Herrscher zu riskieren.



      Vor und nach der "Behandlung" mit Agent Orange während des Vietnamkriegs






      Zunächst hatten die USA den Irak und damit Hussein vor allem mit Informationen über die iranischen Stellungen unterstützt. Gegen die Angriffe mit "menschlichen Wellen" setzte der Irak schon 1983 Giftgas ein, als er bereits heimlich von den USA unterstützt wurde. Die amerikanischen Satellitenbilder hatten dem irakischen Militär eine Massierung der iranischen Truppen an einem wenig gesicherten Grenzgebiet gezeigt, just dort, wo dann das Giftgas zum erstmals Einsatz kam. Rumsfeld, der Gesandte von Präsident Reagan, dessen Vizepräsident bekanntlich Bush I gewesen ist, sagte bei seinem Besuch 1983 im Irak zwar, dass der Einsatz von Giftgas die Beziehungen belaste, doch wurden deswegen weder die militärische Unterstützung noch die 1984 offiziell aufgenommen diplomatischen Beziehungen nicht eingestellt.

      Das hatte möglicherweise seinen Grund darin, dass die USA direkt den Irak bei seiner Kriegsführung mit chemischen Waffen unterstützte. Obgleich allgemein der Einsatz von Giftgasen durch den Irak bekannt war, lieferten amerikanischen Firmen mit Genehmigung des Außenministeriums nach dem Riegle-Bereicht anlässlich einer Senatsanhörung im Jahr 1994 zwischen 1985, wenn nicht schon früher, bis 1989 auch eine ganze Reihe von Viren- und Bakterienkulturen in den Irak, die sich zur Entwicklung von biologischen Waffen verwenden lassen. Dazu gehörte Milzbrand, Botulinum, Clostridium, West-Nil-Virus oder Pest. Diese vermehrungsfähigen Kulturen seien, wie ein weiterer Beicht aus dem 1994 feststellte, mit denjenigen identisch, die von der UNSCOM nach dem Golfkrieg gefunden wurden. Daneben stammen aus den USA aber chemische Substanzen, die für den Bau von chemischen Waffen verwendet werden konnten:


      The United States provided the Government of Iraq with "dual use" licensed materials which assisted in the development of Iraqi chemical, biological, and missile-system programs, including:
      chemical warfare agent precursors;
      chemical warfare agent production facility plans and technical drawings (provided as pesticide production facility plans);
      chemical warhead filling equipment;
      biological warfare related materials;
      missile fabrication equipment; and,
      missile-system guidance equipment
      Aus: U.S. SENATE COMMITTEE ON BANKING, HOUSING, AND URBAN AFFAIRS: U.S. Chemical and Biological Warfare-Related Dual-Use Exports to Iraq and Their Possible Impact on the Health Consequences of the Persian Gulf War, 25. Mai 1994




      Und weil die USA auch später noch Substanzen, die zur Herstellung von chemischen und biologischen Waffen benötigt werden, an den Irak geliefert hat, fordert nun der Verband der amerikanischen Golfkriegsveteranen den Rücktritt von Rumsfeld, der davon angeblich keine Kenntnis haben will. Eine der Hauptanliegen des Verbands der Golfkriegsveteranen ist die Behandlung des sogenannten Golfkriegssyndroms und das Erreichen einer Entschädigung für die Betroffenen. Umstritten ist, wieviele Menschen von dieser "Krankheit" betroffen sind, ob es überhaupt eine ist und welche Ursachen sie besitzt. Angeblich sind von den damals eingesetzten 700.000 Soldaten Zugtausende von Golfkriegsveteranen - der Verband spricht gar von Hunderttausenden - daran erkrankt. Nach dem Department of Veterans Affairs sind fast 8000 der Golfkriegsveteranen inzwischen gestorben, fast 200.000 haben Anträge wegen medizinischer Probleme eingereicht. Der Grund für die Erkrankung wird in der Verwendung von Munition mit abgereichertem Uran (Depleted Uranium - DU) gesehen ( Low Intensity Nuclear War), in Impfcocktails zum Schutz vor Biowaffen wie Anthrax, im Einsatz von Pestiziden, im Rauch von brennenden Ölquellen oder in der Aussetzung an biologische oder chemische Substanzen im Irak gesehen, die dort wie in Khamisiyah gelagert waren und durch die Kriegshandlungen freigesetzt wurden.



      Zerstörung von Bunkern, in denen chemische Waffen gelagert waren: Khamisiyah, 4. März 1991






      Welcher Grund auch immer für das Golfkriegssysndrom verantwortlich ist - ein ähnliches Phänomen hat sich 1998 nach Impfungen gegen Milzbrand ergeben -, so könnten Befürchtungen, wie sie die Golfkriegsveteranen äußern, auch den möglicherweise bald bevorstehenden Einsatz im Irak erschweren. Die Veteranen sehen sich als Versuchskaninchen des Pentagon, was nicht nur durch Freigabe der Dokumente über Tests mit Biowaffen bestätigt wurde, sondern auch durch die Informationen über die amerikanischen Lieferungen von Substanzen an den Irak vor dem Golfkrieg, die sich für den Bau von chemischen und biologischen Waffen verwenden ließen.



      Brennende Ölquellen





      Besonders erzürnt ist der Verband, weil Rumsfeld bei einer Anhörung im September vor dem für die Streitkräfte zuständigen Senatsausschuss beteuert hatte, nichts von solchen Lieferungen an den Irak zu wissen. Er hatte auch bezweifelt, dass es solche gegeben habe. Das erzürnt den Verband, da der Verteidigungsminister die notwendigen Informationen über einen möglichen militärischen Gegner haben müsse, vor allem wenn diese schon jahrelang bekannt sind. Wegen seines Unwissens oder des Abstreitens sei er eine "Gefahr für das Leben unserer Soldaten" und müsse zurücktreten. Andere Organisationen wie das National Gulf War Resource Center kritisieren, dass nun wieder Soldaten einer Vielzahl von möglicherweise krankmachenden Einflüssen ausgesetzt werden und dagegen nicht ausreichend geschützt sind. Sie würden wie die Veteranen vor 11 Jahren mit "demselben Feind, denselben Fehlern, derselben Ausrüstung und derselben Geisteshaltung" konfrontiert sein.



      Schutzanzug gegen C-Waffen im Golfkrieg





      Weil der Irak möglicherweise auch Pocken gezüchtet haben könnte und es nicht bekannt ist, ob nach dem Golfkrieg alle biologische Waffen zerstört wurden, sollen nun sicherheitshalber eine halbe Million US-Soldaten gegen Pocken geimpft werden. Da es gegen Pocken keine wirkliche Behandlungsmöglichkeit gibt, ist der einzige Schutz eine Impfung. Die Pocken gelten eigentlich als ausgelöscht, angeblich gibt es nur in Russland und in den USA noch Pockenkulturen, deren Vernichtung noch aufgeschoben wurde. Sie stammen noch aus der Zeit, als in beiden Staaten biologische Waffen entwickelt und hergestellt wurden. So soll die USA 1966 geplant haben, neben dem Einsatz der chemischen Waffen, den Ho-Chi-Minh-Pfad in Vietnam mit Pocken zu verseuchen. Pocken verbreiten sich auch über die Luft. Diese Idee wurde damals aber nicht umgesetzt, Präsident Nixon stoppte 1969 die Biowaffenproduktion.

      Nach Informationen amerikanischer Geheimdienste könnten Pocken samt Knowhow zu Beginn der 90er Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Sturz in die Arbeitslosigkeit von Wissenschaftlern auch in den Irak gekommen sein. Allerdings gab es in den 70er Jahren im Irak selbst eine Pockenepidemie. Und dann wurde im Irak an Kamelpocken geforscht, die an sich für den Menschen nicht pathogen sind, aber möglicherweise entsprechend "scharf" gemacht werden könnten. Eine Pockenimpfung, bei der die Erreger des eng verwandten Virus Vaccinia in die Haut geritzt werden, ist aber nicht risikofrei. Nicht nur können manche Geimpfte eine Zeitlang andere Menschen mit Pockenviren anstecken, gefährlich vor allem für Menschen mit einer geschwächten Immunabwehr, die Impfung selbst ist bei älteren Menschen nicht unbedenklich und kann zu Erkrankungen wie Ekzema vaccinatum oder postvakzinale Enzephalitis führen.

      Ausreichend Anlass wahrscheinlich für ein neues Golfkriegssyndrom schon vor der Invasion, dessen vermutete Ursachen vermutlich auch einen Teil des Missmuts in den Reihen des amerikanischen Militärs an einem neuen Golfkrieg ausmachen
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      schrieb am 22.01.03 19:10:13
      Beitrag Nr. 149 ()
      Der Bush-Clan profitiert ganz direkt von den exorbitanten US-Militärausgaben.
      Einen schnurgeraden Spaziergang vom Weissen Haus entfernt liegt das Zentrum der Macht. Man geht 15 Minuten entlang der Pennsylvania Avenue vom Regierungssitz des US-Präsidenten zu den Büros der Carlyle Group, einer Investitionsfirma in Washington D.C. Dort wird derzeit die Politik gemacht. «Die Carlyle Group, nicht Bush regiert die USA», sagt eine Vertreterin des New Yorker Think Tank Council on Foreign Relations. Sie will anonym bleiben. Andere teilen ihre Meinung. «Zum ersten Mal steht der Vater des US-Präsidenten auf der Lohnliste eines der grössten Rüstungsherstellers», sagt der Direktor des unabhängigen Centers for Public Integrity, Charles Lewis. Carlyle, 1987 mit 10 Millionen Dollar gestartet, verwaltet inzwischen 12,5 Milliarden, ist in 55 Ländern tätig und investiert vorwiegend in Waffen-, Luftfahrt- und Kommunikationsfirmen. Ausserhalb der USA ist die Gruppe im Nahen Osten, in Asien und im arabischen Raum beim Persischen Golf besonders aktiv. George H. W. Bush, Präsidentenvater und Golfkrieger, fungiert als wichtigster Lobbyist. Zum Beraterstab gehören auch der einstige britische Premier John Major und der Expräsident der Philippinen, Fidel Ramos. Zudem lenken – was das Ganze noch problematischer macht enge Freunde und alte Bekannte von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney die Carlyle Group. Bush junior bleibt die Rolle, die er am ehesten beherrscht, die des Impressarios. Die erledigt er bravourös. Letzte Woche stimmte der kleine Bush in einer kriegstreiberischen Rede die Nation auf Attacken gegen die «Achse des Bösen» ein. «Es ist nicht eine Frage ob, sondern wann der Irak angegriffen wird», deutet der Historiker Walter Mead die Haltung Bushs. Es sei nebensächlich, ob die Alliierten die Aktion unterstützten. «Bush ist überzeugt, es im Alleingang zu schaffen», sagt Mead.

      Klein-Bush kauft veraltete Panzerwagen, und der Papa sahnt ab Das US-Militär wächst wie nie zuvor, und die Army strotzt geradezu vor Sprengkraft. Bush sieht im neuen Haushaltsentwurf 379 Milliarden Dollar für das Pentagon vor, eine Steigerung von 14,5 Prozent. Nie mehr seit 20 Jahren schwollen die Militärausgaben derart stark an. Der Präsident nimmt erstmals seit vier Jahren auch ein Budgetdefizit in Kauf. Aus Eigennutz, denn es erhöht sein Erbe. Das geht so: Der Vater ist in eine Firma involviert, die private Unternehmen besitzt, die von jenem Staat militärische Aufträge einholt, den der Sohn präsidiert. Das jüngste Beispiel ist ein gepanzertes Artilleriefahrzeug namens Crusader. Trotz heftiger Kritik, der Panzerwagen sei veraltet, kauft ihn die Armee. Das Gefährt wird vom riesigen Rüstungskonglomerat United Defense Industries produziert, das der Carlyle Group gehört. Im vergangenen September, als Terroristen das World Trade Center zerstört hatten, verlängerte das ebenfalls betroffene Pentagon den 11 Milliarden Dollar umfassenden Crusader-Vertrag. Carlyle nutzte den Kontrakt, um United Defense im Dezember an die Börse zu bringen. «Die Beziehung zwischen Regierung und militärisch-industriellem Komplex ist heute enger denn je», sagt der Historiker Mead. Derzeit würden jene Kräfte die Aussenpolitik bestimmen, «die stets mit aller Kraft rücksichtslos zurückschlagen, nachdem das Land angegriffen worden ist». Es sind dieselben Kräfte, die zu Beginn der Neunzigerjahre den Irak angegriffen haben. «Jetzt wollen sie beenden, was sie angefangen haben», sagt Mead. Viele der Kriegsherren von damals arbeiten heute für Carlyle und verdienen daran. Bush senior berät die Firma, alte Bekannte von Bush führen sie, und Frank Carlucci, unter Ronald Reagan Verteidigungsminister, agiert als CEO. An der Princeton University gehörte er zusammen mit dem jetzigen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld dem Ringteam der Universität an. Die beiden hätten oft ihre Kräfte gemessen. James Baker, einst Aussenminister von Bush senior und Kampagnenberater von Bush junor, ist Chefberater und leitender Manager. Der jetzige Vizepräsident, Dick Cheney, war während des Golfkriegs Verteidigungsminister. Nun sollen auch die Nato-Staaten aufrüsten mit US-Waffen Das sind für Firmen von Carlyle nahezu perfekte Voraussetzungen, um Rüstungsaufträge aus der ganzen Welt anzulocken. Investiert ist Carlyle im Flugzeug- und im Hightechbereich. Die Gruppe spezialisiert sich vornehmlich auf den Kauf abgetakelter Rüstungsfirmen, versorgt sie mit neuen Aufträgen und verkauft sie Gewinn bringend. Ins Konzept passt daher die neueste US-Losung, Nato-Partner zum Aufrüsten zu ermuntern am besten mit US-Waffen. Nur Amerika könnte derzeit einen modernen Krieg führen, sagen US-Strategen. Die Nato drohe auseinander zu brechen, wenn die Mitglieder ihr Militär nicht modernisieren, rügte jüngst ein Leitartikler in der «New York Times». Das hörten die Bosse der Rüstungsschmieden von Carlyle gerne.

      Die US-Öffentlichkeit weiss wenig Bescheid über die Verflechtungen. Carlyle ist in privaten Händen und muss die Bücher daher nicht öffnen. Kurz für Aufsehen sorgte bloss die Meldung, die Familie von Osama bin Laden gehöre zu den Investoren, aber mittlerweile hat sie ihren Anteil abgestossen. Auf der Website wird der einflussreiche Beraterstab erst nach aufwändigem Durchklicken ersichtlich. James Baker als Koordinator aller Lobbyisten ist direkt aufgeführt. Während des Wahlgeplänkels in Florida wirkte Baker, dessen Anteil an Carlyle auf 180 Mio Dollar geschätzt wird, als Chefunterhändler und Sprecher der Republikaner. Mit dem Hintergedanken, dass Bush im Weissen Haus den Carlyle-Einfluss festigen würde. All das ist nicht verboten. Ein Jahr nach Amtsaustritt dürfen Ex-Regierungsmitglieder wieder Lobbymandate übernehmen. «Das Tun von Carlyle ist zwar nicht illegal», schreibt der Ökonom Paul Krugman, «aber es stinkt zum Himmel.»
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      schrieb am 23.01.03 00:07:07
      Beitrag Nr. 150 ()
      Britischer Öl-Experte

      "Die Falken sind kurzsichtig"

      Welche Rolle spielt das Öl bei einem Feldzug gegen Saddam Hussein? Der britische Energieexperte und Weltbank-Berater Mamdouh Salameh warnt im SPIEGEL-ONLINE-Interview vor den hohen Risiken einer amerikanisch-britischen Invasion im Irak.


      Öl-Experte Salameh: "Die wichtigsten Ölfelder liegen im Kurdengebiet und im Süden bei den Schiiten"


      SPIEGEL ONLINE: Dr. Salameh, wie sind die irakischen Ölreserven beschaffen und welche Bedeutung haben sie für die USA?

      Mamdouh Salameh: Die nachgewiesenen irakischen Ölreserven belaufen sich auf 150 Milliarden Barrel, das sind rund 15 Prozent der weltweit nachgewiesenen Reserven. Darüber hinaus verfügt der Irak noch über geschätzte Reserven von 215 Milliarden Barrel. Damit hat der Irak insgesamt rund 50 Prozent mehr Öl als Saudi-Arabien.

      SPIEGEL ONLINE: Gleichwohl sprechen Vertreter der US-Regierung, wenn es um die Irak-Krise geht, nicht über Öl.

      Salameh: Nein, sie sprechen natürlich viel lieber von Menschenrechtsverletzungen und Massenvernichtungswaffen, obwohl die irakischen Ölreserven ganz ohne Frage für die Strategie und die Sicherheit der USA eine sehr große Rolle spielen, und die derzeitige Irak-Krise ohne die Dimension des Öls gar nicht zu verstehen ist.

      SPIEGEL ONLINE: Das müssen Sie genauer erklären.

      Salameh: Die USA importieren nahezu 60 Prozent des Öls, das sie verbrauchen, ungefähr die Hälfte davon aus dem Nahen Osten. Aber die Importe werden steigen, und langfristig kann nur der Nahe Osten den gewaltigen Öldurst der Amerikaner stillen.

      SPIEGEL ONLINE: Sie gehen davon aus, dass die Abhängigkeit der US-Wirtschaft vom Öl ungebrochen bleibt?

      Salameh: Es wird inzwischen intensiv in Sachen erneuerbare Energien geforscht. Dennoch kam ich in einer Studie, die ich für die Weltbank gemacht habe, zu dem Ergebnis, dass - wenn es nicht zu einer schnellen und radikalen Wende in der Energiepolitik kommt, was sehr unwahrscheinlich ist - im Jahr 2050 nur zwölf Prozent des weltweiten Primärenergiebedarfs mit erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden können, in den USA nur weniger als sechs Prozent.

      SPIEGEL ONLINE: Der Zugang zu großen Mengen bezahlbaren Öls ist demnach besonders für die USA eine Überlebensfrage.

      Salameh: In der Tat. Und das strategische Ziel der US-Regierung muss es aus diesem Grund sein, die Länder, die über entscheidende Ölreserven verfügen, zu kontrollieren. In Saudi-Arabien sind schon amerikanische Soldaten stationiert, aber die dortigen Reserven reichen nicht aus. Die Amerikaner brauchen Kuweit, die Vereinigten Arabischen Emirate - und den Irak.

      SPIEGEL ONLINE: Die Amerikaner können sich ja nicht einmal auf die Saudis verlassen.


      DER SPIEGEL

      Verteilung der Ölreserven: "Der Irak hat 50 Prozent mehr Öl als Saudi-Arabien"


      Salameh: Saudi-Arabien ist ein stabiles Land, allerdings existiert eine tiefe Abneigung im Volk gegen die Stationierung von US-Truppen im Land, die wiederum einen fruchtbaren Boden für al-Qaida bereitet. Deshalb hat die Regierung in Riad auch erklärt, dass sie ihren Luftraum nicht für einen Angriff auf den Irak freigeben wird, und deshalb sind die Beziehungen zurzeit so angespannt.

      SPIEGEL ONLINE: Wird angesichts dieser Spannungen der Irak für die US-Regierung nicht noch wichtiger und die Einsetzung eines von Washington kontrollierten Regimes in Bagdad nicht noch verlockender?

      Salameh: Ja, statt eine friedliche Lösung mit dem Irak zu suchen, in deren Rahmen amerikanische Ölkonzerne neue Ölfelder erschließen könnten, wollen die Amerikaner sich das irakische Öl offenbar mit Gewalt unter den Nagel reißen.

      SPIEGEL ONLINE: Sehen Sie die Debatte über die Massenvernichtungswaffen des Irak nur als einen Vorwand für einen Öl-Krieg?

      Salameh: Schauen wir uns doch einfach mal die so genannten "Schurkenstaaten" und ihre Massenvernichtungswaffen an. Nordkorea hat eingeräumt, dass seine Nuklearwissenschaftler Atomwaffen entwickeln, dennoch redet George W. Bush nicht von einem Regimewechsel in Pjöngjang. Der Grund dafür ist natürlich, dass Nordkorea kein Öl hat, ebenso wie etwa die Atommächte Indien oder Pakistan keines haben. Und der Irak stellt im Gegensatz zu diesen Nuklearmächten eine Bedrohung für Israel dar, das bekanntermaßen seit den sechziger Jahren über die nukleare Trumpfkarte verfügt.

      SPIEGEL ONLINE: Israel mal ausgeklammert, welche Auswirkungen auf die Ölmärkte könnte eine Invasion des Irak haben?

      Salameh: Wenn die USA in Bagdad eine Marionettenregierung installieren, würde diese so schnell als möglich so viel Öl als möglich auf den Markt werfen, um die Opec zu unterminieren.

      SPIEGEL ONLINE: Indem der Ölpreise nach unten gebracht wird ...

      Salameh: ...und die Opec-Länder die Produktion steigern müssen, um zumindest ihre Einkünfte stabil zu halten.

      SPIEGEL ONLINE: Wie schnell könnten die Märkte mit irakischem Öl überschwemmt werden?


      DPA

      Raffinerie im Irak: "Nur der Nahe Osten kann den Öldurst der Amerikaner stillen"


      Salameh: Die irakische Ölindustrie ist auf Grund von Ersatzteilmangel und unterlassenen Investitionen in einem ziemlich jämmerlichen Zustand. Sollten die Amerikaner den Irak erobern, dürfte es mindestens ein Jahr dauern und massiver Investitionen bedürfen, bis die Produktion wieder auf dem Stand von 1990, von vor dem Golfkrieg, angelangt ist. Für eine Verdopplung der Produktion innerhalb von zehn Jahren müssten die großen Ölkonzerne rund 30 Milliarden US-Dollar investieren.

      SPIEGEL ONLINE: Dieses Szenario setzt allerdings eine reibungslose Besetzung des Irak voraus.

      Salameh: Woran ich erhebliche Zweifel habe. Ich befürchte, dass die Amerikaner bei einer Invasion nicht alle denkbaren Konsequenzen kontrollieren können. Der Irak könnte aufgeteilt werden, auch wenn die Bush-Administration jetzt stets die Wahrung seiner territorialen Integrität beschwört. Man muss in diesem Zusammenhang wissen, dass die wichtigsten Ölfelder des Irak im Kurdengebiet im Norden liegen und vor allem in dem von Schiiten bewohnten Süden an der Grenze zum Iran.

      SPIEGEL ONLINE: Wie könnte sich ein Krieg im Irak auf die ölproduzierenden Nachbarstaaten auswirken?

      Salameh: Eine Invasion könnte die Königliche Familie und ihre Regierung in Saudi-Arabien in Gefahr bringen, Kuweit und mein Heimatland Jordanien destabilisieren. Und das würde dann den Ölnachschub für die ganze Welt gefährden.

      SPIEGEL ONLINE: Wird das in Washington nicht bedacht?

      Salameh: Die Falken in Washington, die unbedingt einen militärischen Erfolg gegen Saddam erzielen wollen, den sie ohne Zweifel erreichen würden, sind meiner Meinung nach kurzsichtig. Auch wenn sie dies nicht beabsichtigen, sie könnten mit einer Invasion den gesamten Nahen Osten in Instabilität stürzen und zu einem perfekten Rekrutierungsgebiet für al-Qaida und ähnliche Terrorgruppen machen.

      SPIEGEL ONLINE: Sie meinen, ein sicherer, langfristiger Ölnachschub ließe sich am besten mit friedlichen Mitteln erreichen?

      Salameh: Ja. Statt irakisches und amerikanisches Blut zu vergießen, sollte Präsident Bush eine friedliche Lösung mit dem Irak suchen. Davon würden alle profitieren, die Ölfirmen, die Menschen im Nahen Osten, die ganze Welt. Letztlich bedürfte es natürlich auch einer Lösung des Palästina-Problems und Friedensverträgen zwischen Israel und allen arabischen Ländern. Aber schon eine Entwicklung in diese Richtung würde der amerikanischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft nützen.

      SPIEGEL ONLINE: Wie würden die Ölmärkte auf eine Invasion des Irak reagieren?

      Salameh: Wenn der Krieg nicht ganz schnell gewonnen wird, könnte der Ölpreis bis auf über 60 Dollar pro Barrel in die Höhe schießen. Das wäre fatal für die Weltwirtschaft und die US-Wirtschaft. Präsident Bush könnte, wie es schon seit Vater vorgemacht hat, einen Krieg gegen Saddam Hussein gewinnen, aber das Vertrauen seiner Landsleute und die nächsten Wahlen verlieren.

      Das Interview führte SPIEGEL-ONLINE-Korrespondent Michael Sontheimer in London
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      schrieb am 23.01.03 00:12:28
      Beitrag Nr. 151 ()
      Ex-CIA-Direktor James Woolsey

      "Wir fangen mit dem Irak an"

      Jahrelang war James Wollsey der Chef des mächtigen US-Geheimdienstes CIA. Im Interview rechtfertigt er nun einen US-Angriff auf den Irak, fordert von den Inspektoren im Irak schärfere Kontrollen und spricht über die Rolle des Öls bei der Kriegsfrage.


      AP

      Stratege Woolsey "Menschen werden sterben"


      SPIEGEL: Mr. Woolsey, die Uno-Inspektoren suchen im Irak noch immer nach Massenvernichtungswaffen. Können sie am 27. Januar überhaupt ein Ergebnis vorlegen, das einen Krieg zunächst entbehrlich macht?


      Woolsey: Die Inspektoren werden kaum etwas finden, wenn sie nicht endlich die Vollmacht nutzen, die sie nach der Uno-Resolution haben, nämlich Wissenschaftler und deren Familien außer Landes zu bringen. Beim bloßen Herumlaufen im Irak lässt sich schwerlich etwas finden.

      SPIEGEL: England und Frankreich argumentieren mittlerweile, dass der 27. Januar nicht der endgültige Stichtag sei und die Inspektoren mehr Zeit benötigten.

      Woolsey: Die Uno-Suchtrupps könnten ewig weitersuchen. Ohne frische Informationen von Insidern werden sie die chemischen und biologischen Waffen, die sich leicht verstecken und leicht verlegen lassen, aller Wahrscheinlichkeit nicht aufspüren.

      SPIEGEL: Hans Blix führt Beschwerde, dass die Vereinigten Staaten ihm noch immer die Kenntnisse der Geheimdienste vorenthalten. Warum rücken die nichts heraus?

      Woolsey: Er hat schon etwas bekommen, aber falls die Erkenntnisse, was oft der Fall ist, zur Identifizierung unserer Quellen führen, wird Saddam sie und ihre Familien töten. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Wissenschaftler und ihre Familien aus dem Irak herausgebracht werden.

      SPIEGEL: Tony Blair droht ein Aufstand in der eigenen Partei, und Frankreich zögert, dem Irak einen Bruch der Uno-Resolution 1441 vorzuwerfen - sollten die Vereinigten Staaten allein gegen Saddam vorgehen?

      Woolsey: Wir brauchen keine weitere Resolution des Sicherheitsrates. Natürlich wäre es eine Schande, wenn die Briten nicht mitmachen würden, aber letztlich kommt es darauf auch nicht an. Und Frankreich kann ohnehin tun, was es will.

      James Woolsey,
      61, war von 1993 bis 1994 Direktor der CIA und arbeitet heute eng mit den Pentagon-Planern im Büro von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zusammen. Woolsey ist Partner einer Anwaltskanzlei in Washington.



      SPIEGEL: Warum eigentlich ist Saddam der Inbegriff des Bösen für Amerikaner wie Sie? Nordkorea verstößt gegen bestehende Verträge, hat die Atom-Inspektoren des Landes verwiesen, stößt wüste Drohungen aus, um Amerika zu Verhandlungen zu zwingen. Zudem ist Iran augenscheinlich entschlossen, Massenvernichtungswaffen zu bauen. Warum sind die Vereinigten Staaten dennoch auf den Irak fixiert?

      Woolsey: Weil wir pragmatisch vorgehen. Das ist keine Übung in cartesianischer Logik, wonach wir alle Länder über einen Kamm scheren, die nach unserer Kenntnis Massenvernichtungswaffen besitzen. Das ist eine Frage der Dringlichkeit.

      SPIEGEL: Wo sehen Sie denn die größte Dringlichkeit?

      Woolsey: Iran und die verrückten Mullahs, die das Land beherrschen, sind in einer sehr schwachen Position. Ihre Ideologie ist tot, sie sind auf dem absteigenden Ast. Ich will nicht vorhersagen, dass ihre Herrschaft in einem Monat oder einem Jahr zusammenbricht. Aber nichts wäre törichter, als mit militärischer Gewalt gegen sie vorzugehen und damit all die wunderbaren Studenten in die Arme der Mullahs zu treiben.
      REUTERS

      Solidaritätskundgebung für Saddam (Am 14. Januar in Bagdad): "Es ist wie Nazi-Deutschland"



      SPIEGEL: Warum aber ist Nordkorea nur ein diplomatisches Problem für die Regierung Bush?

      Woolsey: Nordkorea ist ein ganz anderer Fall. Anders als der Irak hat Nordkorea in den letzten 22 Jahren nicht zwei Kriege vom Zaun gebrochen. Anders als der Irak hat Nordkorea nicht Massenvernichtungswaffen gegen das eigene Volk und seinen Nachbarn eingesetzt. Außerdem ist Nordkorea von zwei Nuklearmächten - Russland und China - und von zwei weiteren starken Mächten - Japan und Südkorea - umgeben, und dazu kommt noch als fünfte Macht Amerika mit starken Streitkräften in Japan und Südkorea. Der Irak ist jedoch eine Diktatur, die wir daran hindern müssen, so weit wie Nordkorea zu kommen, zum Beispiel in den Besitz atomarer Waffen. Es gibt keine Aussicht darauf, dass der Irak sich aus eigenen Kräften reformiert - es ist wie Nazi-Deutschland -, und die Probleme lösen sich nicht, indem man auf den Tod Saddams wartet. Dessen Sohn Udai ist ein Spezialist fürs Vergewaltigen und Ermorden von Frauen, sein Sohn Kussei versteht sich auf Foltermethoden.

      SPIEGEL: Sie vergleichen Saddam mit Hitler, eine historische Analogie, die momentan in Washington gern angewandt wird. Ist das nur ein rhetorisches Mittel, um die Dringlichkeit des Falles zu steigern?

      Woolsey: Saddam hat sich bis heute mehr zu Schulden kommen lassen als Hitler im Jahre 1936, als er ins demilitarisierte Rheinland einrückte. Und unsere Freunde in Europa haben eine Neigung zur Appeasement-Politik gegenüber Saddam, genauso wie Teile Europas gegenüber Hitler Appeasement walten ließen, als der schon Tausende seiner Landsleute ins Gefängnis gesteckt und gegen den Versailler Vertrag verstoßen hatte.
      AP

      Brennende Ölfelder in Kuwait (1991): "Wir haben den nahen Osten lange als unsere Tankstelle betrachtet"



      SPIEGEL: Zurück zur Achse des Bösen: Irak hat Erdöl, Nordkorea nicht. Die Regierung Bush hat schon im Mai 2001 eine Neuausrichtung ihrer Energiepolitik angekündigt. Macht die Abhängigkeit von importiertem Öl Amerika nicht besonders verwundbar?

      Woolsey: Öl ist die Lebensader aller Industrienationen. Zwei Drittel der bekannten Ölvorräte liegen am Persischen Golf. Als Saddam 1990 in Kuweit einmarschierte und sich den saudi-arabischen Ölfeldern näherte, war er lediglich einige hundert Kilometer davon entfernt, knapp die Hälfte aller weltweit nachgewiesenen Ölreserven unter seine Kontrolle zu bringen.

      SPIEGEL: Also geht es auch diesmal um Öl ...

      Woolsey: ... aber nicht nur um Amerikas Abhängigkeit vom Öl, sondern um die der ganzen Welt. Auf kurze Sicht liegt unsere grundlegende Verwundbarkeit darin, dass die Saudis die Fördermenge schnell drosseln oder steigern können, weil sie über die Hälfte der weltweiten "swing capacity", insgesamt vier Millionen Barrel, verfügen. Damit haben die Saudis entscheidenden Einfluss auf den Ölpreis. Wir müssen dem Nahen Osten die Ölwaffe wegnehmen.

      SPIEGEL: War es fahrlässig oder kurzsichtig, dass sich die Vereinigten Staaten in weitgehende Abhängigkeit von Saudi-Arabien begeben haben - einem Land, das mittlerweile als unzuverlässig gilt?

      Woolsey: Die ehemalige israelische Premierministerin Golda Meïr hat einmal gesagt: Wie kann Israel das auserwählte Volk sein, wo uns doch Gott 40 Jahre in der Wüste herumwandern ließ und uns dann den einzigen Ort im Nahen Osten zuwies, an dem es kein Öl gibt? Unglücklicherweise verfügen nicht Demokratien wie Israel über Öl, sondern autoritäre Regierungen. Daraus folgt, dass die Welt, solange sie abhängig vom Öl ist, irgendwie mit diesen Ländern zurechtkommen muss. Man kann nicht alle Probleme auf einmal lösen. Man braucht eine langfristige Strategie.

      SPIEGEL: Und wir sollen daraus den Schluss ziehen, dass der Irak erst der Anfang ist?

      Woolsey: Während fast ganz Europa demokratisch ist, bleibt der Nahe Osten der Härtefall für die Verbreitung der Demokratie. Wir fangen jetzt mit dem Irak an, weil Saddam am tückischsten und gefährlichsten ist. Wir können ihn nicht an der Regierung belassen und stattdessen die Region von ihren Rändern her demokratisieren. Man muss im Zentrum des Problems beginnen.

      SPIEGEL: Die amerikanische Außenpolitik ist allerdings beileibe nicht unschuldig an den Schwierigkeiten des Nahen Ostens.

      Woolsey: Der Nahe Osten ist ein exzellentes Beispiel, um Churchills Satz zu illustrieren, dass die Amerikaner am Ende immer das Richtige tun, aber erst nachdem sie alle falschen Möglichkeiten ausprobiert haben.

      SPIEGEL: Wie lässt sich der Satz am Nahen Osten illustrieren?

      Woolsey: Wir haben den Nahen Osten lange als unsere Tankstelle betrachtet. Einer der Gründe, weshalb die Demokratie in der arabischen Welt keinen Fortschritt gemacht hat, ist unsere Fixierung aufs Öl.

      Das herausragende Beispiel dafür spielte sich 1991 ab, als der damalige Präsident Bush bemerkenswert geschickt eine Koalition gegen den Irak zusammenbrachte, den Krieg gewann und sich dann auf einen Waffenstillstand einließ, der Saddams Republikanische Garde fortbestehen ließ - und dann haben wir uns zurückgelehnt und zugeschaut, wie die kurdischen und schiitischen Rebellen abgeschlachtet wurden. Die Welt und der Nahe Osten verstanden die Botschaft so: Wenn erst einmal die Ölzufuhr gesichert ist, sind uns die Menschen im Nahen Osten egal. Ich glaube, das war die schlechteste außenpolitische Entscheidung der USA im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts.

      SPIEGEL: Und Amerika will den Fehler jetzt wieder gutmachen?

      Woolsey: Die Entscheidung aus dem Jahr 1991 verfolgt uns wie ein Gespenst. Menschen werden beim Regimewechsel im Irak sterben - viel mehr, als damals gestorben wären, wenn wir nur den Kurden und Schiiten beigestanden hätten oder wenigstens die Republikanische Garde am Angriff gehindert hätten.

      INTERVIEW: CAROLIN EMCKE, GERHARD SPÖRL
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      schrieb am 23.01.03 11:20:19
      Beitrag Nr. 152 ()
      Streit über Irak-Krieg

      "Deutschland ist ein Problem, Frankreich ist ein Problem"

      Der Ton wird schärfer. Mit rauer Rhetorik attackiert US-Verteidigungsminister Rumsfeld das Anti-Kriegs-Bündnis der Deutschen und Franzosen: Sie repräsentierten das alte Europa, eine riesige Zahl anderer Länder dagegen würde einen Feldzug begrüßen.



      REUTERS

      Bereit für den Krieg: Donald Rumsfeld


      Washington/Paris/Berlin - Rumsfeld bezeichnete Deutschland und Frankreich in dieser Frage als "Problem". In der Haltung der Regierungen in Paris und Berlin sehe er das "alte Europa", sagte der amerikanische Verteidigungsminister. Die Mehrheit der europäischen Länder würde aber die Irak-Politik der US-Regierung unterstützen. Bei den Feiern zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrages hatten Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac für eine friedliche Lösung im Irak- Konflikt plädiert.

      "Das Zentrum des Nato-Europas verlagert sich nach Osten", sagte Rumsfeld. "Deutschland ist ein Problem, Frankreich ist ein Problem. Aber wenn Sie sich die riesige Zahl anderer Länder ansehen, so sind sie auf der Seite der USA und nicht Frankreichs und Deutschlands", behauptete der US-Verteidigungsminister.

      Chirac und Schröder beteuerten dagegen, Berlin und Paris wollten eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts. "Wir sind gleicher Auffassung", sagte Chirac nach einer deutsch-französischen Kabinettssitzung am Mittwoch in Paris. Die Vertreter beider Länder arbeiteten in der Frage im Sicherheitsrat ständig und in völliger Abstimmung zusammen.

      "Beide wollen die notwendige friedliche Lösung des Irak- Konflikts", sagte auch Schröder. Er betonte, wie wichtig die deutsch-französische Zusammenarbeit gerade «in diesen schwierigen Zeiten" auch auf internationaler Ebene sei. Auf der Suche nach einer friedlichen Beilegung stimmten sich Deutschland und Frankreich "engstens mit einander" ab.

      Berlin und Paris stimmten in zwei Punkten Überein, sagte Chirac: "Es ist allein der Uno-Sicherheitsrat, der entscheidet, und der Krieg bedeutet für uns immer ein (diplomatisches) Scheitern, er ist damit immer die schlechteste Lösung." Es müsse also alles getan werden, um einen Krieg zu vermeiden.

      Rühe kritisiert Rumsfeld

      Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Volker Rühe, kritisierte Rumsfelds Aussagen. Der US-Verteidigungsminister sei "nicht Klug" und "nicht gerade ein Diplomat" gewesen, sagte Rühe der CDU-Politiker im ZDF-"Morgenmagazin". Auch die Amerikaner müssten sich mit den europäischen Positionen auseinander setzen.

      Rühe erneuerte aber auch seine Kritik an Schröder. Die Bundesregierung verhalte sich nicht vorbildlich. Es gebe deutliche Unterschiede zur französischen Position. "Ich bin ganz sicher, dass Frankreich dann letztlich im Weltsicherheitsrat - wie immer die Entscheidung sein wird - seiner Verantwortung gerecht werden wird. Ich würde mir wünschen, dass Deutschland zu einer gemeinsamen europäischen Position findet und hilft, noch Druck auszuüben, damit der Krieg durch eine friedliche Entwaffnung noch vermieden wird", sagte der ehemalige Verteidigungsminister.


      US-Präsident George W. Bush verschärfte dagegen erneut den Ton gegenüber Bagdad. In einer Rede in St. Louis (Missouri) sagte er, der irakische Präsident setze angesichts der langjährigen internationalen Tatenlosigkeit seinen Kurs der "Täuschung" fort. "Es ist Zeit für uns, die Welt an ihre Verantwortung zu erinnern und Zeit für Saddam, zur Verantwortung gezogen zu werden."

      Der Uno-Chefinspekteur Hans Blix bekräftigte unterdessen, dass allein der Sicherheitsrat über Fortsetzung oder Abbruch der Waffenkontrollen im Irak entscheiden könne. Auf die Frage von Journalisten, wie er zur Erklärung von Bush stehe, dass die Zeit für Bagdad ablaufe, sagte Blix: "Es ist Sache des Sicherheitsrates, das zu entscheiden." Blix wiederholte, dass für effektive Waffenkontrollen im Irak mehr Zeit benötigt werde. Sie böten die Möglichkeit einer friedlichen Lösung des Irak-Konflikts.
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      schrieb am 23.01.03 12:41:38
      Beitrag Nr. 153 ()
      Franzosen "zutiefst beleidigt"

      Mit seinen jüngsten Äußerungen hat Donald Rumsfeld die Franzosen in Rage gebracht. Der US-Verteidigungsminister hatte Frankreich und Deutschland als "Problem" bezeichnet und auf das "alte Europa" geschimpft. Die Antwort aus Frankreich kam prompt.


      REUTERS

      Macht sich in Europa unbeliebt: Verteidigungsminister Rumsfeld


      Paris - Regierung und Opposition in Frankreich wiesen die amerikanische Kritik an der ablehnenden Haltung Frankreichs und Deutschlands gegen einen raschen Militärschlag im Irak entschieden zurück. Die Bemerkung des amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld über das "alte Europa" habe ihn "zutiefst beleidigt", sagte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Francis Mer heute im französischen Fernsehsender LCI.

      Die sozialistische Opposition kritisierte nach den Worten der früheren Arbeitsministerin Martine Aubry die "Arroganz der USA", die "die Welt mit immer weniger Regeln allein regieren" wollten. Umweltministerin Roselyne Bachelot antworte Rumsfeld indirekt mit einem Schimpfwort. "Ich verweise auf den berühmten Cambronne", sagte sie im Rundfunk. Der bei Waterloo verletzte französischen General Cambronne hatte einen Marschbefehl mit dem Schimpfwort "Scheiße" zurückgewiesen.

      Auch aus Deutschland kommt Kritik an Rumsfeld: Der SPD-Außenpolitiker Hans Ulrich Klose hat die Äußerungen von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld als "ungehörig" bezeichnet. Die Amerikaner sollten nicht versuchen, die Europäer zu spalten - in gute und nicht so gute, sagte Klose heute zu Beginn einer gemeinsamen Sitzung der Auswärtigen Ausschüsse Deutschlands und Frankreichs in Berlin.

      Deutschland und Frankreich hatten am Vortag deutlich ihre Opposition gegen einen raschen Militärschlag im Irak erklärt. Der französische Präsident Jacques Chirac forderte bei einem gemeinsamen Fernsehinterview mit Bundeskanzler Gerhard Schröder als Voraussetzung einer Militäraktion eine neue Entschließung des Uno-Sicherheitsrates.

      Auch China stellte sich jetzt auf die Seite der beiden Staaten. Die Volksrepublik, die wie Frankreich ein Veto-Recht im Weltsicherheitsrat besitzt, forderte, dass alles getan werden müsse, um einen Irak-Krieg zu vermeiden. "Ich denke, unsere Position ist der Frankreichs extrem nahe", sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums in Peking. "Wir sind besorgt und unruhig wegen des umfangreichen Truppenaufbaus."

      Deutschland wird den Worten von Bundeskanzler Gerard Schröder zufolge im Sicherheitsrat nicht für einen Militärschlag stimmen. Die Bundesrepublik ist seit Januar nicht-ständiges Mitglied des Rates.

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kritisierte die Haltung der beiden Länder in deutlichen Worten und nannte sie ein Problem. Frankreich und Deutschland stünden für das "alte Europa". Zahlreiche Länder Europas stünden nicht an ihrer, sondern an der Seite der USA. Das Land baut zur Zeit eine umfangreiche Truppe in der Golfregion aus, die zum Schluss rund 150.000 Soldaten umfassen soll. Auch Großbritannien und Australien entsenden Einheiten.

      Außer Frankreich, China und den USA haben Großbritannien und Russland einen ständigen Sitz und Veto-Recht im Uno-Sicherheitsrat. Der chinesische Außenminister Tan Jiaxuan hat vor wenigen Tagen die Forderung unterstützt, den Uno-Waffeninspektoren für die Kontrolle des irakischen Waffenarsenals mehr Zeit zu geben. Die USA lehnen das ab. Ihr engster Verbündeter im Irak-Konflikt ist Großbritannien.




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      Avatar
      schrieb am 23.01.03 12:48:30
      Beitrag Nr. 154 ()
      Wenn meint der Rumsfeld nur damit, dass die Mehrheit der Staaten auf der Seite der USA stehen. Meint er etwas Staaten die er kauft wie die Panama :D . Wie schön das wir im Sicherheitsrat sitzen :laugh: . Chinesen wollen Inspekteuren mehr Zeit geben, Franzosen und Deutsche auch. Bei den Russen kommt es wohl auf den Check der IWF an, und der Bush kann mit seinem Schäferhund Blair alleine und ohne UN-Mandat in den Krieg ziehen. :D
      Avatar
      schrieb am 23.01.03 13:02:13
      Beitrag Nr. 155 ()
      @Juvenile, der Rumsfeld hat sich ein klassiches Eigentor geschossen. Mit seiner großen Klappe erinnert er mich an Münte. Wer isoliert ist, wird sich noch herausstellen, aber Chinesen würden nur allzu gerne den Amis einen reinwürgen. Die Position der Russen ist noch recht unklar, aber sie sind genauso käuflich wie ein Bananenstaat Panama :laugh:
      Avatar
      schrieb am 23.01.03 13:05:56
      Beitrag Nr. 156 ()
      Ich würde mal sagen, dass Herr Rumsfeld mit seinem arroganten Machtgehabe die Landtagswahlen sicher wieder ein bisschen spannender macht(das ich das nicht ausdrücklich bedaure, ist wohl klar;) ).
      Bessere Wahlkampfwerbung für rot-grün gibts im Moment doch gar net (jaja, ich weiß, dass es sich um LANDtagswahlen handelt aber die Bundespolitik spielt auch bei solchen Wahlen immer eine Rolle!)
      Avatar
      schrieb am 23.01.03 13:19:24
      Beitrag Nr. 157 ()
      Rumsfeld meinte, die restlichen europäischen Staaten würden auf ihrer seite stehen. Das Zentrum der NATO verschiebe sich von Frankreich/Deutschland weg, in Richtung Osten. was meint er?! Polen, Griechenland, Türkei :laugh:, der Typ hat sich vergaloppiert (würde Koch sagen :D ). Er wird sicher bald seine Aussage von Ari abschwächen lassen. Der Fleischer machts :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 23.01.03 13:27:23
      Beitrag Nr. 158 ()
      tja, wenn sich das Zentrum weiter nach Osten hin verschiebt, dann bräuchte die NATO bald einen neuen Namen. Bumsfeld nannte auch noch die mittelasiatischen Staaten. die alten Sowjetrepubliken, die alle für seinen Feldzug gegen den Terror gekauft hat. Die Nachbarn des Iraks sehen das ganze wohl etwas anders als Rumsfeld (außer Kuwait vielleicht). Syrien, Jordanien, Iran und die Saudis wollen keinen Angriff. aber die braucht man erst gar nicht zu fragen :D , was macht Putin, das würde mich interessieren.
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      schrieb am 23.01.03 14:14:24
      Beitrag Nr. 159 ()
      Friedensbewegung in USA so stark wie nie
      Hunderttausende gegen geplanten Angriff auf Irak

      Im Folgenden dokumentieren wir zwei Berichte aus hiesigen Zeitungen, die etwas ausführlicher über die großen Demonstrationen vom 18. Januar 2003 berichteten.


      Monika Krause, Washington

      Während die amerikanische Regierung unter Präsident George W. Bush ihr Truppenaufgebot in der Golfregion weiter verstärkt, formiert sich in den USA eine Friedensbewegung, wie sie das Land seit den Zeiten des Vietnamkrieges nicht gesehen hat: Am Samstag protestierten Hunderttausende in Washington D.C. und anderen amerikanischen Städten gegen den drohenden US-Angriff auf Irak. Darüber hinaus protestierten Kriegsgegner weltweit gegen Bushs Feldzugspläne.

      Mit Bannern wie "Stoppt den Krieg" und "Kein Blut für Öl" sowie "Unterstützt unsere Truppen - laßt sie zu Hause" versammelten sich die Demonstranten in Washington vor dem Kongreßgebäude. Unter den Rednern befanden sich der Bürgerrechtler Jesse Jackson, der demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, John Conyers, der ehemalige Justizminister Ramsey Clark und die Filmschauspielerin Jessica Lang.

      Die Organisatoren der Kundgebung schätzten die Zahl der Demonstranten in Washington auf 500000. Das wären mehr als doppelt so viele Teilnehmer wie bei der letzten Antikriegsdemonstration am 26. Oktober des vergangenen Jahres. Der Chef der Polizei in Washington, Charles Ramsey, sagte: "Es war eine der größten Demonstrationen, die wir hier je hatten, sicherlich in den letzten Jahren." In ihrer offiziellen Schätzung sprach die Polizei von 30000 bis 50000 Teilnehmern.

      Die Kriegsgegner kamen mit Bussen aus 45 Bundesstaaten von der West- bis zur Ostküste. Viele hatten eine Anreise von bis zu 27 Stunden in Kauf genommen. Die Demonstranten trotzten der eisigen Kälte bei Temperaturen von unter minus fünf Grad und marschierten im Anschluß an die Kundgebung vor dem Kapitol in einem kilometerlangen Zug zu einem Marinequartier im Südosten der Hauptstadt.

      Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Bündnis International ANSWER, eine Organisation, die wenige Tage nach dem 11.September 2001 als Antwort auf die Kriegspolitik und den verschärften Rassismus der US-Regierung entstanden ist. Mit der Wahl des Protestdatums erinnerten die Organisatoren an den Beginn des Golfkrieges vor zwölf Jahren. In den USA wird an diesem Wochende außerdem der Geburtstag des ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King gefeiert.

      Parallel zum Protest in der Hauptstadt versammelten sich Zehntausende Demonstranten in San Francisco und in anderen Städten im ganzen Land. In Tampa, Florida, protestierten Kriegsgegner vor den Toren eines Stützpunktes der Luftwaffe. "Die Antikriegsbewegung hat jetzt eine neue Stufe erreicht", sagte Tony Murphy von International ANSWER. "Wir sprechen nun von einer Kraft, die den Krieg wirklich beenden kann. Es ist nicht mehr nur eine fromme Hoffnung. Wir haben das Gefühl, daß es wirklich möglich ist."

      Kundgebungen gab es am Samstag auch in Europa, Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika. In der syrischen Hauptstadt Damaskus zogen mehr als 15000 Menschen in einem Protestzug vor das Parlament. In Japan demonstrierten tausende Menschen in mehreren Städten gegen einen Krieg und eine Beteiligung ihres Landes daran. In mehreren pakistanischen Großstädten beteiligten sich ebenfalls Tausende an Protesten gegen den Krieg. Vor der amerikanischen Botschaft in Moskau versammelten sich Hunderte Menschen und riefen "Hände weg von Irak". In Frankreich riefen die Sozialistische Partei und rund 40 Organisationen, darunter mehrere Gewerkschaften, zu einer Großkundgebung in Paris auf. In der schwedischen Hafenstadt Göteborg beteiligten sich etwa 6000 Menschen an einem Protestmarsch. In der niederländischen Stadt Uden wurden 90 Pazifisten beim Versuch festgenommen, auf einen Luftwaffenstützpunkt vorzudringen. Auch in Großbritannien, Irland und Italien gab es Proteste. Vor dem Hauptquartier der US-Truppen in Heidelberg nahmen am Samstag rund 2000 Menschen an einer Blockade teil.

      Für die kommenden Wochen hat International ANSWER weitere Demonstrationen angekündigt: Am heutigen Montag, dem US-amerikanischen Feiertag zu Ehren Martin Luther Kings, hat die Organisation Black Voices for Peace (Schwarze Stimmen für den Frieden) zu einer Kundgebung in Washington aufgerufen. In der Woche vom 13. bis zum 21. Februar sollen die Proteste landesweit einen neuen Höhepunkt erreichen.

      Aus: junge Welt, 20. Januar 2001


      Größte Proteste seit Vietnamkrieg

      (...) In den USA protestierten bei den größten Friedenskundgebungen seit dem Vietnamkrieg Hunderttausende von Amerikanern gegen den Kriegskurs der Bush-Administration. Allein in der Hauptstadt Washington versammelten sich nach Angaben der Organisatoren bei eisiger Kälte bis zu 500000 Demonstranten. Zu der Kundgebung hatten die Organisation ANSWER (Act Now to Stop War & End Racism) und eine breite Koalition aus Studenten, Kirchen und Gewerkschaften aufgerufen. Ein Gewerkschaftsführer warf Bush vor, die Trauer der Amerikaner über die Anschläge vom 11. September ausgenutzt zu haben, um sie auf einen Kriegskurs zu führen. Die Demonstranten trugen Schilder mit Aufschriften wie "Kein Blut für Öl" und skandierten: "Kein Krieg gegen Irak". Auch in mehreren anderen Städten wie San Francisco und Tampa protestierten Zehntausende gegen den Kurs ihrer Regierung. Allein in San Francisco sprachen die Organisatoren von über 80000 Teilnehmern.

      In Deutschland gingen aus Protest gegen einen möglichen Irak-Krieg am Sonnabend über 10000 Menschen auf die Straße. Zu den Protesten in Rostock, Tübingen, Heidelberg und München hatten örtliche Bündnisse aus Friedensgruppen, Globalisierungsgegnern und Gewerkschaftsverbänden sowie die PDS aufgerufen. In Rostock schlossen sich nach Angaben der Veranstalter rund 5000 Menschen dem Demonstrationszug durch die Innenstadt und der anschließenden Kundgebung an. Zum Protest aufgerufen hatten die PDS in Mecklenburg-Vorpommern und das Friedensbündnis Rostock. Auch die drei PDS-Minister der rot-roten Landesregierung - Sozialministerin Marianne Linke, Arbeitsminister Helmut Holter und Umweltminister Wolfgang Methling - nahmen an der Demonstration teil. Rund 3000 Demonstranten mahnten in Tübingen, ein weiterer Krieg gegen Irak würde tausende zivile Opfer fordern und Millionen Flüchtlinge zur Folge haben. In Heidelberg zogen die Demonstranten durch die Innenstadt, nach Veranstalterangaben versammelten sich rund 2000 am Abend vor dem Hauptquartier der US-Armee zu einer Abschlusskundgebung. An den Protesten beteiligten sich auch einzelne Politiker der Grünen und der SPD, darunter der SPD- Bundestagsabgeordnete Lothar Binding. In München nahmen nach Polizeiangaben rund 600 Menschen an einer Demonstration tei.

      Unter dem Motto "Nein zu einem Krieg gegen Irak, ja zu Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten und in der Welt" demonstrierten in Frankreich 200000 Menschen. Auch in Großbritannien und Irland protestierten Tausend gegen einen möglichen Irak-Krieg. Zur größten Demonstration in Liverpool kamen 2500 Menschen. In Irland demonstrierten nach Polizeiangaben etwa 1000 Menschen vor dem Flughafen Shannon gegen dessen geplante Nutzung als wichtigster Stützpunkt zum Auftanken für USA-Militärflugzeuge.

      In Brüssel versammelten sich am Sonntag 6000 Menschen, um gegen eine militärische Intervention in Irak zu protestieren. Sie folgten einem Aufruf mehrerer Organisationen, die sich auch gegen jede Beteiligung Belgiens an einem Krieg wenden.
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      schrieb am 23.01.03 14:36:14
      Beitrag Nr. 160 ()
      Die Supermacht Australien ist dabei, die angelsächsichen Wurzeln schlagen wohl durch :D

      Australian force steams off to Gulf
      By Marianne Bray
      CNN
      Wednesday, January 22, 2003 Posted: 11:19 PM EST (0419 GMT)



      SYDNEY, Australia (CNN) -- Family members and protesters turned out to watch an Australian navy transport ship head off to the Middle East in preparation for a possible conflict with Iraq, amid a rising tide of anti-war sentiment.

      As many as 200 demonstrators shouted anti-war chants as Prime Minister John Howard and Defence Minister Robert Hill stood by to watch HMAS Kanimbla and its 350 sailors set out from Sydney Harbour on Thursday, to join thousands of U.S. and British military personnel already in the Persian Gulf.

      The sendoff came a day after the government took the nation by surprise, announcing it would dispatch the first of its troops within 24 hours.

      Australia also said on Wednesday it would send a special forces task group and air force reconnaissance team to the Middle East, in what was to be known as "Operation Bastille," on a date yet to be set.

      Ordered by Hill for "potential forward deployment" were chemical warfare teams, a commando regiment, troop-carrying helicopters, transport aircraft and navy divers.

      Under the plans, a force of 2,000 could be sent to the Gulf -- a deployment much larger than expected.

      Kanimbla will be carrying a Sea King helicopter, Army landing craft, a defense regiment unit and an explosives disposal team, local media report.

      The vessel will join Australian ships HMAS Anzac and Darwin -- a frigate and guided missile frigate respectively -- already in the Persian Gulf as part of a U.N.-sanctioned force.

      The air force reconnaissance unit will go in advance of the possible deployment of 14 F/A-18 Hornets over the next few weeks.
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      schrieb am 23.01.03 15:44:48
      Beitrag Nr. 161 ()
      Donnerstag, 23. Januar 2003
      Ärger an der Heimatfront
      Bushs Wirtschaftsteam wackelt

      US-Präsident Georg W. Bush atmet dünne Luft. Während der Streit um eine Irak-Invasion das nordatlantische Verteidigungs- bündnis NATO auf die Zerreißprobe stellt, verzeichnet auch die Heimatfront Ausfälle. Nach Börsenaufseher Harvey Pitt, Wirtschaftsberater Lawrence Lindsey und Finanzminister Paul O`Neill muss Bush nun offenbar den vierten Vertrauten in Ökonomiefragen, den Chef des Wirtschaftsberater-Stabes, Glenn Hubbard, auswechseln.

      Nach Informationen des "Wall Street Journal" verweist die US-Regierung auf persönliche Gründe des "President of Council of Economic Advisers", der an seinen Lehrstuhl an der Columbia-Universität zurückkehren wolle. Für die Nachfolge kämen mehrere Kandidaten in Frage; konkrete Gespräche hat die Regierung nach Angaben der Zeitung mit Gregory Mankiw, einem Wirtschaftsexperten der Harvard Universität, geführt.

      Hubbard, Fachmann für Steuerwesen und Unternehmensfinanzen, gilt als Initiator der Dividendensteuer-Abschaffung, dem Herzstück des von Bush geplanten Konjunkturprogramms. Obwohl gerade dieser Punkt des 674 Mrd. Dollar umfassenden Programms von der Opposition und auch einigen republikanischen Senatoren kritisiert wurde, wäre der Rücktritt Hubbards im Gegensatz zu denen von Pitt, Lindsey und O`Neill wohl tatsächlich der erste, der nicht auf öffentlichen Druck, sondern aus freien Stücken erfolgt.

      Der ehemalige Chef der US-Börsenaufsicht SEC, Pitt, stand seit seiner Berufung in der Kritik, weil zu vielen Chefs von Unternhemen, die er überwachen sollte, allzu enge private Kontakte pflegte. Als die eigene Behörde schließlich gegen ihn ermittelte, war er nicht mehr zu halten. Unter seinem Vorgänger, Arthur Levitt, hatte die SEC noch als unbestechlich und unerbittlich gegolten. Unter Pitt wurde die "Securities and Exchange Commission" in Umfragen zur unbeliebtesten amerikanischen Behörde.

      Ex-Berater Lawrence Lindsey beging den schweren Fehler, die Kosten einer Irak-Invasion öffentlich auf 200 Mrd. Dollar zu beziffern und der frühere Finanzminister Paul O`Neill wusste die Audienz mit Aussprüchen wie: "Wenn irgendjemand nicht mag, was ich tue, interessiert mich das einen Dreck", zu begeistern.

      Für Bush kommt es unbedingt darauf an zu vermeiden, dass diese Fehlgriffe auf ihn zurückgeführt werden. Bisher war das Verhältnis des Präsidenten gerade zur Wall Street nicht gunbedingt innig. Insgesamt, so glauben Beobachter, hängt Bushs Wiederwahl direkt von der Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft ab.

      Und mit der, so glaubt etwa Jens Erhardt, Chefredakteur der "Finanzwoche", steht es bereits jetzt weniger gut als die USA es suggerieren. Das einzige, worauf Notenbank-Präsident Greenspan immer noch verweisen könne, sei die anhaltend hohe Produktivität. Diese fiele allerdings nur durch eine Reihe von statistischen Manipulationen ent- sprechend hoch aus. Wären die Amerikaner anderen Ländern in punkto Produktivität tatsächlich so weit überlegen sein, schlussfolgert Erhardt, so würde es in den USA nicht das höchste Handelsbilanzdefizit der Welt, sondern den höchsten Handelsbilanzüberschuss geben.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3095664.html
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      schrieb am 23.01.03 16:53:11
      Beitrag Nr. 162 ()
      Eklat um US-Verteidigungsminister

      Der Stolz, ein alter Europäer zu sein

      Von Markus Deggerich

      Frankreich und Deutschland sind empört über US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Von "Neokolonialismus" und "tiefen Kränkungen" ist die Rede. Weil beide Länder es wagen, sich gegen die US-Kriegsstrategie zu stellen, disqualifiziert er sie als "altes Europa". Die harschen Reaktionen aus Berlin und Paris zeigen, dass es sich um einen Bumerang für die USA handeln könnte.

      Vertreter des alten Amerika: Donald Rumsfeld
      REUTERS
      GroßbildansichtVertreter des alten Amerika: Donald Rumsfeld
      Berlin/Paris - Donald Rumsfeld sei Dank: Der US-Verteidigungsminister hat Europa befreit. Mit seiner verbalen Attacke gegen Frankreich und Deutschland leistet er vielleicht mehr für die deutsch-französische Freundschaft und die europäische Einigung als 40 Jahre Elyseé-Vertrag und Händchen halten auf Friedhöfen. Selten war die Empörung so grenzüberschreitend und überparteilich wie an diesem Donnerstag.

      Rumsfeld hatte zum deutsch-französischen Widerstand gegen einen Militäreinsatz im Irak gesagt, er sehe in Deutschland und Frankreich das "alte Europa". Er fügte hinzu: "Deutschland ist ein Problem, Frankreich ist ein Problem. Aber wenn sie sich die riesige Zahl anderer Länder ansehen, so sind sie auf der Seite der USA und nicht Frankreichs und Deutschlands."

      Mit diesem Affront versucht er Europa zu spalten in "good guys" und "bad guys". Wobei er keinen Zweifel daran lässt, wer darüber entscheidet, wer die Maßstäbe bestimmt, wann Europa ein gutes Europa ist - und wie die USA Europa betrachten. Damit erzwingt Rumsfeld, was Europa sich lange nicht traute: Eine gemeinsame Haltung zu finden zu den Kriegsplänen der USA. Es wird interessant werden, wie Tony Blair als treuester Verbündeter der USA in Europa nun reagiert. Es heißt: Farbe bekennen.

      Die Ironie ist, dass Rumsfeld den nationalen Stolz angreift und damit eine supranationale Allianz schaffen könnte. Zwar war bisher eher Deutschland allein - auch durch Wahlkampf bedingt - die treibende Kraft der Kriegsskepsis. Doch nun zeigen die harschen Reaktionen aus Frankreich, dass die "Grande Nation" beleidigt ist durch das US-Verhalten.

      Mit deutlicher Empörung ist in Paris die Kritik von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an der deutschen und französischen Irak-Politik aufgenommen worden. Wirtschafts- und Finanzminister Francis Mer sagte am Donnerstag, die Bemerkung vom "alten Europa" habe ihn "tief gekränkt".

      "Die Weisheit des alten Europas"

      Für die oppositionellen Sozialisten erklärte die ehemalige Ministerin Martine Aubry, die Äußerungen zeugten von der "Arroganz der Vereinigten Staaten, die die Welt mehr und mehr ohne Regeln allein regieren wollen". Regierungssprecher Jean-Francois Cope empfahl Rumsfeld die "Weisheit" des "alten Europas", um die Irak-Krise friedlich beizulegen.

      Der Vorsitzende der bürgerlich-liberalen UMP, Alain Juppé, sagte: "Ich bin stolz darauf, zum alten Europa zu gehören." Dort hätten auch die USA ihre Wurzeln. Finanzminister Mer erklärte sogar, das "alte Europa" habe Schwung und werde dies auch zeigen. Umweltministerin Bachelot verwies auf den General Cambronne. Dessen Name steht im Französischen für eine vulgäre Beschimpfung, ähnlich wie im Deutschen Goethes Götz von Berlichingen. Mit dem Ausruf "Merde!" (Scheiße) soll der General Napoleons bei der Schlacht von Waterloo die Aufforderung der Engländer zur Kapitulation zurückgewiesen haben.

      Europa einig im Widerstand

      Auch Deutschlands Außenminister Joschka Fischer (Grüne) konterte am Donnerstag doppeldeutig: "In der Tat sind die Kulturen und die Staatenbildung in Europa älter als in den USA." Fischers französischer Amtskollege Dominique de Villepin bekräftigte die Haltung seiner Regierung, dass es derzeit keinen Grund gebe, einen Krieg gegen den Irak zu beginnen: "Heute gibt es keine Rechtfertigung, Gewalt anzuwenden", sagte der Minister nach der Teilnahme beider Minister an einer gemeinsamen Sitzung der auswärtigen Ausschüsse von Bundestag und Nationalversammlung in Berlin.

      Auch die CDU-Partei- und Unions-Fraktionsvorsitzende Angela Merkel, sonst gerne an Schröders Irak-Haltung mäkelnd, hat die Kritik von Rumsfeld an Deutschland und Frankreich strikt zurückgewiesen. "Ich halte es für nicht richtig, wenn jetzt so Töne aufkommen, wir seien das alte Europa. Das führt uns nicht weiter", sagte Merkel am Donnerstag in Berlin und zeichnete eine neue Karte des geeinten Europas unter Ausschluss Portugals: "Im Übrigen glaube ich, dass die Einigkeit Europas, von Polen bis Madrid, viel, viel größer ist, als sich das mancher vorstellt."

      Europa als politischer Pol

      Denn die Vorstellung in Europa vom "alten Europa" ist eine andere als in den USA. Es ist das Europa der Aufklärung und des Humanismus, das, gerade weil es eine Jahrhunderte währende blutige Geschichte hat, weiß, wovon es spricht. Ein einiges Europa in seiner Vielfalt hat die Chance, dem Unilateralismus der USA nach dem Ende des Kalten Krieges einen politischen Pol entgegenzusetzen.

      Das deutet sich jetzt im Uno-Sicherheitsrat an. Zur Frage, ob Deutschland einen zusätzlichen Bericht der Uno-Waffeninspektoren wolle, sagte Fischer: "Wenn die Inspektoren weiter arbeiten sollen, tun sie das im Auftrag des Sicherheitsrates. Wir wollen selbstverständlich, dass sie weiter arbeiten." Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler sagte am Donnerstag, Fischer habe in der Ausschuss-Sitzung indirekt bestätigt, dass es einen zweiten Bericht der Inspektoren geben solle. Dies könne auch auf Anregung Deutschlands geschehen, sagte Erler. Deutschland hat von Februar an den Vorsitz im Uno-Sicherheitsrat. Zuvor hatte es in Uno-Diplomatenkreisen geheißen, Deutschland könnte Mitte Februar einen weiteren Bericht anfordern und dabei auf die Unterstützung Frankreichs zählen.

      USA werden nervös

      Die harsche Reaktion Rumsfelds zeigt, wie nervös die USA auf europäisches Selbstbewusstsein reagieren. Der CSU-Europapolitiker Bernd Posselt wirft Rumsfeld deshalb Neokolonialismus vor. Die USA müssten lernen, dass die Europäische Union Partner und nicht Protektorat sei, sagte Posselt am Donnerstag in München. "Zuerst versuchen sie, eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union zu erzwingen, und dann mischen sie sich in Sachen Irak massiv in innereuropäische Angelegenheiten ein."

      Das sind ganz neue Töne aus den Nationalstaaten. Plötzlich gibt es diesseits des Atlantiks nicht innerdeutsche oder innerfranzösische, sondern "innereuropäische Angelegenheiten". Wenn Rumsfeld es geschafft hat, dass es nun nicht mehr heißt: "Ich bin stolz, Deutscher oder Franzose zu sein", sondern: "Ich bin stolz, ein alter Europäer zu sein", dann haben es die USA mit einem neuen, jungen Europa zu tun. Rumsfeld sei Dank. Vielleicht erhält er dafür irgendwann den Karls-Preis.
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      schrieb am 23.01.03 16:58:04
      !
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      schrieb am 24.01.03 11:16:50
      Beitrag Nr. 164 ()
      Iraks Nachbarn

      "Das Gespenst des Krieges türmt sich auf"

      Ein möglicher Krieg gegen den Irak rückt immer näher. Aufs Höchste besorgt versuchen die Nachbarländer des Iraks eine Invasion doch noch abzuwenden, appellieren an Saddam Hussein: Der Diktator solle die Suche der Uno-Waffeninspekteure nach Massenvernichtungswaffen unterstützen.

      Die Außenminister der irakischen Nachbarstaaten warnen vor einem Krieg in der Region
      AP
      GroßbildansichtDie Außenminister der irakischen Nachbarstaaten warnen vor einem Krieg in der Region
      Istanbul - In einer am Donnerstag in Istanbul veröffentlichten Erklärung bekräftigten die Außenminister der Türkei, Syriens, Jordaniens, Saudi-Arabiens, Ägyptens und Irans, dass Krieg keine Option für Krisenbewältigung sein dürfe. Die USA wurden nicht ausdrücklich genannt.

      Der Appell der sechs Länder richte sich in erster Linie an den Irak, sagte der türkische Außenminister Yasar Yakis. Er und seine Kollegen appellierten an die Regierung in Bagdad, unumkehrbar und aufrichtig ihre Verantwortung bei der Wiederherstellung von Frieden und Stabilität in der Region wahrzunehmen. Die Länder der Region wollten keinen weiteren Krieg. "Das Gespenst des Krieges türmt sich drohend auf", heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

      Die irakische Führung wurde dazu aufgefordert, ein aktiveres Verhalten bei der Bestandsaufnahme von Informationen und Material in Bezug auf Massenvernichtungswaffen an den Tag zu legen. Eine direkte Aufforderung zum Rücktritt des irakischen Präsidenten Saddam Husseins und einem Gang ins Exil hatten Jordanien, Saudi-Arabien und Ägypten bereits vor der Konferenz ausgeschlossen.

      Die Außenminister verständigten sich darauf, ihre Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts fortzusetzen. Ein weiteres Treffen solle gegebenenfalls in Damaskus stattfinden.

      Die irakische Führung hatte die Konferenz im Vorfeld kritisiert, unter anderem weil mit der Türkei und Iran zwei nicht-arabische Staaten an einer den Irak betreffenden Initiative beteiligt sind. Die Türkei, die zugleich mit Washington über eine begrenzte militärische Unterstützung verhandelt, hatte im Rahmen ihrer Friedensdiplomatie ursprünglich einen Regionalgipfel der Staats- und Regierungschefs angestrebt. Ägyptens Präsident Husni Mubarak sagte am Donnerstag in Kairo, er habe es abgelehnt, zu einem nicht ausreichend vorbereiteten Gipfel mit unklarem Ausgang zu reisen.
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      schrieb am 24.01.03 11:42:26
      Beitrag Nr. 165 ()
      US-Verteidigungsminister Rumsfeld

      "Die edelste Disziplin ist, aggressiv für das Richtige zu kämpfen"

      Von Severin Weiland

      Donald Rumsfeld liebt die theatralischen Auftritte und die derben Sprüche. Mit seinen abfälligen Bemerkungen über das "alte Europa" erzürnte er Deutsche und Franzosen. Doch nicht zum ersten Mal löst er Unmut auf der Weltbühne aus.

      Verteidigungsminister Rumsfeld, Struck: Humor als Waffe
      AP
      GroßbildansichtVerteidigungsminister Rumsfeld, Struck: Humor als Waffe
      Berlin - Der Mann blickt kühl in die Kamera. Und erzählt und erzählt. Wie die US-Dienste in den 60er Jahren die Landung auf dem Mond nachstellten, wie sie die Bilder der Livesendung mit dem Astronauten Neil Armstrong 1969 in einem Studio aufnahmen, wie anschließend fast alle Beteiligten der konspirativen Operation von US-Diensten gekillt wurden.

      Der Mann, der da vor der Kamera derart Ungeheuerliches von sich gab, heißt Donald Rumsfeld, Verteidigungsminister der USA. Er hatte sich einen Spaß geleistet. Einen makabren. Das hat er gerne.

      Kurz vor Ende des Films sehen die Zuschauer, wie der Mann mit der runden Brille einen Text vom Skript abliest. Wie er in sich hineingrinst. Erst in diesem Augenblick geht dem Zuschauer auf: Der Dokumentarfilm "Kubrick, Nixon und der Mann im Mond" ist eine perfekte Täuschung, ein glänzend gemachtes Produkt für die weltweite Fangemeinde der Verschwörungstheoretiker, die den USA und ihrer Regierung alles Schlechte zutrauen.

      Keine Frage, für diese Rolle war Rumsfeld die Bestbesetzung. Dass er in dem Streifen von Regisseur William Karel als Pseudo-Interviewpartner auftrat, zeigt: Der Mann hat Humor. Und über Humor kann man bekanntlich streiten. Immerhin, in den USA ist das möglich. Welcher deutsche Politiker würde schon gerne freiwillig in die Schurkenrolle schlüpfen?

      Wusste Rumsfeld, welche Entrüstung er auslösen würde?

      Rumsfelds Humor ist allerdings von jener Sorte, die auf viele Mitmenschen in Europa - höflich ausgedrückt - irritierend wirkt. Wie jetzt im Streit mit Deutschen und Franzosen. Das "alte Europa" sehe er hinter den Versuchen der Deutschen und Franzosen, den Krieg im Irak doch noch zu verhindern, kommentierte er am Mittwoch die jüngsten Stellungnahmen von Gerhard Schröder und Jacques Chirac. Humor als Waffe? Kaum zu glauben, dass Rumsfeld nicht wußte, was er auslösen würde.

      Der Kanzler und Frankreichs Staatspräsident, die in Berlin den zweiten Teil der Feierlichkeiten zum Grundlagenvertrag beider Länder begingen, ließen sich am Mittwoch kein Wort zu Rumsfelds Ausfall entlocken. Sie taten gut daran. Rumsfelds Provokationen, daran hat man in Berlin bereits Übung, überhört man besser. Irgendwann sind sie abgehakt. Vergessen. Erinnert sich jemand denn noch an Warschau?

      Kein dreiviertel Jahr ist es her, da schockte der 70-Jährige auf der Nato-Tagung erstmals die Deutschen. "Wenn man schon in einem Loch steht, sollte man aufhören, weiter zu graben", kommentierte er den Stand der beiderseitigen Beziehungen. Nachdem er den Satz im Pressezentrum ausgesprochen hatte, lachte Rumsfeld sein typisches Lachen - so stellt man sich den Wolf in "Rotkäppchen" vor.

      Rumsfeld war jahrelang Manager in der Rüstungsindustrie
      AP
      GroßbildansichtRumsfeld war jahrelang Manager in der Rüstungsindustrie
      Mit seinem deutschen Amtskollegen Peter Struck, den er damals in Polens Hauptstadt zu meiden versuchte, ist er seit geraumer Zeit wieder versöhnt. Nun gibt er ihm auch öffentlich die Hand. Zuvor hatte er die deutsch-amerikanischen Beziehungen mit typischem Rumsfeld Charme für "entgiftet" erklärt. Struck, mit dem er bei dessen Antrittsbesuch im November in Washington geradezu herzlich vor die Kameras trat, hatte das zeitweilig harsche Verhalten Rumsfelds ohnehin mit der ihm eigenen Gelassenheit hingenommen. Vielleicht, räsonierte Struck im vergangenen Herbst öffentlich im Bundestag, seien sie sich von der "Persönlichkeitsstruktur" her sogar ähnlich. Mag sein. Struck wie die Vorfahren Rumsfelds stammen aus Niedersachsen.

      Reden wie im Wildwestfilm

      Rumsfeld liebt die derbe Sprache. Dafür lieben ihn viele Amerikaner. Davor fürchten sich die meisten Europäer. Es ist die Sprache der Cowboys, die da immer ein wenig bei ihm durchschimmert. Unwillkürlich fühlt sich der europäische Zuhörer bei Rumsfeld an Wildwest-Filme erinnert, in denen harte Burschen harte Dinge sagen, weil die Welt schlecht ist und manches mit dem Colt geregelt werden muss. Es ist wohl kein Zufall, dass auf dem Schreibtisch in Rumsfelds Arbeitszimmer eine Bronzeplakette steht mit der Inschrift: "Aggressive fighting for the right is the noblest sport the world affords". Was soviel heißt wie: "Der aggressive Kampf für das Richtige ist die edelste Disziplin, die die Welt sich leistet". Es ist ein Satz von Theodore Roosevelt, der nicht nur einer der großen amerikanischen Präsidenten Anfang des 20. Jahrhunderts war, sondern auch ein passionierter Jäger und Krieger, einer der letzten aus der Cowboy-Generation der Vereinigten Staaten.

      Rumsfeld ist ein amerikanisches Phänomen. Mit 30 zog er in den Kongress ein, mit 43 wurde er der jüngste Mann an der Spitze des Pentagons, dann verschwand er fast 25 Jahre in der Privatwirtschaft, verdiente Millionen an der Spitze von Pharma- und Rüstungsunternehmen, bevor es ihn wieder in die Politik trieb.

      Jetzt plant er den Krieg gegen den Irak, akribisch, wie es heißt und im Streit mit manchen Militärs über die richtige Strategie. Er ist ein Mann, der seine Umgebung auf Trab hält, der viele Feinde hat. Ein "Rabauke" sei er, "arrogant" und mit "einem großen Ego", zitierte jüngst das Magazin "Time" Mitarbeiter, die unter seinem Stil gelitten haben. Sein Vize Paul Wolfowitz, ebenfalls ein Mann deutlicher Worte, ist hingegen voll des Lobes: Wo immer Rumsfeld hingehe, meinte er jüngst, "schaffe er eine Art Ministurm". In der Tat. Das ist ihm wieder einmal gelunge
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      schrieb am 24.01.03 11:48:00
      Beitrag Nr. 166 ()
      Konflikt um Irak-Frage

      USA sehen sich nicht isoliert

      Auch wenn Frankreich und Deutschland, wie es in den USA heißt, "aus der Reihe tanzen", sieht sich die amerikanische Regierung mit ihrem Vorgehen gegen den Irak nicht allein. Es gebe eine robuste militärische Koalition gegen das Regime von Saddam Hussein, erklärte US-Außenminister Colin Powell.

      Colin Powell sieht eine robuste militärische Koalition
      AP
      GroßbildansichtColin Powell sieht eine robuste militärische Koalition
      Berlin/Paris - Powell zeigte sich zuversichtlich, dass die USA im Falle eines Militärschlags nicht allein dastehen werden. "Sollte die Uno es versäumen zu handeln, dann behalten sich die USA das Recht vor, zu tun, was sie für angemessen zur Verteidigung ihrer und der Interessen ihrer Freund sowie der Welt halten", sagte Powell bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Außenminister Jack Straw.

      Es sei gut möglich, dass Frankreich aus der Reihe tanze, sagte Präsidentensprecher Ari Fleischer. Andere Länder wie Großbritannien, Australien, Italien und die meisten mittel- und osteuropäischen Länder stünden aber hinter den USA.

      Powell räumte ein, dass es scharfe Differenzen über das weitere Vorgehen gebe. Er wies aber zugleich darauf hin, dass er eine Lösung für möglich halte. "Die Debatte ist noch nicht zu Ende", betonte der US-Minister. Sowohl Powell als auch der britische Außenminister Jack Straw wiesen wiederholt darauf hin, dass Frankreich für die erste Uno-Resolution mit der Androhung ernster Konsequenzen gestimmt und auch Deutschland die Entschließung mit allen ihren Teilen unterstützt habe.

      Es sei klar, dass bei den Waffeninspektionen die Beweislast beim Irak liege und von den Waffeninspekteuren nicht erwartet werden könne, dass sie selbst einen zündenden Beweis für irakische Verstöße zu Tage förderten. Sollte es hier Missverständnisse geben, dann hoffe er, dass diese in den Debatten der kommenden Tage ausgeräumt werden könnten, fügte Powell hinzu.

      Powell warnte angesichts des wachsenden Widerstands gegen eine Militäraktion gegen den Irak, dass die Autorität der Uno auf dem Spiel stehe. Es sei klar, dass der Irak ernste Verstöße gegen die Uno-Resolution begangen habe, sagte Powell. Dies zu ignorieren wäre eine ernste Niederlage für die Uno, sagte Powell. Der Minister machte zugleich deutlich, dass die US-Regierung eine neue Uno-Resolution zum Irak nicht ausschließt, sie aber nicht für nötig hält.

      Nur der Sicherheitsrat bestimmt nach Worten von Uno-Chefinspekteur Hans Blix über den Zeitplan für Abrüstungskontrollen im Irak. "Wir folgen dem Zeitplan des Sicherheitsrates", sagte Blix nach einem Treffen mit 16 militärischen Beratern am Donnerstag in New York. "Und wenn sie die Resolutionen ändern, folgen wir den neuen Weisungen", erklärte Blix mit Bezug auf die 15 Mitglieder des Rates.

      Unterdessen stellten sich auch Russland und China an die Seite Frankreichs und Deutschlands. Die chinesische Außenamtssprecherin Zhang Qiyue erklärte: "Unser Standpunkt ähnelt der französischen Haltung". In Athen sagte der russische Außenminister Igor Iwanow, er sehe derzeit keinen Grund für einen Militärschlag gegen den Irak.
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      schrieb am 24.01.03 16:42:47
      Beitrag Nr. 167 ()
      Krieg gegen den Irak

      Es geht nur noch um Wochen

      US-Präsident Bush ist nach britischen Medienberichten fest entschlossen, auf jeden Fall in wenigen Wochen einen Krieg gegen den Irak zu beginnen. Er weiß seinen Verteidigungsminister Rumsfeld fest an seiner Seite, einzig Außenminister Powell kämpft noch an der diplomatischen Front mit den internationalen Gegnern eines Irak-Krieges.

      Jack Straw (li) und Colin Powell wollen den Uno-Kontrolleuren etwas mehr Zeit geben
      REUTERS
      GroßbildansichtJack Straw (li) und Colin Powell wollen den Uno-Kontrolleuren etwas mehr Zeit geben
      Washington - Die Zeichen deuten auf Krieg - ob mit oder ohne Uno-Deckung. US-Präsident George W. Bush wolle in Kürze mit dem Militärschlag gegen das Regime von Saddam Hussein beginnen, berichtet der "Guardian". Er werde in seiner nächsten Ansprache zur Lage der Nation am Dienstag "das Feuer schüren", heißt es in dem Bericht unter Berufung auf zuverlässige Quellen in Washington. "Der Druck kommt vom Präsidenten und ist bis ganz nach unten zu spüren," zitiert das Blatt einen europäischen Beamten. "Sie reden über Wochen, nicht Monate. Monat ist inzwischen ein verbotenes Wort."

      Bush verlange von Außenminister Powell, dass dieser einen Militärschlag forciert unterstütze. Er soll bereits kurz nachdem die Uno-Inspekteure ihren Bericht am Montag vorlegen, Beweise dafür präsentieren, dass Saddam Hussein die Uno-Resolution missachtet. In Washingtoner Kreisen bezeichnet man eine zeitlich so pointierte Präsentation von Geheimdienst-Material ein "Adlai Stevenson Moment" - benannt nach einem früheren amerikanischen Diplomaten, der zur Zeit der Kuba-Krise als Uno-Botschafter im Amt war.

      Unklar ist offenbar nur noch die Zeitlinie für einen Krieg. Verteidigungsminister Rumsfeld möchte, dass Bush in seiner Ansprache an die Nation bereits eine deutliche und unmittelbar bevorstehende Deadline nennt. Der Außenminister ist zögerlicher. Powell bittet um etwas mehr Zeit für einen diplomatischen Schulterschluss mit anderen Staaten.

      Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen wird über einen Kompromiss diskutiert, der eine zweite Resolution gegen den Irak beeinhaltet. Darin soll der Irak dafür kritisiert werden, dass er nicht vollständig mit den Uno-Inspekteuren kooperiert, eine Billigung eines Militäreinsatzes soll aber erstmal unterbleiben. Powell sprach die Möglichkeit einer zweiten Resolution am Donnerstag in Washington zum ersten Mal seit zwei Monaten an. Das sei eine offene Frage, erklärte er. Die USA seien zwar schon immer der Ansicht gewesen, dass die Resolution 1441 ausreiche, sie seien sich aber auch bewusst, dass viele andere Mitglieder im Sicherheitsrat eine zweite Resolution für einen Militäreinsatz für notwendig hielten.

      Powell und sein britischer Kollege Jack Straw denken offenbar darüber nach, den Waffenkontrolleuren unter der Bedingung mehr Zeit zu geben, dass die Inspektionen nicht unendlich fortgesetzt werden. Beide Minister deuteten an, dass ihre Regierungen bereit wären, die Uno-Teams "etwas länger" arbeiten zu lassen. Möglicherweise einen Monat, zitiert die Los Angeles Times Senator Joseph Biden, hochrangiges Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten.
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      schrieb am 24.01.03 16:48:19
      Beitrag Nr. 168 ()
      Interview zu Kriegskosten

      "So wenig Informationen wie möglich"

      Der US-Ökonom William Nordhaus hält die vom Weißen Haus für einen Irak-Krieg angesetzten Kosten für zu niedrig. Mit SPIEGEL ONLINE sprach der Yale-Professor über Washingtons Informationspolitik, einen drohenden Ölpreisschock und die möglichen Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft.

      US-Ökonom William D. Nordhaus: ``Was zu erwarten wäre, ist eine Wiederholung der Konstellation aus den siebziger Jahren``
      GroßbildansichtUS-Ökonom William D. Nordhaus: "Was zu erwarten wäre, ist eine Wiederholung der Konstellation aus den siebziger Jahren"
      SPIEGEL ONLINE: Professor Nordhaus, der Finanzchef des Weißen Hauses, Mitchell Daniels, hat die Kosten eines Irak-Kriegs auf 50 bis 60 Milliarden Dollar beziffert. Wie realistisch sind diese Zahlen?

      William D. Nordhaus: Die von Mitchell genannte Summe entspricht dem, was ich in meiner Studie als unterste Grenze der Kostenspanne errechnet habe. Zu der Zahl sind allerdings zwei Dinge zu sagen: Erstens handelt es sich nur um die unmittelbaren militärischen Kosten - Zahlungen für Wiederaufbau oder Besetzung des Irak sind ebenso wenig enthalten wie mögliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Zweitens unterstellt man, dass der Krieg kurz ist. Mitchells Zahl enthält nicht die Kosten, die bei einem lange andauernden Konflikt entstehen.

      SPIEGEL ONLINE: Wie beurteilen sie die Informationspolitik der US-Regierung bezüglich der Kriegskosten?

      Nordhaus: Die Politik ist natürlich, so wenig Informationen wie möglich herauszugeben. Man kann spekulieren, dass damit eine öffentliche Debatte verhindert werden soll. Es ist offensichtlich, dass die Regierung nicht die volle Bandbreite an Zahlen veröffentlicht. Ich bin allerdings auch gar nicht sicher, ob sie so etwas überhaupt besitzen.

      SPIEGEL ONLINE: In ihrer Studie gehen sie im günstigsten Fall von Kriegskosten in Höhe von 99 Milliarden Dollar aus, im schlimmsten Fall von 1924 Milliarden. Hat sich an dieser Einschätzung in den vergangenen Wochen etwas geändert?

      Nordhaus: Nein, die Kosten verändern sich kaum, aber inzwischen gibt es natürlich noch eine Krise in Nordkorea und die Generalstreiks in Venezuela haben den Ölpreis weiter nach oben getrieben.

      SPIEGEL ONLINE: Ihr Kollege George Perry prognostiziert, der Ölpreis könne im Falle eines Krieges auf bis zu 75 Dollar je Barrel steigen ...

      Nordhaus: ... das dürfte nur im allerungünstigsten Fall passieren. Dazu bräuchte es zwei schwere Schocks, die dem Markt jeweils zwei oder drei Millionen Barrel pro Tag entziehen. Ein plausibles Ereignis wäre die Zerstörung der irakischen Ölfelder. Aber selbst in diesem Fall müsste noch eine weitere Katastrophe hinzukommen - etwas wie die Venezuela-Krise.

      SPIEGEL ONLINE: Wirtschaftsberater von Präsident George Bush haben argumentiert, eine schneller Krieg werde den Ölpreis drücken und der Wirtschaft helfen. Halten sie das für wahrscheinlich?


      AP
      Die Kosten des Krieges

      In der Studie "Krieg gegen Irak. Kosten, Konsequenzen und Alternativen" beziffert Nordhaus, wieviel die USA und andere Länder für einen Waffengang zahlen müssten. Dabei hat der Ökonom zwei Szenarien entworfen: Das eines kurzen, einfachen Krieges sowie das eines lange andauernden, schwierigen Konfliktes.

      Während die eigentliche militärische Operation demnach überschaubare Kosten (50 bis 140 Milliarden Dollar) verursacht, rechnet Nordhaus mit wesentlich höheren Folgekosten für humanitäre Hilfe (eine bis zehn Milliarden), Besetzung und Befriedung des Landes (75 bis 500 Milliarden) sowie Wiederaufbau und Staatenbildung (30 bis 105 Milliarden).

      Auch die Auswirkungen des Kriegs auf die Ölpreise (minus 40 bis 778 Milliarden) und die makroökonomischen Folgen (-17 bis 391 Milliarden) hat der Ökonom berechnet. Für den amerikanischen Steuerzahler prognostiziert Nordhaus für die kommenden zehn Jahre im Falle eines Kriegs zusätzliche finanzielle Belastungen zwischen 1000 und 20.000 Dollar je Haushalt und Jahr.
      Nordhaus: Wenn es zu einem kurzen, relativ unblutigen Krieg und einer problemlosen Besetzung des Irak kommt, könnte das Land eine ähnliche Menge Öl produzieren wie der Iran, also etwa drei Millionen Barrel täglich. Dadurch würde der Ölpreis vielleicht auf 25 Dollar sinken. Allerdings wird der Schub, den das der amerikanischen und europäischen Wirtschaft bringt, sehr moderat ausfallen. Auf jeden Fall wird das nicht ausreichen, die Kosten des Krieges auszugleichen.

      SPIEGEL ONLINE: Kommen auf Europa auch Kosten zu?

      Nordhaus: Ja, denn Sie müssen sehen: Es gibt im Prinzip vier Kostenblöcke. Erstens die direkten militärischen Kosten in Höhe von 50 bis 150 Milliarden Dollar, welche die USA wohl alleine tragen werden. Zweitens die Kosten für eine Besetzung des Landes, Peacekeeping und Nationbuilding - das sind weitere 100 Milliarden. Auch hiervon wird Amerika vermutlich den Löwenanteil bezahlen, aber andere Länder werden sicherlich auch einen Beitrag leisten.

      SPIEGEL ONLINE: Das klingt noch überschaubar...

      Nordhaus: ... große Kosten entstehen aber drittens durch die Auswirkungen auf den Ölmarkt und viertens durch makroökonomische Effekte. Wenn der Ölpreis auf 75 Dollar steigt, ist Europa genauso verwundbar wie die USA. Eine blutiger Krieg wird die Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks gleichermaßen ängstigen. Zusammenfassend kann also sagen, dass die Kosten - die militärischen mal ausgenommen - ziemlich breit gestreut sind.

      SPIEGEL ONLINE: Wie wahrscheinlich ist eine Rezession in Amerika?

      Nordhaus: Wenn der Ölpreis stark ansteigt, würde es mich überraschen, wenn es nicht in eine ziemlich schwere Rezession gäbe. In den USA ist die Geldpolitik wegen der niedrigen Zinsen an einem Punkt angelangt, wo sie kaum noch etwas ausrichten kann. Das ist ein großer Unterschied zum Golfkrieg von 1990/91.

      SPIEGEL ONLINE: Und in Europa?

      Nordhaus: Was zu erwarten wäre, ist eine Wiederholung der Konstellation aus den siebziger Jahren, die Stagflation: Damals stiegen wegen des Ölschock die Preise, was die Inflation antrieb. Und gleichzeitig waren die Volkswirtschaften sehr schwach und stagnierten. Die Europäische Zentralbank (EZB), die mir persönlich nicht sehr viel Vertrauen einflößt, könnte in diesem Fall in eine Krise geraten.

      William D. Nordhaus gilt als einer der angesehensten Ökonomen der USA. Der Yale-Professor war in den späten siebziger Jahren Wirtschaftsberater des Weißen Hauses.

      Nordhaus ist der Autor zahlreicher Bücher und Veröffentlichungen und hat sich unter anderem mit dem Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Rohstoffen und wirtschaftlichem Wachstum auseinandergesetzt.

      Des Weiteren beschäftigt er sich mit wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen zur globalen Erwärmung und mit Wirtschaftsgeschichte. Er gehört zahlreichen Expertengremien an, darunter auch dem wirtschaftlichen Beirat des Congressional Budget Office und dem Bureau of Economic Analysis.
      SPIEGEL ONLINE: Was ist denn mit dem Irak selbst? Ist der nach einem Krieg in Lage, sich wieder aufzurappeln?

      Nordhaus: Bei einem Ölpreis um die 25 Dollar könnte der Irak etwa 25 Milliarden Dollar pro Jahr einnehmen - vorausgesetzt die Ölindustrie erreicht wieder ihr volles Potenzial. Das ist nicht viel für Wiederaufbau, Erneuerung der Ölindustrie und Erschließung neuer Ölfelder. Wenn all die Dinge passieren sollen, die die US-Regierung angekündigt hat, also auch Nationbuilding und eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung, dann braucht das Land Hilfe - die Öleinnahmen werden nicht ausreichen.

      SPIEGEL ONLINE: Professor Nordhaus, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

      Das Interview führte Thomas Hillenbrand
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      schrieb am 24.01.03 20:12:24
      Beitrag Nr. 169 ()
      @Jules, du hast rech gehabt :laugh: er hat aber nicht den Fleischer geschickt (dazu war er wohl zu stolz), sondern den Coats :D


      Irak-Streit

      US-Botschafter erklärt Rumsfeld-Attacke als Ausrutscher

      Nach Donald Rumsfelds Angriff auf das "alte Europa", versuchen Diplomaten die Wogen zu glätten. Daniel Coats, Botschafter der USA in Deutschland, sprach von einem "Ausrutscher". Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte Rumsfeld zuvor "Polemik" vorgeworfen.

      Dan Coats: ``Ein Ausrutscher`` :laugh:
      AP
      Dan Coats: "Ein Ausrutscher"
      Berlin - Die Haltung Frankreichs habe die US-Regierung schwer enttäuscht, sagte Coats am Freitag der ARD. "Deutschland ist nicht relevant bei dieser Frage", fügte der Botschafter hinzu. Coats versicherte in dem Interview, der amerikanische Verteidigungsminister werde nicht mehr vom "alten Europa" sprechen. Von Deutschland habe die US-Regierung in dieser Frage gar nichts anderes mehr erwartet, betonte Coats. "Wir kannten die Antwort. Die Antwort war nein. Das gefällt uns nicht."

      Dennoch versuchte er Rumsfelds Äußerungen herunterzuspielen. "Ich meine, dass das ein Ausrutscher war." Coats erklärte sich Rumsfelds Äußerungen aus dessen Frustrationen. Die USA hätten geglaubt, von Frankreich mehr Unterstützung zu erhalten. Paris hätte nach seiner Ansicht wenigstens den für 27. Januar angekündigten Bericht von Waffeninspekteur Hans Blix abwarten können.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder versuchte unterdessen ebenfalls den Ball flach zu halten. Nur kein Öl ins Feuer gießen. Nach dem Polterer von Rumsfeld gab sich der Kanzler sehr knapp. Die Europa-kritischen Äußerungen kommentierte er mit einem einzigen Wörtchen: "polemisch".

      Schröder: ``Nicht gleich auf die Goldwaage legen``
      EPA/DPA
      GroßbildansichtSchröder: "Nicht gleich auf die Goldwaage legen"
      Weiter wolle er Rumsfelds Äußerungen zu der deutschen und französischen Haltung in der Irak-Politik nicht kommentieren, sagte Schröder dem Fernsehsender RTL. Der Kanzler versuchte zu beschwichtigen: Man solle nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Bezug nehmend auf Rumsfelds Einschätzung, Deutschland und Frankreich gehörten zum "alten Europa", wies Schröder darauf hin, dass Paris und Berlin gemeinsame Wertvorstellungen hätten, die sich auch in der amerikanischen Verfassung niederschlügen.

      Rumsfeld hatte am Mittwoch gesagt, Frankreich und Deutschland seien wegen ihrer Haltung zum Irak-Krieg "ein Problem". Daraufhin gab es empörte Reaktionen seitens vieler Europäer. Die Auseinandersetzung um diese Äußerung werde das deutsch-amerikanische Verhältnis nicht zerstören, sagte Schröder. Für die deutsche Position sieht der Kanzler eine wachsende Zustimmung in Europa. Mit Paris gebe es eine "nahtlose Übereinstimmung". Nach seinen Angaben wird sich Deutschland im Falle eines Krieges nur zum Schutz des Nato-Gebietes engagieren. Dazu sei kein neuer Bundestagsbeschluss erforderlich.

      Am Freitag telefonierte Schröder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Darin haben beide die Notwendigkeit bekräftigt, den Uno-Waffeninspekteuren in Irak die nötige Zeit zur Erfüllung ihres Auftrags zuzugestehen, teilten Sprecher beider Regierungen in Berlin und Moskau mit.

      Bela Anda, Sprecher der Bundesregierung, erklärte, Schröder wie Putin stimmten überein, "dass alle politischen Möglichkeiten zur Umsetzung der Uno-Sicherheitsratsresolution 1441 ausgeschöpft werden müssen". Dem Zwischenbericht des Chefs der Waffeninspekteure, Hans Blix, am 27. Januar komme große Bedeutung zu. Die Pressestelle des Kremls erklärte, beide Seiten hätten die Nähe ihrer Standpunkte betont, dass das Irak-Problem auf politischem Weg im Rahmen der Uno gelöst werden solle.

      Die zunehmend stärker werdende Front gegen die amerikanische Haltung scheint bei der US-Regierung und deren treuestem Verbündeten, Großbritannien Wirkung zu zeigen. Die "Los Angeles Times" berichtet, möglicherweise komme die USA den Forderungen entgegen, den Waffeninspektoren im Irak mehr Zeit zu geben.

      Bei dem Treffen zwischen den Außenministern beiden Staaten, Colin Powell und Jack Straw kam es allerdings zu keinem formalen Beschluss. Sie ließen jedoch offen, den Waffeninspektoren mehr Zeit einzuräumen und sich dafür die Zusicherung ihrer Allierten garantieren zu lassen, dass sie die Inspektionen nicht unendlich auszudehnen gedenken, teilten britische und amerikanische Beamten mit.

      "Es gibt keine Notwendigkeit zum Beispiel im Februar in den Krieg zu ziehen", sagte ein britischer Beamter, der anonym bleiben wollte.

      Angesichts der sich nahezu täglich veränderten Nachrichtenlage in der Irak-Politik erwartet eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger (63 Prozent), dass ein Krieg gegen den Irak kommen wird. Das ergab das jüngste ZDF-Politbarometer, das am Freitag veröffentlicht wurde. Sollte es auf Grundlage einer Uno-Resolution zu einer Militäraktion der USA im Irak kommen, so lehnt nach der Umfrage eine Mehrheit von 59 Prozent der Bundesbürger jegliche Beteiligung Deutschlands ab. Im Vormonat waren es noch 53 Prozent.

      Die Bereitschaft für eine Unterstützung der USA und ihrer Alliierten im Falle eines Krieges nimmt ab. Nur noch 26 Prozent sprechen sich dafür aus, sich mit Material und Geld zu engagieren (Dezember: 30 Prozent), 12 Prozent für die Beteiligung mit deutschen Soldaten (Dezember: 13 Prozent). Die Ablehnung im Osten Deutschlands ist sehr viel größer (75 Prozent) als im Westen (55 Prozent). Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hatte vom 20. bis 23. Januar 1333 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte im Auftrag des ZDF befragt.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 12:14:47
      Beitrag Nr. 170 ()
      Waffeninspektion

      "Die irakische Regierung bekommt die Note zwei"

      Neuer Rückschlag für US-Präsident George W. Bushs Kriegspolitik: Die Internationale Atomenergiebehörde will dem Irak einen Persilschein ausstellen.

      Al-Baradei und Blix: Gute Noten für den Irak
      AP
      GroßbildansichtAl-Baradei und Blix: Gute Noten für den Irak
      Wien - Die Amerikaner kommen immer stärker in Beweisnot. US-Außenminister Colin Powell hat zwar angekündigt, Anfang nächster Woche neue Beweise über Arsenale von Massenvernichtungsmitteln im Irak vorzulegen. Doch drei Tage vor der mit großer Spannung erwarteten Präsentation der Uno-Waffenberichte haben sich die Zeichen zu Gunsten Bagdads gewendet. Mark Gwozdecky, Sprecher der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien erklärte, seine Behörde werde dem Irak eine zufrieden stellende Kooperation bescheinigen. Zugleich kündigte er an, IAEA-Generaldirektor Mohamed al-Baradei werde beim Weltsicherheitsrat eine Fortsetzung der Inspektionen beantragen. Auch laut Uno-Chefinspekteur Hans Blix gibt es zurzeit keine harten Beweise gegen Bagdad.

      "Die irakische Regierung bekommt die Note zwei", sagte Gwozdecky der Nachrichtenagentur AP. Demnach erhielten die Kontrolleure, die irakische Rüstungsanlagen auf etwaige Atomwaffen überprüfen wollten, in der Regel ungehindert Zugang zu den Orten ihrer Wahl. Deshalb habe das IAEA-Team große Fortschritte erzielt, sagte Gwozdecky. Für einen erfolgreichen Abschluss der Arbeit würden aber noch mehrere Monate benötigt.

      Blix` Erklärung in New York klang nicht ganz so positiv: Seine Inspekteure würden zwar nicht behindert, doch kooperiere Bagdad nicht vollständig mit den Uno. Er kritisierte, dass Irak den Rüstungskontrolleuren Flüge mit Aufklärungsmaschinen vom Typ U2 verweigere. Der irakische Generalleutnant Hossam Mohammed Amin erklärte dazu, diese Flugzeuge seien in der Vergangenheit zur Spionage für den US-Geheimdienst CIA missbraucht worden.

      Es gibt Anzeichen, dass die US-Regierung möglicherweise eine Kursänderung vornehmen könnte. Aus ranghohen Regierungskreisen in Washington verlautete, angesichts des Widerstands der europäischen Verbündeten gegen einen Irak-Krieg erwäge man, einer Ausweitung der Inspektionen zuzustimmen. Mehrere US-Senatoren warnten vor einem übereilten Militärschlag.

      Zuvor hatte bereits US-Außenminister Colin Powell angedeutet, die USA könnten eine zweite Irak-Resolution zur Kriegsermächtigung in Betracht ziehen. Dies sei eine "offene Frage". Washington sei zwar stets der Ansicht gewesen, dass die Resolution 1441 für eine etwaige Militäraktion ausreiche. Man sei sich aber bewusst, dass andere Mitglieder im Sicherheitsrat eine zweite Entschließung für notwendig hielten. Die Stimmung bei den Mitgliedern des Weltsicherheitsrats hatte sich in den letzten Tagen gegen einen Krieg gewendet. Der französische Uno-Botschafter Jean-Marc de La Sabliere bezweifelte, dass es derzeit eine Mehrheit für eine neue Resolution geben würde, die einen Angriff rechtfertigen würde. Der russische Außenminister Igor Iwanow betonte während eines Besuchs in Athen, eine Resolution zur Kriegsermächtigung sei unangemessen, weil Irak den Waffeninspekteuren keine grundlegenden Schwierigkeiten bereite.

      360.000 Flugblätter über Irak abgeworfen

      Derweil gehen Propagandaaktionen der Amerikaner und Briten im Irak weiter. Flugzeuge warfen rund 360.000 Flugblätter über der südlichen Flugverbotszone ab. Wie das US-Zentralkommando erklärte, wurden die Iraker darin aufgefordert, amerikanische Radioübertragungen einzuschalten. Auf den Zetteln wurden Radiofrequenzen angegeben, auf denen die amerikanischen und britischen Streitkräfte in der Nacht Programme in arabischer Sprache senden.

      Außerdem wurden irakische Soldaten gewarnt, nicht an Flugabwehreinrichtungen zu arbeiten, da diese unter Feuer geraten könnten. Die Flugblätter wurden auf der Halbinsel El Faw und nahe der Ortschaft An Nadschaf abgeworden, rund 140 Kilometer südöstlich von Bagdad.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 13:20:50
      Beitrag Nr. 171 ()
      Den Fleischer ans Mikro zu schicken, hätte wohl zu viel Staub aufgewirbelt. Dann doch lieber einfach nur den Botschafter vorschicken und von einem Ausrutscher reden. :D
      Rumsfelds Aktion war dumm, und hat die Amerikaner nicht unbedingt vorwärts gebracht. Mal sehen wie die Amis es jetzt drehen wollen, nach dem hier

      "Die irakische Regierung bekommt die Note zwei", sagte Gwozdecky der Nachrichtenagentur AP. Demnach erhielten die Kontrolleure, die irakische Rüstungsanlagen auf etwaige Atomwaffen überprüfen wollten, in der Regel ungehindert Zugang zu den Orten ihrer Wahl. Deshalb habe das IAEA-Team große Fortschritte erzielt, sagte Gwozdecky. Für einen erfolgreichen Abschluss der Arbeit würden aber noch mehrere Monate benötigt.

      ein paar Monate wollen die USA sicher nicht warten :laugh:
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 13:32:51
      Beitrag Nr. 172 ()
      Der Auftritt Rumsfelds war kein Ausrutscher. Gegen Deutschland wird seit Monaten seitens der USA polemisiert und beleidigt :mad:

      Er hat diesmal nur soviel Staub aufgewirbelt, weil Deutschland und Frankreich verbal angegriffen wurden.

      Die Franzosen lassen sich sowas nicht gefallen. Das sollten sich einige Deutsche Politiker, speziell von der CDU mal hinter die Ohren schreiben ;).
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 13:39:46
      Beitrag Nr. 173 ()
      Die Mehrheit der Welt ist hinter den USA, das sieht man

      Samstag, 25. Januar 2003
      Mehr Zeit für Inspektoren
      Solana drängt auf neue Resolution

      Die Forderung nach mehr Zeit für die UNO-Rüstungskontrollen im Irak findet immer mehr Unterstützung. Nach Deutschland und Frankreich fordert nun auch der EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, den Inspekteuren müssten alle Instrumente und die Zeit gegeben werden, die sie benötigten, ihre Kontrollen gründlich durchzuführen.

      Der Zeitung "Bild am Sonntag" sagte Solana weiter, dabei sei es unbedingt erforderlich, dass der irakische Präsident Saddam Hussein besser mitarbeite als in der Vergangenheit. "Er muss nachweisen, dass er über keine Massenvernichtungswaffen mehr verfügt", erklärte Solana. Zugleich machte er deutlich, dass er vor einem möglichen Angriff auf den Irak eine weitere Resolution des UN-Sicherheitsrats für erforderlich hält: "Dies hat der Sicherheitsrat zu entscheiden. Aber ich bin der Meinung, dass es das Beste wäre, wenn wir eine zweite Resolution hätten."

      Zustimmung aus Russland und Dänemark

      Auch der russische Präsident Wladimir Putin stimmte nach Angaben von Regierungssprecher Bela Anda mit Bundeskanzler Gerhard Schröder darin überein, dass den UNO-Waffeninspekteuren im Irak die notwendige Zeit eingeräumt werden soll. Der dänische Außenminister Per Stig Möller sagte am Freitag vor dem Außenpolitischen Ausschuss im Kopenhagener Folketing, die Inspekteure sollten vor eine endgültigen Entscheidung im UN-Sicherheitsrat so viel Zeit zugestanden bekommen, wie sie nach eigener Meinung benötigen.

      USA verärgert

      Die USA reagierten mit Kritik auf die lauter werdenden Stimmen. Zwei Tage vor dem Bericht der UNO-Waffeninspektoren an den Sicherheitsrat sagte US-Außenminister Colin Powell in Interview der britischen "Financial Times": "Mehr Zeit wofür? Damit die Inspektoren was tun können? Was werden wir in zwei bis drei Monaten wissen, angesichts des höchstwahrscheinlich unkooperativen Verhaltens des Irak?"

      In ihrem am Montag fälligen Bericht an den Sicherheitsrat werden die Inspektoren einem Sprecher zufolge voraussichtlich erklären, dass die Zusammenarbeit Iraks mit den Inspektoren ausreichend, aber deutlich verbesserungsfähig sei. Die USA haben Irak mit Krieg gedroht, sollte das Land die UNO-Resolutionen zur Abrüstung nicht befolgen.

      Blix berichtet Deutschland

      UN-Chefinspekteur Hans Blix kommt am 5. Februar zu Gesprächen mit Bundeskanzler Schröder und Außenminister Joschka Fischer nach Deutschland. Schröder und Fischer wollten von Blix Informationen aus erster Hand "und im Anschluss mögliche weitere Entwicklungen in der Irak-Frage erörtern", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Hans Langguth am Freitag in Berlin.
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 14:12:07
      Beitrag Nr. 174 ()
      Angriff mit 400 Marschflugkörpern


      Die US-Regierung will bei einem Krieg den Kampfwillen der irakischen Truppen offenbar gleich zu Beginn brechen. Falls die bisherigen Kriegspläne des Pentagons beibehalten würden, könnten die Luftwaffe und die US-Marine an einem Tag im März zwischen 300 und 400 Marschflugkörper auf Irak abschießen, berichtete der US-Sender CBS am Freitagabend. Dies seien mehr als im Golfkrieg 1991 abgefeuert wurden.

      Der Kampfplan mit dem Titel „shock and awe“ (etwa: Schockieren und Ehrfurcht einflößen) konzentriere sich auf die psychologische Zerstörung des Kampfwillens des Feindes und weniger auf die physische Zerstörung der Armee, hieß es.

      „Es werde in Bagdad keinen sicheren Ort geben“, zitierte der Sender einen Beamten des US-Verteidigungsministeriums. Der Beamte, der in die Pläne eingeweiht ist, sagte weiter, allein eine solche Zahl der Geschosse habe es bisher noch nie gegeben. Über einen solch intensiven Angriff sei vorher noch nie ernsthaft nachgedacht worden.

      Bush stimmt sein Volk auf Krieg ein

      US-Präsident George W. Bush will die Amerikaner nach Angaben des Weißen Hauses in den kommenden Wochen auf einen möglichen Irak-Krieg vorbereiten. Der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, Dan Bartlett, sagte, dass die US-Streitkräfte zu einer Invasion bereit stünden. Die Rede sei jedoch nicht mit einer Kriegserklärung gleichzusetzen, betonte Bartlett.

      Weltweiter Appell an US-Bürgern

      Das US-Außenministerium will alle im Ausland
      lebenden oder reisenden Amerikaner alarmieren, Vorbereitungen für den Notfall zu treffen. Beobachter werteten dies als Maßnahme im Hinblick auf einen etwaigen Krieg gegen Irak, auch wenn dies von US-Beamten nicht bestätigt wurde.

      Außenamtssprecherin Susan Pittman erklärte in Washington, der Alarm betreffe die notwendigen Vorsichtsregeln, die Amerikaner im Ausland generell einhalten sollten, ob sich dies nun auf einen persönlichen Notfall beziehe oder auf wirtschaftliche und politische Unruhen sowie Katastrophen und Terroranschläge.

      Die Botschaft an die US-Vertretungen im Ausland enthalte unter anderem Ratschläge zur Versorgung mit medizinischen Gütern und Lebensmitteln sowie zur Sicherstellung gültiger Reisedokumente, so Pittman. US-Bürger sollten demnach stets in der Lage sein, ein fremdes Land im Notfall umgehend zu verlassen.

      25.01.03, 13:05 Uhr
      Quelle: focus online
      Avatar
      schrieb am 25.01.03 17:04:09
      Beitrag Nr. 175 ()
      da ich merke, dass viele nicht wissen worum es eigentlich geht im Irak-Konflikt, nochmals die Resolution.

      UN-Sicherheitsrat: Resolution 1441 (2002) vom 8. November 2002
      Letzte Chance für Irak - Die Resolution im vollen Wortlaut

      Im Folgenden dokumentieren wir die wohl wichtigste Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in der schwelenden Irak-Krise. Die Übersetzung erfolgte auf der Grundlage des vorläufigen Textes in Dokument S/2002/1198 vom 7. November 2002. Für Schreibfehler übernehmen wir die Verantwortung.


      Resolution 1441 (2002)

      verabschiedet auf der 4644. Sitzung des Sicherheitsrats am 8. November 2002

      Der Sicherheitsrat,

      unter Hinweis auf alle seine früheren einschlägigen Resolutionen, insbesondere seine Resolutionen 661 (1990) vom 6. August 1990, 678 (1990) vom 29. November 1990, 686 (1991) vom 2. März 1991, 687 (1991) vom 3. April 1991, 688 (1991) vom 5. April 1991, 707 (1991) vom 15. August 1991, 715 (1991) vom 11. Oktober 1991, 986 (1995) vom 14. April 1995 und 1284 (1999) vom 17. Dezember 1999 sowie alle einschlägigen Erklärungen seines Präsidenten,

      sowie unter Hinweis auf seine Resolutionen 1382 (2001) vom 29. November 2001 und seine Absicht, diese vollständig durchzuführen,

      in Erkenntnis de Bedrohung, die Iraks Nichtbefolgung der Resolutionen des Rates sowie die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Langstreckenflugkörpern für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellen,

      daran erinnernd, dass die Mitgliedstaaten durch seine Resolution 678 (1990) ermächtigt wurden, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um seiner Resolution 660 (1990) vom 2. August 1990 und allen nach Resolution 660 (1990) verabschiedeten einschlägigen Resolutionen Geldung zu verschaffen und sie durchzuführen und den Weltfrieden und die internationale Sicherheit in dem Gebiet weiderherzustellen,

      ferner daran erinnernd, dass er als notwendigen Schritt zur Herbeiführung seines erklärten Ziels der Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit in dem Gebiet Irak mit seiner Resolution 687 (1991) Verpflichtungen auferlegte,

      missbilligend, dass Irak die in Resolution 687 (1991) verlangte genaue, vollständige und endgültige Offenlegung aller Aspekte seiner Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen und von ballistischen Flugkörpern mit einer Reichweite von mehr als 150 Kilometern sowie aller seiner Bestände derartiger Waffen, ihrer Komponenten und Produktionseinrichtungen und ihrer Standorte sowie aller sonstigen Nuklearprogramme, einschließlich jener, bezüglich derer Irak geltend macht, dass sie nicht Zwecken im Zusammenhang mit kernwaffenfähigem Material dienen, nicht vorgenommen hat,

      ferner missbilligend, dass Irak den sofortigen, bedingungslosen und uneingeschränkten Zugang zu den von der Sonderkommission der Vereinten Nationen (UNSCOM) und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) bezeichneten Stätten wiederholt behindert hat und dass Irak nicht, wie in Resolution 687 (1991) gefordert, voll und bedingungslos mit den Waffeninspektoren der UNSCOM und der IAEO kooperiert hat und schließlich 1998 jede Zusammenarbeit mit der UNSCOM und der IAEO eingestellt hat,

      missbilligend, dass die in den einschlägigen Resolutionen geforderte internationale Überwachung, Inspektion und Verifikation von Massenvernichtungswaffen und ballistischen Flugkörpern in Irak seit Dezember 1998 nicht mehr stattfindet, obwohl der Rat wiederholt verlangt hat, dass der in Resolution 1284 (1999) als Nachfolgeorganisation der UNSCOM eingerichteten Überwachungs-, Verifikations- und Inspektionskommission der Vereinten Nationen (UNMOVIC) und der IAEO sofortigen, bedingungslosen und uneingeschränkten Zugang gewährt, sowie mit Bedauern über die dadurch verursachte Verlängerung der Krise in der Region und des Leids der irakischen Bevölkerung,

      sowie missbilligend, dass die Regierung Iraks ihren Verpflichtungen nach Resolution 687 (1991) betreffend den Terrorismus, nach Resolution 688 (1991) betreffend die Beendigung der Unterdrückung seiner Zivilbevölkerung und die Gewährung des Zugangs für die internationalen humanitären Organisationen zu allen hilfsbedürftigen Personen in Irak sowie nach den Resolutionen 686 (1991), 687 (1991) und 1284 (1999) betreffend die Repatriierung von Staatsangehörigen Kuwaits und dritter Staaten, die von Irak widerrechtlich festgehalten werden, die Zusammenarbeit bei der Klärung ihres Verbleibs sowie die Rückgabe aller von Irak widerrechtlich beschlagnahmten kuwaitischen Vermögenswerte nicht nachgekommen ist,

      unter Hinweis darauf, dass der Rat in seiner Resolution 687 (1991) erklärte, dass eine Waffenruhe davon abhängen werde, dass Irak die Bestimmungen der genannten Resolutione und namentlich die Irak darin auferlegten Verpflichtungen akzeptiert,

      fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass Irak seine Verpflichtungen nach Resolution 687 (1991) und den sonstigen einschlägigen Resolutionen vollständig, sofort und ohne Bedingungen oder Einschränkungen einhält, und unter Hinweis darauf, dass die Resolutionen des Rates den Maßstab für die Einhaltung der Verpflichtungen Iraks bilden,

      daran erinnernd, dass es für die Durchführung der Resolution 687 (1991) und der sonstigen einschlägigen Resolutionen unerlässlich ist, dass die UNMOVIC als Nachfolgeorganisation der Sonderkommission und die IAEO ihrer Tätigkeit wirksam nachgehen können,

      feststellend, dass das Schreiben des Außenministers Iraks vom 16. September 2002 an den Generalsekretär ein notwendiger erster Schritt dazu ist, Iraks anhaltende Nichtbefolgung der einschlägigen Ratsresolutionen zu korrigieren,

      ferner Kenntnis nehmend von dem Schreiben des Exekutivvorsitzenden der UNMOVIC und des Generaldirektors der IAEO vom 8. Oktober 2002 an General Al-Sadi, Mitglied der Regierung Iraks, in dem im Anschluss an ihr Treffen in Wien die praktischen Regelungen festgelegt werden, die eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Inspektionen in Irak durch die UNMOVIC und die IAEO sind, und mit dem Audruck seiner größten Besorgnis darüber, dass die Regierung Iraks die in dem genannten Schreiben festgelegten Regelungen nach wie vor nicht bestätigt hat,

      in Bekräftigung des Bekenntnisses aller Mitgliedstaaten zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit Iraks, Kuwaits und der Nachbarstaaten,

      mit Lob für den Generalsekretär und für die Mitglieder der Liga der arabischen Staaten und ihren Generalsekretär für ihre diesbezüglichen Bemühungen,

      entschlossen, die vollständige Befolgung seiner Beschlüsse sicherzustellen,

      tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,

      1. beschließt, dass Irak seine Verpflichtungen nach den einschlägigen Resolutionen, namentlich der Resolution 687 (1991), erheblich verletzt hat und nach wie vor erheblich verletzt, indem Irak insbesondere nicht mit den Inspektoren der Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) zusammenarbeitet und die nach den Ziffern 8 bis 13 der Resolution 687 (1991) erforderlichen Maßnahmen nicht abschließt;

      2. beschließt, wenn auch eingedenk der Ziffer 1, Irak mit dieser Resolution eine letzte Chance einzuräumen, seinen Abrüstungsverpflichtungen nach den ainschlägigen Resolutionen des Rates nachzukommen; und beschließt demgemäß, ein verstärkte Inspektionsregime einzurichten, mit dem Ziel, den vollständigen und verifizierten Abschluss des mit Resolution 687 (1991) und späteren Resolutionen des Rates eingerichteten Abrüstungsprozesses herbeizuführen;

      3. beschließt, dass die Regierung Iraks, um mit der Erfüllung ihrer Abrüstungsverpflichtungen zu beginnen, zusätzlich zur Vorlage der zweimal jährlich erforderlichen Erklärungen der Überwachungs-, Verifikatione- und Inspektionskommission der Vereinten Nationen (UNMOVIC), der IAEO und dem Rat spüätestens 30 Tage nach Verabschiedung dieser Resolution eine auf dem neuesten Stand befindliche genaue, vollständige und umfassende Erklärung aller Aspekte seiner Programme zur Entwicklung chemischer, biologischer und nuklearer Waffen, ballistischer Flugkörper und anderer Trägersysteme, wie unbemannter Luftfahrzeuge und für den Einsatz mit Luftfahrzeugen bestimmter Ausbringungssysteme, einschließlich aller Bestände sowie der exakten Standorte derartiger Waffen, Komponenten, Subkomponenten, Bestände von Agenzien sowie dazugehörigen Materials und entsprechender Ausrüstung, der Standorte und der Tätigkeit seiner Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionseinrichtungen sowie aller sonstigen chemischen, biologischen und Nuklearprogramme, einschließlich jener, bezüglich derer sie geltend macht, dass sie nicht Zwecken im Zusammenhang mit der Produktion von Waffen oder Material dienen, vorlegen wird;

      4. beschließt, dass falsche Angaben oder Auslassungen in den von Irak nach dieser Resolution vorgelegten Erklärungen sowie jegliches Versäumnis Iraks, diese Resolution zu befolgen und bei ihrer Durchführung uneingeschränkt zu kooperieren, eine weitere erhebliche Verletzung der Verpflichtungen Iraks darstellen und dem Rat gemeldet werdeen, damit er nach Ziffern 11 und 12 eine Bewertung trifft;

      5. beschließt, dass Irak der UNMOVIC und der IAEO sofortigen, ungehinderten, bedingungslosen und uneingeschränkten Zugang zu ausnahmslos allen, auch unterirdischen, Bereichen, Einrichtungen, Gebäuden, Ausrüstungsgegenständen, Unterlagen und Transportmitteln gewährt, die diese zu inspizieren wünschen, sowie sofortigen, ungehinderten und uneingeschränkten Zugang ohne Anwesenheit Dritter zu allen Amtsträgern und anderen Personen, welche die UNMOVIC oder die IAEO in der von ihre gewählten Art und Weise oder an einem Ort ihrer Wahl auf Grund irgendeines Aspekts ihres jeweiligen Mandats zu befragen wünschen; beschließt ferner, dass die UNMOVIC und die IAEO nach ihrem Ermessen Befragungen innrehalb oder außerhalb Iraks durchführen können, dass sie die Ausreise der Befragten und ihrer Angehörigen aus Irak erleichtern können und dass diese Befragungen nach alleinigem Ermessen der UNMOVIC und der IAEO ohne Beisein von Beobachtern der Regierung Iraks stattfinden können; und weist die UNMOVIC an und ersucht die IAEO, die Inspektionen spätestens 45 Tage nach Verabschiedung dieser Reolution wiederaufzunehmen und den Rat 60 Tage danach über den neuesten Sachstand zu unterrichten;

      6. macht sich das Schreiben des Exekutivvorsitzenden der UNMOVIC und des Generaldirektors der IAEO vom 8. Oktober 2002 an General Al-Saadi, Mitglied der Regeirung Iraks, zu eigen, das dieser Resolution als Anlage beigefügt ist, und beschließt, dass der Inhalt dieses Schreibens für Irak bindend ist;

      7. beschließt ferner, in Anbetracht der von Irak lange unterbrochenen Anwesenheit der UNMOVIC und der IAEO und zu dem Zweck, dass sie die in dieser und in allen früheren einschlägigen Resolutionen festgelegten Aufgabne wahrnehmen können, sowie ungeachtet früherer Vereinbarungen die nachstehenden abgeänderten beziehungsweise zusätzlichen Regelungen festzulegen, die für Irak bindend sind, um ihre Arbeit in Irak zu erleichtern:

      * die UNMOVIC und die IAEO bestimmen die Zusammensetzung ihrer Inspektionsteams und stellen sicher, dass diese Teams aus den qualifiziertesten und erfahrensten verfügbaren Sachverständigen bestehen;
      * das gesamte Personal der UNMOVIC und der IAEO genießt die in dem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen und der Vereinbarung über die Vorrechte und Befreiungen der IAEO für Sachverständige im Auftrag der Vereinten Nationen vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten;
      * die UNMOVIC und die IAEO haben das uneingeschränkte Ein- und Ausreiserecht in und aus Irak, das Recht auf freie, uneingeschränkte und sofortige Bewegung zu und von den Inspektionsstätten sowie das Recht, alle Stätten und Gebäude zu inspizieren, einschließlich des sofortigen, ungehinderten, bedingungslosen und uneingeschränkten Zugangs zu den Präsidentenanlagen unter den gleichen Bedingungen wie zu den anderen Stätten, ungeachtet der Bestimmungen der Resolution 1154 (1998);
      * die UNMOVIC und die IAEO haben das Recht, von Irak die Namen aller Mitarbeiter zu erhalten, die mit den chemischen, biologischen, nuklearen und ballistische Flugkörper betreffenden Programmen Iraks sowie mit den entsprechenden Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionseinrichtungen in Verbindung stehen oder uin Verbindung standen;
      * die Sicherheit der Einrichtungen der UNMOVIC und der IAEO wird durch eine ausreichende Zahl von Sicherheitskräften der Vereinten Nationen gewährleistet;
      * die UNMOVIC und die IAEO haben das Recht, zum Zweck der Blockierung einer zu inspizierenden Stätte Ausschlusszonen zu erklären, die auch umliegende Gebiete und Verkehrskorridore umfassen, in denen Irak alle Bewegungen am Boden und in der Luft einstellt, sodass an der zu inspizierenden Stätte nichts verändert und nicht davon entfernt wird;
      * die UNMOVIC und die IAEO können Starr- und Drehflügelluftfahrzeuge, einschließlich bemannter und unbemannter Aufklärungsflugzeuge, frei und uneingeschränkt einsetzen und landen;
      * die UNMOVIC und die IAEO haben das Recht, nach ihrem alleinigen Ermessen alle verbotenen Waffen, Subsysteme, Komponenten, Unterlagen, Materialien und andere damit zusammenhängende Gegenstände verifizierbar zu entfernen, zu vernichten oder unschädlich zu machen sowie das Recht, alle Einrichtungen oder Ausrüstungen für deren Produktion zu beschlagnahme oder zu schließen; und
      * die UNMOVIC und die IAEO haben das Recht, Ausrüstung oder Material für Inspektionen frei einzuführen und zu verwenden und jede Ausrüstung, jedes Material und alle Dokumente, die sie bei Inspektionen sichergestellt haben, zu beschlagnahmen und auszuführen, ohne dass Mitarbeiter der UNMOVIC oder der IAEO oder ihr dienstliches oder persönliches Gepäck durchsucht werden;

      8. beschließt ferner, dass Irak keine feindseligen Handlungen gegen Vertreter oder Personal der Vereinten Nationen oder der IAEO oder irgendeines Mitgliedstaats, der tätig wird, um einer Resolution des Rates Geldung zu verschaffen, durchführen oder androhen wird;

      9. ersucht den Generalsekretär, Irak diese Resolution, die für Irak bindend ist, unverzüglich zur Kenntnis zu bringen; verlangt, dass Irak binnen sieben Tagen nach dieser Unterrichtung seine Absicht bestätigt, diese Resolution vollinhaltlich zu befolgen, und verlangt ferner, dass Irak sofort, bedingungslos und aktiv mit der UNMOVIC und der IAEO kooperiert;

      10. ersucht alle Mitgliedstaaten, die UNMOVIC und die IAEO bei der Erfüllung ihres jeweiligen Mandats rückhaltlos zu unterstützen, so auch indem sie alle Informationen über verbotene Programme oder andere Aspekte ihres Mandats vorlegen, namentlich über die von Irak seit 1998 unternommenen Versuche, verbotene Gegenstände zu erwerben, und indem sie WEmpfehlungen zu den zu inspizierenden Stätten, den zu befragenden Personen, den Umständen solcher Befragungen und den zu sammelnden Daten abgeben, wobei die UNMOVIC und die IAEO dem Rat über die dabei erzielten Ergebnisse Bericht erstatten werden;

      11. weist denn Exekutivvorsitzenden der UNMOVIC und den Generaldirektor der IAEO an, dem Rat über jede Einmischung Iraks in die Inspektionstätigkeiten und über jedes Versäumnis Iraks, seinen Abrüstungsverplflichtungen, einschließlich seiner Verpflichtungen betreffend Inspektionen, nach dieser Resolution nachzukommen, sofort Bericht zu erstatten;

      12. beschließt, sofort nach Eingang eines Berichts nach den Ziffern 4 oder 11 zusammenzutreten, um über die Situation und die Notwendigkeit der vollinhaltliche Befolgung aller einschlägigen Ratsresolutionen zu beraten, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu sichern;

      13. erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der Rat Irak wiederholt vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt hat, wenn Irak weiter gegen seine Verpflichtungen verstößt;

      14. beschließt, mit der Angelegenheit befasst zu bleiben.
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      schrieb am 25.01.03 22:13:41
      Beitrag Nr. 176 ()
      Irak-Krise

      Auch in den USA wird Kritik an Bush lauter

      Unter dem Eindruck weltweiter Friedensappelle will nun offenbar auch US-Präsident Bush den Waffeninspektoren mehr Zeit gönnen. Auch in den USA kritisieren immer mehr Abgeordnete und Intellektuelle den Kriegskurs ihrer Regierung. Vor dem Uno-Hauptquartier in Bagdad kam es am Samstag zu einem Zwischenfall.



      REUTERS

      Kampfbereit: US-Präsident George W. Bush


      Washington/Bagdad - Mehrere US-Medien berichteten am Samstag, dass die USA einer Verlängerung der Inspektionen zustimmen könnten. Die USA wollten offensichtlich Zeit gewinnen, um die Kriegsskeptiker im eigenen Land und außerhalb noch auf ihre Seite zu ziehen, hieß es.

      Auch in den USA mehren sich unterdessen die kritischen Stimmen gegenüber Bush. Nach Ansicht des amerikanischen Schriftstellers Norman Mailer ("Die Nackten und die Toten") wird US-Präsident George W. Bush den Krieg gegen den Irak führen, weil er das Öl des Landes will und eine zentrale Position im Mittleren Osten anstrebt. Es gebe eine Tendenz in den mächtigsten rechtskonservativen Kreisen des Landes, die Welt nicht nur ökonomisch, sondern vor allem militärisch zu beherrschen, sagte der 79-Jährige der "Berliner Zeitung". Ein Zurück könne sich Bush nicht erlauben. Der Präsident habe innenpolitisch zu viele Probleme, von denen er ablenken müsse.

      "Die Konservativen denken, das Land gerät außer Rand und Band und hoffen, wenn es vom Militär bestimmt wird, wird es wieder auf einen richtigen Weg kommen", sagte der mehrfache Pulitzer-Preisträger.

      Der demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus Peter DeFazio kritisierte, man hätte "diesem Präsidenten" niemals "einen Blankoscheck für einen Krieg" ausstellen dürfen. Denn es gebe einen Weg für eine friedliche Lösung. Bisher habe der Präsident noch nicht einmal den "Schatten eines Beweises" dafür vorgelegt, dass Saddam Hussein eine Gefahr für die USA darstelle. Saddam sei ein "Mörder" und ein "psychopathischer Despot", aber nach allen ihm bisher vorgelegten Informationen stelle der Diktator eine geringe oder überhaupt keine Gefahr für Menschen außerhalb des Iraks dar.

      Unmittelbar vor dem Irak-Bericht der internationalen Waffenkontrolleure am Montag haben führende Politiker Bagdad noch einmal eindringlich den Ernst der Lage zu vermitteln versucht. Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte am Samstag in Kairo, es gebe keinen Spielraum mehr für Taktik oder Ausweichmanöver. US-Außenminister Colin Powell wies dem Irak die Verantwortung für Krieg und Frieden zu.

      Bei der Ankunft zum Weltwirtschaftsforum in Davos sagte Powell, Irak müsse sich an die Uno-Resolutionen halten, andernfalls werde deren Umsetzung mit Waffengewalt erzwungen. Eine Entscheidung über einen möglichen Militärschlag werde aber nicht vor dem Treffen von US-Präsident George W. Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair am kommenden Freitag in Camp David fallen. Die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey bot Powell an, zur Abwendung eines Kriegs baldige Vermittlungsgespräche in der Schweiz abzuhalten.

      Bereits vor Powells Erklärung hatte der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, Dan Bartlett, mit Blick auf die Rede Bushs zur Lage der Nation am Dienstag erklärt, es werde noch keine Kriegserklärung an Irak geben. Allerdings werde Bush die Amerikaner auf die Möglichkeit eines Krieges einstimmen. In einem Telefongespräch bekräftigten Bush und Blair am Freitag noch einmal ihre Entschlossenheit, Irak notfalls mit Gewalt abzurüsten.

      Außenminister Fischer erklärte nach einer Unterredung mit seinem ägyptischen Kollegen Ahmed Maher und Präsident Husni Mubarak in Kairo, es sei von ganz entscheidender Bedeutung, dass Bagdad verstehe, wie ernst die Lage sei. Gefordert sei die volle Umsetzung der Uno-Resolution 1441 und der anderen Entschließungen des Sicherheitsrats. "Das heißt, volle Kooperation mit den Inspekteuren ist die Voraussetzung für eine friedliche Lösung", sagte Fischer.

      Maher erklärte, der Bericht der Uno-Kontrolleure werde ein Indikator dafür sein, in welche Richtung sich die Krise entwickeln werde. Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohamed ElBaradei, und der Leiter der Uno-Abrüstungskommission, Hans Blix, werden am Montag dem Sicherheitsrat ihren Bericht zum Stand der Rüstungskontrollen in Irak vortragen. Ein Sprecher hatte am Freitag erklärt, man werde dem Irak eine zufriedenstellende Kooperation bescheinigen und eine Fortsetzung der Inspektionen beantragen.


      Die Waffeninspekteure selbst setzten am Samstag ihre Kontrollen in Irak fort. Ferner erklärte sich ein irakischer Wissenschaftler bereit, von Uno-Mitarbeitern befragt zu werden. Die Befragung fand nach irakischen Angaben in Gegenwart eines Regierungsvertreters statt. Insgesamt drei Wissenschaftler hätten Gespräche mit den Kontrolleuren abgelehnt, bei denen kein Regierungsvertreter zugegen sein sollte.

      Zwei Männer versuchten am Samstag, in die Vertretung der UN-Inspekteure in Bagdad einzudringen. Nach UN-Angaben wurden sie festgenommen und den irakischen Behörden übergeben. Die Zwischenfälle ereigneten sich im Abstand von etwa 45 Minuten. Ob ein Zusammenhang bestand, war zunächst nicht klar. Einer der Männer hatte drei Messer bei sich, der andere rief in Arabisch und Englisch "Rettet mich", als er auf das UN-Gelände vordringen wollte.
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      schrieb am 25.01.03 22:16:45
      Beitrag Nr. 177 ()
      US-Diplomatie

      Rumsfelds neue Freunde

      Mit seiner Bemerkung, der Schwerpunkt Europas verschiebe sich nach Osten, bringt US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die neuen Nato-Mitglieder aus Osteuropa in eine unangenehme Lage. Plötzlich stehen sie als Vasallen da. US-Außenminister Colin Powell fügte hinzu: Mindestens 12 Staaten würden mit den USA in den Krieg ziehen.



      REUTERS

      Bush und Polens Präsident Kwasniewski: "Ich habe heute keinen besseren Freund in Europa"


      Berlin - Der Versuch Donald Rumsfelds, Europa zu spalten, ging auch der CDU-Vorsitzende Angela Merkel zu weit. Es sei sinnlos, kommentierte sie seine Äußerung zum "alten" und "neuen" Europa, einzelne Staaten oder Lager in Europa gegeneinander zu stellen. Doch ist der europäische Zusammenhalt wirklich so stark und unverletzlich, angesichts der Entwicklung in der Nato?

      Tatsächlich beruht Rumsfelds selbstbewusste Analyse, der Schwerpunkt der Nato verlagere sich nach Osten, massiv auf seinen praktischen Erfahrungen. Nirgendwo können sich die Amerikaner der Gefolgschaft der Regierungen so sicher sein wie im Osten Europas, seitdem sich das Bündnis 1999 für Polen, Ungarn und Tschechien öffnete.

      Die osteuropäischen Staaten, von vielen westlichen Nato-Partnern als "trojanische Pferde" der USA bespöttelt, fühlen sich doppelt an Washington gebunden: Zum einen, weil sie den Muff kommunistischer Zeiten endlich ablegen wollen. Zum anderen, weil sie nicht vergessen haben, dass ihre Länder am bittersten unter der bis 1989 gültigen Nachkriegsordnung zu leiden hatten.

      Wie um Rumsfelds Vereinnahmungsversuche zu unterstreichen, sprach Außenminister Colin Powell nach Angaben von "CNN" am Wochenende von zwölf Alliierten, die der USA folgen würden - mit oder ohne eine neue Irak-Resolution. Powell benannte diese Staaten jedoch nicht namentlich.

      Das polnische Traume des Überfalls

      Besonders sichtbar wird die von Rumsfeld festgestellte Verschiebung innerhalb des Bündnisses am Beispiel Polen. In kaum einem anderen osteuropäischen Land sitzt die Angst tiefer, erneut weltpolitisch isoliert zu werden. Noch allzu frisch ist die Erinnerung daran, wie Großbritannien und Frankreich beim Angriff Deutschlands 1939 machtlos zusehen mussten, wie Polen zerschlagen und zwischen Hitler und Stalin geteilt wurde. Die Sorge, bei einem Konflikt im westlichen Lager erneut an den Rand gedrängt zu werden, ist in Warschau groß. Was liegt da näher, als sich an der einzigen verbliebenen Großmacht zu orientieren?

      Gleich zwei Mal war Polens Staatspräsident Aleksander Kwasniewski im letzten halben Jahr in Washington - zuletzt Mitte Januar. Dort empfing ihn US-Präsident George W. Bush mit den Worten: "Ich habe heute keinen besseren Freund in Europa." Polen ist plötzlich ein umschmeichelter Partner. Kürzlich erst traf sich der polnische Staatschef mit amerikanischen Rüstungsmanagern, die Polens Armee modernisieren wollen. 48 Kampfjets vom Typ F-16 haben die Polen zugesagt. Gesamtwert des Handels: 3,5 Milliarden Dollar.

      Die Ironie der Geschichte will es, dass der Pole Kwasniewski einst seine Karriere in der polnischen KP begann. Was ihm zuvor nur wenige zutrauten, gelang ihm: In seiner Amtszeit hat er Polen konsequent an den Westen herangeführt. Das führt er weiter. Im Irak-Konflikt sicherte er Bush zu, Kriegsschiffe und Spezialeinheiten in die Golfregion zu schicken. Seither ist sein Ruf in Washington tadellos. Mehr noch: Immer öfter tauchten in den vergangenen Monaten Meldungen auf, er könnte neuer Nato-Generalsekretär werden. Doch ist Kwasniewski bis 2005 an sein Land gebunden. Ein Abgang nach Brüssel gilt als unwahrscheinlich, auch nach dem für Dezember diesen Jahres angekündigten vorzeitigem Ausscheiden von Nato-Generalsekretär George Robertson.


      AP

      Bush und Havel: Schon 1991 Soldaten in den ersten Golfkrieg geschickt


      Auch die Tschechen gelten als verlässliche Gefolgsleute der USA. Ihnen haftet der Ruf an, in der kommunistischen Ära tatkräftig zahlreichen arabischen Staaten bei der Ausbildung von Geheimdienst- und Militärpersonal geholfen zu haben. Prag versuchte schon früh, seine Loyalität gegenüber den USA unter Beweis zu stellen. 1991 entsandte es während des ersten Golfkrieges 1991 eine ABC-Einheit. Und auch diesmal stürmte die tschechische Regierung vorne weg: Bereits im März 2002 wurde eine rund 250 Mann starke Einheit zur Bekämpfung von ABC-Waffen in Kuwait stationiert.

      Leise Zweifel in Prag

      Ganz langsam aber kommen mittlerweile auch in Prag Zweifel auf, ob die enge Anbindung an die USA innenpolitisch getragen wird. Zwar hat das Parlament in Prag erst kürzlich seine Solidarität gegenüber Washington erneuert - doch forderte es im Falle eines Irakkrieges eine zweite Resolution im Uno-Sicherheitsrat.

      Anders verhält es sich in Ungarn. Dort sicherte die aus Sozialisten und Liberalen gebildete Regierung den USA bereits im vergangenen Jahr Unterstützung zu - auch ohne ein Uno-Mandat. Mittlerweile aber droht auch hier die Stimmung in der Bevölkerung zu kippen . - In den vergangenen Wochen haben zahlreiche Ungarn gegen die Ausbildung von rund 3000 Exilirakern auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Tazar demonstriert. Sie fürchten terroristische Vergeltungsschläge.

      Doch trotz solcher vereinzelter Proteste - der Einflussgewinn der US-Regierung in den neuen Nato-Staaten ist augenscheinlich. Die sieben weiteren Mitglieder, deren Aufnahme die Nato auf ihrem Gipfel im November für das Jahr 2004 beschloss, dürfte die Macht der USA im Bündnis weiter stärken. Lange haben Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Slowakei, Litauen, Estland und Lettland auf dieses Signal gewartet.


      DPA

      Tschechische Soldaten in Mazedonien: Einst treue Verbündete im Warschauer Pakt


      Dass insbesondere wirtschaftlich schwache Staaten wie Rumänien und Bulgarien in kürzester Zeit den Weg in das Bündnis fanden (noch 1997 war auf dem Nato-Gipfel in Madrid gegen ihre Aufnahme entschieden worden), lag nicht zuletzt am massiven Druck Washingtons. Mit beiden Ländern ist der strategisch so wichtige Zugang zum Schwarzen Meer gesichert. Von hier aus lässt sich in die erdöl- und erdgasreiche Region des Kaukasus hineinblicken - die schon jetzt im Rahmen der Anti-Terror-Bekämpfung für die USA und einige Nato-Verbündete eine gewichtige Rolle als Basislager für Einsätze in Afghanistan spielen. Schon wird in amerikanischen Denkschulen offen über eine Erweiterung der Nato in die zentralasiatischen Republiken nachgedacht.




      Bald wird sich auch in Slowenien erweisen, wie weit die Bevölkerung dem Nato-Kurs ihrer Regierung folgt. Am 23. März haben die Bürger über den Beitritt ihres Landes in einer Volksabstimmung zu entscheiden. Ein Nein gilt als unwahrscheinlich - doch erschwert Rumsfelds Kurs die Überzeugungsarbeit der Befürworter.

      Von einer Sorge immerhin ist Sloweniens Regierung enthoben: Weil ihr Land noch kein Mitglied ist, steht es noch nicht vor der Frage, ob es einen Beitrag zum jüngsten Hilfeersuchen der US-Regierung an die Nato leisten muss.
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      schrieb am 26.01.03 13:28:26
      Beitrag Nr. 178 ()
      Powell zu Waffeninspektionen

      "Mehr Zeit wofür?"

      Hamburg - Einen Tag vor der Übergabe des Uno-Berichts über die Waffenarsenale des Irak an den Weltsicherheitsrat hat sich US-Außenminister Colin Powell gegen eine Verlängerung der Uno-Inspektionen im Irak gewandt. Damit wies er Forderungen mehrerer europäischer Regierungen zurück, den Inspektoren um Uno-Beauftragten Hans Blix mehr Zeit zu geben. "Mehr Zeit wofür?" fragte Powell gegenüber der "Financial Times". "Was sollten wir in zwei oder drei Monaten wissen, angesichts eines Irak, der sich wahrscheinlich unkooperativ verhalten wird?" fuhr Powell fort.

      Powell signalisierte damit, dass die US-Regierung bei ihrem Kurs bleiben wird. Indirekt kritisierte er die Haltung der europäischen Verbündeten: "Ich habe noch nichts von meinen europäischen Kollegen vernommen, wann sie mit Blick auf die Inspektionen zufrieden wären. Das Problem sind nicht die Inspektoren, das Problem ist der Irak."
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      schrieb am 26.01.03 13:31:33
      Beitrag Nr. 179 ()
      Strategiewechsel

      USA wollen Inspektionen verlängern

      Überraschende Wendung oder ein Spiel auf Zeit? Die USA sind offensichtlich bereit, einer Fortsetzung der UN-Inspektionen im Irak "für mehrere Wochen" zuzustimmen. Angeblich hofft die US-Regierung darauf, durch ihr Abwarten die Kritiker einer Militäraktion in Übersee und im eigenen Land auf ihre Seite zu bringen.

      Hat doch Zeit: George W. Bush
      AP
      GroßbildansichtHat doch Zeit: George W. Bush
      Washington - Die USA sind nach Angaben von Regierungsbeamten dazu bereit, einer Fortsetzung der UN-Inspektionen im Irak "für mehrere Wochen" zuzustimmen. Das berichteten am Samstag - zwei Tage vor dem Bericht der Inspekteure im UN-Weltsicherheitsrat - verschiedene US-Medien unter Berufung auf Quellen in Washington und New York. Danach hofft die US-Regierung darauf, durch ihr Abwarten Kritiker einer Militäraktion in Übersee, aber auch im eigenen Land auf ihre Seite zu bringen.

      Washington erwarte nicht, dass sich der irakische Präsident Saddam Hussein in den kommenden Wochen kooperativer zeige, hieß es in der "Washington Post". Die US-Regierung plane auch nicht, offiziell eine Zustimmung zu längeren Inspektionen zu erklären. Aber Bitten von Großbritannien und die Notwendigkeit, breitere Zustimmung im In- und Ausland zu finden, hätten Washington bewogen, stillschweigend weitere Inspektionen zu dulden und noch keine Kriegsentscheidung ins Auge zu fassen.

      Die Zeitung zitierte einen Beamten mit den Worten, diese Haltung bedeute keinen Kurswechsel. Es werde etwas verlängert, "das nie (zeitlich) begrenzt war". Die USA hätten niemals gesagt, dass sie die Inspektionen am 27. Januar beenden wollten. Sie hätten andererseits aber auch "niemals Interesse daran gezeigt, die Inspektionen vier oder fünf Monate lang dauern zu lassen".

      Pentagon-Quellen zufolge haben sich die USA auch deshalb zu dieser Haltung durchgerungen, weil der Truppenaufmarsch am Golf noch im Gange sei und langsamer verlaufe als vorhergesehen. Es habe den Anschein, als könnten die US-Streitkräfte ohnehin erst im März für einen Militärschlag einsatzbereit sein.

      Unterdessen haben 122 demokratische Kongressabgeordnete in einem Brief an US-Präsident George W. Bush appelliert, den UN-Inspekteuren die Gelegenheit zu geben, ihre Arbeit zu beenden. Darunter sind auch rund 25 Parlamentarier, die im vergangenen Oktober für eine Kongressentschließung gestimmt hatten, in der Bush Grünes Licht für eine Militäraktion im Fall eines Scheiterns diplomatischer Bemühungen gegeben worden war.
      Avatar
      schrieb am 26.01.03 14:23:41
      !
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      Avatar
      schrieb am 26.01.03 16:24:23
      Beitrag Nr. 181 ()
      Powell-Rede in Davos

      "Wir schrecken vor Krieg nicht zurück"

      Die USA messen weiterhin mit zweierlei Maß: US-Außenminister Colin Powell hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos bekräftigt, dass die USA auch ohne Unterstützung durch den Uno-Sicherheitsrat zu einem Krieg gegen den Irak bereit sind. Nordkorea wollten die USA jedoch nicht angreifen.

      Powell in Davos: ``Wir behalten uns das souveräne Recht vor, militärische Gewalt gegen den Irak anzuwenden``
      EPA/DPA
      GroßbildansichtPowell in Davos: "Wir behalten uns das souveräne Recht vor, militärische Gewalt gegen den Irak anzuwenden"
      Davos - Powell sagte bei seiner Rede im Schweizer Wintersportort: "Wir werden nicht vor einem Krieg zurückschrecken, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, den Irak frei von Massenvernichtungswaffen zu machen", und fügte hinzu: "Die Geschichte wird diejenigen verurteilen, die die Gefahr kommen sahen, aber nichts dagegen unternommen haben". Multilateralismus könne nicht als Entschuldigung für Untätigkeit dienen.

      An den Irak gerichtet sagte der amerikanische Außenminister: "Saddam sollte die Wahrheit sagen - jetzt!" Die Verknüpfung von Tyrannen und Terror, von Terroristen und Massenvernichtungswaffen sei die größte Gefahr unserer Zeit, sagte Powell vor den Vertretern der Wirtschaft.

      Über einen Zeitplan äußerte sich Powell nicht genau. Er deutete aber an, dass ein Irak-Krieg nicht unmittelbar bevorzustehen scheint: "Wir werden mit unseren Freunden und Alliierten diese Themen geduldig und sorgfältig durcharbeiten." Um offenbar Missverständnissen vorzubeugen sagte Powell auch: "Wir behalten uns weiter das souveräne Recht vor, militärische Gewalt gegen Irak anzuwenden - alleine oder in einer Koalition der Gewillten."

      Wesentlich zahmer gab sich Powell bezüglich Nordkorea. Im Streit um das Atomprogramm der Machthaber in Pjöngjang erklärten sich die USA bereit, zuzusichern, dass sie das kommunistische Land nicht angreifen wollen. Dazu sagte Powell in Davos: "Wir sind bereit, dies auf eine Art zu vermitteln, die es für Nordkorea eindeutig macht." Einen Nichtangriffsvertrag lehnen die USA jedoch weiterhin ab.

      Powell bekräftigte, sein Land sei willens, mit Nordkorea Gespräche darüber zu führen, "wie es seine Verpflichtungen erfüllt, sein Atomwaffenprogramm vollständig zu stoppen". Zuvor hatte Nordkorea umfassende Verhandlungen mit den USA gefordert. Das lehnt die Regierung in Washington aber mit der Begründung ab, schlechtes Verhalten dürfe nicht belohnt werden. Die USA erklärten sich mehrfach zu "technischen Gesprächen" bereit, nicht aber zu Verhandlungen.
      Avatar
      schrieb am 26.01.03 16:27:51
      Beitrag Nr. 182 ()
      tja, Nordkorea ist nicht so ein Pappenstil wie der Irak.
      Ein unter Sanktionen leidendes, zum großen Teil entwaffnetes, in Flugverbotszonen geteiltes Land anzugreifen, ist wesentlich einfacher.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 12:46:14
      Beitrag Nr. 183 ()
      Irak-Krise

      Powell kündigt Beweise gegen Saddam an

      Die Uno-Waffeninspektoren haben in den vergangenen Wochen keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden - anders offenbar der US-Geheimdienst. Laut Außenminister Powell will Washington in Kürze Beweise dafür vorlegen, dass der Irak verbotene Waffen besitzt. Amerikanischen Medienberichten zufolge arbeitet das US-Außenministerium bereits an einer zweiten Irak-Resolution, die einen Angriff legitimiert.

      Colin Powell soll die Welt auf Krieg einschwören
      EPA/DPA
      GroßbildansichtColin Powell soll die Welt auf Krieg einschwören
      Mailand/New York/Washington/Davos - "Die Vereinigten Staaten verfügen über Geheimdienstinformationen, die zeigen, dass Irak über verbotene Waffen verfügt", wurde Colin Powell am Montag in der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" zitiert. "Ich denke, in der nächsten Woche oder kurze Zeit darauf können wir einen guten Teil des Materials veröffentlichen". Powell habe hinzugefügt, der irakische Präsident Saddam Hussein sei in der Lage, die Waffen bald einzusetzen, berichtete die Zeitung.

      Die Uno-Waffeninspekteure legen dem Uno-Sicherheitsrat heute einen umfassenden Bericht über ihre Waffenkontrollen in Irak vor. Der Bericht gilt als entscheidend für das weitere Vorgehen gegen Irak. Ungeachtet des Kriegskurses der USA sowie des Mangels an aktiver Kooperation des Iraks mit den Uno wollen Hans Blix und Mohammed el Baradai für eine Fortsetzung der Suche nach Massenvernichtungswaffen plädieren. Nach Angaben aus dem Beraterstab von Blix wird der Bericht, den sie am Nachmittag um 16 Uhr 30 MEZ vorlegen wollen, bei aller Kritik und Forderungen nach aktiver Zusammenarbeit an die Adresse Bagdads keine Rechtfertigung für einen Militärschlag liefern.

      Die USA gaben zu erkennen, dass sie die Inspektionen nur noch für einige Wochen zulassen wollen. Powell erklärte vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, Washington sei bereit, den Irak auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Uno anzugreifen. Powell sagte am Sonntag, die USA würden den Bericht genau prüfen und sich mit den anderen Ratsmitgliedern beraten. "Wir wollen nicht überstürzt handeln", versprach er. "Aber die Zeit ist knapp." Der irakische Staatschef Saddam Hussein müsse die Wahrheit sagen, und er müsse sie jetzt sagen.

      Die Chefinspekteure machen in ihrem Bericht deutlich, dass Bagdad in den vergangenen Wochen zwar alle Kontrollen zugelassen, aber kaum etwas für die Klärung des Verbleibs von früher bekannt gewordenen illegalen Waffenarsenalen getan habe.

      Der US-Sender CNN will erfahren haben, dass das amerikanische Außenministerium bereits an einer zweiten Resolution arbeitet. Sie soll der USA eine von der Uno gegebene Legitimation verschaffen, den Irak anzugreifen. Den Resolutionsentwurf würden die USA dann einbringen, wenn sie mindestens von neun der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats abgesegnet werden würde, berichtet CNN. Zusätzlich darf keines der fünf ständigen Mitglieder ein Veto einlegen, damit die Resolution in Kraft treten könnte. "Wir sind auf alle Fälle vorbereitet", sagte ein Mitarbeiter des Außenministeriums.

      Bundesaußenminister Joschka Fischer mahnte bei Besuchen in Istanbul, Kairo und Amman, der Irak habe keinen Spielraum mehr für Taktik und Ausweichmanöver. Nur eine volle Kooperation mit der Uno könne verhindern, dass die Tür für eine friedliche Lösung der Krise geschlossen werde. In Deutschland demonstrierten am Samstag in Köln rund 10.000 Menschen gegen einen drohenden Irak-Krieg. Kleinere Kundgebungen gab es unter anderem vor dem Nato-Stützpunkt für Awacs-Aufklärungsflugzeuge in Geilenkirchen bei Aachen.

      Die "Washington Post" zitierte einen US-Regierungsbeamten mit den Worten, mehr Zeit für die Inspektionen bedeute keinen Kurswechsel. Es werde etwas verlängert, "das nie zeitlich begrenzt war". Pentagon-Quellen zufolge haben sich die USA auch deshalb zu der Haltung durchgerungen, weil der Aufmarsch am Golf langsamer verlaufe als vorhergesehen. Es habe den Anschein, als könnten die US-Streitkräfte ohnehin erst im März für einen Militärschlag einsatzbereit sein.

      Die US-Regierung schließt auch den Einsatz von Atomwaffen nicht aus, sollte der Irak Massenvernichtungswaffen anwenden. Das bekräftigte der Stabschef des Weißen Hauses, Andrew Card am Sonntag.

      Der EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, plädierte wie zahlreiche andere führende Politiker dafür, den Uno-Waffeninspekteuren mehr Zeit für ihre Arbeit im Irak zu geben. Auch der britische Premierminister Tony Blair sprach sich in der BBC dafür aus, schränkte aber ein: "Ich glaube nicht, dass sie Monate brauchen werden, um herauszufinden, ob er (Saddam Hussein) kooperiert oder nicht." US-Außenminister Powell äußerte sich jedoch skeptisch. "Mehr Zeit wofür? Was werden wir in zwei oder drei Monaten wissen, angesichts des höchstwahrscheinlich unkooperativen Verhaltens des Irak?" sagte er der "Financial Times".

      Der Irak kündigte für den Fall eines Angriffs entschiedenen Widerstand an. "Wir werden nicht unsere andere Wange hinhalten. Wir werden erbittert kämpfen", sagte der Vorsitzende der irakischen Nationalversammlung, Saadun Hammadi, am Samstag in Neu Delhi. Er warf den USA vor, ihr eigentliches Ziel sei die Kontrolle über die irakischen Ölfelder. Der irakische Präsident Saddam Hussein beriet am Sonntag mit den Spitzenvertretern seines Regimes über die jüngste Entwicklung. An der Sitzung nahmen der Revolutionäre Kommandorat und die Führung der regierenden Baath-Partei teil.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 12:50:32
      Beitrag Nr. 184 ()
      wieso gibt die US-Regierung nicht den Inspektoren die angeblichen Beweise? also diese Behauptungen und diese Geheimdossiers sind meistens so lächerlich, die billigste Form der Propaganda. Blairs Geheimdossier hatte vor einige Monaten gar nichts neues enthüllt. Wenn die Amis so viel wissen, wieso sagen sie den Inspektoren nicht, wo sie genau suchen müssen bzw. was sie suchen müssen?
      @Jules, Nordkorea grenzt an china, meinst du die chinesische Regierung lässt sich sowas bieten wie Jordanien, Saudi-A., Türkei, Syrien und der Iran. Amerikanische Truppen unmittelbar vor China?! :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 12:54:49
      Beitrag Nr. 185 ()
      Irak-Krieg

      Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen

      Die US-Regierung schließt den Einsatz von Atomwaffen gegen den Irak ausdrücklich nicht aus. Falls es zu einem Krieg kommt, in dem Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen anwendet, will sich Washington diesen Schritt vorbehalten.

      Washington - Diese Haltung bekräftigte der Stabschef im Weißen Haus, Andrew Card, am Sonntag in einem Interview des Senders NBC. Sollte Saddam an den Einsatz von Massenvernichtungswaffen denken, "dann sollte er wissen, dass die USA alle notwendigen Schritte ergreifen werden, um die Welt vor einem Holocaust zu schützen", sagte Card.

      Auf die Nachfrage, ob dies auch eine Option auf den Einsatz von Atomwaffen bedeute, sagte Card, er wolle weder etwas auf den Tisch bringen, noch herunter nehmen. "Aber wir haben die Verantwortung sicher zu stellen, dass Saddam Hussein und seine Generäle keine Massenvernichtungswaffen einsetzen." Er betonte zugleich, dass es weiterhin das Ziel von US-Präsident George W. Bush sei, eine militärische Auseinandersetzung mit dem Irak zu vermeiden. Bush wolle keinen Krieg, werde ihn aber nicht scheuen, wenn er unumgänglich werde.

      Der Irak bestreitet die US-Vorwürfe, über atomare, biologische oder chemische Waffen zu verfügen. Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarek Asis sagte am Sonntag dem britischen Fernsehsender Channel 4 auf die Frage, ob er garantieren könne, dass sein Land nicht zuerst chemische oder biologische Waffen einsetzt: "Ja, weil wir diese nicht haben." Asis räumte zugleich ein, dass irakische Truppen mit Schutzgeräten gegen eine chemische oder biologische Kampfführung ausgerüstet würden. Dies sei Teil der Vorbereitungen gegen eine Aggression. Im übrigen verfüge jede Armee über solche Ausrüstungsgegenstände.

      Die "Los Angeles Times" hatte am Wochenende berichtet, nach Angaben des Militärexperten William Arkin erwögen die USA den begrenzten Einsatz von Atomwaffen. Ein "atomarer Präventivschlag" solle verhindern, dass Saddam Hussein im Kriegsfall Massenvernichtungsmittel einsetze. Arkin hatte sich laut dem Blatt auf gut informierte Quellen berufen.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 15:43:01
      Beitrag Nr. 186 ()
      VOR UNO-BERICHT

      Iraker drohen US-Soldaten mit Rückflug im Leichensack

      Kurz vor der mit Spannung erwarteten Vorlage des Berichts der Uno-Waffenkontrolleure berufen sich die USA einmal mehr auf eigene Geheimdienstberichte, um ihre "schlimmsten Befürchtungen" zu irakischen Waffen zu begründen. Das Regime in Bagdad lobt sich dagegen für seine "Super-Zusammenarbeit" mit der Uno und bezichtigte US-Außenminister Powell der Lüge.
      Hier klicken!
      Countdown für den Krieg: Wie sich Irak und USA auf die drohende Invasion vorbereiten

      Kuweit: US-Soldaten beim Manöver
      REUTERS
      GroßbildansichtKuweit: US-Soldaten beim Manöver
      Paris - Die Informationen der Geheimdienste zeigten, dass die Annahmen der USA zu irakischen Massenvernichtungswaffen begründet seien, sagte Außenminister Colin Powell in einem Interview der französischen Zeitung "Le Monde" und sieben anderen europäischen Zeitungen. "Wir hoffen, diese Berichte, sofern möglich, in einer Woche öffentlich zu machen", sagte Powell beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

      US-Präsident George W. Bush werde den Irak-Konflikt in dieser Woche mit mehreren Staatschefs erörtern, kündigte Powell an. Danach werde Washington entscheiden. Er könne noch nicht sagen, wann diese Entscheidung falle und wie die US-Position aussehen werde. Powell bekräftigte, dass eine zweite Uno-Resolution zum Irak für die USA keine Vorbedingung sein könne, um gegen Bagdad vorzugehen. Er gab aber zu, dass manche Länder sich Washington leichter anschließen könnten, wenn eine Resolution den Einsatz "aller notwendigen Mittel" einräume.

      Der französische Präsident Jacques Chirac will den Irak-Bericht der Uno-Waffenkontrolleure, der am Nachmittag gegen 16.30 Uhr MEZ vorgelegt werden soll, "aufmerksam studieren". Er forderte Bagdad erneut auf, voll mit den Vereinten Nationen zu kooperieren. "Das Ziel der internationalen Gemeinschaft ist die Entwaffnung des Irak", sagte Chirac nach einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Ahmed Maher. Maher hält eine friedliche Lösung noch für möglich und setzte sich dafür ein, den Waffenkontrolleuren mehr Zeit einzuräumen.

      Bagdad spricht von "Super-Zusammenarbeit"

      Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) will unterdessen vom Uno-Sicherheitsrat mehr Zeit für die Waffeninspektionen im Irak verlangen. "Es braucht noch ein paar Monate, um zu einer abschließenden Einschätzung zu gelangen", sagte IAEA-Sprecherin Melissa Fleming. Der Bericht werde eine ganze Reihe von Details enthalten, sagte Fleming. Mit Überraschungen sei nicht zu rechnen. Er werde die bisherige Zusammenarbeit des Regimes in Bagdad darstellen und dabei auch die Probleme aufzeichnen, die es gegeben habe. "Wir werden in dem Bericht auch darlegen, wie wir weiter vorgehen möchten", meinte die Sprecherin der Atombehörde.

      Auch der russische Präsident Wladimir Putin setzte sich nach Angaben seines Präsidialamtes beim britischen Premierminister Tony Blair für eine Fortsetzung der Uno-Inspektionen im Irak ein. "Putin ... betonte die Notwendigkeit für die internationalen Inspektoren, dass sie ihre Arbeit in Irak in Übereinstimmung mit der Resolution des Uno-Sicherheitsrates fortsetzen können", sagte der Sprecher des Präsidialamtes. Putin und Blair hätten 25 Minuten lang miteinander telefoniert.


      IN SPIEGEL ONLINE

      · Irak-Krise: Powell kündigt Beweise gegen Saddam an (27.01.2003)
      · Irak-Krieg: Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen (27.01.2003)
      · Irak-Politik: Merkel kritisiert Regierungskurs (27.01.2003)
      · US-Diplomatie: Mehr Zeit, aber keine Gnade (26.01.2003)
      · Powell-Rede in Davos: "Wir schrecken vor Krieg nicht zurück" (26.01.2003)
      · Propaganda: "Irakisches Volk zum Märtyrertod bereit" (26.01.2003)
      · Deutschland: Tausende demonstrieren gegen die Bush-Krieger (26.01.2003)


      Der Irak betonte kurz vor der Vorlage des Berichtes der Waffenkontrolleure die "vollständige Zusammenarbeit" mit den Uno-Experten. "Sie haben in den vergangenen zwei Monaten 460 Anlagen im Irak besucht, darunter Bibliotheken, Gästehäuser des Präsidenten, Moscheen und militärische Einrichtungen, all dies wäre ohne unsere umfassende Zusammenarbeit nicht möglich gewesen", sagte Außenminister Nadschi Sabri am Montag in Bagdad. "Das war eine Super-Zusammenarbeit."

      Sabri bezichtigt Powell der Lüge

      Sabri attackierte jedoch heftig seinen US-Amtskollegen Powell, der erklärt hatte, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen. Er bezichtigte Powell der Lüge. "Die wahren Gründe für den geplanten Feldzug sind die Kontrolle über das irakische Öl und die Sicherheit Israels", sagte Sabri. Es sei immer noch nicht zu spät für eine diplomatische Lösung. Im Kriegsfall sei der Irak aber in der Lage, sich selbst zu verteidigen, selbst wenn er dabei keine Unterstützung benachbarter Staaten zu erwarten habe. "Wir vertrauen auf uns selbst, auf unser heldenhaftes Volk und natürlich auf Gott", erklärte er.

      Wesentlich martialischer schwor die von Diktator Saddam Husseins Sohn Udai geleitete Zeitung "Babil" die Bevölkerung auf den bevorstehenden Krieg ein. Den Amerikanern und Briten wurde ein Rückflug "im Leichensack" versprochen. "Sie wissen, dass Flugzeuge, Raketen und ihre moderne Technologie das Regime nicht stürzen können. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie ihre Soldaten Mann-zu-Mann gegen die irakischen Helden kämpfen lassen, die bereit sind, als Märtyrer zu sterben", heißt es weiter.
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      schrieb am 27.01.03 15:45:35
      Beitrag Nr. 187 ()
      Montag, 27. Januar 2003
      EU-Außenminister einig
      Weitere Inspektionen gefordert

      Die vier EU-Staaten im UN-Sicherheitsrat haben sich grundsätzlich hinter die Forderung nach weiterer Zeit für die UN-Waffeninspektoren gestellt, werden aber wahrscheinlich keine Einigung über eine Zeitvorgabe erzielen.

      Nach einem Treffen der Außenminister Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs und Spaniens am Montag in Brüssel hieß es in diplomatischen Kreisen, derzeit werde an einer Erklärung aller 15 EU-Staaten gearbeitet, in der allgemein weitere Waffeninspektionen gefordert werde. In der umstrittenen Frage einer Zeitvorgabe für die Inspektoren werde aber keine gemeinsame Linie erwartet. Spaniens Außenministerin Ana de Palacio bestätigte, dass es eine Grundsatzeinigung der vier Länder gegeben habe, nannte aber keine Details.

      Diplomaten betonten, dass die UN-Inspektionen in Irak noch ganz am Anfang stehen. So wurde bislang nur ein kleiner Bruchteil der Stätten besucht, die im Visier der Rüstungskontrolleure sind. Noch immer warten die Inspektoren auf ihr mobiles Chemielabor, und erst seit kurzem haben sie Hubschrauber zur Verfügung, um die großen Strecken in Irak schneller zurücklegen zu können. Bis zu einem Abschluss der Waffeninspektionen in Irak könnte nach Meinung von UN-Mitarbeitern möglicherweise ein ganzes Jahr vergehen.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 15:48:16
      Beitrag Nr. 188 ()
      Man, was für eine Drohkulisse Atomwaffen ins Spiel zu bringen. :D Wie müsste dann eine Drohkulisse für Nordkorea aussehen?
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 16:03:49
      Beitrag Nr. 189 ()
      vielleicht drohen sie dann mit der H-Bombe :laugh:
      gestern fragt Powell: "Zeit wofür"
      dann: "wir geben den Inspektoren mehr Zeit"
      mehr Zeit heißt bis wahrscheinlich bis zum 1. März (die Inspektoren redeten aber von Monaten)
      also 10-15 Tage nachdem die Amis sowieso angreifen wollten,
      die barmherzigen Amerikaner geben den Irakis noch paar Tage mehr zu leben :D
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 17:03:02
      Beitrag Nr. 190 ()
      EU-Position zu Irak

      US-Gesandte sollten Europäern dazwischenfunken

      Endlich haben die Europäer zu einer gemeinsamen Position in der Irak-Frage gefunden. Sie wollen den Waffeninspektoren im Irak mehr Zeit zubilligen. Doch der Kampf in Brüssel war hart. US-Gesandte versuchten offenbar, die Einigkeit zu verhindern.

      Die Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland macht den USA zu schaffen
      AP
      GroßbildansichtDie Annäherung zwischen Frankreich und Deutschland macht den USA zu schaffen
      Hamburg - Der Beschluss der EU-Staaten erfolgte unter zusätzlich erschwerten Bedingungen. Schwierig genug, die Meinungen von 15 EU-Außenministern unter einen Hut zu bringen. Zusätzlich erwiesen sich die USA als Störenfried, die offenbar bemüht waren, einen Keil in die europäische Einigkeit zu treiben. Gezielt versuchten US-Gesandte, das geschmähte "alte Europa", also Frankreich und Deutschland, vom restlichen Europa zu isolieren.

      Die "Financial Times" berichtet, amerikanische Gesandte hätten Druck auf einige Staaten ausgeübt, um die Achse Berlin-Paris zu schwächen. Sie fürchteten, diese führte zu einer von den USA unabhängigeren Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.

      Die Zeitung will von Diplomaten erfahren haben, die US-Vertreter hätten in bilateralen Treffen mit hohen Beamten europäischer Staaten ihre Bedenken und Einwände gegenüber der deutschen und französischen Position erhoben. Ein hoher europäischer Diplomat sagte: "US-Diplomaten haben vorgebracht, dass sie bestimmte Aspekte des franco-deutschen Planes nicht mögen." Sie fürchten den Angaben zufolge, dass es zu einer Neubestimmung des transatlantischen Verhältnisses kommen könne.

      Bisher mussten die Amerikaner in dieser Hinsicht nicht tätig werden, waren sich doch die vier im Weltsicherheitsrat vertretenen Nationen, England, Frankreich, Deutschland und Spanien, untereinander nicht grün. Aber im Vorfeld des EU-Treffens der Außenminister in Brüssel, zeichnete sich ab, dass die Europäer an einem Strang ziehen und so eine mächtigere Gegenkraft zu den USA darstellen könnten.

      In der Tat nahm der Rat der 15 EU-Außenminister am Montag genau die Position der vier EU-Staaten an, die auch dem Sicherheitsrat angehören. Somit unterstützt Europa mit einer Stimme die Absicht der Waffeninspektoren, "ihren Einsatz fortzusetzen und zu intensivieren".

      Deutschland Außenminister Joschka Fischer bezeichnete die Erklärung der EU einen "sehr guten Beschluss". In der Erklärung wird auch eine vollständige Entwaffnung Iraks gefordert. Zudem müsse Bagdad alle Uno-Resolutionen erfüllen und die Inspektionen weitergehend als bisher unterstützen.

      Fischer betonte, die Arbeit der Waffeninspekteure sei das beste Mittel, die Risiken im Irak zu erkennen, zu kontrollieren und zu beseitigen.

      US-Präsident George W. Bush hatte bei seiner Rede vor dem Bundestag im vergangenen Herbst gesagt, die USA wollten ein starkes Europa als einen starken Partner. Diese Position wurde durch eine Äußerung von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vergangene Woche entscheidend in Frage gestellt. Er sprach davon ein Problem mit Frankreich und Deutschland zu haben. Diese beiden Länder zählte er zum "alten Europa". Der Botschafter der USA in Deutschland, Daniel Coats, sagte später, es habe sich bei Rumsfelds Äußerung um einen "Ausrutscher" gehandelt.

      Wirklich nur ein Ausrutscher? Die "Financial Times" zitiert einen Diplomaten mit den Worten: "Washington ist besorgt über das Potenzial der französisch-deutschen Achse." Besonders beunruhige die Bush-Regierung der Plan zur Bildung eines deutsch-französischen Verteidigungsausschusses, der die Zusammenarbeit der Armeen beider Länder besser koordinieren soll - und noch mehr verärgere die Amerikaner, dass auch die Briten, ihre treuesten Alliierten in Europa, diese Pläne stillschweigend billigten.
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      schrieb am 27.01.03 20:31:41
      Beitrag Nr. 191 ()
      Waffen-Report

      Chefinspektor klagt den Irak an

      Wo sind die Milzbranderreger, die Nervengase, die Trägerraketen? Vor dem Weltsicherheitsrat hat Uno-Chefinspekteur Hans Blix beklagt, dass es zu den Waffenkontrollen im Irak noch viele offene Fragen gebe. Sein Fazit: Saddam Hussein spielt mit verdeckten Karten, die Inspektoren brauchen mehr Zeit.

      Auftritt vor dem Sicherheitsrat: Uno-Chefinspekteur Hans Blix
      REUTERS
      GroßbildansichtAuftritt vor dem Sicherheitsrat: Uno-Chefinspekteur Hans Blix
      New York - Die beiden Uno-Chefinspektoren für den Irak haben der Regierung in Bagdad schwerwiegende Versäumnisse bei der Aufdeckung ihrer illegalen Rüstungsprogramme vorgeworfen. Zugleich forderten Blix, Leiter der Waffenkontrollkommission Unmovic, und Mohammed al-Baradei, Direktor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), heute vor dem Weltsicherheitsrat jedoch erheblich mehr Zeit für die Erfüllung ihrer Mission.

      Blix warf dem Irak zugleich mangelhafte Kooperation und lückenhafte Informationen vor. So forderte er den Irak auf, den Verbleib größerer Mengen des Nervengases VX aufzuklären. Auch zu einer Reihe weiterer offener Fragen nach versteckten Massenvernichtungswaffen, darunter größere Mengen von Milzbrandsporen, sei der Irak überzeugende Antworten schuldig geblieben. Der Irak habe zwar bei der Durchführung kooperiert, aber nicht in der Substanz. "Es reicht nicht, Türen zu öffnen", sagte Blix. "Inspektionen sind kein Spiel ohne Regeln."

      "Aktives Programm des Leugnens und Täuschens"

      Die USA beschuldigten den Irak der "klaren Verletzung" der Abrüstungsauflagen des Sicherheitsrates. Bagdad habe nicht ausreichend mit den Inspekteuren kooperiert und versteckte Waffen und Dokumente nicht angezeigt, erklärte der amerikanische Uno-Botschafter John Negroponte unmittelbar nach der Vorlage des 60-Tage-Berichts von Blix und al-Baradei. Die USA würden aber vor einer Entscheidung über militärische Aktionen zunächst die anderen Mitglieder des Rates konsultieren, sagte Negroponte.

      "Unglücklicherweise haben wir heute nichts gehört, das uns hoffen lässt, dass der Irak die Resolution 1441 oder irgendeine der 16 Uno-Resolutionen der vergangenen zwölf Jahre vollständig erfüllen will", sagte Negroponte. Inspektionen allein könnten eine Abrüstung nicht erreichen, wenn ein Land ein "aktives Programm des Leugnens und Täuschens hat, wie dies beim Irak der Fall ist".

      Annan: Lasst den Inspektoren die nötige Zeit!

      Negropontes britischer Kollege, Uno-Botschafter Jeremy Greenstock sagte, London begrüße den Wunsch der deutschen Regierung, Blix und al-Baradei am 14. Februar erneut zur Berichterstattung vorzuladen. "Es geht hier nicht um Zeit, sondern um die Einstellung" der Iraker, sagte Greenstock.

      Al-Baradei erklärte, die Klärung, ob der Irak seine Pläne zur Herstellung von Atomwaffen wirklich aufgegeben habe, brauche noch "einige Monate". Bei den Kontrollen seien bisher keine Beweise dafür gefunden worden, dass der Irak sein früheres Nuklearwaffenprogramm wieder aufgenommen habe. Die USA machten bereits vor der Sitzung deutlich, dass sie den Inspekteuren höchsten noch einige Wochen zugestehen wollen. Dagegen plädierte Uno-Generalsekretär Kofi Annan dafür, den Inspektoren "die Zeit zu lassen, die sie für ihre Arbeit brauchen".

      "Diese wenigen Monate wären eine wertvolle Investition in den Frieden, denn sie könnten uns helfen, einen Krieg zu vermeiden", heißt es in dem Bericht. Die Inspektoren wollten und könnten demonstrieren, dass der Kontrollprozess erfolgreich zu Ende geführt werden kann.

      Nach der Vorlage des Berichtes sollte der Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen über die Konsequenzen beraten. Kurz zuvor hatte Bagdad erneut seine "vollständige Zusammenarbeit" mit den Uno-Waffenkontrolleuren betont.

      Ungeachtet unterschiedlicher Standpunkte in der Irak-Frage setzen sich auch die Staaten der Europäischen Union für eine Weiterführung der Inspektionen ein. In einer gemeinsamen Erklärung in Brüssel sicherten die EU-Außenminister den Kontrolleuren ihre volle Unterstützung zu und begrüßten "deren Absicht, ihre Arbeit fortzusetzen und zu intensivieren".

      "Krieg ist keine Alternative", sagte der deutsche Außenminister Joschka Fischer am Abend in Brüssel. Es sei klar geworden, "wie wichtig diese Arbeit ist und dass sie weitergehen muss". Die Inspektoren trügen nicht nur wesentlich zur Aufklärung bei, sondern könnten das Risikopotenzial Iraks "reduzieren und sogar eliminieren". Hauptaugenmerk der Uno-Resolution 1441 sei die Abrüstung Iraks, "und das wichtigste Instrument dafür ist die Arbeit der Inspektoren", sagte Fischer. Irak sei nun aufgefordert, die noch offenen Fragen zu klären.

      CNN: US-Regierung arbeitet schon an Text für zweite Uno-Resolution

      US-Außenminister Colin Powell machte erneut klar, dass die USA notfalls auch im Alleingang einen Krieg gegen den Irak führen würden. US-Präsident George W. Bush werde den Irak-Konflikt in dieser Woche mit mehreren Staatschefs erörtern. Danach werde Washington entscheiden. Eine zweite Uno-Resolution zum Irak könne für die USA keine Vorbedingung sein, um gegen Bagdad vorzugehen. In einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Monde" kündigte Powell zudem an, die USA würden in Kürze Geheimdienstinformationen darüber vorlegen, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge.

      Der amerikanische Nachrichtensender CNN berichtete dagegen, dass die US-Regierung bereits an dem Text für eine zweite Uno-Resolution arbeite. Mit ihr wollten die USA nun doch versuchen, einen Militärschlag gegen Bagdad von den Vereinten Nationen autorisieren zu lassen. Der britische Premierminister Tony Blair erörterte die Lage in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Beide plädierten dafür, den Inspekteuren mehr Zeit zu geben.

      Der irakische Außenminister Nadschi Sabri sagte in Bagdad: "Sie (die Inspekteure) haben in den vergangenen zwei Monaten 460 Anlagen im Irak besucht, darunter Bibliotheken, Gästehäuser des Präsidenten, Moscheen und militärische Einrichtungen, all dies wäre ohne unsere umfassende Zusammenarbeit nicht möglich gewesen. Das war eine Superzusammenarbeit."

      Russland: Kein Grund für zweite Resolution

      Er bezichtigte Powell, der am Sonntag erklärt hatte, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen, der Lüge. Sabri erklärte: "Die wahren Gründe für diese geplante (Militär-)Kampagne sind die Kontrolle über das irakische Öl und die Sicherheit Israels." Es sei immer noch nicht zu spät für eine friedliche Lösung. Im Kriegsfall sei der Irak aber in der Lage, sich selbst zu verteidigen.

      Russland sieht derzeit keine Notwendigkeit für eine zweite Irak-Resolution des Uno-Sicherheitsrates. Der Bericht der Uno-Waffeninspektoren sei ein Zwischenbericht, sagte der stellvertretende russische Außenminister Juri Fedotow der Nachrichtenagentur Tass. Der heutige Bericht sollte lediglich die "grundlegenden Umrisse für die Zukunft" liefern. "Zurzeit gibt es keine Notwendigkeit für neue Resolutionen zu Irak", sagte Fedotow.
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      schrieb am 27.01.03 20:33:16
      !
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      schrieb am 27.01.03 20:46:50
      Beitrag Nr. 193 ()
      World reacts to arms inspectors

      Monday, January 27, 2003 Posted: 2:05 PM EST (1905 GMT)
      Inspectors want total cooperation from Iraq


      UNITED NATIONS -- The international community has given a mixed reaction to the progress report made by senior weapons inspectors to the U.N. Security Council.

      Britain`s ambassador to the U.N. said Iraq needed to move from passive cooperation to active cooperation if war was to be averted.

      The U.N.`s chief weapons inspector, Hans Blix, and Mohamed ElBaradei, in charge of nuclear-related inspections, presented their progress report to the U.N. on Monday.

      Blix said that although there had been Iraqi cooperation Baghdad did still not accept the need for disarmament. ElBaradei said no evidence had been found of nuclear programs in Iraq and more time was needed for further inspections. (Full story)

      British ambassador Sir Jeremy Greenstock said: "We have a catalogue of unresolved questions... and it is quite clear that this is not going to be resolved peacefully unless there is 100 percent cooperation from Iraq.

      "(We need) not just access and process, but guidance to where the materials and documents are and the offering up for destruction of what the Iraqis have.

      "It is a matter of attitude and the attitude we are getting from the Iraqis at the moment is not sufficient."

      The U.S. Ambassador to the U.N., John Negroponte, said the Blix-ElBaradei address had provided no evidence that Iraq was prepared to disarm.

      German Chancellor Gerhard Schroeder, who has publicly said his country will not provide forces for any campaign in Iraq, said he hoped inspectors would get more time.

      "We are of the opinion that it is right what will probably be discussed and agreed today, namely that inspectors will get more time for their work," he said.

      French President Jacques Chirac issued a statement repeating his call for more time for the U.N. inspectors to carry out their work while urging Iraq to fully comply with the searches.

      Jim Bittermann, CNN`s senior European correspondent, said France is "clearly asking for months rather than weeks."

      A summit of European Union foreign ministers had earlier agreed that inspectors needed more time.

      Russia`s U.N. ambassador, Sergey Lavrov, echoed that call after hearing Blix and ElBaradei address the Security Council.

      China -- a permanent member of the U.N. Security Council -- has also called for diplomacy to resolve the Iraq crisis, rather than military action.

      Beijing`s Deputy Ambassador Zhang Yishan to the U.N. said most Security Council members believed inspections should continue.

      In the Muslim world anti-war, anti-U.S. demonstrations coincided with the diplomatic action at the U.N..

      In Jakarta, Indonesia -- the world`s most populous Muslim country -- protesters were told any attack on Iraq would also be an attack on the whole Islamic world.

      Syria, Bahrain and Yemen all saw large public demonstrations.

      CNN`s Christiane Amanpour, speaking from Israel, said Israel and some of its neighbors would be glad to see Iraq`s President Saddam Hussein removed but that there was little public support in any of the region`s Muslim countries.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 20:49:36
      Beitrag Nr. 194 ()
      U.S. apologizes to spy plane crash victims

      SEOUL, South Korea (CNN) -- The United States has apologized to those people injured when a U.S U-2 spy plane crashed near the South Korean capital Seoul.

      The reconnaissance plane went down about 35 miles (50 kilometers) south of Seoul, near Camp Humphries, a U.S. base, a U.S. military spokesman said.

      The U.S. military says three people on the ground were injured on Sunday. Residents in the area said the plane also damaged a house and an automobile repair shop.

      The pilot ejected from the plane suffering minor injuries.

      It is not yet clear why the plane went down but some witnesses say the aircraft`s engine was on fire before it hit the ground.

      It is believed the aircraft took off from a U.S. air base in Osan, not far from the crash site in Hwasong City, south of Seoul.

      About 37,000 U.S. troops are based in South Korea to provide defense against the communist North.

      The two Koreas are divided by the DMZ -- one of the world`s most heavily fortified borders -- since the 1950-53 Korean War.

      North Korea -- currently in the middle of a standoff with Washington over Pyongyang`s nuclear programs -- has often complained of American U-2 over-flights.

      The U-2 is a single-seat, high-altitude, reconnaissance aircraft, capable of providing highly detailed imagery in all weather conditions and at day or night.

      It is capable of flying at over 70,000 feet (21,336 meters) with a cruising speed of 475 mph (764 kph) and a range of more than 7,000 miles (11,260 km).

      It was developed in a joint project between the military and the CIA to help counter what the U.S. saw was a growing military threat from the Soviet Union.

      The plane became a household name in May 1960 when one was shot down over the then Soviet Union.

      Its pilot, Gary Powers, was captured and sentenced to a Soviet prison camp for 10 years. After 17 months, Powers was released in exchange for a Soviet spy being held in the United States.

      The U-2 was also involved in another Cold War crisis, playing a critical role in the discovery of Soviet missiles in Cuba in 1962.

      The plane was also used in the 1991 Gulf War as part of efforts to locate Iraqi Scud missile launchers.
      Avatar
      schrieb am 27.01.03 22:52:59
      Beitrag Nr. 195 ()
      US-Reaktion zu Blix-Bericht

      Powell wittert rauchende Colts

      US-Außenminister Colin Powell hat dem Saddam Hussein nur noch wenig Zeit eingeräumt, ernsthafte Abrüstungsschritte zu unternehmen. "Die Zeit läuft ab", sagte er nach dem Bericht der Uno-Waffenkontrolleure vor dem Weltsicherheitsrat. Und er will angeblich Beweise für die Zusammenarbeit zwischen al-Qaida und dem Irak vorlegen.

      Colin Powell: Irak muss das Licht anknipsen
      AP
      GroßbildansichtColin Powell: Irak muss das Licht anknipsen
      Washington - Ein hochrangiger Regierungsvertreter sagte am Abend, Powell werde das Material nach dem Treffen zwischen Präsident George W. Bush und dem britischen Premierminister Tony Blair am kommenden Freitag präsentieren. Den Angaben zufolge sollen die Dokumente neben Verstößen gegen die Uno-Resolutionen auch Beweise für eine Verbindung Iraks zum Terrornetzwerk von Osama Bin Laden enthalten, die so genannten rauchenden Colts, die einen Krieg gegen den Irak rechtfertigen würde. Laut Aussagen von al-Qaida-Häftlingen habe Irak Mitglieder des Terrornetzwerks an chemischen Waffen ausgebildet, sagte US-Regierungssprecher Ari Fleischer.

      Powell rief die Weltgemeinschaft auf, eine "klare Botschaft" an den Irak zu senden, die letzte Chance zur Abrüstung zu nutzen. Nach dem Bericht von Uno-Chefinspektor Hans Blix bestehe kein Zweifel, dass der Irak Massenvernichtungswaffen verberge, sagte der Außenminister am Montag in Washington. Dienstagabend will Bush in seiner Rede zur Lage der Nation auf den Bericht eingehen

      "Die Frage ist nicht, wie viel mehr Zeit die Inspekteure brauchen, um im Dunkeln zu suchen, sondern wie viel mehr Zeit der Irak erhalten sollte, um das Licht anzuknipsen. Die Antwort ist: Nicht mehr sehr viel", sagte Powell. "Wir können nicht zulassen, dass die Inspektionen für immer andauern." Eine "passive Kooperation" der Iraker genüge nicht.

      Powell forderte Bagdad auf, detailliert aufzulisten, was mit dem verschwundenen biologischen Kampfstoff mit Milzbranderregern geschehen sei, wo Bestände des Nervengases VX und anderer biologische und chemische Waffen geblieben seien. Irak müsse auch sagen, wo die mobilen biologischen Laboratorien verstecke.

      Wenn Bagdad wirklich daran interessiert sei, die Resolution 1441 zu erfüllen, dann müssten sie die mobilen Labors direkt auf den Parkplatz des Uno-Hauptquartiers in Bagdad abstellen.

      Der Widerstand Iraks bedrohe die "Glaubwürdigkeit des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen", warnte Powell. "Bis zu diesem Tag hat das (irakische) Regime sich dem Willen der Vereinten Nationen widersetzt." Auf die Abrüstungsforderungen der Uno habe Irak mit "leeren Erklärungen und leeren Gesten" geantwortet.

      Powell lehnte allerdings den Vorschlag, einen neuen Bericht der Inspekteure für den 14. Februar anzuberaumen, nicht rundweg ab. Auf eine Frage weigerte er sich, von Verzögerungstaktik zu sprechen. Ein derartiger Vorstoß der Präsidentschaft des Sicherheitsrats und des Sicherheitsrats selber wäre nicht unangemessen. Deutschland übernimmt die Präsidentschaft Anfang Februar.

      Der Bericht der Inspektoren halte in "Furcht erregender" Weise vor Augen, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze, hatte Bush-Sprecher Fleischer zuvor erklärt. Diese Waffen könnten der zivilisierten Welt "unsäglichen Schrecken" bringen. Präsident George W. Bush hoffe immer noch, dass Saddam einlenke, aber es gebe dafür keine Anzeichen.

      "Früher oder später wird er entweder abrüsten oder wird abgerüstet"

      Fleischer betonte, es gebe keinen Zeitplan, wie lange die Inspektionen noch andauern sollten. Die USA würden gemäß ihrem Versprechen Konsultationen mit den Uno, mit Freunden und den Verbündeten führen. Aber es sei klar, dass die Zeit für den Irak auslaufe. Die Lage werde sich weiterentwickeln und der Schluss von Saddams Verhalten bestimmt. "Eines Tages, früher oder später, wird er entweder abrüsten oder wird abgerüstet."

      Auch ein hoher Beamter des US-Außenministeriums sagte: "Der Irak hat die Chance, die ihm gegeben wurde, nicht genutzt." So habe Bagdad keinerlei Angaben über den Verbleib von Resten früherer Chemie- und Biowaffenprogramme gemacht und Tausende von Dokumenten im Privathaus eines Wissenschaftler versteckt. "Nichts weist bislang darauf hin, dass der Irak kooperiert."

      Der amerikanische Uno-Botschafter John Negroponte sagte im Sicherheitsrat, nichts im Bericht der Waffenkontrolleure gebe Hoffnung, dass Irak abrüsten werde. "Sie kooperieren nicht bedingungslos."

      Straw: Hussein macht Inspektionen zu "Farce"

      Auch der britische Außenminister Jack Straw ist der Ansicht, dass der Bericht ein "klarer Beweis" für die mangelnde Zusammenarbeit des irakischen Regimes mit den Waffeninspektoren sei. Die Implikationen des Berichts seien "sehr ernst", sagte Straw im Anschluss an eine Sitzung der EU-Außenminister in Brüssel.

      Saddam Hussein habe die Inspektionen zu einer "Farce" gemacht und betreibe ein Versteckspiel, erklärte Straw. Das Regime in Bagdad beteilige sich zwar an dem Inspektionsprozess, arbeite aber "in der Substanz" nicht mit den Waffeninspekteuren zusammen.
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      schrieb am 27.01.03 22:56:28
      Beitrag Nr. 196 ()
      Propaganda

      Mediale Mobilmachung

      Mit Hilfe von PR-Strategen versucht die US-Regierung, ihre Bürger, die arabische Welt und westliche Journalisten für ihren zweiten Golfkrieg zu begeistern. Die Palette der Maßnahmen reicht von organisierten Truppenbesuchen bis zu gezielter Desinformation.

      Präsident Bush vor US-Truppen: ``Wir verkaufen ein Produkt``
      REUTERS
      GroßbildansichtPräsident Bush vor US-Truppen: "Wir verkaufen ein Produkt"
      Abdul-Raouf Hammuda hat eine libanesische Bäckerei sowie eine Frau und fünf Kinder, mit denen er täglich zu Allah betet. Er lebt in Toledo (Ohio). Bei einer Gedenkfeier zum 11. September hat Hammudas jüngste Tochter die amerikanische Nationalhymne gesungen. Und ihr Vater sagt: "Im Angesicht des Bösen steht die Nation zusammen."

      Die patriotische Botschaft ist im Internet zu lesen, auf einer Seite des amerikanischen Außenministeriums. Im indonesischen, malaysischen und kuweitischen Fernsehen konnten die Menschen Hammudas Kampfgeist ebenfalls bewundern.

      Die kurzen Werbefilme, in denen amerikanische Muslime von der Toleranz ihrer US-Mitbürger schwärmen, sind Teil der 15 Millionen Dollar teuren Kampagne "Gemeinsame Werte", mit der sich die US-Regierung rechtzeitig zum Aufmarsch ihrer Soldaten am Golf weltweit beliebt machen will.

      In Amerika hat die mediale Mobilmachung begonnen. Und kaum jemand scheint sich dem Aufmarsch der PR-Vorhut entziehen zu können - weder der indonesische Fernsehzuschauer noch das eigene Volk, schon gar nicht die Journalisten. Selbst wenn einige kritische Zeitungsredaktionen noch nicht in den publizistischen Gleichschritt gefunden haben, ist das Quotenrennen im Fernsehen längst eröffnet.

      PR-Beraterin Beers: Sichtbares, ``weißes`` Marketing
      AP
      GroßbildansichtPR-Beraterin Beers: Sichtbares, "weißes" Marketing
      Beinahe stündlich schlagen die meisten Fernsehsender patriotischen "Nachrichtenalarm". Formate wie "Target Irak" (Fox) oder "Showdown" (CNN) sorgen für einen ständigen Fluss neuer Nichtigkeiten vom Aufmarsch am Golf. Wenn das nicht reicht, wird der Krieg auch mal zur Quizshow: "Wie viele Scud-Raketen feuerte der Irak 1991 auf Israel?", wollte ein MSNBC-Moderator von seinen Zuschauern wissen. Am Bildrand liefen derweil auf einer Uhr, die bis zum 27. Januar zählt, Saddams Stunden ab.

      "Wir verkaufen ein Produkt", rechtfertigte Außenminister Colin Powell die Reklamebemühungen - und vielleicht ist das gar nicht mal so dumm: Denn ähnlich wie andere ur-amerikanische Waren von Big Macs bis Coca-Cola scheint es dem Produkt Demokratie im Moment nicht besonders gut zu gehen.

      Um das Image der Marke USA zu polieren, holte sich Powell vor gut einem Jahr professionelle Hilfe und engagierte Charlotte Beers, 67, eine der erfolgreichsten Frauen der US-Werbebranche. "Sie hat mich dazu gebracht, Uncle-Ben`s-Reis zu kaufen", lobte Powell die Marketingspezialistin - und machte sie zur Staatssekretärin für "Public Diplomacy and Public Affairs".

      Für ihre "Dokumentationen" hat Beers die Darsteller großzügig entlohnt: Hammuda zum Beispiel durfte mit seiner Frau auf Regierungskosten in den Libanon reisen. Anders als ihre Uncle-Ben`s-Spots war Beers` Anti-Irak-Kampagne allerdings bislang weit weniger erfolgreich. Die Regierungen Ägyptens, Jordaniens und des Libanon haben eine Ausstrahlung in ihren staatlichen Sendern untersagt.

      Auch die Hochglanzbroschüre "Irak: Von der Angst zur Freiheit" scheint Beers etwas zu durchsichtig geraten zu sein: Darin ist viel von Saddams Giftgasattacken in den achtziger Jahren und seinen Massenvernichtungswaffen die Rede. Dass Saddam auch von den USA aufmunitioniert wurde, erfährt der Leser nicht.

      Während Beers für das sichtbare "weiße" Marketing verantwortlich ist, also relativ transparente Polit-Propaganda, heuerte die US-Regierung John Rendon für die "schwarzen" ("New York Times") Kampagnen an, für die psychologische Kriegsführung - Desinformation eingeschlossen. Rendon nennt sich "Kommunikationsberater". Doch nichts scheut der Mann mehr, als über seine eigene Arbeit zu sprechen.

      Die Räume seiner Agentur in der Washingtoner Connecticut Avenue sind abgeschottet. Weder in der Lobby noch vor der Tür im zweiten Stock des Bürohauses weist ein Namensschild auf die Rendon Group hin. Manchmal huschen Mitarbeiter herein. Spricht man sie auf ihren Chef an, reagieren sie wie Autisten. Wie viele es sind, weiß keiner. "Etwa 35", glaubt Kevin McCauley, Redakteur beim Informationsdienst "O`Dwyer`s PR Daily".

      Als das Pentagon vor einem Jahr das "Office of Strategic Influence" (OSI) gründete - eine Art Märchenfabrik, die sich um Desinformationskampagnen in ausländischen Medien kümmern sollte -, wurde Rendon als Berater engagiert. Zwar musste Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das OSI nach internationalen Protesten schließen. Ersetzt wurde es allerdings durch das "Office of Global Communications", das Journalisten nun etwa mit unappetitlichen Details aus Saddams Privatleben versorgen soll. Per Dekret unterstellte US-Präsident George W. Bush das Amt vergangene Woche offiziell direkt dem Weißen Haus.

      Offenbar wird bereits erfolgreich gearbeitet: Immer wieder berichten derzeit die wichtigen US-Medien von "New York Times" bis CNN, dass Saddam die Uno-Waffeninspektoren 1998 widerrechtlich aus dem Land geworfen und damit die Zusammenarbeit selbst beendet habe.

      Die Geschichte ist schlicht falsch. Vielmehr zog der damalige Chefinspektor Richard Butler sein Team ab, weil er von einem anstehenden US-Bombardement wusste. Die Koordinaten dafür waren unter anderem von seinen eigenen Inspektoren entgegen den Uno-Vorschriften geliefert worden.

      Die Zusammenarbeit mit Rendon setzen die US-Strategen trotzdem fort. Kein Wunder, denn schließlich gehört der Mann längst zum Kriegsinventar der Amerikaner: Wo immer die US-Truppen in den vergangenen 14 Jahren in den Krieg zogen, war Rendon an vorderster Front dabei. Manchmal war er sogar schon vor den Soldaten vor Ort, wie 1991 in Kuweit.

      PR-Berater John Rendon: ``Wo ist der Effekt?``
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      GroßbildansichtPR-Berater John Rendon: "Wo ist der Effekt?"
      Rendon streut dann Propaganda, kreiert Nachrichten und manipuliert Szenen. Er stattete die Kuweiter bei der Ankunft der Army flächendeckend mit US-Fahnen aus - die Bilder gingen um die Welt. "Wahrnehmungsmanager" oder "Informationskrieger" nennt sich Rendon selbst. Sein Arbeitsplatz sind die Krisenherde der Welt. Dort leiste er "reconstruction work", so Rendon einst in kleinem Kreis - stets an der Seite der Mächtigen und Reichen: in Kuweit für die königliche Familie, in Kolumbien für die Armee, in der Debatte um Gentechnik für den Agrarmulti Monsanto.

      Globale Geschäfte, so Rendon, ließen sich eben am besten "in einem Umfeld abwickeln, das von Regierungen, Politik und Medien bestimmt wird". "Für `Politik`", sagt der Siegener Medienwissenschaftler Klaus Kreimeier, "kann man auch `Krieg` einsetzen."

      Nach dem 11. September entwickelte Rendon für die US-Regierung die PR zum Afghanistan-Feldzug. Er half, der Welt den Sinn von Flächenbombardements zu vermitteln und "das Bewusstsein von Multiplikatoren so zu steuern, dass mentale Kollateralschäden vermieden werden", so Kreimeier. Allein für diesen Einsatz soll Rendon von der Regierung 7,5 Millionen Dollar erhalten haben.

      Unterstützt werden seine Bemühungen von Pentagon und Geheimdienst CIA, die gezielt "Nachrichten" streuen. Mit bis heute nicht belegten Meldungen, etwa über den Kontakt zwischen dem Terrorpiloten Mohammed Atta und dem irakischen Geheimdienst, werde "die ständige emotionale Alarmbereitschaft aufrechterhalten", sagt der Medienkritiker Sheldon Rampton, Co-Autor zweier Bücher über die Manipulation durch Public Relations.

      Wie reibungslos diese "schwarzen" Kampagnen den Weg in die US-Medien finden, war jüngst im erzkonservativen Sender Fox des Medienzaren Rupert Murdoch zu beobachten: In "News Alert" wurde den Zuschauern mitgeteilt, dass der Versuch, irakische Generäle per E-Mail zu erreichen, zu klappen scheine. Beweise? Keine.

      Seit 1992 arbeitet John Rendon an der Anti-Saddam-Kampagne, seinem vermeintlich größten Coup. Beauftragt wurde er damals vom CIA. Rund 23 Millionen Dollar sollen die Geheimdienstler allein im ersten Jahr für die Kampagne ausgegeben haben. Rendon ließ Comics über Saddam drucken und organisierte eine Wanderausstellung über dessen Gräueltaten. Das Ziel: sich häufende Berichte über die humanitäre Katastrophe im Irak diskreditieren und "den Druck für Sanktionen stärken".

      Aber die Zahl von Rendons Kritikern wächst. William Arkin, Militärexperte und NBC-Kommentator, hält die gesamte Werbetätigkeit der Regierung für "Verschwendung von Steuergeld". Wenn vorher 80 Prozent der islamischen Welt die USA hassten und nun 100, frage er sich: "Wo ist der Effekt?"

      Neben "Wahrnehmungsmanagern" wie Rendon setzt die US-Regierung beim Verkauf des Krieges in erster Linie auf bewährte Fernsehsender. Damit die Deutungsmacht der Bilder gesichert ist, wird das US-Militär wieder einige hundert Plätze an loyale Medienpartner verteilen, allen voran eingespielte Golfkriegsproduzenten wie CNN und Fox. Wer die Regieanweisungen des Militärs unterläuft, dürfte seine Akkreditierung verlieren.

      Da der Informationsfluss jedoch inzwischen durch Satellitenübermittlung schwerer zu kontrollieren und das Schlachtfeld - wie Afghanistan zeigte - kaum abzuriegeln ist, könnte das Pentagon kurzfristig die Strategie ändern. Schon am Hindukusch luden die Militärs Journalisten ein, Einsätze wie die "Operation Tora Bora" aus der Nähe mitzuerleben.

      Zudem können Journalisten seit November in "Boot-Camps" auf US-Truppenübungsplätzen lernen, wann sie besser Gasmasken aufsetzen sollten. Oder aus welcher Richtung die Kugeln kommen, die über sie hinwegpfeifen.

      "Das Kalkül dahinter ist Korruption durch Nähe", sagt Danny Schechter, Chefredakteur von "Mediachannel", einer der bekanntesten medienkritischen Adressen im Internet. "Es herrscht eine Atmosphäre der patriotischen Correctness."

      Für Sender wie Fox ist der Krieg vor allem eine Frage der Optik, des Sounds und der Quote. Und da ist die Hilfe der Militärs unerlässlich. Zudem dient es einem nützlichen Zweck: Der Technokrieg mit Aufnahmen aus den Bomber-Cockpits und fernen Feuerwerkssequenzen gaukelt ein beherrschbares Risiko vor. Das Feldherrenpanorama der häuslichen Glotze sorgt für Ruhe an der Heimatfront.

      Seit dem Vietnam-Krieg fürchtet das Pentagon nichts mehr als beunruhigte Bürger und Kriegsreporter wie Harrison Salisbury, der 1966 für die "New York Times" die regierungsamtliche Legende vom "Präzisionsbombardement" in Hanoi entlarvte.

      So weit wollen es die Verantwortlichen nicht mehr kommen lassen. Denn schon die zahlreichen Vorberichte vom möglichen Schlag gegen den Irak zeigen, dass dies der "schönste" Krieg werden soll, den es je am Bildschirm zu sehen gab.

      Selbst die ARD stimmte in einer romantischen Reportage vom US-Flugzeugträger "Abraham Lincoln" kürzlich darauf ein: Man sah F-18-Kampfflugzeuge vor der untergehenden Sonne am Persischen Golf starten und Soldaten hinter Sonnenbrillen, die im Gegenlicht den Daumen in die Luft reckten.

      Gezeigt wurden Männer wie der Bootsmann Mike, ein Patriot, "seit ich aus meiner Mutter herausgekrochen bin", oder seine beiden Kameraden, die sich auf "die größte Show der Welt" freuen.

      Pro Tag schleust die U. S. Navy mitunter fünf Journalisten-Teams über die "Lincoln". Zwar streute die Co-Produktion von NDR und BBC streckenweise ein wenig Distanz ein, doch letztlich schien der Autor vom Sog der Bilder überwältigt.

      "Kampfflugzeuge im Anschnitt", sagt der verantwortliche Redakteur Thomas Berbner, "haben eben eine gewisse Ästhetik".
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 15:51:48
      Beitrag Nr. 197 ()
      Rede an die Nation

      Wie Bush den Amerikanern Empörung einimpfen will

      Vor einem Jahr hatte George W. Bush leichtes Spiel. Bei seiner letzten Rede zur Lage der Nation standen die Amerikaner durch den überbordenden Patriotismus nahezu einmütig hinter ihrem Präsidenten. Heute wird er es schwerer haben. Bush muss der skeptischen Bevölkerung plausibel machen, warum er den Irak-Krieg vom Zaun brechen und wie er die geschwächte Wirtschaft ankurbeln will.



      REUTERS

      Minutiöse Vorbereitung: Bush bei der Stellprobe zu seiner historischen Rede an die Nation


      Hamburg - Sie wird als die wichtigste Rede seines bisherigen Lebens gehandelt. Entsprechend pedantisch ist Bushs Stab in der Vorbereitung des Präsidenten-Auftritts. Wenn Bush am Dienstagabend (3.00 Uhr MEZ) vor dem Kongress seine Rede zur Lage der Nation hält, muss alles perfekt inszeniert sein, damit das Publikum an den Fernsehgeräten den bestmöglichen Eindruck vom Präsidenten erhält. Die Erwartungen sind enorm hoch. In debattierfreudigen Washingtoner Zirkeln wird der Rede laut "New York Times" bereits eine historische Bedeutung beigemessen. In dieser spannungsgeladenen Situation versuchen Mitarbeiter des Weißen Hauses den Präsidenten als das ruhige Zentrum eines Zyklons zu präsentieren.

      Seit Tagen ist Bush damit beschäftigt, wie er die etwa 45-minütige Rede, die alle großen Sender landesweit live ausstrahlen werden, inszenieren wird. Bereits am Freitag und Sonntag hatte es erste Treffen gegeben, zwei weitere Montag früh und am späten Nachmittag. Im Ostflügel des Weißen Hauses, der Präsentationszwecken dient, studierte man genau ein, welches Wort wie zu betonen und welche Geste wie einzusetzen sei. Hochrangige Mitglieder aus Bushs Stab fungierten als Ratgeber, unter anderem Condoleezza Rice, die Nationale Sicherheitsberaterin, Kommunikationschef Dan Bartlett und Michael Gerson, der höchste Redenschreiber im Weißen Haus.

      Zwischen den Gängen zur Generalprobe instruierte Bush eine Gruppe der wichtigsten Zeitungs- und Magazinkolumnisten und hatte ein privates Mittagessen mit seinem Vize, Dick Cheney. Am Tag der Rede speist Bush mit den Anchormen der wichtigsten Sender wie NBC und ABC, die seine Rede im Verlauf der Woche analysieren werden. Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses, nannte die Rede vorab schon mal "sehr nobel".

      Ob das genügt? Das Publikum ist kritisch geworden. Immer mehr Amerikaner fragen sich, ob es wirklich notwendig ist, amerikanische Soldaten in einen Krieg am Golf zu schicken. Und - verwöhnt von der Clinton-Ära - fragen sie sich, warum die Wirtschaft nicht richtig läuft. So wird erwartet, dass Bush dem Volk erneut plausibel zu machen versucht, warum Saddam Hussein eine Bedrohung für die USA darstellt. In scharfem Ton wird er wohl mit dem Regime in Bagdad ins Gericht gehen, weil es seiner Meinung nach nicht hinreichend mit den Waffeninspekteuren der Uno kooperiert. Nach Ansicht der "Financial Times" wird er versuchen, dem Volk etwas von der Empörung einzuflößen, die er selbst gegenüber der "Achse des Bösen" empfindet. Ein Begriff übrigens, den er vor einem Jahr kreierte. Es wird nicht damit gerechnet, dass er dem Irak ein Ultimatum stellen wird.

      Mindestens die Hälfte der landesweit übertragenen Rede wird Bush dafür verwenden, den Wählern zu vermitteln, dass er nicht nur Krieg im Kopf hat, sondern sich auch um Innen- und Wirtschaftspolitik kümmert. Dass er ihre Sorge ums nationale Gesundheitssystem teilt, das es zu verbessern gilt. Und dass er die darbende Wirtschaft wieder ankurbeln will. Annähernd zwei Drittel der Amerikaner sagen, Bush müsse mehr für die Wirtschaft tun. Als Heilmittel für einen wirtschaftlichen Schub wird er sein über zehn Jahre angelegtes Steuersenkungsprogramm in Höhe von 674 Milliarden Dollar anpreisen, das eine Entlastung vor allem für den Mittelstand und Besserverdiener bringen soll. Unter anderem ist die Streichung der Steuer auf Aktiendividenden vorgesehen.

      Die Demokraten haben sich schon vorab auf die Rede des Präsidenten eingeschossen. Sie kritisierten in einer Stellungnahme dessen Steuersenkungspläne. Sie seien ein Geschenk für die Wohlhabenden. Dem Zehn-Jahres-Mammut-Programm stellen sie einen Einjahresplan entgegen, der vor allem Steuererleichterung für die privaten Haushalte vorsieht. Besonders die unterschiedliche Behandlung des Iraks im Vergleich zu Nordkorea leuchtet vielen nicht ein.

      Noch hat Bush Zeit, an seiner Rede zu feilen. Die Redenschreiber haben Platz für Notizen im Skript gelassen. Besonders für eine mögliche Reaktion Bushs auf die Rede von Chefwaffeninspektor Hans Blix vor der Uno. Noch ist unklar, wie viel freie Fläche auf dem Papier gefüllt wurde. Vor dem Bericht von Blix jedenfalls, heißt es, habe Bush nur wenig an seiner Rede geändert.

      Alexander Schwabe
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 16:18:31
      !
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      Avatar
      schrieb am 28.01.03 22:05:35
      Beitrag Nr. 199 ()
      Vor der Bush-Rede

      "Ein Mensch kann dumm sein, ein Staat darf es nicht"

      Während der amerikanische Präsident noch an den letzten Details seiner mit Höchstspannung erwarteten Rede zur Lage der Nation feilt, wächst die Kritik an Bushs Irak-Politik. Auch in den USA selbst melden sich nun skeptische Stimmen - darunter auch der US-Oberbefehlshaber im letzten Golfkrieg, Norman Schwarzkopf.


      REUTERS

      Will sein Volk auf den Krieg einschwören: Präsident Bush


      Washington - Schwarzkopf steht einer jetzigen Militäraktion gegen den Irak skeptisch gegenüber. Er müsse erst noch mehr Informationen haben, bevor er einen Präventivschlag gegen den Irak befürworten könne, zitierte die "Washington Post" den pensionierten General.

      Der Gedanke, dass der irakische Präsident Saddam Hussein über atomare Kapazitäten verfügen könne, sei Furcht erregend, sagte Schwarzkopf. Aber er wisse nicht, über welche geheimdienstlichen Erkenntnisse die US-Regierung verfüge. "Und bevor ich aufstehe und sage, ohne jeden geringsten Zweifel müssen wir den Irak angreifen, würde ich schon gern bessere Informationen haben."

      >Der frühere Präsident George Bush, der während des Golfkriegs 1991 im Weißen Haus regierte, nahm unterdessen seinen Sohn in Schutz. Bush junior sei friedliebend und tue alles in seinen Kräften stehende, um einen Krieg zu verhindern. Es schmerze ihn sehr, wenn sein Sohn als Kriegstreiber angeprangert werde.

      Bush senior erläuterte erneut, warum er die Militäraktion beendete, ohne dass Iraks Präsident Saddam Hussein entmachtet wurde. Es sei nach der irakischen Invasion Kuweits die Aufgabe gewesen, die "Aggression Iraks" zu beenden. Diese Aufgabe sei erfüllt worden. Militärisch weiter zu gehen, hätte die von den USA geführte internationale Koalition aufs Spiel gesetzt, sagte Bush.

      Kritik an dem jetzigen Präsidenten kam dagegen aus der Opposition. Der Führer der Demokraten im US-Senat, Tom Daschle, forderte Bush auf, Beweise für die Existenz nuklearer und biologischer Waffen im Irak vorzulegen. Daschle verlangte außerdem, der Präsident solle seinen "überstürzten" Irak-Kurs begründen, um den "guten Willen" der Verbündeten nicht zu verspielen.

      Nach Ansicht des ehemaligen Uno-Waffeninspektors Richard Butler messen die USA im gegenwärtigen Konflikt auf "schockierende" Weise mit zweierlei Maß. Sie drohten einen Krieg gegen Saddam Hussein im Alleingang an, während sie nichts gegen andere Staaten täten, die im Besitz von Massenvernichtungswaffen seien, kritisierte der Australier heute in Sydney. Butler hatte bis 1998 die Waffeninspektionen im Irak geleitet.

      Der französische Präsident Jacques Chirac sagte heute nach einem Treffen mit Dem neuen brasilianischen Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva in Paris, in der Irak-Frage verträten beide Länder eine identische Position. Lula unterstrich, der Uno-Sicherheitsrat müsse über das weitere Vorgehen entscheiden. "Ein Mensch kann eine Dummheit begehen, aber ein Staat hat kein Recht dazu."
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 22:08:26
      Beitrag Nr. 200 ()
      US-Senatsbeschluss

      Bauchlandung für Big Brother

      Von Jochen A. Siegle, San Francisco

      Das im vergangenen November angekündigte "Total Information Awareness"-Programm der US-Regierung ist im Senat gescheitert: Die geradezu orwellianisch anmutenden Pläne zur totalen Info-Überwachung werden - wenn überhaupt - nur unter strengen Bedingungen umgesetzt.


      Poindexter: Gescheiterter Big Brother


      Der US-Senat hat damit einem Gesetzesentwurf des demokratischen Senators Ron Wyden aus Oregon zugestimmt, demzufolge die weitere Entwicklung des vom Pentagon angekündigten Schnüffelsystems genau zu prüfen und die Finanzierung einzufrieren ist, sofern das amerikanische Verteidigungsministerium dem Kongress keine detaillierten Pläne zu Umfang, Zielen und Kosten des Programms sowie Erfolgsaussichten und möglichen Einschnitte in die Privatsphäre amerikanischer Bürger vorlegt.

      Auswertung von Datenbanken und Web-Verkehr

      Das unter Federführung der Hightech-Abteilung des US-Verteidigungsministeriums, DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), entwickelte und mächtig umstrittene T.I.A.-Programm soll offiziell dem Zweck dienen, anhand von Data-Mining und Auswertung des Internet-Datenverkehrs sowie kommerziellen wie staatlichen Datenbanken von Finanzinstituten, Reiseunternehmen oder Gesundheits- und Verkehrsbehörden Terroristen auffindbar zu machen. Für amerikanische Bürgerrechtlern und Privacy-Advokaten aller politischen Lager gleicht das einem wahren Horrorszenario.

      Allen Versuchen des Pentagon zum Trotz, die Bedeutung des "Total Information Awareness"-Programms herunterzuspielen, entbrannte entsprechend auch in den amerikanischen Medien ein Sturm der Entrüstung. Und Wyden zufolge sollen selbst hartgesottene republikanische Senatoren das T.I.A.-Konzept als das "weitreichendste Überwachungsinstrument der Geschichte" bezeichnet haben.

      Das Pentagon hat angesichts der Senatsentscheidung dagegen erneut unterstrichen, wie wichtig das T.I.A.-Programm und die Entwicklung "innovativer Informationstechnologie-Werkzeuge" zur Bekämpfung von Terrorismus und zur Abwendung von Anschlägen gegen die USA sei.

      Auslandsspionage gestattet

      Donald Rumsfelds Ministerium hat nun erst einmal 60 Tage Zeit, der Forderung nach mehr Transparenz der T.I.A.-Initiative nachzukommen - ansonsten stoppt der Senat die weitere Entwicklung. Einzig US-Präsident Bush könnte dann die Fortführung der Big-Brother-Initiative durchsetzen, sofern er den US-Kongress davon überzeugen kann, dass eine Vorlage dieses Berichts nicht möglich sei oder ein Abbruch des Monitoring-Projekts "die nationale Sicherheit bedrohe".

      Des weiteren ist es der Senatsentscheidung zufolge auch nicht rechtmäßig, das geplante elektronische Schnüffelsystem innerhalb der USA ohne explizite Zustimmung des Kongresses einzusetzen. Schließlich gilt es gemäß der von Wyden vorgebrachten und von verschiedenen anderen demokratischen Parteifreunden sowie einem Republikaner unterstützten Vetovorlage zu verhindern, dass auf Kosten unbescholtener US-Bürger die Grenzen zwischen der militärischen Abwehr externer Gefahren und der nationalen Strafverfolgung verschwimmen. Sprich: Zur Unterstützung von Geheimdiensttätigkeiten oder militärischen Operationen im Ausland - völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um "befreundete" Staaten handelt oder nicht - könnte durchaus im Datenfluss gefischt und die Kommunikation überwacht werden.

      Zwielichtiger T.I.A.-Chef Poindexter

      Doch als wäre das ganze Vorhaben nicht schon inhaltlich grotesk genug, scheiden sich die Geister nicht zu Unrecht auch personell mächtig an der "Total Information Awareness": Mit dem ehemaligen Navy-Admiral John Poindexter wurde ein schwer umstrittener Zeitgenosse von US-Präsident Bush zum obersten US-Datenschnüffler ernannt. Poindexter, der einst als nationaler Sicherheitsberater Ronald Reagans diente, hatte unter anderem einst nachweislich den Kongress im Iran-Kontra-Skandal belogen. Nur seinem politischen Immunitätsstatus hatte er es damals zu verdanken, dass er dafür nie zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

      Nach Bekanntwerden der Data-Mining-Pläne der US-Regierung sollte den zwielichten Lügenbold ("Mr. Supersnoop") jedoch eine - zumindest kleine - Strafe heimsuchen: Kritiker der T.I.A.-Initiative hatten neben anderen persönliche Daten Poindexters Privatadresse, Telefonnummer und sogar Satellitenaufnahmen von seinem Haus auf der ihm gewidmeten Website "The John Poindexter Awareness Office" veröffentlicht.
      Avatar
      schrieb am 28.01.03 22:18:20
      Beitrag Nr. 201 ()
      Fernseh-Tip:

      JETZT der 2. von insgesamt 4 teilen der SCHOLL-LATOUR-SENDUNG im ZDF

      "Krieg dem Terror - Krieg dem Islam?"


      Gruß D.T.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 10:13:21
      Beitrag Nr. 202 ()
      . ACHTUNG ! SATIRE !!!



      Hier die durchtriebenen Lügen des george W. Bush, in denen er dem Irak genau das unterstellt, was dieser IM AUFTRAG der USA durchführte und die USA jetzt aufgrund der Unzuverlässigkeit des ehemaligen Vasallen sadam Hussein lieber selber erledigen - und aufgrund einer sensationellen technologie neuartigen in eckigen Klammern immer die Gedanken von Goerge W. Bush dahinter. Ein Versehen der NSA-Mitarbeiter in den Homeland securities, die das Schwärzen versäumten... :D



      SPIEGEL ONLINE - 29. Januar 2003, 6:15
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,232743,00.html
      State of the Union

      Auszüge aus Bushs Rede

      US-Präsident George W. Bush sagte am Dienstagabend in seinem Bericht zur Lage der Nation zum Irak:

      Unser Land und die Welt müssen Lehren aus der Lage auf der koreanischen Halbinsel ziehen und es nicht zulassen, dass eine noch größere Bedrohung im Irak entsteht. Einem brutalen Diktator, mit einer Geschichte rücksichtsloser Aggression und mit Verbindungen zum Terrorismus, mit großem potenziellem Reichtum, wird es nicht erlaubt werden, eine lebenswichtige Region zu beherrschen und die USA zu bedrohen... [..... besonders, weil er so gemein ist, nicht mehr so brav andere Länder in unserem Auftrag zu überfallen, wie besiielsweise den Irak... ]

      Vor fast drei Monaten hat der Uno-Sicherheitsrat Saddam Hussein seine letzte Chance gegeben, abzurüsten. Er hat stattdessen völlige Verachtung für die Vereinten Nationen und die Weltmeinung gezeigt[ Anm: Indem er Inspektionen zuließ, z.B., das war total gemein.... im Übrigen ist unsere verachtung der Menschenrechte, der Haager Kriegsordnung, der UN-Konvention, die einseitige Kündigung der Abrüstungsverträge mit der Sowjetunion, die rechtswidrige Produktion von B- und C-WAffen, Die Nichtratifizierung des vertrages von Kyoto, das Abhören des gesamten Kommunikationsverkehrs auch unserer sogenannten Verbündeten und die Beschimpfung von demokratischen Staaten mit eigener meinung als "Problemstaaten" sowie die andauernde Kooperation mit Schurkenstaaten wie Pakistan natürlich ebensowenig verachtung der UNO und der Völkergemeinschaft wie meine Ankündigung, den Angriffskrieg gegen den Irak sowieso zu führen - egal ob diese BAstarde aus Europa und anderen üblen Stellen dieser Welt dagegen sind oder nicht. Wir scheissen auf die UNO, wenn die nicht auf unser Kommando hört und gefälligst unsere Propagandalügen mitverbreitet..
      Ausserdem ist es ganz normal, daß wir jahreleng keine UNO-Beiträge gezahlt haben, denn die haben ja nicht weisungsgemäß unsere Bedingungen (willfährigkeit) alle ohne murrenerfüllt. Wie toll und ehrfürchtig wir mit der UNO und der Weltgemeinschaft umgehen sieht man schon daran, daß wir die von uns gestohlenen Irak-Erklärungen sogar zensiert und auf für uns unkritische 25% des ursprünglichen Umfanges eingeschränkt wieder zurückgaben. Ist das nicht generös? ]

      Die 108 Inspektoren sind nicht hingeschickt worden, um wie Aasfresser in einem Land von der Größe Kaliforniens nach verborgenen Materialien zu suchen. Aber wir mussten einfach unsere behaupteten geheimdienstinformationen zurückhalten, denn die übergebenen geheimdienstinformationen haben gezeigt, daß diese falsch waren - es wurde an den angeblichen Aufbewahrungsorten nichts gefunden. Daher machen wir es uns einfach und stellen jetzt ungenaue Behauptunmgen auf, damit wir nicht noch einmal als Schlecht informiert dastehen. Das hat mich geärgert, weil wir doch eigentlich genau wissen, WAS WIR ALS USA AN B- Und C-WAFFEN-TECHNOLOGIE SELBER GELIEFERT HABEN. ABER DAMALS DINTE DAS JA EINER GUTEN SACHE: DIE BÖSEN MENSCHEN IM IRAN UND DIE KURDEN ZU VERGASEN - DAS KANN DOCH NUR GUT SEIN! ]Der Job der Inspektoren ist es, zu überprüfen, dass das irakische Regime abrüstet. Es ist Iraks Sache, genau zu zeigen, wo es seine verbotenen Waffen versteckt ... Nichts davon ist geschehen.

      Der Diktator des Irak rüstet nicht ab. Im Gegenteil, er betrügt. Aus Geheimdienstquellen wissen wir zum Beispiel, dass Tausende von irakischen Sicherheitsleuten Dokumente und Material vor den Uno-Inspektoren verbergen - sie säubern Inspektionsorte und überwachen die Inspekteure selbst...

      Jahr für Jahr hat Saddam Hussein enorme Summen ausgegeben und ist große Risiken eingegangen, um Massenvernichtungswaffen zu bauen und zu behalten - aber warum? [ Es ist unfair, jetzt darauf hinzuweisen, daß wir als USA die ganzen Leute von Osama und AlQuaida über die taliban bis zu sadam Hussein und den Schreckensherrscher Schah von Persien damals bis an die Zähne selber bewaffnet haben und ausbildeten. Das war doch nur, um Frieden zu stiften. Und zwar durch Unterdrückung, MAssenmorde und Terror. ] Die einzige mögliche Erklärung, die einzig mögliche Benutzung für diese Waffen ist zu dominieren, einzuschüchtern oder anzugreifen. Aber das ist wieder gemein von ihm: Benutzung dieser Waffen, um zu dominieren, einzuschüchtern oder anzugreifen ist nur von dem auserwählten Herrenvolk wie dem unseren herrlichen Amerika statthaft. Auch Herrlich, wie wir damals in Südamerika mordeten, gewählte regierungen stürzen ließen und die Kubaner seit 50 JAhren zuscheissen. ] Mit Nuklearwaffen oder einem vollen Arsenal könnte Saddam Hussein seinen Ehrgeiz erneuern, den Nahen Osten zu erobern und die Region ins Chaos zu stürzen. Und dieser Kongress und das amerikanische Volk müssen eine weitere Gefahr erkennen. Beweise aus Geheimdienstquellen, geheime Kommunikation und Aussagen von verhafteten Personen enthüllen, dass Saddam Hussein Terroristen unterstützt und schützt, darunter Mitglieder von al-Qaida. Ich weiß, das ist nicht bewiesen, aber es ist einfach lästig, in dieser Welt des alten Europas immer und immer wieder behauptungen beweisen zu müssen - warum reicht nicht einfach das, was ich mir mit meinen wirklich tollen geschichtenerzählern von tausendundeiner NAcht in meinem Propagandaministerium ausdenke, um Euch nach Strich und FAden zu belügen?]Insgeheim, und ohne Fingerabdrücke, könnte er eine seiner versteckten Waffen Terroristen zur Verfügung stellen oder ihnen helfen, ihre eigenen zu entwickeln. [ oder er könnte es auch nicht tun, so wie in den letzten 12 Jahren, in denen er alliene 8 JAhre lang systematisch von UN-Inpektoren abgerüstet wurde. Aber das ist für mich nicht wichtig. Ebenso, ob andere Staaten b- und C-WAffen haben und andere Völker in der region unterdrücken und pausenlos gegen UN-resolutionen verstoßen. DAs sind gute Unterdrücker, denn sie unterdrücken die Araber. Was also, zum teufel soll daran falsch sein????

      Vor dem 11. September 2001 glaubten viele in der Welt, dass Saddam Hussein eingedämmt werden könnte. Aber chemische Stoffe und tödliche Viren und schattenhafte terroristische Netzwerke können nicht leicht eingedämmt werden... [Oh, jetzt hätte ich mich beinahe verplappert... aber ÖL kann man eindämmen, wir werden alles tun, um dieses Öl in Fässer von TAxaco, Exxon und Mobil Oil einzudämmen...]

      Einige haben gesagt, wir dürften nicht handeln, ehe die Gefahr offensichtlich ist. Seit wann haben Terroristen und Tyrannen ihre Absichten höflich vorher mitgeteilt, bevor sie zuschlagen? ... [ naja, den Angriff auf den Iran hat er ja minutiös mit unds abgesprochen, zugegeben.... den Angriff auf Kuweit hat er unserer Botschafterin Wochen zuvor mitgeteilt und wir haben beides abgesegnet - aber trotzdem, diese Behaptung ist einfach zu schön, um die se Lüge nicht einfach weiterzuverbreiten.... ]Der Zurechnungsfähigkeit und der Zurückhaltung Saddam Husseins zu vertrauen, ist keine Strategie und keine Option... [ Ihr seht ja an mir, wohin das führen kann, wenn man an das Gute glaubt [lacht hämisch] ]

      Die Welt hat 12 Jahre darauf gewartet, dass der Irak abrüstet. Amerika wird eine gefährliche und wachsende Bedrohung unseres Landes, unserer Freunde und unserer Alliierten [ ...kam da nicht noch was auf dem teleprompter??? verdammt, das klingt jetzt einfach zu ehrlich... wie ging der Saztz weizter???? Ah !!! jetzt föllt es mir ein:] nicht dulden. [ Ufff !!! geschafft... da häte ich beinahe unverblümt die Wahrheit... jaja, das geht schnell, wenn diese verdammten typen den teleprompter nicht richtig im Griff hjaben... aber es ist ja wie immer: Keiner merkts... ] Die USA werden den Uno-Sicherheitsrat bitten, am 5. Februar zusammenzutreten und die Fakten von Iraks andauernder Herausforderung der Welt zu erörtern. Außenminister Powell wird Informationen und Geheimdiensterkenntnisse über die illegalen irakischen Waffenprogramme vorlegen, über Iraks Versuche, sie zu verstecken, und seine Verbindungen mit terroristischen Gruppen. Wir werden konsultieren, aber damit es kein Missverständnis gibt: Wenn Saddam Hussein nicht vollständig abrüstet, werden wir eine Koalition anführen, ihn zu entwaffnen...

      Wir wollen Frieden. Wir streben nach Frieden. Und manchmal muss der Friede verteidigt werden... [ Zum Beipiel mit einem Friedensbombardement und Friedenstrupppen und Friedenswaffen und der Hilfe unserer gigantischen Friedensindustrie....]Wenn uns Krieg aufgezwungen wird, werden wir für eine gerechte Sache mit gerechten Mitteln kämpfen [Die Nummer mit dem "zurückschiessen" hat bisher immer funktioniert, hat mir Condolezza eben noch erzählt - super! LAuter begeisterte gesichter! ]- die Unschuldigen in jeder uns möglichen Weise verschonend. Und wenn uns der Krieg aufgezwungen wird, werden wir mit der vollen Macht des US-Militärs kämpfen- und wir werden uns durchsetzen.[auch gegen diese Bastarde von Kindern, unschuldigen Zivilisten und vor allem gegen die ganze gemeine zivile Infrastruktur, die uns das Öl vorenthalten will... damit das ein für allemal klar ist: DAS IST UNSER ÖL!!! DENN WIR WOLLEN ES !!! ]
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      schrieb am 29.01.03 13:20:03
      !
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      schrieb am 29.01.03 13:27:48
      Beitrag Nr. 204 ()
      @Juvenile

      also schon wieder Beweise. Geheimdossiers und Beweise am laufenden Band. jetzt versucht man es über die al-kaida Geschichte, weil dabei sind sich alle einig. Die müssen weg. Interessant dass so viele Leute noch an den Lippen Bushs hängen und ihm Glauben schenken. vielleicht sollten mal einige daran denken, dass nicht nur wir die einzigen Politiker haben die lügen :laugh:. also Juvenile, Krieg kurz nach dem 14. Feb?
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      schrieb am 29.01.03 13:52:54
      Beitrag Nr. 205 ()
      @Jules, ja es steht alles auf Sturm. Das Recht des Stärkeren wird angewendet werden. Rußland und China sehen keine notwenigkeit Gewalt anzuwenden und bei Frankreich ist es wohl auch zu bezweifeln. Stimme dir zu, denke auch nicht, dass die 1000.sten Beweise irgendetwas ändern wird. Die Bush Doktrin ist eindeutig, doch was passiert jetzt mit dem Völkerrecht, wenn ein Land wie die USA es brechen, obwohl sie Recht und Verfassung so hoch hängen.
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      schrieb am 29.01.03 13:55:11
      Beitrag Nr. 206 ()
      Irak: "Warum wir wissen, dass der Irak lügt"
      Condoleezza Rice verschärft den Ton gegenüber Irak

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Namensartikel von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, der am 23. Januar 2003 in der New York Times erschien. Das Original ist auf der Homepage des State Department (http://usinfo.state.gov) veröffentlicht. Die Übersetzung ins Deutsche wurde von der US-Botschaft in Deutschland besorgt.


      Von Condoleezza Rice

      Elf Wochen, nachdem der UN-Sicherheitsrat einstimmig eine Resolution verabschiedet hat, die - mal wieder - fordert, dass der Irak alle seine nuklearen, chemischen und biologischen Waffenprogramme offen legt und sich ihrer entledigt, ist es durchaus angemessen zu fragen, "Hat Saddam Hussein sich endlich freiwillig für Abrüstung entschieden?". Leider ist die Antwort ein klares und dröhnendes Nein.

      Eine freiwillige Entwaffnung hat nichts Geheimnisvolles an sich. Länder, die sich zur Abrüstung entschließen, führen Inspektoren zu Waffen und Produktionsstätten, beantworten Fragen, bevor sie gestellt werden, bekunden öffentlich und häufig ihre Absicht zur Abrüstung und fordern ihre Bürger zur Kooperation auf. Die Welt weiß anhand der Beispiele von Südafrika, der Ukraine und Kasachstan, wie es ist, wenn sich eine Regierung entscheidet, seine Massenvernichtungswaffen aufzugeben. Die entscheidenden gemeinsamen Elemente dieser Bestrebungen beinhalten die Verpflichtung zur Abrüstung auf hoher politischer Ebene, nationale Initiativen zur Einstellung von Waffenprogrammen sowie umfassende Kooperation und Transparenz.

      Im Jahr 1989 traf Südafrika die strategische Entscheidung, sein heimliches Atomwaffenprogramm abzubrechen. Es zerstörte sein sieben Waffen umfassendes Arsenal und unterzog sich später rigorosen Überprüfungen durch die Internationale Atomenergieorganisation. Inspektoren wurde uneingeschränkter Zutritt zu allen Nuklearanlagen gewährt (betriebsbereiten und stillgelegten) sowie zu den dort arbeitenden Personen. Außerdem wurden ihnen Tausende von Unterlagen zur Verfügung gestellt, die im Detail beispielsweise den täglichen Betrieb von Urananreicherungsanlagen sowie den Bau und die Zerstörung bestimmter Waffen belegten.

      Die Ukraine und Kasachstan zeigten in ähnlicher Weise Kooperationsbereitschaft, als sie sich entschlossen, ihre Atomwaffen, Interkontinentalraketen und von der Sowjetunion übernommenen schweren Bomber abzurüsten. Mit der beträchtlichen Unterstützung durch die Vereinigten Staaten - in beiden Ländern hoch willkommen - ging die Abrüstung planmäßig, offen und schnell vor sich. Atomsprengköpfe wurden an Russland zurückgegeben. Lagerstätten von Raketen und schwere Bomber wurden zerstört oder zerlegt - einmal wohnten einer solchen Zeremonie sogar ein amerikanischer und ein russischer Verteidigungsminister bei. In einem Fall offenbarte Kasachstan die Existenz einer Tonne hoch angereicherten Urans und bat die Vereinigten Staaten, diese abzutransportieren, damit das Material nicht in falsche Hände geriete.

      Das Verhalten des Irak könnte in keinem stärkeren Kontrast hierzu stehen. Anstelle sich zur Abrüstung zu verpflichten, engagiert sich der Irak auf hochrangiger politischer Ebene dafür, seine Waffen zu behalten und zu verbergen. Hinter dieser Politik stehen Saddam Hussein und sein Sohn Qusay, der eine für die Geheimhaltungsaktivitäten des Iraks zuständige Sicherheitssonderorganisation leitet. Anstatt nationale Initiativen zur Abrüstung umzusetzen, unterhält der Irak Institutionen, deren einziger Zweck darin besteht, die Arbeit der Inspektoren zu hintertreiben. Und anstatt umfassende Kooperation und Transparenz an den Tag zu legen, hat der Irak den Vereinten Nationen einen falschen Bericht vorgelegt, der über 12.200 Seiten hinweg aus nichts als Lügen besteht.

      Beispielsweise legt der Bericht keine Rechenschaft darüber ab oder erklärt die Bemühungen des Irak, ausländisches Uran zu beschaffen oder speziellen Treibstoff für ballistische Flugkörper herzustellen, von denen er behauptet, sie gar nicht zu besitzen; und er macht auch keine Angaben zu bereits früher von den Vereinten Nationen ausgemachte Lücken im Rechenschaftsbericht des Irak über mehr als zwei Tonnen Rohstoffe, die für die Produktion von Tausenden Litern Anthrax oder anderer biologischer Waffen benötigt werden.

      In der irakischen Erklärung wurde sogar unverfroren abgekupfert, indem weite Teile von UN-Berichten wortwörtlich kopiert (oder so bearbeitet sind, dass jegliche Kritik am Irak wegfällt) und dann als Originaltext präsentiert wurden. Der Bericht ist weit entfernt davon, Informationen zu liefern, sondern zielt darauf ab, das wahre Bild vom irakischen Waffenarsenal zu verschleiern und zu verzerren. Dies spiegelt den wohlverdienten Ruf des Regimes wider unaufrichtig zu sein und stellt eine eklatante Pflichtverletzung der Resolution 1441 des UN-Sicherheitsrats dar, die zu dem laufenden Inspektionsprogramm führte.

      Anders als andere Nationen, die freiwillig abrüsteten, - und unter Missachtung von Resolution 1441 - gewährt der Irak den Inspektoren keinen "unverzüglichen, ungehinderten, uneingeschränkten Zugang" zu Einrichtungen und Personen, die im Zusammenhang mit seinem Waffenprogramm stehen. Wie die kürzlich erfolgte Inspektion des Hauses eines irakischen Nuklearwissenschaftlers zeigte - und was auch aus anderen Quellen bestätigt wird - werden Materialien und Unterlagen immer noch in der Manier possenhaften Versteckspiels herumtransportiert. Das Regime hat außerdem die freie und uneingeschränkte Luftaufklärung blockiert.

      Die Liste der im Zusammenhang mit Massenvernichtungsprogrammen stehenden Personen, die die Vereinten Nationen vom Irak verlangen, endet mit den Namen derjenigen, die im Jahr 1991 arbeiteten - auch wenn die Vereinten Nationen bereits vorher festgestellt hatten, dass die Programme auch danach fortgeführt wurden. Gespräche mit Wissenschaftlern und mit Waffenprogrammen befassten Personen, die die Inspektoren ausgemacht haben, fanden nur unter der aufmerksamen Anwesenheit von Regimevertretern statt. Angesichts der bekannten Doppelzüngigkeit des Regimes können die vor kurzem abgegebenen Versprechen sich zu bessern nur als ein Versuch gewertet werden Zeit zu schinden.

      Die Tatsache, dass die Inspektoren vergangene Woche 12 chemische Sprengköpfe fanden, die nicht im Bericht des Iraks auftauchen, war besonders beunruhigend. In der Vergangenheit wurde diese Art von Sprengköpfen mit Sarin bestückt - ein tödliches Nervengas, das 1995 von japanischen Terroristen in der Tokioter Untergrundbahn verwendet wurde, wobei 12 Fahrgäste ums Leben kamen und Tausende andere erkrankten. Richard Butler, der ehemalige Leiter der UN-Waffeninspektoren, schätzt, dass mehr als eine Million Menschen getötet werden könnten, sollte ein größerer vom Irak produzierter und in der Vergangenheit eingesetzter Sprengkopf mit VX (einem weitaus tödlicherem Nervengas) bestückt und auf eine große Stadt abgefeuert werden. Der Irak hat es ebenso unterlassen, den UN-Inspektoren Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die seine Behauptung belegen, VX-Vorräte zerstört zu haben.

      Es bleiben viele Fragen offen im Hinblick auf die nuklearen, chemischen und biologischen Waffenprogramme und Arsenale des Irak - und es ist am Irak, die Antworten zu liefern. Der Irak tut dies auf spektakuläre Weise nicht. Sowohl durch seine Handlungen als auch durch seine Untätigkeit beweist der Irak nicht, dass er ein zur Abrüstung bereites Land ist, sondern im Gegenteil eine Nation, die etwas zu verbergen hat. Der Irak betrachtet die Inspektionen immer noch als Spiel. Das Land muss wissen, dass die Zeit abläuft.

      Originaltext: Concoleezza Rice Says Iray Clearly Lying About its Weapons (siehe http://usinfo.state.gov)
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      schrieb am 29.01.03 15:22:54
      !
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      schrieb am 29.01.03 15:34:23
      Beitrag Nr. 208 ()
      Der Schlachtplan des Pentagons

      General Wesley Clark, Nato-Oberkommandierender während des Kosovo-Krieges und heute Geschäftsmann mit Verbindungen zum Pentagon, lässt mit seinem Vortrag zarten Gemütern das Blut gerinnen

      Theo Sommer für zeit.de

      Erst kommt die US-Luftwaffe mit B-52-Bombern, denen die Iraker nichts anhaben können, dann kommen die die Angriffshelikopter. Zehn Tage lang werden sie den Irak bombardieren. Mit ihnen werden hier und dort Spezialkräfte im Hinterland eingesetzt. Dann erst folgen die Bodentruppen, 100 000 oder 150 000 Mann. Und zwei bis drei Wochen nach Kriegsbeginn ist Bagdad gefallen.

      General Wesley Clark, Nato-Oberkommandierender während des Kosovo-Krieges und heute Geschäftsmann, der seine Verbindungen zum Pentagon pflegt, spricht in der Art eines Feldmarschalls vor der versammelten Generalität: letzte Lagebesprechung vor dem Einsatz. Sein Vortrag ist fast der Abschluss des Davoser Weltwirtschaftsforums. In seiner kalten Sachlichkeit lässt er zarten Gemütern das Blut gerinnen.

      „Es wird eine ganz neue Form der Kriegsführung sein“, sagt Clark: ein Hochtechnologie-Krieg mit Laser-Teleskopen und GPS und Präzisionswaffen und 200-Pfündern und 500-Pfündern. Ohne Pause, 24 Stunden am Tag.

      Widerstand? „Wo er isoliert ist und ortsfest, wird er vernichtet.“

      Saddam Husseins Republikanische Garde? „Die wird nur noch Furcht, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit verspüren. Sie wird vernichtet, ehe unsere Truppen dorthin vorstoßen.“

      Kollateralschäden, wie die Opfer an Gut und Blut unter der Zivilbevölkerung heute verschleiernd genannt werden? „Wir werden uns bemühen, Kulturdenkmäler zu vermeiden. Auch Moscheen, wenn sie nicht verteidigt werden. Auch die Infrastruktur wie Kraftwerke.

      Und wenn es zum Hauskampf in Bagdad kommt? „Wir werden die Stadt in Sektoren aufteilen und, wenn nötig, Straße um Straße, Haus um Haus, Zimmer für Zimmer ausräumen.“

      Der General lässt die Hoffnung durchblicken, dass es vorher zu einem Aufstand, einem Umsturzversuch kommt. „Unser größtes Problem besteht darin, dass die Iraker an den Machthabern und ihren Helfershelfern fürchterliche Rache nehmen könnten, ehe wir da sind.“

      Nach der „Aufmarschphase“ und nach der „Feuerphase“ werden die US-Truppen von Süden nach Norden und von der Nordfront aus nach Süden vorstoßen. Die amerikanischen Truppen? „Ich sage `US-forces`, jawohl. Ich denke, mit der möglichen Ausnahme der Deutschen wird die ganze Nato da sein, aber das Gros – 80 bis 90 Prozent – werden die Amerikaner stellen.“ Und - "hopefully" - werden sie fünf bis zehn Tage nach Beendigung der Luftangriffe in Bagdad sein: zwei bis drei Wochen nach Eröffnung der Kampfhandlungen.

      Was, wenn Saddam die Bevölkerung als menschliche Schilde missbraucht? „Seine Truppen kommen gar nicht hin. Jedes Panzerfahrzeug wird zerstört. Wir werden davon ausgehen, dass sämtlicher Verkehr Militärverkehr ist.“

      Im übrigen: Man rechnet damit, dass ganze Einheiten überlaufen und sich dem Kampf gegen Saddam anschließen. Obendrein sollen die irakischen Oppositionsgruppen mit leichten Waffen ausgerüstet werden. Und auch ein Aufstand der Kurden im Norden und der Schiiten im Süden wird nicht ausgeschlossen. „Mag sein auch, dass uns die Bagdader mit amerikanischen Flaggen in den Straßen begrüßen.“

      Werden die Ölfelder um Mossul brennen? Clark deutet auf die riesige Generalstabskarte an der Wand: „Wir werden dort sein, bevor es dazu kommen kann.“

      Wenn aber Saddam Israel angreift? Die 25 Scud-Raketen werden nicht als Problem gesehen, dafür ist die israelische Raketenabwehr zu gut, auch die neuen amerikanischen „Patriots“. Da kommt keine Scud ins Ziel. „Anything that flies is gonna die“ - Alles, was fliegt, stirbt.

      Eine Frage, die vielen auf den Nägeln brennt: Wie lange werden die amerikanischen Truppen im Irak bleiben? Wesley Clark hat da keine Illusionen. „Man muss sich darauf einrichten, ein Jahr dort zu bleiben, zwei oder drei oder auch fünf Jahre.“ Es kommt ganz darauf an, wie sich die örtlichen Umstände entwickeln. Es braucht Polizei, Gesetze, Gerichte, Gefängnisse, Versorgungseinrichtungen. Die Ölproduktion muss wieder aufgenommen, die Wirtschaft angekurbelt werden. „Unser größtes Problem aber wird es sein, an die Massenvernichtungswaffen heranzukommen.“

      Clark weiß, dass dabei am ehesten vielleicht der Kommissar Zufall helfen kann. Er hofft auf den neunjährigen Jungen, der eines Tages angerannt kommt, „Mister, Mister“ rufend und auf eine Tafel Schokolade schielend, und erzählt: „Im Hinterhof bei meiner Mutter ist etwas vergraben…“ Wie lange es dauern mag, bis alle Waffen entdeckt, alle Wissenschaftler eingesammelt sind, vermag er nicht zu sagen. „Eine Woche? Sechs Wochen? Sechs Monate?“ Der Rest ist Achselzucken.

      Ansichten eines Privatmanns? Der Schlachtplan des Pentagons? Auch der in Davos versammelten Prominenz bleibt vorläufig nur, mit den Achseln zu zucken. Die Welt wird es aber bald wissen.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 15:48:59
      Beitrag Nr. 209 ()
      #208 und warum ist der Irak dann eine Bedrohung :confused:
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 15:51:58
      Beitrag Nr. 210 ()
      # 208 General Wesley laesstmit seinem Vortrag zarten
      Gemuetern das Blut gerinnen.

      Warum muss ein Gemuet zart sein um die Ausgeburten der
      Antilebenskraefte im Pentagon das Blut gerinnen zu lassen?

      Ist die Menschlichkeit und das damit verbundene Mitgefuehl
      schon dermassen abgestumpft, dass es normale Gemueter
      nicht zu tangieren vermag?

      Nur in diesem Umfeld koennen die negativen Antilebenskraefte
      einen Krieg planen und fuehren.
      Wer ist daher ohne Mitschuld?
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 15:59:08
      Beitrag Nr. 211 ()
      @punk, verstehst du nicht, Saddam ist eine Bestie, schlimmer als Hitler, er hat so schlimme Waffen, damit könnte er die gesamte USA vernichten. Amerikas Bastard ist eine Gefahr für den Weltfrieden. :laugh: und bevor ich es vergesse. OBL spricht auch arabisch, dass ist die Gemeinsamkeit :D
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 16:24:11
      Beitrag Nr. 212 ()
      Das kleinere Übel

      Von Günther Nonnenmacher


      Zu den dauerhaften Einsichten in das Wesen der internationalen Politik gehört Henry Kissingers Diktum, man habe meist nicht die Wahl zwischen gut und böse, richtig oder falsch, sondern müsse sich zwischen zwei Übeln entscheiden. So ist es gegenwärtig in der Frage, ob im Irak eine militärische Intervention notwendig sei, um die in UN-Resolutionen wieder und wieder festgelegte Forderung zu verwirklichen, Saddam Hussein müsse seine Massenvernichtungswaffen abrüsten. Gegen diese von der amerikanischen Regierung vertretene Position wird geltend gemacht, daß die bisherige Strategie politisch-militärischer Eindämmung und wirtschaftlicher Sanktionen gegen Bagdad erfolgreich gewesen sei und fortgesetzt werden solle, weil ein Krieg keine Lösung wäre, sondern nur neue Probleme für den Mittleren Osten bringen würde. Darüber wird derzeit über den Atlantik hinweg gestritten.

      Entgegen dem Eindruck, der manchmal in der Öffentlichkeit erweckt wird, sind sich allerdings alle Regierungen und Geheimdienste der westlichen Welt ziemlich sicher, daß Saddam über biologische und chemische Kampfstoffe verfügt. Der Bericht der Waffeninspekteure sagt unmißverständlich, daß der Irak seinen Verpflichtungen, die entsprechenden Daten offenzulegen sowie die einschlägigen Stätten zu nennen, nicht nachkomme, Bagdad also die Forderung nach Abrüstung nicht erfülle. Kein Zweifel: Der Diktator führt die UN und die internationale Gemeinschaft seit Jahren an der Nase herum. Deshalb war es hohe Zeit, mehr Druck auf ihn auszuüben - wozu der Aufbau einer militärischen Drohkulisse gehört -, um dem Abrüstungsziel näher zu kommen.

      Unstrittig ist indessen auch, daß der Irak heute militärisch schwächer ist als im Januar 1991, als eine Koalition unter amerikanischer Führung die irakische Militärmaschine in wenigen Wochen zuerst aus der Luft schwächte und dann in einem kurzen Landfeldzug überrollte. Anders gesagt: Die Inspektionen nach der irakischen Niederlage, in deren Verlauf große Mengen Waffen vernichtet wurden, sowie das Einfuhrverbot für Güter, die militärisch von Nutzen sein könnten, haben Wirkung gezeigt. Die andere Seite der Medaille ist es, daß diese Sanktionspolitik nicht nur das Regime trifft, sondern auch Elend über die irakische Bevölkerung gebracht hat, weil Saddam Hussein sich weigert, die von den UN angebotenen humanitären Programme (Stichwort: Öl für Lebensmittel und Medikamente) auszuschöpfen.

      Letztlich ist jedenfalls nicht klar, was eine militärische Intervention heute dringlicher macht als gestern. Washington, das die Gangart gegenüber Saddam nach dem 11. September 2001 verschärft hat, kann bis heute nicht belegen, daß es Verbindungen zwischen Bagdad und Al Qaida gibt. Es gibt bisher auch keine schlagenden Beweise dafür, daß der Irak an neuen Waffenprogrammen arbeitet.

      Zweischneidig ist dagegen der Vorwurf, Präsident Bush behandle den Diktator Kim Jong-il, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Atomwaffen besitzt, besser als den Diktator Saddam Hussein, der (noch) nicht nuklear gerüstet sei. Das könnte in der Tat zum Anreiz für weitere problematische Staaten werden, sich "die Bombe" zu verschaffen. Es beweist aber auch, wie wichtig es ist, vorbeugend gegen nukleare Proliferation einzuschreiten, um einen Zustand der Erpreßbarkeit gar nicht erst entstehen zu lassen.

      Ein militärisches Vorgehen gegen den Irak hätte aus amerikanischer Sicht nicht nur das Ziel, Massenvernichtungswaffen abzurüsten; Washington will auch einen Regimewechsel herbeiführen, also Saddam Hussein stürzen. Ob es klug war, dies immer wieder öffentlich zu bekunden, ist zweifelhaft: Ein Diktator, dem kein Ausweg offengehalten wird, der nichts mehr zu verlieren hat, wird versucht sein, alle Mittel einzusetzen, auch die schrecklichsten, um viele Menschen mit sich in den Abgrund zu reißen. Es ist auch schwer zu sehen, wie ein Regimewechsel ohne gefährliche Operationen zu Lande (Stichwort: Häuserkrieg) herbeigeführt werden könnte. Daß die Fixierung auf eine Person politisch wie psychologisch gefährlich sein kann, zeigt das Beispiel Usama Bin Ladin.

      Die schwersten Zweifel am Sinn eines militärischen Eingreifens stellen sich jedoch im Blick auf das "Danach" ein. Übertrieben sind Befürchtungen, der Nahe und Mittlere Osten könnte durch einen Irak-Krieg zur Explosion gebracht werden. Das war 1991 nicht so, und die autoritären oder tyrannischen Regime dort sind auch zwölf Jahre danach bemerkenswert stabil. Doch sicherlich zöge ein geschwächter oder führungsloser Irak Begehrlichkeiten seiner Nachbarn auf sich, womöglich bis hin zu Interventionen. Ein Krieg würde auch die antiwestliche Stimmung in der islamischen Welt anheizen und könnte dem Terrorismus neue Rekruten zuführen.

      Ganz und gar unklar bleibt aber vor allem, was im Irak selbst geschehen soll. Wäre es einen Krieg wert, nach Saddams Sturz einen seiner weniger üblen Gefolgsleute zu inthronisieren? Die Exil-Opposition hat bisher wenig getan, um sich als künftige Regierung zu empfehlen. Zöge sie an westlichen Rockschößen in Bagdad ein, hätte sie jedenfalls nur schwache Legitimität. Abenteuerlich mutet die Vorstellung an, man könne den Irak in ein UN-Protektorat verwandeln, von Amerika militärisch gesichert und von Europa so lange administriert, bis es sich in eine arabische Musterdemokratie verwandelt hätte. Die Beispiele Bosnien-Hercegovina und Kosovo - im Vergleich zum Irak geographisch wie politisch handliche Größen - sollten genügen, um das als Träumerei zu verwerfen.

      Deshalb erscheint die Kombination aus Droh- und Inspektionspolitik, aus Wirtschaftssanktionen und militärischer Eindämmung zur Durchsetzung von Abrüstung beim gegenwärtigen Stand der Dinge als das kleinere Übel im Vergleich zu den Unwägbarkeiten eines Krieges.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.01.2003, Nr. 24 / Seite 1
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 17:19:24
      Beitrag Nr. 213 ()
      Fischer und Solana kritisieren Bush-Rede

      Bundesaußenminister Joschka Fischer und der EU-Koordinator für Außenpolitik, Javier Solana, haben indirekt die Rede von US-Präsident George W. Bush zur Lage der Nation kritisiert. "Es ist wichtig, dass die Entscheidungen im Sicherheitsrat bleiben", sagte Fischer. Die Irak-Frage dürfe ausschließlich im Sicherheitsrat behandelt werden, betonte Bundeskanzler Schröder.
      Bush hatte unter anderem erklärt, der Kurs der US-Regierung hänge nicht von der Entscheidung anderer ab. Damit deutete er einen möglichen Alleingang der USA im Irak-Konflikt an.


      Kanzler begrüßt Powell-Ankündigung :D
      Schröder begrüßte, dass US-Außenminister Colin Powell dem Sicherheitsrat am 5. Februar amerikanische Erkenntnisse über die irakischen Waffenprogramme vorlegen wolle.
      Außenminister Joschka Fischer werde diese Sicherheitsratssitzung leiten. Deutschland übernimmt am Samstag für einen Monat die Präsidentschaft im höchsten UN-Entscheidungsgremium.

      "Informationen auf den Tisch"
      "Es muss jede Information auf den Tisch, die verfügbar ist", forderte Schröder. :D Das sei die Bedingung dafür, dass die UN-Waffeninspektoren ein "gutes Fundament" für ihre weitere Arbeit hätten.
      Alle politischen und diplomatischen Möglichkeiten für eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts müssten genutzt werden.

      Villepin: Bitten schon seit Wochen um Informationen
      "Seit mehreren Wochen schon bitten wir all diejenigen, die spezielle Informationen haben, sie den UN-Waffenkontrolleuren zu geben", sagte der französische Außenminister Dominique de Villepin im Rundfunk.
      Auch der australische Regierungschef John Howard, der im Gegensatz zur deutschen und der französischen Regierung, als politischer Verbündeter Bushs im Irak-Konflikt gilt, begrüßte die Ankündigung. Howard unterstrich, dass der Irak ständig gegen die Vorgaben des Weltsicherheitsrats verstoße. Die USA, Großbritannien und Australien sind die bislang einzigen Länder, die Truppenkontingente für einen möglichen Militärschlag gegen den Irak entsandt haben.

      Erler: Tür zum Frieden enger
      In Berlin äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, skeptisch zu den Friedensaussichten im Irak-Konflikt nach der Rede Bushs. Die Tür zum Frieden sei enger geworden, sagte Erler der ARD. Bush habe den Weg der Arbeit der UN-Waffeninspektoren verlassen. In einer ersten Reaktion auf die Rede kündigte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager in einem Exklusiv-Interview mit T-Online an, die Grünen im Deutschen Bundestag wollen sich mit "mit allen Möglichkeiten dafür einsetzen, den Waffeninspekteuren noch eine Chance zu geben".

      Pflüger: Auch BND soll Erkenntnisse offen legen
      Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger forderte, der Bundesnachrichtendienstes solle ebenfalls seine Erkenntnisse über das irakische Rüstungsprogramm offenlegen und den Waffeninspektoren zugänglich machen.

      USA kämpfen "notfalls auch allein"
      US-Präsident George W. Bush hatte in der Nacht in seiner mit Spannung erwarteten Rede zur Lage der Nation den Irak als akute und anhaltende Bedrohung für die Sicherheit der USA dargestellt. Notfalls werde die US-Regierung allein "die Freiheit und Sicherheit des amerikanischen Volkes verteidigen", sagte Bush.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 17:28:08
      Beitrag Nr. 214 ()
      hat die US-Regierung keine Vertrauen in die Inspektoren, oder warum gab man ihnen dann nicht alle Informationen. oder ist es viel eher im Interesse der US-Regierung sie zu verheimlichen, damit nicht nur eine Zerstörung dieser Waffen stattfindet sondern viel mehr auch eine Besatzung legitimiert werden kann.
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 19:00:26
      Beitrag Nr. 215 ()
      Bush-Rede

      Den Autopiloten auf Krieg gestellt

      George Bush hat in seiner Rede zur Lage der Nation für einen Feldzug gegen Saddam geworben. Doch in Amerika wächst die Skepsis

      Von Thomas Kleine-Brockhoff

      Washington

      Sofern eines Tages die Geschichte des Irak-Krieges zu schreiben sein wird, können drei kleine Szenen erhellen, warum schier endlose Wirrungen dem Waffengang vorangehen. Die erste Begebenheit trägt sich am Morgen des 11. September 2001 im Bunker unter dem Weißen Haus zu. Dort sitzt, aus Sicherheitsgründen, der amerikanische Vizepräsident und telefoniert mit seinem derangierten Chef. Nebenbei schaut er fern. Als er sieht, wie das World Trade Center in sich zusammenfällt, sagt Richard Cheney: „Das alles mag unfassbar sein, aber es wäre noch viel schlimmer gekommen, hätten die Täter Massenvernichtungswaffen gehabt.“ In dieser düsteren Fantasie steckt schon der Nukleus der Doktrin vom preemptive strike, vom Präventivkrieg. Der Satz ist Vorbote jenes globalen Streits um die Frage, wem Krieg zu erklären sei: jenen, die für den Anschlag verantwortlich sind, oder auch jenen, die künftig Terror, auch nuklearen, planen könnten.

      Die zweite Szene spielt vier Tage später in Camp David, dem Landsitz des Präsidenten. George Bush will mit seinen Ministern ausgiebig diskutieren. Obwohl nicht geladen, erscheint auch ein Stellvertreter, Paul Wolfowitz aus dem Verteidigungsministerium. Statt seines Chefs ergreift er das Wort und argumentiert wider die Jagd auf das Terrornetzwerk al-Qaida in Afghanistan. Als Alternative protegiert er einen Angriff auf den Irak. Vielleicht habe Saddam ja etwas mit dem Anschlag zu tun, meint Wolfowitz. Und selbst wenn nicht, könne kein Antiterror-Krieg ohne Angriff auf Saddam auskommen. Hier bricht die obsessive Seite des Irak-Feldzugs hervor. Seit Jahren gehört Wolfowitz zum kleinen Kreis jener Revisionisten, die für einen „Regimewechsel“ im Irak trommeln. Nun nutzt er einen neuen Anlass zur Begründung einer alten Idee. Sofort widerspricht ihm Colin Powell. Die Intervention des Außenministers nimmt Amerikas weltumspannendes Kommunikationsproblem vorweg, das fortan um die Frage kreisen wird, warum Saddam eigentlich angegriffen werden soll: wegen seiner möglichen Verbrüderung mit al-Qaida? Um ihm jene Massenvernichtungswaffen zu entwinden, die er – wahrscheinlich – besitzt? Um ihn zu stürzen? Weil er UN-Resolutionen missachtet?

      Der Glaube an die Mission

      Die dritte Szene ist im Kongress zu beobachten, am Dienstagabend dieser Woche. Da tritt George Bush aus einer Seitentür ins Repräsentantenhaus, begrüßt und umjubelt von den Abgeordneten. So will es die Tradition, wenn der Präsident die Rede zur Lage der Nation vorträgt. Trotzdem ist nichts mehr wie im vergangenen Jahr, als die Begeisterung ihn zum Podium trug. Der Applaus ist diesmal gehörig, aber nicht mehr brausend. Ein Jahr nachdem er die „Achse des Bösen“ erfand und sich dem Projekt eines Präventivkrieges gegen den Irak hingab, ist er in die erste schwere Vertrauenskrise seit dem Anschlag vom 11. September geraten. Er hat sich verhaspelt in den Begründungen für diesen verflixten Krieg und die Kontrolle über die Debatte verloren. Inzwischen ist das Parlament gespalten, das Land gespalten, der Westen gespalten, die Welt gespalten. Alle eint nur noch der Glaube, in Washington sei – warum auch immer – der Autopilot auf Krieg gestellt.

      In dieser prekären Situation macht George Bush den Kongress zum Forum. Er will Antwort geben auf die Frage, die vielen so recht nicht beantwortet erscheint: „Warum Krieg?“ Ans Podium tritt ein Mann, der in diesem Moment nichts als eiserne Entschlossenheit ausstrahlt. Er beschreibt die Bedrohung und benennt die Konsequenz. Er erklärt nicht den Krieg, aber er kündigt ihn an. Er nennt kein Ultimatum, aber lässt keinen Zweifel, dass die Zeitspanne bis zum Kampf nur sehr klein sein kann. Seine Rede umfasst alle vertrauten Motive seiner Politik: den Glauben an die Mission Amerikas in der Welt, die Freiheitsrhetorik, die Existenz des Bösen und schließlich das Bedrohungsszenario. Seine Furcht ist ein „Tag des Schreckens, wie wir ihn noch nie erlebt haben“, nämlich dann, wenn Terroristen oder verbrecherische Diktatoren mit Massenvernichtungswaffen zuschlagen. „Stellen Sie sich die 19 Flugzeug-Entführer mit anderen Plänen und anderen Waffen vor, diesmal bewaffnet von Saddam Hussein.“ Und dann der Satz, aus dem Politik wird: „Wir werden sicherstellen, dass dieser Tag nie kommt.“ Es ist ein Programm auf Jahrzehnte, und Saddam wäre nur der Anfang. Manche, sagt Bush, würden empfehlen zu warten, bis die Gefahr „akut“ sei. Auf dieses Argument kontert er: „Seit wann haben Terroristen und Tyrannen angekündigt, wann sie zuschlagen? Auf die geistige Gesundheit und die Zurückhaltung von Saddam Hussein zu vertrauen, ist keine Strategie und keine Option.“ Nie zuvor hat sich der amerikanische Präsident derart entschlossen der Idee des Präventivkrieges verschrieben. Unklarheiten über seine Absichten wird es nach dieser Rede kaum mehr geben.

      Allerdings ist schwer zu sagen, ob er mit diesem machtvollen Auftritt jene noch überzeugen kann, die er im ganzen vergangenen Jahr nicht hat gewinnen können. Was auf jeden Fall bleibt, sind seine Dilemmata: im Umgang mit den Militärs, mit der Öffentlichkeit, mit den Verbündeten. Seit vergangener Woche gibt es ein Bild, das in Amerika wie kein zweites die Opposition zum Kurs George Bushs verkörpert. Es wird täglich mehrfach in den Nachrichten-Sendungen wiederholt. Es zeigt zwei Politiker vor ihren Landesflaggen. Zu sehen sind Jacques Chirac und Gerhard Schröder. Ersterer sieht „zurzeit“ keinen Grund, in den Krieg zu ziehen, letzterer gar keinen Grund. Das nennen die beiden „Übereinstimmung der Positionen“. Gegen dieses Bild von der „Achse des Widerstandes“ wird ein ganz ähnliches Bild zweier Politiker vor Landesflaggen geschnitten. Es sind ein Engländer und ein Amerikaner, die Außenminister Jack Straw und Colin Powell, die davon sprechen, „die Zeit wird knapp für den Irak“. Sinnfälliger könnte die Spaltung des Westens nicht sein.

      Im Bemühen, George Bush noch in letzter Minute zu stoppen, sind die Widerständler zugleich ihrem wichtigsten Partner in den Rücken gefallen. Denn die Schwachstelle der Regierung Bush bestand gerade in Flügelkämpfen zwischen Hardlinern und Moderaten. Die Europäer sahen in Außenminister Powell den Anwalt der Vorsicht. Nun hat insbesondere der französische Vorfreispruch für Saddam den Außenminister desavouiert. Dessen eigene Mitarbeiter meinen jetzt, Deutschland und Frankreich würden nur immer neue Gründe suchen, warum die Inspektionen fortdauern müssten. Powell sagt, er wisse nicht mal mehr, ob Deutsche und Franzosen „überhaupt Schlüsse aus den Inspektionen ziehen wollen“. Beide Länder ließen sich durch Fakten nicht mehr überzeugen, nicht mal mehr durch jene Vorwürfe gegen den Irak, die Chefinspektor Hans Blix am Montag vorgelegt hat.

      Deshalb ist Powell umgeschwenkt und gibt sich inzwischen härter als die Hardliner. Er sagt nun, Inspektionen „funktionieren nicht“ – obwohl er sie noch vor zwei Wochen lobte. Eine „dramatische Wende“ sieht darin Jessica Mathews, die Präsidentin des Carnegie Endowment for International Peace. Powell rechnet offenbar nicht mehr damit, die Nato-Alliierten mithilfe von Inspektionen für die Irak-Koalition zu gewinnen. So ist das kuriose Ergebnis der neuen deutsch-französischen Bekenntnisdiplomatie, die amerikanische Regierung in ihrem schwächsten Moment gestärkt und – einem Mitarbeiter Powells zufolge – „einen ziemlich soliden Konsens“ für einen baldigen Krieg erzeugt zu haben.

      Die Amerikaner wähnten sich in einer stillen Abmachung mit den Deutschen, getroffen nach den anti-amerikanischen Ausfällen im deutschen Wahlkampf, wonach beide Seiten einander in der Irak-Politik nicht länger herausfordern wollten. Diesen Pakt, heißt es, habe Gerhard Schröder nun gebrochen. Im Herbst hatte er sich den „deutschen Weg“ genehmigt, nun attestiert er den Amerikanern den „flachen Weg“ (Originalton vom Marktplatz in Goslar). Das wollen sich die Gescholtenen nicht länger bieten lassen. Im Außenministerium wird erwogen, Deutsche wie Franzosen vor den UN zu dem Bekenntnis zu nötigen, Saddam habe die Weltgemeinschaft betrogen und jene Resolution 1441 verletzt, der beide Länder öffentlich zugestimmt haben. „Wir wollen denen die Fakten unter die Nase reiben“, sagt ein Mitarbeiter Colin Powells.

      „Die Fakten unter die Nase reiben“

      Hinter den Kulissen tobt in der amerikanischen Regierung der Streit, ob es sich überhaupt noch lohnt, eine zweite Resolution in den UN-Sicherheitsrat einzubringen. Nutzlos!, rufen die Unilateralisten, denen schon die erste Resolution als Irrweg vorkam. Der deutsch-französische Vorstoß ist ihnen Vorwand, allein durchzumarschieren. Dennoch wird im Außenministerium seit Sonntagnacht – für alle Fälle – an einem Entwurf gearbeitet. Dieser Fall könnte schon am Freitag eintreten. Dann besucht Tony Blair den amerikanischen Präsidenten. Englischen Diplomaten zufolge kommt er mit einer genuin europäischen Botschaft: Den Inspektoren mehr Zeit geben! Und: Den Sicherheitsrat über den Krieg abstimmen lassen! Möglich, dass George Bush beiden Wünschen entgegenkommt. Seine Rede zur Lage der Nation hat diese Möglichkeit jedenfalls nicht ausgeschlossen. Denn Bush ist in einer prekären Lage. Er kann sich nicht leisten, dass sein wichtigster Verbündeter abspringt. Das könnte das Ende des Feldzuges bedeuten.

      Bislang ist die Kriegs-Koalition „bemerkenswert mickrig“, wie Ivo Daalder aus der angesehenen Denkfabrik der Brookings Institution meint. Zwar behauptet Verteidigungsminister Rumsfeld treuherzig, ständig würden sich neue Länder freiwillig melden. Doch nach den Namen befragt, blockt er ab: Die Partner müssten ihre Politik selbst verkünden. Wahrscheinlich handelt es sich, wie ein CNN-Kommentator meint, keineswegs um eine „Koalition der Willigen“, sondern um eine „Koalition der Widerwilligen“. 53 Staaten hat Amerika um Hilfe gebeten. Bisher stellen nur ein paar Nachbarländer des Irak Basen. Die Tschechen schicken einen Chemiewaffen-Suchtrupp. Kampftruppen haben den Amerikanern nur Großbritannien und Australien zugesagt.

      Diese Trias ist für Thomas Friedman, den Nahost-Kommentator der New York Times, kein Zufall, sondern Modell: drei Englisch sprechende Seemächte, mit einer Tradition von Auslandseinsätzen und berühmt-berüchtigten Spezialkommandos. Alle Länder liebten Rugby oder Football. Raue Spiele, in denen es darauf ankomme, dem Gegner wehzutun. Nations Allied to Stop Tyrants nennt Friedman diese Zukunfts-Allianz, kurz: NASTY. Bleibe es allein bei dieser übellaunigen NASTY, werde Amerika womöglich sein (derzeit 1,4 Millionen Mann starkes) stehendes Heer vergrößern müssen, meint Michael O’Hanlon, der Brookings-Militärexperte. Denn ohne europäische Hilfe könne Amerika die jahrelangen Aufräumarbeiten im besiegten Irak nicht bewältigen.

      All die Kriegs- und Nachkriegsszenarien haben das Militär aufhorchen lassen. Seit Monaten übt eine Gruppe pensionierter Generale heftige Kritik an den Plänen. Da ist einmal Wesley Clark, der Nato-Befehlshaber im Kosovo-Krieg. An seiner Seite weiß er Norman Schwarzkopf, den Kommandeur im Golfkrieg, sowie dessen ehemaligen Untergebenen Anthony Zinni, jüngst Nahost-Unterhändler eines anderen skeptischen Generals, Colin Powell. Sogar aktive Generale, der Heereschef sowie der Kommandeur der Marine-Infanterie, haben sich öffentlich geäußert. Dem Chef des Zentralkommandos in Tampa, Tommy Franks, der den Krieg zu befehligen hätte, wurde von Donald Rumsfeld eigens ein Stellvertreter als Aufpasser beigesellt.

      Die Generäle nennen ihre zivilen Chefs chickenhawks, also Hühnerfalken. Das sind im Kasernenhof-Slang jene Zivilisten im Pentagon, die selbst nie gedient haben, aber die Soldaten kriegslüstern in die Schlacht schicken. Die Militärs wollen sehen, dass ernsthaft versucht wird, den Krieg zu vermeiden. Und wenn er doch geführt werden muss, so wollen sie ihn nur mit einer großen Streitmacht und in großer Allianz führen. Bekommen haben sie bisher nur die Übermacht.

      Die Skepsis von Militärs und Alliierten hat inzwischen die Bevölkerung erreicht. Zwar ratterte ein Mitarbeiter George Bushs vergangene Woche im Präsidentenflugzeug all jene Umfrageergebnisse herunter, die eine solide Mehrheit für den Krieg verheißen. Man kann die Daten aber auch anders lesen: Die Zustimmungsrate ist drastisch gefallen, um 10 bis 18 Prozentpunkte binnen eines Jahres. Siebzig Prozent der Amerikaner verstehen die Eile nicht. Sie wollen den UN-Inspektoren noch „mehrere Monate“ Zeit geben.

      Die verblüffendste Blitz-Umfrage hat CNN veröffentlicht. Befragt, ob Amerika auch ohne französische und deutsche Zustimmung in den Krieg ziehen solle, antwortete nur ein Drittel mit Ja, aber zwei Drittel mit Nein. Darin zeigt sich das gewaltige Vertrauen der Amerikaner in die Urteilskraft europäischer Bevölkerungen und auch die enorme transatlantische Verbundenheit – zumindest unterhalb der Regierungsebene.

      Die Daten über die Stimmung im Lande deuten auf eine Öffentlichkeit, die genau versteht, welch einzigartiges Ereignis ein Präventivkrieg wäre. Sie will nicht nur ihrem Präsidenten vertrauen müssen. Ihr reicht es nicht, wenn der Irak eine Resolution bricht. Sie will Beweise sehen. Sie will verstehen, warum Amerika bedroht ist und zuerst schießen muss. „Die Schwelle zum Präventivkrieg müsste besonders hoch sein“, sagt John Ikenberry, Professor für Internationale Beziehungen an der Georgetown-Universität. „Aber Präsentation und Argumente der Regierung spiegeln das nicht wider.“

      Alle warten auf die Beweise

      Deshalb steigt seit Wochen der Druck, einen „Adlai-Stevenson-Moment“ zu inszenieren. So hieß 1962 Amerikas UN-Botschafter, der in der Kuba-Krise die Fotos sowjetischer Raketenlieferungen an die Insel auf den Tisch warf. Damals brachte Amerika die Welt mühelos hinter sich. Diesmal hat sich besonders das Pentagon wochenlang geweigert, Spionage-Erkenntnisse über Saddams Waffenprogramm öffentlich zu machen.

      Tatsächlich gibt es einen Zielkonflikt. Publizierte die Regierung Kenntnisse über die Lagerstätten von Massenvernichtungswaffen, würden die Iraker die Kampfstoffe sofort verlegen. Die amerikanischen Truppen müssten auf ein Ziel im Kriege verzichten. Die Soldaten wären großer Gefahr ausgesetzt. Das zu verhindern ist die erste Aufgabe jeder Militärführung. Ähnlich argumentiert die CIA. Sie will ihre Agenten nicht gefährden.

      Andererseits wird für George Bush die Schlacht um die Meinung der Weltöffentlichkeit nicht ohne bessere Belege über Saddams gegenwärtige Missetaten zu gewinnen sein. Deshalb hat er am Dienstagabend in seiner Rede angekündigt, „neue Geheimdiensterkenntnisse und Informationen“ über Saddams „laufendes Waffenprogramm“ preiszugeben. Das Material, das zeigen soll, wie Waffen vor den Inspektoren versteckt werden, wird Außenminister Powell dem UN-Sicherheitsrat am 5. Februar übergeben. Allerdings sind amerikanische Agenten und Spionageflugzeuge nicht unfehlbar. Jüngst haben UN-Inspektoren die amerikanische Behauptung widerlegt, der Irak habe Aluminium-Zentrifugen gekauft, um Uran anzureichern. Präsident Bush hat dieselbe Behauptung am Dienstagabend trotzdem wiederholt.

      Bald wird sich demnach herausstellen, wer angesichts neuer Fakten über Saddam besser dasteht: George Bush mit seiner unverhohlenen Vorfestlegung auf Krieg oder Gerhard Schröder mit seiner unverhohlenen Vorfestlegung auf ein Nein zum Krieg.
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      schrieb am 29.01.03 19:12:31
      Beitrag Nr. 216 ()
      @Jules, die Amerikaner haben sich in ein für sie fast aussichtlose Lage gebracht. Powell wird mit Beweisen kommen, doch müssten die schon so glasklar sein (und nicht wieder Vermutungen), dass sie auch von den Inspektoren nachvollzogen werden können. Doch wenn sie so eindeutig sind, hätten sie sie schon lange vorgelegt. Also wird Powell wieder schwaffeln, und es wird niemanden vom Stuhl hauen. Einige Mitglieder im Sicherheitsrat (Deutschland, Frankreich, China und Rußland) werden fordern, dass die Inspektoren diese Beweise von den Inspektoren überprüft werden sollen, also mehr Zeit für Blix. Die USA wird darauf nicht eingehen und ohne Einstimmung des Sicherheitsrat losschlagen. tja, das dürfte interessant werden.;)
      Avatar
      schrieb am 29.01.03 19:38:07
      Beitrag Nr. 217 ()
      .


      Fernseh-Tip für heute und morgen!!!


      ZDF heute, Mittwoch, 22:15 bis 23:00 Peter Scholl-Latour:

      Kampf dem Terror - Kampf gegen den Islam? Teil 3



      Im Zentrum eines weltweiten Konflikts, der mehr und mehr zu einer Konfrontation mit dem revolutionären Islamismus auszuarten droht, befindet sich der Staat Israel. Die Hoffnung eines friedlichen Zusammenlebens zwischen Juden und Arabern im Heiligen Land sind längst zerstoben.

      [Cinergy] Am zionistischen Staat entzündet sich der religiöse Eifer der islamischen Massen. Aber dieser Kampf gegen das Böse ist als globale Konfrontation angelegt. Der mörderische Widerstreit um Kaschmir gewinnt angesichts der Milliardenbevölkerung des Indischen Subkontinents eine gigantische Dimension. Schon ist der Aufruf zum Heiligen Krieg bis nach Indonesien gedrungen, hat sich beim Attentat von Bali blutig manifestiert und reisst dort einen Graben auf, zwischen der muslimisch-malaiischen Inselwelt und dem benachbarten, ganz auf Amerika ausgerichteten Australien.

      Teil 4 am Donnerstag, 30.1.03 23:00 bis 23:45 im ZDF:

      Amerikas Ritt auf dem Drachen

      Eine Chronik von Peter Scholl-Latour
      In Zentralasien, in der Republik Usbekistan, die früher dem sowjetischen Staatsverband angehörte, hat Amerika seinen verlässlichsten Verbündeten dieser Region gefunden. Der usbekische Präsident Karimow, ein früherer Kommunist, geht mit äusserster Härte gegen jede Form von politischer Opposition vor, ob sie nun islamistisch oder im westlichen Sinne demokratisch ist. Den grausamen Welteroberer Tamerlan hat er zum Nationalhelden Usbekistans erkoren.Die russische Positionen in Zentralasien sind weitgehend abgebröckelt, und es bildet sich in dem unendlichen Raum zwischen Kaukasus und Ost-Sibirien eine strategische Schicksalsgemeinschaft zwischen Washington und Moskau gegen das islamische Aufbegehren und vor allem gegen die Wiedergeburt Chinas als Grossmacht.
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      schrieb am 29.01.03 20:23:32
      !
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      Avatar
      schrieb am 29.01.03 22:53:08
      !
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      schrieb am 30.01.03 01:13:36
      Beitrag Nr. 220 ()
      "Der Krieg gegen den Terrorismus muss intensiviert werden"
      US-Außenminister schwört den UN-Sicherheitsrat auf Krieg ein

      Im Folgenden dokumentieren wir die bemerkenswerte Rede von Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat vom 20. Januar in einer Übersetzung der US-Botschaft in Deutschland.


      Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie uns heute hier zusammengebracht haben, um unsere Verpflichtung zum Kampf gegen den Terrorismus zu bekräftigen. Ich danke dem Generalsekretär für seine eben gehaltene hervorragende Rede.

      Es ist äußerst angebracht, dass dieses Gremium auf Ministerebene zusammenkommt, um eine Bestandsaufnahme unseres Feldzugs gegen die Terroristen vorzunehmen und den zukünftigen Weg zu skizzieren. Und es ist angebracht, dass wir uns hier in New York versammeln, dem Ort des blutigsten aller Anschläge vom 11. September.

      Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, mich dem Dank meiner Kollegen an Botschafter Greenstock für seine unermüdliche Arbeit als Vorsitzender des UN-Ausschusses für Terrorismusbekämpfung (United Nations Counter-Terrorism Committee - CTC) anzuschließen.

      Botschafter Greenstocks Vision, seine Energie und sein Engagement haben den Ausschuss von einer Idee zu einer mächtigen Waffe gegen den Terrorismus werden lassen. Wir alle schulden ihm großen Dank. Danke, Jeremy.

      Ich möchte auch unseren spanischen Kollegen für ihre Zustimmung danken, im April den Vorsitz des Ausschusses für Terrorismusbekämpfung zu übernehmen. Sie haben unsere uneingeschränkte Unterstützung, wenn sie auf Botschafter Greenstocks Arbeit aufbauen, um den Ausschuss zu einer noch mächtigeren Waffe im Arsenal zur Terrorismusbekämpfung machen.

      Wir benötigen einen effektiven Ausschuss für Terrorismusbekämpfung, denn trotz der Fortschritte des vergangenen Jahres bleibt uns noch viel zu tun. Die mörderischen Anschläge in Bali, Moskau, Mombasa und andernorts haben uns auf tragische Weise daran erinnert, dass die terroristische Bedrohung andauert und die Bürger keines Landes sicher sind. Unschuldige Menschen aus rund 90 Ländern ließen am 11. September ihr Leben. Die Opfer von Bali kamen aus mindestens 25 verschiedenen Ländern.

      Kollegen, Freunde - keine Sache rechtfertigt die Ermordung unschuldiger Menschen. Wir lehnen die Terroristen und den Terrorismus vehement ab. Wir müssen die zivilisierte Welt von diesem Krebsgeschwür befreien. Wir müssen unseren Feldzug auf allen Ebenen führen, mit jedem Instrument der Staatskunst und solange es erforderlich ist.

      Präsident Bush hat unterstrichen - ich zitiere: "Wir werden diesen Konflikt durch die geduldige Anhäufung von Erfolgen gewinnen, durch die Bewältigung einer Reihe von Herausforderungen mit Entschlossenheit, starkem Willen und Zielgerichtetheit."

      Die Erklärung, die wir heute verabschieden, zeigt deutlich, dass dieser Krieg viele Fronten hat - von Geldwäsche und illegalem Drogenhandel bis zu Waffenschmuggel und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Wir müssen den Terrorismus an allen diesen Fronten bekämpfen.

      Ich bin sehr beeindruckt von einigen Bemerkungen, die ich heute von verschiedenen Kollegen gehört habe. Ich danke meinem Kollegen aus Pakistan für die Verpflichtung seines Landes, Al Qaida weiter zu verfolgen. Wir müssen jeden einzelnen dieser Terroristen zu fassen bekommen und sie vor Gericht bringen oder zu vernichten.

      Ich möchte ferner feststellen, dass sich einige meiner Kollegen die Situation im Hinblick auf den Irak und Resolution 1441 erwähnt haben. In sehr naher Zukunft wird dieser Rat wieder zusammenkommen um zu entscheiden, wie wir mit dieser Situation verfahren sollen. Mit Resolution 1441 wurde dem Irak eine letzte Chance eingeräumt. Ich freue mich, dass es Präsident Bush war, der im September vergangenen Jahres die Aufmerksamkeit des Rates eindringlichst auf diese Situation gelenkt hat, um dem Land diese letzte Chance zu geben. Wir dürfen nicht vor unseren Pflichten und unserer Verantwortung zurückschrecken, wenn uns nächste Woche das Material vorliegt und wir die Reaktion des Irak auf Resolution 1441 erörtern.

      Wir dürfen nicht davor zurückschrecken, die möglicherweise erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, weil wir Angst haben, was andere tun könnten. Wir dürfen nicht in Untätigkeit verfallen, weil wir die vor uns liegenden schwierigen Entscheidungen fürchten. In den kommenden Tagen haben wir so viel schwierige Arbeit zu erledigen. Aber wir dürfen nicht vor der Verantwortung zurückschrecken, uns mit einem Regime zu auseinander zu setzen, das Massenvernichtungswaffen entwickelt, beschafft und lagert, das Terroranschläge gegen seine Nachbarn und gegen sein eigenes Volk verübt und die Menschenrechte seines eigenen Volks und seiner Nachbarn mit Füßen tritt.

      Wie schwierig der vor uns liegende Weg im Hinblick auf den Irak auch sein mag - wir dürfen nicht davor zurückschrecken, diesen Weg einzuschlagen. Hoffentlich gibt es eine friedliche Lösung. Aber wenn der Irak seine Verpflichtungen nicht vollständig einhält, dürfen wir uns nicht der Verantwortung entziehen, die wir uns mit der einstimmigen Verabschiedung von Resolution 1441 auferlegt haben; so viele andere Nationen haben ihre Unterstützung für 1441 zum Ausdruck gebracht.

      Massenvernichtungswaffen in den Händen von Terroristen oder Staaten, die Terroristen unterstützen, würden einen tödliche Gefahr für uns alle darstellen. Deswegen müssen wir die Vereinten Nationen noch effektiver machen. Und wir müssen international noch enger zusammenarbeiten, um diese Waffen von Terroristen fern zu halten.

      Die Vereinten Nationen arbeiten seit langem darauf hin, die internationale Gemeinschaft zum Kampf gegen den Terrorismus zu mobilisieren. Wie wir heute Morgen hier festgestellt haben, gibt es beispielsweise 12 unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und den ihr angeschlossenen Behörden ausgehandelte Konventionen und Protokolle zur Terrorismusbekämpfung. Es ist unerlässlich, dass alle Staaten Vertragspartei aller dieser Konventionen und Protokolle werden und sie so bald wie möglich vollständig umsetzen.

      Mit der Verabschiedung von Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrats im September 2001 haben die Vereinigten Staaten die Art und Weise grundlegend verändert, wie die internationale Gemeinschaft auf Terrorismus reagiert. Resolution 1373 verpflichtete alle Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit, um Terroristen der Fähigkeit zu berauben, Geldmittel zu beschaffen und zu transferieren, Unterschlupf zu finden, Waffen zu beschaffen oder internationale Grenzen zu überschreiten.

      Resolution 1373 besagte, dass mal als Mitglied der Gemeinschaft zivilisierter Nationen seinen Beitrag leisten muss, um Terrornetzwerke zu zerschlagen und terroristische Aktivitäten zu vereiteln. Und wie wir heute hier gesehen und erörtert haben, beginnt Resolution 1373 Auswirkungen zu zeigen. Die meisten Mitgliedstaaten haben dem Ausschuss für Terrorismusbekämpfung Berichte vorgelegt, in denen sie die von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung von Resolution 1373 beschreiben und feststellen, was noch getan werden muss.

      Das ist ein äußerst wichtiger Schritt. Und wie Botschafter Greenstock bereits ausführte, sollten die Länder, die diesen Schritt noch nicht unternommen haben, ihren Verpflichtungen so schnell wie möglich nachkommen. Diejenigen, die ihn unternommen haben, sollten weiterhin für die Bitten des Ausschusses für Terrorismusbekämpfung offen sein.

      Einige Länder möchten Resolution 1373 möglichst bald umsetzen und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Terroristen ergreifen, aber ihnen fehlen die erforderlichen Fähigkeiten und Ressourcen, um dies effektiv zu tun. Wir müssen ihnen beim Aufbau ihrer Fähigkeiten behilflich sein. Ich fordere alle Nationen mit Erfahrung bei der Terrorismusbekämpfung auf, unseren bereitwilligen Partnern zu helfen.

      Viele Länder haben sich dieser Herausforderung bereits gestellt. Beispielsweise leisten das Commonwealth-Sekretariat, Frankreich, Australien, Deutschland, Neuseeland und Norwegen Hilfe in Bereichen wie dem Entwurf von Gesetzen zur Terrorismusbekämpfung.

      Wir haben unsererseits die Hilfe beim Aufbau von Fähigkeiten mehr als verdreifacht. Allein im letzten Jahr wurden im Rahmen unseres Hilfsprogramms zur Terrorismusbekämpfung nahezu 4.800 Sicherheitskräfte aus 60 Ländern ausgebildet - vom Aufspüren von Bomben über Verhandlungen mit Geiselnehmern bis zu Ermittlungen am Tatort und dem Schutz von Würdenträgern. Im kommenden Jahr wenden wir darüber hinaus 10 Millionen Dollar dafür auf, die Fähigkeit von 18 Ländern zu stärken, Terroristen die zur Ermordung unschuldiger Menschen erforderlichen Geldmittel zu verweigern.

      In der Tat hat die internationale Gemeinschaft bereits beeindruckende Fortschritte beim Einfrieren der Vermögenswerte der Terroristen erzielt, und die Vereinten Nationen haben bei diesen beispiellosen Bestrebungen eine führende Rolle übernommen. Die Vereinten Nationen haben beispielsweise 324 Namen von Personen genannt, deren Vermögenswerte eingefroren werden sollen. Darüber hinaus wurde mit den Resolutionen 1267 und 1390 eine stabile Grundlage geschaffen, um den Geldstrom zu Gefolgsleuten der Taliban, Al Qaida und von Osama bin Laden zu unterbinden.

      Wir sind besonders erfreut, dass der Sicherheitsrat erst letzten Freitag Resolution 1455 einstimmig verabschiedet hat. Diese wichtige neue Resolution zielt darauf ab, die Umsetzung dieser auf die Terroristen ausgerichteten und zeitlich unbegrenzten Sanktionen in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Die internationale Gemeinschaft hätte kein stärkeres Signal ihrer Entschlossenheit senden können, den Terrorismus radikal zu beseitigen.

      Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Botschafter Valdes aus Chile, wenn er den Vorsitz des gemäß Sicherheitsrats-Resolution 1267 eingerichteten Ausschusses zur Umsetzung des Al-Qaida-Sanktionsregimes übernimmt. Dieser Ausschuss hat mit der einstimmigen Verabschiedung von Resolution 1455 zusätzliche Bedeutung gewonnen.

      Aber wir müssen alle noch mehr tun. Wir müssen unsere Bestrebungen besser koordinieren. Viele internationale Organisationen arbeiten bereits auf regionaler und lokaler Ebene bei der Bekämpfung der terroristischen Bedrohung zusammen. Diesen Organisationen kommt eine wichtige Rolle dabei zu, ihren Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zur Terrorismusbekämpfung behilflich zu sein. Es ist jetzt an der Zeit, dass diese Gruppen miteinander reden, Informationen austauschen und ihre Aktivitäten so koordinieren, dass sie die besten Auswirkungen erzielen.

      Der Ausschuss für Terrorismusbekämpfung unternimmt einen guten ersten Schritt mit der Einberufung eines Treffens im März mit dem Ziel, viele dieser Organisationen zusammenzubringen. Kollegen, Freunde - die vor uns liegende Herausforderung besteht darin, die Terrorismusbekämpfung in das Gefüge unserer nationalen und internationalen Institutionen einzubetten.

      Wir müssen uns der Herausforderung stellen. Wir müssen der Herausforderung mit Taten begegnen, die den Globus vom Terrorismus befreien und eine Welt schaffen, in der alle Kinder Gottes ohne Furch leben können.

      Vielen Dank.

      Originaltext: War on Terrorism Must Be Intensified, Powell Says (siehe http://usinfo.state.gov)
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 01:26:31
      Beitrag Nr. 221 ()
      Donnerstag, 30. Januar 2003
      Irak: "Bush ist ein Lügner"
      Inspekteur widerspricht den USA

      Nach der Rede zur Lage der Nation von US-Präsident George W. Bush hat der Irak zum verbalen Gegenschlag ausgeholt: "Man kann uns beschuldigen, so viel man will, aber man kann keinen einzigen Beweis vorlegen", sagte Bagdads UN-Botschafter Mohammed el Douri zu Bushs Ausführungen, wonach die USA Belege für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak hätten. Auch seitens der UN-Waffeninspekteure wurde Kritik an den USA laut. Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed El Baradei, widersprach Bush in einer Reihe von Punkten ungewöhnlich deutlich.

      Bushs Behauptung, Agenten des irakischen Geheimdienstes hätten sich als Wissenschaftler ausgegeben, konterte El Baradei laut der Nachrichtenagentur AP scharf: Er würde sich auch nicht wundern, wenn jemand in sein Inspektoren-Team eingeschleust worden sei - aber nicht unbedingt von den Irakern, wird El Baradei zitiert. Die irakischen Wissenschaftler seien den Inspektoren aus der Vergangenheit bekannt gewesen. Es wäre einfach gewesen, zu erkennen, ob "einer Wissenschaftler ist oder nicht", sagte El Baradei.

      Auch Bushs Darstellung, die Inspektoren hätten Material für ein Atomwaffenprogramm gefunden, wies der IAEA-Vorsitzende zurück. Die gefundenen Aluminiumrohre seien vielmehr für konventionelle Waffen bestimmt gewesen.

      Mehrheit für Fortsetzung der Kontrollen

      Der UN-Sicherheitsrat befasste sich hinter verschlossenen Türen abermals mit der Irak-Frage. Im Anschluss erklärte der Ratspräsident, Frankreichs UN-Botschafter Jean-Marc de la Sabliere, die Mehrheit der 15 Mitglieder habe sich für die Fortsetzung der Inspektionen ausgesprochen.

      UN-Chefinspekteur Hans Blix sagte einen für den 5. Februar in Deutschland geplanten Besuch ab. Als Grund wurde Bushs Ankündigung, die USA wollten an diesem Tag dem Sicherheitsrat Beweise für Verstöße gegen die UN-Abrüstungsauflagen vorlegen, genannt.

      "Geblendet durch das Öl"

      "Wir rufen die UN auf, sich der Verantwortung zu stellen, den Irak zu schützen", sagte Iraks UN-Botschafter El Douri. Die USA seien "geblendet durch das Öl" und wollten sein Land ohne Beweise für dessen angebliche Waffenprogramme angreifen. "Bush ist ein Lügner, dessen Erklärungen im Widerspruch zu den Schlussfolgerungen der UN-Inspekteure im Irak stehen", erklärte El Douri, der zugleich eine aktivere Kooperation des Iraks mit den Inspektoren versprach.

      Iraks Staatspräsident Saddam Hussein erklärte, sein Land sei bereit zum Kampf. Bagdad verfüge über "riesige Ressourcen", um einen amerikanischen Angriff gegebenenfalls abzuwenden, sagte er in einem vom Fernsehen übertragenen Treffen mit Offizieren.

      Powell will Berlin überzeugen

      US-Außenminister Colin Powell versicherte dagegen, er werde im UN-Sicherheitsrat Informationen präsentieren, die zeigten, wie der Irak die Waffeninspektoren hintergangen habe. Im Hinblick auf Deutschland räumte er im ZDF ein, es gebe "starke Meinungsverschiedenheiten".

      Gleichwohl hofften die USA, dass nach einer gemeinsamen Diskussion "die deutsche Öffentlichkeit und ihre Führer das Ganze in einem anderen Licht betrachten", sagte Powell. So unangenehm Krieg auch sei, hoffe er, dass die Deutschen dann verstünden, "dass es manchmal nicht möglich ist, Krieg zu vermeiden, wenn man dem Bösen gegenübersteht, wie es Saddam Hussein verkörpert".

      Saddam bot Powell an, ihm bei der Suche nach einem Exilland zu helfen, wenn er sein Land freiwillig verlassen sollte. "Das wäre sicherlich ein Weg, einen Krieg zu vermeiden", sagte der US-Außenminister. Zu der Frage, ob die USA Saddam und seinen Anhängern Straffreiheit gewähren würden, äußerte er sich nicht. Bislang hat der Irak Forderungen, Saddam solle ins Exil gehen, stets zurückgewiesen.
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 09:56:08
      Beitrag Nr. 222 ()
      bushs rede
      Endlich in ernster Bedrängnis
      Es mag Wunschdenken sein, den US-Präsidenten schon im Niedergang zu sehen. Aber die mit Spannung erwartete Rede zur Lage der Nation des US-Präsidenten Bush wirkte in weiten Teilen wie die Rede eines Losers. Kraftlos schleppte sich der Präsident durch allerlei Versprechungen im innenpolitischen Beginn seiner Ansprache, um dann im zweiten, mit mehr Verve vorgetragenen Teil kurz vor der Kriegserklärung an den Irak stehen zu bleiben.


      Kommentar
      von BERND PICKERT
      Dabei wiederholte Bush alle noch so abgegriffenen Positionen aus Washington, offenbar immer noch in der Annahme, stete Repetition entfalte irgendwann doch Überzeugungskraft. Es war wohltuend zu sehen, wie die US-Demokraten, in einer Art politischem Comeback nach ihrer nicht zuletzt durch Leisetreterei selbst verschuldeten Wahlniederlage im November, dem Präsidenten auf ganzer Linie Paroli boten.

      In einer Schärfe, wie sie nicht einmal Clinton zu Zeiten der republikanischen Amtsenthebungsversuche erfahren musste, lehnte der demokratische Sprecher Gary Locke in seiner Antwort die Politik der Regierung ab. Von den Standing Ovations, die der Präsident noch im vergangenen Jahr bei seiner "Achse des Bösen"-Rede entgegennehmen konnte, war keine Spur mehr. Die Spaltung des Landes über die Politik der erzkonservativen Regierungsclique manifestiert sich endlich auch an der Stelle, die im politischen Jahreskalender normalerweise für überparteiliche Popularitätswerte des Präsidenten sorgt.

      Der Bonus durch den 11. September schwindet, genau wie die Furcht der Opposition. Eine Regierung, die, obwohl umstritten ins Amt geraten, eine ultrarechte Agenda umsetzt, die zugunsten kleiner Minderheiten das Land ruiniert, bekommt jetzt die Schwierigkeiten, die sie verdient.

      Damit ist freilich die Kriegsgefahr noch nicht gebannt, im Gegenteil. Zwar sieht sich selbst Bush genötigt, noch eine weitere Runde des Argumentierens im Sicherheitsrat einzulegen, und es kann nur gut sein, wenn die UN-Inspektoren und der Sicherheitsrat endlich erfahren, was für Beweise die USA seit Monaten zu haben vorgeben. Bloß: Bush hat sich erneut auf eine Linie festgelegt, die Argumenten und Gegenbeweisen gegenüber hermetisch abgeschlossen ist. Damit bleibt die Entscheidung über Krieg und Frieden ein offener Machtkampf des Weißen Hauses und des Pentagons mit dem Rest der Welt. Verlieren will Bush nicht - aber ein Ausweg ist auch nicht in Sicht.

      taz Nr. 6967 vom 30.1.2003, Seite 1, 85 Zeilen (Kommentar), BERND PICKERT, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 22:01:27
      Beitrag Nr. 223 ()
      Warum Bush den Krieg aus innenpolitischen Gründen unbedingt braucht:



      US-WIRTSCHAFT

      Haushaltsdefizit steigt dramatisch

      Der amerikanische Staatshaushalt rutscht immer tiefer in die roten Zahlen. Das anschwellende Milliardenloch bedroht die Wirtschaftspolitik von US-Präsident George Bush.

      Washington - Das Haushaltsbüro des US-Kongresses (Congressional Budget Office - CBO) hat seine Prognosen für das Staatsdefizit drastisch nach unten korrigiert. Die unabhängige Einrichtung des Kongresses errechnete für das laufende Jahr ein Haushaltsdefizit von 199 Milliarden Dollar. Im kommenden Jahr soll es 149 Milliarden Dollar betragen. Damit fällt das Loch deutlich größer aus, als von der US-Regierung einkalkuliert.
      Und es wird schnell größer: Im August war das CBO für 2003 noch von einer Nettoneuverschuldung von 145 Milliarden ausgegangen, also 54 Milliarden weniger als jetzt. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sieht das erwartete Defizit noch nicht dramatisch aus: In diesem Jahr würde man bei 1,9 Prozent liegen, 2004 wäre mit 1,3 Prozent zu rechnen.

      Die tatsächlichen Zahlen dürften aber noch weit düsterer ausfallen. Das CBO berücksichtigt nämlich nur die Einnahmen und Ausgaben, die bereits gesetzlich vorgegeben sind. Das Konjunkturprogramm von George W. Bush, das in den kommenden zehn Jahren 674 Milliarden Dollar kosten soll, ist in der Rechnung also noch gar nicht erhalten.

      Ein weiteres nicht kalkuliertes Risiko ist der Irak-Krieg. Der Kampf gegen den Terror hat schon jetzt ein großes Loch in die Kasse des US-Verteidigungsministeriums gerissen. Nach Erkenntnissen des Pentagon-Rechnungsprüfers Dov Zakheim beläuft sich die Lücke im Haushalt mittlerweile auf mindestens 15 Milliarden Dollar. Weiter verschärft hat sich die finanzielle Lage des Pentagons durch den Truppenaufmarsch am Persischen Golf. Die Kosten dafür könnten nicht genau beziffert werden, sagte Zakheim. "Das ändert sich fast täglich."

      Die Demokraten wollen die immer schlechter werdende Finanzlage der öffentlichen Haushalte für den nächsten Präsidentschaftswahlkampf nutzen. Ihrer Meinung führen Bushs Konjunkturprogramme zu höheren Zinsen und bremsen damit das Wirtschaftswachstum. Unter Bushs Vorgänger, dem Demokraten Bill Clinton kam es erstmals seit Jahrzehnten und über mehrere Jahre in Folge zu Haushaltsüberschüssen.

      Der CBO-Prognose zufolge wird das US-Haushaltsdefizit jedoch nicht von Dauer sein. Im Jahr 2007 sollen die Einnahmen wieder die Ausgaben übersteigen. Bis zum Jahr 2013 rechnet das CBO insgesamt mit einem Überschuss von 629 Milliarden Dollar.

      ----------------------------------------------


      Die nächste Riesen-Luftblase von 100 Mrd. US-$ ist heute ja geplatzt (AOL)
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 22:17:10
      Beitrag Nr. 224 ()
      Kriegsdiplomatie

      Bush spaltet Europa

      Europa teilt sich in zwei Lager: Mit einer diplomatischen Offensive ist es US-Präsident George W. Bush gelungen, eine einheitliche Antikriegsfront jenseits des Atlantiks zu verhindern. Wer nicht für die USA ist, so erweckt die Erklärung von acht europäischen Staaten den Anschein, der ist gegen sie.

      Kriegsdiplomat Bush
      AP
      GroßbildansichtKriegsdiplomat Bush
      Washington/Bagdad - Schon vor einiger Zeit, so hatte die "Financial Times" Anfang der Woche berichtet, habe Bush Emissäre nach Europa geschickt, die Druck auf einige Staaten ausgeübt haben sollen, um die Achse Berlin-Paris zu schwächen. Sie fürchteten, diese könnte zu einer von den USA unabhängigeren Verteidigungs- und Sicherheitspolitik führen. Die Diplomaten hätten in bilateralen Treffen mit hohen Beamten europäischer Staaten ihre Bedenken und Einwände gegenüber der deutschen und französischen Position erhoben.

      Jetzt tritt die diplomatische Offensive des US-Präsidenten in eine neue Phase ein. Bush will am Donnerstag nach Angaben aus Regierungskreisen zunächst mit Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi darüber beraten, ob Iraks Präsident Saddam Hussein eine Frist zur Abrüstung gesetzt werden solle. Tags drauf trifft sich Bush mit seinem engsten Verbündeten, dem britischen Premierminister Tony Blair. Deutschland geriet derweil wegen der Ablehnung eines von den USA erwogenen Irak-Krieges auch in Europa unter Druck: Staats- und Regierungschefs aus acht europäischer Staaten forderten zum transatlantischen Schulterschluss in der Irak-Frage auf.

      Europas Bush-Allianz:

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      Klicken Sie auf ein Bild, um zur Großansicht zu gelangen.

      Nach Ansicht der US-Regierung befindet sich der Irak-Konflikt in einer Schlussphase, in der es "um die Öffnung eines diplomatischen Fensters" gehe. Das Tempo der Diplomatie soll in den nächsten Tagen noch gesteigert werden, hieß es. Da Irak die Abrüstungsauflagen der Uno nicht eingehalten habe, wolle Bush das weitere Vorgehen absprechen, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des US-Präsidialamts, Sean McCormack.

      Bush hat deutlich gemacht, dass er zu einem militärischen Alleingang bereit ist, falls die Vereinten Nationen (Uno) die Abrüstung Iraks nicht erzwingen sollten. Den Vorsitz im Sicherheitsrat, dem wichtigsten Entscheidungsgremium der Uno, übernimmt im Februar Deutschland, das ebenso wie die Veto-Mächte Frankreich, Russland und China auf dem Gewaltmonopol der Vereinten Nationen im Irak-Konflikt beharrt.

      Bush hatte in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt, die USA würden am 5. Februar im Uno-Sicherheitsrat Iraks Massenvernichtungswaffen und Verbindungen zu Terrorgruppen belegen. US-Außenminister Colin Powell äußerte gestern Abend die Hoffnung, dass auch Deutschland nach Vorlage der neuen Belege einem Krieg gegen Irak noch zustimmen werde. Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte im Fernsehen die US-Doktrin eines Präventivschlags jedoch "diskussionsbedürftig" und bekräftigte die deutsche Grundsatzposition, wonach die Bundesregierung einen Irak-Krieg ablehnt.

      Erklärung der Acht: "Unsere Stärke liegt in der Geschlossenheit"

      Offenbar mit Blick auf die Haltung Deutschlands und Frankreichs mahnten Staats- und Regierungschefs aus acht europäischen Staaten in einem gemeinsamen öffentlichen Aufruf in mehreren europäischen Tageszeitungen in der Irak-Frage zur Geschlossenheit zwischen Europa und den USA. Die Ministerpräsidenten von Dänemark, Großbritannien, Italien, Polen, Portugal, Spanien und Ungarn sowie der tschechische Präsident Vaclav Havel erklärten: "Unsere Stärke liegt in der Geschlossenheit ... Das transatlantische Verhältnis darf der anhaltenden Bedrohung der Weltsicherheit durch das irakische Regime nicht zum Opfer fallen." Einem Diktator dürfe nicht erlaubt werden, die Resolutionen des Uno-Sicherheitsrates systematisch zu verletzen. "Andernfalls verliert der Sicherheitsrat seine Glaubwürdigkeit."

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld freute sich über den Zuspruch: "Europa ist nicht gegen uns", stellte er fest. Nur weil ein oder zwei Länder dagegen seien, sagte er im Hinblick auf Deutschland und Frankreich, bedeute das nicht ganz Europa.

      Die USA und Großbritannien sind der Ansicht, dass Irak bereits substanziell gegen die Resolution verstoßen hat, was eine Militärintervention gegen das Land rechtfertigen würde. Der Chef der internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Mohamed al-Baradei, widersprach dieser Einschätzung. Er sagte dem britischen Rundfunksender BBC, die Inspekteure würden nicht eher von einem substanziellen Verstoß gegen die Entschließung sprechen, bis ein "grober Verstoß" gegen die Resolution vorliege.

      In einer mehrstündigen, nichtöffentlichen Debatte konnten die USA gestern Abend keine weitere Zustimmung dafür gewinnen, dass die Zeit für Irak für eine Kooperation mit der Uno inzwischen abgelaufen sei. Der derzeitige Ratsvorsitzende, Frankreichs Uno-Botschafter Jean-Marc de la Sabliere, sagte zu Journalisten: "Die Mehrheit des Rates denkt, wir sollten die (Waffen)-Inspektionen fortsetzen."

      Europa-Parlament sieht Krieg nicht gerechtfertigt

      Das Europäische Parlament forderte die USA auf, auf eigenständige Schritte im Irak-Konflikt zu verzichten. Stattdessen müssten die Vereinten Nationen alles daran setzen, eine friedliche Lösung zu finden, hieß es in einer heute in Brüssel verabschiedeten Resolution. Allerdings stimmten nur 287 Abgeordnete für die Erklärung und 209 dagegen. Die von den Uno-Waffeninspekteuren bemängelte unzureichende Zusammenarbeit der irakischen Regierung bei den Untersuchungen "rechtfertigen eine militärische Aktion nicht", hieß es in der Resolution.

      "Ein Präventivschlag gegen Irak wäre nicht in Einklang mit dem Völkerrecht und der Uno-Charta und würde zu einer tieferen Krise führen, in die auch andere Länder der Region hereingezogen würden", hieß es weiter. Den irakischen Staatschef Saddam Hussein forderten die Abgeordneten auf, bedingungslos mit den Uno-Waffeninspekteuren zusammenzuarbeiten. Gegen die Resolution stimmten hauptsächlich Abgeordnete der Sozialistischen und Grünen Fraktionen, weil sie eine schärfere Verurteilung der US-Haltung gefordert hatten.
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 22:29:09
      Beitrag Nr. 225 ()
      UN-Waffeninspektionen: "Insgesamt gesehen hat Irak bislang recht gut mit der UNMOVIC kooperiert"
      Aber: Unklarheit in manchen Bereichen. Der Bericht von Hans Blix im Wortlaut

      Im Folgenden dokumentieren wir wesentliche Auszüge aus dem mündlichen Bericht, den Hans Blix, der Chef-Inspekteur der UN-Waffeninspektionskommission für den Irak (UNMOVIC) am 27. Januar 2003 dem UN-Sicherheitsrat gegeben hat. Die Übersetzung aus dem Englischen stammt von Gerd Burger. Die Frankfurter Rundschau veröffentlichte diesen Teil auf ihrer Dokumentationsseite am 30. Januar 2003 unter dem Titel "Es reicht nicht, Türen aufzuschließen". Die Zwischenüberschriften sind von uns eingefügt worden.
      Eine erste Stellungnahme aus der Friedensbewegung zu diesem Bericht lesen Sie hier: Friedensbewegung begrüßt UN-Waffenbericht - Aber: Kriegsgefahr nicht gebannt .


      (. . .) Ich beginne, indem ich daran erinnere, dass die Inspektionen als Teil des Entwaffnungsprozesses in Irak im Jahre 1991 begannen, also unmittelbar nach dem Golfkrieg. Die Inspektionen erstreckten sich über acht Jahre, bis ins Jahr 1998 also, als die Inspektoren abgezogen wurden.

      Daher gab es beinahe vier Jahre lang keine Inspektionen. Sie wurden erst gegen Ende November des vergangenen Jahres wieder aufgenommen. Zwar war und ist die Verifizierung der Entwaffnung von jeher das grundlegende Ziel der Inspektionen in Irak, dennoch zeigen die im Laufe der Jahre vom Rat verabschiedeten Resolutionen leichte Unterschiede, was die Schwerpunktsetzung und das Herangehen angeht. Die 1991 als Teil des Waffenstillstands nach dem Golfkrieg einstimmig verabschiedete Resolution 687 umfasste fünf Hauptteile, deren erste drei sich mit der Entwaffnung befassten. Gefordert wurde ein verbindlicher Rüstungsbericht des Irak, der seine Waffenprogramme in den Bereichen Massenvernichtungswaffen und Langstreckenraketen darlegt; die Verifizierung dieses Rüstungsberichts durch die UNSCOM (UN-Sonderkommission) und die IAEA; die Überwachung der Zerstörung bzw. Beendigung der verbotenen Rüstungsprogramme und Einzelobjekte durch die genannten Organisationen. (. . .)

      Nicht aus eigenem Antrieb

      Anders als Südafrika, das aus eigenem Antrieb heraus den Entschluss zur Vernichtung seiner Atomwaffen fasste und die Inspektionen als Maßnahme zur Schaffung von Vertrauen in die Abrüstung begrüßte, scheint sich Irak auch heute noch nicht zu einer echten Akzeptanz der von ihm geforderten Entwaffnung durchgerungen zu haben, die er durchführen muss, um das Vertrauen der Welt zu gewinnen und in Frieden zu leben.

      Wie wir wissen, geriet die von der Resolution 687 vorgeschriebene Zwillingsaufgabe der Offenlegung qua Bericht und Verifizierung allzu oft zu einem Versteckspiel. Statt lediglich den Rüstungsbericht und die ihn untermauernden Beweise zu verifizieren, sahen sich die beiden Inspektionsorganisationen unversehens in das Bemühen verstrickt, die Rüstungsprogramme im Einzelnen aufzuschlüsseln und mittels Inspektionen, Befragungen, Seminaren und Erkundigungen bei Lieferanten und Geheimdiensten nach Beweismaterial zu suchen.

      Als Ergebnis daraus kam die Phase der Entwaffnung nicht in dem erwarteten kurzen Zeitraum zu ihrem Abschluss. Die Sanktionen wurden beibehalten und zeitigten verheerende Auswirkungen, bis Irak das Programm "Öl für Nahrungsmittel" akzeptierte und der allmähliche Ausbau dieses Programms die Folgen der Sanktionen linderte. Trotzdem erbrachte die Implementation der Resolution 687 beträchtliche Resultate bei der Entwaffnung. Mittlerweile ist man sich einig, dass Kraft dieser Resolution mehr Massenvernichtungswaffen zerstört wurden, als im Verlauf des Golf Kriegs zerstört wurden. Vor 1994 wurden große Mengen chemischer Waffen unter Aufsicht der UNSCOM vernichtet.

      Während Irak - mit nur wenig Beweismaterial dafür - behauptet, es habe 1991 einseitig sämtliche biologischen Waffen vernichtet, steht fest, dass die UNSCOM 1996 umfassende Einrichtungen zur Produktion biologischer Waffen zerstörte. Die IAEA wiederum zerstörte die umfassende atomare Infrastruktur und entfernte das spaltbare Material aus Irak. (. . .)

      Im Dezember 1999, sprich nach Ablauf eines Jahres, das ohne Inspektionen in Irak verstrich, wurde die Resolution 1284 bei vier Stimmenthaltungen vom Rat verabschiedet. (. . .) Am 8. November vergangenen Jahres wurden die Resolution 1441 verabschiedet und Irak emphatisch aufs Neue aufgefordert, endlich zu kooperieren. Die Resolution schrieb fest, dass diese Kooperation sofort, bedingungslos und aktiv erfolgen musste. Die Resolution enthielt zahlreiche Bestimmungen, die wir begrüßen, da sie das Inspektionssystem ausweiten und stärken. (. . .)

      Kooperation

      An dieser Stelle, Herr Präsident, greife ich ein anderes Thema auf: die zentrale Auflage der Kooperation und die Reaktion Iraks. Kooperation, so könnte man sagen, bezieht sich ja sowohl auf Kerngehalte als auch aufs Prozedere. Nach unseren bisherigen Erfahrungen sieht es so aus, als ob sich Irak im Prinzip entschlossen habe, beim Prozedere zu kooperieren, und zwar insbesondere beim Zugang (Zugang zu den Inspektionsstätten; d. Red). (. . .)

      Als Erstes möchte ich auf die Kooperation beim Prozedere eingehen. (. . .) Insgesamt gesehen hat Irak in diesem Bereich bislang recht gut mit der UNMOVIC kooperiert. Die wichtigste Tatsache, die es zu unterstreichen gilt, ist die, dass wir Zugang zu allen Örtlichkeiten erhalten haben, die wir inspizieren wollten. Und mit einer Ausnahme verlief das ohne Probleme. Des Weiteren bekamen wir sehr viel Unterstützung beim Aufbau der Infrastruktur für unser Büro in Bagdad und unsere Außenstelle in Mossul. Die Unterbringung und die Wartung unseres Flugzeugs und unserer Hubschrauber verlaufen gut.

      Auch das Arbeitsumfeld ist zufrieden stellend. Bei unseren Inspektionen wurden unter anderem Universitäten, Militärstützpunkte, Präsidentenpaläste und Privathäuser aufgesucht. Ferner wurden Inspektionen an Freitagen - sprich dem moslemischen Ruhetag -, an Weihnachten und an Neujahr durchgeführt. Diese Inspektionen wurden exakt wie alle übrigen Inspektionen durchgeführt. Wir bemühen uns, sowohl effizient als auch korrekt vorzugehen.

      Trotzdem kann ich nicht umhin, bei diesem Zwischenbericht zum aktuellen Stand der Dinge einige Probleme festzuhalten. Die ersten beziehen sich auf zwei unterschiedliche Operationen in der Luft. So verfügen wir zwar mittlerweile über die technischen Voraussetzungen, ein uns zur Verfügung gestelltes Aufklärungsflugzeug vom Typ U-2 bei den Inspektionen zum Zwecke der Anfertigung von Luftbildaufnahmen und zur Überwachung einzusetzen, weswegen wir Irak entsprechend informiert haben, dass wir dies planen - doch hat sich Irak geweigert, die Sicherheit dieses Aufklärungsflugzeugs zu gewährleisten, sofern wir nicht eine Reihe von Vorbedingungen erfüllen. (. . .) Ein zweites Problem bei Flugeinsätzen, das bei unseren kürzlich abgehaltenen Gesprächen in Bagdad zum Thema wurde, tangiert den Einsatz von Hubschraubern, die in die Flugverbotszonen fliegen. Irak hatte nämlich zunächst darauf bestanden, zur Begleitung unserer Hubschrauber eigene Hubschrauber loszuschicken. Das wiederum hätte ein Sicherheitsproblem ergeben. Das Thema kam durch unseren Vorschlag vom Tisch, dass wir die begleitenden Aufpasser der Irakis in unseren Hubschraubern zu den Inspektionsorten mitnehmen, eine Regelung, die von der UNSCOM bereits früher so praktiziert wurde.

      Ich bin ferner gezwungen, auf einige kürzlich erfolgten Zwischenfälle und Schikanen hinzuweisen. Z. B. wurden eine Zeit lang weit hergeholte Behauptungen öffentlich lanciert, die von Inspektoren gestellten Fragen seien geheimdienstlicher Natur. Nun habe ich zwar nicht vor, jede womöglich von den Inspektoren gestellte Frage zu rechtfertigen, dennoch wissen die Irakis, dass die Inspektoren keine Spionageabsichten verfolgen, daher sollte Irak das auch nicht behaupten. (. . .)

      Die geforderte inhaltliche Kooperation bezieht sich vor allem anderen auf die Verpflichtung Iraks, sämtliche Rüstungsprogramme zu deklarieren, die mit Massenvernichtungswaffen zu tun haben, und entweder Einzelobjekte und Aktivitäten vorzuweisen, welche die Vernichtung der Waffen belegen, oder aber Beweise vorzulegen, die den Schluss nahe legen, dass nichts Verbotenes mehr übrig ist.

      Der Paragraf 9 der Resolution 1441 hält fest, dass diese Kooperation "aktiv" zu sein hat. Es reicht nicht, Türen aufzuschließen. Inspektionen sind kein Catch-as-catch-can. Stattdessen geht es, wie ich bereits angemerkt habe, um einen Prozess der Verifizierung zum Zwecke der Vertrauensbildung. (. . .)

      Zum Waffenbericht des Irak

      Am 7. Dezember 2002 hat Irak als Reaktion auf den Paragrafen 3 der Resolution 1441 innerhalb der vom Sicherheitsrat vorgesehenen Zeitspanne einen rund 12 000 Seiten umfassenden Rüstungsbericht vorgelegt. In den Bereichen Raketen und Biotechnik enthält dieser Bericht sehr viel neues Material und neue Informationen über den Zeitraum seit 1998. Dies begrüßen wir.

      Man hätte erwarten können, dass Irak bei seinem Rüstungsbericht versucht hätte, auf die vielen ungeklärten Details der Entwaffnung, wie sie Irak aus den UNSCOM-Dokumenten 9994 und aus dem so genannten Amorim-Bericht vom März 1999 kennen sollte, zu antworten, sie richtig zu stellen und untermauerndes Beweismaterial vorzulegen. Dies alles sind Fragen, die von der UNMOVIC, von Regierungen und unabhängigen Kommentatoren vielfach zitiert wurden.

      Zwar arbeitet die UNMOVIC als Reaktion auf die in der Resolution 1284 enthaltenen Auflagen an der Erstellung einer eigenen Liste der gegenwärtig ungeklärten Entwaffnungsdetails und der zentralen noch verbleibenden Aufgaben bei der Entwaffnung, doch scheint es uns als Experten gerechtfertigt, dass die in den beiden von mir erwähnten Berichten aufgelisteten Probleme als noch strittig gelten.

      Diese Berichte behaupten nicht, dass es noch Massenvernichtungswaffen in Irak gibt; aber sie schließen diese Möglichkeit auch nicht aus. Sie verweisen auf fehlendes Beweismaterial und auf Ungereimtheiten, die Fragezeichen aufwerfen, die bereinigt werden müssen, sofern die Waffendossiers ad acta gelegt werden sollen und Vertrauen erwachsen soll. Die angesprochenen Punkte haben es verdient, von Irak ernst genommen zu werden, statt dass man sie als teuflische Ränke der UNSCOM abtut.

      Bedauerlicherweise scheint der 12 000 Seiten umfassende Rüstungsbericht, zum Großteil ein Wiederabdruck früherer Dokumente, keinerlei neues Beweismaterial zu enthalten, das die Fragen ausräumen oder ihre Zahl verringern würde. Selbst der von Irak am 24. Januar als Reaktion auf unsere kürzlich erfolgten Gespräche in Bagdad an den Präsidenten des Sicherheitsrats geschickte Brief bringt uns nicht zur Klärung dieser Fragen.

      Fragen, die zu beantworten sind

      Ich werde nur einige Beispiele der Themen und Fragen anführen, die beantwortet werden müssen. Als Erstes behandle ich den Bereich C-Waffen: Das Nervengift VX ist einer der stärksten jemals entwickelten Giftstoffe. Irak hat verbindlich erklärt, es habe VX lediglich im Versuchsmaßstab hergestellt, nur ein paar Tonnen also, und dass die Qualität schlecht gewesen sei und das Produkt nicht haltbar. Folgerichtig wurde erklärt, das Nervengift sei nie in Waffen eingebaut worden. Irak sagt, die kleine noch nach dem Golfkrieg verbleibende Menge des Nervengifts sei im Sommer 1991 einseitig vernichtet worden. Die UNMOVIC verfügt jedoch über Informationen, die im Widerspruch zu dieser Darstellung stehen.

      Es gibt Hinweise, dass Irak an diesem Problem mangelnder Reinheit und Haltbarkeit geforscht hat und dass mehr erreicht wurde, als im Bericht deklariert wurde. Tatsache ist, dass eines der von Irak zur Verfügung gestellten Dokumente einen Hinweis gibt, dass die Reinheit des Nervengifts zumindest bei der Herstellung im Labor höher ausgefallen ist als deklariert. Des Weiteren gibt es Hinweise, dass das Nervengift in Waffen eingebaut wurde. Zusätzlich bleiben Fragen zum Los der chemischen Vorstufenprodukte zu VX, die beantwortet werden müssen; Irak gibt an, diese seien bei Bombenangriffen im Golf-Krieg abhanden gekommen bzw. einseitig von Irak vernichtet worden.

      An dieser Stelle würde ich gerne das so genannte Luftwaffendokument ansprechen, das ich schon früher mit dem Rat besprochen habe. Dieses Dokument wurde ursprünglich 1998 von einer UNSCOM-Inspektorin in einem Tresor im Hauptquartier der irakischen Luftwaffe gefunden; es wurde ihr von irakischen Aufpassern abgenommen. In dem Dokument befindet sich eine Auflistung der von Irak im Krieg gegen Iran abgeworfenen Bomben, einschließlich Bomben mit chemischen Kampfstoffen. Ich finde die Tatsache ermutigend, dass Irak dieses Dokument jetzt der UNMOVIC zur Verfügung gestellt hat. Das Dokument gibt den Hinweis, dass von der irakischen Luftwaffe im Zeitraum von 1983 bis 1998 insgesamt 13 000 Bomben mit chemischen Kampfstoffen abgeworfen wurden, wohingegen Irak verbindlich deklariert hat, es seien in diesem Zeitraum 19 500 Bomben verbraucht worden. Mithin ergibt sich eine Diskrepanz von 6500 Bomben. Die Gesamtmenge der in diesen Bomben enthaltenen chemischen Kampfstoffe beliefe sich auf eine Größenordnung von zirka 1000 Tonnen. Solange gegenteiliges Beweismaterial fehlt, müssen wir davon ausgehen, dass es bis jetzt keinen Nachweis über den Verbleib dieser Mengen gibt. Als in einem Bunker des Lagerdepots 170 Kilometer von Bagdad entfernt eine Anzahl von 122-mm-Chemiewaffenraketensprengköpfen entdeckt wurde, sorgte das für großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Es handelte sich dabei um einen vergleichsweise neuen Bunker, daher mussten die Raketen im Laufe der letzten paar Jahre dorthin verbracht worden sein, zu einem Zeitpunkt also, zu dem Irak nicht über derartige Munition hätte verfügen sollen. Die Untersuchungen zu diesen Raketen dauern noch an. Irak stellt fest, man habe diese Raketen im Jahre 1991 in einem Paket von rund 2000 Raketen übersehen, die dort während des Golf-Kriegs stationiert waren. Das ist denkbar.

      Ein paar Raketen: "Spitze eines Eisbergs"?

      Es könnte aber auch die Spitze eines Eisbergs sein. Dass ein paar Raketen entdeckt wurden, räumt nicht etwa die Frage nach dem ungeklärten Verbleib von mehreren Tausenden von Raketen aus dem Weg, sondern verweist im Gegenteil auf diesen Umstand. Der Fund dieser Raketen zeigt, dass Irak noch größere Anstrengungen unternehmen muss, um sicherzustellen, dass der von ihm vorgelegte Rüstungsbericht zum gegenwärtigen Zeitpunkt akkurat ist.

      Bei meinen kürzlich geführten Gesprächen in Bagdad hat Irak erklärt, es werde in dieser Hinsicht neue Anstrengungen unternehmen; hierzu wurde ein Untersuchungskomitee eingesetzt. Seither wurde berichtet, dass in einem Depot in al-Haji vier Raketen mit chemischen Sprengköpfen gefunden wurden. Ich darf ferner erwähnen, dass Inspektoren in einer anderen Örtlichkeit eine laborübliche Menge eines Vorstufenprodukts von Senfgas gefunden haben.

      Da ich gerade chemische Produkte anspreche, sollte ich eine Sache erwähnen, über die ich am 19. Dezember des vergangenen Jahres berichtet habe; dabei geht es um technisches Zubehör in einer zivilen Chemiefabrik in al-Fallujah. Irak hat erklärt, man habe chemisches Weiterverarbeitungszubehör repariert, das zuvor unter Aufsicht der UNSCOM zerstört worden war, dann habe man es in al-Fallujah installiert, um Chlorine und Phenole herzustellen. Wir haben dieses Zubehör inspiziert und werten die Technik gegenwärtig detailliert aus. Nach Abschluss dieser Auswertung werden wir entscheiden, ob dieses sowie anderes von Irak wiederhergestelltes Ausrüstungsmaterial zerstört werden sollte.

      Anthrax und andere biologische Waffen

      Damit wende ich mich dem Komplex biologische Waffen zu. Ich habe dem Rat bereits früher zum Thema Anthrax berichtet und greife diesen Punkt erneut auf, da es ein wichtiges Thema ist. Irak hat erklärt, er habe rund 8500 Liter dieses biologischen Kampfstoffes hergestellt, und gibt an, man habe sie einseitig im Sommer 1991 vernichtet. Doch hat Irak nur wenig Beweismaterial für diese Herstellung vorgelegt und keinerlei überzeugendes Beweismaterial für die Vernichtung des Stoffes. Es gibt nachhaltige Hinweise darauf, dass Irak mehr Anthrax produziert hat als angegeben und dass zumindest einiges davon noch über das verbindlich benannte Datum der Vernichtung zurückgehalten wurde. Dieses Quantum könnte es immer noch geben. Entweder sollte es gefunden und unter Aufsicht der UNMOVIC vernichtet werden, andernfalls sollten überzeugende Beweise vorgelegt werden, um zu zeigen, dass der Stoff tatsächlich im Jahre 1991 vernichtet wurde.

      Wie ich am 19. Dezember des vergangenen Jahres dem Rat berichtet habe, hat Irak eine erhebliche Menge, nämlich rund 650 Kilogramm, Nährmittel zur Bakterienzucht nicht im seinem verbindlichen Bericht aufgeführt, die man in den im Februar 1999 von Irak dem Amorim-Ausschuss vorgelegten Auflistungen als verbindlich deklariert vermerkt hatte. Als Bestandteil seines am 7. Dezember 2002 vorgelegten Rüstungsberichts hat Irak erneut das dem Amorim-Ausschuss vorgelegte Dokument eingereicht - nur fehlte die Tabelle, auf der diese konkrete Einfuhr von Nährmitteln registriert war. Dass diese Tabelle fehlt, ist allem Augenschein nach Absicht, weil die Seiten des erneut eingereichten Dokuments neu nummeriert wurden.

      Der Außenminister Iraks schreibt im Brief vom 24. Januar dieses Jahres an den Präsidenten des Sicherheitsrats wie folgt; ich zitiere: "Sämtliche importierten Mengen von Nährmitteln zur Aufzucht wurden verbindlich deklariert." Das deckt sich nicht mit dem Beweismaterial. Ich stelle fest, dass die Menge der fraglichen Nährmittel ausreichend wäre, um beispielsweise zirka 5000 Liter konzentriertes Anthrax herzustellen.

      Trägersysteme: Scud-Raketen und Infrastruktur

      Damit, Herr Präsident, gehe ich zu den Raketen über. Es bleiben nach wie vor erhebliche Zweifel, ob der Irak nach dem Golfkrieg Scud-Raketen behielt. Der Irak deklariert den Verbrauch einer Reihe von Scud-Raketen, die in den achtziger Jahren anlässlich der Entwicklung eines antiballistischen Raketenabwehrsystems als Ziele dienten, doch wurden weder technische Informationen zu diesem Programm vorgelegt noch Daten über den Verbrauch der Raketen. Im Laufe der vergangenen vier Jahre gibt es in Irak diverseste Entwicklungen im Bereich Raketen festzuhalten, die in dem von Irak vorgelegten Rüstungsbericht als nicht verbotene Aktivitäten deklariert werden. Wir versuchen derzeit mittels Inspektionen und vor Ort geführter Gespräche herauszufinden, um was es sich dabei im Einzelnen handelt.

      Insbesondere zwei Vorhaben sind bemerkenswert. Und zwar geht es erstens um die Entwicklung einer Rakete mit Flüssigtreibstoff, die den Namen Al-Samud II trägt, und zweitens um eine Rakete namens Al-Fatah, die mit Feststoffraketentreibstoff funktioniert. Beide Raketen haben in Tests die erlaubte Reichweite von 150 Kilometern überschritten; die Al-Samud II erreichte maximal 183 Kilometer, die Al-Fatah 161 Kilometer. Von beiden Raketentypen wurden bereits einige Exemplare an die irakischen Streitkräfte geliefert, obwohl es heißt, dass die Entwicklung noch nicht abgeschlossen sei. Der Durchmesser der Al-Samud wurde von einer früheren Version auf die gegenwärtigen 760 mm vergrößert. Diese Modifikation wurde trotz eines 1994 geschriebenen Briefes des Chefs der UNSCOM vorgenommen, in dem Irak angewiesen wurde, seine Raketendurchmesser auf unter 600 mm zu beschränken. Darüber hinaus untersagte ein im November 1997 geschriebener Brief des Chefs der UNSCOM an Irak den Einbau der Triebwerke aus bestimmten Boden-Luft-Raketen in ballistische Raketen. Bei meinen kürzlich geführten Gesprächen in Bagdad gab man uns kurz gefasste Informationen über diese beiden Programme. Uns wurde gesagt, dass die endgültige Reichweite beider Systeme kürzer sein würde als das erlaubte Maximum von 150 Kilometern. Es ist gut denkbar, dass diese Raketen prima face Beweise unerlaubter Waffensysteme darstellen. Die Testreichweiten von mehr als 150 Kilometern sind signifikant, doch müssen noch weitere technische Überlegungen angestellt werden, bevor wir zu diesem Thema einen Entschluss fassen. Einstweilen haben wir Irak aufgefordert, bei beiden Raketentypen die Flugtests einzustellen.

      Zusätzlich hat Irak die Infrastruktur der Raketenherstellung neu aufgebaut. Insbesondere hat Irak eine Reihe von Gussformen neu gebaut, die zuvor unter Aufsicht der UNSCOM zerstört worden waren. Diese Gussformen waren bei der Herstellung von Raketen mit Feststofftreibstoff benutzt worden. Egal, für welche Raketensysteme diese Gussformen gedacht sind, es ließen sich damit Antriebsmotoren für Raketen herstellen, die erheblich größere Reichweiten zurücklegen könnten als die zulässigen 150 Kilometer.

      Ebenfalls im Zusammenhang mit diesen Raketen und den diesbezüglichen Entwicklungen steht der Import einer Reihe von Einzelgegenständen, der ungeachtet der Sanktionen im Laufe der vergangenen zwei Jahre erfolgte, darunter zu einem so späten Zeitpunkt wie dem Dezember 2002. Der wichtigste dieser Importe ist die Einfuhr von 300 Raketenmotoren, die bei der Al-Samud II Verwendung finden könnten. Irak hat auch kürzlich erfolgte Importe von Chemikalien verbindlich deklariert, die für Treibstoffe sowie für die Instrumentierung von Tests von Steuerungs- und Kontrollsystemen verwendet werden könnten. Gut möglich, dass diese einzelnen Posten für verbotene Zwecke gedacht sind; das muss noch ermittelt werden. Klar ist jedenfalls, dass sie illegal nach Irak gebracht wurden; und das heißt, dass entweder Irak oder aber ein Unternehmen in Irak die in den verschiedenen Resolutionen festgelegten Restriktionen umgangen hat. (. . .)

      Aus: Dokumentationsseite der Frankfurter Rundschau, 30. 01. 2003
      Avatar
      schrieb am 30.01.03 22:39:51
      Beitrag Nr. 226 ()
      Drohung aus Nordkorea

      "Ein Atomkrieg kann jederzeit ausbrechen"

      Während die USA ihre letzten Kriegsvorbereitungen gegen den Irak treffen, werden auch die Drohungen aus Nordkorea wieder lauter. Der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm, so Pjöngjang - könnte schnell in einen Krieg münden - einen Atomkrieg.

      Seoul - "Die militärische Situation auf der koreanischen Halbinsel ist so angespannt, dass ein Atomkrieg jederzeit ausbrechen könnte", meldete heute die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Zudem warf das Land den USA einer KCNA-Meldung zufolge vor, für einen akuten Strommangel verantwortlich zu sein, weil sie den zugesagten Bau eines Atomkraftwerkes in Nordkorea bislang verzögert hätten. Die Stromknappheit habe die Industrie und das Transportwesen lahm gelegt.

      In einem Abkommen mit den USA hatte Nordkorea sich 1994 zu einem Stopp seines Atomwaffenprogramms verpflichtet. Im Gegenzug wurden dem Land Öllieferungen zugesagt. Diese stellten die USA jedoch ein, nachdem Nordkorea nach US-Angaben eingestanden hatte, insgeheim sein Atomwaffenprogramm fortgesetzt zu haben. Daraufhin war Nordkorea aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgetreten.

      Die Agentur zitierte zudem die Zeitung "Rodon Sinmun", die den USA vorwarf, Nordkorea angreifen zu wollen. Nordkorea hat in dem Streit mit den USA wiederholt einen Nichtangriffspakt gefordert, den diese jedoch abgelehnt haben. Die USA dringen auf die Einschaltung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (Uno).

      Der Vorstand der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) plante heute ein informelles Treffen, um über die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung zum Thema Nordkorea zu entscheiden. Der IAEA-Chef Mohammed al-Baradei sagte der Zeitung "Le Monde", er hoffe auf eine Sondersitzung am 12. Februar. Es wird erwartet, dass die IAEA wegen Nordkorea den Sicherheitsrat anrufen wird, der Sanktionen und militärische Maßnahmen beschließen kann.
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      schrieb am 31.01.03 15:37:54
      Beitrag Nr. 227 ()
      Nordkoreanische Atomanlage

      Satellit entdeckt verdächtige Aktivitäten

      Die Befürchtung, dass Nordkorea an der Herstellung von Atomwaffen arbeitet, erhält neue Nahrung: Ein amerikanischer Spionage-Satellit soll aufgezeichnet haben, dass Nordkorea damit begonnen hat, seine rund 8000 Brennstäbe aus der Atomanlage Yongbyon per Lastwagen abzutransportieren.


      REUTERS/ DigitalGlobe

      Satelliten-Aufnahme der Atomanlage von Yongbyon (Archiv)


      Hamburg - Die "New York Times" berichtet heute unter Berufung auf US-Behörden, die Satelliten hätten den ganzen Januar über Lastwagen auf der Atomanlage beobachtet, die zu dem Gebäude gefahren seien, in dem der nordkoreanische Bestand an nuklearen Brennstäben lagerte. Die Vermutung der amerikanischen Geheimdienstler: Entweder wollte die kommunistische Regierung das waffenfähige Material "außer Sichtweite" bringen oder aber sie bastelt bereits an Atomwaffen.

      Die US-Regierung geht davon aus, dass Nordkorea mit Hilfe der Brennstäbe von Yongbyon in relativ kurzer Zeit ein halbes Dutzend Atombomben herstellen könnte. Noch jedenfalls sei die Auswertung nicht abgeschlossen, werden die anonymen Regierungsquellen in der "New York Times" zitiert. Was diese vor allem irritiert: Warum unternimmt die nordkoreanische Regierung offenbar überhaupt keine Anstrengung, ihre Aktivitäten zu verbergen?

      Als "unverhohlene Erklärung der Aggression" verurteilte Nordkorea indes die Rede von US-Präsident George W. Bush, in der dieser von dem kommunistischen Staat die sofortige Einstellung seines Atomprogramms gefordert hatte. Bush strebe in Nordkorea einen Umsturz an, hieß es in einer Erklärung des nordkoreanischen Außenministeriums, die die amtliche Nachrichtenagentur KCNA in der vergangenen Nacht veröffentlichte.

      Ein Sprecher des Ministeriums bezeichnete Bush als "schamlosen Scharlatan" und die "Verkörperung der Menschenfeindlichkeit". Er bekräftigte den Vorwurf der Führung in Pjöngjang, wonach die USA wegen des Atomstreits einen Angriff planten. Die USA irrten, wenn sie glaubten, dass Nordkorea auf die Umsturzversuche passiv reagieren werde.

      Erneut wies die nordkoreanische Regierung die Vermittlung der internationalen Gemeinschaft im Atomstreit mit den USA zurück. Pjöngjang werde sich keinesfalls an multilateralen Gesprächen beteiligen, sagte der nordkoreanische Botschafter in China, Choe Jin Su, vor Journalisten.

      Wenn andere Regierungen einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten wollten, sollten sie die Vereinigten Staaten zu direkten und bedingungslosen Gesprächen mit Nordkorea auffordern, sagte Choe. Die USA seien allein für die gegenwärtige Krise verantwortlich. Die Regierung in Washington setzt sich dafür ein, den Atomstreit vor den Uno-Sicherheitsrat zu bringen, und hat internationale Vermittlungsbemühungen ins Gespräch gebracht. Choe bekräftigte weiter die Forderung seiner Regierung nach einem rechtlich bindenden Nichtangriffspakt der USA.

      Bush hatte in seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag Nordkorea vorgeworfen, seine Zusagen zur Einstellung seines Atomprogramms gebrochen zu haben. Mit seinen neuen Versuchen, Atomwaffen zu produzieren, wolle Nordkorea die Welt erpressen, sagte Bush. Vor einem Jahr hatte Bush Nordkorea zusammen mit Irak und Iran als "Achse des Bösen" bezeichnet. Er wirft den Staaten vor, nach Massenvernichtungswaffen zu streben und Terroristen zu unterstützen.

      Nordkorea hatte nach US-Angaben im Oktober eingeräumt, entgegen einem 1994 geschlossenen Abkommen, sein Atomprogramm fortgesetzt zu haben. Die USA stellten daraufhin die im Abkommen zugesagten Öllieferungen an das Land ein, woraufhin Nordkorea aus dem Atomwaffensperrvertrag austrat. Gestern hatte Nordkorea die USA gewarnt, dass der Streit um das Atomprogramm jederzeit in einen Atomkrieg eskalieren könne. Nordkorea hat direkte Verhandlungen mit den USA gefordert, die dies jedoch abgelehnt haben.
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      schrieb am 31.01.03 17:28:32
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      schrieb am 31.01.03 17:33:14
      Beitrag Nr. 229 ()
      Bush-Rede

      Blix korrigiert den Präsidenten

      Uno-Chefinspektor Hans Blix hat US-Präsident George W. Bush offen widersprochen: Mehrere Vorwürfe, die Bush in seiner Rede zur Lage der Nation gegen den Irak erhoben hatte, seien nicht zutreffend. Auch sieht Blix derzeit keinen Grund für einen Krieg.


      AP

      Hans Blix: Behauptungen Bushs zurückgewiesen


      New York/Washington - Blix sagte der "New York Times", es gebe keinen Beweis dafür, dass Bagdad, wie von Bush behauptet, Wissenschaftler nach Syrien, Jordanien und in andere benachbarte Länder geschickt habe, um ihren Kontakt mit den Uno-Waffeninspektoren zu verhindern. Auch spreche nichts dafür, dass sich Agenten der irakischen Führung als Wissenschaftler ausgeben, wie Bush angeführt hatte, sagte Blix.

      Der Uno-Chefinspektor wandte sich auch gegen eine Behauptung von US-Außenminister Colin Powell, wonach die Kontrolleure Hinweise darauf gefunden haben sollen, dass Bagdad illegale Waffenmaterialien versteckt und aus Sorge vor ihrer Entdeckung zum Teil auch ins Ausland gebracht hätte. Ihm lägen solche Berichte nicht vor, stellte Blix klar.

      Ebenso gebe es zurzeit keine überzeugenden Anzeichen darauf, dass der Irak Verbindungen zu dem al-Qaida-Terrornetz habe, wie Bush in seiner Rede hervorgehoben hatte. "Es gibt andere Länder, in denen die Verbindung zu al-Qaida klarer zu sein scheint", sagte Blix und nannte Afghanistan als ein Beispiel.

      Der Chefinspektor erhob Einspruch gegen die Begründung von Bush, wonach ein Militärschlag zur Prävention von Terroranschlägen mit nuklearen, biologischen oder chemischen Waffen erforderlich sei. Die Welt sei heute weitaus sicherer als zur Zeit des Kalten Krieges, als die USA und die Sowjetunion einander mit tausenden Atomwaffen bedrohten.

      Blix sprach sich erneut für die friedliche Abrüstung des Irak aus. "Ich glaube, es wäre schrecklich, wenn ein Militärschlag die Inspektionen abbrechen würde."

      Blair hält Kriegsrat mit Bush

      Die USA treten unterdessen in die heiße Entscheidungsphase über Krieg oder Frieden im Irak ein. Zu Beginn einer Serie diplomatischer Spitzengespräche traf der britische Premierminister Tony Blair heute zu Gesprächen mit Präsident Bush in Washington ein.


      REUTERS

      Tony Blair und George W. Bush: Kriegsrat in Camp David


      Bushs Sprecher Ari Fleischer warnte vor zu hohen Erwartungen an das Treffen: Eine Fristsetzung sei bei dem Treffen auf dem Landsitz Camp David außerhalb von Washington nicht zu erwarten. "Es handelt sich um Konsultationen", sagte Fleischer. "Der Präsident bewundert die Führungsqualitäten des Premierministers und wird sorgfältig zuhören, was er zu sagen hat." Während die USA auf eine baldige Entscheidung über einen möglichen Militärschlag drängen, will Blair Bush dem Vernehmen nach veranlassen, den Uno-Waffeninspektoren mehr Zeit zu gewähren.

      Blair hatte bei einem Zwischenstopp auf dem Weg nach Camp David in Spanien noch einmal die Hoffnung auf eine politische Lösung der Irak-Krise zum Ausdruck gebracht. Es hänge allein von Saddam Hussein ab, ob und wann im Irak eine militärische Intervention notwendig werde, sagte Blair nach einem Gespräch mit dem spanischen Regierungschef José María Aznar.

      Blair und Aznar hatten zusammen mit den Regierungschefs von fünf anderen europäischen Staaten und dem tschechischen Präsidenten Václav Havel einen Aufruf zur Unterstützung der USA veröffentlicht. "Wenn wir auf beiden Seiten des Atlantiks zusammenstehen, ist die Welt sicherer", sagte Blair.
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      schrieb am 01.02.03 00:31:24
      Beitrag Nr. 230 ()
      Irak-Krieg

      Bush fordert schnelle Uno-Entscheidung

      US-Präsident George W. Bush hat von der Uno ein schnelles Handeln in der Irak-Frage verlangt. Zusammen mit Großbritanniens Premier Tony Blair stellte er klar, dass die Entscheidung über einen Krieg gegen Saddam Hussein aber auch ohne eine zweite Uno-Resolution getroffen werden könne.

      Einig: Tony Blair (l.) und George W. Bush
      REUTERS
      GroßbildansichtEinig: Tony Blair (l.) und George W. Bush
      Washington - Bush und Blair warfen Saddam Hussein erneut Verstöße gegen die jüngste Uno-Resolution vor. Bagdad komme seiner Verpflichtung zur Abrüstung nicht nach, erklärten beide am Freitagabend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Washington. "Saddam Hussein rüstet nicht ab. Er ist eine Gefahr für die Welt. Er muss abrüsten", sagte Bush.

      Der US-Präsident forderte von den Vereinten Nationen eine schnelle Entscheidung in der Irak-Krise. Die Frage müsse rasch geklärt werden, betonte Bush. "Dies ist eine Sache von Wochen, nicht Monaten."

      Er unterstütze zwar eine zweite Irak-Resolution des Weltsicherheitsrates, wenn sie den Druck auf Bagdad verstärke abzurüsten. Die USA würden sich jedem Versuch widersetzen, die Entscheidung auf Monate hinauszuzögern. "Das ist eine Bewährungsprobe für die internationale Gemeinschaft", sagte Blair nach einem Gespräch mit Bush im Weißen Haus. Die Zeit für Saddam Hussein laufe ab.

      US-Außenminister Colin Powell werde dem Weltsicherheitsrat am Mittwoch Beweise dafür vorlegen, "dass Saddam Hussein versucht, die Welt zum Narren zu halten", kündigte Bush an. "Wir werden klar machen, dass Saddam Hussein eine Bedrohung für den Frieden ist." Ins Detail ging der US-Präsident jedoch nicht.

      Unmittelbar vor der Unterredung mit Bush hatte sich Blair für eine weitere Irak-Resolution im Weltsicherheitsrat stark gemacht. "Auf diese Weise machen wir deutlich, dass es sich um einen Sachverhalt handelt, vor dem sich die internationale Gemeinschaft nicht drückt", sagte Blair dem TV-Sender CNN. An einer Abrüstung führe für den irakischen Staatschef Saddam Hussein jedoch kein Weg vorbei. Bagdad müsse in vollem Umfang mit den Waffeninspekteuren der Vereinten Nationen zusammenarbeiten, sagte Blair.

      Das Treffen zwischen Bush und Blair wurde wegen schlechter Witterung kurzfristig vom Präsidentenlandsitz Camp David ins Weiße Haus verlegt.

      Bush billigt angeblich Atomwaffeneinsatz

      Bush hat bei einem Angriff auf US-Soldaten mit biologischen und chemischen Waffen nach einen Zeitungsbericht ausdrücklich den Atomwaffeneinsatz gebilligt. Dies gehe aus einem Geheimpapier hervor, das Bush im September vergangenen Jahres unterzeichnete, berichtete die "Washington Times" am Freitag.

      "Die USA werden weiterhin klarstellen, dass sie sich das Recht vorbehalten, auf den Einsatz von (Massenvernichtungswaffen) gegen die USA, unsere Freunde und Verbündeten mit überwältigender Macht zu reagieren - einschließlich möglicherweise mit Atomwaffen", zitiert die Zeitung aus dem Dokument. Als die entsprechende Direktive im Dezember im Rahmen der "Nationalen Strategie zum Kampf gegen Massenvernichtungswaffen" veröffentlicht wurde, hieß es in der Passage: "einschließlich durch den Rückgriff auf alle unsere Optionen". Das Weiße Haus wollte sich zu dem Zeitungsbericht nicht äußern.
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      schrieb am 01.02.03 00:37:00
      Beitrag Nr. 231 ()
      INTERVIEW MIT ASIEN-EXPERTE KÖLLNER

      "Die Angst des Westens ist Nordkoreas Trumpf"

      Nordkorea droht den USA unverhohlen mit der Atombombe. Nach Einschätzung des Nordkorea-Experten Patrick Köllner fehlt Pjöngjang das technische Knowhow für den Zündmechanismus - noch. Die größte Gefahr sieht er darin, dass Nordkorea eines Tages die Bombe an sogenannte Schurkenstaaten verkaufen könnte.
      Hier klicken!
      Patrick Köllner ist Korea-Experte am Institut für Asienkunde in Hamburg und Herausgeber des Jahrbuchs "Korea - Politik, Wirtschaft, Gesellschaft".
      SPIEGEL ONLINE:Wie weit ist Nordkorea mit der Entwicklung von Atomwaffen fortgeschritten?

      Patrick Köllner: Das ist schwer einzuschätzen. Aber die Russen, die das ursprüngliche Knowhow nach Nordkorea geliefert haben, sagen, dass dort noch keine Atomwaffen gebaut werden. Aber Nordkorea verfügt auf jeden Fall über das notwendige Plutonium.

      SPIEGEL ONLINE: Woran fehlt es dann noch?

      Köllner: Um eine Atombombe abzuschießen, braucht man eine Trägerrakete. Für weit entfernte Ziele Langstreckenraketen. Die hat Nordkorea noch nicht, die werden derzeit erst entwickelt. Bislang verfügen die Nordkoreaner lediglich über Kurz- und Mittelstreckenraketen mit einer maximalen Reichweite von 1300 bis 2000 Kilometer. Das würde gerade ausreichen, um Japan zu treffen oder Südkorea, wo allerdings auch jeweils amerikanische Soldaten stationiert sind. Allerdings muss man ja eine solche Bombe auch zur Explosion bringen, und Nordkorea verfügt noch nicht über das technologische Knowhow für einen Zündmechanismus. So weit sind sie noch nicht, sagen die Geheimdienste.

      SPIEGEL ONLINE: Kann man so etwas kaufen?

      Köllner: Man kann nicht alles auf dem internationalen Waffenmarkt kaufen. Ab wenn es Nordkorea gelingt, die Technologie für einen Zündmechanismus zu erwerben oder zu entwickeln, dann wird es nur noch eine Frage von Monaten sein, bis sie eine einsatzfähige Atomwaffe hätten.

      SPIEGEL ONLINE: Könnten Sie sich vorstellen, dass der nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il tatsächlich Atomwaffen einsetzt?

      Im Innern des nordkoreanischen Atomreaktors von Yongbyon - hier entsteht waffenfähiges Material
      REUTERS
      GroßbildansichtIm Innern des nordkoreanischen Atomreaktors von Yongbyon - hier entsteht waffenfähiges Material
      Köllner: Meiner Einschätzung nach geht die Bedrohung eher davon aus, dass Nordkorea Atomwaffen verkaufen könnte. In den vergangenen Jahren hat sich Pjöngjang als Lieferant von Kurzstreckenraketen in Krisengebiete wie Pakistan, Libyen oder Irak hervorgetan und dabei Hunderte von Millionen Dollar verdient - Waffen sind zur wichtigsten Devisenquelle Nordkoreas geworden.

      SPIEGEL ONLINE: Was will das Land damit erreichen, dass es so unverhohlen mit der Atombombe droht?

      Köllner: Nordkorea ist in flagranti bei der Arbeit am Atomprogramm erwischt worden. Der US-Sondergesandte James Kelly hat Beweise vorgelegt, die von einem nordkoreanischen Überläufer stammen, der an dem Projekt mitgearbeitet hatte. Jetzt versucht Pjöngjang sich aus dieser misslichen Lage herauszuwinden und möglichst den Status von vorher wieder zu erlangen, also bevor das Rüstungsprogramm entdeckt wurden. Was die nordkoreanische Regierung am liebsten sehen würden, wäre eine Fortführung des amerikanisch-nordkoreanischen Vertragswerkes von 1994 über den Bau von Leichtwasserreaktoren. Also Unterstützung bei der Entwicklung und Lieferung von schwerem Heizöl für die Überbrückungszeit. Deshalb versucht sie durch Drohung und durch Drehen an der Konfliktspirale die USA unter Druck zu setzen.

      SPIEGEL ONLINE: Wieso diese verbale Aggression?

      Köllner: Das ist ein bisschen tricky. Es gehört zum normalen nordkoreanischen Repertoire, dieses Säbelrasseln, diese Drohgebärden. Damit spielt die Regierung immer. Die Angst des Westens und der Nachbarländer ist ihre Trumpfkarte. Bei denen schwingt immer die Sorge mit, dass sich Nordkorea irgendwann doch so in die Ecke gedrängt fühlt, dass es in einer Panikreaktion die militärische Option wählt. Wobei den Nordkoreanern völlig klar ist, das das ihr eigenes Ende wäre. Sie reagieren aus einer Position der Schwäche heraus, und die Drohung mit den Atomwaffen ist wirklich das Einzige, was sie haben.

      SPIEGEL ONLINE: Wie könnte der Ausweg aus dieser Krise aussehen?

      Köllner: Wichtig wäre jetzt, dass das Thema aus den öffentlichen Kanälen verschwindet. Die Verhandlungen müssen auf diplomatischer Ebene weitergeführt werden.

      Das Interview führte Lisa Erdmann
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      schrieb am 01.02.03 12:01:03
      Beitrag Nr. 232 ()
      USA-Irak-Europa: "Unsere Stärke ist die Einigkeit"
      Ein Dokument der Spaltung? Acht europäische Staatschefs erklären sich für Bush

      Im Folgenden dokumentiieren wir den Brief von acht europäischen Staat- und Regierungschefs, der unter dem Titel "Unsere Stärke ist die Einigkeit" am 30. Januar 2003 in verschiedenen Zeitungen als Anzeige veröffentlicht wurde. Der Brief war weder in der NATO noch in der EU abgesprochen und er enthält auch weit weniger als die Hälfte der in beiden Organisationen vertretenen Staaten. Beobachter sehen in dem Dokument den Versuch Washingtons (und Londons), die europäische Ablehnungsfront gegen den drohenden Irak-Krieg zu spalten. Darüber hinaus trägt die Initiative aber auch den Keim der künftigen Spaltung Europas. In weite Ferne gerückt ist insbesondere die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik. Weltpolitisch betrachtet, wird ein Krieg gegen Irak nicht nur den gesamten Nahen und Mittleren Osten destabilisieren, sondern auch Europa. Die Vereinten Nationen spielen nur noch am Rand eine Rolle, und auch das nur, wenn sie das Spiel der einzigen Supermacht mitzuspielen bereit sind. Es droht die Rückkehr ins Zeitalter der militärischen Zweckbündnisse und Eroberungskriege.
      Pst


      "Unsere Stärke ist die Einigkeit"

      Appell der Regierungschefs

      Wortlaut der Erklärung

      Die wahren Bande zwischen den Vereinigten Staaten und Europa sind die Werte, die wir teilen: Demokratie, persönliche Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Diese Werte überquerten den Atlantik mit jenen Menschen, die von Europa aufbrachen, um beim Aufbau der USA zu helfen. Heute sind sie bedroht wie nie zuvor. Die Angriffe vom 11.September zeigen, wie sehr Terroristen, die Feinde unserer gemeinsamen Werte, bereit sind, diese Werte zu zerstören. Dieses Verbrechen war ein Angriff auf uns alle. Regierungen und Völker in den Vereinigten Staaten und Europa haben diese Prinzipien mit aller Entschlossenheit verteidigt. Die transatlantischen Bande sind Garant unserer Freiheit. Das gilt heute mehr als jemals zuvor.

      Die Beziehung zwischen uns Europäern und den Vereinigten Staaten hat so manche Bewährungsprobe überstanden. Zum großen Teil dank des Muts, der Großzügigkeit und der Weitsicht der Amerikaner wurde Europa im 20. Jahrhundert gleich zwei Mal von Tyrannei befreit: von Nazi- Herrschaft und Kommunismus. Auch dank der dauerhaften Zusammenarbeit zwischen Europa und den Vereinigten Staaten haben wir Frieden und Freiheit auf unserem Kontinent bewahren können. Das transatlantische Verhältnis darf der anhaltenden Bedrohung der Weltsicherheit durch das irakische Regime nicht zum Opfer fallen.

      Mehr denn je ist in der heutigen Welt geboten, Einheit und Zusammenhalt zu bewahren. Wir wissen, dass der Erfolg im täglichen Kampf gegen Terrorismus und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen die unbeirrte Entschlossenheit und den festen internationalen Zusammenhalt all jener Länder erfordert, denen Freiheit etwas wert ist. Das irakische Regime und seine Massenvernichtungswaffen sind eine klare Bedrohung für die Weltsicherheit. Vor allem die Vereinten Nationen haben diese Gefahr erkannt. Wir alle sind der Resolution 1441 des Uno-Sicherheitsrats verpflichtet. Sie ist einstimmig angenommen worden. Wir Europäer haben seitdem immer wieder unseren Rückhalt für die Resolution 1441 bekräftigt sowie unseren Wunsch, eine Lösung über die Uno zu suchen (...)

      Auf diese Weise haben wir klar, fest und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass wir die Welt von der Gefahr der Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins befreien wollen. Gemeinsam müssen wir darauf bestehen, dass sein Regime entwaffnet wird. Die Solidarität, der Zusammenhalt und die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft sind unsere größte Hoffnung, dieses Ziel auf friedlichem Wege zu erreichen. Unsere Stärke liegt in unserer Einigkeit (...) Leider haben die UN-Waffeninspektoren in dieser Woche bestätigt, dass sein (Saddam Husseins) seit langem bestehendes Verhaltensmuster der Täuschung, Leugnung und Nicht-Einhaltung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats fortbesteht. Europa liegt nicht im Streit mit dem irakischen Volk, dem ersten Opfer des derzeitigen brutalen Regimes im Irak. Unser Ziel ist die Wahrung von Frieden und Sicherheit in der Welt, indem wir sicherstellen, dass dieses Regime seine Massenvernichtungswaffen aufgibt. Unsere Regierungen haben die gemeinsame Verantwortung, sich dieser Bedrohung zu stellen. Tatenlosigkeit hieße, unseren eigenen Bürgern und der gesamten Welt den Rücken zuzukehren. Täten wir dies nicht, wäre es nicht weniger als nachlässig gegenüber unseren eigenen Bürgern und der übrigen Welt.

      Die Charta der Vereinten Nationen verpflichtet den Sicherheitsrat, weltweit Frieden und Sicherheit zu bewahren. Um das zu leisten, muss der Sicherheitsrat seine Glaubwürdigkeit erhalten, indem er fest zu seinen Resolutionen steht. Wir können einem Diktator nicht erlauben, diese Resolutionen systematisch zu verletzen. Andernfalls verliert der Sicherheitsrat seine Glaubwürdigkeit. Dies schadet dem Weltfrieden. Wir sind zuversichtlich, dass der Sicherheitsrat seiner Verantwortung gerecht wird.

      José María Aznar, Spanien;
      José Manuel Durão Barroso, Portugal;
      Silvio Berlusconi, Italien;
      Tony Blair, Vereinigtes Königreich;
      Václav Havel, Tschechische Republik;
      Peter Medgyessy, Ungarn;
      Leszek Miller, Polen;
      Anders Fogh Rasmussen, Dänemark.

      Quellen: Zusammengesetzt aus Agenturübersetzungen von afp und dpa
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      schrieb am 01.02.03 12:07:37
      Beitrag Nr. 233 ()
      Rüstungsindustrie

      Die Verteidigten Staaten

      Für ihr Militär geben die USA rund 25-mal mehr Geld aus als die „Schurkenstaaten“ zusammen. Amerikas große Waffenschmieden haben mehr Einfluss als je zuvor – auch auf die Politik

      Von Christian Tenbrock

      Kaufen, wenn die Bomben fallen. So lautet ein Ratschlag zynischer Börsenstrategen. Wer, wenn nicht Rüstungsunternehmen, profitiert schon, wenn Kampfjets ihre Raketen ausklinken und Artilleriegeschosse den Weg ins Ziel finden? Wenn Flugzeugträger zu schwimmenden Kommandozentralen werden und Militärsatelliten den punktgenauen Abwurf smarter Sprengkörper steuern?

      Northrop Grumman zum Beispiel. „Das beste Unternehmen Amerikas“, befand das US-Wirtschaftsmagazin Forbes in seiner Januarausgabe. „We see you, Saddam“, überschrieb die Zeitschrift ihren Artikel – „Bis bald, Saddam“. Money empfahl die Aktie der Waffenschmiede, die nach 16 Firmenübernahmen in zehn Jahren zum zweitgrößten Rüstungskonzern der Welt aufgestiegen ist, als eins von sieben Börsenpapieren, die ein kluger Investor in diesem Jahr im Portfolio haben sollte. Nicht ganz so euphorisch, aber dennoch guten Mutes sind die Analysten bei den anderen Großen des amerikanischen Kriegshandwerks. Rüstungsaktien gelten in Kriegs- und Krisenzeiten als sicherer Hafen. Lockheed Martin, die Nummer eins im Waffensektor, wird von 6 unter 16 Branchenexperten als strong buy gewertet.

      Nicht ohne Grund: Ende der vergangenen Woche verkündete das Unternehmen, dass es für 2003 mit einem um acht bis zwölf Prozent höheren Umsatz rechne. Auch Raytheon, die auf Raketen und Elektronik spezialisierte Nummer vier Amerikas, will in diesem Jahr sechs bis sieben Prozent mehr Geschäft machen. Dabei ist es nicht erst der mögliche Waffengang im Irak, der die Herzen jener höher schlagen lässt, die mit Rüstung Geld verdienen. Schon Anfang 2002 konstatierte Heidi Wood, angesehene und viel zitierte Analystin beim Investmenthaus Morgan Stanley, ein „attraktives und organisches Umsatz- und Gewinnwachstum im Verteidigungssektor“.

      Organisch auch deshalb, weil Amerika – vor allem als Folge der Terroranschläge in New York und Washington am 11. September 2001 – wieder richtig viel Geld für seine Streitkräfte ausgibt: Im Haushaltsjahr 2003 kann das Pentagon mit insgesamt 379 Milliarden Dollar rechnen. Das sind rund 29 Prozent mehr als im Jahr 2000.

      Schon jetzt ist der Verteidigungsetat der Vereinigten Staaten 25-mal größer als die Summe aller Mittel, die die so genannten Schurkenstaaten Iran, Irak, Lybien, Syrien, Sudan, Nordkorea und Kuba zusammen für die Rüstung aufwenden. Rund zwei Drittel der weltweiten Militärausgaben entfallen gegenwärtig auf die Nato und ihre Alliierten. Als in Washington Ronald Reagan regierte, waren es nur etwa 50 Prozent.

      Allerdings steckte Reagan wesentlich mehr Geld in den Kauf neuer Waffen, als George W. Bush es tut. In heutigen Dollars gerechnet, wurden 1983 für Schiffe, Bomben oder Flugzeuge 121 Milliarden ausgegeben. Heute sind es 73 Milliarden, zu denen noch einmal 50 Milliarden Dollar für die Erforschung und Entwicklung zukünftiger Waffensysteme kommen. Experten wie David Strauss, Analyst beim Investmenthaus UBS Warburg, rechnen allerdings damit, dass die Beschaffungsausgaben in den nächsten Jahren um jährlich acht bis zehn Prozent steigen werden. 2009, so die Prognose, dürften die Vereinigten Staaten dann rund 490 Milliarden Dollar für ihre Soldaten und deren Waffen ausgeben.

      Solche Zahlen freut eine in den Neunzigern auf nur wenige große Player geschrumpfte Rüstungsbranche. 1993 – nach dem Ende des Kalten Krieges redete alle Welt noch von einer „Friedensdividende“ – hatte der damalige US-Verteidigungsminister Les Aspin die Chefs der wichtigsten Waffenschmieden in Washington versammelt, um sie vor die Alternative zu stellen, zu fusionieren oder das Rüstungsgeschäft aufzugeben. Die Folge dieses als „letztes Gericht“ in die Geschichte eingegangenen Gesprächs: Unternehmen wie Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und General Dynamics sind heute so dominant wie nie zuvor.

      Sieben der zehn weltgrößten Rüstungsfirmen kommen aus den USA. Sie bestimmen mit darüber, mit welchen Waffen amerikanische Soldaten in den Krieg ziehen. Vor 41 Jahren warnte der damalige US-Präsident Dwight D. Eisenhower noch vor der „unzulässigen Beeinflussung“ der Politik durch den „militärisch-industriellen Komplex“; heute sprechen Kritiker von einem „eisernen Dreieck“ aus Militär, Rüstungsindustrie und einzelnen Politikern, das die Entscheidung über Strategie, Mittelvergabe und Waffensysteme unter sich ausmacht. In der Regierung Bush sitzen nicht nur Vertreter der Ölbranche, sondern auch ehemalige Manager der Waffenfirmen. James Roche etwa, der für die Luftwaffe zuständige Staatssekretär im Pentagon, arbeitete früher für Northrop Grumman, sein Stellvertreter Peter Teets war Vorstandsmitglied bei Lockheed Martin.

      Wo der direkte Draht allein nicht hilft, wird auch mit Geld für die nötige Einstellung gesorgt. Zwischen Mitte 2001 und Ende 2002, berichtete die New York Times, haben Amerikas Waffenschmieden 90 Millionen Dollar in die Beeinflussung von Senatoren und Abgeordneten gesteckt – etwa durch großzügige Wahlkampfspenden. Daneben bedient sich die Branche der sehr wirksamen Strategie, die insgesamt drei Millionen Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie über so viele Wahlkreise wie möglich zu verteilen. Boeing, das inzwischen mehr als die Hälfte seines Umsatzes im Kriegshandwerk macht, verzeichnet insgesamt 61 Produktions- und Forschungsstätten in den USA. Jedes neue Waffensystem bringt neue Jobs – und jeder neue Job nützt einem Abgeordneten bei der nächsten Wahl.

      Die größten Rüstungskonzerne der Welt

      1. Lockheed Martin (USA)
      2. Boeing (USA)
      3. BAE System (GB)
      4. Raytheon (USA)
      5. Northrop Grumman (USA)
      6. General Dynamics (USA)
      7. EADS* (Frankreich, Deutschland, Spanien)
      8. Thales (Frankreich)
      9. Litton** (USA)
      10. TRW** (USA)

      * Dazu gehören Airbus und Eurofighter. Größte Anteilseigner sind Aerospatiale und DaimlerChrysler
      ** Gehört jetzt zu Northrop
      Quelle: SIPRI, Stand 2000

      Lockhead Martin
      14,7 Mrd. $ Rüstungsverkäufe in den USA 2001
      125 000 Beschäftigte
      Wichtige Produkte:
      F/A-22-Kampfflugzeuge (ca. 84 Mio. $), in der Entwicklung
      F-16-Kampfflugzeuge (ca. 14,6 Mio. $)
      F-117-Kampfflugzeuge (ca. 45 Mio. $)
      Trident und andere Raketen, Rüstungselektronik, Satelliten

      Boeing
      13,3 Mrd. $ Rüstungsverkäufe in den USA 2001
      198 000 Beschäftigte
      Wichtige Produkte:
      B-2-Bomber (ca. 1,2 Mrd. $)
      F/A-18-Kampfflugzeug (ca. 29 Mio. $)
      C-17-Transportflugzeug (ca. 240 Mio. $)
      Apache-Hubschrauber (ca. 14 Mio. $)
      Rüstungselektronik, Satelliten; Präzisionsbomben (ca. 25 000 $ pro Bombe)

      Raytheon
      5,6 Mrd. $ Rüstungsverkäufe in den USA 2001
      77 000 Beschäftigte
      Wichtige Produkte:
      Tomahawk-Cruise-Missile (ca. 600 000 $)
      Patriot-Raketensystem (ca. 73 Mio. $)
      Lenkbare Artilleriegeschosse, Radarsysteme

      Northrop Grumman
      5,2 Mrd. $ Rüstungsverkäufe in den USA 2001 (ohne die Rüstungsunternehmen Newport News, Litton Industries, TRW, die inzwischen übernommen wurden)
      40 000 Beschäftigte
      Wichtige Produkte:
      B-2-Bomber (ca. 1,2 Mrd. $)
      Kriegsschiffe, U-Boote;
      Flugzeugträger "Ronald Reagan", Satelliten, raketengestütze Verteidigungssystem, Global Hawk (unbemanntes Flugzeug) in der Entwicklung
      Schätzpreis: 10 Mio. $

      Quellen: U.S.-Air Force, SIPRI, Unternehmensangaben, Federation of American Scientists, Center of Defense Information, eigene Recherchen


      Avatar
      schrieb am 01.02.03 17:25:50
      Beitrag Nr. 234 ()
      "Unsittlicher Krieg"

      Bush erregt den heiligen Zorn der Kirche

      George Bush präsentiert sich als gerne als tief religiös, zumindest die deutschen Kirchen aber verdammen seine Irak-Politik mit ungewohnt beißenden Worten. Der höchste Protestant nennt den drohenden Krieg "sittlich nicht erlaubt" - und der oberste Katholik befindet, Bush sei nicht besser als islamische Fundamentalisten.

      Präsident Bush beim baptistischen Gottesdienst: Islamisten argumentieren ähnlich
      AP
      GroßbildansichtPräsident Bush beim baptistischen Gottesdienst: Islamisten argumentieren ähnlich
      Hamburg/Stuttgart - Es wirkt fast so, als hätten sich Kardinal Lehmann und EKD-Chef Kock abgesprochen: Fast gleichzeitig machten die beiden Kirchenvertreter deutlich, wie entschieden sie aus theologischen Gründen einen Krieg im Irak ablehnen.

      In der "Bild am Sonntag" schreibt Karl Lehmann, Mainzer Bischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Krieg dürfe aus Sicht der Kirche nur in extremen Situationen in Betracht kommen. Er könne zur Abwehr eines unmittelbaren Angriffs dienen - oder zum Kampf gegen ein Menschheitsverbrechen wie Völkermord.

      "Furchtbare Angst"

      Im Falle des Iraks aber seien diese Kriterien nicht erfüllt: "Ein Krieg zum Sturz tyrannischer und bedrohlicher Regierungen oder zur Gefahrenvorbeugung - manchmal auch `Präventivkrieg` genannt - ist sittlich nicht erlaubt", schreibt Lehmann.


      Kock sagte der "Stuttgarter Zeitung": "Eine solche Begründung erzeugt bei mir eine furchtbare Angst". Die Vernunft habe es schwer, gegen eine solche irrationale Haltung anzukommen, sagte Kock weiter. Er habe nur noch wenig Hoffnung, dass ein Krieg zu verhindern sei. Washington sei gar nicht ernsthaft bemüht, eine diplomatische Lösung des Irak-Konflikts zu finden.
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      schrieb am 01.02.03 23:17:59
      Beitrag Nr. 235 ()
      Irak-Krise

      Zum Krieg entschlossen

      Mit Beweisen will Colin Powell den Uno-Sicherheitsrat auf Kriegs-Kurs bringen. Das Dossier, das der US-Außenminister kommenden Mittwoch präsentieren will, nimmt Formen an: Tonbandprotokolle von abgelauschten Gesprächen der irakischen Führung, Satellitenbilder und Geheimdienstermittlungen sollen die Welt überzeugen.

      Bagdad/ Washington - Spätabends, kurz vor der Geisterstunde, wenn auf vielen Fernsehkanälen in aller Welt Erotik lockt oder Horror, ist im Bagdader Staatsfernsehen moralische Aufrüstung angesagt. Der Raïs selbst, Iraks großer Führer und Vater aller jüngsten Kriege, stimmt seine Landsleute ein auf den nächsten Waffengang: "Seid bedächtig und zuversichtlich", mahnt Saddam Hussein bei Begegnungen mit Militärs, Volksvertretern und Stammeschefs seine Getreuen, "besinnt euch auf das Wesentliche, seid mutig und stark."

      Lächelnd demonstriert der Despot unerschütterliches Selbstvertrauen. "Wenn die Amerikaner angreifen, werden sie ihre technische Überlegenheit vorführen und viel zerbomben", sagt er mit leiser Stimme vor Regionalkommandeuren, "wir können ihre Bomber nicht vom Himmel holen."

      Die Offiziere mit den schwarzen oder blauen Baretts blicken bedrückt drein, und die Kunstpause, die Saddam einlegt, um drei lange Züge aus seiner robusten Havanna zu nehmen, verstärken die Stimmung der Beklommenheit.

      Doch dann schießt urplötzlich ein Blitz von Leidenschaft über das fahle Gesicht des Raïs, die Augen unter dem pechschwarzen Haarschopf funkeln. "Lasst euch nicht beeindrucken", herrscht Saddam seine Mannen an, "die Amerikaner ziehen ohne Überzeugung und Moral ins Feld, ihr aber verteidigt das Vaterland."

      "Nieder mit Amerika", brüllt ein Vorjubler, und die Militärs jauchzen dem Despoten frenetisch zu: "Allah ist mit dir, Allah ist mit uns."

      Göttlichen Beistand wird das Bagdader Regime zum Überleben in der Tat brauchen. Nach dem Bericht der Uno-Waffeninspektoren, nach Bushs kriegsentschlossener Rede an die Nation, steht der Militärschlag der Supermacht offenbar unmittelbar bevor - er sei eine Frage von Wochen, nicht etwa Monaten, heißt es in Washington.

      Die Hauptrolle im diplomatischen Teil des Endspiels wird US-Außenminister Colin Powell übernehmen. Er soll an diesem Mittwoch dem Weltsicherheitsrat Beweise für Saddams permanente Wortbrüche, Ausflüchte und sein sinistres Waffenprogramm unterbreiten. Die Grundlage für diese Gesamtanklage bilden der Blix-Bericht vom 27. Januar und angeblich schlagkräftige Erkenntnisse der US-Geheimdienste.

      Enthüllungsmaterial soll aus Satellitenaufnahmen stammen, auf denen zu sehen sei, wie Iraker verdächtige Lagerstätten besenrein aufräumen, ehe die Inspektoren auftauchen. Angeblich gibt es auch Belege dafür, dass irakische Geheimdienstleute als Wissenschaftler auftraten. Die Indizien fußen dabei oft auf Telefonaten zwischen irakischen Beamten, die abgehört wurden, und auf Aussagen von Überläufern. Das allerdings ist immer auch Material, welches mit Vorsicht zu genießen ist, oftmals haben sich Berichte geflohener Iraker später als Gräuelmärchen entpuppt.

      Monatelang haben Spezialisten des US-Abhörbehörde NSA Gespräche der irakischen Administration abgelauscht. Dabei seien die Beamten Ohrenzeuge von zahlreichen verräterischen Dialogen geworden, meldet das amerikanische Magazin "Newsweek". Das Blatt zitiert Geheimdienstler, die schon mal verraten, was kommende Woche zu hören sein soll: "Sie sagen Dinge wie `Verlegt das`, `Berichtet nicht darüber` und `Ha! Könnt ihr glauben, dass sie das nicht gefunden haben?`". Die Unterhaltungen sollen belegen, dass die Iraker ständig damit beschäftigt waren, Dinge vor den Inspektoren zu verstecken: "Macht Euch auf etwas gefasst. Wir haben es (einen Beweis)", so ein Geheimdienst-Mitarbeiter.

      Dass Erkenntnisse der NSA veröffentlicht werden, ist höchst ungewöhnlich. Die Tätigkeit der Lauschtruppen gehört zu den geheimsten Aktivitäten im amerikanischen Sicherheits-Apparat. Normalerweise wollen die Verantwortlichen nicht einmal einräumen, dass überhaupt Gespräche in einem bestimmten Land abgehört wurden. Doch in diesem Fall sollen die Erkenntnisse offenbar so brisant sein, dass die Regierung ihre Geheimhaltungs-Grundsätze brechen will.

      Zuletzt hatte US-Präsident Ronald Reagan Tapes der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Sie sollten belegen, dass der libysche Diktator Gaddafi hinter dem 1986 ausgeführten Anschlag auf die Berliner Diskothek "La Belle" steckte. Im Fall der Irak-Tapes ist der Inhalt offenbar von solcher Bedeutung, dass die US-Regierung ihre Grundsätze erneut bricht. Wie "Newsweek"-Reporter Michael Isikoff schreibt, sichteten Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA, des Außenministeriums, des Nationalen Sicherheitsrates und von Vize-Präsident Dick Cheney derzeit das Material. US-Regierungskreise hätten noch nicht entschieden, welche Ausschnitte genau der UN vorgelegt werden sollten. Allerdings gibt es auch skeptische Stimmen.

      So zitiert "Newsweek" einen Geheimen mit der Aussage, dass sich die Gespräche auch auf das Verbergen von Akten oder Computern bezogen haben könnten. Ein anderes Mitglied des Geheimdienstes habe eingeschränkt, es werde zwar deutlich, dass es systematische Täuschungen gegeben habe. "Aber folgt daraus zwingend, das man in den Krieg ziehen muss?" Möglicherweise werde nicht über die Waffen selbst gesprochen.

      Genauso wie im Jahr 1998, als der erste Inspektoren-Rundgang endete, ist der Irak jetzt eine Erklärung schuldig geblieben, ob eine Vielzahl chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe, wie vom Irak behauptet, tatsächlich vernichtet wurde. Überdies gab das Regime bisher keine plausiblen Antworten auf die Frage, was mit Nährböden, die auch zur Produktion biologischer Waffen geeignet sind, geschehen ist.

      Alles sei vernichtet worden, hörten die Waffeninspektoren jetzt wieder von Bagdader Beamten. Es sei "Allahs Wille" gewesen, dass die Zerstörungen nicht auf Video festgehalten seien. Die Blix-Mannschaft insistiert jedoch auf Protokollen der Vernichtung und will Zeugen befragen - ohne den üblichen Aufpasser, der an seine Dienststelle meldet, wie aussagewillig etwa ein Wissenschaftler gewesen sei.

      Inspektoren hegen den starken Verdacht, dass die chemischen und biologischen Kampfstoffe nicht vernichtet wurden, sondern noch existieren. Der Argwohn gründet sich auf ein Papier, das die deutsche Inspektorin Gabriele Kraatz-Wadsack schon 1998 in einem Tresor im Hauptquartier der irakischen Luftwaffe fand. Daraus ging hervor, dass Saddam im Krieg gegen Iran zwischen 1983 und 1988 etwa 13 000 Bomben, gefüllt mit chemischen Kampfstoffen, einsetzen ließ. Doch bei anderen Gelegenheiten hatte die Bagdader Führung behauptet, es seien 19 500 Bomben abgefüllt worden. Bleibt eine erklärungsbedürftige Differenz von 6500 Stück.

      Im Blix-Bericht vom 27. Januar, der zur Genugtuung des Weißen Hauses außerordentlich kritisch ausfiel - wozu massiver Druck aus Washington beitrug -, finden sich auch Hinweise, dass der Irak an Raketen arbeiten lässt, die eine größere Reichweite als die erlaubten 150 Kilometer haben. Der Chef der Uno-Waffeninspektoren forderte Saddams Gefolgsleute prompt dazu auf, alle Vorbereitungen für Testflüge einzustellen. Gesichert ist auch die Erkenntnis, dass das Regime illegal 380 Raketenmotoren importierte.

      Eigentlich zweifelt kein westlicher Geheimdienst daran, dass Saddam Massenvernichtungswaffen zurückgehalten hat und noch versteckt. Es glaubt allerdings auch niemand daran, dass Außenminister Powell Beweise vorlegen kann, die ähnliche Schlagkraft haben wie jene Luftaufnahmen vom Oktober 1962, als die Sowjetunion nicht länger leugnen konnte, atomare Raketen auf Kuba zu stationieren. Er werde einen "geradlinigen Auftritt haben und eine nüchterne Einschätzung geben - nichts Theatralisches", schraubt Powell vorsorglich überspannte Erwartungen herunter.

      Zu Powells Indizien werden vermutlich auch Satellitenaufnahmen gehören, auf denen mobile Biolaboratorien zu sehen sind. In denen soll das Regime mit möglichen Grundstoffen für Massenvernichtungswaffen experimentieren. Gleich drei Überläufer hätten davon erzählt, beharrt Präsident Bush in seiner Rede an die Nation. Die Iraker hingegen führen eine harmlose Erklärung für die rollenden Werkstätten an: Es handele sich um Renault-Lastwagen, die für einen friedlichen Zweck unterwegs seien - um Lebensmittel und Getreide vor Pilz- und Schimmelbefall zu schützen. Aussage steht da gegen Aussage.

      Ob der Auftritt des US-Außenministers im Sicherheitsrat von Erfolg gekrönt sein wird oder nicht, hängt auch davon ab, ob er den Nachweis glaubhaft führen kann, dass Saddam mit dem Terrornetzwerk der Qaida zusammenarbeitet - dass nämlich der Diktator, wie Bush in seiner Rede sagte, "den Terroristen hilft und sie beschützt". Die Begründung für den Feldzug gegen den Irak litt bisher immer darunter, dass sich der Bogen zwischen dem 11. September 2001 und Bagdad nicht schlagen ließ.

      Und jetzt? Das Verbindungsglied zwischen der Regierung in Bagdad und dem islamischen Terrorismus soll Abu Mussab al-Sarkawi (SPIEGEL 48/2002) bilden. Er gilt als einer der wichtigsten und brutalsten Anführer der Qaida und plante wohl auch Anschläge in Deutschland. Er hält sich, darin stimmen deutsche und amerikanische Fahnder überein, seit Monaten im Norden des Irak auf. Angeblich brütet er mit der Fundamentalisten-Bewegung Ansar-e Islam derzeit Angriffe mit biologischen und chemischen Waffen aus.

      Allerdings hat die Beweisführung einen Schönheitsfehler: In diesem Teil des Nordirak regiert nicht Saddam, hier haben die Kurden das Sagen - dank der amerikani-schen und britischen Lufthoheit in der Flugverbotszone.

      Sarkawi, ein gebürtiger Jordanier, soll zumindest ärztliche Behandlung in Bagdad genossen haben, ehe er in den Norden ging. Doch selbst US-Geheimdienste halten es für möglich, dass die irakischen Stellen gar nicht wussten, wer da im Krankenhaus lag. Sie wurden vermutlich erst von jordanischen Diensten, die um Sarkawis Auslieferung nachsuchten, auf seine Identität aufmerksam gemacht. Doch der Chemiewaffenspezialist der Qaida floh rechtzeitig in den sicheren Norden des Landes.

      Auch die legendenumwobene Gestalt des Abu Mussab al-Sarkawi bietet offenbar nicht den entscheidenden Beweis für eine innige Kooperation Saddams mit islamistischen Terroristen im weiteren Umkreis Osama Bin Ladens. Und dass etwa die noch weiter gehende Schlussfolgerung gezogen werden könne, Saddam trage zumindest auf indirekte Weise Schuld an den mörderischen Anschlägen vom 11. September, hat sogar die Regierung von Tony Blair, Bushs bestem Verbündeten, vor dessen Abreise nach Washington in Abrede gestellt. Dort drängte der Brite auf eine zweite Resolution vor einem Militärschlag.

      Erheblich weiter ging am Ende vergangener Woche Chefinspektor Blix, der Uno-Diplomat bezichtigte sowohl Bush als auch Powell überzogener Vorwürfe gegen Bagdad. Weil es zurzeit keine überzeugenden Anzeichen gebe, dass der Irak Verbindungen zu al-Qaida hat, sprach sich Blix für eine friedliche Abrüstung des Irak aus - und gegen den Krieg.
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      schrieb am 02.02.03 14:27:58
      Beitrag Nr. 236 ()
      US-Invasionspläne

      "Dies wird nicht der Krieg, den dein Vater kennt"

      Die Angriffspläne der US-Militärs nehmen Formen an: Mit einem Bomben-Inferno wollen sie die irakische Armee in Angst und Schrecken versetzen. In den ersten 48 Stunden wollen sie zehnmal soviel Präzisions-Bomben abwerfen wie im Golfkrieg 1991, erstes Ziel sollen Saddams Paläste sein. Neuen Umfragen zufolge unterstützt erstmals eine Mehrheit der Amerikaner den Krieg.


      DDP

      Falcon-Jet über dem Norden des Irak: Zu Beginn zehnmal so viele Bomben abwerfen wie im letzten Krieg


      New York - In den grauen Gebäuden des Pentagons und in den Büros der amerikanischen Geheimdienstler herrscht an diesem Wochenende emsige Betriebsamkeit. Etliche Abteilungen sind damit beschäftigt, den Bericht vorzubereiten, mit dem US-Außenminister Colin Powell der Uno am kommenden Mittwoch Beweise dafür erbringen will, wie das irakische Regime die Uno-Inspekteure in den vergangenen Wochen genarrt hat. Doch mindestens ebenso emsig arbeiten die Planungsstäbe der Militärs. Immer genauer werden die Umrisse des amerikanischen Angriffsplans erkennbar.

      Den Angriff einleiten soll ein gewaltiges Bombardement aus lasergesteuerten und satellitengestützten Präzisionswaffen. Allein in den ersten 48 Stunden wollen die Amerikaner 3000 Bomben über dem Irak abwerfen - zehnmal soviel, wie in den ersten zwei Tagen des Golfkrieges von 1991 eingesetzt wurden. Die auf wenige Meter genau steuerbaren Sprengsätze sollen Luftabwehranlagen vernichten, die Hauptquartiere der politischen und militärischen Führung treffen und vermutete Waffensysteme zum Abschuss von biologischen und chemischen Kampfstoffen zerstören.

      Der Angriffsplan sehe vor, dass mit diesen Waffen innerhalb der ersten 48 Stunden der Weg geebnet werden solle für eine Invasion von Bodentruppen, berichtete die "New York Times" am Sonntag unter Berufung auf Kreise des Militärs und des US-Verteidigungsministeriums. "Dies wird nicht der Golfkrieg, den dein Vater kennt", zitiert das Blatt einen Pentagon-Offiziellen.

      Ziel sei es, den Kampfeswillen der irakischen Armee zu brechen und weite Truppenteile zur Aufgabe oder zum Überlaufen zu bewegen. Die irakische Führung in Bagdad solle isoliert werden, um so ihren raschen Sturz zu bewirken.

      Den Luftangriff sollen dem Bericht zufolge rund 500 Kampfjets und Versorgungsflugzeuge fliegen. Nach Informationen der britischen Tageszeitung "Observer" sollen erstes Ziel der verheerenden Bombenangriffe die Paläste von Saddam Hussein sein. Gleichzeitig würden die irakischen Ölfelder durch Luftangriffe "gesichert." Der "Observer" beruft sich auf eine von Verteidigungs-und Geheimdienstexperten erstellte Liste von Angriffszielen.

      Dazu gehörten Schlüssel-Ministerien, Eigentum der Familie von Saddam Hussein und Ziele in dessen Heimatstadt, Tikrit. Die Luftangriffe sollen sich auch gezielt gegen die Schutztruppen der Republikanischen Garden und gegen die Geheimdienste richten.

      Die Flugzeuge sollen von Stützpunkten in der Golf-Region aufsteigen. Außerdem kämen die Kampfjets auf vier oder fünf Flugzeugträgern der Marine zum Einsatz. Der Luftangriff könne innerhalb einer Woche beendet sein. Eine Bodenoffensive würde dann schnell folgen, berichtete die "New York Times" weiter. Vom Norden Kuwaits aus würden die 3. Infanteriedivision der Armee und ein beträchtliches Kontingent an Marineinfanteristen in Irak vorrücken. Die 4. Infanteriedivision würde von der Türkei aus in den Norden Iraks vorstoßen. Möglicherweise würde die britische Armee die US-Truppen in Kuwait unterstützen.

      Das US-Militär würde sich dem Plan zufolge weit stärker auf präzisionsgelenkte Waffen stützen als im Golf-Krieg 1991, um die Zahl ziviler Opfer und die Zerstörung der Infrastruktur so gering wie möglich zu halten. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Luftwaffenkreise, die Luftwaffe habe in der Golf-Region bereits 6700 satellitengesteuerte Bomben und mehr als 3000 lasergelenkte Bomben. Experten rechnen damit, dass die USA in der Golf-Region bis Mitte Februar ausreichend Truppen für einen Angriff zusammengezogen haben.

      Derweil scheint der Rückhalt des US-Präsidenten in seinem Land und die Zustimmung der Amerikaner zu einem Irak-Krieg wieder rasch zu wachsen. Die Rede zur Lage der Nation, die Bush vergangene Woche hielt, war bei vielen US-Bürgern gut angekommen. Bush hatte darin erneut mit Krieg gedroht. Nach einer am Samstag veröffentlichten Umfrage des Fernsehsenders ABC und der Tageszeitung "Washington Post" sprach sich mit 51 Prozent der Befragten erstmals eine Mehrheit für einen Irak-Krieg auch ohne Uno-Mandat aus.
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      schrieb am 02.02.03 18:40:14
      Beitrag Nr. 237 ()
      Die UN und der Irak

      Verwalter des Friedens

      Die Mitarbeiter der Vereinten Nationen in New York engagieren sich für eine bessere Welt – die Liste ihrer Erfolge ist kurz. Wie viel Einfluss bleibt der Organisation im Zeitalter der neuen amerikanischen Vorherrschaft? Szenen einer komplizierten Beziehung

      Von Andrea Böhm



      US-Präsident Bush verfolgt die Rede von Kofi Annan vor der UN-Vollversammlung am 12. September 2002
      Foto: Win McNamee/Reuters
      Man wahrt im großen Saal auch dann die Form, wenn man sich gegenseitig mit Massenvernichtungswaffen bedroht. Zu Beginn der Sitzung hatten sich die Herren Negroponte, Greenstock und al-Douri reserviert, aber höflich zugenickt. Dann nahmen die Botschafter der USA, Großbritanniens und des Irak nebeneinander Platz. Das Protokoll hatte die Sitzordnung so vorgesehen an jenem Tag, als Hans Blix, der Chef der Waffeninspektoren im Irak, dem UN-Sicherheitsrat seinen Bericht vorlas. Einerseits übte Blix darin harsche Kritik am Irak, andererseits führte er ein eloquentes Plädoyer für die Wirksamkeit von Inspektionen. Montag, 27. Januar 2003 sollte der Tag der Entscheidung sein. Doch kurz nach zwölf Uhr stand fest: Das Warten auf den Krieg geht weiter.

      Es war natürlich vorher schon ausgehandelt, dass an diesem Tag kein Signal zum Angriff erfolgen würde: Frankreich, Deutschland, Russland, China fordern mehr Zeit für Waffeninspektionen; Tony Blair hat in seiner Labour-Partei mit massivem Widerstand gegen einen Krieg zu kämpfen, George W. Bush mit einer zunehmend skeptischen amerikanischen Öffentlichkeit. Am 14. Februar soll Blix dem Sicherheitsrat erneut berichten. Eine Gnadenfrist, wie es scheint, denn nur noch wenige im UN-Hauptquartier glauben, dass ein Angriff gegen den Irak zu verhindern sei. Und einige Stunden nach Blix’ Lesung kündigte US-Außenminister Colin Powell an, nächste Woche amerikanische Geheimdienstberichte über irakische Waffenprogramme zu veröffentlichen – also endlich die smoking gun zu präsentieren, welche die Inspektoren bislang nicht gefunden haben. In den Fluren der Vereinten Nationen übt man sich seither in Sarkasmus. „Habt ihr gehört? Bush wird bei seiner Rede zur Lage der Nation den Krieg ausrufen. Gegen Frankreich.“

      Einzig Zbigniew Brzezinski, ehemals Nationaler Sicherheitsberater unter Jimmy Carter, skizzierte in den Abendnachrichten ein alternatives Szenario zum Krieg: Der Irak entschließt sich angesichts des drohenden Bombenhagels zu bedingungsloser, aktiver Kooperation; die US-Regierung sieht von ihrem wahren Ziel des Regimewechsels ab, akzeptiert die Abrüstung des Irak als Erfolg und gibt Bagdad für diesen Fall eine über die UN vermittelte Nichtangriffserklärung. Vielleicht ist das an diesem 27. Januar tatsächlich der einzig denkbare Ausweg aus einer Krise, in der es nicht nur um Krieg oder Frieden, Regimewechsel oder Entwaffnung im Irak geht.

      In diesem Countdown geht es auch um die Zukunft der Vereinten Nationen im Zeitalter einer neuen amerikanischen Vorherrschaft. Das Verhältnis der UN zu Amerika ist von jeher bestimmt von Spannungen, Unverständnis und gegenseitiger Abhängigkeit. Während die ganze Welt den sich zuspitzenden Konflikt zwischen der amerikanischen Regierung, Saddam Hussein und dem UN-Sicherheitsrat verfolgt, geht in den Departments und Büros im UN-Gebäude der Alltagsbetrieb weiter: die Verwaltung der humanitären Hilfsleistungen bei Katastrophen etwa, die Verwaltung der weltweiten Blauhelm-Einsätze, die Verwaltung des Oil- for-Food-Programms (des Öl-für-Nahrung-Programms im Irak), die Verwaltung der weltweiten Abrüstungsprogramme.


      Donnerstag, 9. Januar. Im UN-Hauptquartier atmet man auf, leise. Der Fernsehsender ABC meldet unter Berufung auf Quellen aus dem Pentagon, das amerikanische Militär sei frühestens Anfang März zum Angriff bereit. Im 36. Stock des Gebäudes am East River bereitet sich Hansjörg Strohmeyer auf einen Krieg vor, der nach offizieller Lesart des Hauses noch abzuwenden ist. „Jedenfalls reden wir hier nicht von Countdown“, sagt er. Aber Zeit sei Luxus – ein Luxus, den Strohmeyers Abteilung nicht immer hat. Es ist der Luxus, sich auf verschiedene Szenarien des Elends vorzubereiten und nicht, wie damals im Kosovo- oder Osttimor-Konflikt, vom Ausmaß einer Massenflucht überrascht zu werden.

      Hier, in der höchstgelegenen Etage des UN-Gebäudes, befindet sich das Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, das Büro zur Koordination humanitärer Angelegenheiten. OCHA ist der Katastrophendienst der Vereinten Nationen. Bei Überschwemmungen in Mosambik, bei der aktuellen Hungersnot in Nordkorea oder einem Erdbeben in Indien versucht das Büro, die humanitäre Hilfe zu koordinieren und Ordnung ins Labyrinth der Hilfsorganisationen zu bringen. Da Fernsehkameras meist schneller am Ort einer Katastrophe sind als der bürokratische UN-Koloss, gibt es in den Medien für die Arbeit der OCHA selten gute Noten, Strohmeyer hat sich daran gewöhnt. Er ist Chief of Staff, und im Krisenfall kommt er ohnehin kaum dazu, die Zeitung zu lesen.

      Wahrscheinlich muss man es Fortschritt nennen, dass der Krieg gegen den Irak zeitgleich mit der Hilfe für die Opfer geplant wird, die er kosten wird. Seit einigen Monaten entwirft OCHA Szenarien für den Ernstfall: In Jordanien, dem Iran und anderen Nachbarländern des Irak müssen Lagerhallen mit Zelten und Decken gefüllt werden; die food pipelines, Ankaufstationen und Transportwege für Nahrungsmittel, sind anzulegen, Lastwagen und Kommunikationsgerät bereitzustellen, das erforderlich Personal ist zu kalkulieren. Und dieses Mal muss auch das bislang Undenkbare gedacht werden: die Entsendung von Helfern in ein Gebiet, in dem chemische und biologische Waffen eingesetzt worden sind. „Das Militär hat es einfacher“, sagt Strohmeyer. „Wir haben kein stehendes Heer von Katastrophenhelfern.“

      Ein Krieg könnte nach wenigen Tagen durch den Kollaps der irakischen Armee entschieden sein; er könnte aber auch 500000 Verletzte hinterlassen, eine Million Iraker in den Iran treiben und zwei Millionen Menschen zu Flüchtlingen im eigenen Land machen. Diese Zahlen stammen aus einem nichtöffentlichen UN-Report, der auf die Website einer britischen Hilfsorganisation geraten ist. Strohmeyer sagt, was er sagen muss: „Kein Kommentar.“ Nur so viel: Das seien Zahlen aus einem vorläufigen Entwurf gewesen, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Niemand könne Genaues vorhersagen. Beginnt tatsächlich der Krieg, ändern sich Flüchtlingszahlen stündlich; dann folgt eine Krisensitzung auf die nächste; dann versucht man zu verhindern, dass in einem Auffanglager 20 Hilfsorganisationen auftauchen und im nächsten keine; dann muss man mit „militärischen Akteuren“ von regulären Truppen bis zu Warlords und Milizen verhandeln und Geberländer um Geld bitten. Denn den Vereinten Nationen fehlt nicht nur ein „stehendes Heer von Krisenhelfern“, sie verfügen auch über keinen nennenswerten Fonds für Katastrophenfälle. Der kleine Budgetposten für Krisen und Desaster aller Art ist fast aufgebraucht. OCHA hat deshalb bei den Geberländern erst einmal um 37Millionen Dollar für die nötigsten Vorbereitungen gebeten. Von diesem Geld ist bislang kaum etwas eingetroffen. Geberländer, allen voran die europäischen, zögern, weil sie den Eindruck vermeiden wollen, den Krieg im Irak für eine bereits vollendete Tatsache zu halten.

      37 Millionen Dollar seien „eine bescheidene Summe“, sagt Strohmeyer. Kommt es zum Krieg, dann benötige man für humanitäre Hilfe „dreistellige Millionenbeträge“. Dann wird das Geld auch fließen, da ist er sich sicher – allerdings zulasten anderer: Afghanistan zum Beispiel, das gestern noch ganz oben auf der Liste der Hilfsbedürftigen stand, wird nach unten rutschen, ganz zu schweigen von Ländern wie Georgien und Tadschikistan. Das sind humanitäre Notstandsgebiete ohne großen Nachrichtenwert. Schließlich bereitet sich die OCHA nicht nur auf eine Häuserschlacht um Bagdad vor, sondern auch auf eine Hungersnot, die das Leben von 40 Millionen Menschen im südlichen Afrika bedroht, wo Aids die Bevölkerung bereits erheblich dezimiert hat. Strohmeyer erzählt das alles nicht, um sich und andere zu deprimieren. Er will nur sagen: Die Welt ist größer als Amerika und der Irak.

      „The US fights, Europe funds, the UN feeds“ lautet ein Bonmot, das immer wieder auf Konferenzen zur internationalen Politik zu hören ist. „Amerika kämpft, Europa zahlt, die Vereinten Nationen füttern die Flüchtlinge“ – eine Art Arbeitsteilung auf geostrategischem Niveau. So geschehen im letzten Golfkrieg, im Kosovo, in Afghanistan, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Selbst Amerika zahlt bisweilen, und manchmal kämpft Europa ebenfalls ein bisschen mit. Das Bonmot war bis vor kurzem weniger eine Kritik an amerikanischem Dominanzgebaren als an europäischer Unfähigkeit, Kriegsverbrechen in der eigenen Nachbarschaft zu stoppen. Doch dann kamen die Terroranschläge des 11. September. Auf George Bushs Kampfansage an die „Achse des Bösen“ folgte eine neue amerikanische Sicherheitsstrategie. Friedenssicherung heißt für Washington, nach der eigenen Unverwundbarkeit zu streben. Eine Wagenburg mit Raketenschutzschild soll entstehen. Man beansprucht das Recht auf Präventivschläge – notfalls auch mit „Mini“-Atombomben. Beschlüsse des Sicherheitsrats wären gegebenenfalls zu ignorieren.

      Diese Doktrin kann mit den nächsten Präsidentschaftswahlen schon wieder hinfällig sein. Vorläufig aber sind die Vereinten Nationen mit einem gewaltigen Problem konfrontiert: Ihr mächtigstes Mitglied behält sich vor, bei Bedarf die Grundsätze der UN-Charta zur Friedenssicherung zu missachten. Die „Arbeitsteilung“ zwischen USA und UN stünde dann in einem ganz anderen Licht. Die Vereinten Nationen würden als Instanz zur Regelung internationaler Konflikte nicht mehr ernst genommen. Sie wären nur noch reagierender Katastrophendienst.

      Dienstag, 14. Januar. In der Lobby des UN-Hauptquartiers zählt die große Digitalanzeige den „weltweiten Countdown gegen Polio“. Im Saal des Sicherheitsrats, auf dessen großem Wandgemälde ein Phönix aus der Asche steigt, referiert Herr Olara Otunnu, Sondergesandter des Generalsekretärs, zum Thema „Kinder in bewaffneten Konflikten“. In der Cafeteria pausieren Delegierte des Ausschusses für Nichtregierungsorganisationen; die Ad-hoc-Beratungsgruppe des Wirtschafts- und Sozialrats zu Guinea-Bissau hat ihren Report fertig gestellt. Man muss sich einmal den amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in dieser Welt der gedämpften, kleinen Schritte vorstellen, um den Zusammenprall der Kulturen zwischen US-Hauptstadt und UN-Hauptquartier zu ermessen.

      Dort einer der Lenker der einzigen Supermacht auf einer Mission, der mit einem Federstrich Zehntausende von Soldaten zum Sturz eines Diktators entsendet und mit großem Pathos die Demokratisierung einer ganzen Region ankündigen kann; hier die Delegierten der internationalen Bürokratie für eine bessere Welt, die jährlich in einem gewaltigen Papierausstoß mit Resolutionen „empfehlen“, „ermahnen“ und „verurteilen“ – mit und ohne Nachdruck.

      Bei seinen öffentlichen Auftritten kann sich der amerikanische Verteidigungsminister den Spott für den UN-Betrieb schwer verkneifen. Seine Landsleute sehen das weit differenzierter. 53 Prozent der Amerikaner, meldet CNN an diesem Tag, wollten keine Militäraktion gegen den Irak ohne handfeste Beweise der UN-Inspektoren; 9 Prozent seien prinzipiell gegen einen Angriff, nur 23 Prozent für einen amerikanischen Alleingang.

      Diese Zahlen hat Generalsekretär Kofi Annan bereits gelesen, als er mittags im zweiten Stock die erste Pressekonferenz im neuen Jahr gibt. Es ist, zwei Wochen vor George Bushs Rede zur Lage der Nation, Annans Ansprache zur Lage der Welt, gehalten wie immer im klammengen Pressesaal mit seinen vergilbten Deckenpaneelen. Es sehe nicht nach einem guten Jahr aus, sagt Annan in seinem seltsam würdevollen Gleichmut. Abgesehen vom drohenden Krieg im Irak, sei im Nahen Osten kein Ende der Gewalt abzusehen; Nordkorea habe das Abkommen zur Nichtverbreitung von Nuklearwaffen aufgekündigt. Des Weiteren drohe an der Elfenbeinküste ein Bürgerkrieg die ganze Region zu destabilisieren; Venezuela und Simbabwe gäben Anlass zur Sorge; Aids bedrohe nach wie vor die Länder Afrikas, dazu kämen die drohende Hungerkatastrophe und die Folgen der Klimaerwärmung.

      Die Liste der Erfolge ist kürzer: Um Bosnien muss sich jetzt nur noch die EU kümmern, im Kosovo wird wiederaufgebaut, Osttimor ist unabhängig geworden, und Zypern wird wohl bald wiedervereint. Afghanistan – befreit, wenn auch immer noch zerrüttet – fehlt in Annans Aufzählung. Provozierend meldet sich der Reporter der Los Angeles Times zu Wort. Ob, so fragt er den Generalsekretär, die amerikanische Strategie des Präventivschlags nicht als Verlängerung von Annans Doktrin der humanitären Intervention zu sehen sei. Annan lächelt. „Wenn ich Washingtons Strategie richtig verstehe, ist sie gegen Länder und Gruppen gerichtet, die Angriffe gegen die USA planen. Ohne unmittelbare Bedrohung und überzeugende Beweise für eine solche Bedrohung wird die Sache etwas verschwommen.“ Soll heißen: Die USA stehen mit einem Bein außerhalb des Völkerrechts. Das sind aus dem Mund des Generalsekretärs vergleichsweise deutliche Worte, die mit den Sorgen derer in Einklang stehen, die eine Desavouierung und dauerhafte Beschädigung des Völkerrechts durch die Amerikaner befürchten.

      Ein Stockwerk höher, wo an diesem Tag Human Rights Watch ihren Jahresbericht der Presse vorstellt, erscheint die Frage der Los Angeles Times gar nicht mehr so abwegig: Die Menschenrechtsorganisation berichtet von fortgesetzten Massenhinrichtungen und ethnischen Vertreibungen im Irak. Wenn, wie die New York Times schreibt, Saddams „Blutbad am eigenen Volk“ die überzeugendere Legitimation für einen Angriff auf Bagdad gewesen wäre, wurde der richtige Zeitpunkt für eine Intervention aus humanitären Gründen versäumt. Als Saddam Hussein vor 15 Jahren Giftgas gegen kurdische Städte einsetzte, war der irakische Diktator noch gehätschelter Frontmann des Westens gegen die Ajatollahs im Iran – von deutschen, amerikanischen, französischen und russischen Firmen hochgerüstet mit allem, wonach die Waffeninspektoren heute suchen. Zum anderen galt 1988 das Konzept der humanitären Intervention noch als unvereinbar mit dem völkerrechtlichen Prinzip nationalstaatlicher Souveränität und der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten.

      Es birgt aus heutiger Sicht eine gewisse Ironie, dass nach Ende des Kalten Kriegs ausgerechnet Saddam Hussein der UN und den USA eine Phase euphorischer Einmütigkeit bescherte. Nach dem Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait entstand unter amerikanischer Regie eine Allianz aus 37 Ländern. Im Sicherheitsrat wurde die Resolution 678, die Kriegsermächtigung, verabschiedet. Später, nach dem siegreichen Ende von Operation Desert Storm im März 1990, ließ sich George Bush senior zu Visionen hinreißen, die seinem Sohn heute wie Albträume erscheinen müssen. Damals sah Bush senior eine neue, „muskulöse“ UN entstehen, die sich nicht mehr nur durch Hungerhilfe und Impfkampagnen profilieren, sondern tatsächlich Frieden schaffen wollte – eine globale Weltpolizei, wie sie einst Franklin Roosevelt vorgeschwebt hatte. Bush bot der UN sogar den amerikanischen Militärstützpunkt Fort Dix als Trainingszentrum für Blauhelme an.

      Die Ernüchterung folgte postwendend in Somalia, Ruanda und Bosnien: Die UN-Mitgliedsländer, allen voran die USA unter Präsident Clinton, beauftragten das Department of Peacekeeping Affairs mit weitreichenden Mandaten zur Friedenssicherung, ohne auch nur annähernd genügend Blauhelme und Ressourcen bereitzustellen. Die UN wurde zum Buhmann mehrerer gescheiterter Missionen. 1999 schließlich, als eine Intervention gegen Slobodan Milo∆eviƒs Säuberungspolitik im Kosovo dringend geboten schien, umging die Regierung Bill Clintons aus Angst vor einem Veto Russlands oder Chinas den Sicherheitsrat und wandte sich an die Nato. Der Zweck mag in diesem Fall die Mittel geheiligt haben. Doch das Kosovo ist der Präzedenzfall, auf den sich jetzt auch George W. Bush in Sachen Irak beruft. Auf die Frage, ob man für einen Angriff auf den Irak noch einmal ein explizites Votum im Sicherheitsrat benötige, antwortete Außenminister Colin Powell kürzlich: „Der Präsident und andere gleich gesinnte Nationen haben die Vollmacht – so wie wir sie auch im Kosovo hatten.“

      Man darf davon ausgehen, dass die Irak-Resolution 1441 vom 8. November 2002 eben auch auf die Erfahrung der anderen Sicherheitsrats-Mitglieder mit dem Kosovo-Krieg zurückgeht. Klinken sich die USA aus dem mächtigsten UN-Gremium aus, wird es politisch bedeutungslos. Versucht der Sicherheitsrat, die Supermacht durch Blankoschecks für ihre neue Strategie weiter einzubinden, wird es unglaubwürdig. Im Fall der Resolution 1441 ist dabei ein Meisterstück diplomatischer Zweideutigkeit herausgekommen. Bei „Androhung ernsthafter Konsequenzen“ wird Saddam Hussein aufgefordert, Waffeninspektoren „sofortigen, ungehinderten und bedingungslosen Zugang“ zu allen Einrichtungen zu gewähren. Die USA und Großbritannien lesen daraus bereits die Kriegsermächtigung, falls der Irak gegen die Resolution verstößt; die Kriegsgegner lesen darin eine Auffordung zu weiteren Beratungen.

      Kritiker werfen der Bush-Regierung vor, den Sicherheitsrat auf diese Weise zur Absegnung einer einseitigen und aggressiven Politik zu instrumentalisieren. Andere, wie der UN-Experte Edward Luck, glauben, dass die anderen Mitglieder des Rats immer noch ausreichend Spielraum haben, die USA zu bremsen. Einen wichtigen Verbündeten, so Luck, fänden sie in der amerikanischen Öffentlichkeit. Die Mehrheit der Amerikaner wollten für Militärschläge eine internationale Autorisierung.


      Donnerstag, 16. Januar: Wenn man im Department of Peacekeeping Affairs im 35. Stock nachfragt, welches Land derzeit die größten Probleme bereite, sagt David Wimhurst nicht „Irak“ oder „Afghanistan“, sondern zeigt auf die Landkarte an der Wand des Situation Center: „Das wäre wohl der Kongo.“

      Das Situation Center ist die Schaltzentrale für Blauhelm-Einsätze. Zehn schwarze Ledersessel stehen hier in dem viel zu kleinen Raum, ein großer Tisch, eine Videokonferenzanlage. An der Wand hängen Luftaufnahmen von Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone. Nebenan sind abhörsichere Fax- und Telefongeräte aufgetürmt, darüber Uhren, die die Zeitdifferenz zu den verschiedenen Einsatzgebieten anzeigen: Dili, Nicosia, Kabul, Prishtina.

      David Wimhurst ist Kanadier, er war früher Journalist, „wechselte dann die Seiten“, war in Angola, Osttimor und Sierra Leone. Jetzt ist er Political Affairs Officer. Der Kongo, ein Land, in dem während der letzten vier Jahre über zwei Millionen Menschen an den Folgen eines Krieges gestorben sind, in den zeitweise über ein halbes Dutzend Nachbarländer sowie unzählige Bürgerkriegsfraktionen verwickelt waren, gehört zu Wimhursts Aufgabenbereich.

      Was den Kongo betrifft, spricht man hier von „Afrikas erstem Weltkrieg“. Bloß hat den auf der nördlichen Erdhalbkugel kaum jemand bemerkt, was, glaubt Wimhurst, häufig bei Konflikten geschieht, „in die Amerikaner nicht verwickelt sind“. Die Blauhelm-Mission im Kongo, da ist er ganz ehrlich, sei bislang kein Ruhmesblatt für die Organisation gewesen. Jetzt wurde sie vom Sicherheitsrat aufgestockt von „3888 Soldaten, 483 Militärbeobachtern und 49 Polizisten“ auf bis zu 8000 Mitglieder. Es wird einige Monate dauern, bis man das Personal beisammen hat. Bis dahin heißt peace-keeping im Kongo vor allem: Schutz der UN-Organisationen vor Ort, Entwaffnung und Rückführung ausländischer Kombattanten, indem man ihnen im Austausch für ihre Gewehre Werkzeug und Ausbildungskurse anbietet.

      Es ist ein mühsames Geschäft, in dem die Repatriierung von 26 ehemaligen Kämpfern als Erfolg verbucht werden muss. Womöglich gerät der Kongo demnächst ins Blickfeld der USA, wenn Washington nicht mehr völlig vom Irak absorbiert ist. Denn der Kongo ist der klassische Fall eines failed state, eines gescheiterten und zerfallenen Staates, wo Rohstoffe geschmuggelt und illegale Gelder gewaschen werden. Nordkorea soll sich vor einigen Jahren aus den Uranminen des Landes bedient haben. Und Al-Qaida-Mitglieder, heißt es, haben hier Diamantengeschäfte abgewickelt.


      Montag, 20. Januar. Das Friedensnetzwerk MoveOn, das in den USA seit Tagen Anzeigen unter dem Motto „Gebt den Inspektoren eine Chance“ schaltet, verzeichnet innerhalb einer Woche 100000 neue Mitglieder. Im Sicherheitsrat tagen die Außenminister der Mitgliedsländer, um auf Initiative Frankreichs Fortschritte im Kampf gegen den Terrorismus zu erörtern. In Wahrheit geht es darum, Colin Powell mit der Opposition gegen einen Irak-Krieg zu konfrontieren. Der französische Außenminister deutet ein Veto an, sollte Washington eine zweite UN-Resolution fordern.

      Das Office of the Iraq Programme (OIP) meldet auf seiner Website, dass aufgrund rückläufiger Ölexporte des Irak vier Milliarden Dollar für georderte Hilfsgüter fehlen. Das OIP ist innerhalb der Vereinten Nationen eine einzigartige Einrichtung: eine Art humanitäre Protektoratsverwaltung. Das OIP kontrolliert im Irak das Oil-for-Food-Programm. Es verwaltet die irakischen Einnahmen aus Ölexporten und bestimmt weitgehend, wie das Geld ausgegeben wird: 25 Prozent gehen als Reparationszahlungen an Kuwait, drei Prozent gehen an die UN für Verwaltungskosten und Waffeninspektionen, vom Rest werden Nahrungsmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter für die Zivilbevölkerung gekauft. Es ist der Versuch, das Elend der irakischen Zivilbevölkerung zu lindern.

      Noch heute leidet das Volk unter dem Golfkrieg, der fortgesetzten Diktatur und den Wirtschaftssanktionen, die sich als verheerend erwiesen haben: Schmuggel- und Schwarzmarkthandel haben die herrschende Elite bereichert und stabilisiert. Verschiedenen Schätzungen zufolge sind bis heute 500000 irakische Kinder als Folge der Sanktionen gestorben.

      In den ersten drei Jahren des Programms hatte der Sicherheitsrat dem Irak noch Exportgrenzen auferlegt, seit Dezember 1999 kann das Land so viel Öl verkaufen, wie seine Förderanlagen hergeben. Was der Irak kaufen darf, entschied bis Mai letzten Jahres ein Ausschuss des Sicherheitsrats, in dem die humanitären Güter zum Spielball politischer und ökonomischer Interessen wurden. Die USA, bis Mai 2002 der mit Abstand größte Abnehmer von irakischem Öl, blockierten zusammen mit Großbritannien im Ausschuss regelmäßig die Lieferung von Impfstoffen, Inkubatoren oder EKG-Geräten mit der Begründung, diese könnten auch für militärische Zwecke verwendet werden; Russland, Frankreich und China waren mit Genehmigungen besonders dann liberal, wenn eigene Firmen profitierten. Selten hat die Doppelrolle der UN als strafende und helfende Organisation so viele interne Konflikte hervorgerufen wie in diesem Fall. Zwei hochrangige UN-Mitarbeiter, der Deutsche Hans von Sponeck und der Ire Denis Halliday, traten aus Protest gegen die Sanktionspolitik des Sicherheitsrats von ihrem Posten als Koordinatoren der humanitären Hilfe im Irak zurück.


      Sonntag, 26. Januar. In einem Fernsehinterview erklärt Andrew Card, der Stabschef des Weißen Hauses, dass die USA im Kriegsfall den Einsatz von „Mini“-Atombomben gegen Saddam Husseins chemische oder biologische Waffen erwägen. „Das sind harte Zeiten für uns“, sagt Silvana da Silva. Wenn in ihrem Büro im 31. Stock des UN-Gebäudes das Telefon klingelt, meldet sie sich manchmal mit den Worten: „Hallo, hier Abrüstung.“ Das kann passieren, wenn man 22 Jahre im Department for Disarmament arbeitet. Es ist die kleinste Abteilung im Hauptquartier der Vereinten Nationen – und das, obwohl die erste Resolution in der Geschichte der UN die „Eliminierung aller Atomwaffen“ forderte.

      Silvana da Silva ist für den „Bereich Massenvernichtungswaffen“ zuständig. Eine unerfreuliche Arbeit, möchte man meinen, bis man die Brasilianerin reden hört. Vermutlich gibt es nur wenige Menschen, die mit so viel Begeisterung über „Verifizierungmechanismen“, „Zusatzprotokolle“ und „Proliferationsregime“ reden können wie da Silva. Sie hat sich daran gewöhnt, dass in ihrem Büro vielleicht alle 15 Jahre die Sektkorken knallen. So lange hat es gedauert, bis im Januar 1993 in Paris endlich das C-Waffen-Abkommen von 130 Staaten unterzeichnet wurde. Dieser Tage sind die Erfolgserlebnisse kleiner und eher symbolisch. Kuba hat Ende letzten Jahres angekündigt, dem Abkommen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen beizutreten – und damit der atomwaffenfreien Zone Lateinamerika.

      Da Silva hat über die Jahre gelernt, zur Rüstungspolitik der USA ein pragmatisches Verhältnis zu entwickeln. In ihrer Abteilung nimmt man zur Kenntnis, dass die Supermacht das Abkommen zum Stopp von Atomtests zwar unterzeichnet, bis heute aber nicht ratifiziert hat. Andererseits kann man sich auf Washington verlassen, wenn es um die Zerstörung von Chemiewaffen geht – im eigenen Land wie auch in der ehemaligen Sowjetunion. Gerade hat die Bush-Regierung wieder 400 Millionen Dollar zur Vernichtung russischer Bestände freigegeben. Kritik an den jüngsten Ankündigungen des Stabschefs im Weißen Haus zum Ersteinsatz von Atomwaffen überlässt Silvana da Silva ihrem Vorgesetzten. Es sei „sehr verstörend“, sagt Herr Dhanapala, dass Washington die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen gesenkt habe. „Das zeigt fehlenden Respekt vor einem großen Tabu.“

      Jayantha Dhanapala war früher einmal Botschafter Sri Lankas in Washington, jetzt trägt er den Titel Under-Secretary-General und leitet die Abteilung für Abrüstungsangelegenheiten der Vereinten Nationen. Vor seinem Büro hängt eingerahmt ein abgesägter Gewehrlauf – Beutestück einer Entwaffnungskampagne in Albanien, die er vor Jahren geleitet hat. „Wussten Sie“, sagt er, „dass das Jahresbudget unserer Abteilung so hoch ist wie die Kosten für einen halben F-16-Bomber?“ Sieben Millionen Dollar für 50 Mitarbeiter – weltweit werden jedes Jahr 780 Milliarden Dollar für Rüstungsgüter ausgegeben.

      Die größten Waffenexporteure und Einkäufer haben alle einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat. Die Unterfinanzierung ist eines der beständigen Probleme der Vereinten Nationen. Es ist nicht neu – aber immer wieder erschreckend.

      Dienstag, 28. Januar. Es wird geschossen – aber nicht im Irak, sondern in Afghanistan, wo sich US-Einheiten Gefechte mit Anhängern des Warlords Gulbuddin Hekmatyar liefern. Im Weißen Haus wird angekündigt, Präsident Bush werde das amerikanische Volk am Abend in seiner Rede zur Lage der Nation auf einen baldigen Krieg einstimmen und die Angst vor einer Wirtschaftskrise zerstreuen.

      Vor dem Eingang der Vereinten Nationen sind Friedensdemonstranten und Übertragungswagen vorerst abgezogen. Sie werden am 14. Februar wiederkommen, wenn Hans Blix, vielleicht ein letztes Mal, vor dem Sicherheitsrat den Stand der Inspektionen referieren wird. Für den 15. Februar sind große Antikriegsdemonstrationen in New York und zahlreichen europäischen Städten angekündigt. Beeindrucken werden sie die US-Regierung nicht. Trügen die Zeichen nicht, hat vor kurzem ein Zeitalter begonnen, in dem nicht einmal die Welt durch ihre organisierte Vertretung dem Willen Amerikas ernsthaft etwas entgegensetzen kann.


      (c) DIE ZEIT 06/2003
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      schrieb am 04.02.03 12:39:04
      Beitrag Nr. 238 ()
      Atomstreit

      Nordkorea droht USA mit menschlichen Bomben

      Die USA bereiten im Atomstreit mit Nordkorea eine massive Verlegung von Truppen in die Pazifik-Region vor. Die Regierung in Pjöngjang warf den Amerikanern vor, zu einem tödlichen Schlag auszuholen.


      AP

      Nordkoreas Diktator Kim Jong Il: 1,17 Millionen Mann unter Waffen


      Seoul/New York - Nordkorea warf den USA vor, das kommunistische Land "militärisch ersticken" zu wollen. Staatschef Kim Jong Il besichtigte einen Marinestützpunkt und rühmte die Matrosen nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA als "unbezwingbare Kämpfer". Sie seien bereit, im Kriegsfall zu "menschlichen Bomben" zu werden.

      Die kommunistische Regierung Nordkoreas spricht seit Tagen von einem möglichen Krieg gegen die USA. Die Eskalation in den Beziehungen beider Staaten hatte Ende vergangenen Jahres mit der Wiederaufnahme des Atomprogramms in Nordkorea begonnen. Dies dient nach Einschätzung der USA dem Versuch, atomwaffenfähiges Material zu gewinnen. Die USA haben Nordkorea einen Dialog angeboten, dies aber von einem Verzicht auf das Atomprogramm abhängig gemacht. In der staatlichen Zeitung "Rodong Sinmun" wurde das Angebot zum Dialog als "zynisches Spiel" zurückgewiesen.

      US-Bomber, Kampfflugzeuge oder Kriegsschiffe könnten näher an die koreanische Halbinsel verlegt werden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Dies solle Nordkorea vor aggressiven Handlungen während eines Irak-Kriegs abhalten. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte kürzlich erklärt, dass er die Entsendung eines Flugzeugträgers in das Seegebiet vor Korea und die Stationierung zusätzlicher Bomber auf dem Stützpunkt Guam im Indischen Ozean erwäge.

      Der Befehlshaber der US-Truppen im Pazifikraum, Admiral Thomas Fargo, hatte eine Verstärkung der Truppen gefordert. Rumsfeld habe die Verlegung von B-52-Bombern, F-16-Kampfflugzeugen oder Kriegsschiffen jedoch noch nicht abschließend genehmigt, hieß es aus Washington. Eine Aufstockung der 37.000 in Südkorea stationierten US-Soldaten sei ausdrücklich nicht vorgesehen.

      Nordkorea hat angekündigt, Sanktionen der Uno als Kriegserklärung zu werten. Die meisten Experten gehen davon aus, dass auch ein präzise ausgeführter Militärschlag gegen die Reaktoranlagen zu einem nordkoreanischen Angriff auf Südkorea führen würde. Die südkoreanische Hauptstadt Seoul liegt in der Reichweite von 10.000 nordkoreanischen Artilleriegeschützen.

      Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes NIS hat Nordkorea 1,17 Millionen Soldaten unter Waffen, verglichen mit 690.000 Soldaten in Südkorea. Beide Staaten befinden sich seit dem Koreakrieg 1950 bis 1953 formell noch im Kriegszustand.
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      schrieb am 04.02.03 13:10:52
      Beitrag Nr. 239 ()
      DRUCKEN


      Dienstag, 4. Februar 2003
      Die zweite Front: Korea
      USA vor Truppenverlegung

      Wegen des Atomstreits mit Nordkorea bereiten die USA eine Verlegung von Truppenverbänden in der Pazifik-Region vor. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Informationen aus den US-Streitkräften.

      Danach könnten Bomber, Kampfflugzeuge oder Kriegsschiffe näher an die koreanische Halbinsel verlegt werden. Dies solle Nordkorea vor aggressiven Handlungen während eines Irak-Kriegs abhalten.

      Der Befehlshaber der US-Truppen im Pazifik-Raum, Admiral Thomas Fargo, hatte bereits eine Verstärkung der Truppen gefordert. US- Verteidigungsminister Donald Rumsfeld habe die Verlegung von B-52-Bombern, F-16-Kampfflugzeugen oder Kriegsschiffen jedoch noch nicht abschließend genehmigt, berichtet Reuters weiter. Eine Aufstockung der 37.000 in Südkorea stationierten US-Soldaten sei ausdrücklich nicht vorgesehen. Weder das US-Verteidigungsministerium noch Südkorea nahmen zu den Angaben Stellung.

      Der staatliche nordkoreanische Hörfunk warf den USA vor, "als Teil ihres Planes, unser Land militärisch zu ersticken", die US-Streitkräfte in Südkorea und Japan verstärken zu wollen. Nordkoreas "lieber Führer" Kim Jong Il besuchte der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA zufolge am Montag eine Einheit der Marine und lobt die Seeleute für ihre "Bereitschaft, zu menschlichen Bomben zu werden und die Bereitschaft, sich für seinen Glauben in die Luft zu sprengen."

      Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat für den 12. Februar eine Dringlichkeitssitzung zu Irak angesetzt. IAEA- Chef Mohamed El Baradei sagte am Montag, vermutlich werde die Frage an den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet. "Ich habe die mir zur Verfügung stehenden Mittel erschöpft, Nordkorea zur Einhaltung (seiner internationalen Verpflichtungen) zu zwingen", sagte er. Er erwarte, dass die Vereinten Nationen sich um eine diplomatische Lösung bemühen würden.

      In den vergangenen Monaten hatte sich das Verhältnis zwischen den USA und Nordkorea verschlechtert. Anlass war, dass Nordkorea nach US-Angaben entgegen einem Abkommen von 1994 sein Atomprogramm fortgesetzt hat. Die USA stellten daraufhin ihre in dem Abkommen zugesagten Heizöllieferungen an das Land ein. Nordkorea trat anschließend aus dem Atomwaffensperrvertrag aus.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3098180.html
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      schrieb am 04.02.03 15:58:32
      Beitrag Nr. 240 ()
      Irak-Krise

      Chirac verweigert Blair die Kriegszusage

      Frankreichs Präsident Jacques Chirac und der britische Premierminister Tony Blair können ihre Differenzen in der Irak-Frage nicht ausräumen. US-Außenminister Colin Powell dämpfte unterdessen die Erwartungen an seinen morgigen Auftritt vor dem Uno-Sicherheitsrat, bei dem Beweise gegen den Irak vorgelegt werden sollen.


      REUTERS

      Jacques Chirac und Tony Blair: Ein Gipfel, zwei Meinungen


      Le Touquet - Chirac und Blair räumten am Dienstag auf dem französisch-britischen Gipfel in dem Seebad Le Touquet ein, dass sie in einigen Punkten Meinungsverschiedenheiten haben. Dies wurde aus französischen Delegationskreisen in der nordfranzösischen Stadt bekannt. So will Paris den Uno-Kontrolleuren alle Möglichkeiten geben, im Irak nach Massenvernichtungswaffen zu suchen. Blair ist jedoch für eine Uno-Resolution, die den Einsatz militärischer Gewalt erlauben soll.

      London strebt die zweite Uno-Resolution für den Fall an, dass der irakische Präsident Saddam Hussein die Auflagen der Vereinten Nationen nicht erfüllt. Chirac bevorzugt zum jetzigen Zeitpunkt die umfassende Umsetzung der Irak-Resolution 1441 und will den Uno-Waffenkontrolleuren ausreichend Zeit geben.

      Powell: "Kein rauchender Colt"

      US-Außenminister Colin Powell dämpfte unterdessen die Erwartungen an seinen morgigen Auftritt im Weltsicherheitsrat, bei dem er Beweise für die irakische Aufrüstung mit Massenvernichtungswaffen beweisen will. Er könne keinen "rauchenden Colt", keine schlagkräftigen Beweise gegen den Irak präsentieren. Er werde aber eine "überzeugende Demonstration" dafür bieten, dass der Irak die Uno-Waffenkontrollen untergräbt, schrieb er in einem Beitrag für das "Wall Street Journal".

      Powell will Dokumente präsentieren, die in den Augen Washingtons beweisen, dass Saddam Husseins Regime die Uno-Waffeninspektoren hintergeht, Massenvernichtungswaffen hortet und die Uno-Auflagen zur Abrüstung ignoriert. Vor dem Weltsicherheitsrat wolle Powell unter anderem Abschriften von abgehörten Gesprächen zwischen irakischen Regierungsvertretern vorlegen, berichtete die "New York Times". Darin unterhielten sich Iraker darüber, wie Material vor den Waffeninspektoren versteckt werden könne. In anderen Gesprächen brüsteten sich Beamte mit gelungenen Störaktionen gegen die Inspektoren.

      Nach Medienberichten will Powell bei der rund einstündigen Präsentation auch Satellitenfotos von wieder aufgebauten Waffenfabriken präsentieren. Je nach Reaktion auf die Präsentation wollen die USA entscheiden, ob sie sich um eine weitere Resolution des Sicherheitsrates zur Autorisierung eines Krieges bemühen wollen. Das fordern auch die Verbündeten der USA, doch steht US-Präsident George W. Bush auf dem Standpunkt, dass die Uno-Resolution 1441 einen Militärschlag bereits zulässt.
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      schrieb am 04.02.03 18:24:27
      Beitrag Nr. 241 ()
      Irak-Krise

      Chirac unbeirrbar auf Anti-Kriegskurs

      Frankreichs Präsident Jacques Chirac und der britische Premierminister Tony Blair können ihre Differenzen in der Irak-Frage nicht ausräumen. Chirac erteilte Blairs Werben um einen härteren Kurs gegenüber dem Irak eine klare Absage und forderte stattdessen mehr Zeit für die Inspektoren.


      REUTERS

      Blair und Chirac nach dem Gipfeltreffen: Paris sagt "non"


      Le Touquet - Er sei weiterhin dagegen, einen Irak-Krieg zu beginnen, ohne den Inspektoren die für ihre Arbeit nötige Zeit zu lassen, sagte Chirac. Jetzt warte die französische Regierung zunächst ab, was US-Außenminister Colin Powell am morgigen Mittwoch und Uno-Chefinspektor Hans Blix am 14. Februar zu berichten hätten, sagte Chirac auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Blair.

      Über ein Veto im Weltsicherheitsrat zu einer Irak-Intervention wolle er "zum gegebenen Zeitpunkt" und abhängig von den Umständen entscheiden. "Bei der Entwaffnung des Iraks gibt es noch viel mit friedlichen Mitteln zu tun", sagte Chirac.

      Tony Blair hatte bei dem Gipfeltreffen im Seebad Le Touquet erfolglos versucht, die Unterstützung der französischen Regierung für die Irak-Politik der USA und Großbritanniens zu gewinnen. Chirac sagte, er sei weiterhin gegen einen Krieg. Auf die Frage, ob er den Inspektoren Wochen oder Monate einräumen wolle, sagte er: "Ich kann keinen Zeitraum angeben. Es ist an den Inspektoren, dies zu entscheiden."

      Chirac und Blair räumten ein, dass sie in einigen Punkten Meinungsverschiedenheiten haben. Sie vertraten jedoch den gemeinsamen Standpunkt, dass die Entwaffnung des Irak über die Vereinten Nationen erfolgen solle. Blair hatte allerdings in Übereinstimmung mit der US-Regierung stets betont, dass für einen Krieg gegen den Irak keine zweite Resolution des Sicherheitsrats notwendig sei, falls ein schwerer Verstoß des Irak gegen die Resolution 1441 vorliege.

      Briten bereiten sich auf dreijährige Besatzungszeit vor

      Die britischen Streitkräfte bereiten sich nach Informationen der BBC auf eine dreijährige Besatzungszeit im Irak vor. Unter Berufung auf hochrangige Militärkreise berichtete der Sender, dass der Irak in drei Sektoren aufgeteilt werden solle. Dabei werde jeweils einer der am Krieg teilnehmenden Staaten die Verantwortung für einen Sektor erhalten. Großbritannien will insgesamt 35.000 Soldaten zum Golf schicken.

      Ungeachtet der andauernden diplomatischen Beratungen setzte das Pentagon seinen Truppenaufmarsch in der Golfregion weiter fort. Am Dienstag passierten sieben amerikanische Kriegsschiffe den Suez-Kanal. Die für eine Landungsoffensive ausgerüsteten Schiffe haben mehr als 4.750 Matrosen und 7.000 Marineinfanteristen an Bord.

      In den Seegebieten rund um den Persischen Golf befinden sich inzwischen drei Flugzeugträger, ein vierter wird in Kürze erwartet. Die Truppenpräsenz der USA in der Region wird zurzeit auf insgesamt 100.000 Mann geschätzt, in den nächsten Wochen wird eine weitere Verstärkung auf 180.000 erwartet.
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      schrieb am 04.02.03 23:58:25
      Beitrag Nr. 242 ()
      Irak-Krise

      Inspektoren finden erneut Chemiewaffen-Sprengkopf

      Die Uno-Rüstungsinspektoren haben im Irak nach eigenen Angaben erneut einen leeren Chemiewaffen-Gefechtskopf entdeckt. Chefinspektor Hans Blix sprach eine eindringliche Warnung an die irakische Regierung aus: Es sei "fünf Minuten vor Zwölf".


      DPA

      Uno-Inspektoren im Irak: Erneut leeren Sprengkopf gefunden


      Bagdad/New York - Die Waffeninspektoren fanden den Sprengkopf bei einer überraschenden Inspektion in der al-Tadschi-Munitionsfabrik nördlich von Bagdad. Es ist inzwischen offenbar der siebzehnte derartige Sprengkopf, der seit dem Fund von einem dutzend derartiger leerer Gefechtsköpfe für Chemiewaffen am 16. Januar aufgetaucht ist. Die irakische Führung hatte weitere derartige Entdeckungen damals nicht ausgeschlossen. Nach irakischer Darstellung handelt es sich dabei um versehentlich übersehene Reste aus den achtziger Jahren.

      Uno-Chefinspektor Hans Blix warnte die Regierung in Bagdad, dass die Zeit zur Verhinderung eines Krieges rasch ablaufe. Bagdad müsse begreifen, dass "es fünf Minuten vor Zwölf ist", sagte Blix im Uno-Hauptquartier. Er werde die irakische Führung bei seinem Besuch am kommenden Wochenende in Bagdad noch einmal auffordern, umgehend versteckte Waffenarsenale zu offenbaren oder die behauptete Vernichtung dieser Waffen überzeugend zu beweisen.

      "Ich glaube nicht, dass bereits eine endgültige Entscheidung über einen Kriegsbeginn gefällt wurde", sagte Blix. "Aber wir bewegen uns mehr und mehr darauf zu." Der Irak könne jedoch etwas tun, um zu verhindern, dass sich das "diplomatische Fenster" schließe. Wenn das Land tatsächlich keine Massenvernichtungswaffen mehr versteckt halte, dann sollten seine Verantwortlichen aktiv auf die Uno-Kontrolleure zugehen und zeigen, wo sie vernichtet worden sein sollen.

      Pleuger glaubt an Mehrheit für weitere Inspektionen

      Der deutsche Uno-Botschafter Gunter Pleuger rechnet mit einer großen Mehrheit im Weltsicherheitsrat für eine Fortsetzung der Uno-Waffeninspektionen im Irak. Einen Tag vor der Sicherheitsratssitzung, in der die USA Beweise für den Besitz Bagdads von Massenvernichtungswaffen vorlegen wollen, sagte Pleuger, nach seiner Schätzung werden "am Ende des Tages" zwischen elf und 13 Ratsmitglieder für die Fortsetzung der Inspektionen stimmen.

      Die Auswertung der von den USA angekündigten Beweise brauche allerdings Zeit. Ihre die Bedeutung könne wahrscheinlich nur von Experten richtig eingeschätzt werden, erklärte Pleuger.
      Avatar
      schrieb am 05.02.03 00:19:04
      Beitrag Nr. 243 ()
      Die Amis wollen den totalen Krieg, also werden sie ihn auch kriegen.

      Schade nur, dass wirkliche Menschen dafür sterben müssen.

      Anschließend gibt es dann das PC-Spiel zum nachspielen.

      Das zweite Desert nach dem Abendessen.

      Daszu brauchst du dann einen neuen Computer.

      Was die Umsatzzahlen der Spiele-Software-Grafikkarten-PCChip-Hersteller steigen läßt.

      Der wirkliche Krieg zum Nachspielen.

      Vorallem, der Krieg dauert länder an. Und so gibt es ein Update nach dem nächsten.

      So wie bei MS-Windows auch.

      Der hat soviel Cash-Money angesammelt, dass er auch zum ersten mal eine Dividente auszahlt.

      Meine Theorie ist, daß auch die ganze Computer-Industrie an diesem Krieg interessiert ist.
      Avatar
      schrieb am 05.02.03 07:35:05
      Beitrag Nr. 244 ()
      Britischer Geheimdienst

      Angeblich kein Kontakt zwischen Irak und al-Qaida

      US-Außenminister Colin Powell will heute vor der Uno auch Beweise über eine Verbindung des Irak zur Terrororganisation al-Qaida vorlegen. Doch der britische Geheimdienst sieht offenbar keine Verbindung zwischen Saddam Hussein und Osama Bin Laden.

      London/Washington/Paris - Anfängliche Kontakte zwischen al-Qaida und dem Regime in Bagdad seien an Misstrauen und unvereinbaren Ideologien gescheitert, berichtet der TV-Sender BBC unter Berufung auf ein britisches Geheimdokument weiter. Die BBC habe das Papier einsehen können.

      Das Dokument sei von einem Stab des militärischen Nachrichtendienstes vor drei Wochen geschrieben worden. Der Bericht sei als "Top Secret" eingestuft worden und dem britischen Premierminister Tony Blair zugesandt worden.

      In dem Dokument heiße es, die Ansichten des al-Qaida-Führers Osama Bin Laden und der im Irak regierenden Baath-Partei stünden im Gegensatz zu den religiösen Ansichten Bin Ladens. Für den Terroristenführer sei es ein "abtrünniges Regime". Bin Ladens Ziele stünden in einem ideologischen Widerspruch zum heutigen Irak.

      US-Außenminister Colin Powell will bei seinem Bericht vor dem Uno- Sicherheitsrat heute auch Details über Reisen von al-Qaida- Mitgliedern in den Irak bekannt geben. Dabei wolle er aber nicht unterstellen, dass es eine formelle Allianz zwischen Bagdad und al-Qaida gegeben habe, sagten US-Regierungsbeamte dem Nachrichtensender CNN. Powell werde jedoch Beweise zu Kontakten zwischen al-Qaida und dem Irak vorlegen.

      Angeblich sind die Hinweise der USA auf Verbidnungen zwischen al-Qaida und Bagdad nur bruchstückhaft. Die Informationen seien fragmentarisch und könnten unterschiedlich ausgelegt werden, hieß es aus US-Regierungskreisen. Aus diesem Grund würden die Hinweise auch nur einen geringen Teil der Rede von Powell ausmachen.

      Die USA beziehen sich in ihrer Argumentation einerseits auf das mutmaßliche al-Qaida-Mitglied Abu Musab Sarkawi. Er gilt als enger Vertrauter Osama Bin Ladens und soll sich im vergangenen Sommer in der irakischen Hauptstadt Bagdad einer medizinischen Untersuchung unterzogen haben. Beweise, dass Sarkawi auch mit Mitgliedern der irakischen Regierung in Kontakt stehe, gebe es jedoch nicht, verlautete aus US-Regierungskreisen. Powell werde deshalb in seiner Rede auf die Verbindungen Sarkawis zu terroristischen Gruppen unter anderem in Europa Stellung nehmen.


      Der irakische Präsident Saddam Hussein hatte in einem Interview mit dem britschen Privatsender Channel 4 jegliche Beziehungen zu al-Qaida bestritten. In dem am Dienstagabend ausgestrahlten Gespräch sagte Saddam Hussein: "Wenn wir Beziehungen zu al-Qaida hätten, und wenn wir an diese Beziehungen glauben würden, hätten wir keinen Grund uns deswegen zu schämen und das nicht zuzugeben."

      Auch der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Asis wies in der französischen Tageszeitung "Le Figaro" angebliche Verbindungen des Irak zu al-Qaida entschieden zurück. "Unser Regime ist laizistisch und hat Islamismus und Fundamentalismus immer mit Nachdruck bekämpft."
      Avatar
      schrieb am 05.02.03 09:40:26
      Beitrag Nr. 245 ()
      Ich kann nur JEDEM empfehlen,die derzeitige PRINTausgabe des "Spiegel" zu kaufen.

      In einem langen Artikel werden ab seite 104 GENAUESTENS die Unterstützung sadam Husseins durch westliche Länder, vor allem eben den USA geschildert, die u.a. die Verlogenheit der US-Regierung entlarven.

      diese umfangreichen informationen sind ein absolutes Muss für eine Diskussion.

      Seit langer Zeit das beste Heft, was erschien - und eines, welches man aus geschichtlichen Gründen einmal beiseite legen sollte.

      Unter anderem wird auch berichtet, wie oft der US-Kongress die massive Unterstützung sadam Husseins durch die USA BEENDEN wollte und sowohl Ronny Reagan als auch George Bush SENIOR dies mit allen Mitteln verhinderten. Bush senior hat die Unterstützung sadam husseins sogar nach den Giftgaseinsätzen massiv ERHÖHT. Nie war die Unterstützung der USA höher als unmittelbar vor dem Überfall auf Kuweit!

      Quelle: Spiegel-Printausgabe
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      schrieb am 05.02.03 13:27:56
      !
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      schrieb am 05.02.03 13:43:12
      Beitrag Nr. 247 ()
      Kein Mandat zum Krieg
      Reichweite der Resolutionen 678 (1990), 687 (1991) und 1441 (2002) des UN-Sicherheitsrats

      Für ein militärisches Vorgehen gegen den Irak bedürfte es einer neuen Resolution des Sicherheitsrats. Zu diesem Ergebnis kommt ein am 2. Januar 2003 abgeschlossenes Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, das erst im Februar der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde.

      Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages* I. Resolutionen 678 (1990) und 687 (1991) 1)

      Der Resolution 678 (1990) waren anläßlich des irakischen Einmarsches in das Emirat Kuwait am 2. 8. 1990 bereits elf Resolutionen des Sicherheitsrates vorausgegangen. Die Resolution 678 vom 29. 11. 1990 stellt die wohl maßgeblichste Resolution des Golfkonfliktes dar. In ihr wurden die Mitgliedstaaten, die mit der Regierung Kuwaits kooperieren, für den Fall, daß der Irak die Resolution 660, mit der die irakische Invasion Kuwaits verurteilt und Saddam Hussein zum sofortigen und bedingungslosen Rückzug aufgefordert wurde, und alle dazu später verabschiedeten Resolutionen bis zum 15. 1. 1991 nicht uneingeschränkt befolgt, ermächtigt, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um den genannten Resolutionen Geltung zu verschaffen. China enthielt sich der Stimme, Jemen und Kuba stimmten dagegen. Die Formulierung dieser Resolution, die der Öffentlichkeit Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit des Sicherheitsrates dokumentierte, bot zu Auslegungsfragen Anlaß. Die Ermächtigung zur Einsetzung »aller erforderlichen Mittel« stellte eine Formulierung dar, die der Art und dem Umfang möglicher Militäraktionen kaum Grenzen setzte. Im übrigen stützte der Sicherheitsrat seine Tätigkeit nur durch die allgemeine Bezugnahme auf Kapitel VII (Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen) der Charta der Vereinten Nationen.

      Die zwölf im kurzen Zeitraum von vier Monaten verabschiedeten UN-Resolutionen gipfelten damit in der Legalisierung der Mittel zur Befreiung Kuwaits und einem Ultimatum an den Irak. Nach dessen ergebnislosem Ablauf begann am 17. 1. 1991 die »Operation Desert Storm« zur Befreiung Kuwaits, an der sich 680000 Soldaten aus 28 alliierten Staaten beteiligten. Am 24. 2. 1991 begann die Bodenoffensive der Alliierten. Am 28. 2. 1991 erfolgte auf Weisung Präsident Bushs eine Feuerpause am Golf, nachdem Saddam Hussein sämtliche relevanten UN-Resolutionen anerkannt hatte. Die militärische Aktion war erfolgreich verlaufen und das Emirat Kuwait befreit worden. 2)

      Die Verhandlungen über einen Waffenstillstand begannen am 3. 3. 1991. Am gleichen Tag wurde im Sicherheitsrat auf Antrag der USA die Resolution 686 (1991) verabschiedete, die die Fortsetzung der Wirtschaftssanktionen, die Forderung nach irakischen Reparationszahlungen und nach Aufhebung aller irakischen Gesetze, die mit der Annexion Kuwaits zu tun hatten, beinhaltete. Am 4. 3. 1991 stimmte der Irak der Resolution widerspruchslos zu und begann mit der Auslieferung der Kriegsgefangenen. Die eigentliche Resolution über die Feuereinstellung (»formal cease-fire«) 687 (1991) kam am 3. 4. 1991 gegen die Stimme Kubas zustande.

      Die komplexe Resolution enthält zahlreiche Bedingungen einer förmlichen Feuereinstellung zwischen Irak und Kuwait und den mit Kuwait kooperierenden Mitgliedsstaaten. Zunächst wird auf die früheren Resolutionen Bezug genommen und mit Genugtuung festgestellt, daß Kuwait seine Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität zurückerhalten hat und daß seine rechtmäßige Regierung zurückgekehrt ist. Andererseits werden dem Irak für den Fall eines weiteren Einsatzes gasförmiger oder bakteriologischer Waffen »ernste Konsequenzen« angedroht.

      Breiten Raum (Abschnitt C der Resolution) nehmen die Verpflichtungen des Iraks bezüglich seiner Kampfstoffbestände, Subsysteme und Komponenten und aller Forschungs-, Entwicklungs-, Unterstützungs- und Produktionseinrichtungen ein. In Nummer 32 verlangt der Sicherheitsrat, »daß Irak dem Sicherheitsrat mitteilt, daß es Handlungen des internationalen Terrorismus weder begehen noch unterstützen wird, und daß es Organisationen, deren Ziel die Begehung derartiger Handlungen ist, nicht gestatten wird, auf seinem Hoheitsgebiet zu operieren, und daß es alle terroristischen Handlungen, Methoden und Praktiken unmißverständlich verurteilt und davon Abstand nimmt«. 3)

      Für die Frage, ob die Ermächtigung der Resolution 678 (1990) zur Einsetzung »aller erforderlichen Mittel« auch heute noch Rechtsgrundlage für einen Militärschlag gegen den Irak sein könnte, ist von Bedeutung, daß der Sicherheitsrat unter Nummer 33 der Resolution 687 »erklärt, daß, sobald Irak dem Generalsekretär und dem Sicherheitsrat offiziell die Annahme der vorstehenden Bestimmungen notifiziert, eine formelle Feuereinstellung zwischen Irak und Kuwait und den mit Kuwait gemäß Resolution 678 (1990) kooperierenden Mitgliedsstaaten in Kraft tritt« 4). In der Resolution 707 (1991) vom 15. 8. 1991 stellt der Sicherheitsrat fest, daß in Anbetracht der schriftlichen Zustimmung Iraks..., die Resolution 687 (1991) vollinhaltlich durchzuführen, die in Nummer 33 der genannten Resolution gestellten Vorbedingungen für eine Waffenruhe erfüllt sind. Obwohl im weiteren dem Irak zahlreiche Verstöße gegen die Resolution 687 (1991) vom Sicherheitsrat bestätigt werden, erfolgte in der Resolution 707 keine Festlegung, daß die Waffenruhe aufgehoben ist, und keine etwaige erneute Androhung von allen erforderlichen Mitteln. Der Sicherheitsrat erklärt (nur), pauschal nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen tätig zu werden, und fordert vom Irak umgehend die Einhaltung seiner bisher nicht erfüllten Verpflichtungen.

      Soweit hinsichtlich der dargestellten Sach- und Rechtslage völkerrechtliche Stellungnahmen vorliegen, wird vertreten, daß die Resolution 678 (1990) als Ermächtigungsgrundlage für einen Krieg der USA gegen den Irak heute nicht mehr in Betracht komme, da der Zweck jener Ermächtigung, die Vertreibung der irakischen Aggressoren aus Kuwait, bereits 1991 erreicht worden sei 5). Teilweise wird auf die Feststellung des Sicherheitsrates in der Resolution 687 (1991) abgestellt, wonach mit der notifizierten Annahme durch den Irak die förmliche Feuereinstellung in Kraft getreten sei, so daß nach diesem Zeitpunkt die Resolution 678 für eine Wiederaufnahme von Kampfhandlungen durch die vormalige Koalitionsmächte nicht mehr als Grundlage dienen könne 6). Von Paulus 7) wird darauf hingewiesen, daß eine Resolution keinen vertraglichen Waffenstillstand darstelle, dessen Verletzung zur Wiederherstellung des Kriegszustandes führe.

      Die USA sowie Großbritannien haben bei früheren Militäraktionen (Flugverbotszonen) gegen den Irak die Ansicht vertreten, es bedürfe keiner neuen Ermächtigung. Mit der allgemeinen Formulierung in der Resolution 678 (1990) »to restore international peace and security in the area« sei auch der Einsatz militärischer Gewalt zur Durchsetzung der Waffenstillstandsbedingungen abgedeckt. Damit berufen sich die USA und Großbritannien auf traditionelles Waffenstillstandsrecht vor 1945 8), das z.B. noch von einer formellen Unterscheidung einer Feuereinstellung, als nur vorübergehenden Unterbrechung der Kampfhandlungen für einen räumlich begrenzten Bereich, vom allgemeinen Waffenstillstand, als einem Schritt auf dem Weg zu einer dauerhaften Beendigung von Kriegshandlungen und zum Abschluß eines Friedensvertrages, ausging 9).

      Die heutige Anwendbarkeit dieser Rechtsgrundsätze ist indes zweifelhaft. So gilt es im Gegensatz zum früheren Völkerrecht, das ein allgemeines Recht zur Wiederaufnahme der Kampfhandlungen einräumte 10), als ein Verstoß gegen das in Art. 2 Ziffer 4 der Charta der Vereinten Nationen geregelte Gewaltverbot, wenn ein Staat die Kampfhandlungen wieder aufnimmt, es sei denn, das Verhalten der anderen Partei des Waffenstillstands oder der Feuereinstellung ist gleichbedeutend mit einem bewaffneten Angriff oder der Drohung mit einem bewaffneten Angriff. Frühere Völkerrechtsgrundsätze, u.a. des Waffenstillstandsrechts, sind daher nach Annahme der Charta der Vereinten Nationen nur anwendbar, soweit sie mit deren Rechtsgrundsätzen vereinbar sind 11). Danach ist hier entscheidend, daß der Sicherheitsrat in der Resolution 687 (1991), von einer unbefristeten Feuereinstellung 12) ausgehend, die umfangreichen Verpflichtungen Iraks zur Deklaration sowie Unschädlichmachung chemischer und biologischer Waffen und Kampfstoffbestände nicht mit einer Gewaltandrohung sanktionierte 13), ebensowenig die Verpflichtung Iraks, sich terroristischen Maßnahmen/Unterstützungsmaßnahmen zu enthalten (Nummer 32), und überdies in Nummer 34 beschloß, »mit dieser Angelegenheit befaßt zu bleiben und alle weiteren für die Durchführung dieser Resolution und für die Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit in dem Gebiet erforderliche Schritte zu unternehmen« 14). Mit dieser Festlegung des Sicherheitsrates, über weitere Schritte zu entscheiden, wäre eine Auffassung, etwa die USA und Großbritannien dürften eigenständig über den Einsatz militärischer Mittel befinden, nicht zu vereinbaren 15).

      Als Ergebnis ist festzuhalten, daß der Zweck der Resolution 678 (1990), die Vertreibung der irakischen Aggressoren aus Kuwait, bereits 1991 erreicht worden ist. Die Resolutionen 678 (1990) und 687 (1991) betreffen mit der Beendigung des damaligen Krieges abgeschlossene Sachverhalte und sind damit »verbraucht«. Sie können nicht nach über zehn Jahren als Ermächtigungsgrundlage für eine erneute Militäraktion gegen Irak herangezogen werden. Offenkundig wird dies auch dadurch, daß in diesem Zeitraum eine Vielzahl weiterer Resolutionen des Sicherheitsrates und Erklärungen seines Präsidenten erfolgt sind, die die rechtliche Situation seit 1991 verändert und neu gestaltet haben. 16)

      II. Resolution 1441 (2002)

      Die Resolution 1441 ist das Ergebnis eines »wochenlangen Ringens um die richtige Formulierung« 17). Am 8. 11. 2002 schloß der Sicherheitsrat die langanhaltende Debatte mit der von allen 15 Mitgliedern, einschließlich Syrien, einstimmig angenommenen Resolution ab. Damit hatten sich unterschiedliche Vorstellungen der Vetomächte Rußland und China, die für eine Fortsetzung der Waffeninspektionen auf der bestehenden Resolutionsbasis plädiert hatten, ebensowenig durchgesetzt wie Vorstellungen der USA und Großbritanniens nach einer (noch) »härteren Gangart«. Im einzelnen ist insbesondere auf folgende Resolutionsbestandteile hinzuweisen:

      Wenn in Absatz 4 der Präambel davon ausgegangen wird, »daß die Mitgliedstaaten durch seine Resolution 678 (1990) ermächtigt wurden, alle Mittel einzusetzen, um seiner Resolution 660 (1990) ... und allen nach Resolution 660 (1990) verabschiedeten einschlägigen Resolutionen Geltung zu verschaffen und sie durchzuführen und den Weltfrieden und die internationale Sicherheit in dem Gebiet wiederherzustellen«, wird das Mandat der Resolution 678 (1990), wie auch unter I.) ausgeführt, u.a. auf die mit der Notifizierung durch den Irak verbindlich gewordene und im übrigen nicht sanktionierte Resolution 687 (1991) erstreckt. Auch Absatz 10 der Präambel scheint durch den Verweis darauf, »daß der Rat in seiner Resolution 687 (1991) erklärte, daß eine Waffenruhe davon abhängen werde, daß Irak die Bestimmungen der genannten Resolution und namentlich die Irak darin auferlegten Verpflichtungen akzeptiert«, (nunmehr) eine bedingte Waffenruhe zu unterstellen. Neben diesen Formulierungen im Präambelteil, die eher Ausdruck einer veränderten politischen als juristischen Bewertung 18) vergangener Vorgänge zu sein scheinen, fällt die Einführung des Begriffs »erhebliche Verletzung« (material breach) auf. Die »erhebliche Verletzung« einschlägiger Resolutionen wird vom Sicherheitsrat in Nummer 1 für die Vergangenheit und Gegenwart beschlossen, nach Nummer 4 wird die Tatbestandsverwirklichung einer »weiteren erheblichen Verletzung« angedroht »für jegliches Versäumnis Iraks« bei der Erfüllung der Resolution 1441, mit der Folge, daß der Sicherheitsrat nach Nummer 12 »sofort nach Eingang eines Berichts« ... zusammentritt, »um über die Situation und die Notwendigkeit der vollinhaltlichen Befolgung aller einschlägigen Ratsresolutionen zu beraten, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu sichern«. Nummer 13 weist schließlich die »Erinnerung« auf, »daß der Rat Irak wiederholt vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt hat, wenn Irak weiter gegen seine Verpflichtungen verstößt«.

      Die rechtliche Würdigung dieses Resolutionstextes unter Berücksichtigung dazu ergangener Erklärungen einiger Sicherheitsratsmitglieder läßt folgende Auslegung sachgerecht erscheinen:

      Eine (auch Militärschläge umfassende) Ermächtigung der Mitgliedstaaten, »alle erforderlichen Mittel« einzusetzen, enthält die Resolution 1441, anders etwa als die Resolution 678 (1990), nicht. Sie enthält auch kein Mandat zu einer einseitigen Gewaltanwendung durch einen einzelnen Staat. Diese Textauslegung wird bestätigt durch die gemeinsame Erklärung Chinas, Frankreichs und Rußlands vom 8. 11. 2002, wonach die vom Sicherheitsrat angenommene Resolution 1441 (2002) »jeden automatischen Einsatz von Gewalt« ausschließt und in der es weiter heißt: »In dieser Hinsicht haben wir mit Genugtuung die Erklärung der Vertreter der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs zur Kenntnis genommen, die in ihren Darlegungen zur Stimmabgabe die Ansicht bestätigt und versichert haben, daß das Ziel der Resolution die vollständige Umsetzung der bestehenden Sicherheitsratsresolutionen zur Abrüstung der irakischen Massenvernichtungswaffen ist. Alle Sicherheitsratsmitglieder teilen dieses Ziel. Für den Fall, daß Irak seine Verpflichtungen nicht einhält, treten die Bestimmungen der Paragraphen 4, 11 und 12 in Kraft ... Der Rat muß dann auf der Grundlage dieses Berichts Stellung nehmen. Die Resolution trägt deshalb der Zuständigkeit des Sicherheitsrats für die Bewahrung des internationalen Friedens und er Sicherheit im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen Rechnung.« Frankreichs Verteidigungsministerin hat diese Sichtweise jüngst bekräftigt. 19)

      Wesentlich für die Auslegung der Resolution im Sinne der Fragestellung sind die Nummern 12 und 13. Nummer 12 enthält eindeutig den Beschluß, daß der Sicherheitsrat – nach dem eventuellen Eingang eines Berichts über Versäumnisse Iraks bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen – sofort zusammentritt, um über die Situation und Folgerungen zu beraten. Demnach ist vor weiteren Konsequenzen einschließlich eines militärischen Vorgehens auf jeden Fall eine Beratung erforderlich. Demgegenüber beinhaltet Nummer 13 eine Erinnerung an wiederholte frühere Warnungen des Rates an Irak vor ernsthaften Konsequenzen im Falle weiterer Pflichtverletzungen durch Irak. Es ist schon sehr fraglich, ob von dem Begriff »ernsthafte Konsequenzen« auch ein militärischer Angriff umfaßt ist. Dagegen spricht z.B. daß in vergleichbaren Fällen, etwa auch in der Resolution 678, deutlich weitergehend von »allen erforderlichen Mitteln« gesprochen wird. Dazu gehören ohne Zweifel auch militärische Mittel, wohingegen »ernsthafte Konsequenzen« auch anderer, z.B. wirtschaftlicher Natur sein können.

      Jedenfalls aber kann die (bloße) Erinnerung an frühere Warnungen in Nummer 13 weder den Beschluß der Nummer 12 zur erneuten Beratung aufheben noch eine eigenständige Rechtsgrundlage für ein künftiges militärisches Vorgehen bilden. Allenfalls kann eine Bezugnahme auf diese Erinnerung zu einer Verfahrensvereinfachung und -verkürzung führen. Da aber auch ansonsten keine Rechtsgrundlage für ein militärisches Vorgehen besteht, muß dazu neben einer Beratung auch eine erneute Beschlußfassung erfolgen.

      Unabhängig davon wird aus völkerrechtlicher Sicht darauf hingewiesen, daß die Verwendung der Begriffe »erhebliche Verletzung« sowie »ernsthafte Konsequenzen« nicht die »Feststellung des Sicherheitsrats, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt« gemäß Art. 39 der Charta der Vereinten Nationen ersetzen kann 20). Diese Feststellung des Sicherheitsrats ist Bedingung für den Gebrauch der besonderen Kompetenzen des Kapitals VII der Charta der Vereinten Nationen 21); sie ist in der Resolution 1441 (2002) nicht enthalten. 22)

      III. Ergebnis

      Die Resolutionen 678 (1990), 687 (1991) und 1441 (2002) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sind keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für ein künftiges militärisches Vorgehen gegen den Irak. Es ist vielmehr eine erneute Beratung und Beschlußfassung des Sicherheitsrates erforderlich.
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      schrieb am 05.02.03 15:25:33
      Beitrag Nr. 248 ()
      JuristInnen warnen: Den Krieg verhindern!

      Appell an die Regierungen und den UN-Sicherheitsrat


      Im Folgenden dokumentieren wir eine Erklärung des Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ) - Bundesvorstand zum drohenden Krieg gegen Irak.


      USA planen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg

      Ein Krieg gegen den Irak zum Sturz der Regierung oder zur Durchsetzung von Waffeninspektionen stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Er steht im Widerspruch zur Charta der Vereinten Nationen. Dies gilt auch für die bisherigen Bombenangriffe in den sogenannten Flugverbotszonen durch die USA und Großbritannien, welche als unerklärter Krieg anzusehen sind.

      Die USA berufen sich zu Unrecht auf Art. 51 der UN-Charta, indem sie von präventiver Selbstverteidigung reden. Ein Recht auf präventive Selbstverteidigung ist im Völkerrecht nicht anerkannt. Bereits 1981 hat der UN Sicherheitsrat seinerzeit einstimmig die Zerstörung von irakischen Atomreaktoren durch Israel bei Tuweitha (Tamuz I)als völkerrechtswidrig verurteilt und den Verweis auf angebliche präventive Selbstverteidigung als unzulässige Berufung auf das Völkerrecht zurückgewiesen. Fünf Jahre später war die Bombardierung von Tripolis durch die USA als Reaktion auf den Anschlag auf die Westberliner Diskothek La Belle von der UNO als völkerrechtswidrig verurteilt worden. Die USA hatten sie damals erstmalig als "präventive Verteidigung gegen den Terrorismus" zu rechtfertigen versucht. Solche angeblich präventiven Kriege sind faktisch Angriffskriege.

      Vom absoluten Gewaltverbot des Art. 2 Ziff. 4 sind in der UN-Charta lediglich zwei Ausnahmen vorgesehen: Das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Art. 51 UN-Charta und das in den Art. 39 bis 42 allein dem UN-Sicherheitsrat zugebilligte Recht, bei einer Bedrohung des Friedens oder bei Angriffshandlungen Beschlüsse über ein militärisches Vorgehen gegen andere Staaten zu fassen.

      Gegenwärtig gibt es keinen Staat, der gegenüber dem Irak ein Recht auf Selbstverteidigung geltend machen könnte. Der Irak greift gegenwärtig kein Land an, droht auch nicht mit einem Angriff, und trifft auch keinerlei Kriegsvorbereitungshandlungen.

      Bisher liegen keine Beweise dafür vor, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügt. Auch vom deutschen Bundesnachrichtendienst wird dies bestritten. Selbst wenn der Irak über Massenvernichtungswaffen verfügen würde, könnte dies einen Krieg völkerrechtlich nicht rechtfertigen. Es existieren eine Vielzahl von Staaten, die über Massenvernichtungswaffen atomarer, biologischer oder chemischer Art verfügen. Nicht zuletzt die USA unterstützen durch ihre Weigerung der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zur Biowaffenkonvention die Verbreitung solcher Waffen.

      Das Ziel der USA, den Sturz von Saddam Hussein militärisch zu erzwingen, ist ebenfalls in keiner Weise durch das Völkerrecht gedeckt.

      Keine Rechtfertigung durch UN-Sicherheitsrat

      Auch ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats kann gegenwärtig einen solchen Angriff nicht rechtfertigen. Die Voraussetzungen für ein militärisches Eingreifen nach den Art. 41 und 42 UN-Charta liegen gegenwärtig nicht vor. Der Sicherheitsrat ist nicht befugt, willkürlich militärische Sanktionen zuzulassen bzw. anzuordnen. Er ist dazu nur befugt, wenn er nach Art. 39 eine Bedrohung oder einen Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung feststellt.

      Weiterhin müssen die vom Sicherheitsrat angeordneten Maßnahmen dazu geeignet sein, den Weltfrieden zu wahren oder wieder herzustellen. Bei einem Krieg gegen den Irak wäre jedoch das Gegenteil der Fall. Der Weltfrieden wäre mehr denn je in Frage gestellt. Zurecht haben daher bisher die deutsche Bundesregierung sowie die Regierungen anderer Länder wegen der destabilisierenden Wirkung eines Krieges gegen den Irak in der Nahostregion die Unterstützung abgelehnt.

      Der Sicherheitsrat ist verpflichtet eine unmissverständliche Entscheidung zu treffen. Es darf sich nicht wiederholen, dass der UN-Sicherheitsrat eine Entscheidung trifft, welche - ohne ausdrücklich militärische Sanktionen zuzulassen - hierfür doch bei böswilliger Auslegung die Grundlage liefert.

      Kein Bündnisfall der NATO

      Auch die Voraussetzungen für einen Bündnisfall der NATO liegen nicht vor. Dies wäre nur der Fall, wenn ein NATO-Mitgliedsstaat vom Irak angegriffen würde. Kein NATO-Mitgliedsstaat kann sich daher darauf berufen, aufgrund eines Bündnisfalles bestehe der Zwang zur Unterstützung der USA. Im Gegenteil verstoßen die USA mit der Führung eines Angriffskrieges auch gegen Art. 1 NATO-Vertrag, wonach sie sich verpflichtet haben, jeden internationalen Streitfall auf friedlichem Wege so zu lösen, dass der internationale Friede, die Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.

      Unterstützung des illegalen Krieges der USA durch andere Regierungen unzulässig

      Die Regierungen sind gemäß Art. 2 Ziff. 5 der UN-Charta verpflichtet, jegliche Unterstützung des Krieges gegen den Irak zu unterlassen. Sie sind verpflichtet, den USA die Nutzung von Militärstützpunkten im Inland sowie Überflug- und Landerechte zu verweigern.

      Sowohl aus dem Zwei-plus-Vier-Abkommen wie aus dem Grundgesetz folgt zwingend, dass eine deutsche Unterstützung eines solchen Angriffskrieges untersagt ist. Auch die Verfassungen anderer Länder verbieten einen Angriffskrieg.

      Bereits die im Kuweit stationierten Bundeswehr-Spürpanzer können zurecht als eine Unterstützung der illegalen kriegerischen Aktionen der USA angesehen werden. Das Argument "man könne es sich nicht völlig mit den USA verderben" ist rechtlich nicht haltbar und politisch kurzsichtig.

      Entsprechendes gilt auch für die Gewährung von Überflugrechten zu Zwecken der illegalen Kriegsführung, die Nutzung von US-Militärflughäfen in Deutschland, die Verbringung von Kriegsmaterial von in Deutschland gelegenen US-Stützpunkten ins Kriegsgebiet, die Einbeziehung von USKommandoeinrichtungen (z.B. US-EUSCOM in Stuttgart-Vaihingen, von wo aus die illegalen USMilitäraktionen gegen Libyen gesteuert wurden) und von Kommunikations- und Infrastruktursysteme.

      Die laufenden Kriegsvorbereitungen der US-Regierung mit dem Ziel Saddam Hussein abzulösen, stellen eine Bedrohung des Friedens nach Art. 39 UN-Charta dar. Nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sind alle Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges verfassungswidrig (Art. 26 GG) und nach § 80 Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt (Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren).

      Die Regierungen werden daher aufgefordert:

      1. unter allen Umständen gegen jede Beteiligung der jeweiligen nationalen oder NATO Streitkräfte an einem einseitig durch die US- Regierung geführten Krieg gegen den Irak einzutreten

      2. alle diplomatischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die USA von der Führung eines Angriffskrieges abzuhalten.

      3. den USA jegliche wirtschaftliche und logistische Hilfe für ein solches illegales Vorhaben zu verweigern

      4. die Rückführung ihrer eigenen Waffensysteme und Soldaten aus dem Krisengebiet zu veranlassen

      5. unter allen Umständen für die Einhaltung der Mechanismen des UN-Sicherheitsrates und für dessen unmissverständliche Beschlussfassung einzutreten

      6. im Falle eines Krieges DeserteurInnen der kriegsbeteiligten Staaten Asyl zu gewähren.


      http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Irak/Stimmen/…

      http://www.vdj.de/strafanzeige/
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      schrieb am 05.02.03 17:10:49
      Beitrag Nr. 249 ()
      Irak-Politik

      Osteuropäer leisten Washington den Treueschwur

      Der Graben zwischen "altem" und "neuem" Europa droht tiefer zu werden: Sieben osteuropäische Staaten wollen eine Erklärung abgeben, in der sie den Kriegskurs der USA gegenüber dem Irak unterstützen.

      Sofia/Brüssel - Bulgarien, Rumänien, Albanien, die Slowakei und die drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland wollen eine entsprechende Deklaration im Anschluss an die Rede von US-Außenminister Colin Powell vor dem Uno-Sicherheitsrat am heutigen Nachmittag veröffentlichen.

      Ein Sprecher der bulgarischen Regierung erklärte in Sofia, man rechne damit, dass bis zu zehn osteuropäische Staaten die Erklärung unterzeichnen werden. In der vergangenen Woche hatten sich bereits Großbritannien, Tschechien, Dänemark, Ungarn, Italien, Polen, Portugal und Spanien in einer "Erklärung der Acht" klar auf die Seite der USA gestellt. Deutschland und Frankreich, die sich dem amerikanischen Kriegskurs verweigern, waren dabei übergangen worden.

      Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok, sprach sich für die Einberufung eines EU-Sondergipfels zum Irak-Konflikt aus. "Es ist dringend notwendig, dass wir in den nächsten Tagen einen Versuch unternehmen, eine gemeinsame Position zu erarbeiten", sagte der CDU-Politiker in Brüssel. Ein Treffen der EU-Außenminister sei dafür nicht ausreichend. Vielmehr müssten die Staats- und Regierungschefs einen solchen Versuch unternehmen.

      Der Nato-Rat will am morgigen Donnerstag über Möglichkeiten zur Unterstützung der USA im Fall eines Krieges gegen den Irak beraten. Das verlautete heute im Hauptquartier des Bündnisses in Brüssel. Die USA erwarten von den Partnern vor allem Maßnahmen zum Schutz des Nato-Landes Türkei. Dabei geht es nicht um Kampftruppen. Bislang haben Deutschland und Frankreich eine Entscheidung verhindert, um die Debatten im Uno-Sicherheitsrat abwarten zu können.
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      schrieb am 05.02.03 17:15:08
      Beitrag Nr. 250 ()
      @Juvenile

      die Amerikaner bekommen alles auf einmal. Den Irak können sie besetzen und Europa haben sie gleichzeitig geteilt. Ihnen war lange die EU ein Dorn im Auge und jetzt können sie alle gegeneinander ausspielen. Wie sehr muss Rußland das weh tun, dass sie vor ihrer eigenen Haustür nichts mehr zu sagen haben. :D
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      schrieb am 05.02.03 17:19:12
      !
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      schrieb am 05.02.03 17:27:52
      Beitrag Nr. 252 ()
      Mittwoch, 5. Februar 2003
      Blair beharrt
      Doch Verbindung Irak-El Kaida

      Trotz eines gegenteiligen Geheimdienstpapiers beharrt der britische Premierminister Tony Blair darauf, dass der Irak Kontakte zum Terrornetzwerk El Kaida unterhält. Allerdings sei nicht bekannt, welchen Umfang die Verbindungen hätten, sagte Blair am Mittwoch im Londoner Unterhaus. Dies hatte Blair bereits Ende Januar gesagt.

      Der Sender BBC hatte zuvor berichtet, der britische Geheimdienst bezweifle, dass der irakische Staatschef Saddam Hussein zurzeit direkten Kontakt zur El Kaida habe. Die BBC berief sich auf ein streng geheimes Dokument des Verteidigungsministeriums. Dieses sei vor drei Wochen erstellt und Blair vorgelegt worden.

      Das Papier enthalte die klare Aussage, es bestünden gegenwärtig keine Verbindungen zwischen dem Irak und El Kaida. Es habe allerdings solche Kontakte in der Vergangenheit gegeben. Diese seien jedoch an gegenseitigem Misstrauen und unterschiedlichen Ideologien gescheitert.

      Auch US-Präsident George W. Bush hatte dem Irak in seiner Rede zur Lage der Nation vorgeworfen, Terroristen zu helfen und zu verstecken: "Es gibt Beweise, dass Saddam Hussein Terroristen hilft und sie schützt, einschließlich Mitglieder von El Kaida", sagte Bush. UN-Chefinspekteur Hans Blix erklärte darauf, diese Behauptung sei falsch.

      In dem britischen Geheimdienstpapier, aus dem die BBC zitierte, heiße es, die Ansichten des El-Kaida-Führers Osama bin Laden und der im Irak regierenden Baath-Partei stünden im Gegensatz zu den religiösen Ansichten bin Ladens. Für den Terroristenführer sei es ein "abtrünniges Regime". Bin Ladens Ziele stünden in einem ideologischen Widerspruch zum heutigen Irak.

      Der irakische Präsident Saddam Hussein hatte in einem Interview mit dem britschen Privatsender Channel 4 jegliche Beziehungen zu El Kaida bestritten. In dem am Dienstagabend ausgestrahlten Gespräch sagte Saddam Hussein: "Wenn wir Beziehungen zu El Kaida hätten, und wenn wir an diese Beziehungen glauben würden, hätten wir keinen Grund, uns deswegen zu schämen und das nicht zuzugeben."

      Auch der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Asis wies in der französischen Tageszeitung "Le Figaro" angebliche Verbindungen des Irak zu El Kaida entschieden zurück. "Unser Regime ist laizistisch und hat Islamismus und Fundamentalismus immer mit Nachdruck bekämpft".

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3098404.html
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      schrieb am 05.02.03 17:31:40
      Beitrag Nr. 253 ()
      @Jules, die al-kaida Karte zieht nicht und Blair beharrt trotzdem darauf, hat er doch so laut herumposaunt, dass es dort eine klare Verbindung gibt. Der Powell trägt die Sachen vor, als wäre er ein Anwalt. Dies kommt sicher in den Staaten an, aber bei den Sicherheitsratmitgliedern eher weniger. Blix wird später sicher sagen, dass die Hinweise wage sind und sie schon 95% von dem wissen. bis jetzt für mich eher ein Eigentor der USA.
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      schrieb am 05.02.03 17:43:21
      Beitrag Nr. 254 ()
      Nobelpreisträger appellieren an Bush

      "Sind Sie taub gegenüber dem Aufschrei der Empörung?"

      Vier Nobelpreisträger - darunter der Schriftsteller José Saramago - und rund 40 Pazifisten aus aller Welt haben in einem offenen Brief an US-Präsident George W. Bush gegen einen Krieg im Irak protestiert. Die Politik der USA bedrohe die Grundlagen des friedlichen Zusammenlebens und des internationalen Rechts.


      AP

      Gegen einen Krieg im Irak: Literatur-Nobelpreisträger Saramago


      Die kriegerische Haltung der USA gegenüber dem Irak gefährde die Grundfesten des Zusammenlebens auf der Welt und das internationale Recht, heißt es in dem Brief weiter, der am Mittwoch von dem ehemaligen Direktor der Unesco, Frederico Mayor Zaragoza, in Barcelona vorgestellt wurde.

      Der Brief spart nicht an offenen Worten und harscher Kritik an der Kriegspolitik der USA: "Besonders nach dem 11. September 2001 sind wir für das Leben und gegen den Krieg. Die kriegerische Einstellung der USA gegen den Irak bedroht die Grundlagen des friedlichen Zusammenlebens und des internationalen Rechts. (...) Glaubt die US-Regierung wirklich, dass Desinformations-Kampagnen und Präventiv-Kriege dem Aufbau einer friedlichen und demokratischen Weltordnung, einer sichereren und freieren Welt dienlich sein könnten? Sind Sie taub gegenüber dem Aufschrei der Empörung, der auf dem ganzen Planeten und sogar in Ihrem eigenen Land zu vernehmen ist?"

      Unterzeichnet wurde der Brief von dem amerikanischen Linguisten Noam Chomsky und den Friedensnobelpreisträgern Rigoberta Menchu, Joseph Rotblat, Adolfo Perez Esquivel sowie dem Literaturnobelpreisträger José Saramago. Ein Krieg gegen Bagdad werde einem unterdrückten Volk noch mehr Tod, Leid und Verzweiflung bringen, zeigen sich die Unterzeichner überzeugt und appellieren an die USA, einen "radikalen Richtungswechsel" ihrer Politik
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      schrieb am 05.02.03 17:56:12
      Beitrag Nr. 255 ()
      China will das die Inspektoren weiterarbeiten. :D
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      schrieb am 05.02.03 18:00:23
      Beitrag Nr. 256 ()
      der Straw spielt mal wieder den Schäferhund vom Powell, aber die Chinesen haben klar gestellt, more inspections :laugh:
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      schrieb am 05.02.03 18:33:54
      Beitrag Nr. 257 ()
      Irak-Krieg: Die größte Militäroperation seit dem 2. Weltkrieg steht bevor
      Von Michel Chossudovsky

      Das folgende Manuskript bildet die Grundlage für Vorträge, die der kanadische Sozialwissenschaftler Prof. Michel Chossudovsky im Februar 2003 in Deutschland und Österreich hält.

      Wir befinden uns gegenwärtig am Wendepunkt der ernstesten Krise der modernen Geschichte. Nach den tragischen Ereignissen des 11.September hat sich die Bush-Regierung auf ein militärisches Abenteuer eingelassen, das die Zukunft der Menschheit bedroht. Es ist die größte Militäroperation seit dem 2. Weltkrieg. Nach Aussagen des Pentagons wird eine Viertelmillion Soldaten der verschiedenen Koalitions-Streitkräfte an dem Einmarsch in den Irak beteiligt sein. Hochentwickelte, tödliche hightech "Star War" Waffen sollen eingesetzt werden. Zum Zweck der Selbstverteidigung schließen die USA den Einsatz von Nuklearwaffen nicht aus.

      Die Bush-Regierung behauptete, dass sogenannte "Mini-Nukes" für die Zivilbevölkerung unschädlich seien. Das ist eine Lüge. Das ist Teil der Regierungs-Propaganda. Sie haben sogar erklärt, dass sie gegen Osama bin Ladens al Qaida eventuell auch Atomwaffen einsetzen würden. Mit anderen Worten, Präsident Bush schließt den vorsorglichen Atomwaffeneinsatz bei einem Erstschlag nicht aus. Im Falle eines konventionellen Krieges gegen den Irak rechnet IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhinderung des Atomkriegs) mit 500.000 Todesopfern, bei einem Atomschlag wären es 3.9 Millionen.

      Washingtons erklärtes Ziel ist nicht "die Wiederherstellung der Demokratie im Irak", sondern, wie nach dem 2. Weltkrieg in Japan, die Errichtung einer US-Militärregierung. Die irakische Wirtschaft wird wieder in Gang gebracht und den großen Ölreichtum des Landes übernehmen die britisch-amerikanischen Öl-Giganten. Neoliberalismus ist ein integraler Bestandteil der Kriegsziele. Der Internationale Währungs-Fond (IMF) und die Weltbank sollen beim Wiederaufbau des Nachkriegs-Iraks behilflich sein.

      Ein Krieg gegen den Irak hat Auswirkungen auf eine weit größere Region, die sich vom Mittelmeer über den Mittleren Osten bis nach Zentralasien erstreckt und die bereits Schauplatz mehrerer Kriege ist. Das Pentagon hat auch erklärt: zuerst Irak und dann Iran. Es besteht also die Absicht, die Kriegshandlungen auch auf Iran auszuweiten.

      Ein Dokument des Nationalen Sicherheitsrates der Clinton-Regierung von 1995 stellt fest, dass Öl das Ziel dieses Krieges sei: um den Vereinigten Staaten den ungehinderten, sicheren Zugang zu Öl zu garantieren.

      Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Krieg im Irak und Palästina?

      Der Krieg Israels gegen das palästinensische Volk ist Teil der neuen amerikanische Kriegs-Strategie. In dieser Gegend gibt es bereits mehrere Kriegsschauplätze: Irak, Palästina und Afghanistan. In zahlreichen ehemaligen Sowjetrepubliken entlang der chinesischen Westgrenze wurden US-Militrärstützpunkte errichtet. Israel ist Teil der britisch-amerikanischen Militärachse. Ein Angriff auf den Irak würde unweigerlich eine Ausweitung des Krieges auf den gesamten Mittleren Osten bedeuten, mit Israel an der Seite der britisch-amerkanischen Militärachse. Israel ist die fünftgrößte Nuklearmacht der Welt. Seine Atomarsenale sind moderner als die Großbritanniens. Israels Atomsprengköpfe sind auf Bagdad gerichtet und auf die wichtigsten Städte des Mittleren Ostens.

      Wie rechtfertigt die Bush-Regierung ihre Kriegsentscheidung?

      Sie stellt diesen Krieg als "humanitäre Aktion" dar. Die Bush-Regierung beschwört die Notwendigkeit der Selbstverteidigung: Als Kriegsvorwand dienen die Behauptungen:
      Amerika wird angegriffen.
      der Krieg dient der Sicherung des Weltfriedens.
      Der Krieg gegen den Irak wird als vorsorgliche Operation dargestellt, "zur Selbstverteidigung" gegen Terroristen und Schurkenstaaten. Die Massenvernichtungswaffen sind lediglich ein Vorwand, eine Erfindung. Die USA, nicht der Irak, sind eine Bedrohung für den Weltfrieden. Die USA sind der größte Hersteller von Massenvernichtungswaffen.

      Ist der 11. September relevant für das Verständnis des Krieges?

      Vor der Weltöffentlichkeit versucht die Bush-Regierung den Angriff auf den Irak als Reaktion auf die tragischen Ereignisse des 11. Septembers zu rechtfertigen. Der 11. September ist ein wichtiger Bestandteil des Propagandafeldzuges. So hat Präsident Bush kürzlich in einer seiner Reden Saddam Hussein mit Osama bin Ladens al Qaida in Verbindung gebracht. "Wir wissen, dass der Irak und das terroristische Netzwerk der al Qaida einen gemeinsamen Feind haben - die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir wissen, dass der Irak und al Qaida jahrzehntelange, hochkarätige Kontakte unterhalten haben. Einige al Qaida-Führer flohen aus Afghanistan in den Irak." Auch die britische Regierung unter Tony Blair bringt Osama mit dem Irak in Verbindung.

      Wer ist Osama bin Laden?

      Es gibt viele Beweise, darunter auch ganze Stöße von Regierungs- und Geheimdienstdokumenten, die belegen, dass Osama bin Laden mit der US-Regierung in Verbindung steht und dass die US-Regierung Osama bin Ladens al Qaida schützt. Osama ist ein Geschöpf der CIA, das auf den sowjetisch-afghanischen Krieg zurückgeht. Er wird als "intelligence asset" bezeichnet, als Werkzeug der CIA. Al Qaida wurde an verdeckten Operationen der CIA beteiligt.

      Der sogenannte "Krieg gegen den Terrorismus" ist eine pure Erfindung, die uns glauben machen soll, dass ein einziger Mann, nämlich Osama bin Laden, den 30-Milliarden-Dollar-Geheimdienst-Apparat ausgetrickst hat. Der "Krieg gegen den Terrorismus" ist ein wirtschaftlicher Eroberungsfeldzug. Krieg und Globalisierung gehen Hand in Hand. Krieg erweitert die Grenzen des Weltmarktwirtschaft. Krieg ist Teil der neoliberalen Politikstrategie. Die "neue Weltordnung" wird von der Wall Street, den Ölgesellschaften und dem amerikanischen militärisch-industriellen Komplex dominiert.

      Der 11. September 2001 war das Ereignis, auf das die Bush-Regierung geradezu gewartet hatte, war das, was David Rockefeller die "nützliche Krise" genannt hatte, denn er lieferte den Vorwand für einen Krieg ohne Grenzen. Osama bin Laden ist eine Schlüsselfigur im Propagandafeldzug der Bush-Regierung.

      Wer unterstützt den internationalen Terrorismus?

      Die im folgenden aufgeführten Beweise bestätigen, dass die Bush-Regierung (und nicht der Irak) den internationalen Terrorismus unterstützt und begünstigt hat.

      Sehen wir uns einige dieser Verbindungen zwischen der US-Regierung und al Qaida einmal näher an: Offizielle Quellen belegen, dass al Qaida vom pakistanischen Militärgeheimdienst ISI (Inter-Services-Intelligence) unterstützt wird. ISI unterstützt viele terroristische Organisationen. Gut dokumentiert ist, dass ISI wiederum vom CIA unterstützt wird und dass zwischen diesen beiden Diensten enge Beziehungen bestehen. Die Terroristen des 11. September haben nicht aus eigenem Antrieb gehandelt. Die Selbstmord-Hijacker waren die ausführenden Organe einer sorgfältig geplanten Geheimdienstoperation. Und es war nicht der Irak, sondern Amerikas Verbündeter Pakistan, der die al Qaida dabei unterstützte. Tatsächlich deutet alles auf eine Beteiligung des pakistanischen ISI hin.

      Offizielle Dokumente auch aus dem Kongress bestätigen, dass al Qaida ein Geschöpf des CIA ist, ein sogenannter "intelligence asset", ein geheimdienstlicher Aktivposten, also ein Werkzeug des CIA. Seit dem sowjetisch-afghanischen Krieg und nach dem Ende des Kalten Krieges, wurde die "militante islamistische Basis" von verschiedenen amerikanischen Regierungen für verdeckte Operationen in der ehemaligen Sowjetunion und am Balkan eingesetzt. In den 90er Jahren haben amerikanische Regierungsbehörden bei verdeckten Operationen oft mit al Qaida zusammengearbeitet. Dies beweist ein Bericht des republikanischen Parteikomiteesausschusses im US-Kongress aus dem Jahr 1997. Mit anderen Worten, dieser Kongressbericht des republikanischen Parteiausschusses ist ein eindeutiger Beweis für die Komplizenschaft der Clinton-Regierung mit verschiedenen fundamentalistischen islamistischen Organisationen, zu denen auch Osama bin Landens al Qaida gehört.

      So arbeiteten auch während des Bosnienkrieges US-Waffeninspektoren mit Al Qaida-Leuten bei der Beschaffung von Waffen für die bosnische muslimische Armee zusammen. Somit hat die Clinton-Regierung ihre Hand über die Terroristen gehalten. Aber auch die Bush-Regierung hat Bin Ladens al Qaida Unterschlupf gewährt und sie geschützt. In Mazedonien hatten sowohl die US-Regierung als auch die NATO Verbindung zu al Qaida: Und dies kaum einige Wochen vor dem 11. September 2001! Hochrangige amerikanische Militärberater einer privaten Söldnerfirma kämpften im Auftrag des Pentagons Seite an Seite mit Mudschaheddin bei den terroristischen Anschlägen gegen die mazedonischen Sicherheitskräfte. Dies ist durch die mazedonische Presse und Erklärungen der mazedonischen Behörden belegt. Die US-Regierung und das militante islamistische Netzwerk haben also ganz eng bei der Unterstützung und Finanzierung der Nationalen Befreiungsarmee, die in Mazedonien Terroranschläge verübte, zusammengearbeitet. Das US-Militär hat also wenige Wochen vor dem 11. September direkt mit al Qaida gemeinsame Sache gemacht.

      Was nun die Anschläge vom 11. September betrifft, so bestätigte das FBI Ende September 2001, dass der Anführer vom 11. September, Mohammend Atta, vom pakistanischen Geheimdienst ISI finanziert worden war. Ein späterer Bericht bestätigte weiter, dass es General Mahmoud Ahmad, der Chef des ISI war, der das Geld an Mohammed Atta überwiesen hat. Und wie es der Zufall will, befand sich dieser Mann, der das Geld an die Terroristen des 11.September überwiesen hatte, vom 4. bis 13. September zu einem offiziellen Besuch in den USA . Der selbe Mann, der das Geld an die Terroristen überwiesen hatte, unterhielt enge, persönliche Beziehungen zu zahlreichen hohen Vertretern der Bush-Regierung. Der pakistanische General traf mit Außenminister Colin Powell, CIA Direktor George Tenet und dem Stellvertretenden Außenminister Richard Armitage zusammen. Er hatte also Beziehungen zu Colin Powell und er hatte Beziehungen zu Mohammed Atta.

      Die Bush-Regierung führt einen Krieg gegen den Terrorismus, aber es gibt Beweise, dass die amerikanische Regierung islamistischen Terorismus unterstützt.

      Proteste gegen den Krieg

      Weltweit protestieren die Menschen gegen den Krieg. Wir begrüßen die Entscheidung der deutschen Regierung gegen diesen Krieg. Dies war eine historische Entscheidung. Doch es genügt nicht, gegen den Krieg zu protestieren. Wir müssen die Rechtmäßigkeit der Regierung Bush in Frage stellen. Wir müssen ihr Recht zu regieren in Frage stellen. Wir müssen die Kriegsverbrecher ihrer Ämter entheben, denn sie verletzen internationales Recht, sie verletzen auch internationales Völkerrecht, das bei den NS-Kriegsverbrecher Prozessen in Nürnberg zur Anwendung kam. Die Bush-Regierung wird diesen Krieg führen; egal ob sie dabei die Unterstützung der öffentlichen Meinung hat oder nicht.

      Eine wichtige Vorbedingung, um die Mächtigen zu stürzen ist es, ihren Propagandaapparat zu schwächen oder gänzlich lahmzulegen. Der Schwung und der Erfolg der großen Anti-Kriegsdemonstrationen in den USA, in Europa und auf der ganzen Welt sollen das Fundament schaffen für ein dauerhaftes Netzwerk aus Zehntausenden von lokalen Anti-Kriegsgruppen in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, in den Kirchengemeinden, in Schulen, Universitäten, und, und, und... Letztlich wird es dieses Netzwerk sein, das denjenigen, die behaupten, "in unserem Namen zu regieren" das Recht dazu abspricht.

      Um die Bush-Regierung von ihren Kriegsplänen abzubringen und um ihre Propagandamaschine unbrauchbar zu machen, müssen wir uns in den kommenden Wochen und Monaten an unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen im ganzen Land, in den USA, in Europa und auf der ganzen Welt wenden und an die Millionen Menschen, die irregeführt wurden über die Ursachen und Auswirkungen dieses Krieges. Dies bedeutet die völlige Entlarvung der Lügen hinter dem "Krieg gegen den Terrorismus" und die Enthüllung der politischen Mitwirkung der Bush-Regierung bei den Ereignissen des 11. September.

      Es handelt sich um eine riesige Täuschung. Es handelt sich um die größte Lüge in der Geschichte der USA. Es gibt keinen Grund für einen Krieg und die Regierenden in den USA und in Großbritannien müssen abgesetzt werden. Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn die Menschen in Deutschland, in Österreich und in Europa die Anti-Kriegsbewegungen in den Vereinigten Staaten unterstützen.

      Gemeinsam müssen wir den Angriff auf den Irak in den wenigen noch verbleibenden Wochen verhindern.
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      schrieb am 06.02.03 21:55:38
      Beitrag Nr. 258 ()
      Neue Attacke

      Rumsfeld stellt Deutschland auf eine Stufe mit Libyen

      Kaum hat sich die Aufregung über Donald Rumsfelds Formulierung vom "alten Europa" gelegt, schießt der US-Verteidigungsminister erneut gegen Deutschland. In der Irak-Frage stehe der Nato-Partner auf einer Stufe mit Libyen und Kuba.

      Washington - Diese Staaten würden weder einen US-Angriff auf den Irak noch einen Wiederaufbau des Landes nach einem Krieg unterstützen, sagte Rumsfeld am Mittwoch vor dem US-Kongress.


      REUTERS

      Kein Deutschland-Fan: US-Minister Rumsfeld


      Es gebe eine "nicht-unbedeutende" Zahl von Staaten, die den USA bereits Unterstützung bei einem militärischen Vorgehen gegen Irak oder die Nutzung von Militärstützpunkten und Überflugsrechte zugesagt hätten, fügte Rumsfeld hinzu. Andere Länder hätten signalisiert, sie würden beim Wiederaufbau des Irak helfen, wenn dort ein Machtwechsel stattgefunden habe. "Dann gibt es noch drei oder vier Länder, die gesagt habe, sie würden gar nichts tun", sagte Rumsfeld. "Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind diejenigen, die angedeutet haben, sie würden in keiner Beziehung helfen."

      Im vergangenen Monat hatte Rumsfeld Frankreichs und Deutschlands ablehnende Haltung zu einen Militärschlag gegen den Irak als Problem bezeichnet. Beide Länder repräsentierten nicht das "neue Europa", sondern stünden für das "alte Europa". Eine große Zahl europäischer Länder stehe in der Irak-Frage auf der Seite der USA.
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      schrieb am 06.02.03 21:57:35
      Beitrag Nr. 259 ()
      Analyse der Powell-Rede

      Eine Sache des Glaubens

      Von Severin Weiland

      Die Belege, die US-Außenminister Colin Powell dem Uno-Sicherheitsrat präsentierte, konnte die Mehrheit der Uno-Sicherheitsratsmitglieder nicht zu einem sofortigen Kriegsgang überzeugen. Wenn die Sitzung eines bewies, dann die Entschlossenheit der USA, das Problem Saddam Hussein endgültig zu beseitigen.



      REUTERS

      Powell vor dem Uno-Sicherheitsrat: "Der Irak hat diese letzte Gelegenheit nicht ergriffen"


      Berlin - Sind das die Beweise, die einen Krieg rechtfertigen? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Die Frage, ob der Irak derzeit und in naher Zukunft eine Bedrohung für den Weltfrieden darstellt, ist mehr und mehr zur Glaubensfrage geworden. Letztgültige Beweise, das war vor der Sitzung des Uno-Sicherheitsrates am Mittwoch klar, würde es ohnehin nicht geben. Es geht, wie es im Juristendeutsch heißt, ob die Dokumente "hinreichend" belegen, dass der Irak die Vorgaben der Uno-Resolution 1441 verletzt hat. Unter diesem Gesichtspunkt war das, was Powell vorlegte, wohl ausreichend. Zumindest für jene, die einen Krieg unausweichlich halten.


      Ohnehin hatten die amerikanischen Spin-Doctors aus der Umgebung des Außenministers Colin Powell bereits vor seinem Auftritt die Erwartungen gedämpft. Sie wussten: Eine spektakuläre Beweisführung wie einst 1962 während der Raketenkrise in Kuba, als der damalige amerikanische Uno-Botschafter am Ende der Sitzung im Uno-Gremium detaillierte Luftaufnahmen vom fortschreitenden Aufbau sowjetischer Raketenrampen zeigte, würde es diesmal nicht geben. Das ist nicht allein Schuld der US-Geheimdienste: Für den neuen Krieg - vor allem des biologischen - bedarf es keiner großen Produktionsanlagen.


      Was Powell vorlegte, war also nicht die definitive Kette an Beweisen, das große, treffsichere Bild im Fernsehzeitalter. Denn auch darum ging es: Die Milliarden Menschen vor den Bildschirmen zu fesseln. Das gelang nur zum Teil. Vor allem in seinen Ausführungen zu mutmaßlichen Hilfeleistungen des irakischen Regimes an Al-Qaida-Führer wurde deutlich: Die Beweislage ist dünn. Den USA, so scheint es, geht es nicht um den Nachweis einer aktuellen Gefährdung. Es geht ihr um die zukünftige Gefahrenabwehr einer Zusammenarbeit zwischen terroristisch gesinnten Staaten und ausführenden Terroristen. Also um das, was unter dem Stichwort "Präventivschlag" durch die öffentlichen Debatten geistert. "Saddam Hussein und sein Regime wird nicht aufgehalten, bevor ihn nicht jemand aufhält" ,lautete einer der Schlüsselsätze Powells.


      Was Powell in Bild, Ton - und Aussagen anonymer menschlicher Quellen präsentierte, zeigte vor allem eines: Irakische Offizielle tricksen gewaltig, um die Uno-Inspekteure - wie etwa an den Luftaufnahmen der Chemiefabrik Taji - saubere Anlagen zu präsentieren. Dass ist nicht neu. Wie bei den Uno-Inspektionen in den 90er Jahren aber bleibt die Frage: Ist das, was die Irakis verschweigen, was sie wegschaffen und tarnen, geeignet, um eine wirkliche Gefahr für den Weltfrieden und die regionale Stabilität darzustellen? Oder hindern die Uno-Inspektionen den Irak nicht gerade daran, seine mutmaßlichen Geheimprogramme durchzuführen? Es sind diese zwei Argumentationslinien, die weltweit in mehr oder weniger abgewandelter Form diskutiert werden.


      Powells Vortrag war in dieser Hinsicht sehr geschickt aufgebaut: Indem er den Uno-Inspekteuren an Hand von Satellitenaufnahmen und abgehörten Gesprächen von irakischen Offizieren verdeutlichte, wie sie von Saddam Hussein an der Nase herumgeführt werden, zeigte er zugleich ihre Grenzen auf. Die Schlussfolgerung Powells, unausgesprochen, war klar: Erst wenn der Irak besiegt, wenn Saddam Hussein gestürzt ist, wird die Gefahrenquelle wirklich beseitigt sein.


      REUTERS

      Taji-Chemielabor: Für die Uno-Inspekteure eine saubere Anlage hergerichtet?


      Die Schwäche von Powells Bericht - die vielen Mutmaßungen, die Frage nach der Echtheit seiner Dokumente - ist zugleich aber auch seine Stärke: Weil in einem Terrorregime wie den Irak nichts letztgültig beweisbar ist, bis sich die USA und ihre Verbündeten nicht selbst Zugang geschafft haben, reichen vage Erkenntnisse über biologische mobile Waffenprogramme auf LKWs und chemische Geheimlabors aus, um der Welt vor den Bildschirmen das Gruseln zu lehren.

      Ohnehin saß der beste Verbündete Powells am Mittwoch nicht in New York, sondern in Bagdad: Saddam selbst. Es ist sein Verhalten in der Vergangenheit, das das Misstrauen nährt, er wolle nunmehr wirklich ernsthaft mit der Uno zusammenzuarbeiten. Selbst die Chefinspektoren haben ihre Zweifel über die Offenlegung des irakischen Rüstungsprogramms kürzlich noch einmal deutlich gemacht. Auch das nutzte Powell, um seine Haltung zu unterstreichen. Hinzu kommt: Saddam Hussein hat in den 80er Jahren bewiesen, dass er zum Äußersten entschlossen ist. Er hat sich nicht scheut, Gasangriffe gegen die eigene Bevölkerung und den iranischen Kriegsgegner einzusetzen. Er hat Resolutionen gebrochen, er hat an chemischen und biologischen Kampfprogrammen arbeiten lassen. Darauf hat Powell hingewiesen - und damit deutlich gemacht, dass diesem Mann so oder so nicht zu trauen ist.

      Wenn der Auftritt Powells im Uno-Sicherheitsrat eines bewies, dann dies: Die Entschlossenheit der USA, das Problem zu beseitigen. Notfalls auf der Grundlage mehr oder weniger überzeugender Erkenntnisse. Der Sturz Saddams ist für die Vereinigten Staaten nur eine Frage der Zeit und der Bereitschaft der ständigen Mitglieder im Uno-Sicherheitsrat, ihnen dabei zu folgen. Und keine, die eines letztgültigen Beleges bedarf.
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      schrieb am 06.02.03 22:00:27
      Beitrag Nr. 260 ()
      Umstrittene Atomanlage

      Nordkorea droht den USA mit Präventivschlag

      "Die USA sagen, wir sind nach dem Irak als nächste dran." Das behauptet ein führender Vertreter des nordkoreanischen Außenministeriums einer britischen Zeitung zufolge. Sein Fazit: Auch ein Präventivschlag ist möglich. Unterdessen hat Nordkorea seine umstrittene Atomanlage wieder in Betrieb genommen.


      REUTERS/ DigitalGlobe

      Satellitenbild der Atomanlage Yongbyon


      Seoul - Ministeriumsvertreter Ri Pyong Gap sagte der Website des "Guardian" zufolge: "Wir haben unsere eigenen Gegenmaßnahmen. Präventivangriffe sind nicht das alleinige Recht der USA." Damit ging Ri deutlich über die bisherige Position des kommunistischen Landes hinaus.

      Nordkorea hatte gestern angekündigt, mit stärkeren Maßnahmen zur Selbstverteidigung auf US-Pläne zur Aufstockung seiner Militärpräsenz im Pazifik-Raum zu reagieren.

      Der gegenwärtige Streit um das Atomprogramm gehe deutlich über den vor einem Jahrzehnt hinaus, sagte Ri der Zeitung zufolge. "Die derzeitige Lage ist ernster als 1993. Es ist völlig offen." Vor zehn Jahren hatten beide Länder am Rande eines Krieges gestanden, sich dann aber 1994 auf ein Abkommen geeinigt, in dem Nordkorea auf sein Atomprogramm verzichtete. Dieses Abkommen hat Nordkorea nach US-Angaben allerdings gebrochen. Die USA werfen dem Land, das US-Präsident George W. Bush mit dem Irak und Iran zur "Achse des Bösen" zählt, vor, im Rahmen des Atomwaffenprogrammes waffentaugliches Plutonium herzustellen.

      Gestern hatte der frühere Uno-Waffeninspektor und heutige Kritiker der US-Politik gegenüber dem Irak, Scott Ritter, davor gewarnt, dass "Nordkorea, wenn es sieht, wie die Vereinigten Staaten Irak völkerrechtswidrig vernichten, sich nicht zurücklehnt und abwartet, dass die Amerikaner kommen". Nordkorea werde einen Präventivschlag gegen US-Truppen und deren Verbündete in Asien führen, prophezeite er: "Sie werden nicht eher zufrieden sein, bevor Tokio auf ein Stück radioaktiven Abfalls reduziert ist."

      Auch in der Parteizeitung "Rodong Sinmun" gab es heute neue Drohungen gegen die USA - allerdings nur für den Fall eines Überraschungsangriffs auf den gerade wieder in Betrieb genommenen Atomreaktor Yongbyon. "Wenn die USA einen Überraschungsangriff auf unsere friedlichen Atomanlagen starten, dann wird das einen totalen Krieg auslösen", schrieb die Parteizeitung "Rodong Sinmun" in einem Kommentar. "Es ist dumm von den USA zu denken, dass wir still mit verschränkten Armen dasitzen und warten, bis sie den Befehl für einen vorbeugenden Angriff geben."

      Der Neustart diene ausschließlich der Stromerzeugung, sagt das Regime - zumindest "zum jetzigen Zeitpunkt". Die USA haben auf Berichte über das Wiederanfahren der Anlage mit großer Besorgnis reagiert. "Nach ihrem Neustart normalisiert jetzt Nordkorea den Betrieb seiner Atomanlagen zur Stromproduktion", hieß es gestern Abend in einer von der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums in Pjöngjang. Washington nannte dies eine "ernste Entwicklung". Damit würde sich der kommunistische Staat weiter isolieren. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verurteilte das Regime in Pjöngjang als "terroristisch".

      Südkorea habe bisher keine "bestätigten Informationen", ob die Atomanlagen in Yongbyon tatsächlich bereits wieder in Betrieb genommen worden seien, sagte heute ein Sprecher des Außenministeriums in Seoul zu den Berichten.

      Die Regierung in Pjöngjang habe bereits erklärt, dass ihre Nuklearaktivitäten friedlichen Zwecken dienten, hieß es weiter in dem KCNA-Bericht. Der Fünf-Megawatt-Versuchsreaktor in Yongbyon ist jedoch nach Ansicht von südkoreanischen und US-Experten zur Produktion bedeutsamer Strommengen viel zu klein. Der nordkoreanische Reaktortyp kann kernwaffentaugliches Plutonium produzieren.

      Eine Sprecherin des US-Außenministeriums rief Pjöngjang dazu auf, die Maßnahme zur Reaktivierung seiner Atomanlagen wieder rückgängig zu machen. Die Welt müsse diesen Schritt als etwas Besorgniserregendes begreifen, sagte Rumsfeld. Das US-Außenministerium hatte bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass amerikanische Spionagesatelliten Verdächtiges am Reaktorzentrum in Yongbyon entdeckt hätten. Dort seien offenbar gebrauchte Brennstäbe abtransportiert worden, was die Absicht Nordkoreas unterstreiche, Atomwaffen zu bauen, hieß es.

      Im Atomkonflikt hat Nordkorea bestritten, Kernwaffen herstellen zu wollen. Gleichzeitig unterstellt es den USA, Angriffspläne gegen das Land zu verfolgen. Die USA betonten dagegen, dass sie auf diplomatischem Weg den Nordkorea-Konflikt beilegen wollen. In der nächsten Woche will die Führung der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) in Wien über die Nuklearfrage beraten. Dabei soll auch entschieden werden, ob im Atomstreit der Uno-Sicherheitsrat eingeschaltet werden soll, weil Pjöngjang jede weitere Zusammenarbeit mit der IAEA abgelehnt hat.
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      schrieb am 07.02.03 11:59:04
      Beitrag Nr. 261 ()
      Irak-Krise

      Moskau lehnt Kriegsresolution ab

      Moskau geht auf Gegenkurs zu Washington: Der russische Außenminister Igor Iwanow sprach sich gegen eine zweite Uno-Resolution zur Legitimierung eines Kriegs gegen den Irak aus. Damit widersprach Iwanow offen den Forderungen Großbritanniens und der USA.


      REUTERS

      Russischer Außenminister Igor Iwanow: Gewalt nur in extremen Situationen


      Moskau/London/Wien - Iwanow sagte, eine Entscheidung über Krieg sollte nur in extremen Situationen getroffen werden. "Das Problem mit den Massenvernichtungswaffen im Irak kann mit politischen Mitteln gelöst werden", erklärte er.

      Dazu seien alle Voraussetzungen gegeben, fügte Iwanow hinzu. "Wir sehen keinen Grund, eine Uno-Resolution zu verabschieden, die Gewaltanwendung gegen den Irak ins Auge fasst oder erlaubt. Wir haben immer betont, dass die Anwendung von Gewalt eine extreme Maßnahme ist, die schwere Folgen für das Land und schwerwiegende internationale Auswirkungen haben wird", sagte der Minister. "Sie sollte nur in Extremlagen angewandt werden."

      Russland trete im Weltsicherheitsrat für eine Fortsetzung der Waffeninspektionen ein, sagte Iwanow nach Angaben der Agentur Interfax. "Wenn die Inspekteure noch irgendeine Unterstützung ihrer Arbeit brauchen, sind wir bereit, dies zu erörtern."

      Erst wenige Stunden zuvor hatte US-Präsident George W. Bush den Weltsicherheitsrat ultimativ aufgefordert, den Irak unverzüglich zur Abrüstung zu zwingen. Bush sagte im Weißen Haus, er würde eine zweite Irak-Resolution begrüßen und unterstützen.

      Russlands Vizeaußenminister Juri Fedotow erklärte, die russische Regierung sehe "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" keine Notwendigkeit einer neuen Resolution des Uno-Sicherheitsrats zum Irak. "Die nächsten Schritte des Uno-Sicherheitsrates zum Irak werden von den Berichten der Leiter von Unmovic und IAEA, Hans Blix und Mohammed al-Baradei, abhängen nach ihrem Besuch in Bagdad an diesem Wochenende."

      Danach sei im Prinzip die Annahme einer oder sogar mehrerer Resolutionen möglich. Sie sollten "das Irak-Problem jedoch lösen und nicht verkomplizieren", sagte Fedotow. Der Irak müsse besser mit den Waffenkontrolleuren der Vereinten Nationen und der Internationalen Atomenergiebehörde kooperieren.

      Irak sendet Signale der Entspannung

      Der Irak ist nach einem Bericht des britischen Rundfunksenders BBC offenbar dazu bereit, den Uno-Waffeninspektoren einige "neue und bedeutende Zugeständnisse" zu machen. Unter Berufung auf Uno-Quellen in Bagdad berichtete der Sender, Präsident Saddam Hussein wolle bei einer Reihe von Kernforderungen jetzt offenbar doch mit den Inspekteuren zusammenarbeiten.

      Unter anderem gehe es dabei um die Nutzung von Spionageflugzeugen für Erkundungsflüge und um mehr Einzelgespräche mit irakischen Wissenschaftlern. Am Donnerstag hatten die Waffeninspektoren erstmals einen Wissenschaftler ohne Aufsicht befragen können.

      Uno-Chefinspektor Hans Blix wertete dies als Zeichen dafür, dass der Irak zur Zusammenarbeit bereit sei. "Es scheint, dass der Irak sich Mühe gibt", sagte Blix bei einem Besuch am Uno-Sitz in Wien. Er wolle aber an diesem Wochenende noch deutlich mehr Zeichen für Kooperation sehen, fügte Blix hinzu.
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      schrieb am 07.02.03 12:01:14
      !
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      schrieb am 07.02.03 13:00:56
      Beitrag Nr. 263 ()
      Irak-Krieg

      "Die Diplomatie ist gescheitert"

      Die Entscheidung über einen Krieg gegen den Irak steht nach Ansicht von Donald Rumsfeld unmittelbar bevor: Der US-Verteidigungsminister erklärte, die Diplomatie zur Lösung der Krise sei am Ende. Amerikanische Truppen signalisierten unterdessen ihre Angriffsbereitschaft.


      AP

      Donald Rumsfeld: "Das ist ein kritischer Augenblick"


      Rom - "Die diplomatischen Bemühungen sind gescheitert", erklärte Rumsfeld nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in Rom. Er warnte zudem den irakischen Präsidenten Saddam Hussein und dessen Armeeoffiziere davor, Chemiewaffen gegen die US-Streitkräfte einzusetzen. "Falls sie chemische Waffen einsetzen, werden sie das bereuen", sagte Rumsfeld.

      Der Minister sieht offenbar die Stunde der Entscheidung für einen Krieg nahezu gekommen. "Das ist ein kritischer Augenblick", sagte Rumsfeld. Jeder könne sehen, dass sich der Druck erhöhe, den Irak zu entwaffnen. Zuvor hatte US-Präsident George W. Bush an die Adresse Iraks erklärt: "Das Spiel ist aus."

      Die amerikanischen Streitkräfte haben mittlerweile in der Golfregion 110.000 Soldaten für einen Krieg gegen den Irak zusammengezogen. In einem klaren Zeichen für die grundsätzliche militärische Einsatzbereitschaft bestätigte eine Spezialeinheit der 101. Luftlandedivision in Fort Campbell in Kentucky, sie hätten Befehl erhalten, ihre Angriffstruppen in Stellung zu bringen.

      Die "Screaming Eagles" werden in wenigen Tagen zusammen mit rund 150.000 in der Golfregion stationierten US-Soldaten für einen Militärschlag zur Verfügung stehen. Nach Angaben von Experten reicht das mindestens für die erste Stufe einer Invasion.


      Zur entscheidenden Frage, ob der irakische Staatschef Saddam Hussein genügend mit den Rüstungsinspektoren kooperiert habe, sagte Rumsfeld: "Die Frage, die mehr in den Mittelpunkt gerückt werden sollte, ist die der Zeit. Man könnte sich sehr dafür einsetzen, dass mehr Zeit wünschenswert wäre, wenn der Irak kooperieren würde. Der Gedanke aber, dass es viel Zeit bedürfe um festzustellen, ob der Irak kooperiert, beantwortet sich selbst - man braucht nicht viel Zeit, das zu entscheiden."

      Rumsfeld trifft in Rom mit Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Verteidigungsminister Antonio Martin zusammen. Dann besucht er den US-Luftwaffenstützpunkt Aviano in Norditalien, bevor er zur Sicherheitskonferenz am Wochenende in München weiterreist.
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      schrieb am 09.02.03 17:16:10
      Beitrag Nr. 264 ()
      Rhetorische Aufrüstung

      Rumsfeld droht mit "bilateralen Maßnahmen"

      Der Konflikt zwischen Deutschland und den USA in der Irak-Frage eskaliert weiter: US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld droht mit Konsequenzen, und der sonst moderate Außenminister Colin Powell stellte der Bundesregierung gar ein 24-Stunden-Ultimatum zur Aufgabe ihrer Blockadehaltung in der Nato.


      DPA

      Donald Rumsfeld: "Bilaterale Maßnahmen"


      Washington - Powell wies den Geheimvorstoß Frankreichs und Deutschlands zur Entwaffnung des Irak zurück. "Es geht hier nicht um mehr Inspektoren, sondern um die Erfüllung der Uno-Auflagen durch den Irak", sagte Powell dem Fernsehsender FoxNews. Er habe aus der Zeitung darüber erfahren. Wahrscheinlich handele es sich um die Vorschläge, die der französische Außenminister Dominique de Villepin schon im Weltsicherheitsrat angedeutet hatte.

      Nach Rumsfeld nannte es auch Powell "unentschuldbar", dass Deutschland, Frankreich und Belgien die Nato-Entscheidung über Militärhilfe für die Türkei blockierten. "Ich hoffe, dass die Deutschen, Franzosen und Belgier ihre Meinung in den nächsten 24 Stunden ändern", sagte Powell.

      Der nächste Bericht der Uno-Waffeninspektoren vor dem Weltsicherheitsrat am 14. Februar sei entscheidend. "Dann muss der Sicherheitsrat entscheiden, was der nächste Schritt sein soll", sagte Powell. "Wenn die Vereinten Nationen nichts gegen die irakische Nichteinhaltung der Uno-Resolutionen tun, werden sie in Bedeutungslosigkeit versinken."


      DPA

      Colin Powell: 24-Stunden-Ultimatum aus Washington


      US-Verteidigungsminister Rumsfeld verschärfte nochmals seine Rhetorik gegenüber den Nato-Partnern Belgien, Frankreich und Deutschland: Er warf den Regierungen ein "schändliches" Verhalten im Nato-Rat vor.

      Alle drei Länder lehnten es bislang ab, schon jetzt mit Planungen zum Schutz der Türkei vor einem möglichen irakischen Vergeltungsangriff im Fall eines Kriegs zu beginnen, weil sie dies für ein falsches politisches Signal halten. Nachdem Deutschland am Wochenende ein Einlenken signalisiert hatte, kündigte der belgische Außenminister Louis Michel heute an, dass sein Land am Montag von seinem Vetorecht gebrauch machen werde.

      Auch Frankreich signalisierte seine Weigerung, über Militärhilfen für die Türkei zu beraten. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte am Sonntag in Paris, zur Zeit gebe es keine Berechtigung für Vorbereitungen der Nato für einen eventuellen Irak-Krieg.

      Rumsfeld: "Schändliches Verhalten"

      "Schändlich, für mich ist das wirklich schändlich", sagte Rumsfeld in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica". "Die Türkei ist ein Verbündeter. Ein Verbündeter, der alles riskiert. Wie können sie sich weigern, ihm zu helfen?" Er sei aber zuversichtlich, dass sowohl die Nato als auch die Türkei die Blockade überstehen würden.

      Rumsfeld hatte die Haltung der drei Länder schon auf der Sicherheitskonferenz in München verantwortungslos und unverzeihlich genannt. Wer selbst minimale Vorbereitungen verhindere, "riskiert es, die Glaubwürdigkeit der Allianz zu untergraben", sagte der US-Minister. In einem ARD-Interview fügte er hinzu, bei einer weiteren Blockade werde es "bilaterale Maßnahmen" geben.


      AP

      Belgischer Außenminister Louis Michel: Veto im Nato-Rat


      Die USA haben nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" bereits Investitionen in den weiteren Ausbau ihrer Militärstützpunkte in Deutschland auf Eis gelegt. Laut einem Rundschreiben des US-Verteidigungsministeriums sollten alle vermeidbaren Vorhaben gestoppt werden. Davon seien Bauvorhaben der US-Luftwaffe in Rheinland-Pfalz im Umfang von mehr als 100 Millionen Euro betroffen. Am US-Flughafen Ramstein seien fünf bereits genehmigte Bauvorhaben für mehr als 70 Millionen Euro nochmals zur Überprüfung vorzulegen.

      Louis Michel sagte in einem Fernsehinterview, Belgien wolle am Montag Nato-Planungen zum Schutz der Türkei gemeinsam mit Deutschland und Frankreich blockieren. "Wir werden es zu dritt machen", sagte Michel. "Wir sind jetzt damit beschäftigt, mit Frankreich und Deutschland einen Brief aufzusetzen, um unser Vetorecht wahrzunehmen." Er forderte die USA auf, den Waffeninspektoren der Vereinten Nationen mehr Zeit zu geben und einen deutsch-französischen Plan zur Entsendung von Uno-Friedenssoldaten zu unterstützen.

      "Da sind 16 Nato-Länder, die bereit sind, den USA zu folgen und einen Krieg zu unterstützen. Wir sind noch nicht so weit", sagte Michel im Fernsehsender VRT. Bundesverteidigungsminister Peter Struck kündigte aber an, Deutschland und die Niederlande würden der Türkei Raketenabwehrsysteme vom Typ Patriot zur Verfügung stellen. Die deutschen Radar- und Abschusssysteme würden Ende der Woche verschifft und in der Türkei von niederländischen Soldaten bedient werden, sagte Struck in München. Zum Einsatz von Awacs-Aufklärern über der Türkei sagte er nur, bis zur entscheidenden Sitzung des Nato-Rates am Montag werde eine Lösung gefunden, die schwere Probleme vermeide.
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      schrieb am 09.02.03 17:21:20
      Beitrag Nr. 265 ()
      Friedensinitiative

      Das "alte Europa" plant eine Blauhelm-Invasion im Irak

      Deutschland und Frankreich arbeiten an einem Alternativplan zur Entwaffnung des Irak. Uno-Soldaten sollen das Land besetzen und die Arbeit der Inspektoren sichern, meldet der SPIEGEL. Die Invasion würde mit deutscher Beteiligung stattfinden. Momentan wird der Geheimplan mit Russland und China abgesprochen.



      DPA

      Schröder und Chirac: Ein Plan zur friedlichen Entwaffnung des Irak


      Berlin - Damit hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wohl kaum gerechnet: Während er bei der Münchener Sicherheitskonferenz gewohnt wortgewaltig für einen unnachgiebigen Kurs gegen Saddam Hussein warb, plant das von ihm als zögerlich verspottete "alte Europa" in aller Heimlichkeit bereits die Invasion - ein Einmarsch mit deutscher Beteiligung.

      In allerletzter Minute versuchen Deutschland und Frankreich in einem diplomatischen Parforceritt, den Frieden am Golf doch noch zu erhalten. Sie arbeiten an einem Plan zur kompletten Entwaffnung des Irak. Das Geheimprojekt "Mirage" sieht vor, dass Tausende vom bewaffneten Blauhelm-Soldaten der Vereinten Nationen in den Irak einmarschieren, um die Arbeit der Inspektoren zu ermöglichen. Unter ihrem Schutz könnten die Inspektoren zu einer gewaltigen "Hausdurchsuchung" des gesamten Landes ansetzen.

      Die Blauhelme würden jahrelang faktisch die Kontrolle des Landes übernehmen und ein "robustes Abrüstungsregime" garantieren - dann auch mit deutscher Beteiligung: "Wenn sich diese Idee eines robusten Abrüstungsregimes durchsetzt, dann ist Deutschland dabei", sagte ein Regierungsmitglied dem SPIEGEL.

      Seit Anfang des Jahres arbeiten Kanzleramt und Elysée-Palast an dem Entwaffnungsmodell. "Einfach nur Nein sagen reicht jetzt nicht mehr aus", so Schröder in einer internen Lagerunde. Nach dem Konzept, das möglicherweise als deutsch-französischer Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat eingebracht werden soll, würde der gesamte Irak zur Flugverbotszone erklärt. Französische Aufklärungsflugzeuge vom Typ "Mirage IV" würden aus der Luft die Arbeit der Inspektoren unterstützen, deren Zahl verdreifacht würde.

      US-Soldaten sollen die Friedens-Invasion absichern


      DPA

      Aufklärungsdrohne Luna X-2000: Kontrolle aus der Luft


      Die mit speziellen Überwachungskameras ausgerüsteten Mirage-Jets bekämen laut Plan Unterstützung durch deutsche Luna-Drohnen und amerikanische U2-Spionageflugzeuge. Eine zentrale permanente Koordinierungsstelle im Irak, möglicherweise im Auftrag von Chefinspekteur Hans Blix, würde die Inspektionen überwachen. Die 200.000 US-Soldaten, die rund um den Irak stationiert sind, sollen als Drohkulisse in Stellung bleiben, um die friedliche Invasion abzusichern.

      Der Irak wäre dem Plan zufolge praktisch ein Protektorat der Uno, Saddam nur noch formal Herrscher seines Landes. Sollten sich dabei die gemäßigten Kräfte im Land verstärken und Saddams Regime auf Grund der Knebelung implodieren, werde das billigend in Kauf genommen, wäre aber nicht das erste Ziel der Übung, sagte ein Kanzlerberater.

      Ein engmaschiges Netz von Sanktionen würde die Kontrolle des Regimes intensivieren. Dazu zählen neben verschärften Exportkontrollen in den Industrieländern auch internationale Abkommen mit den Nachbarstaaten des Irak, um Erdölschmuggel, eine der wichtigsten Einnahmequellen des Regimes, zu verhindern. Der Plan wird derzeit mit mehreren Kritikern der US-Strategie sondiert, unter ihnen der griechische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratspräsident Kostas Simitis, der russische Präsident Wladimir Putin und der designierte chinesische Präsident Hu Jintao.




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      schrieb am 09.02.03 17:28:45
      Beitrag Nr. 266 ()
      Sonntag, 9. Februar 2003
      Spekulationen aus London
      Nur 48 Stunden für Saddam Hussein

      Die USA und Großbritannien wollen dem irakischen Diktator Saddam Hussein laut einem britischen Zeitungsbericht nur 48 Stunden Zeit geben, um das Land nach Verabschiedung einer neuen UN-Resolution zu verlassen. Anderenfalls werde er mit einem Militärschlag konfrontiert, berichtet der "Sunday Telegraph" unter Berufung auf amerikanische Regierungskreise. Saudi-Arabien soll demnach bereit sein, Saddam Hussein Exil zu gewähren.

      Der Plan soll von Großbritannien als Resolutionsentwurf vorgelegt werden, falls die UN-Waffeninspekteure in ihrem neuen Bericht vor dem Weltsicherheitsrat am kommenden Freitag zu dem Schluss kommen, dass der Irak weiterhin nicht zur vollständigen Abrüstung bereit ist. Die USA hielten sich dabei im Hintergrund, weil sie offiziell nicht den Eindruck erwecken wollten, dass eine weitere UN-Resolution notwendig sei, schreibt das Blatt.

      In dem Entwurf für den UN-Sicherheitsrat werde dem Bericht zufolge festgestellt, dass der Irak die bisherigen Resolutionen erheblich verletzt habe. Außerdem sollen darin alle notwendigen Mittel zur Abrüstung des Iraks autorisiert werden.

      Botschaftspersonal wird abgezogen

      Unterdessen haben einige Länder damit begonnen, ihre Diplomaten und deren Angehörige wegen der Kriegsgefahr aus dem Irak zurückzurufen. Die USA ziehen alle Botschaftsangehörigen, deren Anwesenheit nicht zwingend notwendig ist, sowie deren Familien aus dem Nahen Osten ab. Betroffen seien Israel, Jordanien, Libanon und Syrien.

      Das US-Konsularbüro in der polnischen Botschaft in Bagdad wird geschlossen. Polen hatte bisher die Interessen der USA vertreten, da Washington keine diplomatischen Beziehungen zu Bagdad unterhält. Die USA forderten auch alle ihre Bürger auf, diese Länder zu verlassen. Malaysia hat alle Familienangehörige ihres Botschaftspersonals im Irak abgezogen. Die Prager Regierung hat bereits in den vergangenen Wochen damit begonnen, die meisten ihrer Vertreter aus dem Irak abzuziehen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3099391.html
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      schrieb am 09.02.03 23:02:09
      Beitrag Nr. 267 ()
      Sonntag, 9. Februar 2003
      Berlin und Moskau einig
      Mehr Waffenkontrollen im Irak

      Bundeskanzler Gerhard Schröder hat eine Ausweitung der Waffenkontrollen im Irak gefordert. Es müsse darauf geachtet werden, dass das Kontroll- und Sanktionssystem funktioniere und dass es verbessert und ausgeweitet werde, sagte Schröder am Sonntagabend nach einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Berlin. "Das ist der Kern dessen, was nötig ist."

      In dem Gespräch mit Putin sei es aber nicht um irgendwelche "Geheimpläne" gegangen, sondern um das, was Frankreich, Deutschland und Russland bereits vor dem Weltsicherheitsrat vorgetragen hätten. Putin signalisierte Schröder seine Unterstützung. Die Positionen Deutschlands, Frankreichs und Russlands seien "dem Sinn nach fast übereinstimmend", sagte Putin. Auch China und die Mehrheit im Weltsicherheitsrat teilten diese Position. Man dürfe allerdings auch keine anti-amerikanische Position aufbauen. Putin bekräftigte, dass er einen Waffengang derzeit nicht für gerechtfertigt halte.

      Deutsch-französischer Abrüstrungsplan

      Ein so genannter deutsch-französischer Abrüstungsplan für Irak hat am Wochenende für Verwirrung gesorgt. Das französische Außenministerium stellte am Sonntag klar, dass kein "Geheimplan" existiert. Medien hatten sich auf die schon bekannten und bereits veröffentlichten Vorschläge des französischen Außenministers bezogen.

      Zuvor hatte Bundesverteidigungsminister Peter Struck auf der Sicherheitstagung in München bestätigt, dass ein deutsch-französischer Vorschlag am Freitag in den UN-Sicherheitsrat in New York eingebracht werden sollte. Im Fernsehsender Phoenix hatte Struck gesagt: "Wir hoffen, dass die Initiative auch im Sicherheitsrat am 14. Februar positiv aufgenommen wird". Beobachter vermuten nun, dass sich Struck möglicherweise ohne Rücksprache mit Paris vor der Presse gäußert habe. In Frankreich störte man sich am Wochenende vor allem an dem Begriff "Geheimplan" und bekannte sich nur zögerlich zu einem "Abrüstungsplan". Details wurden aber nicht veröffentlicht.

      Auch der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow kündigte an, dass sein Land eine deutsch-französische Irak-Initiative im UN-Sicherheitsrat unterstützen werde. "Ich habe keinen Zweifel, dass Russland (den Plan) unterstützen wird", wenn er im Sicherheitsrat diskutiert werde, sagte Iwanow am Sonntag in München.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3099448.html
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      schrieb am 10.02.03 13:52:56
      Beitrag Nr. 268 ()
      Nato-Krise

      Auch Deutschland legt Veto gegen Türkei-Hilfe ein

      Nach Frankreich und Belgien hat auch Deutschland bei der Nato ein Veto gegen die von der US-Regierung beantragten Schutzmaßnahmen für die Türkei bei irakischen Angriffen eingelegt. Damit ist das Bündnis in dieser Frage handlungsunfähig geworden. Doch die Verhandlungen gehen weiter, kündigte Nato-Generalsekretär Robertson an.


      NATO

      Brüssel: Die Nato muss sich in der Irak-Frage einigen


      Brüssel - George Robertson sagte am Mittag nach Beratungen des Nato-Rates: "Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Einigung erreichen, ich weiß aber nicht wann. Drei Länder müssen überzeugt werden."

      Bereits am Nachmittag um 16.30 Uhr soll der Nato-Rat das Thema erneut auf Antrag der Türkei beraten.

      "Ich kann bestätigen, dass dass Abstimmungsverhalten Deutschlands im Einklang mit Frankreich und Belgien stattgefunden hat", gab Regierungssprecher Bela Anda am Montagvormittag bekannt. Eine Zustimmung zu den Schutzmaßnahmen könne gegenwärtig als "falsches Signal" verstanden werden, begründete Anda das deutsche Abstimmungsverhalten. Eine Gefahr für das Bündnis erkenne er dadurch aber nicht.

      Der amerikanische Nato-Botschafter Nicholas Burns sieht die Allianz dagegen vor einer Glaubwürdigkeitskrise. "Dies ist eine äußerst unglückliche Entscheidung der drei Alliierten, die Nato vom Beistand bei den legitimen Verteidigungsbedürfnissen der Türkei abzuhalten", sagte Burns. "Wegen dieses Verhaltens steht die NATO nun vor einer Krise der Glaubwürdigkeit."

      Zuvor hatte bereits der deutsche Außenamtssprecher Walter Lindner bestätigt, dass die Bundesregierung ihr Veto gegen die von den USA beantragten Schutzmaßnahmen für die Türkei gegen mögliche irakische Raketenangriffe eingelegt habe. Frankreich und Belgien hatten bereits am Montagmorgen die dafür notwendige Entscheidung über Einsatzplanungen im Falle eines Irak-Krieges blockiert. Sprecher Frankreichs und Belgiens bestätigten, dass gegen entsprechende Vorschläge von Robertson ein Veto eingelegt wurde.

      Am Montagmorgen war eine von Nato-Generalsekretär George Robertson gesetzte Frist abgelaufen. Ohne Einspruch eines Mitglieds wäre der Schutz für die Türkei angenommen worden. Nach Angaben aus Nato-Kreisen blockierte Frankreich die Maßnahme eine Stunde vor Ablauf der Frist um 10 Uhr.

      Die Nato berief eine Dringlichkeitssitzung für 10.30 Uhr ein. Man wolle nicht den Eindruck erwecken, der Irak-Krieg habe bereits begonnen, sagte der belgische Außenminister Louis Michel dem französischen Rundfunksender "Europe 1" unter Berufung auf ein Gespräch mit seinem französischen Kollegen Dominique de Villepin.

      Der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, äußerte zugleich Unterstützung für die französischen und deutschen Versuche, im Irak-Konflikt eine friedliche Lösung zu finden.

      "Wenn die Türkei wirklich bedroht wäre, wäre Frankreich als eines der ersten Länder an ihrer Seite", hatte die französische Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie schon während der Sicherheitskonferenz in München gesagt. "Heute haben wir nicht das Gefühl, dass die Bedrohung da ist."


      Wegen eines möglichen Irak-Krieges haben die USA beantragt, dass die Nato Patriot-Abwehrraketen, Awacs-Aufklärungsflugzeuge und Gerät zum Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Waffen in der Türkei stationiert. 16 der 19 Nato-Mitgliedstaaten hatten sich bereit erklärt, diesem Wunsch der USA nachzukommen.

      Für Deutschland hatte Verteidigungsminister Peter Struck zuvor lediglich die Bereitstellung von Patriot-Systemen bis Ende dieser Woche angekünigt. Zum Einsatz von Awacs-Aufklärern über der Türkei sagte Struck, dass bis zur entscheidenden Sitzung des Nato-Rates eine Lösung gefunden werde.

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warf Deutschland, Frankreich und Belgien vor, sie gefährdeten mit ihrer Haltung den Zusammenhalt der Nato. Rumsfeld sagte der "Süddeutschen Zeitung", wenn die Nato der Türkei keinen Schutz gewähre, sei das "eine Schande. Die Türkei ist ein wichtiges Land. Ein moderates muslimisches Land. Es würde vom Schutz gegen chemische und biologische Waffen und von den Awacs-Flugzeugen profitieren." Eine Verweigerung des Nato-Schutzes sei "ein schrecklicher Fehler, ein überraschendes und atemberaubendes Ereignis."
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      schrieb am 10.02.03 14:06:47
      !
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      schrieb am 10.02.03 17:02:32
      Beitrag Nr. 270 ()
      Sicherheitsrat

      China stellt sich gegen US-Alleingang

      Von Andreas Lorenz, Peking

      Chinas Regierung versucht in der Irak-Krise mit Russland und Frankreich einen vorsichtigen, gemäßigten Kurs zu steuern. Das allzu forsche Vorgehen der Amerikaner lehnt die Volksrepublik ab - doch wie nachdrücklich die Vetomacht im Sicherheitsrat auf ihrem Standpunkt beharren wird, ist offen.


      AP

      Außenminister Tang im Weltsicherheitsrat


      Peking - Vorrangig sei eine "politische Lösung der Irak-Frage, solange es auch nur den kleinsten Hoffnungsschimmer gibt", erklärte Pekings Außenminister Tang Jiaxuan letzte Woche vor der Uno.

      Die Waffeninspektoren sollten, so Tang, unbedingt mehr Zeit für ihre "harte und wichtige" Arbeit erhalten. Gleichzeitig mahnte der Chinese Saddam Hussein, mit den Kontrolleuren fortan "besser zusammenzuarbeiten" und "so schnell wie möglich, offen stehende Fragen klarzustellen".

      Peking wehrt sich vehement gegen einen Alleingang der USA. Über Krieg und Frieden dürfe nur der Sicherheitsrat entscheiden, verlangt die chinesische Führung. Es ist jedoch nicht klar, ob Peking als eines der Ständigen Mitglieder des Gremiums bei der Abstimmung über eine zweite Resolution von seinem Vetorecht Gebrauch machen würde.

      Die Chinesen dürften sich, wie schon in der Vergangenheit bei heiklen Angelegenheiten enthalten, heißt es in Peking. Um das ohnehin schwierige Verhältnis zu Washington nicht zu gefährden, würde Chinas Regierung ein Veto gegen einen Krieg nur dann einlegen, wenn auch andere Staaten - etwa Russland - die Amerikaner blockierten.

      Hinter den Kulissen sind Chinas Politiker über die Entwicklung im Nahen Osten höchst beunruhigt. Sie fürchten schlimme Folgen für Wirtschaftswachstum (derzeit offiziell knapp acht Prozent) und Devisenreserven.

      Derzeit importieren die Chinesen zwei Millionen Barrel Öl am Tag. Wenn der Preis um fünf Dollar pro Barrel steigt, verliert China zehn Millionen Dollar täglich, rechnete jüngst das KP-Organ "Volkszeitung" vor. Große Ölreserven, die China über knappe Zeiten hinweghelfen könnten, existieren derzeit nicht.

      Chinas Wirtschaftskontakte mit dem Nahen Osten sind in seit dem ersten Golfkrieg stark angewachsen. Chinesische Arbeiter verdingen sich zum Beispiel in etlichen Staaten. Donnern die Kanonen, müssten sie in ihre Heimat zurückkehren, und China würde weniger Devisen kassieren.

      Deswegen hoffen Pekinger Diplomaten intern auf einen schnellen Waffengang. Allerdings: Wenn amerikanische Truppen den Irak kontrollierten, könne Washington indirekt den Ölpreis mitbestimmen und, so China, "am Boden halten", meint Su Jingxiang vom "Forschungsinstitut für Chinas Moderne Internationale Beziehungen".

      Einige Chinesen sehen Vorteile, falls die Amerikaner sich in einen jahrelangen Konflikt verwickeln sollten. Denn bei Chaos in der Region hätten Amerikas Falken keine Gelegenheit mehr, Peking unter Druck zu setzen. "Vor diesem Hintergrund würde China einige Jahre mit relativ entspannter internationaler Atmosphäre gewinnen", hieß es jüngst in der "Volkszeitung".
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      schrieb am 10.02.03 17:04:19
      Beitrag Nr. 271 ()
      Reaktionen nach dem Veto

      Amerikaner sauer, Briten gelassen

      Das Veto Frankreichs, Belgiens und Deutschlands gegen die von der US-Regierung beantragten Schutzmaßnahmen spaltet die Nato. Während Briten und Türken gelassen reagierten, sprachen die USA von einer "Glaubwürdigkeitskrise" der Allianz.

      Brüssel - "Dies ist eine äußerst unglückliche Entscheidung der drei Alliierten, die Nato vom Beistand bei den legitimen Verteidigungsbedürfnissen der Türkei abzuhalten", sagte der amerikanische Nato-Botschafter Nicholas Burns. "Wegen dieses Verhaltens steht die Nato nun vor einer Krise der Glaubwürdigkeit." Verteidigungsminister Donald Rumsfeld warf Deutschland, Frankreich und Belgien vor, sie gefährdeten mit ihrer Haltung den Zusammenhalt der Nato. Rumsfeld sagte der "Süddeutschen Zeitung", wenn die Nato der Türkei keinen Schutz gewähre, sei das "eine Schande. Die Türkei ist ein wichtiges Land. Ein moderates muslimisches Land. Es würde vom Schutz gegen chemische und biologische Waffen und von den Awacs-Flugzeugen profitieren." Eine Verweigerung des Nato-Schutzes sei "ein schrecklicher Fehler, ein überraschendes und atemberaubendes Ereignis."

      Wesentlich zurückhaltender äußerte sich London. Die britische Regierung wollte von einer Nato-Krise nichts wissen. "Niemand hat gegen etwas sein Veto ausgesprochen", sagte ein Sprecher von Premierminister Tony Blair. "Ein Veto ist nur dann ein Veto, wenn es dazu führt, dass etwas nie geschieht." Aber in diesem Fall gehe es nur darum, dass eine Planungsentscheidung der Nato zum Schutz der Türkei verschoben worden sei. Jedes Nato-Mitglied habe das Recht, mehr Zeit zur Diskussion eines solchen Schrittes zu beantragen. Die britische Regierung sei lediglich "enttäuscht", dass in diesem Punkt bisher keine Einigkeit erzielt worden sei.

      Die Türken selbst sehen in dem Nato-Streit eher eine Frage des Zeitplans als des Inhaltes. Die Differenzen könnten überwunden werden, sagte der türkische Außenminister Yasar Yakis. Er denke, dass Frankreich, Belgien und Deutschland auf die Linie der Türkei, der USA und Großbritanniens einschwenken würden, sagte Yakis. Er habe mit Vertretern der drei Länder gesprochen und sie zu überzeugen versucht, dass ein Fortfahren mit den Planungen nicht einen schnellen Weg in den Krieg bedeute.
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      schrieb am 10.02.03 19:25:06
      Beitrag Nr. 272 ()
      Nato in der Krise

      Wer ist Freund? Wer ist Feind?

      Von Rüdiger Ditz

      Nach dem Bruch begann das Gezeter. Der dezidierte Einspruch von Frankreich, Belgien und Deutschland gegen Militärhilfe für die Türkei hat in der Nato für helle Aufregung gesorgt. Die USA sehen bereits das Ende des Bündnisses heraufziehen.


      REUTERS

      George Robertson: "Es ist ernst, die Situation zweifellos schwierig"


      Brüssel - Lord Robertson kniff die Lippen zusammen. Ja, die Lage sei ernst, die Situation zweifellos schwierig, aber man werde sich einigen. Der sonst so muntere Schotte, der am Mittag in Brüssel das Zerwürfnis innerhalb der Nato über die Türkei-Frage bekannt geben musste, war sichtlich angeschlagen.

      Drei Wochen lang hatten die 19 Nato-Länder über die Bereitstellung unter anderem von Patriot-Flugabwehr-Raketen und Awacs-Aufklärungsflügen verhandelt - vergeblich. Robertson letzter Versuch, mittels einer Einspruchsfrist bis 10 Uhr am Montag die Militärhilfe für die Türkei zu retten, scheiterte. Belgien und Frankreich opponierten laut und deutlich gegen die Pläne und Berlin zog mit.
      AP

      Awacs-Flugzeug: Frankreich, Belgien und Deutschland verzögern den Einsatz


      Begründung: Wenn die Nato zu diesem Zeitpunkt Waffenlieferungen an die Türkei absegne, erkenne das Bündnis an, dass ein Irak-Krieg unausweichlich ist. Man könne nicht im Uno-Sicherheitsrat gegen den Krieg opponieren und in transatlantischen Bündnis Vorbereitungen dafür treffen, argumentieren die drei Dissidenten. Das sei "ein falsches Signal", so Regierungssprecher Bela Anda. Ansonsten? Alles halb so wild.

      Schon die bloße Andeutungen dieses Vorgehens brachte die Hardliner in der US-Regierung in Rage. "Ich kann mir so etwas überhaupt nicht vorstellen. Das geht über meinen Verstand", empörte sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Wochenende in München auf der Sicherheitstagung. Mit der Weigerung werde die Glaubwürdigkeit der Nato unterminiert. In Interviews mit mehreren europäischen Zeitungen setzte er düster hinzu: "Diese Länder werden von ihrer eigenen Bevölkerung und den anderen Mitgliedern der Allianz beurteilt werden."


      DPA

      Streitobjekt: Patriot-Rakete


      Der republikanische Senator John McCain tobte: Deutschland und Frankreich hätten dem Bündnis aus selbstsüchtigen Motiven "schrecklichen Schaden" zugefügt. Die harte Haltung der USA und Großbritanniens wird sowohl von Spanien, Italien und den Niederlanden als auch von Polen, Tschechien und Ungarn unterstützt. "Das ist ein schwerer Bruch innerhalb der Allianz", sagte Spaniens Verteidigungsminister Federico Trillo. Besonders in den osteuropäischen Ländern sorgt die Haltung der Veto-Länder für Erstaunen. Man sei doch nur deswegen der Nato beigetreten, damit die Sicherheit garantiert wird, hieß es. 40 Jahre habe die Nato die Sicherheit auch der Bundesregierung garantiert, sagte ein ranghoher Nato-Vertreter. "Die drei sind isoliert", fasste er zusammen.

      Im Brüssler Nato-Hauptquartier grübeln jetzt die Strategen: Ist das Zerwürfnis ein Einzelfall oder macht sich die vor bald 54 Jahren gegen den Ostblock geschmiedete Allianz im Kampf gegen vermeintliche Schurkenstaaten und Terror überflüssig?


      REUTERS

      Unterschiedliche Blickwinkel: Lord George Robertson, Peter Struck, Donald Rumsfeld


      Damals war klar: Der Feind steht waffenstrotzend hinter dem Eisernen Vorhang. Doch nach dem Ende des Warschauer Paktes begann in Brüssel die Sinnkrise. Wo steht der Gegner? Wer ist Freund, wer Feind - und vor allem, wer legt das fest? Sechs Jahre brauchten die Nato-Staaten, um 1997 mit der Grundakte über Gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantikvertragsorganisation und der Russischen Föderation einen modus vivendi zu finden.

      Zunächst mit Erfolg: Nach dem Anschlag auf New York und Washington vom 11. September einigten sich die Mitgliedsstaaten gar auf den Bündnisfall nach Artikel 5 der Charta, sprich der Terrorakt wurde als Angriff auf die Nato gewertet. Von uneingeschränkter Solidarität sprach damals Bundeskanzler Gerhard Schröder. Passé! Die Nato hatte mit dem Krieg gegen Afghanistan nahezu nichts zu tun, Amerikaner und Briten führten den Feldzug. Immerhin erklärte Bundesverteidigungsminister Peter Struck kurz vor seiner Kabul-Reise am Montag, er wolle Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai fragen, ob er Einwände hat, wenn in Kabul die Nato-Flagge weht".

      Lord Robertson, ganz Bündnis-gestählter Optimist, sieht noch Wege aus der Krise. Die Türkei habe eine Sitzung nach Artikel 4 der Charta beantragt, eine Premiere in der Geschichte der Nato. Darin heißt es: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist." Deshalb werde nun so lange, seien Stunden, Tage oder Wochen verhandelt, bis es einen Konsens für die türkische Militärhilfe gebe. Solche Verhandlungen seien schwierig, manchmal schmerzhaft, so Robertson, aber "die Frage ist nicht, ob wir mit den Planungen dafür beginnen, sondern wann."
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 19:45:24
      Beitrag Nr. 273 ()
      tja, dabei sollte doch nur alles eine Drohkulisse sein, und keiner wollte Krieg.:D

      Rumsfeld: "Es gilt, die Risiken eines Kriegs gegen die Risiken der Untätigkeit abzuwägen"
      Die Rede des US-Verteidigungsministers auf der Münchner Sicherheitskonferenz

      Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von US-Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld anlässlich der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik vom 8. Februar 2003. Die Übersetzung stammt aus der US-Botschaft in Deutschland.


      Sehr geehrter Herr Dr. Teltschik, sehr geehrte Minister, Parlamentarier, verehrte Gäste, Freunde, meine Damen und Herren, ganz herzlichen Dank.
      Horst, ich bin hoch erfreut, hier sein zu können. Dies ist tatsächlich nicht mein erster Besuch bei dieser Konferenz. Im Lauf vieler Jahrzehnte habe ich immer wieder daran teilgenommen. Es ist mir ein besonderes Vergnügen, wieder in Europa zu sein! Mir wurde gesagt, dass es ein bisschen Aufregung gegeben hat, als ich neulich vom "alten Europa" sprach. Ich verstehe allerdings nicht so richtig, warum. Wie ich in diesem Zusammenhang auch sagte, betrachte ich in meinem Alter das Wort "alt" als ein Kosewort. Wie bei der Bezeichnung "alter Freund".

      In der Tat wurde mir berichtet, dass eine deutsche Zeitung auf meine Vorfahren aus Norddeutschland hingewiesen hat und diese Gegend ja dafür bekannt sei, dass man offen und unverblümt sagt, was man denkt.

      Es zählt zu den Vorteilen des Alters - und ich habe da schon etwas aufzuweisen - dass man eine ganze Menge Geschichte miterlebt hat. Ich habe die Weltwirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Ich war ein junger Mann, als das NATO-Bündnis gegründet wurde, und die Namen von Churchill, Roosevelt, Adenauer, Marshall und Truman kannte ich nicht aus dem Geschichtsunterricht, sondern sie gehörten zu den politischen Führungspersönlichkeiten, denen wir alle über die Jahre hinweg folgten, während derer Europa in einen Krieg schlitterte und sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Asche erhob. Sie trugen zur Bildung unseres transatlantischen Bündnisses bei und bauten es zu einem Bollwerk gegen Tyrannei und zur Verteidigung gemeinsamer Werte und unserer Freiheit aus.

      Als der Präsident mich in den frühen siebziger Jahren zum Botschafter bei der NATO berief, war dies ein entscheidender Augenblick in meinem Leben. Ich arbeitete eng mit engagierten und hoch begabten Diplomaten zusammen, beispielsweise mit André de Starke, dem ehemaligen Doyen der Organisation des Nordatlantikvertrags, meinem engen Freund François Rose, dem damaligen französischen Botschafter bei der NATO, Franz Krapf aus der Bundesrepublik Deutschland und vielen anderen äußerst talentierten Diplomaten. Keiner von uns hätte sich damals vorstellen können, dass sich führende Vertreter der NATO eines Tages in Prag treffen würden, wo sie Litauen, Lettland, Estland, Slowenien, die Slowakische Republik, Bulgarien und Rumänien einladen würden, Mitglieder des Atlantischen Bündnisses zu werden.

      Es ist bemerkenswert, wie sich Europa allein im Laufe meines Lebens verändert hat. Dank der Bemühungen der NATO hat sich das Zentrum Europas tatsächlich ostwärts verlagert, und unser Bündnis ist dadurch stärker geworden.

      Nicht nur die Landkarte Europas hat sich verändert, sondern auch die der Welt. Aus der Tragödie des 11. September ist sicherlich eine große Verantwortung erwachsen, es ergeben sich aber auch beispiellose Möglichkeiten wie der Abbau verfestigter Trennmauern - Überreste früherer Zeiten - und der Aufbau neuer Beziehungen zu Ländern, mit denen dies noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre. Und genau das haben wir im globalen Kampf gegen den Terror getan.

      Unsere Koalition im globalen Kampf gegen den Terror umfasst heute ungefähr 90 Nationen, fast die Hälfte der Welt. Es ist die größte Koalition in der Menschheitsgeschichte. Wir kämpfen Seite an Seite mit alten Verbündeten und neuen Freunden gleichermaßen. (Hoppla, hier war schon wieder das Wörtchen "alt".) Manche beteiligen sich am militärischen Engagement in Afghanistan. Manche helfen an anderen Orten der Welt wie beispielsweise in Asien, am Golf oder am Horn von Afrika. Andere unterstützen mit Einsätzen zur Sicherung der Stabilität, wieder andere stellen Stützpunkte, Auftankmöglichkeiten, Überflugrechte und nachrichtendienstliche Erkenntnisse zur Verfügung. Manche engagieren sich nicht militärisch, helfen aber finanziell, auf diplomatischer Ebene und im Rahmen der Strafverfolgung. All das ist wichtig und hoch willkommen bei allen Nationen, die sich dem globalen Kampf gegen den Terrorismus verpflichtet haben.

      Was den Irak angeht, hoffen wir noch immer, dass zur Entwaffnung Saddam Husseins keine Gewalt angewendet werden muss. Sollte es jedoch dazu kommen, wissen wir bereits, dass dieselben dazu stehen werden - einige Länder werden sich beteiligen, während sich andere dagegen entscheiden. Die Stärke unserer Koalition liegt darin, dass wir nicht von jedem Mitglied erwarten, sich an jeder Aktion zu beteiligen.

      Die in Europa und weltweit zugesagte Unterstützung bei der Entwaffnung des Irak ist beeindruckend und wächst. Eine große Zahl von Ländern hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass sie sich uns in einer Koalition der Willigen anschließen, und jeden Tag kommen mehr hinzu.

      In der vergangenen Woche haben die Staatsoberhäupter von Großbritannien, der Tschechischen Republik, Dänemark, Ungarn, Italien, Polen, Portugal und Spanien eine mutige Stellungnahme abgegeben, in der sie erklären, "das irakische Regime und seine Massenvernichtungswaffen sind eine klare Bedrohung für die Weltsicherheit", und sie verpflichten sich, "gemeinsam müssen wir darauf bestehen, dass sein Regime entwaffnet wird".

      Ihrer Stellungnahme folgte diese Woche eine ebenso kühne Erklärung der Vilnius-Gruppe, bestehend aus Estland, Lettland, Litauen, der Slowakischen Republik, Slowenien, Bulgarien, Rumänien, Albanien, Kroatien und Mazedonien. Sie erklärten: "Unsere Länder kennen die von der Tyrannei ausgehenden Gefahren und die besondere Verantwortung der Demokratien, gemeinsame Werte zu verteidigen ... Wir sind bereit, unseren Beitrag zu einer internationalen Koalition zur Durchsetzung [von Resolution 1441] und der Entwaffnung des Irak zu leisten."

      Um es klar zu sagen, es geht darum, ein klares Signal an den Irak zu senden, wie ernst die Sache ist und wie entschlossen die Welt zur Entwaffnung des Irak ist.

      Ich sage es ganz deutlich: Niemand will Krieg. Nein, Krieg ist niemals die erste oder einfache Wahl. Aber es gilt, die Risiken eines Kriegs gegen die Risiken der Untätigkeit abzuwägen, während der Irak den Besitz von Massenvernichtungswaffen anstrebt.

      Es mag für manche schwierig sein, völlig zu verstehen, wie grundsätzlich der 11. September unser Land verändert hat. Die Amerikaner haben die Anschläge auf das Pentagon und die Türme des World Trade Center als eine schmerzliche und deutliche Ankündigung weitaus tödlicherer Angriffe in der Zukunft betrachtet. Wir haben die von Terroristen verursachte Zerstörung betrachtet; Terroristen, die Flugzeuge entführten und in Raketen verwandelten und sie einsetzten, um 3.000 unschuldige Männer, Frauen und Kinder zu töten. Und wir haben uns über die Zerstörung Gedanken gemacht, die von einem mit nuklearen, chemischen oder biologischen Waffen bewaffneten Gegner verursacht werden könnte. Statt 3.000 könnten es 30.000 oder 300.000 sein.

      Konrad Adenauer hat einmal gesagt: "Geschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre." Bei der Geschichte haben wir den Vorteil des Rückblicks. Aber diesen Vorteil müssen wir einsetzen, um daraus zu lernen. Unsere gegenwärtige Herausforderung ist noch viel schwieriger. Es ist der Versuch, im Voraus Zusammenhänge zu erkennen, um einen Anschlag zu verhindern, bevor er verübt wird und nicht zu warten und dann zu hoffen, die Einzelteile auflesen zu können, nachdem etwas passiert ist.

      Um das zu tun, müssen wir eine grundlegende Wahrheit begreifen. Wir haben einen Punkt in der Geschichte erreicht, an dem es den Spielraum für Irrtümer, den wir einst hatten, nicht mehr gibt. Im 20. Jahrhundert haben wir - wir alle hier - uns weitgehend mit konventionellen Waffen beschäftigt, die hunderte oder tausende von Menschen töten konnten. Hatten wir eine Bedrohung falsch eingeschätzt, unterschätzt oder ignoriert, konnte das durch einen Angriff aufgefangen werden - eine Erholungsphase, tief Luftholen, Mobilisierung und Angriff und Niederlage des Feindes. Im 21. Jahrhundert ist das nicht der Fall; die Kosten für die Unterschätzung der Bedrohung liegen jenseits unserer Vorstellungskraft.

      Es ist eine Tatsache von großer Tragweite, mit der wir uns abfinden müssen, und sie ist die Verknüpfung zwischen Massenvernichtungswaffen, terroristischen Staaten und terroristischen Netzwerken. Am 11. September entdeckten terroristische Staaten, dass man Washington, Paris, Berlin, Rom oder irgendeine andere unserer Hauptstädte nicht nur mit Raketen angreifen kann. Es gibt andere Trägersysteme - terroristische Netzwerke. Wenn ein terroristischer Staat Terrorgruppen Massenvernichtungswaffen zukommen lässt, könnten sie ihre Verantwortung für einen Anschlag verschleiern.

      Bis heute wissen wir immer noch nicht sicher, wer hinter dem Bombenanschlag auf die Khobar Towers in Saudi-Arabien im Jahr 1996 stand. Wir wissen immer noch nicht, wer für die Anthraxanschläge in den Vereinigten Staaten verantwortlich war. Es liegt im Wesen von Terroranschlägen begründet, dass es schwierig - und manchmal unmöglich - ist, die Verantwortlichen auszumachen. Und ein terroristischer Staat, der seine Verantwortung für einen Anschlag verschleiern kann, würde sich zweifelsohne nicht davon abhalten lassen.

      Wir alle sind anfällig für diese Bedrohungen. In Berlin erklärte Präsident Bush: "Diejenigen, die die Freiheit der Menschen verachten, werden sie auf jedem Kontinent angreifen." Wir müssen uns nur die jüngsten Bombenanschläge in Kenia oder Bali oder die Giftanschläge planenden Terrorzellen, die vor kurzem hier in Europa aufgespürt und aufgedeckt wurden, ins Gedächtnis rufen, um festzustellen, dass dies der Fall ist.

      In der vergangenen Woche sprach Präsident Bush zur ganzen Welt über die Gefahr, die Saddam Hussein darstellt. In dieser Woche legte Außenminister Powell dem Sicherheitsrat weitere Informationen vor:
      Abgehörte Gespräche zwischen irakischen Regierungsvertretern,
      Satellitenaufnahmen von irakischen Waffenanlagen und
      nachrichtendienstliche Informationen von menschlichen Quellen - von Agenten im Irak, Überläufern und Personen, die im globalen Kampf gegen den Terror festgenommen worden waren.
      Er gab keine Meinungen, keine Vermutungen wieder, sondern Fakten, die Folgendes belegen:
      das fortgesetzte Streben des Irak nach nuklearen, chemischen und biologischen Waffen;
      die Entwicklung von Trägersystemen durch den Irak, darunter Flugkörper und unbemannte Luftfahrzeuge;
      die Erprobung von Chemiewaffen an Menschen;
      seine andauernden Bestrebungen, die UN-Waffeninspekteure zu täuschen und seine Programme zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu verschleiern; und
      seine Verbindungen zu Terrornetzwerken, darunter in Bagdad operierende, der Al Qaida angeschlossene Zellen.
      Es ist schwer zu glauben, dass vernünftige Menschen, die den vor ihnen liegenden Fakten gegenüber aufgeschlossen sind, noch Zweifel haben könnten. Die Bedrohung ist greifbar. Wenn das Schlimmste geschehen sollte - und wir nichts unternommen hätten, um es aufzuhalten - könnte keiner der heute hier Anwesenden reinen Gewissens sagen, es sei eine Überraschung gewesen. Es wird keine Überraschung sein. Wir sind unterrichtet, jede unserer Nationen, jeder Einzelne von uns. Die einzige Frage lautet: Was werden wir dagegen unternehmen?

      Wir alle hoffen auf eine friedliche Lösung. Aber die einzige Chance für eine friedliche Lösung besteht darin, klar zu machen, dass freie Nationen gegebenenfalls zum Einsatz von Gewalt bereit sind, dass die Welt geeint und - wenn auch zögerlich - zu handeln bereit ist.

      Einige raten, wir sollten die Vorbereitungen verschieben. Ironischerweise könnte dieser Ansatz einen Krieg sehr viel eher - und nicht weniger - wahrscheinlich machen, weil das Verschieben der Vorbereitungen ein Signal der Unsicherheit statt ein Signal der Entschlossenheit sendet. Wenn die internationale Gemeinschaft wieder einmal einen Mangel an Entschlossenheit zeigt, besteht keine Chance, dass Saddam Hussein freiwillig abrüstet oder aus dem Land flieht - und daher eine geringe Chance für eine friedliche Lösung.

      Es gibt noch einen weiteren Grund, jetzt Vorbereitungen zu treffen: Die Mitgliedstaaten der NATO haben gemäß Artikel V eine Verpflichtung zur Verteidigung der Türkei, sollte sie vom Irak angegriffen werden. Diejenigen, die das Bündnis daran hindern wollen, selbst ein Minimum an vorbereitenden Maßnahmen zu ergreifen, riskieren, die Glaubwürdigkeit des NATO-Bündnisses zu unterminieren.

      Die Risiken sind hoch. Der Irak missachtet jetzt die 17. Resolution des UN-Sicherheitsrats. Der Rat stimmte über die Warnung an den Irak ab, dies sei seine "letzte Chance zur Einhaltung seiner Abrüstungsverpflichtungen." Zitat, Zitat Ende. In der einstimmig verabschiedeten Resolution hieß es nicht, die "vorletzte Chance". Es hieß, die "letzte Chance". Und diejenigen, die darüber abgestimmt haben - und sie haben einstimmig abgestimmt - wissen, was sie besagte. Sie wurden ausdrücklich an ihren Wortlaut erinnert. Die Frage ist, meinten die Vereinten Nationen es? Meinten sie es? Wir werden es bald wissen.

      Die Vereinten Nationen haben 17 Mal eine Linie in den Sand gezogen - und 17 Mal hat Saddam Hussein diese Linie überschritten. Die Erklärung der acht europäischen Staatsoberhäupter formulierte es letzte Woche äußerst eloquent, ich zitiere: "Wenn [diese Resolutionen] nicht eingehalten werden, verliert der Sicherheitsrat seine Glaubwürdigkeit. Dies schadet dem Weltfrieden."

      Lassen Sie mich diese traurigen Gedanken über den Zustand der Vereinten Nationen hinzufügen. Eine Institution, die mit Unterstützung und Zustimmung vieler der in diesem Saal vertretenen Nationen dem Irak - einem terroristischen Staat, der sich weigert abzurüsten - erlaubt, in Kürze den Vorsitz der Abrüstungskommission der Vereinten Nationen zu übernehmen und die vor kurzem Libyen - einen terroristischen Staat - gewählt hat, ausgerechnet den Vorsitz der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen zu übernehmen, scheint nicht einmal um die Wiedererlangung ihrer Glaubwürdigkeit zu kämpfen.

      Dass diese unverantwortlichen Handlungen jetzt, in diesem Augenblick der Geschichte stattfinden, ist atemberaubend. Diese Handlungen werden in der Geschichte der Vereinten Nationen entweder als der Tiefpunkt dieser im Rückzug begriffenen Institution markiert oder als der Wendepunkt, an dem die Vereinten Nationen aufwachten, sich selbst wieder in den Griff bekamen und sich von einem Weg der Lächerlichkeit auf einen Weg der Verantwortung begaben.

      Um zu verstehen, was auf dem Spiel steht, sollten wir uns an die Geschichte der Vorläuferorganisation der Vereinten Nationen erinnern, des Völkerbunds. Als der Völkerbund nach der Invasion von Abessinien nicht handelte, war er als Instrument des Friedens diskreditiert. Zu Recht. Die Lektion aus dieser Erfahrung wurde zu jener Zeit am besten von dem kanadischen Ministerpräsidenten Mackenzie King zusammengefasst, der erklärte: "Kollektives Bluffen kann keine kollektive Sicherheit herbeiführen."

      Diese Lektion gilt heute zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch ebenso wie im 20. Jahrhundert. Die Frage ist nur: Haben wir sie gelernt?

      Es gibt Augenblicke in der Geschichte, in denen das Urteilsvermögen und die Entschlossenheit freier Nationen auf die Probe gestellt werden. Dies ist ein solcher Augenblick. Das Sicherheitsumfeld, in das wir uns begeben, ist das gefährlichste, das die Welt je erlebt hat. Das Leben unserer Kinder und Enkelkinder könnte sehr wohl auf dem Spiel stehen.

      Was werden sie sagen, wenn sie auf diese Zeit zurückblicken? Haben wir den Ernst der Bedrohung richtig erkannt, die Verbindung zwischen Massenvernichtungswaffen, terroristischen Staaten und terroristischen Netzwerken? Werden sie sagen, wir seien paralysiert gewesen - gelähmt durch die Zwangsjacke der Unentschlossenheit und der Denkweise des 20. Jahrhunderts - während die Gefahren zunahmen? Oder werden sie sagen, wir hätten die drohende Gefahr erkannt und gehandelt, bevor es zu spät war?

      Die kommenden Tage und Wochen werden es zeigen. Vielen Dank.

      Originaltext: Rumsfeld Urges Nations to Prepare for War with Iraq
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 20:58:07
      Beitrag Nr. 274 ()
      "Skrupellose Falschheit der US-Regierung gegenüber Irak"
      Kritische Bemerkungen zur Powell-Präsentation und zur "Sicherheitskonferenz"

      Von Luz María Destéfano de Lenkait

      Die frühere Diplomatin und Autorin Luz María Destéfano de Lenkait schickte uns die nachfolgenden kritischen Bemerkungen, die sich mit Powells Rede im UN-Sicherheitsrat sowie mit den inhaltlichen Auseinandersetzungen auf der Münchner "Sicherheitskonferenz" befassen. Der Text ist gleichzeitig als Brief an verschiedene Regierungsstellen, Bundestagsabgeordnete, gesellschaftliche Verbände sowie an ARD und ZDF gegangen.


      Schon lange hat die US-Administration ihre Glaubwürdigkeit verloren. Im Außenministerium der Vereinigten Staaten verdrehen und unterschlagen seltsame "Juristen" die Charta der Vereinten Nationen, die einen Angriffskrieg völkerrechtlich rechtfertigen sollen (Meldung im August 2002). Soweit das "Rechtsverständnis" aus höchsten Kreisen Washingtons. Aber auch in Deutschland gibt es eine Adresse, wo derartiges geschieht: Die CDU-Vorstandsetage, die sich mit entsprechender Kreativität hervortut, allen voran Frau Merkel und Herr Schäuble, eine Angelegenheit für die Staatsanwaltschaft.

      Für die Öffentlichkeit, national wie international, bleibt es notwendig, einen Vorwand für einen militärischen Angriff gegen den Irak zu suchen. Zuerst versuchte man den Vorwand einer vermutlichen irakischen Verwicklung in den Terrorismus. Diese Unterstellung verlor aber sehr bald ihre Glaubwürdigkeit. Es gibt keine ausreichenden Hinweise darauf, daß Saddam Hussein in den internationalen Terrorismus verwickelt ist. Weil sich mit solch einer Einschätzung kein Krieg gegen den Irak rechtfertigen läßt, verbot Premierminister Tony Blair schon im vergangenen März die Veröffentlichung des Dokuments über eine Bedrohung durch den Irak. ("Blair refuses to release dossier on Irak threat", Sunday Times, 31.3.02). Am 5.5.02 erklärte der amerikanische Geheimdienst CIA, ihm lägen keine Erkenntnisse über eine direkte Verwicklung des Irak in den intenationalen Terrorismus vor. Nicht zuletzt hat die Bush-Regierung schon vor den Terror-Anschlägen vom 11.9.01 einen Krieg gegen den Irak erwogen. Die Fernsehsender BBC-world (7.2.03 um 17 und 18 Uhr) und CNN (8.2.03 um 16 Uhr) zeigen wiederholt die entdeckten Fälschungen der angeblichen "Indizien", die der amerikanische Außenminister, Colin Powell, dem Weltsicherheit am vergangenen Mittwoch (5.2.03) vorlegte (Powells Rede im Wortlaut). Dieser hohe amerikanische Beamte wagte, das oberste UN-Organ durch Manipulationen und konstruierte Dokumente zu belügen. Ohne Erfolg. Die Weltstaatengemeinschaft hat ihr Vertrauen in die USA längst verloren.

      So kontert der deutsche Außenminister dem amerikanischen Verteidigungsminister Rumsfeld auf der Münchner Sicherheitskonferenz (8.2.03): "Nur meine Generation hat dabei gelernt: You must make the case. Um aber eine Entscheidung in der Demokratie zu fällen," so Fischer (in perfektem Englisch), "muß man selbst davon überzeugt sein. Entschuldigen Sie bitte, ich bin aber nicht überzeugt... ich selbst glaube nicht daran..."(Tagesthemen, 8.2.03) Während BBC-world die Meldung mehrfach wiederholt und die ARD-Tagesschau sowie Tagesthemen diese Stellungnahme Fischers in aller Prägnanz brachten, wurde sie in den entsprechenden ZDF-Sendungen "Heute" und "Heute-Journal" unterschlagen, kein einziger Ton, kein einziges Bild von diesem wichtigen Ereignis. Warum?

      Interessant auch das Verhalten von Rumsfeld nach diesen Äußerungen Fischers: Keine Presse-Erklärung, keine Reaktion, was eigentlich diplomatisch üblich wäre, wenn es um richtigzustellende Angelegenheiten ginge.

      CNN interviewte den irakischen UN-Botschafter (7.2.03), der klarstellte, Irak habe keine Massenvernichtungswaffen und es sei Aufgabe der Inspektoren, dies der Weltgemeinschaft zu bestätigen, nicht aber die eines bekannten Kriegsbefürworters gegen sein Land, also weder die Aufgabe von Bush noch von Colin Powell. Der amerikanische Präsident sei falsch informiert, so der irakische Botschafter. Aus dem Irak komme keine Bedrohung gegen die USA, sondern das Gegenteil sei der Fall.

      Am heutigen Samstag 8.2.03 nach dem Eklat über die Londoner Enthüllung der Fälschung im britischen Regierungsdossier, das US-Außenminister Colin Powell dem UN-Weltsicherheitsrat am Mittwoch vorlegte, hat sich überraschend der britische Premierminister Tony Blair geäußert, er wolle die Abrüstung des Iraks durch friedliche politische Mitteln erreichen (BBC-World, 8.2.03). Beim ersten USA-Krieg gegen den Irak (1991) hat es lange gedauert, bis der amerikanische Kongreß die Propaganda-Lügen des Weißen Hauses enthüllen konnte. Jetzt ist die Entlarvung der Manipulation und Fälschung rechtzeitig an die Öffentlichkeit gelangt, (BBC-world 7.2.03, ARD, Europa-Magazin 8.2.03, 16.30 Uhr) - allerdings mit Ausnahme des ZDF, wo am 8.2. weder "Heute" noch "Heute-Journal" darüber etwas meldete, ein Untersuchungsfall für die relevanten Gremien.

      Der britische Premierminister ist zunehmenden Druck aus der eigenen Partei ausgesetzt. Im britischen Parlament kommt es zu intelligenten Fragen an Tony Blair. So fragt ihn die Labour-Abgeordnete Lynne Jones: "Können Sie erklären, warum Saddam heute eine größere Bedrohung sein soll als 1997, 98, 99 und all die Jahre, die mein verehrter Freund Premier ist? Nur weil Präsident Bush die Achse des Bösen entdeckte, soll sich die Situation geändert haben?" (ARD, Europa-Magazin 8.2.03, 16.30 Uhr).

      Wenn nicht einmal die Geheimdienste der beiden potentiellen Aggressoren USA und Großbritannien davon überzeugt sind, daß der Irak eine Rolle im internationalen Terrorismus spiele, verbietet sich ein Angriff auf den Irak im Rahmen des Bush-Kreuzzugs gegen den Terrorismus von selbst.

      In bezug auf das angebliche irakische ABC-Waffenpotential meinen Fachleute des Royal Institute of International Affairs, die Meldungen über eine irakische Atomwaffe würden von der US-Regierung absichtlich lanciert, um einen Vorwand für den Einsatz eines eigenen Nukleargefechtkopfes zu konstruieren. ("The Myth and the Reality", The Guardian, 15.3.02).

      Wenn es um Abrüstung gehen soll, ist zu bedenken, daß es heute bereits mehrere Schwellenländer gibt, deren Bestände bedeutend größer sind als das irgendeines unterstellten irakischen Restpotentials. Auch ist da Israel, wo seit langem ein großes Massenvernichtungsarsenal gelagert ist. Und ganz zu schweigen von den USA selbst, die sich im Gegensatz zu Irak weigern, ihr nukleares und biologisches Waffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. In der Tat weigert sich die Regierung Washingtons, das Protokoll betreffend der Kontrolle der biologischen Waffen zu unterzeichnen. Daher gibt es keinen Grund, von einer besonderen irakischen Gefahr zu sprechen, sondern umgekehrt, die besondere Gefahr kommt tatsächlich aus den Vereinigten Staaten.

      Die zwei konstruierten Vorwände, Terrorismus und Massenvernichtungswaffen, haben sich von selbst als frei erfunden diskreditiert, was den Irak betrifft. Somit zeigt sich die skrupellose Falschheit der US-Regierung, die sich über alle Maßstäbe von Recht und Gesetz anmaßend hinwegsetzt. Diese US-Regierung setzt faktisch die rechtsstaatlichen Grundsätze einer zivilisierten Gesellschaft, wie es auch die amerikanische ist, außer Kraft. Eine Administration, die alle demokratische Prinzipien Amerikas verrät, stellt das größte Problem für die internationale Gemeinschaft der Völker dar, die sich auf die Achtung von Recht und Gesetz durch ihren Zusammenschluß als Vereinte Nationen geeinigt hat.

      Absolut zutreffend die kritische Äußerung eines Demokraten im amerikanischen Senat, George Bush wolle sich die Macht eines Dikatators aneignen. Amerika selbst hat die Kräfte des Widerstandes gegen eine solche gefährliche diktatorielle Macht, die ihre lange demokratische Tradition und den Weltfrieden zu zerstören droht. Alle Institutionen des amerikanischen Staates, darunter der Präsident an erster Stelle, müssen sich der Herrschaft von Recht und Gesetz unterordnen.

      Die Falschheit der US-Regierung ist bloßzustellen: Für den Fall, daß die Inspektoren ihre Kontrolltätigkeit länger weiterführen, aber dabei weiterhin kein irakisches ABC-Programm feststellen können, ist die US-Regierung bereit, die Inspektionen wie bisher zu desavouieren: Es soll dann nicht heißen, man habe nichts finden können, weil der Irak kein umfassendes Rüstungsprojekt mehr betreibe, sondern daß die Inspektionen einfach zu lasch waren und deshalb nichts ergeben hätten.

      Hätte die USA-Regierung seriöse Beweise über irakische Arsenale, warum hat sie so wichtige Dinge nicht rechtzeitig den Inspektoren zur Verfügung gestellt? Niemals in der UN-Geschichte hat sich eine solche aggressive Show vor dem Weltsicherheitsrat abgespielt, eine derart schlechte amerikanische Show. Aber diesmal ist die Weltgemeinschaft wachsamer denn je und nicht bereit, das Spiel des unkontrollierten Ungeheuers mitzuspielen.

      Nationen wie Spanien, Portugal, Italien, Dänemark, Tschechien, Ungarn und Polen müssen ihre Haltung gegenüber den USA überdenken, vor allem Polen, dessen katholische Kultur und Tradition es verbietet, einer unethischen aggressiven Haltung von mörderischem Krieg und Invasion unter dem Decknamen Abrüstung kritiklos zu folgen. Ein Land, das einen Heiligen Vater der katholischen Christenheit geschenkt hat, hat Europa viel Besseres zu bieten als eine solche armselige Gefolgschaft in die Irre.
      Avatar
      schrieb am 10.02.03 21:41:04
      Beitrag Nr. 275 ()
      "Ohne Gott und Adorno"
      Die Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens

      Der folgende Beitrag des Nahost-Experten Wolf Wetzel ist in zwei Teilen in der jungen Welt veröffentlicht worden (21./22.01.2003).

      Von Wolf Wetzel

      Teil 1: Die hegemonialen Interessen der USA

      Am 2. August 1991 marschierten irakische Truppen in Kuwait ein. Was anfangs wie ein regionaler innerarabischer Konflikt aussah, entwickelte sich zum ersten US-alliierten Krieg in der Golfregion nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Gründe für die offenen Kriegsdrohungen der USA gegen den Irak variierten, je nach Zielgruppe und Geschmack: Mal war es die Besetzung von Kuwait, ein anderes Mal die Behauptung, der Irak stünde kurz vor dem Besitz einsatzfähiger Atomwaffen. Dazwischen waren auch weniger edle Kriegsgründe, schlicht ökonomische und strategische Interessen der USA, vernehmbar.

      Während die US-Alliierten mit dem größten Truppenaufmarsch nach dem Zweiten Weltkrieg begannen, hatten westliche Regierungen alle Hände voll zu tun, den einstigen Freund und Verbündeten (gegen den »Gottesstaat« Iran), Saddam Hussein, in einen »Schlächter« und »Diktator« umzuinterpretieren.

      Zwei Wochen nach Kriegsbeginn feuerte die irakische Armee acht Scud- Raketen auf Israel. Linke Intellektuelle, wie Hans Magnus Enzensberger, Dan Diner, Micha Brumlik, Wolf Biermann, Daniel-Cohn Bendit, Detlef Claussen, Hermann L. Gremliza, Wolfgang Pohrt, nahmen dies zum Anlaß, den US-alliierten Krieg gegen den Irak in einen antifaschistischen Kampf zum Schutz Israels umzudeuten. Die historischen Analogien zum deutschen Faschismus - Hans Magnus Enzensberger entdeckte in Saddam Hussein »Hitlers Wiedergänger« (Spiegel, 6/1991) - und die Halluzination einer Anti-Hitler-Koalition (im Krieg gegen den Irak) gehören seitdem zur Grundausstattung des linken deutschen Bellizismus.

      Zivilbevölkerung als Geisel

      Mit dem US-alliierten Krieg gegen den Irak 1991 fand das Wort von der »chirurgischen Kriegführung« Eingang in den Wortschatz der Bellizisten. Gemeint war eine Kriegführung, die klinisch-sauber das »Böse«, den Diktator, wegbombt und die Zivilbevölkerung verschont. Tatsächlich steht der Golfkrieg wie kaum ein anderer nach dem Zweiten Weltkrieg im Namen westlicher Werte geführte Krieg für die systematischen Zerstörung der zivilen Infrastruktur eines Landes: »Es war ein Angriff auf die Wasser- und Energieversorgungssysteme und andere Infrastruktureinrichtungen, der genau den Effekt biologischer Kriegführung hatte. Diese Angriffsspitze hatte nichts zu tun mit dem Krieg, nichts. [...] Der Zweck der biologischen Kriegführung und des Angriffs auf die Infrastruktur bestand darin, die Bevölkerung für die Zeit nach dem Krieg als Geisel zu nehmen, damit die USA ihre politischen Ziele in der Region erreichen konnten. Das ist internationaler Terrorismus kolossalen Ausmaßes.« (Noam Chomsky, FR , 30.1.1992)

      Im Gegensatz zu linken Bellizisten machten Pentagon-Planer aus ihren strategischen Zielen gar keinen Hehl, sondern unterstrichen das Zusammenspiel von Krieg und Sanktionspolitik: »Man hört: `Ihr habt nicht erkannt, daß sich das [die Bombardierung] auf das Wasser und die Kanalisation auswirken wird.` Nun, was haben wir denn mit den Sanktionen erreichen wollen - den Irakis aus der Patsche helfen? Nein. Was wir mit den Angriffen auf die Infrastruktur erreichten, war, die Wirkung der Sanktionen zu beschleunigen.« (FR, 16.9.1993)

      Daß in diesem Krieg auch Hunger eine »intelligente« Waffe der US- Alliierten ist, belegen die Zahlen von UN-Organisationen: Die FAO spricht 1995 von einer Million Toten, die Weltgesundheitsorganisation WHO stellte 1996 fest, daß sich die Kindersterblichkeit versechsfacht hat und die Mehrheit der Bevölkerung unterernährt ist. Die Möglichkeit einer bösartigen Unterstellung räumte die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright höchstpersönlich aus dem Weg. Leslie Stahl vom Sender CBS: »Wie wir gehört haben, sind eine halbe Million Kinder gestorben. Ich denke, das sind mehr als in Hiroshima. Sagen Sie, ist das den Preis wert?« US-Außenministerin Madeleine Albright: »Ich denke, es ist eine harte Entscheidung, aber den Preis ist es nach unserer Ansicht wert.« (The Independent, 25.9.2002)

      Der US-alliierte Krieg gegen den Irak 1991 galt nicht einer Diktatur, sondern der Etablierung einer »neuen Weltordnung«, der Verschiebung hegemonialer Grenzen nach dem Zusammenbruch der Staaten des Warschauer Vertrages. Mit der militärischen Kapitulation der irakischen Führung war der US-alliierte Krieg nicht zu Ende. Nun sollte das »zivile« Instrumentarium dort ansetzen, wo der Krieg aufgehört hat. Militärisch waren die US-Alliierten in der Lage, das irakische Regime zu beseitigen. Vieles spricht dafür, daß die damaligen (Bündnis-) Konstellationen einen solchen Regimesturz nicht zuließen. So begnügten sich die US-Alliierten mit einem militärisch und wirtschaftlich geschwächten Regime und der nicht ganz unberechtigten Hoffnung, daß die katastrophalen Lebensverhältnisse nach dem Krieg zu einem inneren Bürgerkrieg führen könnten. Das hätte zumindest den Anschein gewahrt, daß Regierungen eine »innere Angelegenheit« sind und nicht von den US-Alliierten benannt oder davongejagt werden.

      Politisch blieb das System Saddam Husseins also bestehen - ökonomisch ist das Land längst in den Händen der US-Alliierten. Unter Zuhilfenahme der UN-Sanktionen legen sie die Öl-Fördermenge fest, bestimmen, welche Waren und wieviel der Irak importieren kann und darf. Das Ziel war eindeutig: Mit der Waffe des Hungers sollte die irakische Regierung von innen gestürzt werden. Doch die Hoffnung, daß die irakische/kurdische Opposition die Arbeit der US-Alliierten zu Ende bringen könne, zerschlug sich. Ebenfalls ein von der CIA unterstützter Putschversuch irakisch-kurdischer Oppositionsgruppen 1996. Seitdem herrscht ein latenter Kriegszustand: »Alleine 1999 trafen 1000 Raketen mehr als 300 Ziele im Irak. Keine rechtliche Legitimierung deckt das selbstherrliche Vorgehen, kein politischer Protest behindert es.« (Reinhard Mutz, stellvertretender Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, FR, 7.6.2002)

      The Energy War - Teil II

      Der als Antwort auf die Anschläge vom 11. September 2001 ausgerufene (Welt-)Krieg hat nicht das geringste mit einem »Kampf gegen den Terror« zu tun. Weder die USA noch die Alliierten haben in den letzten 50 Jahren Krieg geführt, um Terror und Gewalt zu bekämpfen, sondern das Monopol darauf zu behaupten. Ein Monopol, das von verdeckten Kriegen (wie gegen Nikaragua) bis Massenmord und chemische Kriegführung (wie in Vietnam) bis hin zur biologischen Kriegführung (wie gegen den Irak 1991 und Jugoslawien 1999) reicht. Ein Monopol auf Vernichtung, das die Voraussetzung dafür schafft, imperiale und kapitalistische Interessen auch »friedlich« durchzusetzen.

      Der US-alliierte Krieg gegen den Irak 1991 ist nicht zu begreifen ohne den Zusammenbruch des »Ostblocks« als nicht-kapitalistischer Wirtschaftsraum und des Warschauer Paktes als militärisches Gegengewicht zur NATO. Mit diesem Krieg stießen die US-Alliierten zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg in eine Weltregion vor, die nicht zu ihrer Einflußzone zählte. Auch wenn diesem Krieg politisch Grenzen gesetzt waren, so hat er geostrategisch sein Ziel erreicht. Mit der Einrichtung von Militärbasen (in Kuwait, Saudi-Arabien und Katar) und der Stationierung von US-Soldaten im arabischen Raum unterstrichen die USA ihren hegemonialen Anspruch auf diesen Teil der Welt.

      Für rechte Kriegsbefürworter ist der in Afghanistan begonnene Weltkrieg ein »monumentaler Kampf«, den »das Gute gegen das Böse« zu bestehen habe.

      Für einige Antideutsche ist es höchste Zeit, mit Adorno und den US-Alliierten Krieg gegen den »islamischen Faschismus« zu führen. Ohne Gott und ohne Adorno geht es dem ehemaligen US-Außenminister, ehemaligen Berater des US-Ölkonzerns Unocal und heutigen Präsidenten-Berater Henry Kissinger »vor allem darum, sich nicht die außergewöhnliche Gelegenheit nehmen zu lassen, die sich für eine Umgestaltung des internationalen Systems ergeben hat«. (Konkret 5/2002).

      Noch undiplomatischer formuliert: Es geht um die Neuaufteilung Zentralasiens, vor allem um die am Kaspischen Meer liegenden ehemaligen Sowjetrepubliken Turkmenistan, Usbekistan, Aserbaidschan, Kasachstan, Georgien, die einst zur Sowjetunion bzw. zur Einflußzone des Warschauer Vertrages zählten. Was 1991 unter dem Vorwand, »Kuwait zu befreien«, die US-alliierten Ansprüche in der arabischen Welt zementierte, findet im US-alliierten Krieg rund um Afghanistan seine konsequente Fortsetzung: die militärische Beschleunigung und Absicherung US-alliierter Interessen in dieser Weltregion.

      Für diese Erkenntnis braucht es keinen (neuen) Antiimperialismus. Es genügt ein gutes Gehör: »Die kaspische Region wird uns hoffentlich vor einer totalen Abhängigkeit vom Öl aus dem Mittleren Osten bewahren [...] Hier geht es um Amerikas Sicherheit der Energieversorgung, die davon abhängt, weltweit unsere Bezugsquellen für Öl und Gas zu diversifizieren. Es geht auch darum, strategischen Einfluß derjenigen [Länder] zu verhindern, die unsere Werte nicht teilen. Wir versuchen, die neuen unabhängigen Länder zum Westen hinzubewegen. Wir wollen, daß sie sich auf die kommerziellen und politischen Werte des Westens stützen [...] Wir haben erhebliche politische Investitionen in der kaspischen Region gemacht, und es ist für uns sehr wichtig, daß der Verlauf der Pipelines und die Politik am Ende stimmen.« Folgt man dieser Aussage des ehemaligen US-Energieministers Bill Richardson aus dem Jahre 1998 (vgl. Lutz Kleveman: Der Kampf um das heilige Feuer, Rowohlt Berlin 2002, S.17) wird man im wahrsten Sinne des Wortes fündig: Man wird auf Milliarden-Investitionen zur Erschließung und Ausbeutung des kaspischen Öls stoßen, auf geplante Pipelinerouten, die mit politisch genehmen Regimes ausgehandelt wurden und werden, auf neue US-Militärbasen, die die Nähe und die Verbindung zu Ölfeldern und Öl-/Gas-Pipeline-Routen nicht scheuen, sondern suchen.

      Bündnisse neu berechnet

      Was hat der US-alliierte Krieg in und um Afghanistan mit dem angekündigten Krieg gegen den Irak zu tun? Nicht die behaupteten oder tatsächlich existierenden Massenvernichtungswaffen des Iraks sind Kriegsgrund, sondern die ökonomischen und politischen Interessen der US-Alliierten, die - trotz des Krieges 1991 und des seitdem etablierten Sanktionsregimes - unerfüllt blieben.

      Mit der forcierten politischen und ökonomischen Durchdringung Zentralasiens, mit der erfolgreichen militärischen Absicherung ist eine Hauptforderung der US-Außenpolitik erfüllt: Die strategische Abhängigkeit der USA vom »arabischen Öl« zu verringern, um so die Gefahr weitgehend auszuschließen, daß Öl noch einmal zur politischen Waffe arabischer Staaten werden könnte.

      In dem Maße aber, wie die Abhängigkeit der US-Wirtschaft von den in der OPEC zusammengeschlossenen arabischen Staaten schwindet, werden politische Bündnisse neu berechnet und Rücksichtnahmen gegebenenfalls gegenstandslos. Wenn man diese globalen Verschiebungen vor Augen hat, kann man auch die ungewöhnlich scharfe Reaktion der US-Administration auf die Zurückhaltung einiger arabischer Staaten gegenüber den US-alliierten Kriegsplänen einordnen. Westliche regierungstreue Kommentatoren entdecken nun Verhältnisse, die seit Jahrzehnten nicht der Rede wert waren: Über Nacht werden aus befreundeten Regierungen Diktaturen, aus märchenhaften Palästen und sagenumwobenen Scheichs aus Tausend und einer Nacht verkrustete Machtstrukturen und Demokratiedefizite und aus ehemaligen antikommunistischen Freiheitskämpfern Anhänger des islamistischen Terrors. Seitdem reden einige Kriegsplaner in den USA und Großbritannien zwar immer noch vom Irak, meinen damit aber die Neuordnung der arabischen Region: »Ronald Asmus und Kenneth Pollak, zwei Vordenker der Demokraten, befürworten eine langfristige Neuordnung des gesamten Mittleren Osten. Diese Mammutaufgabe könnte das `neue transatlantische Projekt` für Europäer und Amerikaner werden [...]. Der Sturz der irakischen Regierung firmiert auf dieser Neuordnungsagenda nur als eine von mehreren Aufgaben.« (Spiegel, 40/2002)

      Diese Kriegsziele sind keine Gedankenspiele geistiger Trittbrettfahrer und bedeutungsloser Strategen. Ohne es zu wollen, bestätigte der deutsche Außenminister Joseph Fischer genau diese Kriegsziele, als er seine diesbezüglichen Bedenken zusammenfaßte: »Die große Frage ist, ob ein Krieg gegen den Irak das geeignete Mittel ist, eine Neuordnung des Nahen Ostens einzuleiten oder ob der Weg, einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu erreichen, nicht der angemessenere wäre.« (Spiegel, 40/2002)

      Die vorgeschobenen Gründe

      Nachdem die Kriegsplaner zu dem Schluß kamen, daß ein Krieg gegen den Irak auch ohne Zustimmung und Zugeständnisse gegenüber arabischen Staaten zu führen ist - im Zweifelsfall sogar gegen sie - lanciert die »freie« Presse eine bunte Mischung aus Regierungsstatements, Expertenmeinungen, Dossiers und Geheimdienstberichten: Mal besitzt der Irak Massenvernichtungswaffen und verweigert den Waffeninspektoren den Zutritt. Mal wird der Irak für die Anthrax-Anschläge nach dem 11. September 2001 in den USA verantwortlich gemacht. Mal ist der Irak schon wieder dabei, in Besitz von Atomwaffen zu gelangen, mal erblickt ein britisches Geheimdienstdossier über massive Menschenrechtsverletzungen zur rechten Zeit das Licht der Öffentlichkeit. Mal verschwinden Behauptungen sang- und klanglos in der Versenkung, mal tauchen sie recycelt wieder auf. Die neueste - und mit Sicherheit nicht die letzte - handelt von »mutmaßliche[n] Al-Qaida-Terroristen in Irak«. (FR vom 9.8.2002)

      Daß dies ein luxuriöser, aber in reichen Ländern wichtiger Zeitvertreib ist, weiß auch Richard Perle, einer der wichtigsten Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld: »Ich denke, es gibt nichts, was Saddam Hussein tun könnte, um uns zu überzeugen, daß vom Irak keine Gefahr mehr ausgeht.« (FR, 5.2.2002)

      Daß dieser angekündigte Krieg auf große Skepsis und politisch hochkarätigen Widerspruch stößt, liegt nicht daran, daß die Antikriegsopposition in Europa oder Deutschland Gehör gefunden hat. Entscheidend ist vielmehr, daß einige europäische Staaten, allen voran die deutsche Bundesregierung, gegen den von den USA und Großbritannien gewollten Krieg Stellung bezogen haben. Warum aber erhebt die Bundesregierung gegen Kriegsziele das Wort, die sie früher anstandslos teilte? Was hat sich für Schröder und Fischer verändert gegenüber der deutschen Kriegsbeteiligung gegen den Irak 1991, gegen Jugoslawien 1999 und Afghanistan 2001, die Bundeskanzler Gerhard Schröder noch 2002 als »Enttabuisierung des Militärischen« feierte? Warum hat das »Nein« der Bundesregierung weder mit der Wiederentdeckung des Völkerrechts noch mit dem Erschrecken über die »eigentlichen« Kriegsziele der US- Alliierten zu tun?

      Teil 2: Die Rolle Deutschlands

      Über »Krieg und Frieden« entscheidet nicht der Irak, sondern der Ausgang der Interessenkollision zwischen den US-Alliierten (allen voran den USA und Großbritannien) und europäischen Staaten (Frankreich, Deutschland, Rußland).

      Was im US-alliierten Krieg in und um Afghanistan gelungen ist, den Zugriff auf strategische Ressourcen politisch und militärisch (ab-) zusichern, mißlang im Irak gänzlich. Auch die nach dem Krieg verhängten Wirtschaftssanktionen brachten nicht den erwünschten Regimewechsel, d.h. den Zugriff auf die zweitgrößten Ölreserven der Welt. Unter dem Gesichtspunkt der Ökonomie eines Krieges war und ist also der derzeitige Zustand eine einzige Pleite. Mehr noch: Pflegten die USA und Großbritannien, wie viele andere europäische Staaten bis 1991 auch, mit dem Irak hervorragende Geschäftsbeziehungen, so sind die Konsortialführer dieses Krieges seit 1991 völlig aus dem Spiel. Aber nicht alle ehemaligen Verbündeten im Irak-Krieg 1991 schreiben eine so schlechte Handelsbilanz des Krieges.

      Krieg muß sich rechnen

      Während die USA und Großbritannien ihre Anstrengungen darauf verwendeten, die Wirtschaft des Iraks zu strangulieren und weiter Krieg zu führen, nutzten einige europäische Staaten die Gelegenheit, das absehbare Scheitern der US-Militärstrategie in lukrative Wirtschaftsabkommen umzusetzen: »Die Nase vorn haben derzeit eindeutig die Europäer und die Russen. Um die Erschließung der beiden gigantischen Felder von Madschnun und Nahr Umar in den Marschlanden nordwestlich von Basra bemüht sich der französische TotalFinaElf-Konzern, für das West-Kurna-Feld hat der russische Ölriese Lukoil ein Abkommen geschlossen. Shell interessiert sich für das Ratawi-Feld, Eni aus Italien und Repsol aus Spanien haben Verträge für Nassirija.« (Spiegel 43/2002) »Das zwischen Rußland und dem Irak [2002 ] vereinbarte Kooperationsabkommen hat (...) ein Volumen von etwa 40 Milliarden Dollar. Rußland liefert dem Irak dafür in einem Zeitraum von fünf Jahren Ausrüstung und Unterstützung für die Bereiche Ölindustrie, Chemieproduktion, Bewässerung, Eisenbahn sowie Verkehrs und Kommunikationsprojekte.« (Konkret 10/2002) »Vorverträge zur Ausbeutung nahezu aller bekannter Ölfelder hat Bagdad in den vergangenen Jahren mit führenden nichtamerikanischen Ölmultis unterzeichnet. Sie würden in 19 Ölfeldern insgesamt 38 Milliarden Dollar investieren.« (FAZ, 2.12.2002)

      All diese im Status der Vorverträge abgeschlossenen Wirtschaftsabkommen würden über kurz oder lang zum Zuge kommen - wenn nicht ein Krieg der US-Alliierten diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung macht: die militärische Variante einer »feindlichen Übernahme«. Wie nüchtern sich ein Krieg rechnen muß - im Gegensatz zur rechten und linken Kriegsbefürwortungsprosa - weiß die FAZ: »Gewiß ist, daß im Irak bald der Startschuß zu einer Ölbonanza fallen wird, wie sie die Ölmultis lange nicht erlebt haben. Offen bleiben bisher viele Fragen [...] Werden die Ölgesellschaften aus Rußland, Frankreich und Japan ihre Verträge umsetzen können, oder müssen sie ihren Platz den amerikanischen Ölkonzernen räumen?« (2.12.2002)

      Eine große Rochade auf dem Schachbrett der ausgelobten Ölbonanza scheint Rußland bereits vollzogen zu haben: »Bagdad hat dem russischen Ölgiganten den Vertrag zur zukünftigen Ausbeutung des Ölfelds Qurna West gekündigt ... [Dieser Schritt] war die Quittung dafür, daß Lukoil Verhandlungen mit den Amerikanern führte, um sich für den Fall des Falles abzusichern und die Zusage von Washington zu erhalten, man werde auch nach einem Sturz Saddam Husseins die eigenen Interessen im Irak wahren können.« Mittlerweile führe der russische Ölkonzern Verhandlungen mit den USA »über die Finanzierung der irakischen Opposition«. (FAZ, 18.12.2002)

      Man kann fleißig und sich ereifernd darüber spekulieren, ob die UN- Waffeninspektoren im Irak Massenvernichtungswaffen finden (sollen) oder nicht. Die Entscheidung über Krieg oder Frieden wird zwischen dem militärischen »Ja« der USA und Großbritanniens und dem wirtschaftlichen und politischen »Nein« Frankreichs, Deutschlands und Rußlands fallen. Die UN-Resolution 1441 ist nicht mehr als eine Bühne, hinter der diese unterschiedlichen Machtinteressen ausgetragen werden.

      Währenddessen laufen die Kriegsvorbereitung der US-Alliierten auf Hochtouren.

      Pentagon-Planern zufolge werden die Kriegsvorbereitungen Ende Januar abgeschlossen sein, was sich auf wunderbare Weise mit dem Abgabetermin des UN-Waffeninspektorenberichts deckt. Über 60.000 US-Soldaten befinden sich bereits im Kriegsgebiet. 20.000 bis 30.000 britische Soldaten plant die Regierung Blair in den Krieg zu schicken. Fast täglich werden Kriegsziele in und um die von den US-Alliierten selbst geschaffene Flugverbotszone bombardiert und zerstört.

      In den Köpfen der politischen und militärischen Think-Tanks ist der Krieg bereits gewonnen. Sie streiten sich nur noch über die ihnen passendste Nachkriegsordnung: Mal ist von einem Protektorat mit einem US-General an der Spitze die Rede, mal von den USA gecoachten Oppositionsgruppen, mal von der Wiederherstellung der irakischen Monarchie, mal von einem einheimischen Diktator, der seine Gönner nie vergißt.

      Schröders Nein zum Irak-Krieg

      »Letzte Woche traf sich der Führer des Iraqi Nation Congress mit Beauftragten dreier amerikanischer Ölgesellschaften zu Verhandlungen, wer was bekommt, wenn die USA die Macht übernommen haben. Das würde bedeuten, daß die Verträge, die Rußland und Frankreich mit Saddam Hussein geschlossen haben, gecancelt würden.« (Guardian, 5.11.2002). Für all diejenigen, die dieser nicht dementierten Zeitungsnotiz mißtrauen, sei eine weitere Meldung angefügt. Am 14.12.2002 trafen sich in London 350 Delegierte der irakischen Opposition, um ihre Vorstellungen von einer Nachkriegsordnung kundzutun. Als »Beobachter« nahm US-Botschafter Khalizad teil. »Präsident Bush hatte den Botschafter in Afghanistan zum `Gesandten für die Freien Iraker` ernannt.« (FAZ, 14.12.2002) Manche mögen es für einen Zufall halten, andere für eine gelungene Verbindung: Bevor der US-Präsident George W. Bush Zalmay Khalizad zum US-Sonderbotschafter in Afghanistan machte, war selbiger als Unternehmensberater des US-Ölkonzerns Unocal tätig, der seit Mitte der 90er Jahre an einer von den USA favorisierten großen Pipeline vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf arbeitet. Wie der Zufall so spielt, soll diese Pipeline mitten durch Afghanistan führen.

      Die meisten Kommentatoren des Wahlkampfes 2002 waren sich darin einig, daß es dieses Mal ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Regierungslager von SPD und Grünen und der CDU/CSU- und FDP- Opposition geben würde. Mögliches Zünglein an der Waage spielte das Abschneiden der PDS, die sich - angesichts der Regierungsbeteiligung im Berliner Senat - im wesentlichen nur noch als Antikriegspartei von den anderen Parteien unterschied. Mitten in diesen ungewissen Ausgang platzte die Wahlkampfaussage von Bundeskanzler Gerhard Schröder, daß sich eine künftige Bundesregierung von SPD und Grünen an einem Krieg gegen den Irak nicht beteiligen wird. Die Aufregung war groß, und die Frage, was damit im Detail gemeint sein könnte, provozierte allseitiges Rätselraten. Viele vermuteten, daß dieses »Nein« nur einem Alleingang der USA und Großbritanniens gelte, wohinter sich lediglich ein »Ja« zu einem UN-mandatierten Krieg verberge, worin auch die Interessen anderer Großmächte Berücksichtigung fänden.

      Zur Überraschung vieler schloß Bundeskanzler Gerhard Schröder noch im Wahlkampfgetümmel auch dieses Hintertürchen: Eine Kriegsbeteiligung Deutschlands käme auch im Falle eines UN-Mandats nicht in Frage. Viele Kriegsgegner trauen diesem Frieden nicht. Doch auch nach dem Wahlsieg blieben die meisten Stellungnahmen von Schröder und Fischer im Rahmen gemachter Wahlkampfaussagen. Auch wenn jetzt vor und hinter den Kulissen heftig über das Maß der »passiven Hilfestellungen« (Überflugrechte, Nutzung der militärischen Infrastruktur etc.) gestritten wird, irritiert das hartnäckig gehaltene »Nein« mehr als das eigentlich erwartete »Ja«.

      Die Gefahr, bei künftigen Antikriegsdemonstrationen nicht nur gegen den Kriegskurs der Bush-Administration, sondern zugleich für die Außenpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren, ist groß. Was manche erschreckt, beflügelt andere. So z.B. Micha Brumlik, Direktor des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts zur Erforschung des Holocausts, der als Redner auf einer Friedensdemonstration an der US-Air-Base Rhein-Main am 3.10.2002 dazu aufrief, gegen einen »völkerrechtswidrigen Angriff der USA« auf die Straße zu gehen, um damit neben besagter deutscher Außenpolitik »für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland« einzutreten. (1991 trat Micha Brumlik als Befürworter des US-alliierten Krieges gegen den Irak auf. Damals beschwor er die »pax americana« (FR, 7.2.1991), der er heute in Gestalt des »Kriegskurses der Bush-Administration« die Gegnerschaft erklärt.)

      Vermutlich halten sich Erleichterung und Verunsicherung in großen Teilen der Friedens- und Antikriegsbewegung die Waage: Soll man (immer noch) gegen oder (jetzt) besser mit der Bundesregierung zusammen gegen diesen Krieg demonstrieren?

      Muß man jetzt der Bundesregierung den Rücken stärken? Ist der friedenspolitische Aufruf, die Bundesregierung »beim Wort zu nehmen« ein geschickter Schachzug oder Ausdruck eines politischen Gedächtnisschwundes? Für welches zukünftige »Ja« steht das »Nein« in diesem (Einzel-)Fall?

      Die vorgeschobenen Gründe

      Es gibt einige Gründe, welche die Bundesregierung für ihr Nein anbietet. Und es gibt Teile der Friedensbewegung, die der »rot- grünen« Bundesregierung so gerne glauben möchten - selbst dann, wenn diese Gründe nicht einmal der ersten Nachfrage stand halten.

      Grund Nr. 1: Die Bundesrepublik Deutschland beteilige sich nicht an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.

      Es ist gerade einmal drei Jahre her, da beteiligte sich die rot-grüne Regierung an einem Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Dieser Krieg wurde nicht einmal dem Anschein nach mit einem völkerrechtlichen Mandat versehen.

      Grund Nr. 2: Die USA gäben als Kriegsgrund die Entwaffnung des irakischen Regimes vor. Tatsächlich ginge es ihnen um die Beseitigung einer unliebsamen Regierung.

      Die Geschichte des ersten US-alliierten Krieges gegen den Irak 1991 liefert Dutzende von Beweisen, die belegen, daß es in diesem Krieg nicht um die »Befreiung« Kuwaits ging. Die Beteiligung Deutschlands an diesem Krieg wurde weder während noch nach dem Krieg in Zweifel gezogen.

      Auch im Falle der militärischen Beteiligung Deutschlands am Krieg gegen Jugoslawien 1999 belegen die Fakten, daß mit diesem Krieg kein »Völkermord« , kein »drohendes Auschwitz« verhindert werden sollte. Das eigentliche Ziel war die Zerschlagung der Bundesrepublik Jugoslawien, »die Übernahme der Verantwortung für seinen `Hinterhof`«. (Von Belgrad nach Brüssel, FR-Kommentar, 20.10.2000)

      Grund Nr. 3: Die Bundesregierung beteilige sich an keinem Krieg, der gegen das Grundgesetz verstößt und die Bundeswehr zu etwas anderem einsetzt, als zur territorialen Verteidigung.

      Beide vorangegangenen Kriege, an denen sich die »rot-grüne« Bundesregierung militärisch beteiligte, verstießen von A bis Z gegen das Grundgesetz. Mehr noch: Was im Fall des Angriffskrieges gegen Jugoslawien als »Ausnahme« verstanden werden sollte, soll nun der Normalfall werden. Mit der angekündigten Neufassung der Bundeswehrrichtlinien erhält der Verfassungsbruch den Rang einer außenpolitischen Direktive: »Jeder weiß, daß die Landesverteidigung auf absehbare Zeit keine Rolle mehr spielt.« (Angelika Beer, Verteidigungsexpertin der Grünen, FR, 7.12.2002) Zukünftig gelte es, so der neue Verteidigungsminister Peter Struck (SPD), deutsche Interessen »weit vor unseren Grenzen«, z. B. am Hindukusch, auch militärisch durchzusetzen.

      Das »Nein« im Einzelfall des Irak steht für ein künftiges »Ja« zu einer Kriegspolitik, die aus dem Schatten kostspieliger internationaler Verpflichtungen heraustritt, und - wie jede andere imperiale Macht auch - militärische Ausgaben mit zu erwartenden Gewinnen »gegenfinanziert«.

      Wenn also die USA und Großbritannien mit diesem angekündigten Krieg dieselben Ziele verfolgen, an deren militärischer Durchsetzung sich Deutschland in den letzten zwei Kriegen beteiligte, dann sind weder ein weiterer Verfassungsbruch noch ein abermaliger Verstoß gegen internationales Recht für das jetzige »Nein« ausschlaggebend. Es sind nicht die Kriegsziele, die sich geändert haben, sondern die Rolle Deutschlands. Bis 1989 fanden sich die jeweiligen Bundesregierungen mit »sekundären Hilfestellungen« ab. Sie stellten den USA (und Großbritannien) die militärische Infrastruktur zur Verfügung und deckten mit Diplomatie, Scheckbuch und Wirtschaftshilfen den politischen Rückraum ab. Eine direkte militärische Beteiligung war weder innenpolitisch noch gegenüber den einstigen Siegermächten durchzusetzen.

      Mit der Einheit Deutschlands, dem Zusammenbruch des sowjetischen Machtsystems samt Militärbündnis und der Neubestimmung der NATO fiel die Zuteilung als vorderster Frontstaat gegen die »kommunistische Gefahr« weg. Gleichzeitig erklärten Regierung und Opposition die militärische Abstinenz (»Nie wieder Auschwitz - Nie wieder Krieg«) für abgegolten und überholt: »Diese Etappe deutscher Nachkriegspolitik ist unwiederbringbar vorbei.« (Bundeskanzler Gerhard Schröder, FR, 19.8.2002)

      Tunlichst vermied man es in dieser Gewöhnungs- und Einschulungsphase, sich an Kampfeinsätzen zu beteiligen. Man verabscheute das Wort Krieg und redete lieber von friedenssichernden und friedensstiftenden Maßnahmen. Step by Step wurde die Dosis Krieg erhöht: »Seit dem rot- grünen Wahlsieg 1998 - damals waren gut 2.000 Soldaten in Bosnien und knapp ein Dutzend bei der UNO-Mission in Georgien stationiert - hat sich das Bundeswehrengagement im Ausland praktisch verfünffacht [...]« (Spiegel, 11.3.2002) Die Phase der internationalen Einsätze wurde eingeläutet und das Erlangen »außenpolitischer Normalität« gefeiert. »Mittlerweile stellt die Bundeswehr nach den USA das zweitgrößte Truppenkontingent in internationalen Einsätzen.« (Gerhard Schröder, FR,19.8.2002)

      Das letzte Tabu gebrochen

      Auch in dieser Phase der »Enttabuisierung des Militärischen« vermied man es, die Kriegsbeteiligung mit eigenen Interessen und Machtansprüchen in Verbindung zu bringen. Man begnügte sich militärisch mit einer Nebenrolle, die mit einer Hauptrolle in Sachen Nation Building versüßt wurde. Der Einstand als zukünftiger Global Player hat man sich etwas kosten lassen: »Die Kosten für die Auslandseinsätze der Bundeswehr belaufen sich in diesem Jahr auf etwa 1,6 Milliarden Euro [...] Damit hätten sich die Kosten für Auslandseinsätze seit Amtsantritt der Schröder/Fischer-Regierung 1998 nahezu verzehnfacht, kritisierte Petra Pau (PDS).« (FR, 7.12.2002)

      Von nun an muß sich eine Kriegsbeteiligung rechnen: »Auch mal Nein sagen. Das heißt nicht, jegliches militärisches Engagement per se abzulehnen [...] Das heißt: Das eigene Interesse an der jeweiligen Militäroperation zu definieren. Daran hat es in der Vergangenheit doch erheblich gehapert. Paradox genug: Je stärker dieses Deutschland militärisch wird, desto überzeugender wird ein Nein im Einzelfall wirken.« (FR 7.12. 2002)

      Es wird nicht lange dauern und das »eigene Interesse an der jeweiligen Militäroperation« wird die Kommentarspalte regierungsfreundlicher Medien verlassen und ganz selbstverständlich Eingang in regierungsamtliche Erklärungen finden. Dafür muß das noch bestehende Tabu gegenüber einem Krieg, der des Profits wegen geführt wird, gebrochen werden. Doch wer - wie der SPD-Verteidigungsminister Peter Struck - angesichts eines durchgeknallten Sportfliegers über Frankfurt das Grundgesetz ändern will, um die Bundeswehr auch im Innern einsetzen zu können, wird sich mit dem letzten Tabu nicht mehr all zu schwer tun.

      Alles spricht dafür, daß zur Wahrung eigener Interessen kein deutscher Sonderweg eingeschlagen, sondern eine europäische Lösung gefunden wird: der Aufbau einer militärisch eigenständig operierenden Interventionsarmee, deren Einsatzfähigkeit auf das Jahr 2004 vorverlegt wurde.

      * Wolf Wetzel veröffentlichte zuletzt das Buch »Krieg ist Frieden. Über Bagdad, Srebrenica, Kabul nach ...«, Unrast-Verlag, Münster 2002
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      schrieb am 10.02.03 21:47:48
      Beitrag Nr. 276 ()
      Europa

      Die gefallenen Sterne



      Europa streitet über Washingtons harten Kurs gegen den Irak. Die gemeinsame EU-Außenpolitik liegt in Trümmern

      Von Joachim Fritz-Vannahme und Petra Pinzler

      Als wäre nichts geschehen: Am Dienstag parlierten Tony Blair und Jacques Chirac im Rathaus von Le Touquet ausgiebig über Flugzeugträger und sonstiges Kriegsgerät, ausgerechnet im Hochzeitszimmer. In trauter Zweisamkeit feilten derweil Londons Finanzminister Gordon Brown und Hans Eichel an einem deutsch-britischen Papier zur Liberalisierung Europas. Und Gerhard Schröder mag in Gedanken schon beim Strandspaziergang am kommenden Dienstag sein, wenn er sich in betont entspannter Atmosphäre mit Spaniens Ministerpräsident José María Aznar auf Lanzarote trifft. Man sieht sich, europäisches Tagesgeschäft halt. © ZEIT-Grafik

      Doch ist seit Mittwoch vergangener Woche nichts mehr, wie es war. Dafür genügte ein Aufruf mit dem unschuldigen Titel Europa und Amerika müssen zusammenstehen. Unterzeichnet von acht europäischen Regierungschefs von Portugal bis Polen, drei weitere folgten nach, und abgedruckt im Wall Street Journal und etlichen anderen Blättern. Seither wird Shakespeare gegeben im Hause Europa, ganz ohne Blut, ein Königsdrama wie für die Bäckerblume: Lancaster gegen York, das neue Europa wagt den Aufstand gegen das alte, als hätte Amerikas Verteidigungsminister Donald Rumsfeld da Regie geführt. Blair haut Schröder, Aznar zaust Chirac, Berlusconi macht mit, und Polens Premier Miller spuckt in die Hände. Es geht um einen nahenden Krieg und manch alte Rechnung. Und um eine Todesanzeige für die gemeinsame europäische Außenpolitik.

      Die Spanier schreiben den Brief, die Briten redigieren

      „Wir haben alle einen Kater“, sagt ein hoher Diplomat eines kleinen Mitgliedslandes. Globaler Einfluss, zivile Großmacht – solche Blütenträume sind in Brüssel erst einmal zerstoben. Zwar verabschiedeten die EU-Außenminister noch Anfang vergangener Woche auf einer Routinesitzung brav eine gemeinsame Erklärung: „Die Inspektoren im Irak brauchen mehr Zeit.“ Doch heute ist allen klar: Einigkeit ist nur ein schöner Schein in einem Europa, wo eine Hand voll Chefs hinter der Bühne an einem „Meuchelbrief“ (so ein Brüsseler Diplomat) arbeiten, vorbei an allen gemeinsamen Gremien und guten Gepflogenheiten – und gegen den Geist ihrer eigenen Grundverträge.

      Wer steckt hinter dem Coup, hat womöglich das Weiße Haus selbst für diese Uneinigkeit gesorgt? Jener Autor, der das Copyright auf die Idee anmeldet, weist diese Sicht der Dinge empört zurück. „Wir brauchen kein Weißes Haus, um auf Ideen für Geschichten zu kommen“, sagt Mike Gonzales, Redakteur beim Wall Street Journal. Er schwört Stein und Bein, dass er und seine Kollegen in den Vorzimmern von Berlusconi, Aznar und Blair angerufen und ganz einfach um einen Meinungsbeitrag gebeten hätten. Zur provokanten Frage: „Wollt ihr wirklich Deutschland und Frankreich für ganz Europa sprechen lassen?“

      Zunächst lehnte Alistair Campbell, Berater und Sprecher von Großbritanniens Premier Tony Blair, das Anliegen ab. Doch ein paar Tage später bekommt der Journalist Gonzales einen Anruf. „Hier Madrid.“ Wenig später folgt der Text. Da wittern die Strategen in Downing Street eine unglaubliche Chance: Statt wie ein einsamer Falke zwischen den Kontinenten zu schweben, könnte sich Blair so zum Führer des neuen Europa emporschwingen. Das aber setzt zweierlei voraus: Mehr Mitstreiter und eine generalstabsmäßige Planung des Coups. Und bloß keine Verschwörermienen, bei den vielen Treffs von Freunden und Freunden.

      Also: Die Spanier schreiben, die Briten redigieren. „Da gab es mehr als nur ein paar Korrekturen eines Muttersprachlers“, sagt ein britischer Diplomat. An mindestens zwei Stellen klingt der Text am Ende wie die State-of-the-Union-Rede von US-Präsident Bush in derselben Woche. Keine Rede von mehr Zeit für die Inspektoren.

      Italiens Regierungschef Berlusconi unterschreibt – gegen den Willen von Präsident Ciampi – kurz vor seinem Abflug nach Washington. Aznar kümmert sich unterdes um die Signatur seines konservativen portugiesischen Kollegen. Den Rest besorgt Blair. Zunächst versuchte der Brite es bei seinem holländischen Kollegen Jan Peter Balkenende – vergeblich. Da zum Zeitpunkt der Anfrage erst zwei Unterschriften vorliegen, bekommt der Christdemokrat kalte Füße und entschuldigt sich mit schwebenden Koalitionsverhandlungen. Mehr Erfolg bringt der nächste Versuch: Der Pole Leszek Miller kann nicht schnell genug zum Füllhalter greifen, auch der Däne Anders Fogh Rasmussen macht nicht viel Federlesens. „Dem ist wohl sein erfolgreicher EU-Gipfel von Kopenhagen zu Kopf gestiegen“, zürnt ein nordischer EU-Diplomat – Schweden und Finnen werden, weil Nato-neutral, erst gar nicht gefragt.

      Ähnlich unverfroren agiert der scheidende tschechische Präsident Václac Havel. Er verbringt den Abend im Theater, als ihn Vizeaußenminister Alexander Vondra aufsucht. Vondra will ihm das Schreiben zuspielen, vorbei an seinem Chef und ohne Rücksicht auf Ministerpräsident Vladimir Spidla. Der hält eine tschechische Unterschrift „nicht für nötig“. Havel kümmerte das wenig. Es war seine letzte Amtshandlung.

      Ungarns Premierminister Peter Medgyessy trägt den Brief bei einem Staatsbesuch in Athen in der Tasche, längst unterzeichnet – und lässt seinen Gastgeber, der zurzeit die EU-Präsidentschaft innehat, dennoch im Dunkeln. Erst als ihn der griechische Ministerpräsident Kostas Simitis beim Galadiner erstaunt zur Rede stellt – die Nachrichtenagenturen berichten mittlerweile –, gesteht der Ungar. Der Gastgeber verliert die Fassung. Ausgerechnet ihn haben die Urheber hintergangen: Sowohl Blair als auch Aznar telefonieren an diesem Mittwoch mit Simitis. Kein Sterbenswörtchen. Schlimmer kann man einen EU-Präsidenten kaum blamieren.

      Die Verrohung der Sitten nimmt ihren Lauf, die Renegaten bleiben verschwiegen. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder telefoniert an jenem Mittwoch, mit Blair und mit Berlusconi. Auch er erfährt erst hernach und spätabends während eines Abendessens von dem Coup. Joschka Fischer überbringt die schlechte Nachricht. Javier Solana, der Hohe Repräsentant für EU-Außenpolitik, diskutiert an jenem Mittwoch in kleinem Brüsseler Kreis über die Nahost-Politik: Auch diesen Ahnungslosen klären erst die Agenturen auf.

      So wird das europäische Projekt zum Projektil. Wen trifft es am meisten? Viele spielen das Geschehen lieber herunter. „Ein Beitrag zur Debatte“, meint der französische Außenminister Dominique de Villepin betont gelassen. Und ein wahlkampfmüder Gerhard Schröder erklärt, jeder dürfe schließlich seine Meinung sagen. Das Europäische Parlament stimmt am Tag der Veröffentlichung mit 287 zu 206 Stimmen gegen einen Präventivkrieg. Im selben Augenblick wird in Brüssel eine Umfrage bekannt. In 30 europäischen Ländern sind 83 Prozent der Bürger gegen einen Krieg.

      In Berlin ärgern sie sich nun über den polnischen Premier Miller

      Nun machen die eigenen Landsleute den Unterzeichnern Ärger: In Ungarn plant die Opposition, den Ministerpräsidenten Peter Medgyessy vor den Auswärtigen Ausschuss zu zitieren; schließlich würden mit dem Brief vitale nationale Interessen berührt. In der Slowakei, die erst unterschrieb, als die Post längst abgegangen war, gerät der Unterzeichner und Premier Mikulas Dzurinda unversehens mit seinem Außenminister über Kreuz: Eduard Kukan erklärt, die Slowaken würden einen Krieg nur nach einer neuerlichen UN-Resolution billigen. Heftige Debatten auch in Polen: Ministerpräsident Leszek Miller weist jeden Verdacht weit von sich, Warschau habe bei der ringförmigen Einkreisung der Karolinger von Osten her die Hauptrolle gespielt. Doch ist es kein Geheimnis, dass in Polen die pompöse deutsch-französische Feier des Elysée-Vertrags bei vielen schlecht ankam.

      In Berlin ärgern sie sich nun über Miller: Hatten nicht die Deutschen sechs Wochen zuvor beim Kopenhagener EU-Gipfel erneut in die Tasche gegriffen und für die Erweiterung noch etliche Millionen Euro mehr lockergemacht? Und hatte damals nicht Gerhard den wutschnaubenden Jacques besänftigen müssen, dem die Polen zu nassforsch auftraten? Chirac lenkte damals ein, was er wenig später bereut haben mag. Denn erst im Januar entschieden sich die Polen für amerikanische F-16-Jäger und gegen die französische oder schwedisch-britische Flugzeugkonkurrenz. Also für Amerika und gegen Europa. So sah es Paris. Und ahnte doch nicht, dass dies nicht der letzte Akt im europäischen Drama sein sollte.

      Im Streit um den Irak-Krieg wird manche offene Rechung beglichen und zugleich Europas Kräftespiel neu justiert. Beispiel Tony Blair: Wie freute sich der Brite, als Gerhard Schröder nach seinem Wahlsieg mit deutschen Gewohnheiten brach und nicht erst nach Paris flog (wo ein Chirac wartete, der eben noch Edmund Stoiber unterstützt hatte), sondern nach London. Ein gelungener Abend in Downing Street. Die Enttäuschung kam für den Premier schon Mitte Oktober, als beim Brüsseler EU-Gipfel derselbe Schröder mit Chirac einen Kompromiss aushandelte, der jede Agrarreform erschwerte. Den Briten sah man schäumend auf den Gängen, Deutsche und Franzosen hatten in seinen Augen alle Absprachen unter EU-Chefs gekippt. Und dann folgte eine deutsch-französische Initiative nach der anderen: im Dezember der Vorschlag einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion, dann der Entwurf für eine EU-Doppelspitze. Und im Januar schließlich trafen sich die beiden, wie ein britischer Minister rückblickend meinte, gar zum „Love-in im Elysée“.

      Beispiel José María Aznar: Der Spanier geriet beim Berliner Gipfel 1999 mit dem Bundeskanzler heftig aneinander, er drohte, die mittelfristigen Budgetverhandlungen per Veto scheitern zu lassen. Eine Urszene, die beide nie vergessen konnten, trotz aller therapeutischen Sitzungen in privatem Kreis. Beispiel Berlusconi: Der italienische Ministerpräsident sehnt sich danach, zu den „Big Boys“ der Gemeinschaft zu gehören. Chirac und Schröder ließen ihn allzu oft links liegen. Noch vor einem Jahr zeigte sich auch Blair von britischer Kühle und erwiderte beim Besuch in Rom das joviale „my friend“ stur mit „Mister Berlusconi“. Inzwischen kam man sich näher. Blair und Berlusconi waren Trauzeugen, als Aznars Tochter im vergangenen Sommer heiratete, in der Klosterkirche des Escorial, diesem steinernen Weltmachtanspruch aus Spaniens „Goldener Zeit“. Seither duzt man sich. Und aus dem Traum-Trio BAC, Blair/Aznar/Chirac, wurde die Hochzeitsgesellschaft BAB, Blair/Aznar/Berlusconi. Womit wir wieder beim Brief wären.

      Wieder einmal könnte Paris vor dem ersten Schuss umfallen

      Männerfreundschaft und Männerzwist allein erklären den unerhörten Vorgang nicht. Wer hat nun Schuld, dass Europa in dieser Krieg-in-Sicht-Krise nicht mit einer Stimme spricht? Tony Blair, der Getreue von George Bush? Gerhard Schröder, der passionierte Wahlkämpfer gegen Bush? Jacques Chirac, der Mann der offenen Hintertüren? „Die Lieblingsklage von allen ist: Du hast dich nicht mit uns anderen abgestimmt“, sagt ein erfahrener deutscher Europa-Politiker. „Mit wem hat damals Blair seine Position besprochen? Und mit wem hat Schröder konferiert, ehe er sich unverrückbar festlegte?“

      Anerkennung wird unter Brüsseler Diplomaten und Politikern noch am ehesten Jacques Chirac gezollt. Die Franzosen hatten sich schon im Frühherbst gegen jede Kriegsautomatik in der UN-Resolution gewehrt. „Wenn es vernünftig gelaufen wäre, hätte das die Position Europas werden können“, sagen vor allem Schweden und Finnen, Belgier und Österreicher, kurz, all jene, die sowieso nie jemand ernsthaft gefragt hat.

      Eine europäische Position? Während die fehlte und im UN-Sicherheitsrat wochenlang um eine Resolution gefeilscht wurde, ließen Bush und in seinem Windschatten Blair ihre Truppen aufmarschieren. Frankreich stellte sich quer. Zum Hohn der angelsächsischen Presse: Frankreich spiele mal wieder Großmacht, nur in der UN könne es das noch. Wie zum Beweis wedelte Außenminister Villepin am 20. Januar in New York mit dem Vetorecht. „Nichts rechtfertigt einen Militärangriff“, sagte der Minister. Die Amerikaner schäumten. Das klang, nur zwei Tage vor der deutsch-französischen Feier im Elysée und in Versailles, wie eine Schröderisierung der Pariser Position.

      Ohne Frankreichs Geschick und Unnachgiebigkeit würde es keine UN-Resolution geben, sagen die Franzosen. Ohne Britanniens Härte wäre Bush nie weich geworden und würde sich auf keinen zweiten Beschluss des Sicherheitsrats einlassen, argumentieren die Briten. Außerdem, klang es jetzt hold vom französisch-britischen Gipfel im Hochzeitszimmer von Le Touquet, wolle man doch dasselbe: die Entwaffnung des Irak. „Am liebsten im UN-Auftrag“, sagte Blair. „Im Auftrag der UN“, bekräftigte Chirac. Er weiß, dass Frankreichs Rang und Rolle am Sitz im Sicherheitsrat hängt. Dieser Spielraum schrumpft. Die Amerikaner können auch ohne, nur wollen sie bisher nicht.

      Am Ende, und darauf rechnen Amerikaner und Briten, könnte Paris genau wie vor zwölf Jahren im Golfkrieg kurz vor dem ersten Schuss einlenken, einem Waffengang zustimmen und symbolisch ein paar tausend Soldaten in die Schlacht werfen. Getreu der damaligen Devise von Präsident François Mitterrand: „Mit den USA, aber nicht ohne uns.“ Das wäre nicht einmal Verrat an der eigenen Haltung, die Krieg nie ausschloss, solange der Sicherheitsrat dazu seinen Segen gibt. Selbst Gerhard Schröder weiß, dass dieser letzte Schritt, wie ein deutscher Beobachter erklärt, „nicht zum deutsch-französischen Abstimmungsbereich gehört“.

      Der Hohn der Angelsachsen über den Kniefall der Franzosen wäre gewiss so groß wie die Freude über das Ende der deutsch-französischen Entente. Willkommen im Club der neuen Europäer. Schröder wäre dann allein zu Haus, im Kerneuropa. Das wäre dann fast eine gemeinsame europäische Außenpolitik.
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      schrieb am 10.02.03 22:25:43
      Beitrag Nr. 277 ()
      Irak

      Demokratie für alle oder Herrschaft über die Welt

      Dürfen die Vereinigten Staaten einen Präventivkrieg gegen den Irak führen? Fragen an Judith Butler, Ruth Wedgwood, Ronald Dworkin, Jeff Gedmin, Mark Lilla, Avishai Margalit und Richard Rorty

      Neues Weltreich

      Von Richard Rorty

      Präsident Bush hofft jetzt inständig, dass seine Drohungen Saddam Hussein entweder ins Schweizer Exil treiben oder zu dessen Absetzung führen werden. Sollte eins von beiden geschehen, werden Präsident Chirac und Bundeskanzler Schröder als schwache Figuren dastehen und Bush wird als weiser und mutiger Staatsmann in die Geschichte eingehen, als Staatsmann, der energische Schritte unternahm, zu denen die europäischen Staatsoberhäupter zu feige waren. Sollte keines von beiden geschehen, wird Bush einen Feldzug führen, ganz gleich, was Europa oder die UN davon halten werden. Denn falls er seine Drohungen nicht wahr macht, wird er es sehr schwer haben, den amerikanischen Wählern zu erklären, warum er all die Truppen entsandt hat. Er ist Gefangener seiner eigenen Rhetorik, die es ihm fast unmöglich macht zu sagen: „Leider wollten uns die Vereinten Nationen nicht weitermarschieren lassen, deshalb bringe ich unsere Jungs wieder nach Hause.“

      Wenn Bush nicht nur gegenüber dem Irak, sondern auch gegenüber Nordkorea klein beigeben muss, würde Bush die Wählerstimmen derer verlieren, die seine Haltung nach dem 11. September bewundert haben. Andererseits würde er noch viel mehr Stimmen verlieren, wenn die amerikanischen Truppen hohe Verluste erleiden, wenn aufgebrachte Massen in arabischen Hauptstädten US-Botschaften besetzen und US-Diplomaten als Geiseln nehmen oder wenn es al-Qaida nach Kriegsausbruch gelingen würde, Gräueltaten riesigen Ausmaßes zu verüben. Die amerikanische Öffentlichkeit hat die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Irak-Krieg Zehntausende amerikanischer Soldaten in Leichensäcken heimkommen, erstaunlicherweise noch nicht wirklich begriffen, obwohl mehrere pensionierte US-Generäle erklärt haben, wie real diese Gefahr ist. Es ist, als würde die Öffentlichkeit ganz selbstverständlich davon ausgehen, es werde diesmal genauso wenig amerikanische Tote geben wie während des Golfkriegs. Ein schneller und schmerzloser Sieg erscheint jedoch unwahrscheinlich, zumal Saddam einem Rat folgen kann, den ihm die westliche Presse gegeben hat: Demnach lässt Saddam die Einkesselung der Stadt durch amerikanische Truppen zu und wartet ihren Vorstoß in die Straßen ab, wo Heckenschützen mit panzerbrechenden Waffen postiert sind. Er kann es auch ruhig riskieren, dass die US-Armee die Stadt mit einem Bombenteppich belegt, denn hohe Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung würde die Amerikaner in den Augen der Weltöffentlichkeit sehr niederträchtig aussehen lassen. Im übrigen könnte Bush eine Belagerung von Bagdad nicht unbegrenzt fortsetzen. Aber bislang hat noch niemand einen Vorschlag gemacht, wie man sie beenden könnte. Kurzum, es gibt keine überzeugende Erklärung dafür, warum sich Bush in diese schwierige Situation gebracht hat – es sei denn, seine Berater haben ihn überzeugt, dass Saddam im letzten Moment kneifen und flüchten wird oder dass der CIA einige Attentäter angeworben hat.

      Aber Bush hat mit seinem Vorgehen auch die ganze Welt in eine heikle Situation gebracht. Wenn ein Krieg im Nahen Osten nach massiven Verlusten auf amerikanischer Seite enden sollte, ohne dass so etwas wie ein – eher unwahrscheinlicher – demokratischer Irak, wie Bush ihn versprochen hat, zustande kommt, dafür aber der Nahe Osten destabilisiert ist, dann würde es dem Rest der Welt schwer fallen, künftig den USA zu vertrauen. Die Schwächung ihrer Vorherrschaft wäre aber wohl kaum ein ungeschmälertes Gut. Es gibt Schlimmeres als Arroganz, und dazu zählt ein Machtvakuum. Die Welt braucht Aufsicht und Führung, und Russland und China sind keine attraktiven Führungsnationen. Die Vereinten Nationen müssten durchgreifend umgestaltet werden, wenn sie diesen Zweck erfüllen sollen. Und was die Europäische Union angeht, so ist sie weder in der Lage noch erpicht darauf, neben ihrer ökonomischen noch eine politische Rolle auf der Weltbühne zu spielen. Dagegen geht die Bush-Regierung unbekümmert davon aus, dass Amerikas Vorherrschaft auf ewig unangefochten ist. Auch die Empörung, mit der die Bush-Regierung die französische und deutsche Aufsässigkeit quittiert, verrät die tiefsitzende Überzeugung, Amerika sei nun einmal berechtigt, die Angelegenheiten dieser Welt zu ordnen. Europäische Beobachter täuschen sich aber, wenn sie glauben, Arroganz und imperialer Ehrgeiz seien nicht bloß für die Bush-Regierung, sondern für die USA als Nation insgesamt charakteristisch.

      Die Meinungsumfragen zeigen, dass ein Krieg gegen den Irak mit UN-Mandat vom weitaus größeren Teil der amerikanischen Öffentlichkeit gebilligt wird, nicht aber ein einseitiges Vorgehen der USA. Wäre die amerikanische Linke im Jahr 2000 nicht durch Ralph Naders Präsidentschaftskandidatur gespalten gewesen, wäre der amerikanische Präsident heute ein Mann, der all jene Bücher gelesen hat, die Amerikas Wandlung von der Republik zum Weltreich beschreiben – Bücher, die von einer allmählichen Dezentrierung amerikanischer Macht träumen. Al Gore wäre nicht einmal der Erste im Weißen Haus gewesen, der einen solchen Traum gehabt hätte. Es war Präsident Truman, der sein Leben lang Tennysons berühmte Gedichtzeilen über das „Parlament der Menschheit, die Weltföderation“ in seiner Brieftasche mit sich herumtrug.

      Nun mag der Wahlsieg eines erstaunlich reaktionären republikanischen Präsidenten, der Amerikas dauernde Vorherrschaft für selbstverständlich hält, auch eine gute Seite haben. Denn Bushs Verhalten könnte die EU veranlassen, mit der faulen Gewohnheit zu brechen, einfach davon auszugehen, Amerika werde Geld und Menschenleben hergeben, um die Krisen dieser Welt zu lösen, während Europa zuschaut und das amerikanische Abenteurertum bedauert. Vielleicht zwingt es die europäischen Staaten zu der Einsicht, dass sie sich den Luxus einer nationalen Außenpolitik nicht länger leisten können, wenn sie die amerikanische Hegemonie nicht einfach hinnehmen und mit deren Arroganz nicht leben wollen. Europa wird nur dann eine Chance haben, das Weltgeschehen zu beeinflussen, wenn es mit einer gemeinsamen Stimme spricht. So mag der Krieg gegen den Irak für Europa ein Signal sein: Es ist schon später, als gedacht.

      In der Tat ist die Verachtung, die Washington Europa entgegenbringt, zum Teil berechtigt. Europa konnte sich nicht einmal aufraffen, den Völkermord in Afrika und auf dem Balkan zu beenden, und die Europäische Union hat es unterlassen, eigene langfristige Projekte zur Sicherung des Weltfriedens vorzuschlagen. Welche politische Strategie verfolgt Europa beispielsweise in der atomaren Abrüstung? Ist Europa, so wie die Bush-Regierung, wirklich damit einverstanden, wenn die Welt bis in alle Zukunft unter einem atomaren Damoklesschwert leben muss? Was einen Krieg gegen den Irak angeht, sind Frankreich und Deutschland berechtigterweise skeptisch. Doch ihre Regierung hat wenig darüber verlauten lassen, was geschehen soll, wenn verrückte Tyrannen mit nuklearen Gefechtsköpfen herumfuchteln und Terroristen aufpäppeln.

      Wenn Europa nicht damit aufhört, auf amerikanische Initiativen lediglich wohlwollend oder ablehnend zu reagieren, um dann seine eigenen Wege zu gehen, wird dieses Verhalten die amerikanische Auffassung bestärken und wohl auch rechtfertigen, dass die Verteidigung der Demokratie und der Widerstand gegen Tyrannen in amerikanischer Verantwortung bleiben muss. Wenn die europäischen Nationen nicht gewillt sind, das zu akzeptieren, was Michael Ignatieff den „sanften Imperialismus“ der USA nennt (und der vielleicht nicht immer sanft bleiben wird), wird sich Europa zusammenraufen und eine gemeinsame Außenpolitik vereinbaren müssen. Darüber hinaus werden sie das für unabhängiges militärisches Handeln notwendige Geld aufbringen müssen, um unter Beweis zu stellen, dass die EU fähig und willens ist, politische Verantwortung im globalen Maßstab zu übernehmen.

      Richard Rorty ist Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Stanford/USA. Aus dem Englischen von Karin Wördemann



      Gezeitenwechsel

      Von Mark Lilla

      Alles in allem bin ich gegen den drohenden Krieg im Irak. Aber ich bin ebenso, und sogar noch stärker, gegen diejenigen in Westeuropa und Amerika, die diesen Krieg aus Gründen ablehnen, die ich verächtlich finde. Der am häufigsten geäußerte Vorwurf besagt, der Krieg gebe auf eine zynische Weise dem wirtschaftlichen und politischen Imperialismus Amerikas Deckung: Öl und Land. Meine Antwort lautet: Wenn dies nur wahr wäre! Alle Nationen haben legitime Bedürfnisse, unter anderem nach Energie und Verbündeten. Es ist weder eine Schande, wenn solche Bedürfnisse die Außenpolitik bestimmen, noch ist es unvorstellbar, dass man in Extremfällen einen Krieg führen muss, um sie zu befriedigen. Aber abgesehen von diesem Extremfall führt gewöhnlich die berechtigte Sorge um nationale Bedürfnisse und Interessen dazu, die Außenpolitik zu mäßigen und realistische Gründe zur Vermeidung eines Krieges anzubieten. Wäre die Bush-Regierung hauptsächlich um die Sicherung der Ölreserven bemüht, dann würde sie wohl zögern, den Weltmarkt in Unruhe zu versetzen oder jene Länder zu destabilisieren, die sich wie Saudi-Arabien als verlässliche Lieferanten erwiesen haben. Und wäre die Regierung nur auf ihren langfristigen Einfluss im Nahen Osten bedacht, so würde sie tunlichst jeden Konflikt mit dem radikalen Islam vermeiden.

      Das ist nicht die Strategie der Bush-Regierung. Ihr Ansatz, um es in theologischer Sprache zu sagen, ist eschatologisch und messianisch. Mit dem Ende des Kalten Krieges und der erfolgreichen Demokratisierung Osteuropas ist unter den Republikanern ein neues außenpolitisches Establishment herangewachsen, das die realistische Schule ersetzt hat, die einst von Henry Kissinger geführt wurde. Dieses neue Establishment, das mit dem 11. September die Oberhand in der Bush-Regierung erlangt hat, glaubt, die amerikanische Macht müsse aggressiver in der Welt auftreten, und zwar aus außen- wie innenpolitischen Gründen. Aber – und dies ist das Neue daran – sie glaubt ferner, dass man den amerikanischen Interessen am besten dient, indem man sich der historischen Mission Amerikas verschreibt, unter der nicht weniger zu verstehen sei als globale Demokratisierung. Das neue Establishment will den Tyrannen Saddam beseitigen, weil er Amerika feindlich gesinnt ist; aber es will auch eines Tages das befreundete Saudi-Arabien demokratisieren, wozu sich die Kissinger-Schule niemals verstiegen hätte.

      Dieser Gezeitenwechsel in der republikanischen Strategie ist von der Linken nicht bemerkt worden. Man weigert sich zu erkennen, dass die amerikanische Rechte heute von Ideen, nicht von Interessen getrieben wird. Aus dem gleichen Grund ist dies den Westeuropäern entgangen, die zwar die Vereinigten Staaten mit dem Greyhoundbus durchkreuzen, ansonsten aber ihre Ignoranz im Hinblick auf die ideologischen Debatten in Amerika pflegen.

      Zwei messianische Grundannnahmen bestimmen die Bush-Politik: dass Demokratie in der arabischen Welt möglich sei und dass sie auch wünschenswert wäre. Ein demokratischer Naher Osten sei möglich, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz, denn jede andere Annahme wäre rassistisch. Er ist wünschenswert, argumentieren die neuen Republikaner, denn Demokratien im Nahen Osten werden natürliche Alliierte der demokratischen Vereinigten Staaten sein.

      Meiner Ansicht nach sind dies Wunschfantasien. Es gibt auf der ganzen Welt kein einziges Beispiel für nicht- oder halbmoderne Kulturen, die sich plötzlich als fruchtbarer Boden für eine liberal-demokratische Regierungsform erweisen. Und die Beispiele Iran und Algerien sollten uns die Frage nahe legen, ob Nationen mit starken islamistischen Tendenzen demokratisch und amerikafreundlich bleiben würden, wenn das formale Drum und Dran der Demokratie, wie etwa Wahlen, eingerichtet würde, bevor diese Nationen modernisiert sind. Fragen wie diese wären dem alten, realistischen republikanischen Establishment in den Sinn gekommen. Sie werden von dem neuen Establishment für unzulässig erklärt, weil sie defätistisch erscheinen und – schlimmer noch – undemokratisch.

      Wenn der Krieg als eine begrenzte Operation verstanden würde, um einen illegitimen Diktator zu beseitigen, der eine klare Bedrohung darstellt, dann würde ich ihn befürworten. Was ich ablehne, ist die Strategie hinter diesem Krieg, deren letztes Ziel nichts anderes ist als die Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik und die Vorbereitung eines neuen demokratischen Millenniums im Nahen Osten. Dies ist eine Torheit. Aber immerhin ist es eine demokratische Torheit. Und aus diesem Grund empfinde ich dennoch Sympathie mit dem dahinter liegenden tieferen Streben. Dieses Streben ist, wie verdreht auch immer, von nobler Art. Ich finde nichts Nobles an der kritischen Haltung der westeuropäischen Intellektuellen und Politiker, die auf Zynismus und Gleichgültigkeit beruht. Wie naiv und provinziell auch immer die Annahmen sein mögen, die die Bush-Regierung antreiben, sie beruhen auf einer Hoffnung – Hoffnung auf Demokratie, Selbstbestimmung, Freiheit. Und diese Hoffnung, wie fehl am Platze sie auch manchmal sein mag, findet in der Welt ein Echo und wird mit der Idee Amerikas assoziiert, nicht mit der von Westeuropa. Als Reagan in Berlin rief: „Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder“, da lachten die Westeuropäer und rollten mit den Augen; die Polen und Tschechen taten das nicht, und heute unterstützen sie den Krieg gegen den Irak, weil sie immer noch Reagans Glauben an die Demokratie teilen.

      Woran glauben die Westeuropäer? Nach ihrem Handeln zu urteilen – oder eher nach ihrem Nichthandeln –, glauben sie an Geld, sicher mehr als es Amerikaner tun. Sie glauben an eine Europäische Union mit starker Wirtschaft und kleinen Verteidigungsetats, damit ihre Renten schön dick bleiben können. Ja, sie glauben an Entwicklungshilfe, die Arbeit von NGOs, den Strafgerichtshof, und all dies sind bewundernswerte Dinge. Solch eine Politik kann das Leiden der Völker vermindern, aber sie kann nichts tun, um das Leiden zu verhindern; sie kann sicherlich die Tyrannei nicht herausfordern oder der Hoffnung Vorschub leisten, dass Völker ihr eigenes Geschick selbst bestimmen können. Dafür zu kämpfen kostet mehr als Geld; es erfordert Ideen, Engagement und vielleicht sogar Blutvergießen.

      Hier werden die Westeuropäer nun für sich beanspruchen, aus ihrer eigenen blutigen Geschichte gelernt zu haben, dass man Krieg um jeden Preis verhindern müsse; die Wahrheit ist, dass sie sich heute hinter dieser Geschichte verstecken. Wie Westeuropa auf dem Balkan zu seiner ewigen Schande gezeigt hat, ist es nicht bereit, irgendeinen Preis für jemand anderes politische Freiheit zu bezahlen. Und so betrachte ich diesen Krieg mit gemischten Gefühlen. Ich bin dagegen, aber ohne Zorn. Und ich muss gestehen, dass mir das Paradox gefällt, dass die wahren Erben von Ernst Bloch, dem Erfinder des „Prinzips Hoffnung“, heute nicht auf dem amerikanischen Campus oder in Frankfurt am Main gefunden werden können, sondern in Washington, D. C.

      Mark Lilla ist Professor am Committee on Social Thought an der Universität von Chicago. Aus dem Englischen von Jörg Lau

      Der falsche Krieg

      Von Avishai Margalit

      Es wird einen Krieg gegen den Irak geben. Doch dieser Krieg ist der falsche Krieg. Ich brauche nicht auf den Bericht von Hans Blix zu warten: Ich bin bereits jetzt davon überzeugt, dass der Irak chemische und biologische Waffen versteckt. Ich glaube außerdem, dass der Irak einige dutzend Raketen in Westirak verborgen hält. Obwohl ich diese Überzeugungen hege, bin ich nach wie vor der Ansicht, dass Amerika den falschen Krieg führen wird.

      Wenn man amerikanische Regierungsbeamte fragt, wer denn der Feind sei, bekommt man seit dem 11. September drei verschiedene Antworten zu hören: der weltweite Terrorismus, die Massenvernichtungswaffen in den Händen solcher Übeltäter wie Saddam Hussein und der radikale Islam nach Art von bin Laden. Ich glaube, das verworrene Denken der Amerikaner über den Irak-Krieg entsteht aus der Vermengung dieser drei Antworten – als handele es sich um ein und dieselbe Antwort, während es in Wahrheit doch sehr verschiedene Antworten sind, die ganz unvereinbare praktische Schlussfolgerungen mit sich bringen.

      Deshalb meine These: Der radikale Islam vom Typus eines bin Laden ist der Feind und sollte auch als Feind betrachtet werden. Allerdings, die Bekämpfung von Saddam wird diesem Feind eine große Hilfe sein, anstatt ihn zurückzuwerfen. Das gilt selbst dann, wenn der Krieg erfolgreich verläuft, erst recht aber dann, wenn er es nicht ist.

      Die islamische Welt, die ein Siebtel der Weltbevölkerung ausmacht, steht am Rande einer „revolutionären Situation“, wie man im alten Jargon sagte. Lenin, der sich mit Revolutionen auskannte, charakterisierte die revolutionäre Situation als einen Zustand, in dem die Massen das Regime nicht mehr ertragen und in dem es für das Regime schwierig wird, die Massen unter Kontrolle zu halten. In fast allen islamischen Ländern sind 50 Prozent der Bevölkerung Jugendliche unter 18 Jahren. Ihre Lebensaussichten sind trostlos, und doch kennen sie das glitzernde Leben, überwiegend aus den westlichen Medien. Dies führt dazu, dass sie die Kluft zwischen ihren realen Aussichten und ihren Träumen noch schwerer verkraften können.

      Es gibt zwei Möglichkeiten, die explosive Kluft zwischen Realität und Traum zu überwinden. Entweder man verbessert die ökonomischen Aussichten und arbeitet für ein besseres Leben – oder man verändert die Erwartungen der Menschen, zum Beispiel ihre Vorstellungen von einem gutem Leben. Säkulare Ideologien richten sich auf reale Lebensaussichten, während sich religiöse Ideologien auf die Träume richten. Und wenn säkulare Ideologien scheitern, so wie sie in den islamischen Ländern elend gescheitert sind, wächst die Anziehungskraft der anderen, von religiösen Ideologien ermutigten Träume um ein Vielfaches. Aus diesem Grund macht der radikale Islam der islamischen Welt ein revolutionäres Angebot, und zwar in zwei Spielarten. Es gibt das „stalinistische“ Angebot der Revolution in einem einzigen Land, so wie sie Chomeini im Iran gelang. Die Idee ist, eine erfolgreiche islamische Revolution vorweisen zu können, die später als Vorbild für Revolutionen in anderen islamischen Ländern dienen wird. Und daneben gibt es ein „trotzkistisches“ Angebot für die islamische Revolution. Sie zielt darauf, die Revolution umgehend in die gesamte islamische Welt zu exportieren.

      Von bin Laden kommt das zweite, das „trotzkistisches“ Angebot für eine permanente und universelle islamische Revolution. Die Idee ist, den Terror als Propaganda zu nutzen, spektakuläre Aktionen zu inszenieren wie den Anschlag auf die „babylonischen“ Türme Manhattans, die Wahrzeichen der götzendienerischen amerikanischen Heiligtümer. Das Ziel ist aber keineswegs, Amerika zum Islam zu bekehren. Es geht vielmehr darum, einen revolutionären Kader zu rekrutieren, der die islamische Welt übernehmen wird. Vielleicht beginnt die Eroberung an den heiligen arabischen Stätten und fegt dort den unechten Wahhabismus hinweg, um von da aus einen neuen, vitaleren puritanischen Wahhabismus in der islamischen Welt zu verbreiten.

      Bekanntlich setzt Terror als Propaganda der Tat auf die Überreaktion der Opfer. Aus Wut wird der Getroffene in seiner Reaktion auf unschuldige Unbeteiligte einschlagen, die dann radikalisiert werden und leicht rekrutierbar sind. Doch Terrorbekämpfung ist keine Aufgabe für Elefanten im Porzellanladen und ganz gewiss nicht für die Elefanten aus der Partei der Republikaner. Sie ist eine heikle Angelegenheit. Ungeachtet des Kriegs in Afghanistan ist der Kampf gegen den Terror kein konventioneller Krieg, bei dem man der Luftwaffe feste Ziele vorgeben kann. Der Kampf gegen den Terror ist auch keine Polizeioperation wie bei der Bekämpfung der Mafia. Er liegt irgendwo in der Mitte dazwischen, was eine andere Strategie verlangt. Worauf es ankommt, ist, den „Fehlschluss des Instruments“ zu vermeiden – nämlich nur das Instrument zu benutzen, das man zu gebrauchen versteht, weil es das einzige ist, dessen Gebrauch man erlernt hat.

      Ich will der Frage nach dem richtigen Kampf und den richtigen Mitteln nicht ausweichen, möchte aber zunächst darauf eingehen, wie der falsche Krieg vermieden werden kann. Die Regime in der arabischen Welt lassen sich als Mukhabarat-Regime bezeichnen. „Mukhabarat“ ist der arabische Begriff für Geheimdienste, aber auch der Oberbegriff für den gesamten Apparat, der für die innere Sicherheit zuständig ist. Ein Mukhabarat-Regime wird von den Kräften der inneren Sicherheit aufrecht erhalten; ob der Herrscher „König“ oder „Präsident“ (der von 99 Prozent der Bevölkerung gewählt wird) heißt, ist unerheblich. Das Regime ist so oder so ein Mukhabarat-Regime, dessen Tätigkeit sich im Wesentlichen im eigenen Machterhalt erschöpft. Zweifellos gibt es Unterschiede hinsichtlich der Brutalität. Saddams Regime ist vielleicht das repressivste.

      Wie zynisch auch immer Saddam während seines langen Kampfs gegen Chomeini oder während seines jetzigen Kampfs gegen Israel von religiöser Propaganda Gebrauch gemacht hat, sein Regime ist brutal säkular. Seine Mukhabarat-Leute mögen sich wohl mit radikalen Islamisten treffen, aber sie treffen sie hauptsächlich in seinen erbärmlichen Gefängnissen. Zynismus hin oder her, es stellt sich tatsächlich die Frage, ob Saddam nicht doch dazu in der Lage ist, bin Laden mit den chemischen und biologischen Waffen zu beliefern, von denen ich glaube, dass er sie besitzt.

      Saddam Hussein ist ein schreckliches Übel, aber verrückt ist er nicht. Mehr als alles andere will er an der Macht bleiben. In Anbetracht der Tatsache, dass er ständig beobachtet wird, müsste er verrückt sein, wenn er sein Schicksal in die Hände eines Abgesandten bin Ladens legen und mit al-Qaida kooperieren würde – nur um sich an den Amerikanern zu rächen. So betrifft die Frage nach den Massenvernichtungswaffen nicht Saddams Moral, sondern dessen Rationalität. Es gibt viele Regime, die bin Laden mit chemischen und biologischen Waffen ausstatten, lange bevor Saddam dies tun würde.

      Nun hat Bush unmissverständlich klar gemacht, dass ihm ein Eingeständnis von Saddam nicht genügen wird und dass er – komme, was wolle – den Irak angreifen wird. Hätte Saddam Herrn Blix eine peinlich genaue Liste seiner Waffen übergeben, hätte man es als Zeichen dafür gewertet, dass es nur die Spitze des Eisbergs ist und dass er weit mehr davon versteckt. So oder so kann es Saddam den Amerikanern nicht recht machen – es sei denn, er gibt seine Macht ab. Doch sobald er mit dem Rücken zur Wand steht, könnte er versucht sein, biologische und chemische Waffen hauptsächlich gegen Israel einzusetzen. Das ist gewiss nicht einfach, aber es ist eine echte Möglichkeit. Ich finde es rätselhaft, warum meine Landsleute die Versuchung, diesen Krieg anzufangen, so unwiderstehlich finden.

      Für moralische Besserwisser mit einem blutenden Herzen für das irakische Volk hat man derzeit nur wenig Geduld. Aber erinnern wir uns, dass im Golfkrieg, der der Welt wie ein riesiges Videospiel vorkam, ungefähr 150000 Iraker getötet wurden. Man mag nur ermessen, wie viele Zivilisten in dem bevorstehenden Krieg ihr Leben verlieren. Das ist ein weiterer guter Grund, den Irakern die Befreiung durch ferngesteuerte Raketen zu ersparen.

      Und nun komme ich auf den richtigen Krieg zu sprechen. Die islamische Welt befindet sich am Rande einer revolutionären Situation. Dies, und nicht so sehr der Terror, ist das Hauptproblem, dem die Welt heute gegenübersteht. Die Weltwirtschaft hat die Netze sozialer Sicherung in den islamischen Ländern zerrissen. Oft blieb es den politischen Islamisten überlassen, solche Sicherungsnetze zu ersetzen: Auch das entwickelte sich zu einer Propaganda der Tat und überdies zu einer erfolgreichen. Mir fällt es schwer zu glauben, dass irgendeine Ideologie, irgendeine Botschaft, mit Ausnahme einer harmlosen Variante des Islam, gegen die Mukhabarat-Regime und gegen den gefährlichen Islamismus eines bin Laden ein erfolgreiches Angebot machen kann. Eine Botschaft, die sowohl die Lebensaussichten als auch die Träume der Menschen in diesen Ländern ansprechen wird, kann nicht von außen erzwungen oder manipuliert werden, aber sie kann und sollte von außen unterstützt werden. Das ist die langfristige Perspektive. Kurzfristig stehen wir vor dem Phänomen des Bin-Laden-Terrors ohne territoriale Basis. Das ist der Feind. Und so schwierig es ist – dieser Feind sollte im Kleinen ins Visier genommen werden. Der Name des blutigen Spiels heißt: keine Überreaktion. Ein Vorgehen gegen den Irak ist ein eklatantes Beispiel für die Überreaktion.

      Avishai Margalit ist Professor für Philosophie an der Hebrew-Universität Jerusalem. Aus dem Englischen von Karin Wördemann



      Die Zeit drängt

      Von Jeff Gedmin

      Im Juni 1988 spekulierte Alain Dejammet, damals französischer Botschafter bei den Vereinten Nationen, darüber, ob es sich vielleicht nur um ein Trucker-Picknick handele: Unscom, das Waffeninspektions-Team der UN, hatte dem Sicherheitsrat gerade Luftaufklärungsfotos zur Verfügung gestellt, auf denen etwa 130 Trucks der Republikanischen Garden an einem einsamen Ort in der Wüste zu sehen waren – Trucks, die sich kurz zuvor erst von einem Ort entfernt hatten, dem sich die Unscom näherte. Doch der französische Vertreter wies jeden Verdacht zurück, Saddam Hussein könne versuchen, etwas zu verstecken.

      Die Diskussion über den Irak hat über die Jahre eine höchst seltsame Debatte hervorgebracht. Zuletzt war viel die Rede vom zynischen amerikanischen Eigeninteresse („Ein Abenteuer für Öl“), vom europäischen Idealismus („Dem Frieden eine Chance“) und von einem Schicksalsmoment in der Geschichte der UN. Aus amerikanischer Perspektive sieht das alles seltsam aus. Vor nicht allzu langer Zeit argumentierten die Gegner einer Intervention, Krieg sei zu gefährlich: Saddam könne mit Massenvernichtungswaffen zurückschlagen. Heute sagt man, es gebe keinen Grund für eine Intervention. Bagdad habe abgerüstet, und niemand könne das Gegenteil beweisen! Und dann ist da der arme Kanzler Schröder: Er ist entschlossen, den Multilateralismus und die moralische Autorität des Sicherheitsrates zu verteidigen. Man nehme ihn beim Wort: Womöglich wird er am Ende allein mit Syrien dastehen, um die Bedeutung dieser Werte zu betonen.

      Was also geht hier vor? Zunächst muss etwas zugestanden werden. Die Amerikaner haben in der Tat ein Interesse am Öl. George W. Bushs Vater hat dies bereits eingeräumt, als Saddam 1991 in Kuwait einfiel und hungrige Blicke auf die Ölfelder Saudi-Arabiens warf. Wenn aber Ölinteressen und ein enger kommerzieller Blickwinkel unsere Außenpolitik lenken würden, dann müssten wir auch Truppen in Venezuela haben, denn die aktuelle politische Unsicherheit in diesem Land trifft die Amerikaner direkt an der Zapfsäule. Wir hätten dann wohl auch von humanitären Interventionen in Somalia, Haiti, Bosnien und im Kosovo (nirgendwo ein Tropfen für Exxon in Sicht) Abstand nehmen müssen. Und wir hätten uns die irakischen Ölfelder einfach schnappen müssen, nachdem wir den Golfkrieg gewonnen und Kuwait befreit hatten.

      Gestehen wir dann aber auch ein, dass die Debatte, mindestens in Donald Rumsfelds „Altem Europa“, sich hauptsächlich um Amerika dreht und nicht um den Irak und seine Massenvernichtungswaffen. Warum? Viel zu lange „war Amerika in der Lage, mit großen und mittleren Ländern herumzuspielen“. Jetzt hat der amerikanische Präsident „eine Mission: eine Welt nach dem amerikanischen Modell, wenn nötig auch mit Gewalt“. Eines dieser Zitate ist von Saddam, das andere aus dem stern, aber es ist nicht leicht, den Unterschied auszumachen. Es scheint, dass der Widerwille gegen die Macht der USA zu dem Gemeinplatz geronnen ist, die amerikanische Vorherrschaft sei ein Problem und müsse gestoppt oder doch gebremst werden. Ist dies nicht im Wesentlichen der Kern der Liebesaffäre unserer Freunde mit den Vereinten Nationen?

      So kam es dazu, dass die USA im letzten Jahr in der UN-Menschenrechtskommission überstimmt wurden. Manche sagten, es gehe um Opposition zu den Raketenabwehrplänen der Bush-Regierung und zu dem Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag. Andere meinten, es sei der Versuch, die USA für ihre Missachtung des Kyoto-Protokolls und des Internationalen Gerichtshofs abzustrafen. Klar ist jedenfalls, dass die stillschweigende Kooperation zwischen unseren europäischen Verbündeten und einer Gruppe unserer Gegner dabei geholfen hat, die USA aus der Kommission zu drängen.

      Natürlich ist die Arbeit der Menschenrechtskommission symbolischer Natur. Bestenfalls kann sie Klagen anhören und Aufmerksamkeit für Missbrauch erzeugen. Aber zugleich halten es unsere Verbündeten für richtig, auf die Fähigkeit des Sicherheitsrates zu setzen, den Irak endlich zu entwaffnen? Es ist zwölf lange Jahre her, dass der Sicherheitsrat zuerst vom Irak die „umfassende, endgültige und vollständige Enthüllung“ über seine Massenvernichtungsmittel verlangte. Der Sicherheitsrat glaubte, die vollständige Entwaffnung könnte in nur einem Jahr vonstatten gehen. Aus einem Jahr wurden sieben – bis 1988, als Saddam nach endlosem Katz-und-Maus-Spiel die Tür für die UN-Waffeninspektoren vollends schloss. Unscom wurde aufgelöst.

      Im Dezember 1999, als Unmovic per Votum ins Leben gerufen wurde, weigerten sich drei der fünf ständigen Mitglieder – Frankreich, Russland und China –, für ein neues Inspektorenteam zu stimmen. Die großen Ölfirmen Frankreichs, Elf Aquitaine und Total, hatten gerade große Verträge mit der irakischen Ölindustrie unter Dach und Fach gebracht, und Bagdad drohte ganz offen mit der Annullierung der Verträge, wenn Frakreich der harten amerikanischen Linie folgen würde. Nach der Schaffung von Unmovic – Amerikaner und Briten waren dafür, die anderen drei enthielten sich der Stimme – schlug Kofi Annan Rolf Ekeus als neuen Vorsitzenden der Gruppe vor. Diesmal legte Moskau sein Veto ein. Der russische Botschafter Sergej Lawrow gab öffentlich zu, man habe die Nominierung von Ekeus blockiert, weil dies Bagdad nicht gefalle. Und heute, im Jahr 2003, erklingen neue Rufe nach mehr Zeit für die Inspektionen. Dies also ist die Lage. Und wir Amerikaner sind hier die Zyniker? Wir nehmen die UN nicht ernst und drängen ungeduldig zum Krieg?

      Jeff Gedmin ist Leiter des Aspen-Instituts in Berlin. – Aus dem Englischen von Jörg Lau



      Imperialismus

      Von Judith Butler

      Können unilaterale Maßnahmen nach dem Völkerrecht legitimiert sein? Meines Erachtens kann ein unilaterales Vorgehen nur dann legitimiert sein, wenn es einen klaren und unmissverständlichen Angriff auf die Souveränität einer Nation gibt. Im aktuellen Fall kann man keineswegs behaupten, die Vereinigten Staaten hätten einen solchen Übergriff hinnehmen müssen. Wenn überhaupt, dann sind es die Vereinigten Staaten, die einseitig in die Souveränität des Iraks eingreifen. Tatsächlich sieht es so aus, als habe die Vorstellung von „Souveränität“ durch die Maßnahmen der Vereinigten Staaten Schaden genommen, denn Afghanistan hatte offenbar keine Souveränitätsrechte. Und selbst jetzt geht es nicht darum, freie und gleiche Wahlen im Irak zu ermöglichen, sondern darum, den Rücktritt seines Präsidenten zu erzwingen, weil die USA aus fragwürdigen Gründen der Ansicht sind, dieses Staatsoberhaupt stelle für die Welt eine Gefahr dar. Eine neuere ABC-Umfrage hat aber ergeben, dass die meisten Amerikaner glauben, die größte Gefahr für den Weltfrieden gehe derzeit von den USA aus.

      Unlängst hat Michael Ignatieff die Meinung vertreten, ein freundlicher, „sanfter Imperialismus“ sei das Beste, was wir uns von Amerika erhoffen können. Ich dagegen fürchte, Ignatieff hat nicht den für eine fortschrittliche Politik erforderlichen Ehrgeiz. Durch seine Kompromisslösungen wirkt er vernünftig und pragmatisch, was ein Grund dafür ist, weshalb er in den europäischen und amerikanischen Medien überall zu hören ist, während die Stimmen der Friedensbewegung dort kaum durchdringen.

      Die amerikanische Linke ist voll und ganz auf die europäischen Bemühungen angewiesen, den Krieg doch noch abzuwenden. Es ist völlig richtig, dass die USA in dieser entscheidenden Frage den Vereinten Nationen untergeordnet sein sollten. Deshalb muss man die USA energisch daran hindern, sich auf die Legitimität eines unilateral geführten Kriegs zu berufen. Wenn wir nach den Gründen fragen, warum die USA den Krieg führen wollen, können wir nur zu dem Schluss kommen, dass sie „Interessen“ in der Region haben und ein Regime einsetzen möchten, das ihren ökonomischen und politischen Interessen von Nutzen ist.

      Ohne Zweifel hat Saddam Hussein ein gewalttätiges und repressives Regime errichtet. Tatsache ist aber auch, dass wir nicht das Recht haben, in ein beliebiges Land einzudringen und einen Regierungswechsel herbeizuführen, wenn und wann uns dies passt. Das Recht, das sich die Vereinigten Staaten selbst zugestehen, ist ein imperiales Recht. Es gründet sich weder auf national noch auf international geltendes Recht. Dagegen richten sich die amerikanischen Interessen in der Region auf einen Ausbau ihrer Vormachtstellung. Dabei handelt es sich ohne Zweifel um Kriegshetze im Dienst des Imperialismus. Doch weil so ein Imperialismus kein Monolith ist, sollten wir uns darüber klar werden, welche neuen Formen seine Ziele annehmen.

      Was Ignatieff angeht, müssen wir uns fragen, ob humanitäre Hilfe dem Imperialismus dient, weil sie Staatsgrenzen überschreitet und neue Formen von Abhängigkeit entwickelt. Das allerdings ist ein anderes Argument, das nicht die Bush-Regierung betrifft. Erst nach einem Einmarsch und der Dezimierung des Landes werden Ignatieffs Fragen nach einem „sanften Imperialismus“ relevant werden.

      Judith Butler ist Professorin für Vergleichende Literaturwissenschaft und Rhetorik an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Aus dem Englischen von Karin Wördemann

      Legale Gewalt

      Von Ruth Wedgwood

      Deutschlands pazifistische Stimmung kommt nicht überraschend. 1985 fuhr ich von Bonn nach Mainz und besuchte die städtische Kunsthalle. Sie zeigte Fotografien des in Schutt und Asche liegenden Mainz von 1945. Die einzigen Marksteine in der Ruinenlandschaft waren Kirchtürme.

      Bis vor kurzem haben meine deutschen Doktoranden in Yale und Johns Hopkins immer unschuldig verneint, dass vom letzten Weltkrieg irgendein Groll zurückgeblieben sei. Zwei Generationen liegen dazwischen, und die Verbrechen Hitlers wollen jedes andere Leiden klein erscheinen lassen. Ich hatte mich aber gewundert und bin jetzt nicht überrascht, festzustellen, dass das Ende des Kalten Kriegs von einer Wiederkehr nicht zugelassener Gefühle begleitet ist. Deutschland ist auf absehbare Zukunft nicht mehr auf Amerika als Schutzmacht gegen die Russen angewiesen. Und manchen Deutschen erscheinen andere Risiken in der Welt wie Indien-Pakistan oder Nordkorea weit entfernt. Manche glauben vielleicht, dass jeglicher Gebrauch von Gewalt in den internationalen Beziehungen den umfassenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs moralisch gleichkommt, obgleich man mit einer solchen Annahme nicht die Amerikaner treffen will.

      In den letzten fünfzig Jahren hat sich aber sehr viel geändert. Das Recht in bewaffneten Konflikten konzentriert sich darauf, Kollateralschäden an Zivilisten zu vermeiden. Die Technik erlaubt – trotz all ihrer Verführung – eine im Jahr 1945 noch unbekannte Präzision. Eine jugoslawische Frau, die mich nach dem Kosovo-Feldzug auf einem Rundgang durch Belgrad begleitete, meinte, dass die meisten Einwohner der Stadt während des Nato-Kriegs zuversichtlich waren, weil die Zielwahl mit intelligenten Waffen eindeutig auf Milo∆eviƒs Festungen gerichtet war. Informationsfehler kommen immer vor.

      Die Lehre der Amerikaner aus dem Zweiten Weltkrieg ist eine völlig andere – dass der Gebrauch von Waffengewalt nötig sein kann, um Verrückte zu stoppen. Der Rückgriff auf militärische Gewalt erfordert Klugheit und Umsicht, aber er kann ein notwendiges Übel sein. Der argumentative Diskurs einer Habermasianischen Welt reicht manchmal nicht aus, um einen Widersacher zu überzeugen oder abzuschrecken, dessen Kalküle von gänzlich anderen Zielen motiviert sind. So hat Saddam Hussein sein Vorhaben, Massenvernichtungswaffen zu entwickeln und zu verstecken, zwölf Jahre lang verfolgt. Die UN-Waffenkommission begann ihre Arbeit im Iran mit großem Optimismus. Aber Saddams Ehrgeiz hat jede Hoffnung zunichte gemacht. Ein Jahrzehnt lang dauerte das Hase-und-Igel-Spiel und zeigte doch nichts anderes, als dass Saddam biologische, chemische und atomare Waffen als ein Mittel zur Macht betrachtet. Und Iraks Außenminister Tarik Aziz war in New York als reales Beispiel für den kretischen Lügner berüchtigt. Jedes Mal, wenn er bei einer Lüge ertappt wurde und sie zugeben musste, argumentierte er, dass man den neuen Dementis deshalb nun Glauben schenken müsse. Saddams Regime wurde aufgefordert, über den Verbleib von 17 Tonnen fehlender Nährmedien Auskunft zu geben, die im Labor gebraucht werden, um Reagenzien für biologische Waffen zu kultivieren. Tarik Aziz behauptete, die grotesk überschüssige Tonnage sei irrtümlich bestellt worden, weil der Gesundheitsminister nicht richtig rechnen könne. Die Stoffe könnten den UN-Inspektoren nicht übergeben werden, weil renitente Studenten den Lagerraum zerstört hätten. Mal hieß es, das teure einzellige Material sei an Kühe verfüttert worden. Und leider, nein, die UN könnten mit niemandem sprechen, der mit der Entsorgung zu tun gehabt habe.

      Die Anwendung von Waffengewalt gegen Saddams totalitäres Regime ist legal und notwendig. Saddam hat die Auflagen zur Entwaffnung aus der Resolution 687 des Sicherheitsrates, die den Rahmen des Waffenstillstands im Golfkrieg bildeten, nie erfüllt. Das Versprechen des Iraks, die Massenvernichtungswaffen aufzugeben, war eine Kernbedingung des Waffenstillstands von 1991. Die Länder, die von Saddam besetzt oder mit Scud-Raketen angegriffen wurden, werden in größter Gefahr sein, wenn man zulässt, dass er mit einem illegal hergestellten Vorrat biologischer und chemischer Waffen und ballistischer Raketen aufwarten kann.

      Mein Fazit ist trotzdem einfach: Ein Saddam mit Atomwaffen ist ein untragbares Risiko. Das International Institute for Strategic Studies in London ist zu der Einschätzung gekommen, dass Saddam bei dem gegebenen Entwicklungsstand des irakischen Ingenieurwesens in der Lage sein wird, innerhalb von sechs bis zwölf Monaten eine Atombombe zu bauen, sobald er in den Besitz spaltbaren Materials gelangt ist. Gegenwärtig versucht er, in Afrika und anderswo spaltbares Material einzukaufen. Die irakischen Atomwaffen würden für Israel eine existenzielle Bedrohung darstellen und dem Land jede wirksame Abschreckung nehmen. Sie würden die Saudis bedrohen und es Saddam ermöglichen, seine anderen ölfördernden Nachbarn einzuschüchtern. Auch die Entwicklung einer iranischen Bombe wäre unausweichlich. Auch an die Menschenrechte und die Abwehr eines Genozids müssen wir denken. Würde der Westen sein Engagement in Bezug auf den Irak zurücknehmen und die Überwachung der Flugverbotszonen einstellen, würde Saddam die Kurden und die Schiiten erneut dezimieren. Schon einmal hat Saddam chemische Waffen gegen Tausende kurdischer Zivilisten eingesetzt. Nach dem Golfkrieg wollte er die Sümpfe im Süden trocken legen, um den Lebensraum der dort ansässigen Araber zerstören. Dass sich Saddam zur Herrschaftssicherung des Völkermordes bedient, scheint heute in Vergessenheit zu geraten.

      Die Resolution 687 des Sicherheitsrates ist auch ohne Zusätze eine ausreichende Rechtsgrundlage gemäß der UN-Charta. Ihr Alter ist ein eindrückliches Zeugnis für ein Jahrzehnt starrsinniger Miss-achtung durch Saddam. Der Westen hat mit den Nadelstich-Operationen von 1993 und 1998 symbolische Gewalt gebraucht, um das Waffenkontrollsystem zu erzwingen. Mit den Wirtschaftssanktionen wollte man eine Alternative versuchen. Nichts davon hat etwas genützt. Saddam hat von Anfang an darauf hingearbeitet, das Bündnis gegen ihn zu spalten – indem er Mitglieder des Sicherheitsrates umwarb und ihnen Reichtümer in der Region in Aussicht stellte. Doch die UN sind auf das Rückgrat ihrer Mitglieder angewiesen. Das Versagen der UN, in Bosnien und Ruanda wirksam einzugreifen, führte zum Tod von Tausenden. Während der Kämpfe in Bosnien wurde der Sicherheitsrat dafür verhöhnt, dass er zahllose Resolutionen verabschiedete, ohne ihnen Geltung zu verschaffen. Das System zur Entwaffnung des Iraks könnte das gleiche Schicksal erleiden. Wenn kein Staat sein Gewicht in die Waagschale wirft, um die Resolution 687 zu erzwingen, werden die Entscheidungen des Sicherheitsrates als Geschwätz betrachtet werden.

      Auch der Zeithorizont ist begrenzt. Saddam hat seine Missachtung der Auflagen erst dann heruntergespielt, als die USA damit begannen, Truppenverbände in den Persischen Golf zu verlegen. Doch es wird von Saddam nicht den Anschein einer Kooperation geben, sobald diese Truppen abgezogen werden. Die USA können nicht 80000 Soldaten als Saddams Aufpasser in eine endlose Gefechtsbereitschaft versetzen, während er weitere vier Jahre Inspektionsspielchen treibt. Strategisch betrachtet, wäre es für Regime wie Nordkorea geradezu eine Einladung, sich opportunistisch zu verhalten. Auch ein Viertel der britischen Armee kann sich nicht auf unbestimmte Zeit in der Region aufhalten.

      Der einzige Zweck der jetzigen „Pause für den Frieden“ ist der, zu prüfen, ob Saddam beabsichtigt, seine Massenvernichtungswaffen freiwillig herzugeben. Doch erinnern wir uns daran, wie er die Pause 1990/91 genutzt hat: Als der russische Außenminister Primakow einen letzten Versuch machte, ihn zum Abzug aus Kuwait zu bewegen, nutzte Saddam die Zeit, um Gefechtsköpfe mit biologischen und chemischen Kampfstoffen zu bestücken.

      Die prozedurale Kasuistik zu einer zweiten, dritten oder vierten UN-Resolution kann zum Feigenblatt verkommen, mit dem das ausgesprochene Versagen, die Resolution 687 durchzusetzen, entschuldigt wird. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und seine politische Rolle in Europa geben ihm besondere Verantwortung, zur kollektiven Sicherheit beizutragen. Und ein dauerhafter Sitz im UN-Sicherheitsrat setzt die Bereitschaft voraus, die Durchsetzungsfähigkeit der UN zu verstärken. Deutschlands Rolle darf sich nicht darauf beschränken, das bürgerliche Vorstadtleben zu genießen, Scheuklappen anzulegen und passiv zu bleiben.

      Ruth Wedgwood ist Professorin für Internationales Recht an der Johns-Hopkins-Universität/USA. Aus dem Englischen von Karin Wördemann



      Nicht gerechtfertigt

      Von Ronald Dworkin

      Es können im Irak jederzeit neue Beweise auftauchen. Doch bislang ist nichts zum Vorschein gekommen, was ein unilaterales Vorgehen rechtfertigen könnte. Das stärkste Argument für einen Einsatz von Gewalt gegen den Irak ist das internationale Recht, das sowohl imperativisch zwingend als auch gefährdet ist. Dieses Recht muss geschützt werden, indem man sicherstellt, dass wichtige Auflagen der Vereinten Nationen respektiert werden. Ein unilaterales Vorgehen der USA und einiger Verbündeter ohne Unterstützung der Vereinten Nationen würde der Zukunft eines genuinen Völkerrechts eher schaden als nützen.

      Ronald Dworkin ist Professor für Rechtsphilosophie an der School of Law der Universität New York. Aus dem Englischen von Karin Wördemann
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      schrieb am 11.02.03 09:03:43
      Beitrag Nr. 278 ()
      Nato in der Krise

      Bush ist von Chirac enttäuscht

      Mit Unverständnis und Empörung reagierten die Amerikaner auf das Veto von Frankreich, Belgien und Deutschland gegen die Pläne zum Schutz der Türkei. US-Präsident Bush sieht die Nato beschädigt, Verteidigungsminister Rumsfeld will nötigenfalls den Angriff ohne das Bündnis planen.


      AP

      Alles andere als einig: Chirac (l.) und Bush


      Washington - Bush nannte die französische Entscheidung kurzsichtig. Chirac solle noch einmal über das französische Veto nachdenken. "Ich bin enttäuscht, dass Frankreich Vorbereitungen der Nato zur Hilfe für ein Land wie die Türkei blockiert", sagte Bush nach einem Treffen mit dem australischen Ministerpräsidenten John Howard in Washington, der ein enger Verbündeter der USA im Irak-Konflikt ist. "Ich verstehe diese Entscheidung nicht. Sie wirkt sich in einer negativen Art und Weise auf das Bündnis aus", sagte Bush. "Frankreich ist seit langer Zeit ein Freund der Vereinigten Staaten. Wir haben vieles gemeinsam. Aber ich denke, diese Entscheidung bei der Nato war kurzsichtig."

      Zuvor hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Frankreich, Belgien und Deutschland als isoliert bezeichnet und erklärt: "Falls nötig wird die Planung außerhalb der Nato laufen." Rumsfeld warf Deutschland, Frankreich und Belgien vor, die Nato zu blockieren. "Die drei Länder hindern die Nato daran, ihre Pflichten zu erfüllen", sagte er. Sie seien in der 19 Mitglieder starken Allianz isoliert. "Es steht 16 zu drei."

      Frankreich, Deutschland und Belgien haben ihr Veto damit begründet, dass mit offiziellen Planungsbeginn ein Irak-Krieg unausweichlich erscheinen könnte. Nato-Generalsekretär George Robertson soll heute im Rat der Allianz einen Kompromissvorschlag unterbreiten. Heute wollen die Nato-Botschafter in Brüssel erneut über Hilfsleistungen für die Türkei beraten.

      Robertson forderte die Allianz am Montagabend eindringlich zum Beistand für die Türkei auf. "Dies ist eine Frage von weit reichender Bedeutung", sagte Robertson. Die Bedrohung der Türkei im Falles eines Irak-Krieges sei real. "Wir stehen hier vor einem ernsten Problem, das deshalb gelöst werden muss", mahnte er zur Eile. Robertson bekräftigte seine Auffassung, wonach die Planung für die Türkei-Hilfe nur eine Frage der Zeit und kein Streit um die Sache sei.


      Frankreich will aber angeblich keine Entscheidung vor dem erneuten Bericht der Uno-Waffeninspektoren im Sicherheitsrat am Freitag treffen. Deutschland, Frankreich und Belgien bekannten sich allerdings zur Bündnistreue zur Türkei.
      Avatar
      schrieb am 11.02.03 09:10:37
      Beitrag Nr. 279 ()
      die Propagandamaschinerie zeigt erste Wirkung :D :D :D

      Umfrage

      Mehrheit der Briten und Amerikaner will den Krieg

      Die meisten Briten und US-Amerikaner wollen offenbar einen Krieg gegen den Irak - auch ohne ein Uno-Mandat.

      Washington/London - In Umfragen sprachen sich in beiden Ländern mehr als 55 Prozent der Befragten für einen Krieg im Konflikt um die Abrüstung des Irak aus, selbst wenn es dafür nicht die Unterstützung der Uno gebe. In den USA waren es einer Umfrage der Zeitung "Washington Post" und der TV-Nachrichtensendung "ABC News" zufolge 57 Prozent von tausend Befragten, in Großbritannien rund 62 Prozent.

      In den USA sagten 63 und 65 Prozent der in zwei Umfragen befragten Bürger, die Regierung von Präsident George W. Bush habe überzeugende Gründe für einen Krieg gegen den Irak dargelegt. Das ist eine neue Rekordmarke. Vor zwei Wochen lagen die Werte bei 48 und 49 Prozent. Das Meinungsforschungsinstitut Gallup befragte im Auftrag des US-Nachrichtensenders CNN und der Zeitung "USA Today" ebenfalls tausend Bürger. Beide Umfragen haben eine Fehlerquote von drei Prozent.

      In Großbritannien unterstützten in einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage zufolge 62 Prozent einen Krieg, auch wenn ein oder zwei Mitglieder des Sicherheitsrats ein Uno-Mandat durch ein Veto verhindern sollten. Es genüge, dass die meisten Mitglieder des Sicherheitsrats dafür seien, sagte das Meinungsforschungsinstitut YouGov, das seine Umfrage im Auftrag der Nachrichtensendung "Channel 4 News" gemacht hatte.

      59 Prozent der US-Bürger gaben in der Umfrage für "Washington Post" und "ABC News" an, es sei wichtiger, die internationale Unterstützung für einen Krieg zu sichern, als schnell zuzuschlagen. Fast zwei Drittel der Befragten waren den Angaben zufolge aber dafür, den Uno-Waffeninspektoren für ihre Kontrollen der irakischen Abrüstung noch einige Wochen und nicht Monate Zeit zu geben.

      In beiden Staaten zeigten sich die meisten Befragten auch davon überzeugt, dass der Irak biologische und chemische Massenvernichtungswaffen besitzt. In Großbritannien bejahten diese Einschätzung drei Viertel der Befragten, in den USA mehr als die Hälfte.

      Zugleich hält jedoch eine Mehrheit der Briten die USA für die größte Bedrohung für den Weltfrieden. 32 Prozent der Befragten kreuzten auf einer Liste unter der entsprechenden Frage die USA an, 27 Prozent den Irak und ebenfalls 27 Prozent Nordkorea. Im November war der Irak noch von 40 Prozent der Befragten als größte Bedrohung eingeschätzt worden, die USA von 27 Prozent.
      Avatar
      schrieb am 11.02.03 09:18:40
      Beitrag Nr. 280 ()
      ja ja, die Briten. :laugh: halten die USA für die größte Bedrohung des Weltfriedens, wollen aber mit ihnen in die Schlacht ziehen. :laugh: schizophren :look:
      Avatar
      schrieb am 11.02.03 09:27:20
      Beitrag Nr. 281 ()
      Die Zahlen allein besagen wenig

      Entscheidend sind beim Aufmarsch am Golf die neuen technischen Möglichkeiten der Soldaten / Von Horst Bacia


      BRÜSSEL, 10. Februar. Über die streng geheimen Pläne für einen Krieg gegen das Regime Saddam Husseins haben amerikanische Zeitungen so ausführlich berichtet, daß man sich fragen muß, ob die durchgesickerten Einzelheiten nicht Teil der psychologischen Kriegführung sind. Was bekanntgeworden ist, muß deshalb nicht falsch sein. Aber es ergibt mit Sicherheit weder ein vollständiges noch ein korrektes Bild. Für eine militärische Intervention im Irak ist angeblich eine Streitmacht von 250 000 Soldaten aller Waffengattungen geplant - halb so viele, wie die Koalition des Golfkrieges von 1991 hatte. Bis zu 150 000 Männer und Frauen sollen an den Kampfhandlungen teilnehmen. Die Zahlen allein sagen indes wenig. Entscheidend ist die durch den Fortschritt in der Militär- und Kommunikationstechnik wesentlich gesteigerte Kampfkraft der amerikanischen Verbände.

      Im Golfkrieg 1991 war nur knapp ein Zehntel der abgeworfenen Bomben Präzisionsmunition. Heute kann an achtzig Prozent aller Bomben in den Arsenalen der Luftwaffe und der Marineflieger mit wenigen Handgriffen ein Steuerungsgerät angebracht werden, das die Sprengladung mittels eines Laserstrahls oder des moderneren, vom Wetter unabhängigen Satellitennavigationssystems GPS ihr vorbestimmtes Ziel finden läßt. Gerade in einem Krieg, der nicht gegen ein Land oder dessen Bevölkerung, sondern gegen ein Regime geführt werden soll, kann die Präzision solcher Waffen große Wirkung erzielen. Frühe, von zivilen Beratern Verteidigungsminister Rumsfelds unterstützte Konzepte beruhten denn auch auf der Überlegung, die militärische Auseinandersetzung vor allem als Luftkrieg - mit einer kleineren Anzahl von Truppen am Boden - zu führen. Gegen solche Vorstellungen hat sich die militärische Führung der Streitkräfte jedoch weitgehend mit der Forderung nach mehr Armeeverbänden und einem solideren Plan durchzusetzen vermocht.

      Nach einer verhältnismäßig kurzen Phase des Luftkriegs sollen mit "rollendem Start" rasche, raumgreifende Operationen der Bodentruppen beginnen. Ziel der Militäraktion ist es, das Regime zu "enthaupten", die Zerstörung seiner Massenvernichtungswaffen sicherzustellen und das Land zu befreien. Deshalb gelte es, eine große Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung sowie Zerstörungen der Infrastruktur möglichst zu vermeiden. Waffengewalt gegen irakische Truppen sei nur anzuwenden, wenn sie zu den Stützen des Regimes gehörten oder sich zum Kampf stellten, statt zu kapitulieren. Andererseits müsse der Einsatz militärischer Macht so überwältigend sein, daß dem Gegner jeder Wille zum Kämpfen genommen werde.

      Seit dem ersten Mobilisierungsbefehl Verteidigungsminister Rumsfelds am 24. Dezember sind nach Angaben der Organisation Global Security, die Informationen aus offenen Quellen sammelt und ins Internet stellt, etwa 170 000 amerikanische Soldaten aller Waffengattungen für einen zweiten Irak-Krieg in Alarmbereitschaft versetzt worden; 115 000 befänden sich schon in der Golfregion oder auf dem Weg dorthin. In drei bis vier Wochen werde die Verlegung der Truppen, Flugzeuge und Schiffe weitgehend abgeschlossen sein, berichtet die Zeitung "Washington Post". Der Beginn militärischer Operationen sei aber schon früher möglich. Ende vergangener Woche, vor seiner Reise nach Italien und Deutschland, hat Rumsfeld die Verlegung der 101. Luftlandedivision, eines Eliteverbandes mit 15 000 Soldaten sowie 270 Kampf- und Transporthubschraubern, ins Krisengebiet angeordnet. Die auf Krieg in der Wüste spezialisierte 3. Infanteriedivision, deren Verbände regelmäßig in Kuweit üben, befindet sich schon fast vollständig nahe der Grenze zum Irak. Die 4. Infanteriedivision, mit ihrem schweren Gerät eine der schlagkräftigsten der amerikanischen Armee, wartet offenbar auf den Marschbefehl in die Türkei, um im Nordirak, verstärkt durch andere Verbände, eine zweite Front zu bilden. Teile der 82. Luftlandedivision sowie der in Deutschland stationierten 1. Infanteriedivision und der 1. Panzerdivision sollen sich ebenfalls auf eine Verlegung an den Persischen Golf oder in die Türkei vorbereiten. Drei Verbände aus dem Expeditionskorps der Marines mit insgesamt etwa 15 000 Mann sind entweder unterwegs nach Kuweit oder schon auf ihrem Stützpunkt eingetroffen.

      Die Ausrüstung für zwei Brigaden - Panzer, Schützenpanzer, Mannschaftstransportwagen, Geschütze und Lastwagen - wird seit Jahren in Kuweit und Qatar gelagert. Seit dem Herbst - und besonders seit dem Ende des Jahres - bringen Schiffe und Flugzeuge ständig mehr Gerät und schwere Waffen. In Camp Doha, nordwestlich von Kuweit-Stadt, und Camp Arifjan weiter im Süden sind riesige Waffenarsenale und Zeltstädte für die Truppen entstanden. Amerikanische und britische Kampfflugzeuge werden auf den kuweitischen Luftwaffenbasen Ahmed Al Jaber und Ali Al Salem stationiert. Etwa 50 000 Soldaten aller Waffengattungen befinden sich zur Zeit angeblich in Kuweit; Ende der Woche sollen es schon 80 000 sein. Die Verlegung größerer Truppenteile in die Türkei verzögert sich noch, weil das Parlament in Ankara erst noch eine Entscheidung treffen soll. Kommandoeinheiten der Spezialkräfte und Agenten der CIA sind schon in den Kurdengebieten des nördlichen Irak aktiv.

      Ein mobiles Operationszentrum für die Führung aller Einsätze zu Lande, in der Luft und auf See ist auf dem Stützpunkt As Sayliyah im Emirat Qatar entstanden. General Tommy Franks, der Befehlshaber des Central Command in Tampa, Florida, hat dort im Dezember mit mehreren hundert Offizieren, darunter eine größere Anzahl Briten, eine Computer-Übung abgehalten. Einer seiner Stellvertreter hält sich schon in Qatar auf. Der Luftwaffenstützpunkt Al Udeid, südwestlich von der qatarischen Hauptstadt Doha, wurde auch in den ersten Monaten des Afghanistan-Krieges viel benutzt. Die Start-und-Lande-Bahn ist die längste in der Region. In der vergangenen Woche sind dort Kampfflugzeuge des Typs F-117A gesichtet worden. Die wegen der "Stealth-Technik" auf Radarschirmen schwer zu erkennenden F-117A haben während des Golfkriegs die meisten und wichtigsten Ziele in Bagdad, vor allem in der Anfangsphase des Luftkriegs - und nachts. Einige der unsichtbaren B-2-Bomber sind angeblich schon auf die britische Pazifik-Insel Diego Garcia verlegt worden. Die Prinz-Sultan-Luftwaffenbasis in Saudi-Arabien und ihr erst im Sommer 2001 fertiggestelltes hochmodernes Operationszentrum können in einem Krieg gegen Saddam Hussein wahrscheinlich nicht genutzt werden, obwohl von dort, wie von Incirlik in der Türkei, offenbar noch ein Teil der Einsätze zur Überwachung der Flugverbotszonen im Norden und Süden des Irak geflogen wird. Auf dem Stützpunkt Thumrait in Oman sollen Tankflugzeuge und auch B-1-Bomber stationiert sein.

      Drei amerikanische Flugzeugträger mit je siebzig bis achtzig Flugzeugen befinden sich schon in der Region. Die Constellation im Persischen Golf, die Abraham Lincoln im Arabischen Meer und die Harry S. Truman im östlichen Mittelmeer. Ein viertes Trägerschiff, die Theodore Roosevelt, kommt von Puerto Rico und wird wahrscheinlich im Mittelmeer bleiben, da Jordanien amerikanischen Flugzeugen Überflugsrechte über sein Territorium gewährt hat. Der Flugzeugträger Kitty Hawk, der zur Zeit in einem japanischen Hafen liegt, wurde auch noch ins Krisengebiet beordert. Zu jeder Trägergruppe gehört ein halbes Dutzend anderer Schiffe. Zusammen sollen sie mehr als tausend Marschflugkörper abfeuern können. Eine britische Armada mit dem Flugzeugträger "Ark Royal", dem Hubschrauberträger "Ocean", zwanzig weiteren Schiffen sowie 3000 Elite-Soldaten der Royal Marines ist ebenfalls auf dem Weg. Die Regierung setzte Ende Januar 26 000 Soldaten, unter anderem die 7. Panzerbrigade und die 16. Luftlandebrigade, in Marsch und hat in der vergangene Woche zusätzlich 7000 Mann sowie etwa 100 Flugzeuge in die Golfregion geschickt.

      Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2003, Nr. 35 / Seite 3
      Avatar
      schrieb am 11.02.03 16:05:41
      Beitrag Nr. 282 ()
      Irak-Krise

      Weltweite Proteste gegen den Krieg

      Von Michael Sontheimer, London

      Noch nie gab es derart massive Proteste gegen einen Feldzug, der noch überhaupt nicht begonnen hat. Millionen von Kriegsgegnern werden am Wochenende in allen fünf Kontinenten gegen den drohenden anglo-amerikanischen Angriff auf den Irak demonstrieren - allerdings versuchen staatliche Stellen in London, New York und Budapest die Protestzüge zu behindern.



      AP

      Anti-Kriegs-Demo in London: "Nicht in meinem Namen"


      London - Einen ersten, wenn auch bescheidenen Sieg gegen die britische Regierung konnte die "Anti-War-Coalition" bereits erringen. Zunächst hatte sich die Labour-Kulturministerin Tessa Jowell nicht entblödet, der für Samstag in London geplanten Demonstration gegen den Irak-Krieg den Zugang zum Hyde Park zu verwehren. Der Rasen des königlichen Parks, so die Begründung, könne Schaden nehmen. Doch da in der britischen Hauptstadt eine halbe bis eine Million Demonstranten erwartet werden, musste die Ministerin schließlich kleinlaut ihr Park-Verbot wieder zurücknehmen.

      Am Samstag werden also die sensiblen königliche Grashalme für den Frieden leiden müssen, wenn bei der Abschlusskundgebung unter anderen der Labour-Linke Tony Benn und der Chef der oppositionellen Liberaldemokraten, Charles Kennedy, Premierminister Tony Blair und US-Präsident George W. Bush für ihren Kriegskurs geißeln werden. Der Londoner Bürgermeister Ken Livingstone, der auch dabei sein will, erwartet "eine der größten Demonstrationen in der britischen Geschichte".


      Postkarte der "Stop the War Coalition": "Wild gewordene Hunde und Engländer"


      London dürfte der Schauplatz der größten Demo werden, doch protestiert wird an diesem Wochenende weltweit. In über 300 Städten auf allen fünf Kontinenten sind Protestzüge geplant, wobei die Liste der Aktionsorte täglich länger wird. Vom australischen Adelaide bis Warschau sind Demos annonciert, selbst auf der vergleichsweise abgelegenen, zu Frankreich gehörenden Insel Reunion im indischen Ozean wird gegen Bush, Blair und Co. marschiert. Vorwiegend sind es zentrale Proteste in den Hauptstädten der jeweiligen Länder, doch in den USA beispielsweise stehen - neben Aktionen in etlichen kleineren Städten - Seattle, San Francisco, Los Angeles, Chicago und New York auf dem Programm.

      Die deutschen Antikriegs-Aktivisten werden sich in Berlin versammeln. In der Hauptstadt sollen sich am Samstag um 12 Uhr mittags zwei Züge, einer von der Gedächtniskirche im Westen, der andere vom Alex im Osten in Bewegung setzen - um sich schließlich am Brandenburger Tor zu einer Kundgebung zu treffen.

      Die Idee gemeinsamer globaler Aktionstage gegen den drohenden Irak-Krieg war Anfang November letzten Jahres auf dem Europäischen Sozialforum in Florenz auf allgemeine Zustimmung gestoßen. Mitte Dezember hatten sich dann Aktivisten aus elf europäischen Ländern sowie den USA und den Philippinen in Kopenhagen zu genaueren Vorbereitung versammelt. "Wir glauben, dass ein Krieg gegen den Irak", so hieß es in einer Stellungnahme dieser Runde, "ob mit oder ohne Unterstützung der Vereinten Nationen, für die Menschen im Nahen Osten und darüber hinaus ein Desaster wäre."


      Poster zum "Buy Nothing Day": "A fucking big war"


      Während es in Berlin oder London weitgehend die üblichen Verdächtigen des linksliberalen oder pazifistischen Spektrums sind, die gegen den Washingtoner Kriegskurs ein Zeichen setzen wollen, wird zum Beispiel die Demonstration in Kapstadt nicht nur von den Gewerkschaften, sondern auch vom südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki unterstützt.

      Solche Schutzherrschaft erspart Probleme, wie sie etwa die New Yorker Organisatoren haben. Dort wird derzeit noch vor Gericht darüber gestritten, ob die Demo, zu der Musiker wie Pete Seeger, Harry Belafonte und Patti Smith aufgerufen haben, überhaupt stattfinden darf. Die Polizei will nur eine Kundgebung in der Nähe des Uno-Hauptquartiers genehmigen, eine Demonstration sei "aus Gründen der Sicherheit" nicht möglich. Auch in Budapest gibt es noch juristische Auseinandersetzungen um die Route, nachdem die Ordnungshüter der ungarischen Hauptstadt den Vorschlag der Veranstalter ablehnten, "weil er den Verkehr zu stark behindert".

      Inwieweit werden die Demos die Kriegstreiber in Washington und London beeinflussen? "Die Regierung ihrer Majestät", so die britische Labour-Abgeordnete und Kriegsgegnerin Glenda Jackson, "ist leider in den letzten Monaten taub geworden."

      Auch Noam Chomsky, der US-Chefkritiker der Bush-Administration, glaubt zwar nicht unbedingt, dass sich die Kriegsplaner noch von ihrem Feldzug gegen den Irak abringen lassen, doch für ihn ist der globale Massenprotest bereits ein ermutigendes Novum: "In der ganzen Welt und in den USA", so Chomsky, "haben wir ein Ausmaß an Opposition gegen den kommenden Krieg, das in der amerikanischen und europäischen Geschichte einmalig ist." Und dabei habe "der Krieg noch nicht einmal angefangen".
      Avatar
      schrieb am 11.02.03 21:22:52
      Beitrag Nr. 283 ()
      Al-Qaida-Spur zum Irak

      Verwirrung über Powells Bin-Laden-Band

      Colin Powell ist sich sicher: Osama Bin Laden und Saddam Hussein stecken unter einer Decke. Der US-Außenminister will die Mitschrift einer Botschaft Bin Ladens an das irakische Volk in die Hände bekommen haben. Doch beim Sender al-Dschasira, dem das Band angeblich zugespielt wurde, hört sich das Ganze etwas anders an.


      AP

      Terrorfürst Osama Bin Laden


      Washington - Powell sagte heute vor dem Haushaltsausschuss des Senats, er habe eine Niederschrift gelesen "von dem, was Bin Laden, oder jemand, den wir für Bin Laden halten, im Laufe des Tages auf al-Dschasira sagen wird." Darin spreche Bin Laden "erneut zu dem irakischen Volk und über ihren Kampf und wie er eine Partnerschaft mit Irak unterhält."

      Die Äußerungen Bin Ladens zeigten, warum die Welt besorgt sein müsse angesichts der Verbindungen Iraks zu Terroristen. Bin Laden "spricht zum irakischen Volk und spricht über seinen Kampf und wie er sich als Partner Iraks betrachtet", sagte Powell.

      "Die Verbindung von Terroristen und Staaten, die Massenvernichtungswaffen herstellen, kann nicht länger ignoriert werden", sagte Powell. "Wir haben ein Regime angeführt von Saddam Hussein, der noch immer keine Rechenschaft über all die Massenvernichtungswaffen abgelegt hat, die der Irak in der Vergangenheit hatte und der nach wie vor nach welchen strebt. Und wir haben nichtstaatliche terroristische Akteure wie die al-Qaida unter Osama Bin Laden, die alles dafür täten, um solches Material in die Hände zu bekommen."

      Powell kündigte an, dass der arabische Sender al-Dschasira das Orginalband noch am selben Tag ausstrahlen werde. Vertreter des Senders erklärten aber zunächst, sie besäßen überhaupt keine derartige Aufnahme. Dann hieß es in einem Statement von Chefredakteur Ibrahim Hilala, er habe vor kurzem eine Audioaufzeichnung mit Bin Ladens Stimme erhalten. Die Chefredaktion entscheide, wann das Band gesendet werden solle.

      Während des regulären Programms von al-Dschasira wurde heute ein Schriftband eingeblendet: "Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden fordert alle Muslime auf, sich für die Verteidigung Iraks zu vereinigen, in einer Audio-Botschaft, die al-Dschasira senden wird."

      Powells Enthüllung kam drei Tage vor den nächsten, möglicherweise entscheidenden Bericht der Uno-Waffeninspekteure im Irak vor dem Weltsicherheitsrat. Bereits in der vergangenen Woche hatte der US-Minister demselben Gremium geheimdienstliche Informationen über irakische Verstöße vorgelegt und dabei auch ausführlich auf Verbindungen zwischen dem Irak und der al-Qaida verwiesen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, äußerte sich auf Journalistenfragen nicht dazu, auf welche Weise die von Powell beschriebene Abschrift in US-Hände gekommen sei. Auch Powell selbst machte dazu keinerlei Angaben.

      Auch CIA will neue Erkenntnisse haben

      Bin Ladens Terror-Netzwerk al-Qaida operiert derweil nach Einschätzung des US-Geheimdienstes CIA am Golf. "Wir sehen beunruhigende Zeichen, dass al-Qaida sowohl in Iran als auch in Irak Strukturen errichtet hat", sagte CIA-Direktor George Tenet heute vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats. Damit bekräftigte er die Vorwürfe, die Powell in der vergangenen Woche im Uno-Sicherheitsrat erhoben hatte. Beweise legte er nicht vor. Sowohl der Irak als auch Iran haben erklärt, keine Beziehungen zu al-Qaida zu haben.

      Von der Organisation gehe nach wie vor große Gefahr aus, sagte Tenet. Zahlreiche Geheimdienstquellen deuteten auf geplante Anschläge in den USA sowie auf der arabischen Halbinsel in den kommenden Tagen zum Ende der muslimischen Pilgerzeit hin, sagte Tenet weiter. Die Quellen verfügten über enge Verbindungen zu al-Qaida. Dabei handle es sich um sehr konkrete Informationen, betonte Tenet. Sie deuteten auf Anschläge mit biologischen, chemischen oder radioaktiven Kampfstoffen hin.

      Die Hinweise seien der Auslöser dafür gewesen, dass die USA die nationale Alarmbereitschaft vor einigen Tagen auf die zweithöchste von fünf Stufen hochgesetzt hatte. Die USA machen die Gruppe für die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington verantwortlich. Die USA seien zudem besorgt darüber, dass Mitglieder der Organisation noch immer Unterschlupf in entlegenen Gebieten Afghanistans und Pakistans fänden, sagte Tenet. Eine von den USA angeführte Koalition hatte 2001 die Taliban-Regierung in Afghanistan gestürzt, nachdem diese sich geweigert hatten, Mitglieder der al-Qaida auszuliefern.
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      schrieb am 11.02.03 21:33:57
      Beitrag Nr. 284 ()
      Dienstag, 11. Februar 2003
      Bin Ladens Irak-Botschaft
      "Sympathien für den Kampf"

      Der von den USA gesuchte Islamistenführer Osama bin Laden hat die Moslems in aller Welt aufgerufen, das irakische Volk zu verteidigen, so der arabische TV-Sender El Dschasira am Dienstagabend. Er sendete ein entsprechendes Tonband mit bin Ladens Botschaft. Darin warf der den USA vor, sie wollten den Irak besetzen. Das eigentliche Ziel eines Angriffs auf Bagdad sei es, "den Traum der Zionisten von einem Groß-Israel zu verwirklichen". Arabische Beobachter äußerten Zweifel an der Echtheit des Tonbandes, da die Stimme des El-Kaida-Anführers besser verständlich sei als gewöhnlich.

      Die Existenz des Bandes war von US-Außenminister Colin Powell enthüllt worden. Er sagte am Dienstag in Washington vor einem Senatsausschuss, er habe die Äußerungen, die mutmaßlich von Bin Laden stammten, gelesen. Sie zeigten, warum die Welt besorgt sein müsse angesichts der Verbindungen Iraks zu Terroristen.

      Bin Laden "spricht zum irakischen Volk und spricht über seinen Kampf und wie er sich als Partner Iraks betrachtet", sagte Powell. "Diese Verknüpfung von Terroristen und Staaten, die Massenvernichtungswaffen entwickeln, kann nicht länger ignoriert werden."

      Der Direktor des amerikanischen Geheimdienstes CIA, George Tenet, erklärte vor dem Geheimdienstausschuss des Senats, er wisse von einer neuen Erklärung Bin Ladens. Deren Inhalt kenne er jedoch nicht. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, erklärte, Powell habe seinen Kenntnisstand korrekt zusammengefasst. Der Außenminister "hätte nicht gesagt, was er sagte, wenn er dafür keine Basis hätte". Wie genau der Minister von dem Inhalt der Erklärung Bin Ladens erfahren haben will, konnte Fleischer nicht sagen.

      US-Aufklärer über Irak

      Der Irak hat zugesagt, eine weitere wichtige Forderung der UN-Waffeninspektoren zu erfüllen: Die Regierung in Bagdad habe den Einsatz von amerikanischen Aufklärungsflugzeugen des Typs U-2 im ganzen Land genehmigt, sagte der irakische UN-Botschafter Mohammed el Duri in New York. Ferner habe sein Land zugesichert, in Kürze ein Gesetz zur Ächtung von Massenvernichtungswaffen zu verabschieden.

      Die USA erklärten, dieser Schritt Bagdads sei nicht von wesentlicher Bedeutung. "Der Kern der Sache, für den sich der Präsident interessiert, ist die Entwaffnung, und dies verändert den Kern der Sache nicht", kommentierte ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush die irakische Ankündigung.

      Saddam: "Was sollen wir tun?"

      Iraks Staatspräsident Saddam Hussein sagte in einer im staatlichen irakischen Fernsehen verlesenen Erklärung, sein Land habe alle Bedingungen der UN-Waffeninspektoren erfüllt und wisse nicht, was es noch tun könne. "Welche Vorwände müssen wir aus dem Weg räumen, um die USA zu überzeugen, keinen Krieg zu beginnen?", sagte Saddam.

      Die UN-Chefinspekteure Hans Blix und Mohammed El Baradei hatten am Sonntagabend in Bagdad dem Irak den "Beginn einer substanziellen Zusammenarbeit" attestiert. "Ich habe den Beginn dessen gesehen, dass strittige Fragen hier nun ernster genommen werden", sagte Blix vor der Presse nach zweitägigen Gesprächen mit irakischen Offiziellen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3099336.html
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      schrieb am 11.02.03 21:35:22
      Beitrag Nr. 285 ()
      hoffentlich ruft bin Laden nicht auch das deutsche Volk auf, sonst erleben wir wirklich noch einen amerikanischen bombenhagel :D :D
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      schrieb am 11.02.03 23:33:20
      Beitrag Nr. 286 ()
      Powell will jetzt mit aller Gewalt eine Brücke schlagen zwischen al-kaida und dem Irak. Ist der Irak das einzige Land, woher er Massenvernichtungswaffen beziehen kann. Meines Wissen nach ist Nordkorea ein viel größerer Exporteur, und über Iran und Pakistan ist es sicherlich auch einfacher was zu besorgen. also wissen wir, dass diese Karte bei zukünftigen Konflikten wieder gezogen wird. binLaden ist das beste, was der US-Regierung passieren konnte, um ihre schon lange vor dem 11.9. expansive Politik zu rechtfertigen, daher wird man bin Laden nie fangen, warum auch, wenn die Leute 911 hören, kann man mit ihnen alles machen
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      schrieb am 12.02.03 08:34:57
      Beitrag Nr. 287 ()
      Transatlantische Krise

      Powell droht mit Bruch der Nato

      Colin Powell schlägt gegenüber Europa immer schärfere Töne an: Der US-Außenminister warnte vor dem Ende der Nato, sollten Deutschland, Frankreich und Belgien ihren Widerstand gegen die von den USA geforderten Planungen zur Militärhilfe für die Türkei nicht aufgeben.


      AP

      Colin Powell: Scharfe Töne in Richtung Europa


      Washington - "Die Allianz bricht auseinander, wenn sie ihrer Verantwortung nicht gerecht wird", sagte Powell vor dem Haushaltsausschuss des US-Senats. Der Außenminister berichtete den Abgeordneten von intensiven diplomatischen Bemühungen der USA, um Deutschland, Frankreich und Belgien zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen.

      Die drei Nato-Staaten lehnen es bisher ab, zum jetzigen Zeitpunkt bereits konkrete Schritte für eine Unterstützung der Türkei im Kriegsfall zu unternehmen. Er hoffe, die Nato werde "in den nächsten 24 Stunden das Richtige tun", sagte Powell am Dienstag in Washington.

      Der Senator Ernest Hollings mahnte den Außenminister, im Umgang mit anderen Staaten in der Irak-Krise "ein bisschen besonnener" vorzugehen. Hollings brachte damit eine im US-Kongress verbreitete Skepsis zur Irak-Politik der Regierung zum Ausdruck. Powell entgegnete, es sei jetzt an der Zeit, "ein für allemal mit diesem Regime umzugehen". Dabei wies er auf die jüngste Tonbanderklärung des al-Qaida-Anführers Osama Bin Laden hin, die am Dienstag vom arabischen Fernsehsender al-Dschasira ausgestrahlt wurde und in der die Iraker zur Verteidigung gegen die USA aufgerufen werden.

      Der Koordinator der EU-Außenpolitik, Javier Solana, äußerte sich optimistisch, dass die Nato-Krise bereits am Montag auf dem Sondergipfel der EU in Brüssel beendet werden. Er sei zuversichtlich, dass das Problem gelöst werde, da es mehr eine Frage des Zeitpunktes als des Inhalts sei, sagte Solana, der früher Generalsekretär der Nato war.
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      schrieb am 12.02.03 13:18:27
      !
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      Avatar
      schrieb am 12.02.03 13:21:42
      Beitrag Nr. 289 ()
      Ein kurzer Rückblick in die US-Kriegspolitik seit 1945

      belegt die These des bekannten amerikanischen Sprachwissenschafters und Friedensaktivisten Noam Chomsky, der die USA als den „Schurkenstaat Nr. 1“ bezeichnet.


      Vietnamesische Kinder fliehen
      nach einem US-Napalmbombenabwurf
      (8. Juni 1972).

      Ein Blick in die Vergangenheit der USA könnte ein Blick in die Zukunft der EU sein. Der Vorsitzende des EU-Militärausschusses General Gustav Hägglund: „Man hat gesagt, die USA werden den Krieg führen und die EU wird für den Frieden zuständig sein, indem sie zivile und humanitäre Aufgaben ausführt. Das war so und bezieht sich auf die Vergangenheit, aber das stimmt für die Zukunft nicht“ (EU-Observer, 22.1.2002). Denn, so der Mr. Militärpolitik der EU, Javier Solana: „Wir werden eine Supermacht“ (Die Welt, 21.10.2002).

      Es folgt eine Chronologie der US-Kriegspolitik seit 1945, zusammengestellt von Johann Schögler, Andreas Fabisch und Athanasis Boulgaropoulos von der Steirischen Friedensplattform.

      1945/49, CHINA: Im chinesischen Bürgerkrieg greifen die USA auf der Seite Chiang Kaisheks gegen die Kommunisten ein.

      1945/53, PHILIPPINEN: Niederschlagung der philippinischen Widerstandskämpfer, die gegen die japanischen Invasoren kämpften. Die USA machen den Diktator Ferdinand Marcos zum starken Mann.

      1946/49, GRIECHENLAND: Zusammen mit britischen Truppen sorgen US-Einheiten im „griechischen Bürgerkrieg“ für die Niederlage der antifaschistischen Widerstandsbewegung, die im Kampf gegen die deutsche Besatzung die Hauptlast getragen hatte.

      1950, PUERTO RICO: US-Kommandotruppen schlagen eine Rebellion für die nationale Unabhängigkeit nieder.

      1950/53, KOREA: Intervention im Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südkorea auf der Seite des Südens. Der Sprengstoffeinsatz der USA entspricht fast der Hälfte aller von den USA im Zweiten Weltkrieg verwendeten Bomben und Munition. 500.000 Südkoreaner und zwei Millionen Nordkoreaner kommen ums Leben.

      1953, IRAN: Die gewählte Regierung Mossadegh beschließt die Verstaatlichung der Anglo-Iranian Oil Company. Daraufhin putscht das von der CIA ausgebildete und kontrollierte Offizierscorps. Die zuvor englischen Ölfirmen werden von einem US-Konsortium übernommen. Die USA holen den Schah ins Land zurück und liquidieren die iranische Demokratie.

      1954, GUATEMALA: Die CIA organisiert den Putsch gegen die rechtmäßige Regierung Arbenz in Guatemala, die im Rahmen der Bodenreform die US-Firma United Fruit Company verstaatlichen will. 140.000 Indios werden umgebracht oder verschwinden spurlos.

      1956, ÄGYPTEN: Der Präsident von Ägypten Nasser entwickelt sich zu einem der Führer der blockfreien Länder. Die US-Regierung ziehen ihre Anleihe für den Assuan-Staudamm zurück. Nasser kündigt die Verstaatlichung des Suezkanals an. England, Frankreich und Israel greifen Ägypten in einer konzertierten Militäraktion an. Im Gefolge der „Suez-Krise“ übernehmen die USA die Rolle der Nummer eins im Nahen Osten.

      1958, LIBANON: 14.000 US-Marines besetzen das Land. Die vom pro-amerikanischen Staatspräsidenten Chamoun eingeleiteten Wahlmanöver und Gesetze sollen die Opposition gleichsam ausschalten. Daraus resultierende Aufstände werden mit einer Invasion von 14.000 US-Soldaten beantwortet.

      1961, KUBA: In Guatemala trainiert die CIA eine exil-kubanische Söldnerarmee, die im April 1961 die Invasion in der Schweinebucht im Osten Kubas unternimmt, um die sozialrevolutionäre Regierung Castros zu stürzen. Als die Invasion scheitert, gehen die USA zu einer scharfen Blockadepolitik über.

      1961, KONGO/ZAIRE: CIA-Söldner ermorden den ersten nachkolonialen Präsidenten Lumumba, der eine Position im Interesse seines Landes bezogen hatte. Die Söldnertruppen übernehmen nach und nach die Macht; 1965 wird Mobutu Präsident von Gnaden der USA, der während der nächsten Jahrzehnte ein Schreckensregiment errichtet.

      1962, LAOS: Die CIA baut in Laos eine geheime Armee auf, die auch in Vietnam eingreift. Das ist gegen das Genfer Abkommen, das die Anwesenheit ausländischer Truppen in Laos verbietet.

      1963, IRAK: Nachdem der Irak den Bagdadpakt verlassen hatte und der Vorsitzende des Revolutionsrates General Kassem den Einfluss ausländischer Ölkonzerne durch eine nationale Ölgesellschaft brechen wollte, wurde er durch einen CIA-inspirierten Putsch gestürzt.

      1963-75, VIETNAM: US-Intervention mit 1.600.000 US-Soldaten. Die Sprengkraft der amerikanischen Bomben und Raketen übertrifft die des Zweiten Weltkrieges um das dreifache. Drei Millionen Menschen kommen ums Leben, eine halbe Million werden verkrüppelt und 900.000 Kinder bleiben als Waisen zurück.

      1963-1990, SÜDAFRIKA: Mit ihren Aufklärungssystemen unterstützt die CIA die Jagd auf Gegner des Apartheidsystems. Die Festnahme von Nelson Mandela wird von der CIA organisiert.

      1964, BRASILIEN: Der 1961 gewählte Präsident Joao Goulart setzt soziale Reformen in Gang, erlässt Höchstgrenzen für den Abfluss von Profiten ins Ausland und verstaatlicht eine Tochter des US-Konzernes ITT. Die CIA organisiert einen Putsch und verhilft einer Militärjunta zur Macht.

      1965, DOMINIKANISCHE REPUBLIK: Der demokratisch gewählte Präsident Juan Bosch wird wegen seiner Sozialreformen vom Militär weggeputscht. Als eine wachsende Volksbewegung seine Rückkehr fordert, schicken die USA Militärs auf die Insel und schlagen den Aufstand nieder.

      1965, INDOCHINA: Suharto, ein bedingungsloser Gefolgsmann Washingtons, putscht mit Unterstützung der CIA gegen die Regierung Sukarno, die eine blockunabhängige Außenpolitik verfolgt. Bei seiner Machtergreifung werden 250.000 Kommunisten umgebracht.

      1966, PANAMA: Amerikanische Soldaten schießen auf friedliche Demonstranten, die die Rückgabe des Panamakanals fordern.

      1967, GRIECHENLAND: Wenige Wochen vor den Wahlen inszeniert die CIA den „Obristenputsch“ gegen die demokratische Regierung Griechenlands. Beginn einer siebenjährigen Diktatur. Mehrere tausend demokratische Bürger, Studenten und Offiziere wurden verhaftet und gefoltert.

      1967, BOLIVIEN: Die CIA unterstützt den Kampf der bolivianischen Armee gegen die aufständische Guerilla und dirigiert die Festnahme und Ermordung von Che Guevara.

      1972, HONDURAS: Nach direkten Interventionen der USA und Militärputschen 1972, 1975 und 1978 oktroyieren die USA im Jahr 1980 eine verfassungsgebende Versammlung, zu deren Wahl Christdemokraten, Sozialisten und Kommunisten nicht zugelassen sind.

      1973, CHILE: 1973 putscht General Pinochet auf Betreiben der USA und mit Unterstützung der CIA gegen die chilenische Linksregierung unter Salvador Allende. Präsident Allende wird ermordet, tausende Aktivisten werden von den Todeskommandos gejagt und umgebracht. Der damalige US-Außenminister Kissinger: „Ich sehe nicht ein, dass wir zulassen sollten, dass ein Land marxistisch wird, nur weil die Bevölkerung unzurechnungsfähig ist“.

      1974, ZYPERN: Die griechische Junta organisiert mit Hilfe der USA einen Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Erzbischof Makarios. Der Präsident kann dem Attentat entkommen, aber die Türkei überfällt Zypern. Als die Demokraten in Athen die Obristenjunta verjagen, unterstützt US-Außenminister Kissinger die Türkei, es kommt zur Teilung Zyperns. Tausende werden getötet, 200.000 Menschen verlieren ihre Heimat.

      1975, OSTTIMOR: Die USA weigern sich, die von der Befreiungsbewegung Fretilin ausgerufene Republik (früher eine Kolonie Portugals) anzuerkennen und unterstützen die Invasion des Landes durch das indonesische Suharto-Regime. In den anschließenden Massakern werden 200.000 Timoresen getötet.

      1976, ARGENTINIEN: Unter Anleitung der CIA findet ein Militärputsch gegen die zivile Regierung statt. Todesschwadronen im Auftrag des Videla-Regimes terrorisieren das Land. Tausende werden ermordet oder verschwinden für immer.

      1976/1982, ANGOLA: Die USA unterstützen mit Waffen und Spezialkommandos die vom rassistischen Südafrika ausgerüsteten Rebellen gegen die Regierung der nationalen Befreiung. Das Land versinkt in einem selbstzerstörerischen Bürgerkrieg.

      1980-1988, IRAN/IRAK: Nach dem Sturz des US-Verbündeten Shah Reza Pahlewi im Iran, rüsten die USA den Irak mit modernsten Waffen zum Angriff auf den Iran. Im 8-jährigen Krieg unterstützen die USA den Irak mit Aufklärungsmaterial von Satelliten und Flugzeugen. Gleichzeitig beliefern die USA auch den Iran mit Waffen mit dem Ziel, dass sich die beiden Länder gegenseitig ausbluten. Eine Million Menschen kommen in diesem Krieg ums Leben.

      1980-1990, AFGHANISTAN: 1979 marschieren Sowjettruppen in Afghanistan ein und stürzen die afghanische Regierung. Die CIA heuert aus allen arabischen Ländern Aktivisten des islamischen Fundamentalismus an, um sie als „Heilige Krieger“ gegen die Sowjets einzusetzen. Zu den von den USA ausgebildeten Terroristen gehört auch Bin Laden, dessen „Al-Qaida“ unter der Ägide der CIA entsteht.

      1981/1985, NICARAGUA: Aus dem Waffengeschäft mit dem Iran finanziert die US-Regierung den Aufbau und Unterhalt einer Söldnertruppe in Nicaragua, die sich vor allem aus Soldaten und Offizieren der Armee des früheren Diktators Somoza zusammensetzt. Die CIA beteiligt sich an der Verminung nicaraguanischer Häfen.

      1981/1992, EL SALVADOR: Der CIA-Agent Roberto d´Aubuisson gründet die ARENA, deren Todesschwadronen tausende Regimegegner umbringen, darunter den Erzbischof Oscar Romero. Auch nach dem Friedensschluss 1992 setzt die ARENA ihre Mordaktionen fort.

      1982, FALKLANDS/MALVINAS: Die USA unterstützen Großbritannien im Feldzug zur Wiedererlangung der Inseln vor Argentinien mit Satellitenaufklärung und anderen technologischen Einrichtungen. 750 argentinische und 250 britische Soldaten kommen bei der Aktion ums Leben.

      1982/1984, LIBANON: Unter Einsatz von Kriegsschiffen und -flugzeugen sowie ihrer Marines an Land vertreiben die US-Truppen die PLO und installieren die Phalangisten als dominierende Macht.

      1983, GRENADA: Die USA überfallen das kleine mittelamerikanische Land, liquidieren die marxistische Regierung und setzen ein ihnen genehmes Regime ein. Über 400 Grenadier und 84 Kubaner, vor allem Bauarbeiter, werden umgebracht.

      1984/1986, LIBYEN: Angriffe der US-Luftwaffe fordern mindestens 40 zivile Opfer.

      1986, HAITI: Nachdem der US-Vasall „Baby Doc“ Duvalier wegen seiner Eskapaden nicht mehr zu halten ist, installieren die USA eine Militärjunta.

      1989/90, PANAMA: Bombardement von Panama City. 27.000 US-Soldaten übernehmen die Kontrolle und verhaften die Regierung Noriega. Über 2.000 Menschen sterben. Angeblich geht es um die Verhaftung Noriegas, dem Drogenhandel vorgeworfen wird. Ein Verbrechen, das Noriega jahrelang mit Wissen und zum großen Teil im Auftrag der CIA begangen hat.

      1991, HAITI: Die CIA veranlasst einen Militärputsch gegen den ersten demokratisch gewählten Präsidenten, Jean-Bertrand Aristide. Die neue Militärjunta stürzt das Land in eine dreijährige Periode schlimmster Menschenrechtsverletzungen.

      1991, IRAK: Nach dem Überfall des Irak auf Kuwait bombardieren die USA mit einigen Verbündeten den Irak und besetzen weite Teile des Landes. Bei den Angriffen kommen schätzungsweise 320.000 Menschen ums Leben. Die Zerstörung der Infrastruktur, weitere Bombardierungen und das bis heute andauernde UN-Embargo haben zum Tod von möglicherweise bis zu einer Million Menschen geführt.

      1992/1994, SOMALIA: US-See- und Luftstreikkräfte stellen sich im Rahmen einer UN-Mission auf die Seite der ihnen genehmen Fraktion im Bürgerkrieg. Der Einsatz endet in einem Fiasko.

      1993/1995, BOSNIEN: Im Rahmen von NATO-Aktionen bombardieren Kampfflugzeuge serbische Stellungen.

      1995, KROATIEN: US-Kampfflugzeuge bombardieren, zwecks Vorbereitung einer kroatischen Offensive, serbische Flugplätze.

      1998, AFGHANISTAN: Angriff mit Cruise Missiles auf frühere CIA-Ausbildungslager, wo Einheiten von Bin Laden vermutet werden. Die USA machen Bin Laden für Anschläge auf US-Botschaften verantwortlich.

      1998, SUDAN: Raketenangriff auf eine pharmazeutische Fabrik, die angeblich Nervengas für Terroristen herstellt. Die Hälfte der pharmazeutischen Vorräte wird durch den Angriff vernichtet. Die USA erklären später, dass es sich um einen Irrtum gehandelt habe.

      1999, JUGOSLAWIEN: Völkerrechtswidriger Angriff der NATO auf die BR Jugoslawien. Einsatz von Uranmunition und Splitterbomben. Bis zu 4.000 Menschen werden getötet, bis zu 8.000 verletzt, durch die Bombardierung von Chemiefabriken Erdgasanlagen und Erdölraffinerien werden weite Gebiete verseucht.

      2001/2002, AFGHANISTAN: Im Zuge der Operation „Enduring Freedom“ werden zumindest 5.000 Zivilisten getötet. Schätzungen von Friedensforschern vermuten sogar einige zehntausend Tote. In Afghanistan wird eine dem Westen genehme Regierung unter der Führung der „Nordallianz“ eingerichtet, die punkto Grausamkeit den Taliban keineswegs nachsteht, aber umgehend den Bau einer Erdölpipeline genehmigt.
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      schrieb am 12.02.03 14:07:27
      Beitrag Nr. 290 ()
      [Bests & Worsts]

      The American Paradox

      The country with the most patents, Nobel laureates, and millionaires is also the country with the highest levels of poverty, homicide, and infant mortality among modern democracies. A case for revising our social contract

      by Ted Halstead

      .....


      othing illustrates America`s profound contradictions more starkly than a comparison with other advanced democracies: among these the United States is either the very best or the very worst performer on a wide range of social and economic criteria. We are simultaneously the leader and the laggard among our peers—almost always exceptional, almost never in the middle.

      Further reading
      selected by Ted Halstead Without question we are the richest, most powerful, and most creative nation on the planet. Our economic and military might stems from our embrace of a particularly high-octane brand of capitalism, supported by financial markets that are deeper and broader than any others, labor markets that are more flexible, and a culture of entrepreneurialism that is unparalleled. These attributes have turned America into the world`s unrivaled engine of innovation and wealth creation. We boast more patent applications than the entire European Union; almost three times as many Nobel laureates as Britain, our closest competitor; and more business start-ups per capita than almost every other advanced democracy. One in twelve Americans will start his or her own business, evincing another outstanding American trait—our great tolerance for risk. And our export of movies, television shows, music, and fast-food chains makes us, for better or worse, the dominant cultural force on the globe.

      But like the Roman god Janus, America has two faces. Despite being the richest nation on the planet, we suffer from higher rates of poverty, infant mortality, homicide, and HIV infection, and from greater economic inequality, than other advanced democracies. We have far more uninsured citizens, and a lower life expectancy. On a per capita basis the United States emits considerably more greenhouse gases and produces more solid waste. We spend more per student on K-12 education than almost all other modern democracies, yet our students perform near the bottom on international tests. We have the highest rates of teen pregnancy and among the highest proportions of single parents, and American parents have the least amount of free time to spend with their children; indeed, the average American works nine weeks more each year than the average European. Our performance on many social indicators is so poor, in fact, that an outsider looking at these numbers alone might conclude that we were a developing nation.


      The Two Faces of America

      This list of "bests" and "worsts" is based on a variety of sources—including statistics from the United Nations, the Organization for Economic Cooperation and Development, and a number of other groups and experts—but the basic criteria are consistent. Among advanced democracies, America had to rank in the top three for a category to be listed under "bests" and in the bottom three for a category to be listed under "worsts." (Where applicable, all rankings were determined on a rate basis or as a percentage of population.)

      Bests / Worsts
      Gross domestic product / Poverty
      Productivity / Economic inequality
      Business start-ups / Carbon-dioxide emissions
      Long-term unemployment / Life expectancy
      Expenditure on education / Infant mortality
      University graduates / Homicide
      R&D expenditure / Health-care coverage
      High-tech exports / HIV infection
      Movies exported / Teen pregnancy
      Breadth of stock ownership / Personal savings
      Volunteerism / Voter participation
      Charitable giving / Obesity



      How do we reconcile these two faces of America? To a remarkable degree the United States seems to have exchanged social cohesion and a broad-based middle class for economic dynamism and personal freedom. Have we abandoned what used to be referred to as the common good?

      ome believe that our bifurcated national condition represents a necessary and acceptable tradeoff; others believe it is a Faustian bargain. Even those who would tolerate a considerable amount of social fragmentation as the price of prosperity, however, must concede that this bargain is yielding ever diminishing returns. Our economic growth over the past decade has been weaker than it was in the 1950s and 1960s. Yet our levels of economic inequality and social breakdown have clearly worsened. In short, we are producing fewer of the goods and more of the bads, suggesting that our nation is increasingly out of balance. What is more, the very idea of a necessary tradeoff between our social and our economic well-being is un-American. It runs against the idealistic foundation on which our republic was built.

      To improve the nation`s social health and economic vitality at one and the same time will require a new social contract for America. Our current social contract is now as antiquated as it was once innovative. Its primary author, Franklin Delano Roosevelt, would be the first to tell us so. "New conditions impose new requirements upon government and those who conduct government," Roosevelt said in 1932. "Faith in America, faith in our tradition of personal responsibility, faith in our institutions, faith in ourselves, demand that we recognize the new terms of the old social contract."

      America has so far experimented with three social contracts, each of which reflected the political forces of its time. The purpose of the first, in the eighteenth century, was to found a nation. The goal of the second was to put it back together after the Civil War. The third—first articulated in FDR`s New Deal and later expanded in Lyndon B. Johnson`s Great Society—sought to build a mass middle-class society by relying on ambitious government programs and new economic regulation.

      It is now time for a fourth American social contract. To fit the post-industrial age it must be able to reconcile the competing demands of flexibility and fairness. In a time characterized by constant job mobility, a proliferation of consumer choices, just-in-time production, and—perhaps most of all—increased uncertainty, individuals, firms, and governments all need unprecedented flexibility. Fairness, meanwhile, springs from the commitments to meritocracy and shared prosperity that have inspired our nation since its inception. A social contract that simultaneously enhances both flexibility and fairness will require new roles and responsibilities for all three parties to the contract: government, business, and the citizenry.

      In the public sector our political leaders must stop imposing false choices on the American people. All too often our twoparty system frames issues as if flexibility and fairness were mutually exclusive. Republicans are fond of advocating for school choice and Social Security privatization, on the grounds that these would confer more choices and flexibility on all citizens. Democrats, meanwhile, typically oppose such proposals, on the grounds that they would undermine fairness and the economic security of ordinary citizens. As these pages suggest, however, there are elegant ways to square these circles: for instance, by pairing school choice with a national equalization of school funding.

      Our elected officials must dare to think big once more. Major advances in our nation`s well-being have usually resulted not from tinkering at the margins of existing institutions but, rather, from bold new programs—the Homestead Act, Social Security and Medicare, rural electrification, the race to space, the GI Bill. A modern equivalent of such big ideas would be to endow every American child with a $6,000 asset stake at birth, thus inaugurating a new era of more-equal opportunity.

      The private sector is no less in need of reform. In the 1980s we began revising our social contract in at least one respect—through a wave of corporate deregulation. This experiment rested on the implicit promise that in exchange for less government regulation, companies would not only create more wealth but also act responsibly, often through self-regulation. But as the dramatic stock-market decline and the corporate scandals of the past eighteen months illustrate, this promise has been broken on both counts.

      Not surprisingly, public trust in corporations is low. There are two ways out of this predicament: one is corporate re-regulation; the other is a more sincere effort by business to put its own house in order. The latter would render much of the former unnecessary, but at a minimum we need better accounting standards, stronger defenses against conflicts of interest and insider dealing, and greater restraint in executive compensation.

      As part of this movement toward greater corporate accountability, it is also time to relieve employers of some of the administrative responsibilities with which society has burdened them. Now that the median job tenure is down to five years, it no longer makes sense to rely on employers to provide basic benefits such as health care and pensions. Our antiquated system of tying benefits to full-time jobs not only adds to the stress of losing one`s job but also deprives parents of the flexibility they need to balance their work and family responsibilities. One way or another, we need to jettison this paternalistic model and replace it with universal citizen-based benefits that are fully portable from job to job.

      Any new social contract ultimately hinges on a new conception of citizenship. Yet our collective expectations of one another have atrophied in recent years, to the point where even voting—the most basic act of citizenship—is done by only a minority of Americans. Ironically, this emaciation of the notion of citizenship is occurring at a time when ordinary Americans are becoming ever more sophisticated; the majority of Americans now have credit cards, own homes, and have money invested in financial markets. Surely our increasingly sophisticated citizens should be able to handle more civic responsibilities, not fewer. If every American is to be empowered with the right to choose his or her own health insurer, is it too much to ask that each citizen pay a manageable share of the cost? If better incentives are put in place to help all Americans save for their retirement, is it too much to ask that they actually do so?

      Finally, as the definitive stakeholders in the social order, citizens must reclaim their collective power over both the body politic and the marketplace. The only way to free both major parties from the minoritarian groups that now wag the dog—whether teachers` unions or moral fundamentalists—is for Americans to re-enter the political process en masse. Similarly, if the increasing number of American stockholders began asserting their rights, corporate America would become more accountable. Like an unused muscle, collective power need only be exercised to regain its inherent strength.

      ow likely is it that a new social contract, pairing flexibility with fairness, will emerge? Cynics will be quick to downplay the prospects of large-scale reform, so accustomed are we to incrementalism and tinkering. But what the cynics fail to appreciate is that something very powerful may be brewing—a near perfect political storm.

      American history reveals that periods of fundamental reform are typically triggered by one or more of the following: a major war; a large-scale shift from one industrial era to another; extreme levels of economic inequality; a dramatic change in the composition of the political parties. On the rare occasions when these forces coincide, they fundamentally transform society. That is what happened when Reconstruction coincided with the dawn of the first industrial revolution; it is also what happened when the Roaring Twenties and the Great Depression coincided with the beginning of the second industrial revolution. All the requisite ingredients for change are now coming together again, at the onset of the post-industrial age. If patterns hold, our nation`s next major reinvention cannot be far away.
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      schrieb am 12.02.03 15:16:44
      Beitrag Nr. 291 ()
      Irak-Konflikt

      US-Bundesstaat verabschiedet Anti-Kriegs-Resolution

      US-Präsident George W. Bush bekommt Widerstand aus den eigenen Reihen: Das Parlament des Bundesstaates Maine wandte sich in einer Resolution gegen einen Krieg im Irak. Nach Hawaii ist Maine der zweite US-Staat, der aus der Kriegsfront ausschert.

      Augusta - Das Abgeordnetenhaus in der Hauptstadt Augusta verabschiedete am Dienstagabend eine Resolution, in der Präsident George W. Bush zur Entwaffnung des Irak ohne Militärintervention und mit Hilfe der Vereinten Nationen aufgefordert wird.

      Nach einer langen und heftigen Debatte stimmten 77 Abgeordnete für die Resolution, 66 dagegen. Darin heißt es, Bush solle keine Uno-Resolution anstreben, die die Sicherheit von Amerikanern beeinträchtige. Das Ergebnis wurde an den Senat weitergeleitet.

      Nach Ansicht der Resolutionsgegner ist ein einzelner US-Staat nicht für nationale Angelegenheiten zuständig. "Egal, wie ihr den stinkenden Fisch behandelt, ich werde nicht zustimmen", sagte Thomas Murphey Jr. von den Republikanern vor der Abstimmung. Der Demokrat Tom Watson sagte dagegen: "Wie chirurgisch der Krieg auch geführt wird: Krieg ist immer ein blutiges, brutales Geschäft, das um jeden Preis verhindert werden muss."

      Vor einer Woche hatte das Parlament von Hawaii eine Resolution verabschiedet, in der ein mögliches unilaterales Vorgehen der USA gegen den Irak und Nordkorea verurteilt wurde.
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      schrieb am 12.02.03 17:39:35
      Beitrag Nr. 292 ()
      SCHARFE KRITIK AUS DEN USA

      "Ohne uns wäre Deutschland eine Sowjetrepublik"

      Bislang glänzte vor allem Donald Rumsfeld mit scharfen Bemerkungen gegen Deutschland und Frankreich. Jetzt wollte ein ranghoher Demokrat im US-Kongress seinen Verteidigungsminister offenbar noch übertreffen. Andere Abgeordnete denken angeblich schon über Sanktionen nach.


      AP

      Tom Lantos


      Washington - Er sei "besonders angewidert von der blinden Unnachgiebigkeit und äußersten Undankbarkeit", den diese drei Länder bei ihrem Veto gegen die Nato-Planungen zum Schutz der Türkei bei einem Irak-Krieg an den Tag gelegt hätten, erklärte Tom Lantos, der ranghöchste demokratische Vertreter im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses.
      "Hätte es die heldenhaften Anstrengungen des amerikanischen Militärs nicht gegeben, wären Frankreich, Deutschland und Belgien heute sozialistische Sowjetrepubliken", fügte Lantos hinzu. "Das Versagen dieser drei Staaten, ihre Verpflichtungen anzuerkennen, ist jenseits aller Verachtung." Der Ausschuss wollte heute zu einer Beratung der Irak-Krise zusammentreten, an der auch US-Außenminister Colin Powell teilnehmen sollte.

      Einige Mitglieder des Kongresses erwägen indes Strafmaßnahmen gegen die "Irak-Rebellen" Frankreich und Deutschland. Wie die "Washington Post" berichtete, ist der Zorn über den Widerstand der beiden Länder gegen den amerikanischen Irak-Kurs so groß, dass der republikanische Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, Dennis Hastert, ein Gesetz über Einfuhrbeschränkungen für Wein und Mineralwasser aus Frankreich anstrebt. Was Deutschland betrifft, ist dem Blatt zufolge die Unterstützung im Abgeordnetenhaus für eine US-Truppenreduzierung deutlich gestiegen.

      Hastert habe seinen Kollegen auf einer jüngsten Konferenz vorgeschlagen, Frankreich dort zu treffen, wo es besonders spürbar sei, heißt es in dem Blatt: bei Wein und Wasser. Frankreich ist der Spitzenexporteur von Mineralwasser in die USA.

      Hastert will neben Einfuhrbeschränkungen auch prüfen lassen, ob künftig Weinflaschen aus Frankreich mit orangefarbenen Warnzeichen versehen werden, wenn das Getränk mit Hilfe von Rinderblut "geklärt" wurde - ein Prozess, der seit der Verbreitung der Seuche Rinderwahnsinn verboten ist. Nach Angaben von US-Weinexperten haben vor dem Verbot allerdings nur wenige französische Hersteller Rinderblut verwendet.

      Zu Deutschland heißt es in dem Blatt, Befürworter einer Verringerung der gut 71.000 auf deutschem Boden stationierten US- Soldaten hätten deutlich Aufwind erhalten. Für eine Reduzierung hatte sich kürzlich auch der neue Nato-Oberbefehlshaber und US-General James Jones eingesetzt, allerdings nicht als Strafe, sondern mit der Begründung, dass künftig kleinere und flexiblere Einheiten gefragt seien. Die Pläne seien schon lange vor dem Irak-Konflikt entworfen worden, fänden aber jetzt wachsende Unterstützung, heißt es.

      "Alles, was wir tun können, um ihnen (Deutschen und Franzosen) wehzutun, ohne dass es uns wehtut, werde ich unterstützen", zitierte die Zeitung den republikanischen Abgeordneten Peter King.
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      schrieb am 12.02.03 17:41:50
      Beitrag Nr. 293 ()
      also das versteht man unter Demokratie. wenn jemand anders eine andere Meinung hat, muss er bestraft werden. Die Hüter der Freiheit und Demokratie :laugh: :laugh:
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      schrieb am 12.02.03 17:42:13
      Beitrag Nr. 294 ()
      eben - wir deutschen haben gelernt, daß im Krieg die Zivilisten die Verlierer sind.
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      schrieb am 12.02.03 18:28:02
      Beitrag Nr. 295 ()
      Irak-Krise

      Biblischer Reichtum

      Von Lutz C. Kleveman

      Öl-Milliarden für US-Konzerne oder Gotteswahn - was treibt die Amerikaner in den Irak? Die Wahrheit ist: Die Machtpolitiker in Washington wollen die Vorherrschaft der radikalislamischen Saudis und der Opec brechen.


      AP

      Bald könnte der Irak bis zu sieben Millionen Barrel Rohöl pro Tag fördern.


      Hamburg - Das Angenehme an den Amtsträgern, die US-Präsident George W. Bush um sich geschart hat, ist ihre Vorliebe für klare Worte. Larry Lindsey, Ex-Wirtschaftsberater des obersten Amerikaners, drückte das Kriegsziel im vergangenen September so aus: "Wenn es einen Wechsel des Regimes im Irak gibt, kann man das globale Angebot an Rohöl um drei bis fünf Millionen Barrel erhöhen - ein erfolgreicher Krieg wäre also gut für die Wirtschaft."

      Blut für Öl - der Fall scheint klar zu liegen, und die Verbindungen der Bush-Minister zu den Ölkonzernen des Landes machen das Argument noch schlagender. Die Kriegsplaner in Washington wollen den schwarzen Stoff, um ihre Wähler zu beglücken und ihre Freunde zu bereichern. So weit die gern bemühte Theorie.

      Doch viele der Verfechter einer zu simplen "Blut-für-Öl"-Erklärung bellen bislang an den falschen Bäumen hoch: So nah die Bush-Regierung der amerikanischen Ölindustrie bekanntermaßen steht - sie würde kaum einen derart aufwändigen Krieg führen, nur um einigen befreundeten Ölbaronen zu guten Geschäften zu verhelfen. Wichtiger sind den Entscheidern in Washington - wie auch in Moskau oder Peking - strategische Überlegungen. Die Bush-Regierung will den Irak zu einem Verbündeten in der Region und Öl-Großversorger für die US-Wirtschaft machen - als Alternative zu Saudi-Arabien.

      Tatsächlich haben die irakischen Ölfelder biblische Ausmaße. Investitionen von etwa 20 Milliarden Dollar würden genügen, um die Ölproduktion des Landes schon in wenigen Jahren von jetzt zwei Millionen auf bis zu sieben Millionen Barrel pro Tag zu steigern - etwa ein Zehntel des weltweiten Verbrauchs. Das satte Angebot würde den Ölpreis kräftig drücken, der nunmehr dauerhaft billige Rohstoff würde die lahmenden westlichen Volkswirtschaften wieder anfeuern.

      Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit im Januar 2001 entwarf die Bush-Regierung eine neue nationale Energiepolitik für die USA, wo vier Prozent der Erdbevölkerung mehr als ein Viertel der weltweiten Energie verbrauchen. Anlass waren damals massive Engpässe in der Stromversorgung, die über Monate Hunderttausende Bürger Kaliforniens immer wieder ohne Licht und Wärme ließen. Vize-Präsident Richard Cheney, selbst jahrelang mächtiger Chef des Ölzulieferer-Konzerns Halliburton, traf sich daraufhin mehrfach hinter verschlossenen Türen mit amerikanischen Energie-Magnaten. Ihre Namen sowie die Protokolle der Gespräche hält die US-Regierung bis heute geheim, was sonst nur in Fragen der nationalen Sicherheit üblich ist. Offenbar wollen Cheney und Bush verbergen, was sie mit den "Big Oil"-Wirtschaftsbossen vereinbart haben.

      Globale Öl-Allianzen

      Im Mai 2001 legte Cheney dann einen wegweisenden Kommissions-Bericht vor mit dem Titel: "Wie ist der Erdölbedarf der USA in den nächsten 25 Jahren zu sichern?" Die Autoren des Berichts empfahlen, dass "der Präsident Energiesicherheit zu einer Priorität in unserer Handels- und Außenpolitik" mache.


      DPA


      Gefährlicher Reichtum
      Der Irak besitzt mit 112 Milliarden Barrel Rohöl die zweitgrößten Vorkommen der Welt. Mehr liegt nur in Saudi-Arabien mit 262 Milliarden Fass, etwa einem Viertel der globalen Reserven. Derzeit exportiert der Irak, Mitglied des Opec-Kartells, im Rahmen des "Food for oil"-Programms der Uno legal etwa zwei Millionen Barrel am Tag. Dringend notwendige technische Nachrüstungen der Förderanlagen durch ausländische Investoren verhindern die Uno-Sanktionen. Würden sie nach einem Sturz Saddams aufgehoben, könnten sich transnationale Energiekonzerne an die Ausbeutung der Quellen machen. An Interessenten mangelt es nicht: Das leichte, schwefelarme Öl gilt als das beste der Erde. Zudem liegt es in geringer Tiefe und ist verhältnismäßig billig zu fördern.



      Um Ölquellen für den verschwenderischen American way of life zu sichern, plädiert der Cheney-Report für ein globales Engagement der USA an wichtigen Rohstoff-Lagerstätten wie dem Kaspischen Meer, Russland und Westafrika. Das Hauptaugenmerk aber fällt auf die Golfregion: "Die Ölproduzenten des Mittleren Ostens bleiben entscheidend für die Ölversorgung der Welt." Schon heute müssen die USA etwa die Hälfte ihres Brennstoffbedarfs importieren. Da die eigene Rohölproduktion deutlich sinkt, werden die Einfuhren in zwei Jahrzehnten zwei Drittel betragen. Der Mittlere Osten ist dafür nach Kanada und Mexiko die derzeit drittgrößte Bezugsquelle der Amerikaner.

      Die politischen Folgen sind brisant: Seit der Ölkrise von 1973 benutzt das arabisch dominierte Opec-Kartell das Öl als Faustpfand und Druckmittel gegenüber dem Westen. Um ihre Abhängigkeit von den Scheichs zu mindern, verfolgen die USA seit Jahren das Ziel, ihre Ölversorgung zu "diversifizieren". Dabei geht es darum, außerhalb der Opec liegende Ölressourcen wie die des Kaspischen Meers zu erschließen und zu kontrollieren.

      Das Problem ist, dass viele Vorräte wie die der Nordsee inzwischen zur Neige gehen. Gleichzeitig lassen die Boomländer China und Indien den Weltölverbrauch nach Schätzungen der International Energy Agency von jetzt 73 Millionen Barrel pro Tag auf 90 Millionen im Jahr 2020 ansteigen. So baut die Opec ihre Marktführerschaft zwangsläufig weiter aus - und damit ihre politische Macht.




      AP

      US-Vizepräsident Dick Cheney will weltweit Ölquellen kontrollieren und so den Energiebedarf der USA sichern.


      Besonders der Einfluss Saudi-Arabiens wird wachsen, denn das Land ist bislang als einziges in der Lage, als ein so genannter "Swing supplier" zu handeln und so den Ölpreis zu diktieren. Um weltweit Produktionsausfälle wie etwa wegen der derzeitigen politischen Krise in Venezuela auszugleichen, können die Saudis binnen dreier Monate ihre Fördermenge von acht auf 10,5 Millionen Barrel pro Tag hochfahren - oder es aber sein lassen und den Preis hochtreiben.

      Vielen in Washington behagt die saudische Macht nicht. Spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001, als fast alle der Todespiloten Saudis waren, erweist sich der Wüstenstaat zunehmend als peinlicher, vielleicht gar gefährlicher Verbündeter. Das Risiko wächst, dass radikalislamische Gruppen das korrupte Saud-Königshaus stürzen und dann den Ölhahn für "Ungläubige" im Westen zudrehen.

      Aber auch ohne eine anti-westliche Revolution wie im Iran 1979 - als über Nacht 5,6 Millionen Barrel ausfielen - ist das saudische Petroleum schon heute sozusagen ideologisch vergiftet: In einer Art Ablasshandel finanziert das Regime in Riad nämlich die radikalsunnitische Sekte der Wahhabiten, die etwa die afghanischen Taliban unterstützt haben weltweit zu Terror gegen die USA aufrufen.

      Sie sind eine Gefahr besonders für die Tausenden amerikanischen Soldaten, die seit dem ersten US-Feldzug gegen Hussein vor zwölf Jahren dauerhaft nahe den saudischen Ölquellen stationiert sind. Die militärische Präsenz auf dem für Muslime heiligen Boden, die die US-Steuerzahler jährlich etwa 50 Milliarden Dollar kostet, motiviert die Qaida von Terrorchef Osama Bin Laden maßgeblich zum fanatischen Kampf gegen die USA.

      Solange die USA noch saudisches Öl und Unterstützung für den Irak-Feldzug brauchen, beteuert man in Washington offiziell sein Interesse an guten Beziehungen zum Königreich. Allerdings wächst die Zahl einflussreicher Politiker, die laut darüber nachdenken, den Kampf gegen den Terror gegen Riad auszuweiten und saudische Ölfelder zu besetzen.

      Macht der Opec brechen

      Mittelfristig sucht die US-Regierung einen neuen Verbündeten und Haupt-Öllieferanten im Mittleren Osten, und da kommt der Irak ins Spiel. Sein Anteil von zwölf Prozent an den Weltölreserven macht das Land zur einzigen Alternative als "Swing supplier". Eine von amerikanischen Streitkräften installierte Regierung in Bagdad müsste ohnehin versuchen, das abgewirtschaftete und womöglich von einem Krieg zerstörte Land mit Hilfe maximaler Petro-Einkünfte wieder aufzubauen. Auch die militärische Statthalterverwaltung durch US-Generäle, die das Pentagon für die Zeit nach einem Krieg vorsieht, will sich Washington nach Aussage von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld mit irakischem Öl bezahlen lassen.

      Nicht unwahrscheinlich ist, dass der Irak unter einer neuen pro-amerikanischen Regierung gar aus der Opec austritt, um ausländische Investoren von ärgerlichen Förderlimits zu befreien. Der Block der Nicht-Mitglieder - zu dem auch Russland und die kaspischen Anrainerstaaten gehören - würde ausreichend Rohöl produzieren, so dass die Opec ihre Hochpreis-Absprachen nicht mehr durchsetzen könnte. Die Macht des Kartells und damit Saudi-Arabiens würde gebrochen, und das Öl könnte ungebremst und billig wie nie zuvor in den Westen fließen.

      Ein von US-Militärs eingesetztes neues Regime in Bagdad würde Bohrrechte zweifelsohne bevorzugt an US-Firmen vergeben. Achmed Chalabi, der Führer der dubiosen irakischen Exil-Opposition, hat sich bereits mehrfach mit Managern von ExxonMobil and ChevronTexaco getroffen: "Amerikanische Unternehmen werden einen fetten Anteil am irakischen Öl bekommen", verhieß Chalabi danach. Allerdings ist es eher wahrscheinlich, dass die Ölfelder von internationalen Konsortien mehrerer Konzerne ausgebeutet werden. Diese Praxis, bei der Firmen ihre Investitionen streuen und so Risiken minimieren, setzt sich in der Branche weltweit zunehmend durch.

      Auch ist es keineswegs sicher, dass eine auf Rückhalt im eigenen Volk bedachte Nachkriegsregierung in Bagdad die seit langem verstaatlichte Ölindustrie privatisieren würde. Aus ihrer Sicht könnte es sinnvoller erscheinen, die Ölerträge nicht mit Investoren teilen zu müssen, sondern schlicht westliche Technologie einzukaufen und selbst einzusetzen. So spielt der Wettstreit zwischen den Ölkonzernen der USA und ihren Widersachern in der Irak-Krise nur eine eher unbedeutende Rolle. Wichtiger ist den Polit-Strategen im großen Spiel um Öl und die Macht im Orient, dass das "schwarze Gold" ungehindert fließt.
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      schrieb am 12.02.03 20:26:35
      Beitrag Nr. 296 ()
      Mediale Schlammschlacht

      "Glatzköpfige Jeanne d`Arc in Frauenkleidern"

      Von Alexander Schwabe

      Bislang stritten sich die USA und Frankreich auf politischer Ebene. Doch inzwischen haben sich die amerikanische Medien mit teils unflätigen Ausfällen auf die "Grande Nation" eingeschossen. Hauptziel: Staatspräsident Jacques Chirac, der mit einer Ratte verglichen und als Pygmäe verunglimpft wird.


      AP

      Objekt amerikanischer Spötter: Jacques Chirac


      Hamburg - Aus der Sicht vieler Amerikaner legt Chirac dem US-Präsidenten George W. Bush einen Stolperstein nach dem anderen in den Weg: Erst seine Skepsis über die amerikanische Irak-Politik, dann der Widerspruch im Uno-Sicherheitsrat, nun auch noch ein Nein im Nato-Rat, die Türkei mit militärischem Gerät zu beliefern. Jetzt muss sich der gallische Hahn hämisches Gegacker aus den Staaten anhören.

      Bisher hat sich die transatlantische Verstimmung zwischen den USA, Frankreich und Deutschland recht ausgeglichen in der Presse gespiegelt. Während die französische Presse, namentlich die linke "Libération", die Mitglieder der US-Regierung als missionarische Eiferer, die eine ungehobelte Realpolitik betrieben, beschimpfte, pfefferte man von amerikanischer Seite zurück, bei Frankreich und Deutschland handele es sich um eine "Achse der Drückeberger", um einen "Chor von Feiglingen".

      Nun jedoch scheint die mediale Schlammschlacht jenseits des Atlantik zu eskalieren. Öffentliche Meinungsbildner in den USA - bei Medienmogul Rupert Murdoch in Lohn und Brot - wollen es dem Volk an Seine, Loire und Rhone und seinem Staatspräsidenten heimzahlen. Jacques Chirac wird in den amerikanischen Medien mit Hohn und Spott überzogen.

      Christopher Hitchens, Kolumnist beim Unterhaltungsmagazin "Vanity Fair", ging bei einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" in die Vollen. Er führt zunächst einige große Franzosen an, Victor Hugo, Emile Zola oder Jean Moulin, ohne deren Nennung die Geschichte der menschlichen Emanzipation unvollständig wäre. "Französische Ideen und französische Helden haben den Freiheitskampf durch die ganze Neuzeit beseelt", konstatiert Hitchens.


      DPA

      Chirac und Bush: "Waschlappen" und "Eiferer"


      Was Chirac derzeit biete, könne jedoch kaum in diesen Zusammenhang gestellt werden. Am Ende seines Artikels lobt der Autor den einstigen Präsidenten Charles de Gaulle, der "une certaine idée de la France" verkörpert habe, weil ihm "ein Gespür für Geschichte" eigen gewesen sei. Und nicht nur das, sondern auch eine Idee von Freiheit. De Gaulle, so Hitchens, hätte dem tschechischen Ex-Präsidenten Vaclav Havel zugestimmt, als dieser ganz offen vom Recht des irakischen Volkes auf Freiheit gesprochen hat.

      Mit "feiner Verachtung" dagegen würde de Gaulle die Politik seines Nachfolgers als Staatspräsident strafen. So weit, so höflich. Dann jedoch zieht Hitchens, derzeit Gastdozent an der University of California in Berkeley, vom Leder: Er nennt Chirac einen "Pygmäen-Nachfolger" de Gaulles. Er nennt ihn eitel und korrupt. Ein Mann, der versucht sei, die Rolle einer "glatzköpfigen Jeanne d`Arc in Frauenkleidern" (O-Ton: "A balding Joan of Arc in drag") zu spielen. Am Ende vergleicht er Chirac mit einer Ratte, die zu röhren versuche.

      Das Stichwort "Pygmäen" griff die in London erscheinende "Daily Mail" gleich auf - doch nicht, um eine Retourkutsche über den großen Teich zu schicken, sondern um ebenfalls die Politik Chiracs und Schröders zu kommentieren. Diese hätten nicht das Recht, "die Nato zu zerstören und Washington ins Gesicht zu spucken. So verhalten sich eher politische Pygmäen als Staatsmänner".

      Es überrascht nicht, dass amerikanische Boulevardblätter dem intellektuellen Beitrag Hitchens im "Wall Street Journal" nicht nachstehen. Am Montag veröffentlichte das Revolverblatt "New York Post" ein Foto, auf dem Gräber von amerikanischen Soldaten zu sehen sind, die in der Normandie gefallen sind. Das Bild ist überschrieben: "Sie starben für Frankreich, doch Frankreich hat dies vergessen."


      "New York Post": "Berge voller Aufopferung"


      Die Macher des Murdoch-Blatts titelten: "Wie können die Franzosen es wagen, zu vergessen - Feiglinge sollten sich diese Grabmale anschauen". Die Trauer um die Toten des Zweiten Weltkriegs wird instrumentalisiert für die Legitimation eines Irak-Krieges. Der "Post"-Reporter berichtet wie er zwischen den Gräbern umhergeht, die an die rund 10.000 toten Amerikaner erinnern, die während der Invasion an der nordfranzösischen Küste gefallen sind. Die Grabsteine sind nur einen Meter hoch, beschreibt der Journalist, doch sie stünden auf "Bergen voller Aufopferung".

      "Die Luft ist frostig, doch ich fühle eine ungewöhnliche, glühende Wut in mir - ich möchte Frankreich einen kollektiven Tritt in den Hintern geben", lässt der "Post"-Reporter seinem Zorn freien Lauf. "Diese Jungs starben, um Frankreich vor einem Tyrannen namens Adolf Hitler zu retten. Und nun, da noch mehr amerikanische Jungs dabei sind, zu kämpfen und zu sterben, um die Welt vor einem gleichermaßen abscheulichen Tyrannen, Saddam Hussein, zu retten, wo sind da die Franzosen?"

      Die Antwort folgt umgehend: "Sie verstecken sich. Sie kneifen. Die Waschlappen sollen hochleben!"

      Noch halten sich die Franzosen im medialen Sperrfeuer zurück. Chiracs Attacke gegen "oil hooligans" jüngst war keinesfalls auf führende Köpfe der US-Regierung gemünzt: Dieser verbale Angriff richtete sich gegen skrupellose Geschäftsmänner, die er für die Umweltkatastrophe nach dem Zerbersten des Öltankers "Prestige" verantwortlich machte.
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      schrieb am 12.02.03 22:43:00
      Beitrag Nr. 297 ()
      Mittwoch, 12. Februar 2003
      Powells Irak-Drohung
      "Moment der Wahrheit naht!"

      Nach den Worten von US-Außenminister Colin Powell rückt im Irak-Konflikt der Zeitpunkt näher, an dem über Krieg oder Frieden entschieden wird.

      "Wir stehen vor dem Moment der Wahrheit, an dem klar wird, ob wir diese Angelegenheit friedlich oder militärisch lösen", sagte Powell am Mittwoch vor Abgeordneten in Washington. US-Präsident George W. Bush hoffe weiter auf eine friedliche Lösung.

      Die USA werfen Irak vor, Massenvernichtungswaffen vor den UNO-Inspektoren zu verstecken und damit gegen die Abrüstungsauflagen zu verstoßen. Sie drohen dem Land mit Krieg, während sich unter anderem Deutschland, Frankreich, Russland und China für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen.

      Fischer gen New York

      Bundesaußenminister Joschka Fischer fliegt am Donnerstag nach New York, um die Sitzung des Weltsicherheitsrates am Freitag zu leiten. Das teilte das Auswärtige Amt am Mittwochabend auf Anfrage der mit. Die Sitzung findet auf der Ebene der Außenminister statt. Erwarter wird der zweite Bericht der UN-Waffenkontrolleure Hans Blix und Mohamed El Baradei.

      Großbritannien rüstet sich

      Unterdessen bereitet Großbritannien den Entwurf für eine Resolution vor, die ein militärisches Vorgehen gegen Irak autorisiert. Darauf hatten sich Washington und London geeinigt. Beide Länder hatten damit gedroht, Irak notfalls auch im Alleingang anzugreifen. Der Entwurf wird möglicherweise am Freitag in den Sicherheitsrat eingebracht.

      Blix` Worte

      Blix hob am Dienstag bei seiner Rückkehr aus Bagdad an den UN-Hauptsitz in New York hervor, dass es nach wie vor an irakischer Kooperation mangele. Es gebe einige Anzeichen für Fortschritt, aber weiterhin "keine dramatische Veränderung" in Bagdads Haltung. Aus seiner Sicht ist die von Frankreich vorgeschlagene Verdoppelung der bisher 119 Waffenkontrolleure "nützlich, aber nicht entscheidend".

      Details des Friedensplans

      Frankreich hatte zuvor das gemeinsam mit Deutschland und Russland erarbeitete Positionspapier mit Vorschlägen zur friedlichen Lösung des Irak-Konflikts den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats zugeleitet. Das vierseitige informelle Schreiben setzt vor allem auf eine Verschärfung der Kontrollen. So soll

      - die Zahl der Inspektoren von derzeit 119 verdoppelt, mittelfristig sogar verdreifacht werden

      - eine einmal untersuchte Anlage gesperrt, bzw. von UN-Mitarbeitern bewacht werden

      - ein System mobiler Kontrollstationen für Importe in den Irak eingerichtet werden

      - die Zahl der Aufklärungsflüge deutlich erhöht werden

      - in New York eine neue Geheimdienstbehörde aufgebaut werden, bei der alle Informationen über den irakischen Abrüstungsprozess zusammenlaufen

      - eine Liste erstellt werden, die alle ausstehenden Abrüstungsmaßnahmen nennt und einen Zeitrahmen für die Waffenvernichtung vorgibt und

      - ein UN-Koordinator für den Irak eingesetzt werden, der im ständigen Kontakt mit der irakischen Führung, den Waffeninspektoren und dem Sicherheitsrat steht

      Ob das französische Papier am Freitag als formeller Resolutionsentwurf in den Sicherheitsrat eingebracht wird, ist noch unklar. Diplomaten sagten, die Vorschläge könnten zunächst als Ausgangspunkt dienen, um im Rat Verbündete gegen einen Militärschlag zu gewinnen.

      "Wir sind gegen Krieg - derzeit"

      Der Irak wird in der Stellungnahme aufgerufen, seiner Verantwortung vollständig nachzukommen und aktiv mit den Inspektoren zusammen zu arbeiten. Momentan rechtfertige nichts einen Krieg, unterstrich der französische Staatspräsident Jaques Chirac. Ihm lägen keine unwiderlegbaren Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak vor. "Wir sind gegen den Krieg. Das ist derzeit mein Standpunkt", erklärte auch der russische Ministerpräsident Wladimir Putin.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3100025.html
      Avatar
      schrieb am 13.02.03 10:22:51
      Beitrag Nr. 298 ()
      Irak-Krise

      Putin droht USA mit Veto

      Nach EU und Nato droht nun auch dem Weltsicherheitsrat die Spaltung in der Irak-Frage: Russland hat erstmals angedroht, die von den USA angestrebte Kriegsresolution mit seinem Veto zu blockieren. Neue Raketenfunde im Irak geben dagegen Washington neue Argumentationshilfe, US-Emissäre bemühen sich fieberhaft um einen Exil-Platz für Saddam Hussein.


      AP

      Wladimir Putin: Auf Gegenkurs zu Washington


      Washington/Madrid/Bordeaux - Russland habe schon mehrfach von seinem Veto-Recht im Uno-Sicherheitsrat Gebrauch machen müssen, sagte Präsident Wladimir Putin, "und wenn es sein muss, wird es das wieder tun", sagte der Präsident am Mittwoch in Bordeaux.

      Spanien stellte sich unterdessen in der Irak-Frage eng an die Seite der USA: Ministerpräsident José María Aznar sicherte US-Präsident George W. Bush zu, eine Kriegsresolution im Uno-Sicherheitsrat zu unterstützen. Aznar sagte in Madrid, er habe Bush telefonisch mitgeteilt, gemeinsam für eine solche Resolution arbeiten zu wollen. Stunden zuvor war ein Treffen Aznars mit Bundeskanzler Gerhard Schröder ohne Einigung in der Irak-Frage zu Ende gegangen.

      Nach Angaben der USA laufen derzeit Gespräche über die Formulierung einer neuen Irak-Entschließung des Sicherheitsrates. Jede neue Resolution müsse den Bedingungen der jüngsten Resolution vom November Geltung verschaffen, sagte US-Präsidialamtssprecher Ari Fleischer. Die USA und Großbritannien wollen eine Resolution, die militärische Gewalt ermächtigt, sollte der Irak die Abrüstungsauflagen verletzen.


      REUTERS

      Colin Powell und George W. Bush: Auf der Suche nach Exil-Land für Saddam Hussein


      In Washington erklärte US-Außenminister Colin Powell vor US-Abgeordneten, es werde untersucht, unter welchen Bedingungen ein Asyl für den irakischen Präsidenten Saddam Hussein ermöglicht werden könne. Obwohl die Regierung in Washington Saddam wiederholt den Gang ins Exil nahe gelegt hat, waren diese Äußerungen Powells das bislang klarste Zeichen dafür, dass die US-Regierung diese Möglichkeit aktiv betreibt. "Ein Weg, um viel Leid zu verhindern ist, dass das Regime abtritt - Saddam Hussein und seine Kohorten", sagte Powell.

      In eine Asyl-Lösung für Saddam müsste auch die Uno einbezogen werden. Präsident Bush hoffe nach wie vor auf eine friedliche Lösung, sagte Powell. "Wir stehen vor dem Moment der Wahrheit, an dem klar wird, ob wir diese Angelegenheit friedlich oder militärisch lösen."

      Uno-Waffenexperten erklärten, der Irak verfüge über Raketen, die die von der Uno zugelassene Reichweite übertreffen, wie am Mittwoch aus Diplomatenkreisen verlautete. Die "Al-Samut-2"-Rakete liege im verbotenen Bereich, ihre Triebwerke müssten wahrscheinlich zerstört werden, verlautete aus Kreisen des Sicherheitsrates. Iraks Uno-Botschafter Mohammed al-Duri bestritt dies.

      Bundeskanzler Gerhard Schröder will am heutigen Donnerstag um 9 Uhr in einer Regierungserklärung das weitere Vorgehen seiner Regierung in der Irak-Politik erläutern. In der Rede dürfte Schröder auch erklären, wie sich Deutschland in der für Freitag geplanten Sitzung des Uno-Sicherheitsrats verhalten wird, von der unter deutschem Vorsitz eine Weichenstellung in der Frage eines Krieges erwartet wird.
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      schrieb am 13.02.03 22:12:33
      Beitrag Nr. 299 ()
      Neue britische Panne

      Saddams angebliche Vergewaltiger

      Das Regime von Saddam Hussein beschäftigt berufsmäßige Vergewaltiger. Das behauptet ein Dossier der britischen Regierung über den Irak. Doch offenbar ist den Geheimdienstlern in ihrem Eifer, Saddam schwere Menschenrechtsverletzungen nachzuweisen, erneut ein peinlicher Irrtum unterlaufen.

      Hamburg - Vor wenigen Tagen hatte Downing Street 10 zugeben müssen, dass große Teile eines Anti-Irak-Dossiers von einer alten Studentenarbeit abgeschrieben worden seien - samt den Fehlern des Studenten.

      Jetzt also die neue Schlappe: Im Dezember veröffentlichte das britische Außenministerium ein Dossier über Menschenrechtsverletzungen im Irak. Darin fand sich, so berichtet die "Financial Times", der Vorwurf, das Regime von Saddam Hussein beschäftige professionelle Vergewaltiger. Als "Beweis" wird die angebliche Personalkarte eines Aziz Salih Ahmed gezeigt. Sein Tätigkeitsfeld: Die Verletzung der Ehre von Frauen.

      Völliger Unsinn, behaupten dagegen laut "FT" Experten verschiedener Menschenrechtsgruppen, darunter die renommierte US-Organisation Human Rights Watch. Natürlich verstoße das irakische Regime in großem Ausmaß gegen die Menschenrechte, das angeführte Beispiel sei jedoch auf einen fundamentalen Recherchefehler zurückzuführen. Die vermeintliche Personalkarte, die inmitten von 18 Tonnen im Nordirak beschlagnahmten Staatsdokumenten gefunden wurde, sei in Wirklichkeit ein Vermerk, dass Aziz der Vergewaltigung beschuldigt werde. Es sei "vollkommen klar", dass Aziz nicht als "professioneller Vergewaltiger" beschäftigt wurde, sondern dass er von den Behörden "verbotener Aktivitäten verdächtigt wurde. Das war eine falsche Übersetzung", zitiert die Zeitung einen Mitarbeiter von "Human Rights Watch".

      Auch Ruth Jüttner, bei "Amnesty International" zuständig für den Mittleren Osten, zeigt sich gegenüber SPIEGEL ONLINE skeptisch. Man habe zwar von Folteropfern Berichte über Vergewaltigungen in irakischen Gefängnissen erhalten, wisse aber nichts von professionellen Vergewaltigern.

      Das Dossier fußt auf eine Studie der amerikanischen Harvard University, die im Rahmen eines von einem irakischen Oppositionellen geleiteten Projekts entstand.

      Besonders brisant: Dieselbe Karte wurde kurz darauf auch vom US-Außenministerium als Indiz gegen den Irak benutzt. Das britische Außenministerium beharrt nach wie vor darauf, die Informationen in dem Dossier seien korrekt.
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      schrieb am 14.02.03 17:26:50
      Beitrag Nr. 300 ()
      Sicherheitsrat

      Uno-Experten fordern mehr Zeit

      Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix hat vor dem Sicherheitsrat berichtet, dass die Experten der Vereinten Nationen im Irak noch keine Massenvernichtungswaffen gefunden haben. Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin stellte klar, es gebe keine Nachgiebigkeit gegenüber Saddam Hussein.


      AP

      Chef-Inspektor: Hans Blix


      New York - "Wir kennen nicht jede Höhle und nicht jede Ecke", sagte Blix. Es gelte aber weiterhin, dass Bagdad die Arbeit der Inspektoren unterstütze. Es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass den Irakern die Orte der Inspektionen vorher bekannt gewesen seien. Noch habe man keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Die Inspekteure hätten lediglich eine kleine Anzahl leerer Gefechtsköpfe für Chemiewaffen gefunden, die eigentlich hätten zerstört werden müssen, sagte Blix weiter.

      Der Irak müsse auch über den Status von Milzbranderregern, dem Nervengas VX und weit reichenden Raketen berichten. Darüber habe Bagdad noch keine Rechenschaft abgelegt.

      Geheimdienste hätten möglicherweise andere Informationen über die Existenz solcher Waffen. Diesen Diensten lägen möglicherweise Beweise vor, über die jedoch die Inspekteure nicht verfügten. Blix sagte, er könne weder völlig ausschließen noch belegen, dass rund 1000 Tonnen chemische Stoffe existierten. Blix kündigte den Beginn von Kontrollflügen über dem Irak an. Damit könne besser die Möglichkeit überprüft werden, ob es im Lande mobile Waffenlabors gebe. Von solchen Labors hatte US- Außenminister Colin Powell unter Berufung auf amerikanische Geheimdienstinformationen gesprochen.

      Irakische Raketen vom Typ Al Samoud 2 hätten die von den Vereinten Nationen erlaubte Reichweite von 150 Kilometer überschritten, berichtete Blix weiter. Blix bedauerte, dass Irak seit den drei Gesprächen am 8. und 9. Februar keinen weiteren Befragungen mit Wissenschaftlern ohne staatliche Aufsicht zugestimmt habe. Er habe Zweifel an Berichten des amerikanischen Geheimdienstes, wonach der Irak in Vorbereitung auf die Waffeninspektionen Stätten leer geräumt haben soll. Für eine absolute Sicherheit über das Waffenpotenzial Iraks müsse die Arbeit der Inspektoren fortgesetzt werden, forderte Blix.

      Al-Baradei mit Kooperation zufrieden

      Nach Blix äußerte sich auch Mohammed al-Baradei, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie- Organisation (IAEO) zufrieden über den ungehinderten Zugang der Kontrolleure zu irakischen Einrichtungen geäußert. Insgesamt habe es 177 Inspektionen an 125 Orten gegeben, berichtete al-Baradei. Es habe vier "private" Vernehmungen von Wissenschaftlern ohne Anwesenheit von irakischen Vertretern gegeben, die allerdings auf Tonband aufgenommen worden seien. Er kündigte an, die Zahl der Inspektoren solle erhöhte werden. Um ihre Mission abzuschließen, seien die Rüstungsinspektoren nicht auf die volle Kooperation Iraks angewiesen. Das jüngste irakische Dekret zum Verbot von Massenvernichtungswaffen sei ein "Schritt in die richtige Richtung".

      Al-Baradei hatte Bagdad vor der Sitzung nochmals mit Nachdruck aufgefordert, enger mit den Inspektoren zusammenzuarbeiten. "Meiner Meinung nach hat der Irak noch eine Chance, sich zu entlasten, aber die Zeit wird knapp", sagte al-Baradei auf dem Flug nach New York.

      Die USA hofften, wie Powell kurz vor der Sitzung sagte, dass der Blix-Bericht Frankreichs und Deutschlands Einstellung zur Kooperation der Iraker gemäß Resolution 1441 ändern wird. Die Frage bestehe nicht länger darin, ob der Irak mit den Waffen-Kontrolleuren kooperiere oder nicht, sagte ein Uno-Diplomat. Der entscheidende Punkt sei, ob die Inspektionen weiterhin Sinn machten oder nutzlos seien. Al-Baradei sprach sich erneut für eine Verlängerung der Inspektionen um einige Monate aus. Das irakische Parlament will am Freitag kurz vor der Sitzung des Sicherheitsrats über einen Gesetzentwurf beraten, der ein Verbot von Massenvernichtungswaffen vorsieht.

      Schon am Samstag Beratungen über eine neue Resolution?

      Britische Diplomaten erklärten, die USA und Großbritannien könnten schon am morgigen Samstag einen Text für eine neue Irak-Resolution vorlegen, die eine Militäraktion billigen würde. Der russische Außenminister Igor Iwanow sagte jedoch, er sehe derzeit keine Notwendigkeit für eine weitere Irak-Resolution und sprach sich erneut für eine friedliche Lösung des Konflikts aus. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte nicht ausgeschlossen, in der Irak-Frage von seinem Veto Gebrauch zu machen, um eine Resolution zu verhindern, die zu militärischer Gewalt autorisiert, wie sie von Großbritannien und den USA angestrebt wird.

      Der Außenkommissar der Europäischen Union (EU), Chris Patten, forderte die USA in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" auf, einen Militärschlag gegen den Irak nur mit Zustimmung der Uno zu wagen. Dann würde es den europäischen Staaten leichter fallen, den Neuaufbau des Landes zu finanzieren. Europa müsse sich nach einem Krieg darauf einstellen, "dass wir sehr lange Zeit im Irak bleiben müssen, um das Land zusammen zu halten", sagte Patten.

      Auch China setzt weiter auf Inspektionen

      Auch China rief dazu auf, mit allen Mitteln zu versuchen, einen Krieg zu vermeiden. Außenminister Tang Jiaxuan sagte nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua bei seiner Ankunft in New York vor chinesischen Reportern, eine politische Lösung sei im Interesse aller Betroffenen. Die jüngste Reise der Chefwaffeninspektoren in den Irak habe "einige positive Ergebnisse gebracht", weil die irakische Seite weitere Kooperation zugesagt habe. Das zeige die "große Bedeutung" der Inspektionen. Der Weltsicherheitsrat solle die Fortsetzung der Inspektionen unterstützen, um die ausstehenden Fragen zu klären.

      Belgiens Ministerpräsident Guy Verhoftstadt stellte klar, ein Irak-Krieg sei nahezu unvermeidlich, falls Bagdad nicht besser mit den Uno-Waffeninspektoren zusammenarbeitet. "Die Chancen, einen Krieg gegen den Irak zu verhindern, sind extrem gering, wenn der Irak nicht das Versteckspiel beendet", sagte Verhofstadt am der Zeitung "De Morgen" nach Gesprächen mit Uno-Generalsekreär Kofi Annan und Waffeninspektor Hans Blix. "Nur wenn die Inspektoren mehr Zeit erhalten und das irakische Regime voll kooperiert, um sicherzustellen, dass alle Massenvernichtungswaffen kurzfristig zerstört oder abgebaut werden, kann ein Krieg noch verhindert werden. Für dieses Szenario sind die Chancen jedoch sehr gering."
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      schrieb am 14.02.03 18:07:38
      Beitrag Nr. 301 ()
      Kriegsvorbereitungen

      USA planen den Enthauptungsschlag

      Die USA planen offenbar den "Enthauptungsschlag": Der Krieg gegen den Irak soll nach Angaben von Pentagon-Mitarbeitern durch einen massiven Schlag schnell entschieden werden.


      AP

      Verladung von Ausrüstung der 101. Luftlande-Division in Fort Campbell: Schneller Enthauptungsschlag


      Washington - Präsident George W. Bush traf sich nach einem Bericht der britischen Zeitung "The Guardian" gestern zu einem Gespräch mit US-Oberbefehlshaber Tommy Franks, um die Angriffspläne zu erörtern.

      Die Strategie unterscheidet sich dem Bericht zufolge deutlich von der des letzten Golfkriegs: Statt mit wochenlangen Bombardements soll der Krieg sofort mit einer Invasion von Bodentruppen beginnen, um schnell entscheidende Stellen im Irak zu zerstören oder zu besetzen - eine Variante, die als "Enthauptungsschlag" bekannt wurde.

      "Man wird der irakischen Führung die Fähigkeit nehmen wollen, mit Massenvernichtungswaffen zu antworten, Dämme zu sprengen, Ölfelder anzuzünden oder Scud-Raketen auf Nachbarländer zu feuern", sagte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums der Zeitung. "Und man wird Saddam sofort in Bagdad und Tikrit festnageln."

      Mittlerweile verfügen die USA in der Golfregion über rund 130.000 Soldaten, fünf Flugzeugträger und 500 Flugzeuge. Doch verschiedene Einheiten, die eine entscheidende Rolle in den Angriffsplänen spielen sollen, wurden gerade erst auf den Weg geschickt. Unter ihnen befinden sich etwa die 101. Luftlandedivision, die dem Bericht zufolge Ölfelder und Staudämme sichern soll.

      Die weltweit größte mobile Luftlande-Einheit wurde erst gestern in Richtung Irak eingeschifft. Marine-Vertreter sagten dem "Guardian", es werde mehrere Tage dauern, das schwere Gerät an Bord der Schiffe zu verfrachten und weitere drei Wochen, ehe es im Irak angekommen sei. "Die 101. Luftlandedivision ist genau das, was man braucht, um Ziele tief im Innern des Irak zu treffen", sagte Pentagon-Berater Daniel Gouré dem Blatt. Allerdings werde die Einheit erst Mitte März einsatzbereit im Irak sein.

      Zu dieser Zeit aber ist Vollmond - was einem Angriff widersprechen würde, da Kriege mit Bodentruppen traditionell eher bei Neumond eröffnet werden. Zudem sind Pentagon-Beamte dem Bericht zufolge der Ansicht, dass die US-Regierung einem vernichtenden Schlag den Vorzug gegenüber einem schleppenden Start in den Krieg geben werde. "Wir haben den stufenweisen Einsatz von Gewalt im Kosovo praktiziert, doch das hat den serbischen Widerstand nur verstärkt", sagte ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums.

      Gouré erklärte, die zögerliche Haltung einiger Golf-Anrainerstaaten habe den Truppenaufmarsch verzögert. Nicht zuletzt deshalb hätte sich die US-Regierung so intensiv um Unterstützung der Uno bemüht.
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      schrieb am 14.02.03 18:35:01
      Beitrag Nr. 302 ()
      Reaktionen

      Powell drängt Uno zur Entscheidung

      In einem leidenschaftlichen Friedensappell hat sich Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin vor dem Sicherheitsrat dafür ausgesprochen, den Waffeninspektoren im Irak mehr Zeit zu geben. Es gebe noch eine Alternative zum Krieg. US-Außenminister Colin Powell dagegen forderte von der Uno eine Entscheidung.

      New York - Villepin stellte klar, es gebe keine Nachgiebigkeit gegenüber Saddam Hussein. Die Berichte von Blix und al-Baradei bewiesen aber den Erfolg der Uno-Experten. Frankreich schließe die Anwendung militärischer Mittel weiter nicht aus. Die Uno-Experten bräuchten aber weitere Zeit. Am 14. März müsse es eine weitere Sitzung des Sicherheitsrats geben, auf der weiter beraten werde.

      Es gebe noch eine Alternative zum Krieg, sagte Villepin. "Und die heißt Entwaffnung durch weitere Inspektionen", sagte er unter dem Beifall der Ratsmitglieder. "Der Einsatz von Gewalt wäre so riskant für die Menschen, die Region und die internationale Stabilität, dass er nur als letzter Ausweg angesehen werden sollte", fügte Villepin hinzu, der viel Applaus bekam.

      Der britische Außenminister Jack Straw sagte dagegen, die Zeit für eine Entwaffnung des Irak sei abgelaufen. Bagdad habe nicht voll und aktiv mit den Inspektoren zusammen gearbeitet. Der Irak habe die Uno-Resolution 1441 nicht erfüllt. Der Verbleib tausender Tonnen Nervengas im Irak sei weiter ungeklärt. Eine friedliche Lösung der Irak-Krise sei aber immer noch möglich. Er forderte das Gremium auf, die Uno-Resolution 1441 mit der Androhung "ernster Konsequenzen" für Bagdad beim Wort zu nehmen. Saddam Hussein habe die "letzte Chance", die ihm gegeben worden sei, nicht ergriffen.

      US-Außenminister Colin Powell sagte, nicht alle Experten im Irak hätten unbeaufsichtigt befragt werden können. Bagdad habe noch immer keine volle Dokumentation aller Waffen vorgelegt. Er kündigte an, Beweise für Terror-Verbindungen Bagdads vorzulegen. Auch sei der Verbleib chemischer und biologischer Waffen unklar. Bagdad spiele Spiele. "Damit darf der Irak nicht durchkommen", sagte Powell. Die Androhung der Gewalt gegen Saddam Hussein müsse aufrecht erhalten werden.

      Syriens Außenminister Faruk al-Shara sagte, er befürchte, dass der drohende Militärschlag gegen den Irak viel böses Blut im Nahen Osten erzeugen werde. Er habe keinen Zweifel daran, dass sich ein Irakkrieg über die Region hinaus auf andere Länder erstrecken würde. Da andererseits die Inspektionen "wichtige Ergebnisse" erbrächten, rate er dringend dazu, den Waffenkontrolleuren mehr Zeit zu geben, sagte der Syrer.

      Der Außenkommissar der Europäischen Union (EU), Chris Patten, forderte die USA in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" auf, einen Militärschlag gegen den Irak nur mit Zustimmung der Uno zu wagen. Dann würde es den europäischen Staaten leichter fallen, den Neuaufbau des Landes zu finanzieren. Europa müsse sich nach einem Krieg darauf einstellen, "dass wir sehr lange Zeit im Irak bleiben müssen, um das Land zusammen zu halten", sagte Patten.

      Auch China setzt weiter auf Inspektionen

      Auch China rief dazu auf, mit allen Mitteln zu versuchen, einen Krieg zu vermeiden. Außenminister Tang Jiaxuan sagte nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua bei seiner Ankunft in New York vor chinesischen Reportern, eine politische Lösung sei im Interesse aller Betroffenen. Die jüngste Reise der Chefwaffeninspektoren in den Irak habe "einige positive Ergebnisse gebracht", weil die irakische Seite weitere Kooperation zugesagt habe. Das zeige die "große Bedeutung" der Inspektionen. Der Weltsicherheitsrat solle die Fortsetzung der Inspektionen unterstützen, um die ausstehenden Fragen zu klären.

      Belgiens Ministerpräsident Guy Verhoftstadt stellte klar, ein Irak-Krieg sei nahezu unvermeidlich, falls Bagdad nicht besser mit den Uno-Waffeninspektoren zusammenarbeitet. "Die Chancen, einen Krieg gegen den Irak zu verhindern, sind extrem gering, wenn der Irak nicht das Versteckspiel beendet", sagte Verhofstadt am der Zeitung "De Morgen" nach Gesprächen mit Uno-Generalsekreär Kofi Annan und Waffeninspektor Hans Blix. "Nur wenn die Inspektoren mehr Zeit erhalten und das irakische Regime voll kooperiert, um sicherzustellen, dass alle Massenvernichtungswaffen kurzfristig zerstört oder abgebaut werden, kann ein Krieg noch verhindert werden. Für dieses Szenario sind die Chancen jedoch sehr gering."
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      schrieb am 14.02.03 20:46:40
      Beitrag Nr. 303 ()
      energie

      Der wichtigste Preis der Welt

      Die Menschheit kommt nicht los von der schwarzen Droge: Dreißig Jahre nach der ersten Ölkrise ist die Wirtschaft abhängiger denn je

      Von Wolfgang Uchatius



      Rene Burri/Magnum/Agentur Focus
      Oben auf der Wiese wachsen Gras und Klee, wie sie auf Wiesen eben wachsen, aber tief unten in der Erde ist alles anders. 1800 Meter unter ostfriesischem Viehfutter lagert in großen Hohlräumen die Nahrung der deutschen Wirtschaft: 400000 Tonnen Öl, hinabgepumpt und überwacht von den Mitarbeitern des Erdölbevorratungsverbandes. Der verwaltet seit 25 Jahren mehrere hundert Tanks und unterirdische Speicher im ganzen Bundesgebiet, gefüllt mit Öl für 90 Tage, gelagert für den Notfall. Den Terrorfall. Den Kriegsfall.

      Für den Fall, dass in Deutschland das Öl knapp wird.Vorkriegszeit ist Albtraumzeit. Der Horror könnte so aussehen: Ein Angriff auf den Irak, und als Antwort jagen Terroristen in Saudi-Arabien die Pipelines in die Luft. Bomben auf Bagdad, und in Rotterdam und Houston explodieren die Raffinerien. Raketen auf Saddams Palast, und in ganz Nahost brennen die Ölquellen.
      Das Schlimme an solchen Schreckensszenarien ist: Sie brauchen gar nicht Wirklichkeit zu werden, um Wirkung zu zeigen.

      Denn Erdöl wird an der Börse gehandelt, und dort bestimmen nicht Fakten den Preis, sondern Erwartungen, Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten. Seit Monaten gehen Ölkonzerne, Benzinhändler und Investmentbanken von einem baldigen, aber kurzen und erfolgreichen Krieg im Irak aus. Schon das hat den Ölpreis auf über 30 Dollar je Barrel (159 Liter) steigen lassen.

      Sollte es tatsächlich zum Krieg kommen, dieser aber nicht so glatt verlaufen wie ein Videospiel, dürfte Öl sehr schnell viel teurer werden. Die HypoVereinsbank rechnet mit 70 Dollar pro Barrel und mehr. Profispekulanten könnten den Preis zusätzlich in die Höhe treiben, sagt Wolfgang Wilke, Rohstoffexperte der Dresdner Bank.

      Dann würde sich zeigen, was drei Jahrzehnte nach der ersten Ölkrise heute gern verdrängt wird: Die Weltwirtschaft ist noch immer eine Ölwirtschaft.

      Was haben sich Professoren, Politiker und Journalisten in den vergangenen Jahren doch für hübsche Wörter einfallen lassen: Wissensgesellschaft. Dienstleistungsgesellschaft. New Economy. Begriffe, die den Eindruck erwecken, das Wohl der modernen Welt hänge an Computern, Call-Centern und klugen Konzernchefs.

      Von wegen.



      März 2000. Amerika feiert seinen Jahrhundertboom, Wirtschaftsforscher sprechen vom Ende des Konjunkturzyklus, da meldet sich der britische Ökonom Andrew Oswald von der Universität Warwick zu Wort. Nicht das Internet habe das ungewöhnlich hohe Wirtschaftswachstum verursacht, behauptet Oswald, sondern der in den Neunzigern ungewöhnlich niedrige Ölpreis. Da der Preis aber schon seit Monaten wieder stark steigt, sagt Oswald für das Frühjahr 2001 eine Rezession voraus; so lange werde es dauern, bis das teure Öl die gesamte Wirtschaft vergiftet habe. Kaum jemand nimmt Notiz davon.

      März 2001. Die US-Wirtschaft rutscht in die Rezession, wenig später beginnt auch in Deutschland die Krise.

      Es war wie eine Reise in die Vergangenheit.

      Auch Mitte der siebziger sowie Anfang der achtziger und neunziger Jahre brach die Weltwirtschaft ein. Jedes Mal war ein bis anderthalb Jahre zuvor der Ölpreis stark gestiegen. Aber damals war das kein Wunder. Damals, so schien es, war Öl viel wichtiger als heute.

      Für jeden Dollar, den die Industrieländer erwirtschaften, verbrauchen sie heute 40 Prozent weniger Öl als Anfang der siebziger Jahre. Die Hypothese von der gestiegenen Bedeutung von Diensten und Daten ist also gar nicht so verkehrt. Rein rechnerisch sind die Unternehmen heute weniger auf Öl angewiesen als früher.

      Trotzdem schreibt die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs in einer aktuellen Studie, es gebe „keinen Grund zu glauben, dass ein Ölpreissprung heute weniger schädlich wäre als in der Vergangenheit“.

      Trotzdem prophezeit der amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz eine Weltwirtschaftskrise wie in den Siebzigern, sollte der Ölpreis infolge eines Krieges im Irak tatsächlich nach oben schnellen.

      Es spricht einiges dafür, dass er Recht hat.

      Erstens haben die großen Raffinerien ihre Ölvorräte in den vergangenen Jahren drastisch reduziert. Sie sparen einerseits Lagerkosten, können andererseits aber einen Preisschock nicht mehr durch gehortetes Billigöl ausgleichen. „Dadurch bekommen Unternehmen und Verbraucher die Preissteigerung schneller zu spüren“, sagt Bernhard Hillebrand, Energieexperte vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

      Zweitens haben zwar viele Industrieländer ihre Heizöfen und Kraftwerke auf andere Energieträger wie Gas, Kohle oder Kernspaltung umgestellt. Aber der Preis dieser Energieträger, vor allem der des Erdgases, orientiert sich wiederum am Ölpreis. Wird Öl teurer, wird Energie allgemein teurer. Und egal, ob Autos oder Software, Druckereimaschinen oder Cheeseburger – „letztlich besteht alles, was der Mensch produziert, aus zwei Dingen: Arbeit und Energie“, so Ökonom Andrew Oswald.

      Drittens hat Öl in einem Wirtschaftsbereich immer noch beinahe ein Monopol: im Transport. Der moderne Mensch arbeitet womöglich nicht mehr in der Industrie, aber in ihre Büros fahren die Programmierer, Designer und Controller jeden Morgen in mit Öl betriebenen Autos. Ihre Computer haben mit Öl betriebene Lastwagen aus dem Nachbarland angeliefert, und die Spielsachen ihrer Kinder kamen auf mit Öl betriebenen Schiffen aus Ostasien. Abends lassen sie sich auf mit Öl betriebenen Motorrollern eine Pizza bringen, und am ersten Urlaubstag steigen sie in ein mit Öl betriebenes Flugzeug. Kurz, fast alles von Menschen Geschaffene, das sich auf dieser Erde mit mehr als 40 Kilometern pro Stunde bewegt, bewegt sich mithilfe von Öl. Da aber Transport und Bewegung in der modernen Wirtschaft eine noch größere Rolle spielen als früher, könnte eine plötzliche Verteuerung von Benzin, Diesel und Kerosin noch schlimmere Auswirkungen haben als vor 20 oder 30 Jahren, schreiben die Ökonomen von Goldman Sachs.

      Die Stein-, Bronze- und Eisenzeit sind vorüber, aber es scheint, die Wissens- und Dienstleistungswelt hat noch nicht so recht begonnen. Der Mensch lebt immer noch im Kohlenwasserstoff-Zeitalter. Der Preis der wichtigsten aller Kohlenwasserstoff-Verbindungen, des Erdöls, bestimmt über den Wohlstand ganzer Länder. Und wer wiederum über den Ölpreis bestimmt, hat mitunter mehr Macht als Konzernchefs, Finanzminister und Notenbankpräsidenten zusammen.

      März 1999. Der Ölpreis liegt knapp über zehn Dollar pro Barrel, so niedrig wie selten, da treffen sich in Wien die Vertreter der elf Mitgliedsländer der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und beschließen, weniger Öl zu fördern. Bis September 2000 steigt der Preis auf 37 Dollar (die Grafik Teures Öl bremst die Wirtschaft zeigt jeweils Jahresdurchschnitte).

      Ungefähr 27 Dollar zu viel. Würde jedes Ölland so viel Öl fördern und verkaufen, wie es kann, kostete ein Barrel Rohöl etwa acht bis zwölf Dollar, schätzt RWI-Experte Hillebrand. Es wäre das Ergebnis des Zusammenspiels von Angebot und Nachfrage.

      Aber der Ölpreis wird nicht vom Markt bestimmt, sondern von Strategie und Absprache – von den Mitgliedern der Opec, vor allem von Saudi-Arabien und den übrigen vier Staaten am Persischen Golf. Indem sie das Angebot künstlich reduzierten, haben sie den Ölpreis immer wieder nach oben getrieben und damit für eine ökonomische Rarität gesorgt. In den vergangenen Jahrzehnten sind die Weltmarktpreise der meisten Rohstoffe gesunken. Viele Entwicklungsländer warfen unkoordiniert auf den Markt, was ihre Erde hergab, und versorgten so den Norden mit billigem Rohmaterial. Nur Öl blieb teuer, und die Opec-Länder machten Gewinne.

      Zwar hielten sich manche von ihnen nicht an die Vereinbarungen und verkauften mehr Öl als abgesprochen, um zusätzlichen Umsatz zu machen. Zwar verschätzten sie sich manchmal und erhöhten etwa ausgerechnet kurz vor der Asienkrise die Fördermenge, als die Nachfrage nach Öl nicht stieg, sondern sank – woraufhin der Preis einbrach. Aber wenn es darauf ankam, wie im März 1999, dann funktionierte das Kartell, dann stiegen die Preise und die Einnahmen. „Die Opec ist heute mächtiger denn je“, sagt Manfred Horn, Rohstoffexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin.

      Wahrscheinlich wird ihre Macht noch wachsen.

      Zwar ist Öl keineswegs knapp; unter der Erde gibt es genug davon, um die Räder, Turbinen und Schiffsschrauben dieser Welt noch ein paar Jahrzehnte anzutreiben. Aber schon jetzt liegen 80 Prozent der bekannten und kostengünstig auszubeutenden Reserven auf dem Hoheitsgebiet der Opec-Länder. Dieser Anteil wird wohl noch steigen. Um den Einfluss der Opec zu mindern, haben die Industrieländer aus eigenem Boden Öl gepumpt, wo immer sie es fanden. Sie finden immer weniger. Die britischen und norwegischen Quellen reichen bei den gegenwärtigen Fördermengen noch für acht Jahre, die amerikanischen noch für elf Jahre. Die Staaten am Kaspischen Meer hoffen auf neue Ölquellen, aber den Machtzuwachs der Opec-Länder werden sie kaum aufhalten können.

      Damit wächst den Golfstaaten eine ökonomische Bedeutung zu, die alle Berliner Reformdebatten zur Marginalie degradieren kann. Bisher hielt die Geldgier die Ölländer davon ab, ihren einzigen Rohstoff dauerhaft vom Markt zu nehmen, statt ihn teuer zu verkaufen. Sollte ein Krieg im Irak jedoch den Fundamentalisten am Golf Auftrieb verleihen und etwa in Saudi-Arabien ein Regime an die Macht befördern, das mit einer Politik des knappen Öls die vermeintlichen Feinde des Islam zu bestrafen sucht, dann helfen keine neuen Steuer- und Arbeitsmarktgesetze. Dann verlieren in Amerika, Europa und Japan Millionen Menschen ihren Job.

      Am Golf hingegen floss in den vergangenen Jahren ein Teil der Öleinnahmen auch in die Finanzierung des Terrorismus. Und auch die Reaktion darauf wäre ohne Öl nicht möglich. Britische Panzer und amerikanische Bomber brauchen Sprit – so viel, dass manche Ökonomen im Kriegsfall schon allein deshalb einen Preisanstieg erwarten.

      Höchste Zeit, dass sich die Welt aus der Abhängigkeit vom Öl befreit.

      Der Atomausstieg lässt sich von oben verordnen, der Ölausstieg kaum. Ihre Ölkraftwerke haben die meisten Industrieländer längst abgeschaltet. Die Entscheidung pro Öl aber fällt jeden Tag zigmillionenfach an den Tankstellen der Welt. Allein zehn der täglich verbrannten 70 Millionen Barrel Öl fließen als Benzin und Diesel in die Motoren amerikanischer Autos. Um das zu ändern, hilft es wohl nur, den Preis zu erhöhen. Nicht sprunghaft und plötzlich wie im Krisenfall, sondern schleichend und geplant. Die Entwicklung sparsamerer Motoren und neuer Treibstoffe, die Befreiung vom Öl, würde dann lukrativ (siehe Kasten). Der beste Weg zu mehr ökonomischer Sicherheit in der Welt sei eine Steuer auf Öl und Energie, schrieb der britische Economist schon wenige Monate nach dem 11. September. Eine Steuer, die bisher „ökologisch“ heißt, die man aber auch „ökonomisch“ nennen könnte.

      Die Abkürzung bliebe ja dieselbe: Ökosteuer.
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 20:54:49
      Beitrag Nr. 304 ()
      #303 Juvenile

      ein sehr fundierter Beitrag - gut daran zu erinnern !!

      stand auch mal vor Jahren im Spiegel :
      Als einziger Lebensmitteldiscounter hat Aldi im Süden
      einen privaten Ölvorrat für die eigene LKW-Flotte angelegt.
      Der Vorrat reicht für ca. 50 Tage Notversorgung !
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 21:07:16
      Beitrag Nr. 305 ()
      @Juvenile, guter Artikel, da sag doch einer es geht nicht um Öl. Dies gilt allerdings nicht nur für die Amerikaner. Die Franzosen und Russen haben eine Menge dort zu verlieren. Und die OPEC wäre auch nebenbei noch zu Fall gebracht. das nächste Ziel nach dem Irak gehört nicht zur Achse des Bösen liegt aber direkt neben dem Irak, und ist größter Ölproduzent der Welt ;)
      Avatar
      schrieb am 14.02.03 23:52:26
      Beitrag Nr. 306 ()
      Sollte es der USA gelingen, (durch Erpressung und Bestechung) ein UN-Mandat zu erhalten, dass nicht durch die UN-Charta gedeckt ist, so muss man davon ausgehen, dass es den USA endgültig gelungen ist, die vereinten Nationen zu einem Zustimmungsverein US-amerikanischer Interessen zu degradieren.
      Der Preis ist dann nicht nur das Grauen eines Krieges, sondern auch für die nächste Zeit das Fehlen jeglicher Opposition zur amerikanischen Hegemoniepolitik. :(
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 03:13:21
      Beitrag Nr. 307 ()
      Aussprache zur Irak-Krise

      Powell gibt Irak eine Fristverlängerung

      Von Markus Deggerich

      Saddam Hussein hat noch einmal einen Aufschub bekommen. Die USA wollen dem irakischen Diktator eine kurze Frist gewähren, um die Uno-Auflagen vollständig zu erfüllen. Am 1. März sollen die Waffeninspektoren den Sicherheitsrat erneut über den Stand der Abrüstung im Irak informieren.


      AP

      Historische Stunden: Der Uno-Sicherheitsrat


      New York - Wie US-Außenminister Colin Powell am Freitag nach der nicht-öffentlichen Sitzung des Weltsicherheitsrates mitteilte, werden die Uno-Waffeninspekteure den Rat in New York Anfang März erneut über ihre Kontrollen im Irak unterrichten. Ob sie nach einem französischen Vorschlag dann am 14. März wieder einen Bericht vorlegen sollen, sei noch nicht entschieden worden.

      Powell sagte, es gebe immer noch eine Chance auf eine friedliche Lösung des Konfliktes. "Wir sprechen über Wochen", sagte er dem US-Sender CNN. Es gebe noch immer die Chance für eine friedliche Lösung des Konflikts. Doch diese bestehe nur, wenn der Druck auf Irak nicht nachlasse. Denn noch immer gebe es keine "strategische Entscheidung" Bagdads, mit den Vereinten Nationen zu kooperieren.

      Der Minister teilte mit, dass vor einem Beschluss über die Vorlage einer zweiten Irak-Resolution weitere Konsultationen stattfinden würden. Eine Entscheidung werde es "in nicht allzu ferner Zukunft" geben.

      Iraks Uno-Botschafter Mohammed al-Douri erklärte, sein Land verpflichte sich zu vollständiger Kooperation mit den Waffeninspektoren und strebe eine friedliche Lösung der Krise an.

      In einem leidenschaftlichen Appell hatte der französische Außenminister Dominique de Villepiner zuvor in der öffentlichen Sitzung für eine friedliche Lösung der Irak-Krise geworben. "In diesem Tempel der Vereinten Nationen sind wir die Hüter der Ideale und des Gewissens", sagte de Villepin am Freitag nach der Vorlage des jüngsten Irak-Berichts der Uno-Chefwaffeninspekteure Blix und al-Baradei in New York. Er schlug einen weiteren Bericht der Inspekteure für den 14. März vor. Der Sicherheitsrat als höchstes Entscheidungsgremium der Vereinten Nationen könne nicht übereilt oder aus Misstrauen handeln.

      Es gebe noch eine Alternative zum Krieg, sagte de Villepin. "Und die heißt Entwaffnung durch weitere Inspektionen" - eine Ansicht, der sich die überwiegende Zahl der Sicherheitsrat-Mitglieder am Abend angeschlossen hatte. Dennoch schloss Villepin Gewaltanwendung als letztes Mittel nicht aus. Der Minister betonte aber, dass die Möglichkeiten der Inspektionen noch nicht ausgeschöpft seien. Er warb für die französische Initiative der massiven personellen und technischen Verstärkung der Kontrollteams und beschwor die Einigkeit des Gremiums als bisher größte Stärke und Beweis der Relevanz des Sicherheitsrates.

      Ohne die USA direkt anzugreifen, versuchte er auch die Spannungen zwischen einigen europäischen Staaten und Nordamerika auszuräumen. Denn die Werte und Ziele, für die sie stritten, seien dieselben. "Wir stehen aber jetzt vor der Frage: Welchen Weg gehen wir für diese Ziele?" Es gebe zwei Optionen. Die kriegerische möge als die schnellste Lösung erscheinen: "Aber Krieg ist immer Versagen!" Ohne es direkt anzusprechen, wehrte sich de Villepin auch gegen den latenten Vorwurf aus den USA, Deutschland und Frankreich seien undankbar und ließen ausgerechnet jene USA nun im Stich, die sie einst befreit hatten.

      Famos Franzos

      "Frankreich ist ein altes Land", sagte de Villepin in ruhigem Ton, auf Donald Rumsfeld anspielend, der die Anti-Kriegshaltung als "old europe" abqualifiziert hatte. Frankreich sei eine alte Nation, so de Villepin, welche die Verdienste der USA kenne, aber selbst immer mit erhobenem Haupt für Demokratie und Menschenrechte gestritten habe. Damit konterkarierte er den Alleinvertretungsanspruch für die Werte der "Freiheit", wie sie US-Präsident George Bush noch kürzlich in seiner Rede zur Lage der Nation als Gottgesandter in Anspruch genommen hatte. Noch am Tag vor der Uno-Sitzung hatte Bush vor Militärs in Florida erneut durchblicken lassen, dass er in den Vereinten Nationen nicht mehr als einen Debattierclub sehe, wenn ihm die Vereinten Nationen bei seiner Mission die Gefolgschaft verweigern würden. De Villepin bekam Applaus im Sicherheitsrat, was ungewöhnlich ist, für seinen Debattenbeitrag in dem Club.

      Und er löste einen kleinen Wettlauf aus um den Titel "alte Nation". Großbritanniens Außenminister Jack Straw leitete seinen Redebeitrag mit dem Hinweis ein, dass es sich beim Vereinten Königreich um ein sehr altes Land handele, dass 1066 von Franzosen gegründet worden sei. Selbst Colin Powell nahm das Thema auf, und erklärte die USA zur ältesten Demokratie der Welt, die immer für ihre Werte gestritten habe. Joschka Fischer musste sein Lächeln kontrollieren und fand offensichtlich großes Gefallen am Wettlauf um den Titel "Alt und weise". Er wies erst mit einiger Verspätung, nämlich nach der beklatschten Rede des russischen Außenminister Iwanow darauf hin, dass es dem "Publikum nicht gestattet ist zu applaudieren - nicht mal am Valentinstag."

      USA und England einig

      Doch trotz so viel diplomatischem Witz machten England als auch die USA unmissverständlich deutlich, dass ihnen die Geduld für weitere Inspektionen fehlt. Eine friedliche Lösung des Irak-Konfliktes ist nach Ansicht Großbritanniens nur bei einem "dramatischen und unverzüglichen" Kurswechsel des Machthabers Saddam Hussein möglich. Auch von einer weiteren Resolution für eine Kriegsermächtigung war schon nicht mehr die Rede. Er forderte das Gremium auf, die Uno-Resolution 1441 mit der Androhung "ernster Konsequenzen" für Bagdad beim Wort zu nehmen. Saddam Hussein habe die "letzte Chance", die ihm gegeben worden sei, nicht ergriffen, weil er nicht wie verlangt bei der Abrüstung kooperiere.


      AP

      Verlangt Kooperation vom Irak: Powell


      Auch der US-Außenminister warf dem Irak erneut vor, die Uno zu täuschen. Die Inspektionen dürften nicht endlos sein. "Bis zu diesem Tag haben wir nicht das Ausmaß an Kooperation gesehen, das erwartet worden war, auf das man hoffte", klagte Powell. Er wies auch den Appell Frankreichs zurück, die Anzahl der Waffeninspektoren zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. "Nicht mehr Inspektoren werden gebraucht", sagte Powell. "Was wir brauchen ist die sofortige, aktive, bedingungslose, vollständige Kooperation des Irak." Die internationale Gemeinschaft muss laut Powell "in allernächster Zukunft" über die Konsequenzen für Bagdads Fehlverhalten entscheiden. Auch Spanien hatte bereits vorher wortreich das Ende der Geduld verkündet, das sich in eine Formel fassen lässt: Den Inspektoren vielen Dank für ihre Bemühungen. Aber das war`s.

      Unterstützung fand Frankreich jedoch bei Russland und China, die wie die Franzosen ein Vetorecht besitzen. Bemerkenswert war auch der Beitrag Syriens, einem Nachbarland des Irak. Der drohende Militärschlag gegen den Irak würde "viel böses Blut im Nahen Osten erzeugen", befürchtet der syrische Außenministers Faruk el Shara. Er habe keinen Zweifel daran, dass sich ein Irak-Krieg über die Region hinaus auf andere Länder erstrecken würde. Da andererseits die Inspektionen "wichtige Ergebnisse" erbrächten, rate er dringend dazu, den Waffenkontrolleuren mehr Zeit zu geben, sagte der Syrer.

      Ist die Uno doppelzüngig?

      El Shara sprach auch das Urtrauma des Konfliktes im Mittleren und Nahen Osten an: Das ungelöste Problem zwischen Israel und den Palästinensern. Auch Israel halte sich nicht an Uno-Resolutionen, besitze Massenvernichtungswaffen und verweigere Inspektionen. Dennoch werde seit 1973 von Seiten der Uno an die arabischen Staaten appelliert, alle Möglichkeiten des Dialogs zu nutzen. Wenn dieses im Gegenzug aber für den Irak nicht gelte, werde das für viel Unruhe im arabischen Raum sorgen. Das Gegenteil würde erreicht: "Ein Krieg würde den Kampf gegen den Terror unterminieren." Und die Uno könnte sich dem Verdacht aussetzen, sie würde doppelzüngig agieren.


      REUTERS

      Seit an Seit: Blix und Fischer


      Joschka Fischer jedenfalls hofft: "Die Diplomatie ist noch nicht am Ende." Der irakische Uno-Botschafter Mohammed Al-Douri behauptete unter dem strengen Blick Powells, die Beschuldigungen der USA seien haltlos. Man arbeite bereits eng und aktiv mit den Waffeninspektoren zusammen. Die Aufforderung, der Irak solle von sich aus alles offenlegen und abrüsten, konterte er mit einem Sprichwort: "Eine leere Hand hat nichts anzubieten."

      Das sehen die USA anders. In der Aussprache über die erneuten Berichte der Waffeninspektoren, deutete sich an, dass die Amerikaner und England offensichtlich nicht auf eine erneute Resolution abzielen. Angesichts eines wahrscheinlichen "Neins" von Frankreich, Russland und China wäre das auch wenig aussichtsreich und lenkte nur zusätzliche Aufmerksamkeit auf einen möglichen Bruch des Völkerrechts durch die USA.

      Vermutlich keine neue Resolution

      Engländer und Amerikaner konzentrieren sich deshalb darauf, ihre Legitimation für einen Waffengang aus der einst einstimmig verabschiedeten Resolution 1441 abzuleiten, auf die sich die Kriegsgegner und Befürworter weiterer robuster Inspektionen ebenfalls berufen. Dann bestünden "lediglich" verschiedene Interpretationen - doch mit weitreichenden Konsequenzen für die Uno.

      Deshalb ist der 14. Februar 2003 vermutlich einer dieser historischen Tage in der Geschichte der Vereinten Nationen. Wird weiter an einer friedlichen Entwaffnung des Irak gearbeitet, hätte vor allem de Villepin bewiesen, dass die Kraft des Argumentes und die Macht des Wortes auch im Debattierclub noch etwas zählt - und damit das Gewaltmonopol der Uno und das Völkerrecht. Schlagen die USA ohne eindeutiges Uno-Mandat los, stünde auch das erste Opfer des Krieges bereits fest: die Vereinten Nationen selbst.
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      schrieb am 15.02.03 03:18:43
      Beitrag Nr. 308 ()
      Freitag, 14. Februar 2003
      UN-Sicherheitsrat
      Experten-Reaktionen

      UNO-Waffeninspekteur Hans Blix hat Irak vor dem UNO-Sicherheitsrat am Freitag vorgeworfen, über viele verbotene Waffen keine Rechenschaft abgelegt zu haben. Er äußerte sich aber nicht dazu, ob dies einen "schwerwiegenden Verstoß" Iraks gegen die Abrüstungsauflagen der Vereinten Nationen darstellt.

      Hier erste Reaktionen von Politik- und Wirtschaftsexperten:

      Guillaume Parmentier, Direktor des Zentrums für USA-Studien am französischen Institut für Internationale Beziehungen (IFRI), Paris:

      "Ich glaube nicht, dass die USA nach den Berichten von Blix und el Baradei noch ernsthaft eine Mehrheit im Sicherheitsrat für ihre Position erwarten können. Das sind gute Nachrichten für Frankreich, weil es nicht sein Veto einlegen muss. Ich glaube, es wird für die USA sehr schwer werden, den Waffeninspektoren nicht einige weitere Wochen Zeit zu geben."

      Jacques Beltran, Experte für transatlantische Beziehungen am IFRI, Paris :

      "Blix` Bericht stärkt dieses Mal, anders als der Bericht am 27. Januar, eher jenen den Rücken, die mehr Zeit für die Inspektionen verlangen."

      Rosemary Hollis, Leiterin des Nahostprogrammes am Royal Institute of International Affairs. London:

      "Ich glaube nicht, dass Blix mit seinem Bericht die Meinung von irgendjemandem verändert hat. In seinem Bericht war für jeden etwas dabei und zugleich war er für niemanden befriedigend."

      Alex Nicoll, The International Institute for Strategic Studies:

      "In dem Bericht ist mehr Stoff für Kriegsgegner als für Kriegsbefürworter, aber ein Krieg droht nach wie vor, so lange Saddam Hussein keine klare Kehrtwende macht. Der Bericht wird sicherlich eine heiße Verhandlungswoche für die Mitglieder des Sicherheitsrats bringen. Blix hat ganz sicher nicht gesagt, dass Irak eine klare Kehrtwende gemacht hat, aber er scheint einige positive Signale gefunden zu haben. Diese Rede ist mehr faktenorientiert und weniger emotional als die vorherige. Das ist mehr Futter für die Tauben (Kriegsgegner) als für die Habichte (Kriegsbefürworter). Er hat gesagt, Irak habe einige Dokumente zu Milzbrand, VX und Raketen freiwillig übergeben, was eine proaktivere Haltung Iraks zeigen könnte. Er hat indirekt auch ein oder zwei Dinge in Frage gestellt, die Colin Powell gesagt hatte - er sagte, die von den US-Satelliten gesehene Bewegung von Dekontaminationslastern könnte Routine gewesen sein."

      Charles Heyman, Herausgeber von Jane’s World Armies, London:

      "Ich glaube, in dem Bericht ist für jeden etwas drin, auf welcher Seite man auch steht, ob man für oder gegen einen Krieg ist. Da ist genug drin, um entweder zu sagen, der Bericht entlastet Irak oder um einen Krieg zu rechtfertigen. Mein Gefühl ist, es wird eine weitere Resolution geben, aber ich könnte mich irren."

      Phil Flynn, Analyst, Alaron Trading:

      "Bisher war es dasselbe Zeug, was wir schon gehört haben: Sie haben keine Massenvernichtungswaffen gefunden, aber eine Menge von verbotenem Material wird vermisst. Ich glaube nicht, dass Russland, Deutschland und Frankreich das reichen wird. Da muss schon eine Atombombe auftauchen."

      Ross Norman, Analyst, Thebulliniondesk.com:

      "Die Tauben glauben nach den versöhnlichen Äußerungen von Herrn Blix, dass ein Krieg gegen den Irak weniger wahrscheinlich geworden ist."

      Merlin Marr-Johnson, Analyst, HSBC Bank, USA:

      "Effektiv scheint es nicht genug zu geben, um in den Krieg zu ziehen. Aber es wird interessant sein zu sehen, was in der letzten Handelsstunde mit den in New York gehandelten Gold Futures passiert. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie wieder ein bisschen hochkommen würden am Ende."

      Avery Shenfeld, Volkswirt, CIBC World Markets:

      "Ich bin nicht daran interessiert, was Herr Blix sagt, ich will etwas von Herrn Bush hören. Die USA hat klar gemacht, dass sie bereit sind, wenn nötig den Krieg gegen Irak alleine anzuführen. Ich glaube immer noch, dass uns ein Krieg bevor steht."

      Lex Werkheim, Fondsmanager, Eureffect:

      "Es scheint sich einiger Optimismus breit zu machen. Investoren verkaufen seit Wochen vor diesem Bericht, und jetzt kaufen sie wieder, weil das Szenario rosiger geworden ist als erwartet."

      Timothy Ghriskey, Geldmanager Ghriskey Capital Partners:

      "Blix deutet an, dass es nur kleinere Verletzungen der UNO-Resolution gegeben hat, und dass diese abgeschafft wurden. Das deutet darauf hin, dass die UNO nicht für eine gemeinsame Invasion Iraks stimmen wird. Der Markt erwartet auch keine militärische Aktion gegen den Irak, obwohl wir davon überzeugt sind, dass die USA militärisch vorgehen wird, aber nur mit begrenzter Unterstützung der Alliierten. Der Markt baut Gewinne aus, weil die Chancen einer militärischen Aktion gefallen sind, aber nochmal - wir glauben nicht, dass die Wahrscheinlichkeit gefallen ist, dass die USA mit der Unterstützung einiger Partner militärisch gegen Irak vorgehen wird."

      Ein Öl-Futures-Händler:

      "Die meisten Ölhändler denken, dass das Resultat schon eine beschlossene Sache ist - Krieg. Das ist also nur eine Show, und wir werden nur ein paar Gewinnmitnahmen sehen."
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      schrieb am 15.02.03 10:16:15
      !
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      schrieb am 15.02.03 12:45:42
      Beitrag Nr. 310 ()
      Afghanistan

      USA stellen Suche nach Bin Laden ein

      Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden hält sich nach Informationen von Geheimdiensten in der Grenzregion von Afghanistan und Pakistan auf. Dennoch haben die USA ihre Jagd auf den Top-Terroristen praktisch eingestellt - der Hauptfeind Washingtons sitzt derzeit in Bagdad.


      AP

      US-Soldaten in Afghanistan


      Alle Eliteeinheiten der Special Forces sind Richtung Irak abgezogen und durch weniger kampfkräftige Infanterie ersetzt worden.

      Zum Verdruss der Deutschen haben sich auch die Sondereinheiten der anderen Verbündeten davongemacht, die am gemeinsamen Kampf gegen Taliban und Osama-Getreue beteiligt waren - etwa Briten und Australier. Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK), das laut Bundestagsbeschluss maximal 100 seiner Elitesoldaten zum Anti-Terror-Einsatz am Hindukusch stationieren darf, steht nun ziemlich allein da.

      Weil Deutsche und Niederländer am vergangenen Montag in Anwesenheit von Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) die Führung der Isaf-Friedenstruppen in Kabul übernommen haben, erfüllen die für besonders heikle Missionen trainierten KSK-Soldaten nun überwiegend Schutzaufgaben in der Umgebung der afghanischen Hauptstadt.

      Nach Informationen westlicher Geheimdienste pendelt Bin Laden im zerklüfteten Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan. Ihn "tot oder lebendig" (US-Präsident George W. Bush) zu fangen, vermutet die Bundesregierung, habe für Washington wegen des geplanten Feldzugs gegen Saddam Husseins Irak "keine Priorität" mehr. Pakistans Staatschef Pervez Musharraf befürchte zudem Massenaufruhr in seinem muslimischen Land, sollte Bin Laden von pakistanischen Sicherheitskräften gefasst und ausgeliefert werden
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      schrieb am 15.02.03 12:54:26
      Beitrag Nr. 311 ()
      Blair versucht die EU in Richtung Krieg zu lenken
      von Andreas Middel und Katja Ridderbusch

      Der britische Premier Tony Blair hat in der EU erneut für Unmut gesorgt. Unmittelbar vor dem Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Montag zur Irak-Frage will er die EU auf einen möglichen Krieg gegen den Irak einstimmen. In einem Schreiben an die griechische EU-Ratspräsidentschaft fordert Blair, alle EU-Regierungen müssten klarstellen, dass sie eine Militäraktion gegen den Irak als letzten Ausweg nicht ausschließen.


      Nicht nur damit dürfte Blair Deutschland und Frankreich verstimmen. In dem Schreiben verlangt Blair darüber hinaus, die EU müsse sich bereits jetzt für humanitäre Maßnahmen und für den Wiederaufbau im Irak wappnen. Gegen solche „Post-War-Szenarien“ hatten Frankreich und Deutschland aber bereits bei der Nato ihr Veto eingelegt. Denn derzeit, so die Auffassung von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac, soll alles vermieden werden, was auf einen Krieg hindeutet. Mit der eindeutigen Positionierung Londons dürfte die Suche nach einer gemeinsamen Haltung der EU am Montag nicht leichter geworden sein. Aus der griechischen Regierung, die derzeit die EU-Amtsgeschäfte leitet, heißt es, man sei sich nicht sicher, ob es eine gemeinsame Position in der Irak-Frage geben wird.


      Unbill gab es auch über eine Entscheidung, die die einen als diplomatischen Fauxpas bezeichneten, die anderen als taktischen Winkelzug: Zunächst hatte die griechische Präsidentschaft die 13 Beitrittskandidaten als Beobachter zu dem Brüsseler Krisengipfel eingeladen. Sie sollten „parallele Verhandlungen“ zu den Gesprächen der 15 EU-Mitglieder führen. Kurze Zeit später wurden die Kandidaten für Montag aus- und zu einem Informationsgespräch am Dienstag wieder eingeladen – nach britischer Darstellung auf Initiative Deutschlands und Frankreichs. Beide Länder versuchten, hieß es in britischen Medienberichten, die 13 weitgehend proamerikanischen EU-Kandidaten aus der Debatte herauszuhalten und Großbritannien, den engsten europäischen Verbündeten der USA, zu isolieren.


      Deutsche Diplomatenkreise und die griechische Präsidentschaft wiesen diese erneute, vor einigen Wochen von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erstmals gezogene Trennlinie zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Europa zurück. Die Einladung sei formal korrekt: Erst nach dem 16. April, wenn zehn der 13 Kandidaten die Beitrittsverträge zur Europäischen Union offiziell unterzeichnet hätten, könnten sie als Beobachter an EU-Gipfeltreffen teilnehmen.


      Die österreichische Regierung in Wien teilte unterdessen mit, dass den USA keine Erlaubnis erteilt werde, das Staatsgebiet für den Transit von Truppen und Militärmaterial für einen Irak-Krieg zu benutzen. Für Transporte oder Überflüge fehle ein UN-Mandat, sagte Verteidigungsminister Scheibner.


      Papst Johannes Paul II. empfing den stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Tarik Asis am Freitag zu einer Privataudienz. Beide hätten darüber gesprochen, dass eine militärische Intervention das Leid der irakischen Bevölkerung noch weiter verschlimmern werde. In einem vom Vatikan veröffentlichten Filmbericht ist zu sehen, wie der Papst Asis’ Hand ergreift und sagt: „Gott segne Sie. Gott segne Irak.“
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      schrieb am 15.02.03 17:29:02
      Beitrag Nr. 312 ()
      Samstag, 15. Februar 2003
      Anti-Terror-Kampf der USA
      Notfalls auch allein

      Die USA haben in einem neuen Strategiepapier ihren Führungsanspruch im weltweiten Anti-Terror-Kampf bekräftigt. Das Land werde sich im Kampf gegen den internationalen Terrorismus um die Unterstützung anderer Staaten bemühen, sei aber auch bereit, alleine vorzugehen, wenn dies nötig sei, heißt es in den neuen Leitlinien.

      "Die Vereinigten Staaten werden sich in diesem Kampf gegen einen gemeinsamen Feind immer um die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft bemühen", heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Dokument. "Wenn es jedoch nötig sein sollte, werden wir nicht zögern, alleine zu handeln, auch präventiv gegen Terroristen, um sie daran zu hindern, unserem Volk und unserem Land Schaden zuzufügen."

      Belohnung für Kooperation

      Präventivschläge werden in diesem Zusammenhang als mögliches Mittel genannt. Sollten Länder nicht kooperieren, würden die USA sie im Zweifelsfall zwingen, terroristischen Gruppen innerhalb ihrer Grenzen das Handwerk zu legen. Dem Papier zufolge werden sich die USA mit Ländern, in denen Terrorgruppen aktiv sind, um Partnerschaften zu ihrer Bekämpfung bemühen, "schwachen, aber bereitwilligen" Nationen beim Aufbau staatlicher Institutionen helfen oder sich um diplomatischen Druck auf Länder bemühen, die nicht zur Zusammenarbeit bereit sind. "Wo Staaten nicht bereitwillig sind, werden wir entschieden handeln, um der Drohung, die sie darstellen, zu begegnen, und um sie schließlich dazu zu zwingen, die Unterstützung für den Terrorismus zu beenden."

      Die USA befinden sich derzeit nach der Warnung vor neuen Anschlägen in einem erhöhten Alarmzustand. Zudem befinden sie sich in einer diplomatischen Auseinandersetzung mit Frankreich und anderen Ländern über die Initiative von US-Präsident George W. Bush, die Abrüstung Iraks durchzusetzen. Bush hat zwischen dem arabischen Staat und dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus eine Verbindung hergestellt.

      Konsequenz aus 11. September

      Zu dem Kampf hatte er nach den Anschlägen am 11. September 2001 aufgerufen, bei denen in den USA rund 3.000 Menschen getötet worden waren. Die neuen Leitlinien verkörperten die Prioritäten, die sich die USA nach den September-Anschlägen gesetzt hätten, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter vor Journalisten. Der internationale Terrorismus "wird uns eine Weile beschäftigen", sagte der Regierungsvertreter. Die Leitlinien ergänzen Strategiepapiere der US-Regierung zur nationalen Sicherheit, zu Massenvernichtungswaffen und zum Schutz des Landes.

      Anti-Terrorismus-Zentrum

      Am Freitag gab Bush ebenfalls die Schaffung eines neuen Terrorabwehr-Zentrum bekannt, das am 1. Mai seine Arbeit aufnehmen soll. Kern ist eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen dem Geheimdienst CIA und dem Bundeskriminalamt FBI, wie das Weiße Haus am Freitag mitteilte. Nach Angaben des Weißen Hauses sollen künftig bis zu 300 Analytiker von CIA und FBI unter einem Dach geheimdienstliche Informationen über mögliche Terrorbedrohungen auswerten. Das Zentrum werde ungehinderten Zugang zu allen Daten haben, die auch der US- Regierung zur Verfügung stünden. Bush hatte die Schaffung des Zentrums mit der offiziellen Bezeichnung Terrorist Threat Integration Center (TTIC) bereits in seinem Bericht zur Lage der Nation im Januar angekündigt, ohne aber Einzelheiten zu nennen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3100885.html
      Avatar
      schrieb am 15.02.03 21:57:13
      Beitrag Nr. 313 ()
      die Bush-Ad wird wohl langsam nervös :D
      das sowas im Irak passiert, nicht verwunderlich
      aber in einem der freisten Länder dieser Welt :rolleyes:


      Medienkrieg

      USA und Irak weisen gegenseitig Journalisten aus

      Die USA haben einen irakischen Journalisten des Landes verwiesen, der seit Jahren von den Vereinten Nationen in New York berichtete. Die Antwort aus Bagdad: Vier US-Reporter müssen den Irak verlassen.


      AP

      Uno-Hauptsitz in New York


      New York - Der irakische Journalist Mohammed Allawi, der seit zwei Jahren für die amtliche Nachrichtenagentur INA von den Vereinten Nationen in New York berichtete, erhielt die Ausweisungsverfügung am Donnerstag. Allawi erklärte, als Grund für seine Ausweisung sei angegeben worden, er schade den Sicherheitsinteressen der USA. Seine Familie und er müssten laut der Verfügung binnen 15 Tagen ausreisen. Ein US-Regierungsbeamter bestätigte dies. Allawi sei in Aktivitäten verwickelt, die der Sicherheit der USA schadeten. Der irakische Uno-Botschafter Mohammed el Duri kritisierte die Entscheidung. Ihm sei unklar, wie Allawi eine Bedrohung darstellen könne.

      Kurz darauf forderte Irak vier Mitarbeiter von Fox News in Bagdad zum Verlassen des Landes auf. Der US-Fernsehsender legte Beschwerde ein. Gründe für die Ausweisung seien vorerst nicht genannt worden, erklärte der Vizepräsident der Nachrichtenabteilung, John Stack. Es handele sich offenbar um eine unmittelbare Vergeltungsaktion. Sollte die Ausweisung endgültig sein, würden die Journalisten, so gut das möglich sei, von einem Nachbarland aus über die Situation in Irak berichten.
      Avatar
      schrieb am 16.02.03 18:18:01
      Beitrag Nr. 314 ()
      Samstag, 15. Februar 2003
      US-Unterstützung
      20 Mrd. US-Dollar für Türkei

      Die USA haben ihr Hilfsangebot an die Türkei zur Bewältigung der Folgen eines Irak-Krieges aufgestockt. Nach zweitägigen Verhandlungen habe die US-Regierung ein Paket im Umfang von 20 Mrd. US-Dollar (18,5 Mrd. Euro) angeboten, hieß es am Freitag in Regierungskreisen. US-Präsident George W. Bush bemühte sich in einem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Yasar Yakis um eine schnelle Zusage des Landes zur Nutzung von Militärstützpunkten für den Aufbau der US-Truppe, die derzeit in der Golfregion zusammengezogen wird.

      "Wir hatten gute, offene Gespräche heute", sagte ein Regierungsvertreter. Es blieb aber offen, ob die Vereinbarung über die Hilfen und die Nutzung der Stützpunkte durch die US-Armee bereits in der kommenden Woche unterzeichnet wird.

      Über das zugesagte Geld hinaus soll die Türkei mit Hilfe von US-Garantien mehr als 20 Mrd. US-Dollar an Krediten aufnehmen können. Ursprünglich hatten die USA 14 Mrd. US-Dollar angeboten, in denen die Kredite und Garantien für die Aufnahme von zehn Mrd. US-Dollar enthalten sein sollten. Die USA fordern, dass die neuen Zusagen unter das Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) fallen sollen, das der darbenden türkischen Wirtschaft auf die Sprünge helfen soll. Die Türkei lehnte dies den Regierungskreisen zufolge in den Verhandlungen ab.

      Die Türkei hat auch die NATO um Unterstützung bei der Vorbereitung auf einen Krieg gegen sein Nachbarland gebeten. Frankreich, Belgien und Deutschland haben die Aufnahme von Planungen dafür jedoch gestoppt. Die USA haben die drei Partnerländer dafür scharf kritisiert.

      Die USA bereiten den Angaben zufolge zudem derzeit milliardenschwere Hilfsprogramme für Jordanien und Israel vor, um die wirtschaftlichen Folgen eines Irak-Krieges für die beiden Staaten aufzufangen. Israel hat um zusätzliche militärische Unterstützung im Wert von vier Milliarden Dollar sowie Kreditgarantien im Umfang von acht Milliarden Dollar gebeten. Jordanien sind eine Milliarde Dollar in Aussicht gestellt.

      Die USA haben Irak mit Krieg gedroht, wenn das Land die Abrüstungsauflagen der Vereinten Nationen (UNO) nicht erfüllt. Irak hat US-Angaben von Freitag zufolge nur noch eine begrenzte Zeit, den Auflagen nachzukommen. US-Außenminister Colin Powell sprach von Wochen. Vom militärischen Standpunkt aus betrachtet ist Anfang März die beste Zeit für einen Angriff.
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      schrieb am 16.02.03 20:13:14
      Beitrag Nr. 315 ()
      Nordkorea

      Kim plant vier neue Nuklearreaktoren

      Nordkorea will nach einem Bericht der britischen Tageszeitung "Sunday Telegraph" vier neue Atomkraftwerke bauen, die atomwaffenfähiges Uran produzieren können. Jeder der geplanten Reaktoren solle die vierzigfache Kapazität der umstrittenen Nuklearanlage Yongbyon haben.


      Reuters

      Atomanlage Yongbyon: Mehr Energie, mehr Uran


      London - Unter Berufung auf Angaben des für die Energieversorgung zuständigen Direktors Kim Jae Rok hieß es, mit Hilfe dieser Kernkraftwerke mit einer Leistung von jeweils bis zu 200 Megawatt könnte der dringend benötigte Energiebedarf gesichert werden.

      Die USA werfen Nordkorea vor, ein Atomprogramm zu verfolgen, mit dem auch waffenfähiges angereichertes Uran gewonnen werden könne. Nordkorea hatte vor kurzem den Atomwaffensperrvertrag aufgekündigt. Kim versicherte in dem Zeitungsbericht, dass Korea weder mit Hilfe der bestehenden Anlagen noch mit den neuen Kernkraftwerken Atomwaffen herstellen wolle.
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      schrieb am 16.02.03 22:29:56
      Beitrag Nr. 316 ()
      Chirac zum Irak-Konflikt

      "Ich mag die USA - und ich mag Junk Food"

      In einem kämpferischen Interview bekennt Frankreichs Präsident Chirac seine Liebe zu den Vereinigten Staaten und seine Entschlossenheit, die Abrüstung des Iraks durchzusetzen - durch mehr Inspektionen, aber wenn nötig auch mit Krieg: "Frankreich ist kein pazifistisches Land."


      AP

      Jacques Chirac: "Frankreich ist kein pazifistisches Land"


      New York/ Paris - Er ist das Ziel von Spott und Wut vieler Amerikaner, bietet den Falken um den US-Präsidenten George Bush unbeirrt die Stirn: Für viele ist Frankreichs Präsident Jacques Chirac der Anti-Amerikaner schlechthin. Doch in einem offenherzigen Interview mit dem US-Magazin "Time", das am Montag erscheinen wird, räumt der französische Staatsmann auf mit falschen Legenden.

      Anders als der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hält Chirac eine französische Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak für möglich, sogar für geboten. Sollten die Waffeninspektoren bei ihrer Arbeit behindert werden und sollte der Irak nicht wie gefordert abrüsten, sind für den französischen Präsidenten alle Optionen offen, auch die der Invasion. "Frankreich ist kein pazifistisches Land", sagt er und verweist auf den Truppeneinsatz der Franzosen im Kosovo.

      Laut Chirac ist es den Vereinigten Staaten zu verdanken, dass sich das Regime in Bagdad überhaupt neuen Inspektionen unterworfen hat: "Der Irak muss entwaffnet werden und dafür muss er mehr als jetzt kooperieren. Wenn wir den Irak entwaffnen, gibt es keinen Zweifel daran, dass dies durch die Präsenz amerikanischer Soldaten vor Ort geschehen ist. Wenn die US-Soldaten nicht aufmarschiert wären, hätte Saddam wohl nicht in das Spiel eingewilligt."

      Allerdings setze Chirac auf die Arbeit der Inspektoren. Ein Krieg zum jetzigen Zeitpunkt könne, so der Präsident, die ganze Region auseinander reißen und ein nicht absehbares Blutvergießen zur Folge haben. Er würde mit Sicherheit den Terrorismus fördern: "Er würde eine große Zahl kleiner bin Ladens schaffen."

      Die Inspektoren müssten mehr Zeit bekommen, sie müssten verstärkt und besser ausgerüstet werden. Es sei Sache der Inspektoren-Teams, festzustellen, ob Irak kooperiere oder nicht. "Nichts erlaubt uns derzeit zu sagen, dass die Inspektionen nicht funktionieren." Wenn der Irak tatsächlich ohne Blutvergießen abrüste, wäre dies ein riesiger Erfolg, der auch Präsident Bush einen ehrenhaften Rückzug erlaube.

      Sichtlich getroffen zeigt sich Chirac von Vorwürfen, er sei ein Anti-Amerikaner: Er habe als Gabelstaplerfahrer in St. Louis für die Brauerei Annhäuser Busch gearbeitet, sei durchs ganze Land getrampt, habe sogar Artikel in amerikanischen Zeitungen veröffentlicht. "Ich kenne die USA vielleicht besser als die meisten Franzosen, und ich mag die Vereinigten Staaten wirklich. Ich habe viele exzellente Freunde dort, ich fühle mich wohl dort. Ich liebe Junk Food - und ich bin immer mit ein paar Extra-Pfunden wieder nach Hause gekommen."
      Avatar
      schrieb am 16.02.03 23:20:39
      Beitrag Nr. 317 ()
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      Sonntag, 16. Februar 2003
      "Nur noch Wochen Zeit"
      USA für neue Resolution

      Die Sicherheitsberaterin von US-Präsident George W. Bush hat sich dagegen ausgesprochen, den Waffenkontrolleuren der Vereinten Nationen in Irak mehr Zeit einzuräumen. Mit dem Gerede über mehr Zeit würde nur der Druck auf Irak vermindert, sagte Condoleezza Rice dem amerikanischen Fernsehsender NBC. "Es ist Zeit, die Sache zu beenden, genug ist genug", sagte Rice.

      In einem anderen Interview mit dem Fernsehsender Fox sagte die Leiterin des Nationalen Sicherheitsrates, die US-Regierung erwäge eine neue UN-Resolution über das weitere Vorgehen gegen Irak. Über den Wortlaut sei jedoch noch nicht entschieden. Rice erklärte aber auch, dass nach Auffassung der US-Regierung für einen Militärschlag gegen Irak nicht unbedingt eine neue Resolution des Weltsicherheitsrates nötig sei. Sie wiederholte ferner, dass Saddam Hussein zur Erfüllung der UN-Resolutionen nur noch Wochen und nicht Monate Zeit habe.

      El Baradei warnt Irak

      IAEA-Chef el Baradei warnte den Irak unterdessen davor, die jüngste Sicherheitsratssitzung als klares Signal gegen einen Krieg zu verstehen. Die Staaten, die einen Militärschlag bisher ablehnten, könnten sich jederzeit umentscheiden, sagte der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Die USA und Großbritannien bereiteten unterdessen eine abgemilderte Version für einen neuen UN-Resolutionsentwurf zur Billigung eines Angriffs auf Irak vor.

      Stichtag erster März

      Die UN-Inspekteure werden dem Weltsicherheitsrat am 1. März erneut über die Abrüstung des Irak berichten. Das teilte US-Außenminister Colin Powell nach dem Bericht der UN-Chefwaffeninspekteure mit.

      Ob sie nach einem französischen Vorschlag dann am 14. März wieder einen Bericht vorlegen sollen, sei noch nicht entschieden worden. Powell sagte, es gebe immer noch eine Chance auf eine friedliche Lösung des Konfliktes. Aber dies sei eine Frage von Wochen. Laut Mohammed el Baradei würden sechs Monate für eine vollständige Untersuchung des irakischen Atomprogramms benötigt.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3100880.html
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 22:38:00
      Beitrag Nr. 318 ()
      Briten gegen Blair

      "Dafür wird er teuer bezahlen"

      Von Michael Sontheimer, London

      Tony Blair lässt sich von einer Million Anti-Kriegsdemonstranten in London ebenso wenig beeindrucken wie von der immer lauter werdenden innerparteilicher Opposition. Trotzig hält er an seinem Kriegskurs fest - und ist dabei, nicht nur seine eigene politische Karriere zu ruinieren, sondern die gesamte Labour Party.


      REUTERS

      Eine Million Menschen auf Londons Straßen konnten ihren Premier nicht beeindrucken


      London - In den Tagen nach der größten Demonstration in der britischen Geschichte dominiert der Millionenmarsch noch immer das Stadtgespräch. "Blair will einfach nicht zuhören", ärgerte sich ein Mann in einem Zeitungsladen in Nord-London. Ein anderer Kunde stimmte ihm zu, nicht ohne anzufügen: "Aber dafür wird er noch teuer bezahlen." Eine ältere Lady prophezeite: "Im Sommer haben wir einen neuen Premierminister."

      So unpopulär wie in diesen Tagen war Tony Blair noch nie. Sämtliche Meinungsumfragen zeigen, dass der einst überaus beliebte Premierminister mit seinem Kriegskurs und der engen Allianz mit George W. Bush seine Popularitätsmarken auf einen historischen Tiefstand gebracht hat. Und erstaunlicherweise legt es der sonst ängstlich auf die Demoskopie schielende Blair ganz offenkundig darauf an, noch unpopulärer zu werden.

      Während über eine Million Antikriegs-Demonstranten in London zum Hydepark marschierten, erklärte der Chef der Labour Party auf dem Parteitag in Glasgow den Delegierten, dass der Sturz Saddam Husseins ein "humanitärer Akt" sei. Da die meisten Briten sich nicht genügend von Saddam und seinen bislang unauffindbaren Massenvernichtungswaffen bedroht fühlen, versucht der Premier es jetzt mit Moralisieren. Hatte er bisher die Entwaffnung des Irak als Ziel benannt, predigt er nun im Stile eines eifernden Missionars den Regimewechsel. Die Befreiung der geknechteten Iraker ist demnach das Gebot der Stunde. "Ich bitte die Demonstranten", so der Premier bei seiner letzten Pressekonferenz, "auch anderen Argumenten zuzuhören."

      "Er ist ein mutiger Führer"

      Das Zuhören wird allerdings nicht viel helfen, denn seit einem halben Jahr warnt Blair wie eine Gebetsmühle vor dem "bösen Tyrannen" Saddam, doch je öfter er sich wiederholt, umso mehr Briten lehnen seine Kriegspläne ab. Nach der letzten Meinungsumfrage billigen nur noch 49 Prozent einen Feldzug mit Uno-Mandat, ganze neun Prozent einen Alleingang Blairs mit seinem engsten Verbündeten George W. Bush.


      AP

      Premier Blair: Ein "mutiger Mann"?


      "Er ist ein mutiger Führer", pries ihn der US-Präsident gerade wieder. "Ich bin stolz, dass er ein Freund ist." Blair mag sich von solchen Lobpreisungen geschmeichelt fühlen, doch für sein Ansehen bei seinen Landsleuten sind sie Gift. Die Mehrheit der Briten nämlich, so haben Demoskopen ermittelt, sehen den US-Präsidenten schlicht als "Gefahr für den Weltfrieden".

      Da bereits mindestens ein Drittel der 411 Labour-Abgeordneten im Unterhaus Blairs Kriegskurs offen ablehnen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann in seiner eigenen Partei eine offen Revolte ausbricht. Doch für Blair ist das Bündnis mit Bush offenbar wichtiger als das Schicksal der Labour Party.

      Seit seinem Wahltriumph im Mai 1997 ist die Regierungspartei von über 400.000 Mitgliedern auf weniger als 270.000 geschrumpft. Ihre Schulden werden auf umgerechnet 10 bis 15 Millionen Euro geschätzt. Immer mehr Gewerkschaften haben ihre Spenden reduziert oder ganz eingestellt.

      Schlechte Karten bei Kommunalwahlen

      Falls Blair mit Bush und ohne die Uno in einen Krieg zieht, so schätzen Parteifunktionäre, würden mindestens noch einmal ein Drittel der verbliebenen Mitglieder der traditionsreichen Partei den Rücken kehren.

      Vor diesem Hintergrund rechnen Parteifunktionäre damit, dass sie bei den Kommunalwahlen am 1. Mai rund 500 Sitze verlieren werden. Besonders in umkämpften Gemeinden lassen sich keine Aktivisten mehr für den Wahlkampf mobilisieren.

      Fatal für Blair und seine Regierung ist auch, dass sie ihre Glaubwürdigkeit verspielt haben. Zu oft haben ihre "spin doctors" genannten PR-Leute, allen voran der einstige Boulevard-Journalist und heutige Kommunikatons-Chef in Downing Street, Alistair Campbell, manipuliert und gelogen - und sich dabei auch noch erwischen lassen.

      Das zynischste Beispiel für den beständigen Versuch, die Medien und die öffentlichen Meinung mit allen Mitteln zu beeinflussen, lieferte die Regierung just am 11. September 2001, als die PR-Beraterin des Verkehrsministers Jo Moore folgende E-Mail absetzte: "Heute ist ein guter Tag, schlechte Nachrichten zu beerdigen." Erst nach Wochen und einer wütenden Medienkampagne wurde die skrupellose PR-Frau entlassen.

      Man übt sich in Selbsttäuschung

      Gefördert wird Blairs potenziell selbstmörderischer Kurs durch jenen traditionell verengten Blick der Medien und der politischen Klasse auf der Insel, der mit dem alten Spruch: "Nebel, der Kontinent ist abgeschnitten" am besten charakterisiert ist. Nicht willens und in der Lage über den Tellerrand der anglophonen Welt hinauszublicken, Europa weitgehend ignorierend, übt man sich beharrlich in Selbsttäuschung.

      So hatte sich besonders die konservative Presse über die Wochen an der angeblichen internationalen Isolation der Regierungen in Paris und Berlin delektiert - bis Hans Blix und der Uno-Sicherheitsrat die Propagandisten auf den Boden der Tatsachen zurückholten. Nur vier Tage später jedoch trompetete die "Sun" schon wieder: "Die Welt stellt sich gegen Frankreich."

      Dass sich viel eher die Briten gegen Blair stellen, hat hingegen die "Guardian"-Kolumnistin Polly Toynbee, eine Freundin und treue Propagandistin des Premierministers erkannt. Sie hält seine "Blutsbrüderschaft mit Bush" für tendenziell tödlich und warnt: "Wenn Blair mit Bush und ohne die Uno in den Krieg zieht, geht er unter."
      Avatar
      schrieb am 19.02.03 22:43:06
      Beitrag Nr. 319 ()
      US-Offensive

      "Unermessliches Desaster"

      Unbeirrt von der weltweiten Opposition gegen einen Krieg wollen die USA und Großbritannien möglicherweise schon in den nächsten Tagen eine neue Uno-Resolution einbringen. Sie soll Saddam Hussein ein Ultimatum stellen und festhalten, dass der Irak seine Abrüstungsverpflichtungen entscheidend verletzt hat.

      New York - Schon in den kommenden Tagen wollen die Briten den Entwurf in den Sicherheitsrat einbringen. Der britische Uno-Botschafter Jeremy Greenstock erklärte am Mittwoch in New York, der Text werde direkt oder indirekt ein Ultimatum an Irak zur Zusammenarbeit mit den Waffeninspekteuren enthalten.

      Aus Diplomatenkreisen verlautete am Mittwoch, die USA wollten am Freitag einen Entwurf für eine zweite Uno-Resolution in Umlauf bringen. Großbritannien dringe allerdings auf den Montag, um noch Einzelheiten des Papiers auszuarbeiten. Ein Sprecher von US-Präsident George W. Bush erklärte, die USA rechneten mit einer Resolution in dieser oder in der kommenden Woche. Bislang wird im Sicherheitsrat nur mit der Unterstützung der USA, Großbritanniens und Spaniens für eine zweite Resolution gerechnet.

      Andere Diplomaten äußerten indes die Ansicht, die beiden Verbündeten könnten noch einen Bericht des Uno-Chef-Inspektors Blix abwarten, der für Anfang März vorgesehen ist. Die Vorlage eines Resolutionsentwurfs war ursprünglich für Mittwoch erwartet worden. Nach Angaben von Diplomaten hatten sich die USA und Großbritannien jedoch bis zum Abend noch nicht auf einen Text geeinigt. "Wir sprechen noch immer mit Verbündeten über den genauen Zeitplan und die Formulierung", sagte ein Sprecher des US-Präsidialamtes.

      Unterdessen hat sich eine überwältigende Mehrheit von Ländern bei einer zweitägigen Debatte im Weltsicherheitsrat für die Abrüstung des Irak mit friedlichen Mitteln ausgesprochen. Nur etwa ein halbes Dutzend Staaten, darunter Australien und Japan, schlugen sich auf die Seite der USA und Großbritanniens.

      Saudi-Arabien äußerte in der Debatte die Befürchtung, dass der Irak-Konflikt in einem "unermesslichen Deaster" enden könnte. Die Nachbarländer des Irak warnten vor einem "humanitären Alptraum". Die "Kriegstrommeln werden immer lauter, und die Zeichen für einen Flächenbrand und Zerstörungen von entsetzlichem Ausmaß mehren sich am Horizont", sagte der saudiarabische Uno-Botschafter Fawzi Bin Abdul Majeed Shobokshi. Island und Norwegen stellten fest, dass die Zeit für eine friedliche Irak-Lösung noch nicht ausgelaufen ist. Kanada erklärte, dass der Irak jetzt zögernd jene Kooperation biete, die es der Uno schon seit mehr als einem Jahrzehnt schulde. Zahlreiche Länder setzten sich für eine Fortsetzung der Waffeninspektionen ein.

      Nach Auskunft des deutschen Uno-Botschafters und amtierenden Sicherheitsratspräsidenten Gunter Pleuger hatten insgesamt 61 Länder um Redezeit im Rahmen der Debatte gebeten. Der iranische Uno- Botschafter Javad Zarif stellte klar, dass sein Land ein "unvergleichliches Interesse" an Bagdads Entwaffnung habe. Viele Iraner litten auch heute noch unter den Folgen von Bagdads massivem Einsatz von chemischen Waffen im Krieg der 80er Jahre, sagte er. Dennoch sehe er "keinen Anlass zu einem sofortigen Angriff". Der Irak bezeichnete einen möglichen Militärschlag als Versagen der internationalen Gemeinschaft im Sinne der Uno-Charta.

      US-Präsident Bush erklärte in Washington: "Wir arbeiten mit unseren Freunden und Verbündeten, um herauszufinden, ob wir eine zweite Resolution bekommen können." Zugleich bekräftigte er jedoch, eine solche Resolution sei für einen Militärschlag gegen Irak nicht zwingend notwendig. Russland und Pakistan sprachen sich am Mittwoch gegen eine zweite Uno-Resolution aus. Die Schweiz schlug zunächst bis zu einer weiteren Uno-Resolution eine Bitte der USA um Überflugrechte aus.
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      schrieb am 20.02.03 08:05:30
      Beitrag Nr. 320 ()
      Der Krieg und die Worte

      Das Falschwörterbuch des Irakkonflikts / Von Ivan Nagel



      Jeder Krieg fängt, bevor er anfängt, mit Lügen an. Zwei Arten der Lüge sind zu unterscheiden: Lüge durch Verfälschung der Fakten und Lüge durch Verfälschung der Worte. Mit beiden werden wir seit anderthalb Jahren überfüttert bis zur Übelkeit.

      Die Verfälschung der Fakten aufzuklären, braucht genaues, oft umständliches Erzählen. Dafür gibt es heute keine Zeit mehr. (Es brauchte Jahrzehnte, bis Präsident Johnsons Tonking-Täuschung zwecks Ermächtigung zum Vietnam-Krieg beweiskräftig erzählt werden konnte.) Die Verfälschung der Worte lässt sich schneller, sozusagen fragmentarisch aufzeigen. Ihre Urteilsinstanz ist nicht das Aktenwissen, sondern der Menschenverstand: Sprachsinn hilft, wenn man es zulässt, dem Wahrheitssinn. Hier soll lediglich versucht werden, erste Ansätze zu einem Wörterbuch der Kriegslügen zu liefern. Der Krieg kommt; es werden viele, bösere Lügen kommen.

      Das Wort Krieg wird als erstes verfälscht. Der Aufmarsch von 200 000 Soldaten um die Grenzen des Irak heißt nicht „Kriegsvorbereitung“, sondern (seit Monaten dulden wir das): „Drohkulisse“. Der Zweck ihrer Anwesenheit ist nicht der „Krieg“, sondern der „Weltfrieden“. Der Irak gefährdet nur die „Sicherheit“, nicht die „Ölwirtschaft“ der USA und ihrer Bürger. Gegen ihn hat man keinen „Angriff“ vor, sondern „Entwaffnung“. Entrissen werden ihm dabei die (atomaren, biologischen, chemischen) „Massenvernichtungswaffen“ – von der Weltmacht, die sie in den größten Mengen besitzt und Atombombe, Agent Orange, Napalm auch schon verwendet hat.

      Der völkerrechtliche Kriegsgrund für die USA und England ist, dass der Irak „die Entschließungen des Sicherheitsrats missachtet“. Die USA und England haben von vornherein erklärt, dass sie ihren Krieg auch dann führen werden, wenn der Sicherheitsrat keine ihnen passende Entschließung fasst. Für diesen Fall spricht George W. Bush jetzt schon (als echter Stratege der Vorbeugung) von einem „lahmen, irrelevanten Debattierklub“. Trotzdem beweisen die USA eine dauerhafte Achtung für den Sicherheitsrat: Seit den Sechzigerjahren haben sie dessen Entschließungen in weitem Abstand (gefolgt von Großbritannien) mit den meisten Vetos gewürdigt.

      „Vorbeugung“ (zurück zu unserem Falschwörterbuch) wird die Kette von Angriffskriegen genannt, den Präsident Bush gleich am 21. November 2001 angekündigt hat: „Afghanistan ist erst der Anfang im Krieg gegen den Terror. Es gibt andere Terroristen, die Amerika und unsere Freunde bedrohen, und andere Nationen als willige Sponsoren. Wir werden diese Übeltäter (’evil ones‘) über die Jahre auf der ganzen Welt bekämpfen.“ Die Verkündung der Neuen Strategie von „preemptive strikes“ folgte bald. „Vorbeugung“ heißt also in unverfälschter Sprache: Selbstermächtigung der einzigen Weltmacht, Übeltäter- Staaten ohne Kriegserklärung oder UN-Auftrag zu bestrafen.

      Jede Menge in der Isolierzelle

      „Terrorismus“ wird in der neueren Völker- und Kriegsrechtslehre als „Gewaltakt ohne Kriegserklärung“ definiert. Aber solche Gewaltakte werden nicht nur von Selbstmordattentätern in Israel oder al-Qaida-Kämpfern gegen das Pentagon verübt. Die russischen Schläge gegen Ungarn, Tschechoslowakei, Afghanistan, Tschetschenien, die amerikanischen Schläge gegen Nordkorea, Vietnam, Kambodscha, Grenada, Irak, Jugoslawien, Afghanistan wurden sämtlich ohne Kriegserklärung (einmal mit UN-Mandat) geführt. Sie waren immer schon gegen die jeweiligen Übeltäter oder Schurken gerichtet: also „Maßnahmen“, keine „Kriege“. Doch erst in diesem Winter hat Bush daraus einen Rechtstitel für alle Zukunft abgeleitet.

      Diesem Schlussstrich unter dem Völkerrecht wurde einer unter die Menschenrechte hinzugefügt: Da die Kriege keine Kriege sind, gibt es keine „Kriegsgefangenen“ mehr, stattdessen nur „feindliche Kombattanten“. Sie werden auf unbegrenzte Zeit ohne Anklage und Rechtsbeistand festgehalten. Ob das auch für die Gefangenen im kommenden Krieg gilt, hat die „Koalition gegen den Terrorismus“ (Falschwort für „Regierungen ge-gen ihre Bevölkerungsmehrheit“) noch nicht bestimmt. Jedenfalls führt sie ihren Nicht-Krieg im Namen der Menschenrechte: zur „Befreiung“ (statt zur geplanten jahrelangen „Besetzung“) des Schurkenstaates Irak.

      Zu den Schurkenstaaten gehören (Informationsdienst des State Department) Kuba und Libyen. Rumsfelds Reihung von Libyen, Deutschland, Kuba wird, vor allem in der deutschen Presse, mit seinem „Temperament“ entschuldigt. Kuba und Libyen sind die einzigen Länder, gegen deren Regierungschefs die CIA beziehungsweise die US-Luftwaffe nach eigenem Eingeständnis Mordattentate unternommen hat. Es steht kaum zu befürchten, dass Schröders Wohnhaus in Hannover demnächst von einer amerikanischen Bombe getroffen wird. Dass aber für Rumsfeld und Kollegen schon die bloßen Namen jener Länder mit Feindschaft beladen sind, kurz, dass „Temperament“ das naivstmögliche Falschwort für „Hass“ ist, lässt sich kaum bezweifeln.

      Hass trifft alle „Verbündeten“ (für „Satelliten“), die sich einer „Befriedung“ (für „Erstschlag“) durch die USA nicht anschließen. Einige Senatoren in Washington versprechen uns „retaliation“ – das bedeutet nun ohne Falschwort, auf gut Deutsch: Vergeltung. Wir haben sie verdient: Verweigern wir nicht sogar der Türkei (der die plötzliche Liebe der CDU/CSU gilt) den Schutz gegen einen irakischen Angriff? „Schutz“ ist das allerschönste Falschwort für „gemeinsame Aggression“.

      Die Türkei ist (unwillig, auf massiven Druck hin) bereit, nicht nur ihre Flughäfen, sondern auch ihr Territorium für einen Angriff auf den Irak zur Verfügung zu stellen. Überdies hat sie vor, mit 80000 Soldaten (Tommy Franks will nach Agenturmeldungen nur 20000 zulassen) in den Nordirak einzudringen, um – dies wenigstens im eigenen Interesse – die Bildung eines Kurdenstaates im Kriegschaos zu verhindern. Den Aggressor mit deutschen AWACS und Patriots gegen einen Gegenschlag zu „schützen“, heißt an der Aggression teilnehmen. Gehört das zur Bündnispflicht?

      Nicht nur die amerikanische Regierung wirft dem Bundeskanzler mangelnde „Bündnistreue“ (für „Vasallentreue“) vor. Die heimische Presse vergleicht ihn bald mit Wilhelm II., bald mit Neville Chamberlain, die wenig miteinander gemeinsam hatten. Verblüffender noch ist der „deutsche Sonderweg“ als Falschwort für „Friedensinitiative“: Wann jener Sonderweg zum Frieden führen wollte, ist den Historikern unbekannt. Jedenfalls führt er unser Land in die „Isolierung“ – dies ist das Wort der deutschen Presse für jene Quarantäne, die wir nun mit Frankreich, Belgien, Russland (deren Nähe sonst nicht zum deutschen Sonderweg gehörte) teilen müssen.

      Die Enge unserer Isolierzelle wird noch unerträglicher, seitdem auch der Papst unbedingt hereinwill mit den vielen protestantischen Bischöfen. Von der halben Milliarde jener anderen Weltreligion nicht zu sprechen, die (wenn heute noch nicht, dann morgen) aus lauter Terroristen besteht. Dass der „Krieg gegen den Terrorismus“ eine Unzahl von potentiellen Terroristen zeugen wird (also ein „Krieg für den Terrorismus“ ist), wurde von seinen Befürwortern noch nicht erkannt. Doch diesmal erlauben sie sich und uns das Wort „Krieg“ – gerade weil gegen Terrorismus und Terroristen (anders als gegen Somalia, Sudan, Nordkorea, Iran) kein „Krieg“ in irgendeinem vernünftigen Wortsinn zu führen ist.

      Zuzug droht uns sogar aus den USA. Die Abgeordnetenhäuser von 94 Städten protestieren gegen den Unilateralismus des Präsidenten. Sollen wir in unserer Isolierzelle auch noch die Bewohner von Chicago, Philadelphia, Baltimore, Detroit, sogar Washington D. C. aufnehmen? Vierzig amerikanische Nobelpreisträger dazu, als ob wir nicht an Günter Grass schon genug hätten. Im Augenblick sind 59 Prozent der US-Bürger, mehr noch in Großbritannien, dafür, dass man den Inspektoren mehr Zeit gibt, statt sofort einen Krieg anzufangen. Abend für Abend bei der Berlinale dankten Amerikaner „den Deutschen“ dafür, dass sie etwas gegen den Krieg tun. Es waren (Falschwort) lauter „Weicheier“.

      Susan Sontag schrieb zwei Wochen nach dem 11. September: „Die einstimmig beklatschten, selbstzufriedenen Einschlafreden bei sowjetischen Parteikongressen kamen uns zurecht verachtungswürdig vor. Die Einstimmigkeit der salbungsvollen, wirklichkeitsverstellenden Rhetorik, die unsere Amtsträger und Medien dieser Tage von sich geben, ist, nun ja, unwürdig einer reifen Demokratie. Lasst uns zusammen trauern. Aber lasst uns nicht zusammen verblöden.“ Wie kein anderer, keine andere wurde Sontag als Landesverräterin beschimpft.

      Ich vertraue auf eine bewundernswerte Eigenschaft der vielen Amerikaner: sich nicht nur mit der Größe und Kraft ihres Landes zu identifizieren. Sie haben den Mut, auch das Schlimme als ihre eigene Verantwortung zu sehen – statt es wie manche Europäer, manche Deutsche hochmütig, angewidert oder gar schadenfroh feixend auf irgendwelche Anderen, auf das dumme Volk oder die bösen Mächtigen zu schieben. Dieses schöne „Wir“, von Auflehnung und Ändernwollen erfüllt, habe ich in diesen Tagen immer wieder von Amerikanern gehört. Sie werden es zu verhüten wissen, dass unter George W. Bush „Freiheit“ und „Demokratie“ zu Falschwörtern werden.




      ;) ;) ;)
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 12:06:43
      Beitrag Nr. 321 ()
      Wenn wir die ganze Menschheit auf ein Dorf von 100 Einwohner reduzieren
      aber auf die Proportionen aller bestehenden Voelker achten
      wuerden , waere dieses Dorf so zusammengestellt:

      57 Asiaten
      21 Europäer
      14 Amerikaner (nord u. sued)
      8 Afrikaner

      52 waeren Frauen
      48 waeren Maenner

      70 Nicht-weisse
      30 weisse

      70 nicht Christen
      30 Christen

      89 heterosexuelle
      11 homosexuelle

      6 Personen wuerden 59% des gesamten Weltreichtums besitzen und alle 6
      Personen kaemen aus den USA.

      80 haetten keine ausreichenden Wohnverhaeltnisse

      70 waeren Analphabeten

      50 waeren unterernaehrt

      1 wuerde sterben
      2 wuerden geboren
      1 haette einen PC
      1 (nur einer) haette einen akademischen Abschluss

      Wenn man die Welt aus dieser Sicht betrachtet, wird jedem klar, dass das
      Beduerfnis nach Zusammengehoerigkeit, Verstaendnis, Akzeptanz und
      Bildung notwendig ist.

      Denkt auch darueber nach:

      Falls Du heute Morgen gesund und nicht krank aufgewacht bist, bist Du
      gluecklicher als 1 Million Menschen, welche die naechste Woche nicht
      erleben werden.

      Falls Du nie einen Kampf des Krieges erlebt hast, nie die Einsamkeit
      durch Gefangenschaft, die Agonie des Gequaelten, oder Hunger gespuert
      hast, dann bist Du gluecklicher als 500 Millionen Menschen der Welt.

      Falls Du in die Kirche gehen kannst, ohne die Angst, dass Dir gedroht
      wird, dass man Dich verhaftet oder Dich umbringt, bist Du gluecklicher
      als 3 Milliarden Menschen der Welt.

      Falls sich in Deinem Kuehlschrank Essen befindet, Du angezogen bist, ein
      Dach ueber dem Kopf hast und ein Bett zum hinlegen, bist Du reicher als
      75% der Einwohner dieser Welt.

      Falls Du ein Konto bei der Bank hast, etwas Geld im Portemonnaie und
      etwas Kleingeld in einer kleinen Schachtel, gehoerst Du zu 8% der
      wohlhabenden Menschen auf dieser Welt.

      Falls Du diese Nachricht liest, bist Du doppelt gesegnet worden, denn 1.
      Jemand hat an Dich gedacht und 2. Du gehoerst nicht zu den 2 Milliarden
      Menschen die nicht lesen koennen.

      Und... Du hast einen PC!

      Einer hat irgendwann mal gesagt:

      Arbeitet, als wuerdet ihr kein Geld brauchen, Liebt, als haette euch
      noch nie jemand verletzt, Tanzt, als wuerde keiner hinschauen, Singt,
      als wuerde keiner zuhoeren, Lebt, als waere das Paradies auf der Erde.

      Dies ist die internationale Woche der Freundschaft.

      Schickt diese Mail an alle, die Du Freunde nennst.

      Wenn Du sie nicht weiter schickst, wird nichts passieren,wenn Du sie
      weiter schickst wirst Du von jemandem ein Laecheln erwerben.

      Alles Gute in der Freundschaftswoche.

      Eigentlich geht es uns doch sehr gut...!!!
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 12:10:43
      Beitrag Nr. 322 ()
      ...oh, oh,...das Dorf macht ne Wanderschaft durch alle Threads,..oh, oh,...KÜHE wo bist Du, mit Deinem
      Draht nach oben sorge für Abhilfe...
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 15:33:43
      Beitrag Nr. 323 ()
      Kritik an US-Regierung

      Großer Anspruch, fürchterliche Diplomatie

      Die US-Regierung gerät im eigenen Land unter Druck: Die weltweite Opposition gegen den Krieg sei Ergebnis einer miserablen Diplomatie. Statt persönlich bei den Verbündeten vorzusprechen und ihnen damit Respekt zu erweisen, würden sich die Bush-Krieger mit flüchtigen Telefonaten begnügen.


      DPA

      Powell: Diplomatie im Schnellwählverfahren


      Hamburg - Die beiden großen Blätter der Ostküste, die "New York Times" und die "Washington Post" sind sich in ihren Analysen einig: Die Künste der Diplomatie sind in der derzeitigen Regierung nicht sonderlich ausgeprägt. Harte Vorwürfe treffen erstmals auch den bisher hoch geachteten Chefdiplomaten Colin Powell. Seit US-Präsident George W. Bush vergangenen September die Vereinten Nationen aufgefordert hat, gegen den Irak wegen möglicher Massenvernichtungsmittel aktiv zu werden, habe Powell nicht eine Reise in diplomatischer Mission gemacht, die länger als zwei Tage gedauert habe, schreibt die "Post".

      Powell begnüge sich mit Stippvisiten, die er meist innerhalb eines Tages absolviere. Er tauche kurz auf und sei dann auch schon wieder weg. Keine Zeit, um Kontakte zu knüpfen, um Vertrauen aufzubauen, um Partner zu gewinnen. Jüngstes Beispiel: Eine Reise nach Ostasien, die das US-Außenministerium gerade plant. Um über die diffizile wie gefährliche Situation in Nordkorea zu sprechen, wird sich Powell grade mal ein Wochenende Zeit nehmen, um drei Hauptstädte, Seoul, Tokio und Peking abzuklappern.

      Statt sich ordentlich Zeit zu nehmen und die Probleme vor Ort zu erkunden, setzt Powell lieber auf Telefon-Diplomatie. Im Schnellwahlverfahren führt er täglich Dutzende Gespräche, manchmal bis zu 100. Im Vergleich zu ihren Vorgängern sehe man Powell, ebenso Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sehr selten im Ausland. Cheney etwa war seit seiner Nahost-Mission vergangenes Frühjahr nicht mehr in Übersee.

      Besonders nach den Massendemonstrationen gegen die amerikanische Irak-Politik vor allem in Europa stellen sich Diplomaten und Außenpolitiker die Frage, ob die Regierung es durch ihre Reisefaulheit nicht versäumt habe, für genügend Unterstützung bei den Alliierten zu werben.

      Vor dem Golfkrieg vor zwölf Jahren brachte es der damalige Außenminister James Baker im gleichen Zeitraum September bis Januar auf 39 Reiseziele. Auf fünf groß angelegten Reisen war es ihm gelungen, eine Allianz für die Befreiung Kuweits zustande zu bringen. Bill Clintons Außenministerin Madeleine Albright reiste vor dem Kosovo-Krieg ständig zwischen den USA und Europa hin und her.

      Thomas L. Friedman, Kolumnist bei der "New York Times" stößt ins gleiche Horn: "Die Bush-Genossen sind groß im Anspruch, schwach in der Strategie und fürchterlich in der Diplomatie." Friedman berichtet von seinen Reisen, bei denen er Baker begleitete: "Jemanden in seinem Land zu besuchen, ist ein Zeichen dafür, dass du seine Meinung respektierst." Die jetzige Bush-Regierung versäume es, Hände zu schütteln. "Ihre Mitglieder meinen, Diplomatie sei ein Telefon-Anruf."
      Avatar
      schrieb am 20.02.03 16:20:01
      !
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      Avatar
      schrieb am 20.02.03 22:27:35
      Beitrag Nr. 325 ()
      Irak-Krise

      USA wollen Kriegsresolution ohne Frist vorlegen

      Die USA behalten ihren Kurs in der Irak-Frage bei: Trotz des Widerstands zahlreicher Mitglieder der Vereinten Nationen will Washington in der kommenden Woche im Uno-Sicherheitsrat eine neue Resolution vorlegen. Sie soll einen Krieg gegen den Irak völkerrechtlich legitimieren.


      AP

      George W. Bush: Kriegsresolution in der kommenden Woche


      Atlanta - US-Regierungskreisen zufolge soll in dem Resolutionsentwurf dem Irak ein "substanzieller Bruch" der Uno-Abrüstungsresolution vorgeworfen und ein Ultimatum zur vollen Kooperation mit der Uno gestellt werden. Am Abend sagte US-Außenminister Colin Powell allerdings, er rechne nicht damit, dass die Resolution eine Frist für Bagdad enthält. In einem Interview des Fernsehsenders N24 sagte Powell, die Inspektionen könnten nicht ewig weiter gehen. Er fügte nach Angaben des Senders aber hinzu: "Ich erwarte nicht, dass die Resolution eine Frist enthält."

      Zwar sprechen die USA schon seit Wochen von einem schweren Verstoß des Irak gegen die Uno-Resolution 1441, doch erst seine Feststellung durch den Weltsicherheitsrat könnte einen Krieg auch völkerrechtlich absichern.

      Diplomaten bei der Uno erklärten, dass die US-Regierung die neue Resolution voraussichtlich im Lauf der ersten März-Woche zur Abstimmung stellen wird, also nach dem nächsten Bericht von Chefwaffeninspektor Hans Blix. Dies gilt am Uno-Sitz in New York als ein Signal dafür, dass ein Krieg gegen den Irak nicht vor der zweiten März-Woche beginnen wird.

      "Die zweite Resolution wird nächste Woche vorgelegt", verlautete dagegen aus dem Umfeld von Präsident George W. Bush, der sich in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia aufhielt. Der britische Uno-Botschafter Jeremy Greenstock sagte, in der neuen Resolution könnte dem Irak ein Ultimatum zur Erfüllung der Uno-Auflagen gesetzt werden.

      Iwanow: Inspektoren werden unter Druck gesetzt

      "Der Präsident hofft weiter auf die neun notwendigen Stimmen im Sicherheitsrat und darauf, dass es keine Vetos gibt", verlautete aus dem Umfeld Bushs. Frankreich, China und Russland wollen die Krise auf diplomatischem Weg lösen. Russland hat dabei nicht ausgeschlossen, ein Veto gegen eine weitere Resolution einzulegen.


      REUTERS

      Igor Iwanow: "Inspektoren werden unter Druck gesetzt"


      Ohne die USA zu nennen, bekräftigte der russische Außenminister Igor Iwanow am Donnerstag in Moskau, die Inspektoren seien dem Druck ausgesetzt, Bewertungen abzugeben, die als Vorwand für einen Militärschlag dienen könnten. Auch Deutschland, das in diesem Monat den Vorsitz im Uno-Sicherheitsrat hat, aber als nicht-ständiges Mitglied über kein Veto-Recht verfügt, lehnt eine erneute Resolution ab.

      In Uno-Kreisen hieß es, die Aufforderung an den Irak zur Zerstörung seiner al-Samud-Raketen, die Blix voraussichtlich stellen werde, werde von den USA als Test der Bereitschaft Bagdads gewertet, sein Verteidigungssystem aufzugeben. Die Raketen sind wegen ihrer Reichweite umstritten. In seinem Bericht im Uno-Sicherheitsrat am 27. Januar hatte Blix auf Erkenntnisse der Inspektoren hingewiesen, dass die irakischen Raketen nicht zulässig seien, weil ihre Reichweite deutlich über den von der Uno als Obergrenze festgelegten 150 Kilometern liege.

      Frankreich schickt Mirage-Jets in die Golfregion

      Das französische Außenministerium gab unterdessen bekannt, zwei Aufklärungsflugzeuge vom Typ Mirage IV zur Unterstützung der Uno-Waffeninspektionen in die Golfregion zu schicken. Die Jets sollen am Freitag vom Luftwaffenstützpunkt Istres bei Marseille nach Saudi-Arabien verlegt werden.

      Frankreich bekam für seine Irak-Politik die Rückendeckung der afrikanischen Staaten. Der Einsatz von Gewalt dürfe nur das letzte Mittel sein, heißt es in einer am Donnerstag von 53 Staaten auf dem Frankreich-Afrika-Gipfel in Paris verabschiedeten Erklärung: "Es gibt eine Alternative zum Krieg."

      Die afrikanischen Staaten unterstützten die französische Initiative zur Fortsetzung und Verschärfung der Uno-Waffeninspektionen im Irak. Die Möglichkeiten der Uno-Resolution 1441 seien noch nicht ausgeschöpft. Zugleich riefen die afrikanischen Staaten den Irak zu einer sofortigen, aktiven und bedingungslosen Zusammenarbeit mit den Waffeninspektoren auf. Angola, Kamerun und Guinea haben derzeit einen Sitz im Weltsicherheitsrat.
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      schrieb am 21.02.03 14:30:14
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      schrieb am 21.02.03 14:31:52
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      schrieb am 21.02.03 18:57:18
      Beitrag Nr. 328 ()
      Bewährungsprobe für Saddam

      Blix fordert Zerstörung von Raketenfabriken

      Hans Blix erhöht den Druck auf die irakische Regierung: Der Chef der Uno-Waffeninspektoren will von Bagdad verlangen, nicht nur seine Samud-2-Raketen, sondern auch die Produktionsanlagen für Raketen-Triebwerke zu zerstören. Eine Ablehnung durch den Irak könnte den Krieg auslösen.


      AP

      Hans Blix: Druck auf Bagdad erhöht


      New York/Bagdad - Die neuen Auflagen der Inspektoren stellen das Regime von Saddam Hussein nach Meinung von Uno-Diplomaten vor ein ernstes Dilemma. Erfüllt der Irak die Forderungen, bedeutet das für Bagdad den Abschied von einem neuen und wichtigen Waffensystem. Eine Weigerung könnten die USA dagegen als Kriegsgrund dienen. Blix entschied sich nach Ansicht von Uno-Diplomaten für die härteste aller Möglichkeiten. Alternativ hätte er eine Zerlegung der Raketen oder eine Verringerung ihrer Reichweite fordern können.

      Die Bereitschaft des Irak zur Zerstörung der Raketen gilt unter Uno-Diplomaten als entscheidender Test für die Kooperationsbereitschaft Bagdads mit den Vereinten Nationen.

      Unterdessen haben die Vereinten Nationen die Hälfte des Personals aus ihren humanitären Einrichtungen in Irak abgezogen. Damit soll eine Evakuierung der verbliebenen Uno-Mitarbeiter im Kriegsfall erleichtert werden, wie ein Sprecher am Freitag in Bagdad mitteilte.


      AP

      Irakische Samud-2-Rakete: Blix verlangt Zerstörung


      Den Angaben zufolge haben bislang 450 von 900 Uno-Mitarbeitern das Land verlassen. Sie folgten damit eine Aufforderung aus dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Sie arbeiteten unter anderem beim Uno-Entwicklungsprogramm Unep, beim Kinderhilfswerk Unicef und beim Welternährungsprogramm WFP. Personal der Uno-Abrüstungskommission Unmovic wurde dagegen nicht abgezogen.

      Die Nato brachte unterdessen ihre Militärhilfe für den Bündnispartner Türkei auf den Weg. Oberbefehlshaber James L. Jones erteilte den Befehl, Awacs-Beobachtungsflugzeuge in die Türkei zu verlegen. Deutschland liefert der Türkei über die Niederlande 46 "Patriot"-Raketen und stellt Personal für die Awacs-Maschinen.

      Neue Massenproteste am Wochenende

      Ob die Türkei Ausgangsort für eine US-Offensive gegen den Nordirak sein wird, ist weiterhin ungeklärt. Trotz der amerikanischen Forderung nach einer schnellen Entscheidung hat Ankara der Stationierung von US-Truppen noch nicht zugestimmt. "Die Verhandlungen gehen weiter", sagte der türkische Regierungschef Abdullah Gül. Ankara und Washington konnten sich bislang nicht auf die Höhe der finanziellen Entschädigung für befürchtete wirtschaftliche Verluste einigen.

      Nach einer Woche betriebsamer Spitzendiplomatie wollen am Samstag und Sonntag wieder Tausende von Bürgern gegen einen Irak-Krieg demonstrieren. Geplant seien in Deutschland unter anderem eine Menschenkette in Köln und eine Blockade des US-Stützpunktes in Frankfurt am Main, teilte das Netzwerk Friedenskooperative mit. Am Freitag demonstrierten rund 3000 Schüler in Nürnberg gegen einen drohenden Irak-Krieg.
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      schrieb am 22.02.03 10:53:05
      Beitrag Nr. 329 ()
      SPIEGEL ONLINE - 21. Februar 2003, 13:09
      URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,237096,00.html
      Kriegsvorbereitungen der US-Bürger

      Tesa gegen den Terror

      Von Lutz C. Kleveman, New York

      Mit Klebeband und Dosenöffnern soll sich das amerikanische Volk gegen drohende Terroranschläge rüsten. Dazu fordert die Bush-Regierung seit gestern in Fernsehspots auf. Tausende US-Bürger reagieren mit Panik.


      AP

      "Terroristen wollen unsere Wohngebiete in Schlachtfelder verwandeln": Sicherheitsminister Ridge


      Zeiten waren das, als man auf Dinner Partys in Manhattan darüber debattierte, welche Aktien die saftigsten Profite abwerfen. Dieser Tage sprechen Amerikaner über eine gänzlich andere Zukunfts-Investition: Klebeband. Wie breit muss es sein, wie dauerhaft klebrig? Und: Reicht die billige Standardware von Walmart wirklich, um sich vor einem Terrorangriff zu schützen?

      Genau das und nicht weniger behauptet die Bush-Regierung in einer groß angelegten Aufklärungs-Kampagne, die seit gestern das amerikanische Volk auf einen Anschlag wie am 11. September 2001 vorbereiten soll. In halbminütigen Spots in Fernsehen und Radio raten New Yorker Feuerwehrleute ihren Mitbürgern, sich unverzüglich mit Nahrung, Medikamenten, und manuellen Dosenöffnern für den Katastrophenfall auszurüsten. Und mit Klebeband.

      "Terroristen wollen unsere Wohngebiete in Schlachtfelder verwandeln", warnte Tom Ridge, Minister für Heimatsicherheit, am Mittwochabend in einer Rede vor Polizisten und Feuerwehrleuten in Cincinnati zum Start der Kampagne. "Wir können entweder Angst haben oder vorbereitet sein. Amerikaner fürchten sich nicht, also werden wir bereit sein."

      Broschüren in Millionenauflage


      Verkaufsschlager: Safe Room Security Kit


      Damit das auch wirklich so ist, hat die Regierung millionenfach eine Broschüre drucken lassen, die Bürger über eine kostenfreie Hotline bestellen können. Darin heißt es: "Zur Notausrüstung sollten Müllsäcke oder Plastikfolie, Klebeband und Scheren gehören. Sie können diese Dinge nutzen, um Fenster, Türen und Lüftungslöcher zu verkleben, wenn Sie einen Raum vor Vergiftung von außen versiegeln müssen."

      Dummerweise ist Klebeband in vielen Läden im Moment ausverkauft, denn schon vergangene Woche forderte ein Beamter in Ridges jüngst geschaffenem Mammut-Ministerium zum Erwerb der überlebenswichtigen Utensilie auf. Zugleich erhöhte die Regierung die Terror-Alarmstufe auf "Orange" - eine landesweite Massenhysterie brach aus. Hunderttausende Amerikaner eilten zu Supermärkten und kauften panisch die Regale leer. Für die Handelskette Walmart waren die Hamsterkäufe ein kleiner Segen: Die bestlaufenden Produkte, so frohlocken Firmensprecher, sind Unterwäsche und Klebeband.

      Sachliche Informationen statt Panikmache

      Schon war in den US-Medien allerdings von ersten Bürgern zu hören, die die Warnungen der Behörden vor Anschlägen mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen vielleicht etwas zu ernst nahmen: Vor lauter Sorge begannen sie ihre Wohnungen mit Tesafilm dichtzukleben.


      Werbekampagne für die Wachsamkeit: "Are You Ready?"-Broschüre


      Die Verantwortlichen der staatlichen "Be ready!"-Kampagne versuchen daher, die Panikmache durch sachliche Informationen zu ersetzen. "Wir wollen nicht, dass einzelne Menschen oder Familien anfangen, ihre Türen und Fenstern zu versiegeln", stellte Sicherheits-Minister Ridge klar. Mit betont beruhigender Stimme wandte er sich an das verängstigte Volk: "Benutzen Sie das Klebeband nicht, sondern verstauen Sie es gut - für die Zukunft."

      Der Republikaner, ein guter Freund von Präsident Bush, hat in den vergangenen Tagen harsche Kritik am nervösen Stil seiner Terror-Kassandrarufe einstecken müssen. Auch aus eigenen Reihen kam Schelte: "Lächerlich" nannte etwa New Yorks republikanischer Bürgermeister Michael Bloomberg den Klebeband-Tip. Viele Kritiker fühlten sich an die "Duck and Cover"-Kampagne erinnert, mit der die Behörden das amerikanische Volk in den fünfziger Jahren mental auf einen sowjetischen Nuklear-Angriff einstellten. Damals wurde Menschen empfohlen, bei der Explosion einer Atombombe unter Tische zu kriechen oder sich zum Schutz Zeitungen über den Kopf zu halten. Vergleichbar mit der gegenwärtigen Paranoia, hoben seinerzeit ängstliche Gemüter in ihren Gärten Gruben für vermeintlich bombenfeste Schutzkeller aus.

      Kanarienvögel als Frühwarner

      Trotz der Kritik hält Minister Ridge an der umstrittenen Schutzmaßnahme fest: "Experten sagen, dass man mit Klebeband einen chemischen Kampfstoff stundenlang draußen halten kann, bis der Wind ihn wegweht." Auf einer eigens eingerichteten Homepage unter www.ready.gov. bietet die Behörde für Homeland Security weitere gute Ratschläge gegen den Terror: Kleintiere wie Kanarienvögel würden sich als gute Frühwarner eines Terrorangriffs eignen. Fällt der Vogel im Käfig von der Stange und bleibt reglos liegen, ist etwas nicht in Ordnung.

      Für mindestens drei Tage, so empfehlen die Autoren der Broschüre, müssen die Vorräte an Wasser, Benzin und Lebensmitteln reichen. Für den Fall, dass eine Flucht notwendig wird, sollte ein Picknickkorb zum Erste-Hilfe-Koffer umfunktioniert werden. Außerdem sollten Familien planen, wie sie sich im Ernstfall miteinander verständigen und wo sie zusammentreffen wollen.


      "Orange" wird zum Dauerzustand: Homeland-Security-Warn-Stufen


      Damit die 1,2 Millionen Dollar teure Terror-Infokampagne nicht zu viel Steuergeld verschlingt, haben Fernsehstationen gratis Sendezeit im Wert von etwa 80 Millionen Dollar gespendet. Auch die Werbeagentur aus Virginia, die die Anzeigen und Filmchen entworfen hat, verlangt kein Honorar. Der kreative Kopf der Kampagne, Ken Hines, erklärt das Ziel seiner Arbeit: "Wir haben versucht, ein Gleichgewicht zu finden, indem wir ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen, aber keine Angst. Uns wurde klar, dass die Dinge von den Leuten gesagt werden mussten, die am glaubwürdigsten sind." Schnell kam Hines daher auf New Yorker Polizisten und Feuerwehrleute - und natürlich auf Ridge selbst.

      Paranoia daheim soll für den Krieg gefügig machen

      Der Minister hat es bislang allerdings abgelehnt, die Terror-Alarmstufe "Orange" herunterzuschrauben. Die Sicherheitskräfte bleiben in höchster Bereitschaft, mit Maschinenpistolen patrouillieren Polizisten die New Yorker U-Bahnhöfe. Allerdings, so räumt Ridge immerhin ein, sei die Gefahr eines Anschlags wohl etwas gesunken, seit die Hadsch, die muslimische Pilgerfahrt nach Mekka, zu Ende gegangen ist.

      Dass die Regierung trotzdem an der offiziellen Risikostufe festhält, halten einige skeptische Kommentatoren für Propaganda, um daheim das Volk in Paranoia zu versetzen und so für einen Krieg gegen den Irak gefügig zu machen.

      Dass er nicht zu oft "Böser Wolf!" rufen kann, ohne dass tatsächlich mal etwas Schlimmes passiert, wird Sicherheits-Minister Ridge inzwischen bemerkt haben. Mitten in seiner Rede zum Start der "Be Ready!"-Kampagne schaltete sich der Nachrichtensender CNN plötzlich aus, um aus einem Helikopter gefilmte "Breaking News" zu zeigen: Auf einem Fluss in New Jersey retteten zwei Feuerwehrleute in einem Ruderboot einen Schäferhund, der hilflos auf einer Eisscholle trieb. Die Fernsehnation feierte die Heldentat, fast sehnsüchtig nach einer Zeit, als Gefahren für das Leben noch sichtbar und abwendbar waren.
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      schrieb am 22.02.03 11:00:45
      Beitrag Nr. 330 ()
      Angela Merkel hat den Schwenk in der US-Außenpolitik nicht begriffen

      Zugegeben: Es ist ein großer Hintern, den die Regierung der einzig verbliebenen Supermacht derzeit dem Rest der Welt zeigt, wenn es um ihre Pläne geht, in den Irak einzumarschieren. Dennoch: So tief wie Angela Merkel muss niemand dort hineinkriechen. Und erst Recht gibt es keine Notwendigkeit, das Klopapier in Form eines Meinungsartikels in der Washington Post gleich vorneweg zu stopfen. Merkel machts trotzdem.

      So weit wäre das Verhalten der deutschen Oppositionsführerin einfach nur eklig und vielleicht auch ein bisschen peinlich. Man könnte im Übrigen aber getrost darauf hoffen, dass es der außenpolitisch ahnungslosen CDU-Parteichefin schon selbst auf die Füße fallen wird, sich im Ausland mit Positionen profilieren zu wollen, die mehr als drei Viertel der bundesrepublikanischen Bevölkerung ablehnen - und das noch unter der Überschrift "Schröder spricht nicht für alle Deutschen". :laugh:

      Allerdings verweisen Text und Besuchsintention Merkels auf ein Problem, das tatsächlich längerfristige Auswirkungen auf den Zuschnitt der deutschen und der europäischen Außenpolitik haben wird. Mehr noch als innerhalb der deutschen Sozialdemokratie weigern sich die CDU-Außenpolitiker, die neuen strategischen Überlegungen der US-Außenpolitik und das von Washington zunächst einseitig veränderte Konzept der Beziehungen zu den Bündnispartnern zur Kenntnis zu nehmen.

      Die Pflügers, Schäubles und eben auch Merkels hängen stattdessen einem USA-Bild an, das selbst in Zeiten des Kalten Krieges schon falsch war. Aber damals ging dieses Bild zumindest mit den objektiven Interessen der Bundesrepublik einher.
      Die westdeutsche Demokratie war mit US-Hilfe entstanden, Westberlin wurde mit US-Hilfe verteidigt, und so beantwortete in der bipolaren Welt allein die Bündniszugehörigkeit die wesentlichen Fragen westdeutscher Außenpolitik. Die Unionspolitiker agieren heute immer noch so, als sei der Treueschwur Richtung Washington eine hinreichende Handlungsanleitung und jede Wahrnehmung von Realität ungehörig. Im besseren Fall ist das nur ein taktisch motivierter Beißreflex gegen die Regierung. Im schlechteren Fall - und der ist zu befürchten - meinen sie das wirklich so.

      Damit ist die CDU-Spitze inhaltlich im Rückstand und im eigenen Land so isoliert wie Europas rechte Regierungen von ihren Bevölkerungen und die US-Regierung weltweit. Beruhigend nur, dass Merkels provinzielle Art, mit andienernden Meinungsbeiträgen im Ausland die Position der eigenen Regierung konterkarieren zu wollen, weltweit als niveaulos angesehen wird. Der Klassenunterschied etwa zum - ebenfalls konservativen - französischen Außenminister, der im Weltsicherheitsrat Standing Ovations für seinen Appell zum Frieden erhielt, ist offensichtlich.

      Immerhin öffnen sich der CDU-Politikerin nun in Washington alle Türen. Wie ein Staatsgast wird Merkel von der rechtskonservativen Ideologenclique in Washington empfangen, die sich angesichts derart herzerfrischender Naivität freudig die Hände reiben." BERND PICKERT

      taz Nr. 6987 vom 22.2.2003, Seite 1, 82 Zeilen (Kommentar), BERND PICKERT, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 11:24:32
      Beitrag Nr. 331 ()
      Zum Thema: "Merkel spricht für alle Deutschen" :laugh:


      Bush kommt schlecht weg
      Kriegsgefahr im Irak beunruhigt die Deutschen immer mehr. Bush auf Beliebtheitsskala ganz tief unten

      BERLIN dpa Die Kriegsgefahr im Irak beunruhigt die Deutschen immer mehr. Laut einer Politbarometer-Umfrage nach den großen Friedensdemonstrationen vom vergangenen Wochenende ist die Frage nach einer militärischen oder diplomatischen Lösung des Konflikts für 45 Prozent der Menschen das zur Zeit wichtigste Problem. Vor zwei Wochen seien es nur 20 Prozent gewesen, teilte das ZDF gestern mit. Auf die innenpolitische Bewertung der Parteien hat der Irakkonflikt dagegen kaum Auswirkungen. Bei der so genannten Sonntagsfrage änderte sich im Vergleich zu vor zwei Wochen nichts.

      US-Präsident George W. Bush kommt in der Bewertung der Bundesbürger schlecht weg: Auf einer Skala von minus fünf bis plus fünf erhielt er minus 2,7. "Ein so niedriger Wert wurde für einen wichtigen Politiker bisher noch nie erhoben", heißt es im Barometer. 65 Prozent stufen das Verhältnis Deutschlands zu den USA inzwischen als schlecht ein; noch im Oktober waren es laut ZDF nur halb so viele.
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 11:42:02
      Beitrag Nr. 332 ()
      Zerstörung ziviler Infrastruktur in einem Land, mitdem man (angeblich) keinen Krieg führt, als "Akt der Selbstverteidigung" - Völkerrecht nach Gutsherren-Art. :mad:


      USA: Angriff verteidigt
      Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag haben die USA gestern die Zerstörung von drei iranischen Ölanlagen im Persischen Golf 1987/88 als Akt zur Verteidigung der eigenen Sicherheit verteidigt.
      Forderungen Irans nach Schadenersatz seien nicht gerechtfertigt. (dpa)
      Avatar
      schrieb am 22.02.03 13:26:53
      Beitrag Nr. 333 ()
      Die USA sind bereits vom Intern. Gerichtshof wegen der völkerechtswidrigen VERMINUNG DER NICARAGUANISCHEN HÄFEN in den Achtziger JAhren (Nicaragua hatte damals zum ersten MAl seit JAhrzehnten NICht eine durch die USA installierte dikatorische SOMOZA-Regierung, sondern eine demokratisch gewählte Regierung!! Für die USA ein Grund, Krieg zu führen! ) rechtskräftig verurteilt worden!



      aber auch das kann noch erheblich gesteigert werden:

      die derzeitigen US-Pläne zur Unterwerfung des irakischen Volkes unter ein alleiniges "Reichsprotektoriat der USA" :

      Bush plant "rosige Zukunft" für Irak
      Vorhaben der USA für die Nachkriegszeit im Irak ähneln der Nachkriegsordnung in Deutschland: Militärverwaltung, "Entbaathisierung", Kriegsverbrecherprozesse. Exiliraker sollen keine Rolle spielen
      WASHINGTON taz Endlich ist die Katze aus dem Sack. Egal was der Uno-Sicherheitsrat entscheiden wird, die US-Regierung will den Irak nach dem Sturz Saddam Husseins vollständig kontrollieren. Bislang hatte das Weiße Haus beharrlich geschwiegen, ging es um Pläne für "den Tag danach". Dass die Planspiele im Weißen Haus weiter gereift sind als in der Öffentlichkeit angenommen, enthüllt nun die Washington Post in ihrer Freitagausgabe. Sie entsprechen in groben Zügen den bislang detailliertesten Szenarien, die James Fallows in der Zeitschrift Atlantic Monthly Ende letzten Jahres entworfen hat und sich wie eine Blaupause der Nachkriegsordnung in Deutschland lesen: humanitäre Hilfe, "Entbaathifizierung", US-Militärverwaltung, Kriegsverbrecherprozesse gegen Hussein und seinen engen Apparat und eine schrittweise Transformation zu einem demokratischen Staatswesen. Am Ende, so hofft US-Präsident George W. Bush, erwartet den Irak eine rosige Zukunft.

      Ein ziviler US-Verwalter soll die Regierung in Bagdad in der unmittelbaren Übergangszeit und vor allem die Verteilung von Hilfsgütern leiten. Im Gespräch ist der ehemalige General Jay M. Garner. Anschließend werde ein Hochkommissar eingesetzt, sobald das US-Militär das gesamte Land unter Kontrolle und die Massenvernichtungswaffen zerstört habe. Noch ist unklar, wer diesen Posten erhalten wird. Es soll ein US-Bürger "mit Format" sein, etwa ein ehemaliger Gouverneur oder ein Botschafter. Tommy Franks, der Oberbefehlshaber der US-Truppen im Nahen Osten und Afghanistan und ursprünglich für diese Aufgabe vorgesehen, werde jedoch die Militärverwaltung leiten, solange US-Soldaten im Irak seien.

      Exiliraker sollen nach den vorliegenden Plänen eher eine Randrolle übernehmen. Deutlich habe die USA Ideen von oppositionellen Exilirakern zur Bildung einer Übergangsregierung abgelehnt. Dem Chef des Irakischen Nationalkongresses (INC), Achmed Chalabi, sei sogar gedroht worden, dass jeder Schritt zur Bildung einer Übergangsregierung das Ende der Beziehungen zwischen den USA und dem INC zur Folge hätte.
      Dennoch soll eine Gruppe von 20 bis 25 Irakern die Amerikaner als Berater unterstützen. Irakische Oppositionsführer haben diese Szenarien bereits scharf kritisiert. Die britische Zeitung Guardian hatte wichtige irakische Oppositionelle zu den US-Plänen befragt. Dabei drohte Achmed Chalabi vom INC den USA sogar mit einem Aufstand gegen ihre Besatzungstruppen.

      Doch die gigantischen Kosten der Mammutaufgabe "Nation-Building" - die bei einem Alleingang der USA diesmal nicht wie 1991 überwiegend von Verbündeten geschultert würde - bereiten der Bush-Regierung erhebliches Kopfzerbrechen. Präsidentensprecher Ari Fleischer dämpfte diese Woche Erwartungen, die USA würden einen zweiten Marshallplan auflegen. Er empfahl, der Irak solle seinen Wiederaufbau am besten selbst finanzieren. "Irak ist ein reiches Land. Es hat Rohstoffe, die dem irakischen Volk gehören." Wenn die Wirtschaftssanktionen schließlich aufgehoben würden, könne der Irak wieder am Welthandel teilhaben. Die Botschaft hätte auch einfach lauten können: Okay, wir stürzen euren Diktator, aber den Rest müsst ihr irgendwie selbst regeln.

      Anatol Lieven vom Carnegie Center for International Peace in Washington warnt davor, die Situation im Irak mit der in Mitteleuropa nach 1945 zu vergleichen. "Es ist viel komplizierter und gefährlicher." Es gebe keine demokratische und rechtsstaatliche Tradition. Der Irak müsse sozusagen neu erfunden werden. Eine lange und starke Militärpräsenz sei zwingend notwendig, mit der sich die USA jedoch kaum Freunde in Nahost machen dürften. Lieven erwartet, dass Islamisten in Nachbarstaaten erstarken werden. Zwar hätten sie nicht die Kraft, in Ländern wie Jordanien oder Saudi-Arabien islamische Revolutionen auszulösen, könnten jedoch nur durch massive Repression der bestehenden Regierungen eingedämmt werden. Eine Demokratisierung des Nahen Ostens, wie von der Bush-Regierung proklamiert, sei somit unwahrscheinlich.

      Weit in die Zukunft blickt Eric Margolis, kanadischer Journalist für die Zeitung Toronto Sun und Nahost-Experte. Irak sei nur der Anfang einer völligen Neuordnung des Nahen Ostens. "Nicht Regime-, sondern Regionsveränderung ist das Ziel." Von Bagdad aus, das zur Freude von US-Rüstungsfirmen langfristig entweder direkt von einer US-Militärverwaltung oder einer Marionettenregierung geführt werde, solle der Druck vor allem auf die Nachbarstaaten Syrien und Iran erhöht werden. "Einst hatten hier europäische Großmächte ihre Einflusssphären abgesteckt. Jetzt will die neue Imperialmacht USA die regionale Landkarte zu ihren Gunsten neu zeichnen." "MICHAEL STRECK

      taz Nr. 6987 vom 22.2.2003, Seite 3, 135 Zeilen (TAZ-Bericht), MICHAEL STRECK
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      schrieb am 23.02.03 20:00:30
      Beitrag Nr. 334 ()
      Waffeninspektionen

      Iran auf dem Weg zur Atombombe

      Die Uno-Waffeninspektoren sind alarmiert: Bei einem Kontrollbesuch im Iran entdeckten sie spezielle Zentrifugen zur Anreicherung von Uranium. Sie fürchten, dass Iran der Atombombe näher ist als bisher angenommen - viel näher jedenfalls als der Irak. US-Präsident George W. Bush kommt erneut in Erklärungsnot.


      DPA

      Al-Baradei trifft in Teheran mit dem früheren iranischen Präsidenten Rafsandschani zusammen


      Hamburg - Die Mitarbeiter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) betraten die unterirdische Anlage mit den dicken Betonwänden und staunten nicht schlecht: Sie sahen gleich ein ganzes Netz hochentwickelter und aufeinander abgestimmter Maschinen, die der Anreicherung von Uranium dienen. Während ihres Iranbesuchs unter der Führung von IAEO-Chef Mohamed al-Baradei besuchten die Inspekteure die Anlage in Natanz, die sie ausdrücklich in ihr Besuchsprogramm aufgenommen haben wollten, nachdem eine iranische Oppositionsgruppe sie auf Tätigkeiten dort hingewiesen hatte.

      Westliche Diplomaten zeigten sich besorgt über den großen Fortschritt, den der Iran bei seinem Atomwaffenprogramm macht, dessen er verdächtigt wird. Nach Informationen der "New York Times" finden sich dort eine bedeutende Anzahl von Zentrifugen. Amerikanische Experten meinen, die Produktionsanlage in Natanz trage zu einem Atomwaffenprogramm bei, das die iranische Regierung dank pakistanischer Unterstützung betreibe, und das bereits viel weiter entwickelt sei als im Irak.

      Amerikanische Regierungsvertreter vermuten, dass das angereicherte Uranium für die Bestückung von Bomben oder Raketen bestimmt ist. Die iranische Seite allerdings besteht darauf, das Material zur zivilen Nutzung der Kernenergie zu verwenden. Ein Beweis dafür sei schließlich, dass man die Waffeninspekteure freiwillig nach Natanz geführt habe. In Natanz sei geplant, nur schwach angereichertes Uranium zu produzieren zur Nutzung in Atomkraftwerken, die allerdings noch nicht gebaut sind.

      Die Erkenntnisse aus dem Iran bringen US-Präsident George W. Bush erneut in Bedrängnis: Warum fokussiert seine Regierung so sehr auf den Irak, während die atomare Gefahr und die Gefahr der Verbreitung von Nuklearmaterial, die vom Iran, von Nordkorea oder von Pakistan ausgeht, offenbar weit größer ist?

      Der iranische Staatspräsident Mohammed Chatami versicherte dem IAEO-Direktor, Teheran sei bei der Inspektion seiner Atomanlagen zu einer ernsthaften Zusammenarbeit bereit. In einer Unterredung mit al-Baradei beteuerte Chatami erneut den friedlichen Zweck der iranischen Atomprojekte. Er beharrte jedoch auf dem unveräußerlichen Recht seines Landes, Nukleartechnologie zu nutzen.

      Die Regierung in Teheran ist offenbar bereit, ein Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen, das unangemeldete Uno-Kontrollen der Atomanlagen erlaubt. Das teilte al-Baradei in Teheran mit.

      Dennoch bleiben die Amerikaner skeptisch. Selbst wenn die Anlage in Natanz mit Monitoren und regelmäßigen Kontrollen überprüft werden sollte, befürchten sie, dass die Kenntnisse, die dort gewonnen werden auf andere, neue Laboratorien übertragen werden könnten. Oder dass Teile des produzierten Materials geheim aus Natanz in andere Produktionsanlagen gebracht werden könnten.

      Der US-Geheimdienst vermutet, der Iran werde Uranium im eigenen Land abbauen oder im Ausland kaufen. Das Rohmaterial würde in einer Anlage in Isfahan in Uranium Hexafluorid verwandelt, einem Gas. Dieses wiederum würde mittels der Zentrifugen in Natanz oder einem anderen, geheim gehaltenen Ort veredelt.

      Al-Baradei hat den Iran nach zwei Tagen verlassen, IAEO-Mitarbeiter werden sich allerdings insgesamt sieben Tage im Land aufhalten und Inspektionen der Anlagen in Arak, Isfahan und in der Hafenstadt Buschir vorbereiten. In Buschir bauen die Russen eine Atomanlage, die sie angeblich einmal mit leicht angereichertem Uranium versorgen werden.
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      schrieb am 24.02.03 12:07:15
      Beitrag Nr. 335 ()
      Irak-Krise

      Powells Werbefeldzug für den Krieg

      US-Außenminister Powell tourt derzeit durch die Welt, um skeptische Regierungen für den amerikanischen Kriegskurs zu gewinnen. Er appellierte an die chinesische Führung, eine neue Irak-Resolution nicht durch ein Veto zu stoppen. Chef-Waffeninspektor Blix schließt militärische Gewalt zur Abrüstung des Irak nicht mehr aus.


      REUTERS

      Colin Powell (li.) und Chinas Präsident Jiang Zemin: Suche nach Verbündeten


      Bagdad/Paris - In einem Interview des US-Nachrichtenmagazins "Time" sagte Hans Blix, die Regierung in Bagdad habe ihre Glaubwürdigkeit verloren. Die Diplomatie müsse möglicherweise mit Gewalt unterstützt werden. Blix hatte dem Irak am Wochenende bis zum 1. März Zeit gegeben, mit der Vernichtung der al-Samud-2-Raketen zu beginnen, deren Reichweite größer als die von der Uno erlaubten 150 Kilometer ist.

      Derweil versucht US-Außenminister Colin Powell die chinesische Führung davon zu überzeugen, eine neue Resolution gegen den Irak im Weltsicherheitsrat nicht durch ein Veto zu Fall zu bringen. Er traf am Montag zunächst mit dem chinesischen Außenminister Tang Jiaxuan und dem neuen Parteichef Hu Jintao zusammen. Später will auch Präsident Jiang Zemin den Chefdiplomaten empfangen.

      China hat sich bisher wie Frankreich und Russland für eine politische Lösung und eine Fortsetzung der Inspektionen im Irak eingesetzt. Nach Überzeugung des Direktors des Instituts für Internationale Angelegenheiten der renommierten Qinghua Universität in Peking, Yan Xuetong, wird China in seinem Abstimmungsverhalten weitgehend dem Beispiel Frankreichs und Russlands folgen. "Wenn Frankreich und Russland sich enthalten, wird China sich sicher auch enthalten", sagte Yan Xuetong. China wolle nicht die Führung gegen die USA übernehmen.


      DDP

      Jacques Chirac (li) und Gerhard Schröder wollen am Abend in Berlin ihr weiteres Vorgehen absprechen


      Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder beraten heute in Berlin über das weitere Vorgehen im Irak-Konflikt. An dem Gespräch nehmen auch die Außenminister Joschka Fischer und Dominque de Villepin teil. Kern der Unterredung dürften Beratungen über eine gemeinsame Reaktion auf einen Entwurf der USA und Großbritanniens für eine neue Uno-Resolution sein. Wie am Sonntag aus französischen Regierungskreisen verlautete, geht man in Paris davon aus, dass die USA den Entwurf wahrscheinlich am Dienstag im Weltsicherheitsrat einbringen werden.


      AP

      Auch Hans Blix hält eine militärische Intervention im Irak als letztes Mittel für möglicherweise notwendig


      Frankreich lehnt eine weitere Resolution ab. Diese Haltung würde von 10 der 15 Ratsmitglieder geteilt, hieß es am Sonntag in Paris. Die Frage eines französischen Vetos gegen eine Resolution, die Gewalt gegen Bagdad vorbereite, stelle sich damit gegenwärtig nicht. Vielmehr eröffne der letzte Bericht der Waffenkontrolleure vom 14. Februar "Perspektiven". Außenminister Dominique de Villepin kündigte in einem Interview der Zeitung "Le Figaro" einen französischen Zeitplan an, innerhalb dessen der Irak die ihm auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen habe. Der Plan werde in Form eines Memorandums dem Weltsicherheitsrat vorgelegt, erklärte Villepin. Paris befürwortet verschärfte Kontrollen, um den Irak zu entwaffnen.

      Uno-Generalsekretär Kofi Annan sagte, falls Irak nicht die nach Angaben der Kontrolleure weiter als erlaubt fliegenden Raketen zerstöre, müsse der Sicherheitsrat eine Entscheidung treffen. Der irakische Verbindungsoffizier zu den Vereinten Nationen, General Hossam Mohammed Amin, teilte mit, seine Regierung habe noch nicht über die von Blix geforderte Zerstörung bestimmter Kurzstreckenraketen entschieden.
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      schrieb am 25.02.03 11:46:26
      Beitrag Nr. 336 ()
      Raketentest

      Nordkorea lässt die Waffen klirren

      Nordkoreas Diktator Kim Jong Il liebt gezielte Provokationen. Trotz des Streits mit den USA über das Atomprogramm hat das kommunistische Land einen Raketentest unternommen. Der amerikanische Außenminister Powell spielte den Vorfall herunter.


      REUTERS

      Raketentest oder Manöver?


      Seoul - Ein Sprecher des Generalstabs in Seoul sagte am Dienstag, dass es sich wohl um eine "Anti-Schiffsrakete" gehandelt habe. Südkorea untersuche derzeit, ob es sich um den Test einer neuen Waffe gehandelt habe oder ob der Start der Rakete im Rahmen eines Manövers des nordkoreanischen Militärs erfolgt sei. Das Verteidigungsministerium in Seoul sammle Informationen über die Art des Geschosses, dessen Start- und Einschlagsort, hieß es weiter.


      Wohin führt der Atomstreit? Diskutieren Sie mit anderen SPIEGEL-ONLINE-Usern!

      Der mutmaßliche Raketentest erfolgte nur kurz vor der Amtseinführung des neuen südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun am Dienstag in Seoul. Zur Teilnahme an den Feierlichkeiten und zu Gesprächen über den Atomstreit mit Nordkorea waren auch US-Außenminister Colin Powell und der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi angereist.

      Powell spielte der Vorfall herunter. Er sagte am Dienstag in Seoul, der Raketenabschuss sei "ziemlich harmlos". Zudem habe die nordkoreanische Seite vorab über ihr Vorhaben informiert. Bei dem Abschuss sei zudem altes Gerät eingesetzt worden.

      Auch Japan verhielt sich gelassen. Falls es sich bei dem abgefeuerten Projektil tatsächlich um eine Anti-Schiffsrakete handelt, sei das keine Verletzung einer bilateralen Vereinbarung. Die im September vereinbarte Deklaration beziehe sich lediglich auf "ballistische Raketen", sagte die japanische Außenministerin Yoriko Kawaguchi am Dienstag.

      Nordkorea wird nach japanischen Informationen möglicherweise sehr schnell einen weiteren Raketentest unternehmen. Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo zitierte am Dienstag in Tokio mehrere namentlich nicht genannte Regierungsbeamte, wonach Informationen vorlägen, dass Pjöngjang am Mittwoch eine weitere Rakete abschießen werde.

      Von nordkoreanischer Seite wurde der Start der Rakete trotz Powells Erklärung zunächst nicht bestätigt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang sagte der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua, er habe davon nichts gehört.

      Der Start einer mehrstufigen nordkoreanischen Rakete im August 1998 hatte in der Region die Spannungen erhöht. Die Rakete war über japanisches Territorium hinweg in den Pazifik geflogen. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il hatte zuletzt im September 2002 angekündigt, sein Land wolle den seit 1999 geltenden Raketentest-Stopp über das Jahr 2003 hinaus verlängern.

      Der kommunistische Staat ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms stark unter internationalen Druck geraten. Südkoreas neuer Präsident will dennoch die Annäherungspolitik seines Vorgängers Kim Dae Jung fortsetzen.




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      schrieb am 25.02.03 18:28:02
      Beitrag Nr. 337 ()
      US-Beamte zum Weltsicherheitsrat

      "Ihr entscheidet nicht über einen Krieg"

      Sind es nur noch diplomatische Scheingefechte? Zwar behauptet der britische Premier Tony Blair: "Ich will keinen Krieg" und räumt Iraks Diktator Saddam Hussein noch eine "letzte Chance" ein. US-Diplomaten sprechen offenbar aber eine andere Sprache: Der Krieg sei beschlossene Sache, gleich wie der Weltsicherheitsrat entscheide.


      DPA

      Aus amerikanischer Sicht stimmt der Sicherheitsrat nicht über Krieg oder Frieden ab


      London/Washington - Amerikanische Beamte hätten die Position in Gesprächen mit den derzeitigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates deutlich gemacht, berichtet die Washington Post" am Dienstag unter Berufung auf ausländische Diplomaten.

      John Bolton, US-Staatssekretär im Außenministerium, habe der russischen Regierung am Montag mitgeteilt, dass Washington unabhängig von der Zustimmung des Weltsicherheitsrats handeln werde. Ein anderer ausländischer Diplomat sagte der Zeitung, ihm sei dasselbe gesagt worden. "Ihr entscheidet nicht darüber, ob es im Irak einen Krieg gibt oder nicht", habe ein US-Beamter gesagt. "Die Entscheidung treffen wir, und das ist bereits geschehen. Sie ist endgültig. Die einzige Frage ist, ob der Sicherheitsrat mitzieht oder nicht."

      Nach Auffassung Washingtons könnten die anderen Länder lediglich entscheiden, ob sie die Glaubwürdigkeit des Weltsicherheitsrates mit der Forderung nach einer Fortsetzung der Waffeninspektionen zerstören wollten, berichtete die "Washington Post".

      "Ich will keinen Krieg"


      AP

      Harter Kurs gegen Saddam: Tony Blair


      Am Mittag hatte Großbritanniens Premierminister Blair dagegen noch von einer letzten Chance für Saddam Hussein gesprochen. Die USA und Großbritannien würden ihren Entwurf einer zweiten Irak-Resolution für die Uno jetzt noch nicht zur Abstimmung bringen, sondern damit warten, sagte Blair. Die Uno-Waffeninspektoren könnten ihre Arbeit vorerst fortsetzen. "Ich will keinen Krieg", sagte Blair. Deshalb bekomme Saddam "eine weitere letzte Chance". Diesmal allerdings müsse er "100-prozentig kooperieren".

      "Passive anstelle von aktiver Kooperation wird nicht reichen", betonte Blair. Wenn Saddam jetzt nicht voll kooperiere, sei es auch nicht sinnvoll, den Waffeninspekteuren noch mehr Zeit zu geben: "Es ist nicht eine Frage der Zeit, sondern eine Frage des Willens."

      Weiter erklrte der Premier: "Die Vorstellung, dass die Inspektoren die Waffen und dazugehörige Dokumente ohne die Hilfe der irakischen Behörden aufspüren könnten, ist absurd." Waffeninspektoren seien keine Detektive, "und selbst wenn sie es wären, so ist Irak immer noch ein Land ungefähr der Größe Frankreichs", behauptete Blair. Womit er geografisch komplett daneben lag. Frankreich hat eine Fläche von rund 544.000 Quadratkilometern, der Irak ist lediglich 438.000 Quadratkilometer groß.

      Die britische Regierung ist "vorsichtig optimistisch", dass der jüngste Uno-Resolutionsentwurf zum Irak vom Sicherheitsrat angenommen wird. "Wir haben die Zusammensetzung des Sicherheitsrats studiert und glauben, dass wir die Resolution durchbekommen", sagte Mike O`Brien, Staatssekretär im Außenministerium, der BBC. Britische Zeitungen zeigten sich jedoch weniger zuversichtlich. Nach Informationen des "Daily Telegraph" schließen britische Diplomaten ein Veto durch Frankreich oder Russland nicht aus. Um die Verabschiedung werde es einen "harten Kampf" geben.

      Unmittelbar nach der Unterhaus-Erklärung Blairs trifft Bundesaußenminister Joschka Fischer in London mit seinem Amtskollegen Jack Straw zusammen. Auch eine Unterredung zwischen Fischer und Blair ist vorgesehen.

      In einer für Mittwoch anberaumten Unterhaus-Debatte zum Irak wird erheblicher Widerstand gegen den Kriegskurs von Blair erwartet. Bis zu 100 Labour-Abgeordnete könnten dabei gegen einen Regierungsantrag stimmen, in der der jüngste Uno-Resolutionsentwurf der USA, Großbritanniens und Spaniens als die "letzte Warnung" an Saddam Hussein bezeichnet wird.




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      schrieb am 25.02.03 20:48:20
      Beitrag Nr. 338 ()
      Friedensmission

      Blair kritisiert deutsche Vorschläge als absurd

      Die diplomatischen Bemühungen Deutschlands werden von Briten und Amerikanern empört zurückgewiesen. Außenminister Fischer blitzte mit seinen Vorschlägen bei seinem britischen Kollegen ab. US-Präsident George W. Bush rechnet mit weiteren Verzögerungsversuchen Saddam Husseins, der die Welt "zum Narren" halte.


      REUTERS

      Kämpfen für den Frieden: Schröder (l.) und Fischer


      London - Fischer äußerte sich frustriert nach seinen Gesprächen mit dem britischen Premierminister Tony Blair und Außenminister Jack Straw. Die "unterschiedlichen Standpunkte" der beiden Länder zu einer neuen Uno-Resolution blieben bestehen, sagte der Grünen-Politiker in London. Der Standpunkt der Bundesregierung sei weiterhin, dass die verabschiedete Uno-Resolution 1441 "die Grundlage bleiben" müsse. "Wir arbeiten sehr daran, dass die 1441 umgesetzt wird. Exakt auf dieser Linie sollten wir uns weiter bewegen", sagte Fischer.

      Mit scharfen Worten hatte der britische Premier zuvor die deutsch-französische Friedensinitiative kritisiert. Das Memorandum aus Berlin und Paris, das Diplomaten gestern dem Uno-Sicherheitsrat vorlegten, empfiehlt eine Verlängerung der Waffen-Inspektionen im Irak. Vor dem Parlament in London sprach Blair am Dienstag von einer "absurden Vorstellung", die Inspektoren könnten ohne volle Kooperation Iraks irgendwelche Massenvernichtungswaffen finden. Die USA und Großbritannien warben am Dienstag weiter für ihren Resolutionsentwurf, der auf militärischen Druck setzt.

      Anders dagegen der deutsche Außenminister. Ein Krieg würde "unabsehbare Risiken" mit sich bringen, sowohl humanitäre als auch politische, warnte Fischer. "Wir müssen alles tun, um einen Krieg zu verhindern", forderte er. Auf die Frage eines britischen Reporters, ob ein Krieg gegen den Irak nicht schon lange beschlossene Sache sei, antwortete er: "Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben."

      Zu Berichten, wonach sich der irakische Präsident Saddam Hussein weigert, seine Al-Samoud-2-Raketen zu vernichten, sagte Fischer: "Das ist reine Spekulation. Er (Saddam) weiß, was er zu tun hat." Das deutsch-amerikanische Verhältnis bezeichnete Fischer als "schwierig, nicht schrecklich". Das Verhältnis zu Großbritannien sei "ausgezeichnet", trotz der "Meinungsverschiedenheit" in der Irak-Politik: "Wir sind wirkliche Freunde."

      Auch Kanzler Schröder versucht, auf diplomatischem Wege doch noch einen Krieg zu verhindern. Am Mittwoch reist er zu Russlands Präsident Wladimir Putin, um das weitere Vorgehen von Berlin, Moskau und Paris zu erörtern.

      Blair hatte Saddam Hussein am Dienstag in einer Regierungserklärung eine "weitere letzte Chance" zur Vermeidung eines Krieges zugestanden. Dabei könne es aber nicht darum gehen, den Waffeninspektoren im Irak mehr Zeit zu geben, sagte Blair unter Anspielung auf das von Deutschland unterstützte Memorandum. "Es geht nicht um Zeit, sondern um den Willen zur Abrüstung." Seine Regierung werde in den "nächsten Wochen" daran arbeiten, die Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft wieder herzustellen.

      Bush: "Wir brauchen keine zweite Resolution"

      George W. Bush machte unterdessen deutlich, dass die USA auch ohne neue Uno-Resolution zum Einmarsch im Irak bereit sind. "Natürlich hätten wir gerne eine positive Abstimmung", sagte Bush über den am Montag eingebrachten neuen Resolutionsentwurf. Darin sollen die 15 Mitglieder feststellen, dass der Irak seine Abrüstungsverpflichtungen "erheblich verletzt" hat. "Es wäre hilfreich und nützlich, aber ich glaube nicht, das wir eine zweite Resolution brauchen."

      Er rechne mit weiteren Versuchen von Saddam Hussein, die Weltöffentlichkeit "zum Narren zu halten". Ein Krieg sei nur dann abzuwenden, wenn der Irak völlig entwaffnet werde, sagte Bush nach einem Treffen mit seinen Wirtschaftsberatern im Weißen Haus.

      Bush ermahnte den Weltsicherheitsrat erneut, zu seinem Wort zu stehen. In der Irak-Resolution von November waren der Regierung in Bagdad "ernsthafte Konsequenzen" angedroht worden, wenn die Auflagen zur Abrüstung nicht voll und ganz erfüllt werden.

      Bagdad informiert Uno über Bombe

      Bagdad informierte die Uno-Waffeninspektoren unterdessen nach Angaben ihres Chefs, Hans Blix, einige handgeschriebene Dokumente über die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen 1991 entdeckt zu haben. Der Irak habe außerdem mitgeteilt, eine R-400-Bombe gefunden zu haben, die Flüssigkeit enthalte, sagte Blix. Die vom Irak angegebene Bombe sei in einer Region entdeckt worden, das den Uno-Experten als früheres Beseitigungsgebiet biologischer Waffen bekannt sei. Der Irak habe die Angaben in sechs Briefen gemacht, die in den vergangenen drei Tagen an seine Kommission gesandt worden seien, sagte Blix.

      Er bezeichnete die Mitteilungen als positiv, verwies jedoch zugleich darauf, dass diese noch genau überprüft werden müssten. "Jetzt muss all diesem nachgegangen werden, aber dies sind neue Elemente", sagte Blix.
      Avatar
      schrieb am 25.02.03 22:05:34
      Beitrag Nr. 339 ()
      Ich hasse zwar das nordkoeanische Regime, aber die finden wenigstens den richtigen Ton gegenüber den arroganten Amis.

      "Wenn ihr uns per Seeblockade sanktionieren wollt, scheißen wir euch eine A-Bombe auf den Kopf"

      Sowas verstehen die Amis...und schon bieten sie Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe an.

      aber wehe der Gegner ist schwach und kann sich nicht wehren.....
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 19:03:05
      Beitrag Nr. 340 ()
      Irak nach dem Krieg

      "Schlacht um die Zukunft der muslimischen Welt"

      George W. Bush wähnt sich auf historischer Mission: Mit einem Sieg gegen den Irak will er die arabische Welt in Richtung Demokratie bewegen, wie seine Vorgänger die Philippinen durch den Sturz von Diktator Marcos. Kritiker halten die Vision, die der Präsident heute in einer Rede darlegen will, für blauäugig. Wenn Bush wirklich Frieden wolle, müsse er den Nahostkonflikt lösen.


      REUTERS

      Oberbefehlshaber Bush: "Schlacht um die Zukunft"


      Washington - Es ist eine Art positive Domino-Theorie: Plagte die Vereinigten Staaten im Kalten Krieg die beständige Angst, dass der Kommunismus sich wie ein Virus in der Welt ausbreiten könnte, so hoffen sie jetzt auf eine demokratische Kettenreaktion, die von einem demokratischen Musterstaat Irak ausgehen soll.

      In einer Rede vor dem American Enterprise Institute will Präsident Bush heute Abend seine Vision für einen Irak nach dem Krieg darlegen, wie die "Washington Post" berichtet. Was nun anstehe, sei nichts Geringeres als die "Schlacht um die Zukunft der muslimischen Welt", zitiert die Zeitung den Präsidenten aus einer Vorabversion der Rede. Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz springt Bush zur Seite und zieht das US-Engagement auf den Philippinen zum historischen Vergleich heran. Dass die USA damals den Diktator Ferdinand Marcos gegen die demokratisch gesinnte Corazon Aquino austauschten, habe nicht nur den Philippinos geholfen, sondern in ganz Asien für Umdenken gesorgt. "Wenn es im befreiten Irak eine Regierung gäbe, die die Leute anständig behandelt, könnte das ein Zeichen setzen für den ganzen Nahen Osten", glaubt Wolfowitz.

      Doch ganz so einfach wird es wohl nicht werden: Kritiker wie Shibley Telhami von der University of Maryland warnen, dass eine US-Invasion im Irak nur das imperialistische Bild bestätigen würde, das die meisten arabischen Länder ohnehin von den Vereinigten Staaten haben. Schließlich hatten frühere US-Regierungen stets auf die starken Männer in der Region gesetzt, weil die mit ihren autokratischen Systemen für Ruhe sorgten.

      Fawaz Gerges, Nahost-Spezialist am Sarah Lawrence College, glaubt, dass es sich die USA zu einfach machen. Eine stabile neue Regierung einzusetzen oder gar 23 Millionen Irakis in Richtung Demokratie zu bewegen, sei eine komplexe Aufgabe, meint Gerges. "Wie die Regierung sich das vorstellt, das klingt eher nach einem Märchen."

      Inzwischen sind aber auch nachdenklichere Stimmen zu hören. Um dem Nahen Osten demokratische Ideen nahe zu bringen, sagt Außenminister Colin Powell, müsse man sich auch um die 65 Millionen Analphabeten in der Region kümmern und um die zehn Millionen Kinder ohne Schulunterricht. Wenn die USA sich dieser Probleme nicht auch annähmen, so Powell, sei jeder Plan "auf Sand gebaut".


      DPA

      Ariel Scharon zu Besuch bei George W. Bush: "Unparteiische Lösung"


      Es gäbe allerdings wohl einen Weg, wie sich die USA in der arabischen Welt neues Ansehen erarbeiten könnten: Das große ungelöste Problem der Region ist und bleibt der Nahost-Konflikt. Israels arabische Nachbarn sehen in der US-Außenpolitik eine bedingungslose Unterstützung für die Politik des Hardliners Ariel Scharon. Wenn sich die Regierung Bush hier wieder stärker und vor allem unparteiisch engagiere, könne das ihrer eigenen Reputation enormen Auftrieb bringen, meint Judith Kipper vom Zentrum für strategische Studien. "Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern können, wenn überhaupt, nur die USA beenden. Wenn sie das schaffen, würde das dem Anti-Amerikanismus in der Region gehörig den Wind aus den Segeln nehmen."
      Avatar
      schrieb am 26.02.03 19:06:27
      Beitrag Nr. 341 ()
      Resolutionen US-amerikanischer Städte gegen einen Krieg /Resolutions opposing a pre-emptive U.S. Military Attack on Iraq
      Beschlüsse aus der City of Urbana, Chicago, Detroit, Cleveland, Philadelphia

      In den frühen 80er Jahren hatten sich in der Bundesrepublik Deutschland viele Städte und Gemeinden zu "atomwaffenfreien Zonen" erklärt. Dies war eine sehr wirkungsvolle politische Form des Protestes vom Kommunalparlamenten gegen die Stationierung neuer Atomraketen auf deutschem Boden. Die Stadt Kassel war damals die erste Großstadt, der dieses Verdienst zukam. Der Kasseler Oberbürgermeister, er hieß damals Hans Eichel, siedelte in den Folgejahren das Koordinierungsbüro der "Gemeinden für den Frieden" in seinem Rathaus an. An den Ausfallstraßen und an einigen zentralen Plätzen wurden Schilder angebracht, die auf die Atomwaffenfreiheit der Stadt aufmerksam machten.
      Diese Zeiten sind vorbei. Hans Eichel ist inzwischen Bundesfinanzminister und hat möglicherweise andere Sorgen als die um den Frieden. Die CDU geführte Stadtregierung hat längst alle Hinweisschilder wieder abmontieren lassen. Und auch sonst tut sich wenig in den Kommunalparlamenten anderer Städte. Mit Ausnahme von Kommunalabgeordneten und Landtagsabgeordneten sowie Regierungsvertretern, die in den letzten Wochen zu Hunderten im ganzen Land den "Priegnitzer Appell" unterschrieben haben, eine Meinungsäußerung politischer Mandatsträger gegen den drohenden Irakkrieg und einer deutschen Beteiligung daran.
      In den USA hat sich eine mittlerweile sehr breite Bewegung auf kommunaler Ebene gegen den Krieg entwickelt. Berichte sprechen von über 70 Städten, die sich mehrheitlich gegen den Krieg erklärt haben. Vor wenigen Tagen hat sogar der Bundesstaat Maine einen entsprechenden Beschluss gefasst.
      Im Folgenden dokumentieren wir in deutscher Übersetzung eine besonders gut gelungene Resolution des Stadtrats von Urbana. Anschließend folgen ein paar weitere Resolutionen im amerikanischen Original.


      City Council of the City of Urbana [Stadtrat von Urbana], US-Bundesstaat Illinois
      Resolution gegen einen Krieg gegen den Irak

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS sich die zwischen dem Irak und der Weltgemeinschaft bestehenden Probleme nicht als solche erwiesen haben, die nicht mit herkömmlichen diplomatischen Mitteln gelöst werden können;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die Vereinigten Staaten, gesetzlich und moralisch, dazu verpflichtet sind, internationale Probleme in Übereinstimmung mit dem Internationalen [öffentlichen] Recht und der Charta der Vereinten Nationen zu lösen;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS der Krieg mit dem Irak das Leben der amerikanischen Soldaten in Gefahr bringen wird und viele unschuldige irakische Zivilisten töten wird - ohne dadurch den Schutz und die Sicherheit von U.S. Bürgern zu gewährleisten;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die dem Irak - auf Verlangen der Vereinigten Staaten - durch die Vereinten Nationen auferlegten Sanktionen zum Tod von Hunderttausenden von Nicht-Kombatanten geführt haben, darunter eine überwältigende Anzahl von solchen unter 5 Jahren;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS der vergangene militärische Konflikt in dieser Region weitreichende Zerstörungen der Lebensbedingungen und lang anhaltende Gesundheitsprobleme für die Irakis und für die U.S.-Soldaten zur Folge hatte - Auswirkungen, die bislang weder gelindert noch richtig aufgeklärt wurden;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS endgültige Sicherheit für die Einwohner von Urbana [im einzelnen] und für die Vereinigten Staaten insgesamt davon abhängig ist, dass mit allen Nationen kooperativ zusammengearbeitet wird - um Armut, Ungerechtigkeit, Ungleichheit, Absinken des Lebensstandards sowie andere Faktoren zu beseitigen, die Krieg und Terrorismus hervorbringen;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die für den Staatshaushalt zuständige Kongress-Behörde schätzt, dass eine Militäraktion gegen den Irak unsere Nation zwischen 9 bis 13 Billionen Dollar pro Monat kosten wird - was weitere Einschnitte bei den bundesstaatlich finanzierten Projekten und Programmen, die unserer Stadt und unseren Bürgern zugute kommen, nach sich ziehen wird;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die Kosten eines Kriegs und der damit einhergehende weitere Anstieg der Defizite drastische Auswirkungen mit sich brächte für die Einwohner des Bundesstaats Illinois, der bereits jetzt konfrontiert ist mit der viertschlimmsten Haushaltskrise im Land, sowie mit dem Umstand, dass auch 80% der Schuldistrikte im Bundesstaat dieses Jahr eine Haushaltkrise gegenwärtigen, sowie mit dem Umstand, dass die Stadt Urbana dieses Jahr den Wegfall von Finanzausgleichsmitteln aus dem Staatshaushalt gegenwärtigen muss;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die Billionen von Dollars, die für den Krieg ausgegeben werden sollen, besser ausgegeben werden sollten für Schulen, Ernährung, Gesundheitsfürsorge, Wohnungsbau, Infrastruktureinrichtungen, und - ganz allgemein - zur Beseitigung der Armut;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS der Widerstand gegen einen Krieg gegen den Irak ständig anwächst - was an Folgendem gesehen werden kann: bis heute haben 42 Städte Anti-Kriegs-Resolutionen beschlossen; geschätzte 250.000 [Menschen] haben in Washington demonstriert, um einen Krieg zu verhindern; die Katholische Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten, das Welt-Konzil der Kirchen, NAACP und zahlreiche Vereinigung sind gegen den Krieg; und örtliche Friedensdemonstrationen finden seit einem Jahr durchschnittlich einmal pro Woche statt;

      IN ANBETRACHT DESSEN, DASS die Bürger von Urbana und ihre örtlichen gewählten Vertreter das verfassungsmäßige Recht haben, in dieser Angelegenheit von außerordentlicher Bedeutung für unsere Kommune eine Petition an die Bundesregierung zu richten - als Teil der nationalen und internationalen Debatte, die jetzt stattfindet;

      SEI DAHER HIERMIT BESCHLOSSEN, dass wir, die Mitglieder des Stadtrats von Urbana, eine U.S. Invasion in den Irak ablehnen; und

      SEI HIERMIT AUSSERDEM BESCHLOSSEN, dass wir von den Vereinigten Saaten verlangen, [erstens] im Rahmen der Vereinten Nationen darauf hinzuwirken, dass der Irak entwaffnet wird - und [zweitens] die Verpflichtung unserer Nation auf die Einhaltung des Rechts in allen internationalen Beziehungen zu bekräftigen; und

      SEI HIERMIT AUSSERDEM BESCHLOSSEN, dass wir die Regierung der Vereinigten Staaten aufrufen, alle Schritte dahingehend zu unternehmen, dass die UN-Sanktionen gegen den Irak aufgehoben werden, und

      SEI HIERMIT AUSSERDEM BESCHLOSSEN, dass wir von den Vereinigten Staaten verlangen, beizutragen zur Milderung und Heilung der Haushaltskrise, mit welcher die Mehrheit der Bundesstaaten konfrontiert ist - sowie [von der Unionsebene] verlangen, dass sie die Bundesmittel für die einzelnen Bundesstaaten, für die Schuldistrikte und für die selbstverwalteten Städte anhebt; und

      SEI HIERMIT AUSSERDEM BESCHLOSSEN, dass wir den Bürgermeister/Stadtdirektor anweisen, umgehend Kopien dieser Resolution an Präsident George W. Bush zu senden, an Vizepräsident Richard Cheney, an Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, an die U.S. Senatoren [des Bundesstaats Illinois im Unions-Senat in Washington DC.] Peter Fitzgerald und Richard Durbin, an den U.S. Kongressabgeordneten Tim Johnson, an den Gouverneur des Bundesstaats Illinois Rod Blagojevich, und an die örtlichen Mitglieder des Landesparlaments und Senats von Illinois.

      Verabschiedet vom Stadtrat von Urbana* an diesem 3. Tag des Februars, 2003.
      Avatar
      schrieb am 27.02.03 12:45:42
      Beitrag Nr. 342 ()
      Donnerstag, 27. Februar 2003
      "Leuchtendes Beispiel" Irak
      Bush sieht Chancen für Nahost

      Für US-Präsident George W. Bush würde ein Sturz des irakischen Herrschers Saddam Hussein den Weg zum Frieden im Nahen Osten frei machen und die Demokratie in der ganzen arabischen Welt fördern. "Eine neue Regierung im Irak würde als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen", sagte Bush in Washington.

      Bush sagte, es sei nicht einfach, den Irak nach dem Sturz Saddam Husseins zu stabilisieren. "Aber es gibt keine Entschuldigung dafür, die Folterkammern und Giftlabors des irakischen Regimes intakt zu lassen", sagte er in Washington. Von einem Regimewechsel im Irak würden vor allem die Palästinenser profitieren, sagte der US-Präsident, der über einen Irak nach der Entmachtung von Saddam in weiten Teilen seiner Rede als Faktum sprach.

      Wenn mit dem Regime in Bagdad eine Finanzierungsquelle für den Terrorismus ausgeschaltet sei, seien die Palästinenser besser in der Lage, eine neue Führung zu wählen, die den Frieden suche.
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      Donnerstag, 27. Februar 2003
      "Leuchtendes Beispiel" Irak
      Bush sieht Chancen für Nahost

      Für US-Präsident George W. Bush würde ein Sturz des irakischen Herrschers Saddam Hussein den Weg zum Frieden im Nahen Osten frei machen und die Demokratie in der ganzen arabischen Welt fördern. "Eine neue Regierung im Irak würde als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen", sagte Bush in Washington.

      Bush sagte, es sei nicht einfach, den Irak nach dem Sturz Saddam Husseins zu stabilisieren. "Aber es gibt keine Entschuldigung dafür, die Folterkammern und Giftlabors des irakischen Regimes intakt zu lassen", sagte er in Washington. Von einem Regimewechsel im Irak würden vor allem die Palästinenser profitieren, sagte der US-Präsident, der über einen Irak nach der Entmachtung von Saddam in weiten Teilen seiner Rede als Faktum sprach.

      Wenn mit dem Regime in Bagdad eine Finanzierungsquelle für den Terrorismus ausgeschaltet sei, seien die Palästinenser besser in der Lage, eine neue Führung zu wählen, die den Frieden suche. Von Israel erwarte er die Unterstützung für die Einrichtung eines Palästinenserstaates.

      In seiner Rede warf er Irak zudem vor, Selbstmordattentäter zu finanzieren. Irak hatte dies stets zurückgewiesen.

      Bush hob hervor, es sei immer noch Zeit, um einen Krieg zu verhindern. Die US-Truppen seien aber kampfbereit. In einer Reaktion auf Kritiker, die ihm vorhalten, ein Krieg destabilisiere die ganze Region, sagte Bush, ein Sturz Saddam Husseins fördere eher den Friedensprozess im Nahen Osten. Denn damit verschwinde die Bedrohung durch eine Macht, die die Region mit Massenvernichtungswaffen beherrschen wolle. Ein befreiter Irak könne die Region beleben und Millionen Menschen Hoffnung und Fortschritt bringen, sagte Bush.

      Den Einsatz der USA für den demokratischen Wiederaufbau eines kriegszerstörten Irak verglich Bush mit den Anstrengungen der Amerikaneer zum Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Regierung habe dort keine Besatzerarmeen, sondern Verfassungen und Parlamente hinterlassen, so der US-Präsident. "Wir haben eine Atmosphäre der Sicherheit geschaffen, in der verantwortungsbewusste einheimische Führungspersönlichkeiten Institutionen der Freiheit aufbauen konnten."

      Auch im Irak hätten die USA nicht vor, die genaue Zusammensetzung der künftigen Regierung zu bestimmen. "Diese Entscheidung liegt beim irakischen Volk. Wir werden aber sicherstellen, dass nicht ein brutaler Diktator den anderen ersetzt."

      Saddam Hussein seinerseit hat in einem Interview den Gang ins Exil weiterhin strikt abgelehnt. "Wir werden in diesem Land sterben und unsere Ehre behalten ", sagte er dem US-Sender CBS.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3103576.html



      In seiner Rede warf er Irak zudem vor, Selbstmordattentäter zu finanzieren. Irak hatte dies stets zurückgewiesen.

      Bush hob hervor, es sei immer noch Zeit, um einen Krieg zu verhindern. Die US-Truppen seien aber kampfbereit. In einer Reaktion auf Kritiker, die ihm vorhalten, ein Krieg destabilisiere die ganze Region, sagte Bush, ein Sturz Saddam Husseins fördere eher den Friedensprozess im Nahen Osten. Denn damit verschwinde die Bedrohung durch eine Macht, die die Region mit Massenvernichtungswaffen beherrschen wolle. Ein befreiter Irak könne die Region beleben und Millionen Menschen Hoffnung und Fortschritt bringen, sagte Bush.

      Den Einsatz der USA für den demokratischen Wiederaufbau eines kriegszerstörten Irak verglich Bush mit den Anstrengungen der Amerikaneer zum Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Regierung habe dort keine Besatzerarmeen, sondern Verfassungen und Parlamente hinterlassen, so der US-Präsident. "Wir haben eine Atmosphäre der Sicherheit geschaffen, in der verantwortungsbewusste einheimische Führungspersönlichkeiten Institutionen der Freiheit aufbauen konnten."

      Auch im Irak hätten die USA nicht vor, die genaue Zusammensetzung der künftigen Regierung zu bestimmen. "Diese Entscheidung liegt beim irakischen Volk. Wir werden aber sicherstellen, dass nicht ein brutaler Diktator den anderen ersetzt."

      Saddam Hussein seinerseit hat in einem Interview den Gang ins Exil weiterhin strikt abgelehnt. "Wir werden in diesem Land sterben und unsere Ehre behalten ", sagte er dem US-Sender CBS.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3103576.html



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      Donnerstag, 27. Februar 2003
      "Leuchtendes Beispiel" Irak
      Bush sieht Chancen für Nahost

      Für US-Präsident George W. Bush würde ein Sturz des irakischen Herrschers Saddam Hussein den Weg zum Frieden im Nahen Osten frei machen und die Demokratie in der ganzen arabischen Welt fördern. "Eine neue Regierung im Irak würde als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen", sagte Bush in Washington.

      Bush sagte, es sei nicht einfach, den Irak nach dem Sturz Saddam Husseins zu stabilisieren. "Aber es gibt keine Entschuldigung dafür, die Folterkammern und Giftlabors des irakischen Regimes intakt zu lassen", sagte er in Washington. Von einem Regimewechsel im Irak würden vor allem die Palästinenser profitieren, sagte der US-Präsident, der über einen Irak nach der Entmachtung von Saddam in weiten Teilen seiner Rede als Faktum sprach.

      Wenn mit dem Regime in Bagdad eine Finanzierungsquelle für den Terrorismus ausgeschaltet sei, seien die Palästinenser besser in der Lage, eine neue Führung zu wählen, die den Frieden suche. Von Israel erwarte er die Unterstützung für die Einrichtung eines Palästinenserstaates.

      In seiner Rede warf er Irak zudem vor, Selbstmordattentäter zu finanzieren. Irak hatte dies stets zurückgewiesen.

      Bush hob hervor, es sei immer noch Zeit, um einen Krieg zu verhindern. Die US-Truppen seien aber kampfbereit. In einer Reaktion auf Kritiker, die ihm vorhalten, ein Krieg destabilisiere die ganze Region, sagte Bush, ein Sturz Saddam Husseins fördere eher den Friedensprozess im Nahen Osten. Denn damit verschwinde die Bedrohung durch eine Macht, die die Region mit Massenvernichtungswaffen beherrschen wolle. Ein befreiter Irak könne die Region beleben und Millionen Menschen Hoffnung und Fortschritt bringen, sagte Bush.

      Den Einsatz der USA für den demokratischen Wiederaufbau eines kriegszerstörten Irak verglich Bush mit den Anstrengungen der Amerikaneer zum Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Regierung habe dort keine Besatzerarmeen, sondern Verfassungen und Parlamente hinterlassen, so der US-Präsident. "Wir haben eine Atmosphäre der Sicherheit geschaffen, in der verantwortungsbewusste einheimische Führungspersönlichkeiten Institutionen der Freiheit aufbauen konnten."

      Auch im Irak hätten die USA nicht vor, die genaue Zusammensetzung der künftigen Regierung zu bestimmen. "Diese Entscheidung liegt beim irakischen Volk. Wir werden aber sicherstellen, dass nicht ein brutaler Diktator den anderen ersetzt."

      Saddam Hussein seinerseit hat in einem Interview den Gang ins Exil weiterhin strikt abgelehnt. "Wir werden in diesem Land sterben und unsere Ehre behalten ", sagte er dem US-Sender CBS.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3103576.html



      " Von Israel erwarte er die Unterstützung für die Einrichtung eines Palästinenserstaates." :laugh::laugh:

      warum unterstützt den die US-Regierung die Politik Israels, die Resolutionen seit Jahrzehnten bricht. :laugh:
      Avatar
      schrieb am 27.02.03 17:05:21
      Beitrag Nr. 343 ()
      Kriegsvorbereitungen

      Türkisches Parlament bremst US-Truppenaufmarsch

      Ankara und Washington haben sich über die militärischen Bedingungen für eine Stationierung amerikanischer Soldaten in der Türkei verständigt. Damit können die USA im Krieg gegen den Irak eine Nordfront aufbauen. Allerdings hat das Parlament überraschend beantragt, die Abstimmung über die Stationierung amerikanischer Truppen erneut zu verschieben.

      Ankara - Die türkische Regierungspartei AKP hat am Donnerstag überraschend eine Verschiebung der Debatte im Parlament über die Genehmigung des US-Truppenaufmarschs beantragt. Salih Kapuzuz, führendes Mitglied der AKP im Parlament, sagte in Ankara, die Debatte solle auf Samstag verschoben werden. Parteichef Tayyip Erdogan hatte zuvor gesagt, er rechne mit der Debatte noch am Donnerstag. Über den Antrag zur Verschiebung muss nun ein Parlamentsausschuss entscheiden. Beobachter vermuten, dass der Ausschuss dem Antrag der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) folgen wird.

      Zuvor hatte der türkische Verteidigungsminister Vecdi Gonul berichtet, Washington und Ankara seien sich über die Bedingungen des Truppenaufmarsches an der Nordfront zum Irak einig geworden. Aus Regierungskreisen hieß es außerdem, auch in politischen und wirtschaftlichen Fragen stehe eine baldige Übereinkunft bevor.

      Der türkische Fernsehsender NTV berichtete, Ankara und Washington hätten sich darauf verständigt, dass US-Offiziere die kurdischen Oppositionsgruppen im Norden Iraks unter Aufsicht der türkischen Armee be- und entwaffnen. Die Türkei fürchtet, dass eine Bewaffnung der irakischen Kurden diese zur Ausrufung eines eigenen Staates veranlassen könnte.

      Die USA drängen auf eine schnelle Zustimmung der Türkei zur Truppenstationierung. Sie wollen rund 62.000 Soldaten, 255 Kampfflugzeuge und 65 Hubschrauber in die Türkei entsenden, um eine nördliche Front gegen den Irak aufzubauen. Im Gegenzug haben sie der Türkei finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe zugesichert.

      Das türkische Außenministerium forderte am Donnerstag alle türkischen Staatsbürger auf, den Irak zu verlassen. Bereits am Mittwoch hatte die Türkei ihren Botschafter aus Bagdad abgezogen.




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      schrieb am 27.02.03 21:12:27
      Beitrag Nr. 344 ()
      Irak-Krise

      Putin und Bush formen überraschende Allianz

      Erst gab sich Russlands Präsident Putin als Friedensfreund, nun kungelt er plötzlich mit dem US-Präsidenten. Gemeinsam mit den Amerikanern will er einen Aktionsplan aufstellen, der die "Weltinteressen" berücksichtigen soll. George W. Bush bleibt derweil auf Kriegskurs: Die Anküdigung Saddams, seine Raketen zu zerstören, sei nichts als eine Täuschung.


      AP

      Die Präsidenten Bush und Putin sind sich in ihrem Telefonat offenbar näher gekommen


      Washington/Bagdad - "Die Diskussion um diese Raketen ist Teil seiner Kampagne der Täuschung", sagte Bush. Erst heiße es, die Raketen würden nicht zerstört, dann habe der irakische Diktator Saddam Hussein plötzlich am Wochenende einen Sinneswandel durchgemacht, um erklären zu können, der Irak habe abgerüstet.

      Ein solches Ablenkungsmanöver würde er nicht gelten lassen, sagte Bush und forderte, dass der Irak vollständig entwaffnet werde. Der Irak hatte zuvor angekündigt, er werde innerhalb von 48 Stunden auf die Forderung der Waffeninspektoren antworten, die umstrittenen Samoud-2-Raketen zu zerstören.

      Nach Informationen der britischen BBC werfen die Uno-Waffeninspektoren in ihrem für Samstag vorgesehen Report dem Irak mangelnde Zusammenarbeit vor. Nach eigenen Angaben liegt dem Sender ein Entwurf des unveröffentlichten Berichts vor, den Blix dem Uno-Sicherheitsrat präsentieren will. Darin sagt Blix laut BBC, "der Irak hätte größere Anstrengungen unternehmen können, verbotene Waffen zu finden oder ihre Vernichtung zu beweisen".

      Unterdessen ergab sich eine überraschende diplomatische Entwicklung: Der russische Staatschef Wladimir Putin telefonierte am Donnerstag mit seinem Amtskollegen George W. Bush, beide erörterten die Irak-Krise. Offenbar vereinbarten die beiden Staatsschefs eine gemeinsame Initiative im Weltsicherheitsrat, der auch die bisherigen Kriegsgegner möglicherweise zustimmen könnten.

      Beobachter hatten schon länger darauf verwiesen, dass Russland eine offene Konfrontation mit den USA in der Irak-Frage vermeiden möchte. Bush und Putin hätten sich darauf geeinigt, in dem Gremium einen "Einsatzplan" anzustreben, der die Interessen der gesamten internationalen Gemeinschaft berücksichtige, teilte der Pressedienst des Kremls mit. Wie dieser Plan allerdings aussehen soll, das ist bislang unbekannt. Details verlauteten weder von russischer noch von amerikanischer Seite.

      Der Uno-Sicherheitsrat hat heute mit den vertraulichen Beratungen über den von den USA, Großbritannien und Spanien eingebrachten Entwurf für eine Resolution begonnen, die einen Irak-Krieg legitimieren soll. Russland hatte sich allerdings einem Gegenvorschlag Deutschlands und Frankreichs angeschlossen, der eine Fortsetzung der Waffeninspektionen in Irak für mindestens vier Monate vorsieht. In einer gemeinsamen Erklärung mit China forderte Russland am Donnerstag zudem erneut, ein Krieg gegen Irak müsse vermieden werden. Russland, China und Frankreich könnten eine neue Resolution mit ihrem Veto-Recht zu Fall bringen.
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      schrieb am 28.02.03 15:49:39
      Beitrag Nr. 345 ()
      sowas wird Dank Bush-Ad bald zur Gewohnheit :rolleyes:

      Pakistan

      Zwei Tote bei Terroranschlag auf US-Konsulat

      Bei einer Schießerei vor dem US-Konsulat in Karatschi sind am Freitag zwei Polizisten getötet worden. Mindestens fünf Beamte wurden zum Teil schwer verletzt.


      DER SPIEGEL


      Die Täter flohen auf einem Motorrad, teilte die Polizei mit. Vor dem US-Konsulat in Karatschi hatten Terroristen im Juni vergangenen Jahres eine Bombe gezündet. Damals waren 12 Pakistaner getötet und mehr als 40 Menschen verletzt worden. Nach dem Anschlag im vergangenen Sommer waren die Wände des Konsulats verstärkt worden.

      Ausländer wurden bei dem Terroranschlag am Freitag nach ersten Berichten nicht verletzt.
      Avatar
      schrieb am 28.02.03 16:11:29
      Beitrag Nr. 346 ()
      USA-Irak: "So oder so, diese Gefahr wird beseitigt." / "Either way, this danger will be removed."
      Im Wortlaut: Rede von Präsident George W. Bush beim American Enterprise Institute vom 26. Februar 2003 / Remarks by the President at the American Enterprise Institute Annual Dinner

      Im Folgenden dokumentieren wir die unwesentlich gekürzte Rede von Präsident George W. Bush beim American Enterprise Institute vom 26. Februar 2003. Die Rede wurde auch vom Fernsehen ausgestrahlt. Ihre Bedeutung liegt darin, dass George Bush viel Zeit darauf verwandte, die Nachkriegsordnung im Irak zu erklären und den Palästinensern ein wenig Hoffnung auf eine Lösung des Nahostproblems zu geben versuchte. Dies könnte darauf hindeuten, dass die US-Administration sich den Rücken frei halten will für einen baldigen Kriegsbeginn gegen Irak. Zwischenüberschriften haben wir selbst eingefügt. Die deutsche Überstzung stammt vom US-Botschaftsdienst. Bei englischen Text handelt sich um eine Zusammenfassung des Weißen Hauses.


      Wir kommen hier in einer für die Geschichte unserer Nation und die zivilisierte Welt entscheidenden Zeit zusammen. Ein Teil dieser Geschichte wurde von anderen geschrieben, den Rest schreiben wir. An einem Septembermorgen führten die sich insgeheim und weit entfernt seit Jahren zusammenbrauenden Bedrohungen zu einem Massenmord in unserem Land. Aufgrund dessen müssen wir Sicherheit aus einem neuen Blickwinkel betrachten, denn unser Land ist das Schlachtfeld des ersten Krieges im 21. Jahrhundert.

      Den Gefahren aktiv entgegentreten

      Wir haben eine Lektion gelernt: Wir müssen den Gefahren unserer Zeit aktiv und entschieden entgegentreten, bevor sie wieder an unserem Himmel und in unseren Städten auftauchen. Wir haben uns ein Ziel gesetzt: Wir werden nicht zulassen, dass Hass und Gewalt die Geschicke der Menschheit bestimmen.

      Unsere Koalition aus mehr als 90 Ländern verfolgt die Terrornetzwerke mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Strafverfolgung und militärischer Macht. Wir haben viele wichtige Befehlshaber von Al Qaida festgenommen oder sind anderweitig gegen sie vorgegangen. Auf der ganzen Welt bringen wir die Mörder einen nach dem anderen zur Strecke. Wir gewinnen. Wir zeigen ihnen, wie sich amerikanische Gerechtigkeit definiert. Wir bekämpfen die größte Gefahr im Krieg gegen den Terror: geächtete Regime, die sich mit Massenvernichtungswaffen rüsten.

      Im Irak baut und versteckt ein Diktator Waffen, die ihn in die Lage versetzen könnten, den Nahen Osten zu beherrschen und die zivilisierte Welt einzuschüchtern, und das werden wir nicht zulassen. Derselbe Tyrann pflegt enge Verbindungen mit Terrororganisation und könnte sie mit schrecklichen Mitteln ausstatten, um dieses Land anzugreifen. Die Vereinigten Staaten werden das nicht zulassen. Die von Saddam Hussein und seinen Waffen ausgehende Gefahr kann nicht ignoriert oder beiseite geschoben werden. Gegen diese Gefahr muss vorgegangen werden. Wir hoffen, dass das irakische Regime den Forderungen der Vereinten Nationen nachkommen wird und vollständig und friedlich abrüstet. Sollte dies nicht geschehen, sind wir darauf vorbereitet, den Irak mit Gewalt zu entwaffnen. So oder so, diese Gefahr wird beseitigt.

      Für einen "freien und friedlichen Irak"

      Die Sicherheit des amerikanischen Volkes ist abhängig von der Beendigung dieser direkten und wachsenden Bedrohung. Ein Vorgehen gegen die Gefahr wird auch deutlich zur langfristigen Sicherheit und Stabilität unserer Welt beitragen. Das herrschende irakische Regime hat seine tyrannische Macht schon unter Beweis gestellt und im Nahen Osten Zwist und Gewalt verbreitet. Ein befreiter Irak kann die Macht der Freiheit zur Umgestaltung dieser wichtigen Region demonstrieren, indem vielen Millionen Menschen Hoffnung und Fortschritt beschert werden. Das Interesse der Vereinigten Staaten an Sicherheit und ihr Glaube an die Freiheit zielen beide in dieselbe Richtung: ein freier und friedlicher Irak.

      Die Ersten, die von einem freien Irak profitieren würden, wären die Iraker selbst. Heute leben sie in Not und Angst unter einem Diktator, der ihnen nichts als Krieg, Elend und Folter gebracht hat. Ihr Leben und ihre Freiheit bedeuten Saddam Hussein wenig - uns aber bedeuten das Leben und die Freiheit der Iraker viel.

      Es wird nicht einfach sein, Stabilität und Einheit in einem freien Irak zu etablieren. Dies ist jedoch keine Entschuldigung dafür, irakische Folterkammern und Giftlabore in Betrieb zu lassen. Jede Zukunft, für die sich das irakische Volk entscheidet, wird besser sein als die albtraumartige Welt, die Saddam Hussein für sie ausgesucht hat.

      Wenn wir Gewalt anwenden müssen, stehen die Vereinigten Staaten und ihre Koalition bereit, den Bürgern eines befreiten Irak zu helfen. Wir werden den Kranken Medikamente bringen, und wir sind dabei, drei Millionen Notrationen für die Hungernden bereitzustellen.

      Wir werden gewährleisten, dass die 55.000 Lebensmittelausgabestellen, die im Rahmen des Programms "Öl für Nahrungsmittel" bestehen, so bald wie möglich versorgt und geöffnet werden. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien stellen der UN-Hochkommission für Flüchtlinge und dem Welternährungsprogramm sowie der UNICEF mehre Millionen Dollar zur Verfügung, um das irakische Volk mit Notfallhilfe zu versorgen.

      Wir werden bei der dringenden und gefährlichen Aufgabe, chemische und biologische Waffen zu zerstören, ebenfalls eine führende Rolle einnehmen. Wir werden Sicherheit gewähren vor denen, die versuchen Chaos zu verbreiten, alte Rechnungen zu begleichen oder die territoriale Integrität des Irak zu bedrohen. Wir werden danach streben, Iraks natürliche Ressourcen vor Sabotage durch ein sterbendes Regime zu schützen, und wir werden gewährleisten, dass diese Ressourcen für das Wohl der Besitzer eingesetzt wird - die Iraker.

      Wir werden so lange wie notwendig im Irak bleiben

      Die Vereinigten Staaten haben nicht die Absicht, die präzise Form der neuen irakischen Regierung festzulegen. Diese Wahl muss das irakische Volk treffen. Wir werden jedoch sicherstellen, dass ein brutaler Diktator nicht durch einen anderen ersetzt wird. Alle Iraker müssen in der neuen Regierung eine Stimme haben, und die Rechte aller Bürger müssen geschützt werden.

      Der Wiederaufbau des Irak wird von vielen Nationen, einschließlich der unseren, anhaltendes Engagement verlangen: Wir werden so lange wie notwendig im Irak bleiben und keinen Tag länger. Die Vereinigten Staaten sind solche Verpflichtungen schon früher eingegangen und haben sich daran gehalten - in den Friedenszeiten, die auf einen Weltkrieg folgten. Nachdem wir den Feind besiegt hatten, ließen wir keine Besatzungsarmeen zurück, sondern Verfassungen und Parlamente. Wir schufen eine Atmosphäre der Sicherheit, in der verantwortungsvolle, reformgesinnte einheimische Politiker dauerhafte Institutionen der Freiheit schaffen konnten. In Gesellschaften, in denen Faschismus und Militarismus einst ihren Nährboden fanden, etablierte sich dauerhaft Freiheit.

      Es gab eine Zeit, da sagten viele, die Kulturen von Japan und Deutschland seien unfähig, demokratische Werte hochzuhalten. Sie haben sich getäuscht. Einige sagen heute dasselbe über den Irak. Sie täuschen sich. Die irakische Nation - mit ihrem stolzen Erbe, Ressourcen im Überfluss und einem fähigen und gebildeten Volk - ist absolut in der Lage, Demokratie zu etablieren und in Freiheit zu leben.

      Die Welt hat ein klares Interesse an der Verbreitung demokratischer Werte, denn stabile und freie Nationen bieten keine Grundlage für mörderische Ideologien. Sie ermutigen das friedliche Streben nach einem besseren Leben. Im Nahen Osten gibt es hoffnungsvolle Anzeichen für den Wunsch nach Freiheit. Arabische Intellektuelle haben sich an arabische Regierungen gewandt, sie sollten die "Freiheitslücke" schließen, damit ihre Völker uneingeschränkt am Fortschritt unserer Zeit teilhaben könnten. Führende Kräfte in der Region sprechen von einer neuen arabischen Charta, die für innenpolitische Reformen, breitere Beteiligung am politischen Geschehen, wirtschaftliche Offenheit und freien Handel eintritt. Von Marokko bis Bahrain und darüber hinaus unternehmen Nationen ernsthafte Schritte hin zu politischen Reformen. Ein neues irakisches Regime könnte anderen Nationen in der Region als deutliches und inspirierendes Beispiel dienen.

      Krieg kann "eine neue Phase des Friedens im Nahen Osten einleiten

      Es ist vermessen und beleidigend, anzunehmen, dass eine ganze Region der Welt - oder ein Fünftel der muslimischen Bevölkerung - irgendwie vom grundlegendsten Streben des Lebens unberührt ist. Die Kulturen der Welt können völlig unterschiedlich sein. Dennoch strebt das menschliche Herz überall auf der Welt nach denselben guten Dingen. In ihrem Wunsch, frei von brutaler und tyrannischer Unterdrückung zu sein, sind sich die Menschen gleich. In unserem Wunsch, für unser Kinder zu sorgen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen, sind wir gleich. Denn diese grundlegenden Werte - Freiheit und Demokratie - werden immer und überall größere Anziehungskraft haben als die Schlagworte des Hasses und die Taktiken des Terrors.

      Erfolg im Irak könnte auch eine neue Phase des Friedens im Nahen Osten einleiten und Fortschritte zu einem wirklich demokratischen palästinensischen Staat in Gang setzen. Die Absetzung von Saddam Husseins Regime wird die Terrornetzwerke eines wohlhabenden Gönners berauben, der für die Ausbildung von Terroristen zahlt und Familienangehörigen von Selbstmordattentätern Belohung anbietet. Und andere Regime erhalten ein klares Warnsignal, dass die Unterstützung von Terror nicht toleriert wird.

      Ohne diese externe Unterstützung des Terrorismus werden die Palästinenser, die auf Reformen hinarbeiten und sich nach Demokratie sehnen, in einer besseren Position befinden, neue Politiker zu wählen. Wahre Politiker, die Frieden anstreben; wahre Politiker, die dem Volk treu dienen. Ein palästinensischer Staat muss ein reformierter und friedlicher Staat sein, der dem Einsatz von Terror für immer entsagt.

      Von der israelischen Regierung wird wiederum - wenn die terroristische Bedrohung beseitigt und sich die Sicherheitslage verbessert hat - die Unterstützung eines tragfähigen palästinensischen Staats und die schnellstmögliche Erarbeitung einer Vereinbarung über den endgültigen Status erwartet. Während Fortschritte zum Frieden erzielt werden, müssen die Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten eingestellt werden. Und von den arabischen Staaten wird erwartet, dass sie ihrer Verpflichtung nachkommen und Terrorismus ablehnen, das Entstehen eines friedlichen und demokratischen Palästinas unterstützen und eindeutig klarstellen, dass sie mit Israel in Frieden leben möchten.

      Die Vereinigen Staaten und andere Nationen arbeiten an einem Friedensplan. Wir schaffen die erforderlichen Gegebenheiten für Fortschritte zu dem Ziel zweier Staaten - Israel und Palästina - die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben. Es ist die Verpflichtung unserer Regierung - und meine persönliche Verpflichtung - den Friedensplan umzusetzen und dieses Ziel zu erreichen. Alte Konfliktmuster im Nahen Osten können durchbrochen werden, wenn alle Beteiligten Bitterkeit, Hass und Gewalt aufgeben und ernsthaft an wirtschaftlicher Entwicklung, politischen Reformen und Versöhnung arbeiten. Beim Streben nach Frieden werden die Vereinigten Staaten jede Chance ergreifen. Und die Absetzung des derzeitigen Regimes im Irak böte eine solche Chance.

      UN-Sicherheitsrat muss den "Anforderungen des Augenblicks gerecht werden"

      In der Auseinandersetzung mit dem Irak zeigen die Vereinigten Staaten auch ihre Verpflichtung zu effektiven internationalen Institutionen. Wir sind Ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Wir haben zur Gründung des Sicherheitsrats beigetragen. Wir glauben an den Sicherheitsrat - so sehr, dass wir möchten, dass seine Worte Bedeutung haben.

      Die globale Bedrohung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen kann nicht von einer Nation allein bewältigt werden. Die Welt benötigt heute und in Zukunft internationale Gremien mit der Befugnis und dem Willen, die Verbreitung von Terror, chemischen, biologischen und nuklearen Waffen zu beenden. Auf eine Bedrohung für alle müssen alle reagieren. Hochfliegende Äußerungen zur Nichtverbreitung bedeuten wenig, wenn die stärksten Nationen nicht bereit sind, sich dahinter zu stellen - und gegebenenfalls Gewalt einzusetzen. Schließlich wurden die Vereinten Nationen gegründet, um - mit Winston Churchills Worten - "sicherzustellen, dass die Macht des Rechts letztlich vom Recht auf Gewalt geschützt wird".

      Dem Sicherheitsrat liegt jetzt eine weitere Resolution vor. Wenn der Rat auf Iraks Missachtung mit weiteren Entschuldigungen und Verzögerungen reagiert, wenn sich all seine Autorität als unbedeutend erweist, werden die Vereinten Nationen als Quelle von Stabilität und Ordnung in hohem Maße geschwächt. Wenn die Mitglieder den Anforderungen dieses Augenblicks gerecht werden, wird der Rat den Zweck erfüllen, zu dem er gegründet wurde.

      Ich habe sorgfältig zugehört, als die Bürger und Politiker auf der ganzen Welt ihrem Wunsch nach Frieden Ausdruck verliehen haben. Wir alle wollen Frieden. Die Bedrohung des Friedens geht nicht von denjenigen aus, die die gerechten Forderungen der zivilisierten Welt durchsetzen wollen; die Bedrohung des Friedens kommt von denjenigen, die diese Forderungen verspotten. Wenn wir handeln müssen, werden wir handeln, um den Gewalttätigen Einhalt zu gebieten und die Sache der Freiheit zu verteidigen. Und indem wir handeln, signalisieren wir den geächteten Regimes, dass in diesem neuen Jahrhundert die Grenzen des zivilisierten Verhaltens respektiert werden.

      Die Sache der Vereinigten Staaten ist "richtig und gerecht"

      Der Schutz dieser Grenzen hat seinen Preis. Sollten wir uns aufgrund der Weigerung des Irak abzurüsten zu einem Krieg gezwungen sehen, werden wir auf einen Feind treffen, der seine Streitkräfte hinter Zivilisten versteckt, der schreckliche Waffen besitzt und zu jedem Verbrechen fähig ist. Diese Gefahren sind real, und unsere Soldaten, Seeleute, Flieger und Marineinfanteristen sind sich dessen voll und ganz bewusst. Dennoch war kein Militär je besser auf die Bewältigung dieser Herausforderungen vorbereitet.

      Die Angehörigen unserer Streitkräfte wissen auch, warum sie in den Kampf geschickt werden könnten. Sie wissen, dass der Rückzug vor einem Diktator in Zukunft noch größere Opfer erfordert. Sie wissen, dass die Sache der Vereinigten Staaten richtig und gerecht ist: Freiheit für ein unterdrücktes Volk und Sicherheit für das amerikanische Volk. Und ich weiß etwas über diese Männer und Frauen, die unsere Uniform tragen: Sie werden jede ihnen aufgetragene Mission geschickt, ehrenhaft und mutig ausführen.

      In diesem Jahr 2003 wird viel von den Vereinigten Staaten verlangt. Die vor uns liegende Arbeit ist schwierig. Es wird schwierig, dazu beizutragen, dass die Freiheit in einem Land Fuß fasst, das drei Jahrzehnte geprägt von Diktatur, Geheimpolizei, innerer Teilung und Krieg erlebt hat. Es wird schwierig, nach so vielen Jahrzehnten des Kampfs Freiheit und Frieden im Nahen Osten zu kultivieren. Dennoch hängt die Sicherheit unserer Nation und die Hoffnung von Millionen Menschen von uns ab, und die Amerikaner schrecken nicht vor einer Aufgabe zurück, nur weil sie schwer ist. Wir haben in anderen Zeiten schwere Prüfungen bestanden, und wir werden die Prüfungen unserer Zeit bestehen.

      Vertrauensvoll schreiten wir voran, weil wir an die Macht der menschlichen Freiheit glauben, das Leben und Nationen zu verändern. Mit der Entschlossenheit und Zielsetzung der Vereinigten Staaten und ihrer Freunde und Bündnispartner werden wir dies zu einem Zeitalter des Fortschritts und der Freiheit machen. Freie Menschen werden den Kurs der Geschichte bestimmen, und freie Menschen werden den Frieden auf der Welt bewahren.

      Vielen Dank.

      Originaltext: President Bush Presents Vision of Middle East Peace
      (http://usinfo.state.gov)
      Avatar
      schrieb am 28.02.03 16:59:43
      Beitrag Nr. 347 ()
      weshalb sind die Amerikaner die besten Menschen auf der Oberfläche dieses Planeten? dies hat gerade Bush gesagt. :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 28.02.03 19:00:53
      Beitrag Nr. 348 ()
      Düsteres Erbe der Thatcher-Regierung

      Eine Milliarde Pfund für Rüstungsgeschäfte mit Saddam

      In Großbritannien brodelt es derzeit gewaltig: Eine Tageszeitung hat aufgedeckt, dass die Regierung von Maggie Thatcher Rüstungsgeschäfte mit dem Diktator in Bagdad großzügig durch Millionenbürgschaften abgesichert haben soll - die gelieferten Militärgüter werden demnächst wohl auch gegen britische Soldaten eingesetzt.


      AP

      Baronin Margaret Thatcher: Bürgschaften für den Diktator aus Bagdad


      London - Nach einem Bericht des "Guardian" spielte die konservative Regierung Margaret Thatchers in den achtziger Jahren ein doppeltes Spiel. Während Downing Street offiziell eine neutrale Haltung gegenüber dem Regime des Diktators Saddam Hussein einnahm, sollen Thatcher und ihr Außenminister Douglas Hurd intern verfügt haben, dass die Geschäfte britischer Unternehmen mit dem Irak fördernswert seien.

      Der "Guardian" beruft sich dabei auf umfangreiches Material aus den Aktenschränken der Regierung, das dank neuer Transparenzvorschriften zugänglich geworden ist. Bereits in den Neunzigern waren ähnliche Vorwürfe gegen die "Eiserne Lady" laut geworden. Anhand der jetzt veröffentlichten Papiere lasse sich jedoch genau nachvollziehen, welche Firmen in welcher Höhe profitierten - und was sie an den Irak verkauften.

      Thatchers Regierung habe in zahlreichen Fällen Kreditgarantien bei Exportgeschäften vergeben - und habe dann einspringen müssen, weil der irakische Diktator seinen Verpflichtungen nicht nachkommen wollte oder konnte. Zu den harmloseren Deals gehörte etwa ein Kraftwerk, das eine Rolls-Royce-Tochter nahe Bagdad baute. Kosten für den britischen Steuerzahler: laut "Guardian" 65 Millionen Pfund.

      Minister der damaligen Regierung hätten offizielle Exportrichtlinien "aufgeweicht", um privatwirtschaftlichen Unternehmen Geschäfte mit dem Irak zu ermöglichen, so die Zeitung. Die Namen der begünstigten Firmen seien damals in der Mehrzahl der Fälle geheim geblieben, ebenso wie die Höhe der vom Staat übernommenen Risiken.

      Die verantwortliche Abteilung im britischen Industrie und Handelsministerium, das Export Credits Guarantee Department, habe seinerzeit auf Anweisung von höchsten Regierungsstellen gehandelt - laut der Zeitung war neben Thatcher und Hurd auch der Industrieminister Michael Ridley beteiligt. In den vom "Guardian" eingesehenen Dokumenten werden die Exporthilfen als "mutige Strategie" beschrieben.

      Zu den Profiteuren zählten angeblich Racal, Thorn-EMI oder Marconi Command & Control, die Präsident Saddam Hussein mit Anti-Granaten-Radars oder abhörsicheren Radioausrüstungen belieferten. Die Unternehmen gehören heute zu den Rüstungsgiganten BAe Systems und Thales. Weitere Firmen, die von der laxen Exportpolitik profitierten, waren nach Darstellung des "Guardian" der Baukonzern John Laing sowie die Finanzinstitute Midland Bank (heute Teil von HSBC) und Morgan Grenfell (in der Deutschen Bank aufgegangen).

      Insgesamt habe die exportfreudige Wirtschaftspolitik der Thatcher-Regierung in Sachen Irak den britischen Steuerzahler gut eine Milliarde Pfund (1,46 Milliarden Euro) gekostet, so das Blatt. Irak-Experten gingen davon aus, dass ein erheblicher Teil der gelieferten Militärausrüstung bis heute im Einsatz sei und auch in einem möglichen Irak-Krieg gegen britische und amerikanische Truppen verwendet werden könnte.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 10:49:29
      Beitrag Nr. 349 ()
      Hochinteressant:

      Die Schriftstellerin Susan Sontag zur US-regierung und US-Politik im Kintrast zu Europa

      http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,238160,00.html


      .
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 12:01:20
      Beitrag Nr. 350 ()
      Saddams Al-Samoud

      Dier ersten vier Raketen werden verschrottet

      Der Irak will heute zunächst vier seiner umstrittenen al-Samud-2-Raketen verschrotten. Uno-Chefinspektor Hans Blix sieht den Schritt als Beginn einer "echten Abrüstung". US-Außenminister Colin Powell sagte hingegen, die Entscheidung Bagdads ändere nichts an der amerikanischen Einschätzung der Situation.


      AP

      Lenkt im letzten Moment ein: Saddam Hussein


      Bagdad/New York - Irak wird mindestens vier Raketen unschädlich machen. Das erklärte der Sprecher des Informationsministeriums, Odai el Taie. Der Sprecher sagte weiter, die Raketen sollten in der Region al-Taschi, rund 30 Kilometer nördlich von Bagdad, zerstört werden. In der Region befinden sich mehrere Anlagen für den Bau von Raketen.

      Der Sprecher der Uno Waffenkontrollkommission, Hiro Ueki, sagte nach Angaben des arabischen Fernsehsenders "al-Dschasira", am Samstagmorgen wolle die Waffenkontrollkommission (Unmovic) die technischen Details der Raketen-Zerstörung mit den Irakern bei einer Sitzung in Bagdad besprechen.

      Blix habe am Freitagabend in New York seinen jüngsten schriftlichen Bericht zu den Waffenkontrollen im Irak den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates übergeben, hieß es bei der Unmovic. In dem Bericht über die Abrüstung des Irak von Dezember bis Februar wirft Blix der Führung in Bagdad vor, sie hätte sich mehr anstrengen können. Allerdings stellt er auch fest, dass sich die Kooperation des Iraks seit Mitte Januar gebessert habe.

      Der Irak betriebe nach Bewertung von Blix "echte Abrüstung" , wenn er der Uno-Forderung nach Zerstörung der Al-Samoud-2- Raketen nachkäme. Bagdad hatte der Zerstörung dieser Raketen mit einer verbotenen Reichweite von mehr als 150 Kilometer in einem Brief an die UN "im Prinzip" zugestimmt. Der irakische Präsidentenberater Amir al-Saedi machte darin klar, dass die Zustimmung "gegen unsere Überzeugung" erfolgt.

      Amerikaner sprechen von Stückwerk

      Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte, vom Irak werde eine vollständige und keine stückweise Abrüstung erwartet. US- Präsident George W. Bush hatte schon zuvor klar gemacht, dass eine Zerstörung der Raketen für die USA keinen Unterschied mache.

      Auch die beiden engsten Verbündeten der USA in der Irak-Krise, Großbritannien und Spanien, werteten die angekündigte Zerstörung als taktisches Manöver angesichts des Ablaufs der Blix-Frist am 1. März. Dies machten Premierminister Tony Blair und sein spanischer Kollege José María Aznar nach einem Treffen in Madrid deutlich. Blair erklärte weiter: "Dies ist nicht die Zeit für Spiele."


      AP

      Schrottreif: Die ersten al-Samoud-Raketen werden noch am Samstag zerlegt


      Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte bei einem Besuch in Brüssel, bei der Abrüstung sei man schon wichtige Schritte weitergekommen. "Ich begreife nicht, warum dieser Prozess jetzt abgeschlossen werden soll, wo er gerade beginnt, konkrete Ergebnisse zu zeigen." Vize-Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth sagte in Berlin: "Wir sind der Auffassung, dass den Worten nun rasch Taten folgen sollten."

      Arabische Liga verabschiedet Anti-Kriegs-Resolution

      Der französische Außenminister Dominique de Villepin sieht sich mit der Zustimmung zur Raketenzerstörung in seinem Ziel der friedlichen Entwaffnung des Iraks bestätigt. Dies sei eine "wichtige Etappe", erklärte der Franzose. Die Entscheidung Bagdads zeige, dass die Kontrollen Ergebnisse brächten und es keinen Grund gebe, sie zu beenden.

      Die arabischen Außenminister einigten sich wenige Stunden vor Beginn des Gipfels der Arabischen Liga im ägyptischen Scharm al-Scheich auf eine Resolution gegen einen Irak-Krieg. "Der Beschluss ist einstimmig gefallen und wird den Staatschefs vorgelegt", sagte der Generalsekretär der Liga, Amre Mussa, in der Nacht zum Samstag. Die Minister hätten auch über die Entsendung einer Delegation nach Bagdad und Washington diskutiert, fügte er hinzu.

      Zum Abschluss einer Konferenz im Nordirak bestimmten Vertreter der irakischen Opposition am Freitag einen Führungsrat, der das Land nach einem Sturz von Saddam Hussein bis zu freien und demokratischen Wahlen regieren soll. Der Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Dschalal Talabani, sagte vor Journalisten in Erbil, der Führungsrat sollte jedoch nicht als Übergangsregierung betrachtet werden. Zu den bereits gewählten sechs Mitgliedern könnten weitere hinzukommen.
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 12:10:24
      Beitrag Nr. 351 ()
      Der Irak-Konflikt

      Der Showdown

      Bush/Blair und Chrirac/Schröder sammeln ihre Truppen. Heißt der Sieger Saddam?

      Von Josef Joffe

      Der mächtigste Mann im Westen heißt Saddam Hussein. Seinetwegen spalten drei tiefe, vielleicht tödliche Risse jenen Teil der Welt, der sich einst als „Gemeinschaft“ verstand. Der eine zieht sich quer durch Europa, wo Frankreich/Deutschland die „Hypermacht“ stürzen, der große Rest sie aber stützen will. Der zweite Riss droht die Nato zu einem Museums-Prachtstück zu machen: Schön, wie’s da steht, aber die sorgsam polierte Mechanik bewegt sich nicht mehr. Denn nach dem Türkei-Fiasko gilt nicht mehr „Alle für einen“, sondern „Manche für einen, manchmal“. Schließlich der Bruch Deutschland/Amerika, den keine Schiene mehr richten kann – jedenfalls nicht in der Amtszeit von Schröder und Bush.

      War das nötig – so und jetzt? Diese Risse markieren vielleicht eine historische Wende. Vielleicht ist es die tektonische Verschiebung der globalen Machtgewichte, die das Duo Chirac/Schröder dazu treibt, das „Imperium“ um jeden Preis stoppen zu wollen. Vielleicht ist es das berauschende Kraftgefühl, das die einsame, von ihren Ketten befreite Supermacht dazu verführt, in ihrem Feldzug gegen Saddam Comment und Handwerk der Diplomatie zu vernachlässigen – und Koalitionen zu schmieden, denen die Legitimität fehlt. Wenn das die tiefere Wahrheit ist, hilft kein gutes Zureden. Dann ist der Showdown Schicksal – und die Devise lautet: Back to the Future – in die Gleichgewichtspolitik des 19. Jahrhunderts.

      Indes wäre das keine sehr freundliche Zukunft. Das Euro-Duo blockt, Amerika bockt – und dann? Nehmen wir an, es gelingt Paris und Berlin, die USA im UN- Sicherheitsrat auszubremsen – etwa mit ihrem jüngsten „Memorandum“, welches das „letzte Mittel“ zwar vorzeigt, seinen Gebrauch aber erneut zu verhindern sucht. In diesem Fall hieße der Sieger Saddam, der schon im November vorausgesagt hat, dass er nur „auf Zeit spielen“ müsse, um die Anglo-Allianz auszuhebeln. Wenn er im „Memorandum“ lesen darf, dass „kein einziger Beweis“ für den Besitz von Massenvernichtungswaffen existiere, wird er sich nicht bemüßigt fühlen, diese oder das Faktum ihrer Zerstörung offen zu legen, wie es die Resolution 1441 will.

      Haben Chirac und Schröder die Konsequenzen bedacht, wenn Saddam den UN zum 17. Mal ihre Machtlosigkeit bescheinigt? Werden hernach Deutschland und Frankreich für die Eindämmung des irakischen Imperialismus, überhaupt für Ordnung in einer Region sorgen, deren Hauptexporte Öl und Terror sind? Oder glauben die beiden „Anti-Hegemonisten“, dass sie nach Bedarf mit dem amerikanischen Hund wedeln können, wenn der erst unverrichteter Dinge in seine Hütte zurückgeschlichen ist? Nein, wer diesen Krieg verhindern und die UN-gerechte Entwaffnung des Despoten will, darf Saddam nicht dazu ermuntern, sein Spiel fortzusetzen. Die Botschaft an Bagdad muss vielmehr heißen: „Entwaffnung oder Entmachtung.“

      Und die Amerikaner? Es wäre klüger, sie schickten einen James Baker an die diplomatische Front, der 1990/91 mit geschickt-geduldiger Hand eine fast weltweite Koalition gegen Bagdad aufgeboten hatte. Don Rumsfeld aber agiert nach der Devise: „Lieber verzichte ich auf einen guten Freund als auf einen guten Spruch.“ Dieser Krieg mag zum Schluss tatsächlich das letzte Mittel sein, aber es fehlt ihm das notwendige Quantum an Legitimität.

      Mag sein, dass die Bushisten diesen Makel erkannt haben und deshalb in ihrem Resolutionsentwurf kein Ultimatum, sondern nur die Bescheinigung irakischer Nichterfüllung fordern und ansonsten erneut den Sicherheitsrat befassen wollen. Denn die Legitimitätslücke zu schließen ist entscheidend – nicht, um den Krieg zu gewinnen (das können die USA alleine), sondern um den Frieden zu erringen.

      Was allein die mörderischen Kriegsrisiken rechtfertigen könnte, ist der politische Sieg. Konkret: die Behandlung jener politischen Pathologien, die den Nahen Osten – siehe 11. September – zum globalen Infektionsherd gemacht haben. Konkret: das wirtschaftliche Versagen der Regime, die Verweigerung von Partizipation und Meinungsfreiheit, die Bildungsnot, der Zukunftsverlust – kurzum der Despotismus. Doch diese Krankheiten können Präzisionswaffen nicht heilen, und schon gar nicht kann es das schnelle Rein-und-Raus. Gefordert ist das geduldige Engagement einer Vielzahl von Nationen im Namen von Entwicklung und Sicherheit. Diese Koalition müssen Bush und Blair, Chirac und Schröder zusammenschirren. Sonst bleibt Saddam der mächtigste Mann im Westen.


      (c) DIE ZEIT 27.02.2003 Nr.10
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 12:51:22
      Beitrag Nr. 352 ()
      Hat jemand Maischberger mit Joffe dem Atlantiker und
      Bettina Gaus von der TAZ gesehen? Eine der besten
      Sendungen. Nachdem Maischberger die neue Zeit-Aufmachung
      mit der Bildzeitung vergleichte, meinte Joffe peinlich berührt, die Bild sei doch eine gut verkaufte Zeitung! :laugh:
      Auch sonst wirkte der Herr als Zeit-Chefredakteur wenig souverän und bekam oft Saures von der Gaus.
      Übrigens merkt man schon in seinem letzten Zeit-Kommentar
      wie der Herr heftig zurückrudert. Vor zwei Wochen war
      Schröder noch Willhelm der II., der das Verhältnis zur
      Amerika zerstört und deshalb sehr bald zurücktreten wird.
      Liest sich heute doch schon ganz anders. Sogar ganz leise
      Kritik an Bush wird laut!!!
      :laugh:
      Avatar
      schrieb am 01.03.03 13:34:55
      Beitrag Nr. 353 ()
      Saddams Raketen-Verschrottung

      Bagdad meldet ersten Vollzug

      Es wäre der erste fundamentale Abrüstungsschritt von Saddam Hussein. Der Irak meldete, die ersten vier Kurzstrecken-Raketen vom Typ al-Samoud seien nördlich Bagdads zerstört worden.


      AP

      Lenkt im letzten Moment ein: Saddam Hussein


      Bagdad/New York - Aus Regierungskreisen verlautete, die Raketen seien in der Region El Tadschi vernichtet worden, rund 30 Kilometer nördlich von Bagdad. Ein Sprecher der UN-Waffeninspekteure konnte die Angaben zunächst nicht bestätigen. Zuvor hatten sich der Stellvertreter von Chefinspektor Hans Blix, Demitrius Perricos, und der irakischen General Amer El Saadi auf die Einzelheiten der Zerstörung geeinigt.

      Blix habe am Freitagabend in New York seinen jüngsten schriftlichen Bericht zu den Waffenkontrollen im Irak den Mitgliedern des Weltsicherheitsrates übergeben, hieß es bei der Unmovic. In dem Bericht über die Abrüstung des Irak von Dezember bis Februar wirft Blix der Führung in Bagdad vor, sie hätte sich mehr anstrengen können. Allerdings stellt er auch fest, dass sich die Kooperation des Iraks seit Mitte Januar gebessert habe.

      Der Irak betriebe nach Bewertung von Blix "echte Abrüstung" , wenn er der Uno-Forderung nach Zerstörung der Al-Samoud-2- Raketen nachkäme. Bagdad hatte der Zerstörung dieser Raketen mit einer verbotenen Reichweite von mehr als 150 Kilometer in einem Brief an die Uno "im Prinzip" zugestimmt. Der irakische Präsidentenberater Amir al-Saedi machte darin klar, dass die Zustimmung "gegen unsere Überzeugung" erfolgt.

      Amerikaner sprechen von Stückwerk

      Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte, vom Irak werde eine vollständige und keine stückweise Abrüstung erwartet. US- Präsident George W. Bush hatte schon zuvor klar gemacht, dass eine Zerstörung der Raketen für die USA keinen Unterschied mache.

      Auch die beiden engsten Verbündeten der USA in der Irak-Krise, Großbritannien und Spanien, werteten die angekündigte Zerstörung als taktisches Manöver angesichts des Ablaufs der Blix-Frist am 1. März. Dies machten Premierminister Tony Blair und sein spanischer Kollege José María Aznar nach einem Treffen in Madrid deutlich. Blair erklärte weiter: "Dies ist nicht die Zeit für Spiele."


      AP

      Schrottreif: Die ersten al-Samoud-Raketen werden noch am Samstag zerlegt


      Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte bei einem Besuch in Brüssel, bei der Abrüstung sei man schon wichtige Schritte weitergekommen. "Ich begreife nicht, warum dieser Prozess jetzt abgeschlossen werden soll, wo er gerade beginnt, konkrete Ergebnisse zu zeigen." Vize-Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth sagte in Berlin: "Wir sind der Auffassung, dass den Worten nun rasch Taten folgen sollten."

      Arabische Liga verabschiedet Anti-Kriegs-Resolution

      Der französische Außenminister Dominique de Villepin sieht sich mit der Zustimmung zur Raketenzerstörung in seinem Ziel der friedlichen Entwaffnung des Iraks bestätigt. Dies sei eine "wichtige Etappe", erklärte der Franzose. Die Entscheidung Bagdads zeige, dass die Kontrollen Ergebnisse brächten und es keinen Grund gebe, sie zu beenden.

      Die arabischen Außenminister einigten sich wenige Stunden vor Beginn des Gipfels der Arabischen Liga im ägyptischen Scharm al-Scheich auf eine Resolution gegen einen Irak-Krieg. "Der Beschluss ist einstimmig gefallen und wird den Staatschefs vorgelegt", sagte der Generalsekretär der Liga, Amre Mussa, in der Nacht zum Samstag. Die Minister hätten auch über die Entsendung einer Delegation nach Bagdad und Washington diskutiert, fügte er hinzu.

      Zum Abschluss einer Konferenz im Nordirak bestimmten Vertreter der irakischen Opposition am Freitag einen Führungsrat, der das Land nach einem Sturz von Saddam Hussein bis zu freien und demokratischen Wahlen regieren soll. Der Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Dschalal Talabani, sagte vor Journalisten in Erbil, der Führungsrat sollte jedoch nicht als Übergangsregierung betrachtet werden. Zu den bereits gewählten sechs Mitgliedern könnten weitere hinzukommen.
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      schrieb am 01.03.03 13:42:29
      Beitrag Nr. 354 ()
      Exklusiv: Was Saddams Schwiegersohn wusste: "Alle Waffen wurden zerstört"
      General Hussein Kamal war irakischer Rüstungsminister. Dann floh er nach Jordanien und informierte die UNO über das Ende der irakischen Waffenprogramme. Seine Aussagen wurden nie veröffentlicht
      GENF taz Versteckt Irak tatsächlich - wie von den USA und Großbritannien behauptet - Altbestände an verbotenen Massenvernichtungswaffen, Chemikalien und Raketen aus der Zeit vor dem Golfkrieg von 1991? Diese Frage, von der UNO bisher ungeklärt, erhält neues Gewicht durch bislang unveröffentlichte Aussagen von General Hussein Kamal, die der taz vorliegen.

      Kamal war der wichtigste Kronzeuge für das irakische Rüstungsprogramm der 80er-Jahre. Seit 1985 Industrieminister und Chef der staatlichen irakischen Rüstungsindustrie, lieferte er nach seiner Flucht im August 1995 zunächst den damaligen Chefinspektoren der Unscom und IAEO, danach auch den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens, CIA und MI 6, umfangreiche Informationen über irakische Programme für Massenvernichtungswaffen und ballistische Raketen.

      Seitdem wird Kamal vor allem von Washington und London immer wieder als Kronzeuge zitiert - auch für die angeblich fortgesetzte Existenz derartiger Waffen im Irak. Bei seinen Verhören im Sommer 1995, deren Protokolle der taz vollständig vorliegen, hatte Kamal allerdings auch mehrfach erklärt, auf seine Anweisung hin seien bis spätestens 1991 sämtliche Rüstungsprogramme eingestellt und alle existierenden Waffen und Grundstoffe zerstört wurden.


      Die Regierung in Bagdad hat inzwischen angekündigt, sie werde, wie von UNO-Chefinspektor Hans Blix verlangt, heute mit der Zerstörung der rund 100 irakischen Kurzstreckenraketen vom Typ al-Samud 2 beginnen. Blix hatte diese Forderung damit begründet, dass die Rakete bei einigen Tests die dem Irak erlaubte Reichweite von 150 Kilometern überschritten hatte. Bagdad hatte gegen die Forderung zunächst eingewandt, zu der Reichweitenüberschreitung sei es nur gekommen, weil die Rakete bei den Tests ohne Sprengkopf und Leitsystem und nur mit einem zu einem Viertel gefüllten Treibstofftank geflogen ist.

      Die Bush-Administration tat das Einlenken als belanglos ab. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach von einem "rein taktischen Schritt". Der französische Außenminister Dominique de Villepin nannte die Ankündigung der Raketenzerstörung hingegen eine "wichtige Etappe auf dem Weg zur friedlichen Entwaffnung Iraks".

      Die Entscheidung Bagdads zeige, dass die Inspektionen Ergebnisse brächten. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte, man sei "bei der Abrüstung Iraks bereits wichtige Schritte weitergekommen". Er begreife nicht, warum dieser Prozess jetzt - wie von Washington und London verlangt - abgeschlossen werden solle. "AZU

      taz Nr. 6993 vom 1.3.2003, Seite 1
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      schrieb am 01.03.03 13:46:54
      Beitrag Nr. 355 ()
      die USA hätte wohl besser daran zu tun, so früh wie möglich den Krieg zu beginnen. Je länger Hussein sich auf seinem Stuhl hält, desto klarer werden die Absichten der Bush-Ad. :D :D
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      schrieb am 01.03.03 13:50:56
      Beitrag Nr. 356 ()
      Treffen der Arabischen Liga

      Keine Rücktrittsforderung an Saddam Hussein

      Mit einem klaren Aufruf gegen einen neuen Golfkrieg hat am Samstag im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich das Gipfeltreffen der Arabischen Liga begonnen. Einen Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein lehnen die Mitglieder der Liga ab.

      Scharm al-Scheich - Der libanesische Präsident Emile Lahoud sagte in seiner Eröffnungsrede: "Wir haben den Irak in der Vergangenheit zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen aufgerufen, damit er keinen Vorwand für einen Krieg liefert, und wir wiederholen diesen Aufruf heute".

      Es wird damit gerechnet, dass die arabischen Staatschefs sich in ihrer Schlusserklärung deutlich gegen einen Angriff gegen den Irak aussprechen und einen solchen als "Angriff auf die gesamte arabische Nation" bezeichnen werden. Gleichzeitig wollen sie erklären, dass kein arabisches Land "eine Militäroperation gegen den Irak unterstützen soll". "Mit dieser weichen Formulierung kann man aber Alles oder Nichts meinen", hieß es aus Kreisen der irakischen Delegation in Scharm el Scheich. "Kuwait steht auf der Seite der USA und wird die amerikanischen Soldaten jetzt auch nicht aus dem Land werfen."

      Die Iraker hatten im Vorfeld einen Vorstoß von Ägypten und anderen arabischen Ländern zu Fall gebracht, der die Entsendung einer Delegation arabischer Außenminister nach Washington und Bagdad vorsah. Als ausgeschlossen gilt auch, dass die Mitgliedstaaten der Liga den irakischen Präsidenten Saddam Hussein zum Rücktritt auffordern werden, um einen Krieg zu verhindern.
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      schrieb am 01.03.03 15:33:09
      Beitrag Nr. 357 ()
      Schrille Töne

      Nordkorea erklärt seine Kriegsbereitschaft

      Das Regime des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il ist nach eigenen Angaben bereit für einen Krieg gegen die Vereinigten Staaten. Ein Atomkrieg könne "jeden Moment" auf der koreanischen Halbinsel ausbrechen, berichtet die amtliche Nachrichtenagentur des kommunistischen Landes.


      AP

      Nordkoreanisches Propaganda-Poster: "Wenn es zu einer Invaion kommt, werden wir die US-Bastarde zuerst vernichten" (Aufschrift)


      Seoul - Nordkorea werde zu einer Verteidigungsmaßnahme greifen, wenn anzunehmen sei, dass ein US-Angriff bevorstehe. Die nordkoreanische Volksarmee werde "die Aggressoren mit der Kraft der Einheit" auslöschen, berichtete KCNA weiter. Die amerikanischen Manöver in Südkorea hätten zu einer gefährlichen Spannung geführt, so dass jederzeit ein Atomkrieg ausbrechen könnte. Das nächste Manöver der US-Streitkräfte in Südkorea ist für Mitte März geplant. Die Militärführung erklärte, die Übung stehe nicht in Zusammenhang mit dem Streit um das nordkoreanische Atomprogramm.

      Außerdem warf Nordkorea den USA am Samstag vor, im vergangenen Monat 180 Spionageflüge über dem Land unternommen zu haben. Unter Berufung auf Militärkreise berichtete KCNA, US-Flugzeuge des Typs RC-135 seien seit 21. Februar fast jeden Tag in den nordkoreanischen Luftraum eingedrungen. Jeder Flug habe meist mehrere Stunden gedauert.

      Die USA hatten in dieser Woche unter anderem unter Hinweis auf Luftaufnahmen erklärt, dass Nordkorea den Reaktor in Yongbyon wieder in Betrieb genommen habe. Dort kann jetzt Plutonium für weitere Atombomben produziert werden. In Washington wird vermutet, dass Nordkorea bereits über ein oder zwei Atombomben verfügt.

      Der neue südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun warnte vor einer Katastrophe auf der Halbinsel, wenn der Streit um das nordkoreanische Atomprogramm nicht zügig beigelegt werde. Roh sprach sich gegen das Programm aus und erklärte, der Disput müsse friedlich gelöst werden. Er forderte Washington und Pjöngjang zum Dialog auf.

      In Seoul demonstrierten am Samstag 30.000 Menschen für die im Land stationierten US-Truppen. Die Teilnehmer des Protests, zumeist Veteranen, schwenkten südkoreanische und amerikanische Flaggen. Sie bezeichneten Nordkorea als "tollwütigen Hund", der versuche, sich Atomwaffen zu verschaffen.
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      schrieb am 02.03.03 23:05:11
      !
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      schrieb am 02.03.03 23:06:57
      Beitrag Nr. 359 ()
      Abrüstungspoker

      Powell will Saddam mehr Zeit geben

      Überraschendes Bekenntnis: Die Vereinigten Staaten wollen den Uno-Rüstungsinspektoren nach den Worten von US-Außenminister Powell mehr Zeit geben. Zuvor hatte Diktator Saddam Hussein melden lassen, vier al-Samud-Raketen seien zerstört worden - der erste nennenswerten Abrüstungsschritt des Diktators. Die USA sprechen dennoch von Täuschungsmanövern.


      AP

      Colin Powell: Keine sofortige Abstimmung über zweite Resolution


      Paris/Moskau - Colin Powell hatte zuvor in einem Interview des Senders "RFI" mitgeteilt: "Wir haben noch nicht um eine Abstimmung (über eine zweite Resolution) gebeten, weil wir noch immer nach einer friedlichen Lösung suchen." Den Inspektionen werde, wie von vielen gefordert, mehr Zeit eingeräumt, sagte Powell weiter. Auch die neue Irak-Resolution, die von den USA, Großbritannien und Spanien stammt, werde nicht unmittelbar zur Abstimmung im Sicherheitsrat vorgelegt. Sehr lange dürfe dieser Prozess allerdings nicht mehr andauern, fügte er hinzu.

      In der Resolution 1441 werde nur ein Ziel verfolgt: die Abrüstung Iraks. "Ich muss aber dennoch sagen, dass, wenn wir Irak nicht dazu zwingen können, seinen Verpflichtungen nachzukommen, ein militärisches Vorgehen erforderlich wird, um dieses Regime zu stürzen und Massenvernichtungswaffen zu zerstören."

      Russlands Lob kam unmittelbar

      Russland begrüßte Powells Äußerungen; der stellvertretende russische Außenminister Juri Fedotow sagte, dies schaffe den verschiedenen Sicherheitsratsmitgliedern eine notwendige Atempause in dem Bemühen, "ihre Positionen zur Lösung des Irak-Konflikts anzunähern".

      Er sagte nach Meldungen der russischen Nachrichtenagenturen Interfax und ITAR-Tass, Russland werde alles in seiner Kraft stehende tun, um die Kluft im Sicherheitsrat zu überbrücken. Zum von Bagdad gemeldeten Beginn der Zerstörung von al-Samud-Raketen sagte er, dies würde eine "positive Wirkung auf die Debatte im Sicherheitsrat haben".

      Zum jetzigen Zeitpunkt einen Krieg zu beginnen würde in scharfem Widerspruch "zur wirklichen Lage und Bagdads aktiver Kooperation mit den Uno-Inspektoren stehen", sagte Fedotow laut Itar-Tass. In einer Botschaft an die Teilnehmer des Gipfeltreffens der Arabischen Liga hatte der russische Präsident Wladimir Putin zuvor erklärt, es sei unmöglich, "nicht die Bereitschaft der irakischen Seite zur konstruktiven Zusammenarbeit mit den internationalen Inspektoren zu bemerken". Die Inspektionen sollten daher fortgesetzt und, wenn nötig, ausgeweitet und verstärkt werden.

      Raketenzerstörung: Bagdad meldete Vollzug


      AP

      Al-Samud-Rakete: Nur noch Schrott wert?


      Zuvor hatte Bagdad die Zerstörung der ersten vier al-Samud-Kurzstreckenraketen bekannt gegeben. Aus irakischen Regierungskreisen verlautete, die vier Raketen seien in der Region al-Tadschi vernichtet worden, rund 30 Kilometer nördlich von Bagdad.

      Von Seiten der Uno klang das ein wenig anders. Sprecher Hiro Ueki sagte am Samstag in Bagdad, die Prozedur habe unter Uno-Aufsicht begonnen. Der stellvertretende Chefinspekteur Demetrius Perricos berichtete, mindestens eine Rakete sei komplett zerstört worden. Der Prozess sei langwierig, weil die Geschosse sehr robust seien. Eine von zwei Gussformen zur Herstellung der Raketen sei entfernt worden und solle nach irakischen Angaben am Samstag zerstört werden. Die Vernichtung der Raketen sei dagegen eine Sache von immerhin ein paar Tagen oder sehr weniger Wochen.

      Die Uno-Resolution 1441 verlange die vollständige, totale und sofortige Entwaffnung Iraks, kommentierte die Sprecherin des US-Präsidialamtes, Mercy Viana, die zerstörung der Raketen. "Sie fordert nicht die teilweise Entwaffnung." US-Präsident George W. Bush habe stets vorausgesagt, dass Irak seine al-Samud-Raketen als Teil seines Täuschungsmanövers zerstören werde, sagte Viana.

      Blix hatte Irak ein Ultimatum bis zum Samstag gestellt, mit der Zerstörung der al-Samud-2 zu beginnen, weil sie in Tests weiter als die von den Uno erlaubten 150 Kilometer flogen. Er begrüßte Bagdads Einlenken am Freitag als "sehr bedeutenden Teil wirklicher Abrüstung". Der französische Außenminister Dominique de Villepin nannte es einen "wichtigen Schritt für die friedliche Abrüstung". Fedotow sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Itar-Tass am Samstag, eine Entscheidung über einen Krieg gegen Irak stünde "in scharfem Gegensatz zur aktiven Kooperation Bagdads mit den Waffeninspekteuren".


      REUTERS

      Sollen auch verschrottet werden: Die Teststände für die al-Samud-Raketen


      Mit den Uno-Inspektoren hat sich das Regime in Bagdad auf einen Zeitplan für die Verschrottung des gesamten beanstandeten Raketenprogramms geeinigt. Von der tatsächlichen Verschrottung dürfte es abhängen, ob eine Mehrheit der Mitglieder im Sicherheitsrat für weitere Inspektionen oder einen Militäreinsatz stimmt. In einem 13-seitigen Bericht, den Blix dem Sicherheitsrat am Freitag vorlegte, machte er klar, dass die al-Samud-Raketen nur eines von vielen ungeklärten Problemen seien. Blix wird dem Sicherheitsrat am 7. März erneut Bericht erstatten.
      Avatar
      schrieb am 02.03.03 23:08:45
      Beitrag Nr. 360 ()
      President Discusses the Future of Iraq
      Washington Hilton Hotel
      Washington, D.C.




      7:22 P.M. EST

      THE PRESIDENT: Thanks for the warm welcome. I`m proud to be with the scholars, and the friends, and the supporters of the American Enterprise Institute. I want to thank you for overlooking my dress code violation. (Laughter.) They were about to stop me at the door, but Irving Kristol said, "I know this guy, let him in." (Laughter.)

      Chris, thank you for your very kind introduction, and thank you for your leadership. I see many distinguished guests here tonight -- members of my Cabinet, members of Congress, Justice Scalia, Justice Thomas, and so many respected writers and policy experts. I`m always happy to see your Senior Fellow, Dr. Lynne Cheney. (Applause.) Lynne is a wise and thoughtful commentator on history and culture, and a dear friend to Laura and me. I`m also familiar with the good work of her husband -- (laughter.) You may remember him, the former director of my vice presidential search committee. (Laughter.) Thank God Dick Cheney said yes. (Applause.)

      Thanks for fitting me into the program tonight. I know I`m not the featured speaker. I`m just a warm-up act for Allan Meltzer. But I want to congratulate Dr. Meltzer for a lifetime of achievement, and for tonight`s well-deserved honor. Congratulations. (Applause.)

      At the American Enterprise Institute, some of the finest minds in our nation are at work on some of the greatest challenges to our nation. You do such good work that my administration has borrowed 20 such minds. I want to thank them for their service, but I also want to remind people that for 60 years, AEI scholars have made vital contributions to our country and to our government, and we are grateful for those contributions.



      Why We Know Iraq is Lying
      What Does Disarmament Look Like?
      U.S. Secretary of State Colin Powell Addresses the U.N. Security Council






      We meet here during a crucial period in the history of our nation, and of the civilized world. Part of that history was written by others; the rest will be written by us. (Applause.) On a September morning, threats that had gathered for years, in secret and far away, led to murder in our country on a massive scale. As a result, we must look at security in a new way, because our country is a battlefield in the first war of the 21st century.

      We learned a lesson: The dangers of our time must be confronted actively and forcefully, before we see them again in our skies and in our cities. And we set a goal: we will not allow the triumph of hatred and violence in the affairs of men. (Applause.)

      Our coalition of more than 90 countries is pursuing the networks of terror with every tool of law enforcement and with military power. We have arrested, or otherwise dealt with, many key commanders of al Qaeda. (Applause.) Across the world, we are hunting down the killers one by one. We are winning. And we`re showing them the definition of American justice. (Applause.) And we are opposing the greatest danger in the war on terror: outlaw regimes arming with weapons of mass destruction.

      In Iraq, a dictator is building and hiding weapons that could enable him to dominate the Middle East and intimidate the civilized world -- and we will not allow it. (Applause.) This same tyrant has close ties to terrorist organizations, and could supply them with the terrible means to strike this country -- and America will not permit it. The danger posed by Saddam Hussein and his weapons cannot be ignored or wished away. The danger must be confronted. We hope that the Iraqi regime will meet the demands of the United Nations and disarm, fully and peacefully. If it does not, we are prepared to disarm Iraq by force. Either way, this danger will be removed. (Applause.)

      The safety of the American people depends on ending this direct and growing threat. Acting against the danger will also contribute greatly to the long-term safety and stability of our world. The current Iraqi regime has shown the power of tyranny to spread discord and violence in the Middle East. A liberated Iraq can show the power of freedom to transform that vital region, by bringing hope and progress into the lives of millions. America`s interests in security, and America`s belief in liberty, both lead in the same direction: to a free and peaceful Iraq. (Applause.)

      The first to benefit from a free Iraq would be the Iraqi people, themselves. Today they live in scarcity and fear, under a dictator who has brought them nothing but war, and misery, and torture. Their lives and their freedom matter little to Saddam Hussein -- but Iraqi lives and freedom matter greatly to us. (Applause.)

      Bringing stability and unity to a free Iraq will not be easy. Yet that is no excuse to leave the Iraqi regime`s torture chambers and poison labs in operation. Any future the Iraqi people choose for themselves will be better than the nightmare world that Saddam Hussein has chosen for them. (Applause.)

      If we must use force, the United States and our coalition stand ready to help the citizens of a liberated Iraq. We will deliver medicine to the sick, and we are now moving into place nearly 3 million emergency rations to feed the hungry.

      We`ll make sure that Iraq`s 55,000 food distribution sites, operating under the Oil For Food program, are stocked and open as soon as possible. The United States and Great Britain are providing tens of millions of dollars to the U.N. High Commission on Refugees, and to such groups as the World Food Program and UNICEF, to provide emergency aid to the Iraqi people.

      We will also lead in carrying out the urgent and dangerous work of destroying chemical and biological weapons. We will provide security against those who try to spread chaos, or settle scores, or threaten the territorial integrity of Iraq. We will seek to protect Iraq`s natural resources from sabotage by a dying regime, and ensure those resources are used for the benefit of the owners -- the Iraqi people. (Applause.)

      The United States has no intention of determining the precise form of Iraq`s new government. That choice belongs to the Iraqi people. Yet, we will ensure that one brutal dictator is not replaced by another. All Iraqis must have a voice in the new government, and all citizens must have their rights protected. (Applause.)

      Rebuilding Iraq will require a sustained commitment from many nations, including our own: we will remain in Iraq as long as necessary, and not a day more. America has made and kept this kind of commitment before -- in the peace that followed a world war. After defeating enemies, we did not leave behind occupying armies, we left constitutions and parliaments. We established an atmosphere of safety, in which responsible, reform-minded local leaders could build lasting institutions of freedom. In societies that once bred fascism and militarism, liberty found a permanent home.

      There was a time when many said that the cultures of Japan and Germany were incapable of sustaining democratic values. Well, they were wrong. Some say the same of Iraq today. They are mistaken. (Applause.) The nation of Iraq -- with its proud heritage, abundant resources and skilled and educated people -- is fully capable of moving toward democracy and living in freedom. (Applause.)

      The world has a clear interest in the spread of democratic values, because stable and free nations do not breed the ideologies of murder. They encourage the peaceful pursuit of a better life. And there are hopeful signs of a desire for freedom in the Middle East. Arab intellectuals have called on Arab governments to address the "freedom gap" so their peoples can fully share in the progress of our times. Leaders in the region speak of a new Arab charter that champions internal reform, greater politics participation, economic openness, and free trade. And from Morocco to Bahrain and beyond, nations are taking genuine steps toward politics reform. A new regime in Iraq would serve as a dramatic and inspiring example of freedom for other nations in the region. (Applause.)

      It is presumptuous and insulting to suggest that a whole region of the world -- or the one-fifth of humanity that is Muslim -- is somehow untouched by the most basic aspirations of life. Human cultures can be vastly different. Yet the human heart desires the same good things, everywhere on Earth. In our desire to be safe from brutal and bullying oppression, human beings are the same. In our desire to care for our children and give them a better life, we are the same. For these fundamental reasons, freedom and democracy will always and everywhere have greater appeal than the slogans of hatred and the tactics of terror. (Applause.)

      Success in Iraq could also begin a new stage for Middle Eastern peace, and set in motion progress towards a truly democratic Palestinian state. (Applause.) The passing of Saddam Hussein`s regime will deprive terrorist networks of a wealthy patron that pays for terrorist training, and offers rewards to families of suicide bombers. And other regimes will be given a clear warning that support for terror will not be tolerated. (Applause.)

      Without this outside support for terrorism, Palestinians who are working for reform and long for democracy will be in a better position to choose new leaders. (Applause.) True leaders who strive for peace; true leaders who faithfully serve the people. A Palestinian state must be a reformed and peaceful state that abandons forever the use of terror. (Applause.)

      For its part, the new government of Israel -- as the terror threat is removed and security improves -- will be expected to support the creation of a viable Palestinian state -- (applause) -- and to work as quickly as possible toward a final status agreement. As progress is made toward peace, settlement activity in the occupied territories must end. (Applause.) And the Arab states will be expected to meet their responsibilities to oppose terrorism, to support the emergence of a peaceful and democratic Palestine, and state clearly they will live in peace with Israel. (Applause.)

      The United States and other nations are working on a road map for peace. We are setting out the necessary conditions for progress toward the goal of two states, Israel and Palestine, living side by side in peace and security. It is the commitment of our government -- and my personal commitment -- to implement the road map and to reach that goal. Old patterns of conflict in the Middle East can be broken, if all concerned will let go of bitterness, hatred, and violence, and get on with the serious work of economic development, and political reform, and reconciliation. America will seize every opportunity in pursuit of peace. And the end of the present regime in Iraq would create such an opportunity. (Applause.)

      In confronting Iraq, the United States is also showing our commitment to effective international institutions. We are a permanent member of the United Nations Security Council. We helped to create the Security Council. We believe in the Security Council -- so much that we want its words to have meaning. (Applause.)

      The global threat of proliferation of weapons of mass destruction cannot be confronted by one nation alone. The world needs today and will need tomorrow international bodies with the authority and the will to stop the spread of terror and chemical and biological and nuclear weapons. A threat to all must be answered by all. High-minded pronouncements against proliferation mean little unless the strongest nations are willing to stand behind them -- and use force if necessary. After all, the United Nations was created, as Winston Churchill said, to "make sure that the force of right will, in the ultimate issue, be protected by the right of force."

      Another resolution is now before the Security Council. If the council responds to Iraq`s defiance with more excuses and delays, if all its authority proves to be empty, the United Nations will be severely weakened as a source of stability and order. If the members rise to this moment, then the Council will fulfill its founding purpose.

      I`ve listened carefully, as people and leaders around the world have made known their desire for peace. All of us want peace. The threat to peace does not come from those who seek to enforce the just demands of the civilized world; the threat to peace comes from those who flout those demands. If we have to act, we will act to restrain the violent, and defend the cause of peace. And by acting, we will signal to outlaw regimes that in this new century, the boundaries of civilized behavior will be respected. (Applause.)

      Protecting those boundaries carries a cost. If war is forced upon us by Iraq`s refusal to disarm, we will meet an enemy who hides his military forces behind civilians, who has terrible weapons, who is capable of any crime. The dangers are real, as our soldiers, and sailors, airmen, and Marines fully understand. Yet, no military has ever been better prepared to meet these challenges.

      Members of our Armed Forces also understand why they may be called to fight. They know that retreat before a dictator guarantees even greater sacrifices in the future. They know that America`s cause is right and just: liberty for an oppressed people, and security for the American people. And I know something about these men and women who wear our uniform: they will complete every mission they are given with skill, and honor, and courage. (Applause.)

      Much is asked of America in this year 2003. The work ahead is demanding. It will be difficult to help freedom take hold in a country that has known three decades of dictatorship, secret police, internal divisions, and war. It will be difficult to cultivate liberty and peace in the Middle East, after so many generations of strife. Yet, the security of our nation and the hope of millions depend on us, and Americans do not turn away from duties because they are hard. We have met great tests in other times, and we will meet the tests of our time. (Applause.)

      We go forward with confidence, because we trust in the power of human freedom to change lives and nations. By the resolve and purpose of America, and of our friends and allies, we will make this an age of progress and liberty. Free people will set the course of history, and free people will keep the peace of the world.

      Thank you all, very much. (Applause.)
      Avatar
      schrieb am 03.03.03 15:09:08
      Beitrag Nr. 361 ()
      Lauschangriff auf US-Buchläden

      Big Brother liest mit

      Von Lutz Kleveman, New York

      Heimlich dürfen Agenten des FBI in Buchläden und Bibliotheken ausspionieren, was Amerikaner lesen. Eine Abwehrmaßnahme gegen Terroranschläge, sagt die Bush-Regierung. Eine Gefahr für die Meinungsfreiheit, sagen entsetzte Bürgerrechtler. Schon vernichten die ersten Buchhändler ihre Kundenkarteien.


      DPA

      Überwachungsstaat USA: Verschärfung der Gesetze nach dem 11. September


      Nacktschön räkeln sich Frauen in dem Foto-Buch, das Norman Laurila wahllos aus dem Regal gezogen hat. "Wir haben obszöne und kontroverse Literatur hier", sagt der Buchhändler. "Wer so etwas kauft, ist in den Augen des FBI vielleicht schon verdächtig, ein Terrorist zu sein."

      Was dann passiert, hätte George Orwell nicht düsterer erfinden können: Bereits morgen könnten die Polizei-Agenten in Laurilas Laden in Soho, Manhattan, treten und verlangen, die Kundenkartei einzusehen. Um sich aufzuschreiben, wer wann welche Titel gekauft hat. Der 48jährige ist besorgt: "Ich müsste ihnen alle die Informationen aushändigen - und dürfte noch nicht einmal irgend jemandem davon erzählen."

      So will es der USA Patriotic Act, ein Gesetz, das die Bush-Regierung sechs Wochen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durch den US-Kongress gepeitscht hat. Kaum einer der Volksvertreter hatte das 345 Seiten umfassende Dokument gelesen, das nach nur kurzer Debatte tief in der Nacht mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde. Die Folge: Die Befugnisse des Staats, seine Bürger zu überwachen und auszuspionieren, wurden dramatisch ausgeweitet. So darf die Polizei nun im Namen der Terrorabwehr von allen Unternehmen - etwa Banken, Krankenhäusern, Kreditkartenfirmen, Autoverleihern und Internetanbietern - Auskunft darüber verlangen, was ihre Kunden tun. So auch von Buchläden und Bibliotheken.

      Kunden zögern beim Buchkauf

      "Das ist eine ernste Gefahr für die Meinungsfreiheit", glaubt Buchhändler Laurila, der in den Siebzigern einen der ersten Läden für homosexuelle Literatur in New York gründete. "Unsere Kunden fangen an, sich zweimal zu überlegen, ob sie noch regierungskritische oder so genannte unpatriotische Bücher kaufen sollten."


      Lutz C. Clevemann

      Buchhändler Norman Laurila: Keine Buchnamen auf die Rechnung


      Gerade in den eher progressiv gesinnten Küstenregionen der USA würde etwa die entstehende Friedensbewegung gegen einen Irak-Krieg ins Fadenkreuz der FBI-Schnüffler geraten. Wie US-Zeitungen berichteten, haben einige Buchhändler aus Sorge bereits angefangen, ihre Kundenkarteien zu vernichten. "Das ist der einzige Ausweg", sagt Laurila. "Allerdings zögere ich noch, weil es für mich natürlich hilfreich ist zu wissen, was unsere Kunden lesen. Aber wir stellen sicher, dass auf Kreditkartenabrechnungen keine Buchtitel erkennbar sind."

      Terror-Verdacht gegen jeden

      Doch Versteckspielen dürfe nicht der Ausweg sein, findet Christopher Finan, der der "Stiftung amerikanischer Buchhändler für Meinungsfreiheit" vorsitzt. "Die Regierung sollte ihren Bürgern beim Lesen nicht über die Schulter blicken dürfen. Welche Bücher ein Mensch liest, gehört doch zu seiner elementaren Privatsphäre."

      Bereits vor dem 11. September 2001 hat Finan festgestellt, dass die Polizei verstärkt Zugang zu Buchläden und Büchereien verlangt. Der berühmteste Durchsuchungsbefehl wurde während der Lewinsky-Affaire um Bill Clinton erlassen, als der Staatsanwalt Kenneth Starr die Washingtoner Buchhandlung Kramerbooks & Afterwords zwingen wollte, die literarischen Vorlieben der Praktikantin im Weißen Haus preiszugeben. Kramerbooks widersetzte sich und gewann vor Gericht.

      Geheimgericht erteilt Durchsuchungserlaubnis

      Heute sieht die Lage anders aus: Dank dem Patriot Act können Durchsuchungsbefehle nicht mehr angefochten werden. Das Gesetz wendet nämlich kurzerhand eine Praxis an, die bislang nur der Abwehr ausländischer Spionage galt: Nicht mehr zivile Richter befinden über Durchsuchungsbefehle, sondern ein 1978 geschaffenes Geheimgericht, das fast noch nie eine Erlaubnis zum Schnüffeln verweigert hat. Diese Big-Brother-Methoden entsetzen Buchhändler Finan: "Nun muss die Polizei nicht mehr nachweisen, dass eine Person, deren Datei sie einsehen möchte, überhaupt mit einem Verbrechen zu tun gehabt haben könnte. Stattdessen gilt allgemeiner Terrorismus-Verdacht gegen jeden."


      AP

      Videoüberwachung in Downtown Los Angeles


      Und es kommt noch ärger: Die Durchsuchungen sind heimlich, so dass es betroffenen Buchhändlern - wie im Übrigen allen anderen Unternehmen - bei Strafe verboten ist, ihren Kunden davon zu erzählen. Selbst ihren Anwälten gegenüber müssen sie schweigen. "Sie dürfen es niemandem sagen", berichtet Finan. "So wissen wir nicht einmal, wie viele Buchhändler inzwischen Besuch vom FBI bekommen haben."

      Lediglich eine anonyme Umfrage unter Bibliothekaren hat im vergangenen Oktober die Universität von Illinois gewagt. Die Ergebnisse sind beunruhigend: Mehr als ein Zehntel aller öffentlichen Büchereien in den USA berichteten von polizeilichen Durchsuchungen. Fünfzehn Bibliothekare schrieben, dass es ihnen von Gesetz wegen nicht erlaubt sei, auf die Frage zu antworten. Einige halten Wachsamkeit allerdings auch für erste Bürgerpflicht: Etwa vier Prozent der Befragten räumten ein, freiwillig verdächtiges Verhalten ihrer Kunden an die Behörden gemeldet zu haben.

      Erster Widerstand gegen den Überwachungsstaat

      Derweil wächst bei US-Bürgerrechtlern das Entsetzen über die Folgen des Patriot Acts. "Man muss sich fragen: Geht es hier wirklich noch um die Abwehr terroristischer Anschläge?", sagt Jameel Jaffer von der American Civil Liberties Union Foundation. "Welcher Terrorist treibt sich denn in Büchereien und Buchläden rum?" Seit Monaten versuchen Jaffer und seine Kollegen, Kongressabgeordnete zu überzeugen, dass sie in der kollektiven Angst nach dem 11. September 2001 das Kind mit dem Bade ausgeschüttet haben.

      Kürzlich haben sich einige Parlamentarier bereit erklärt, mit einem neuen Gesetzesentwurf zumindest Buchhändler vom Patriot Act auszunehmen. "Das wäre ein kleiner Sieg für die Bürgerrechte", glaubt Jaffer. "Sonst kommt es bald so weit, dass die Menschen vor kritischen Büchern und Websites zurückscheuen und nur noch regierungsgenehme Medien wie Fox TV nutzen."

      Lesen Sie demnächst: Wie die Bush-Regierung den Patriot Act verschärfen will, um US-Bürger heimlich verhaften und deportieren zu können.
      Avatar
      schrieb am 03.03.03 15:09:46
      Beitrag Nr. 362 ()
      Dieses Terroristenschwein
      Osama II :mad: :mad: :mad: :mad:

      Hoffentlich quetschen die Amis ihn aus wie eine Zitrone um weitere Anschläger zu verhinern.
      Die haben sicher entsprechende Drogen, die das Plaudern erleichtern :cool:

      Avatar
      schrieb am 03.03.03 21:42:34
      Beitrag Nr. 363 ()
      Montag, 3. März 2003
      Da war`n es nur noch 100
      Weitere Raketen zerstört

      Der Irak hat am Montag weitere acht seiner Kurzstreckenraketen vom Typ "Al Samoud 2" unbrauchbar gemacht. Das teilte das irakische Informationsministerium in Bagdad mit. Am Wochenende waren bereits zehn Raketen dieses Typs zerstört worden.

      Insgesamt hat der Irak rund 120 Raketen dieses Typs. UN-Chefwaffenkontrolleur Hans Blix hatte die Verschrottung dieser Raketen verlangt, weil sie die von den UN genehmigte Reichweite von 150 Kilometern überschritten.

      Die irakische Regierung stellte außerdem einen detaillierten Bericht zur Vernichtung biologischer Kampfstoffe in Aussicht. Nach Angaben der UN-Inspektoren wurden auch zwei Gussformen für die El-Fatah-Rakete zerstört. Diese Rakete wurden von den Inspektoren zwar nicht beanstandet, doch wurden ihre Gussformen schon während der Inspektionen der 90er Jahre zerstört. Der Irak baute sie aber später wieder zusammen. Jetzt sollen sie nach UN-Angaben so auseinander gebrochen werden, dass eine künftige Benutzung ausgeschlossen ist.

      Am Sonntagabend hatte der irakische Präsidentenberater Amir el Saadi klar gemacht, dass der Irak die Raketenzerstörung einstellen werde, wenn die USA ihre Kriegspläne umsetzen. Auf eine entsprechende Frage antwortete El Saadi: "Wenn sich zu einem frühen Zeitpunkt in diesem Monat herausstellen sollte, dass Amerika nicht den rechtmäßigen Weg geht, warum sollten wir dann weitermachen?"

      UN-Kontrolleure besuchten am Montag unter anderem einen militärischen Sprengplatz in El Asisiya, 100 Kilometer südlich von Bagdad. Dort hat der Irak nach eigenen Angaben vor zwölf Jahren 157 Fliegerbomben, die mit biologischen Kampfstoffen gefüllt waren, vernichtet. Grabungen unter UN-Beobachtung sollen nun klären, ob die vom Irak genannte Zahl glaubwürdig ist. In den vergangenen Tagen wurden Fragmente und auch einige intakte Bomben gefunden, deren Inhalt von der UN-Waffenkontrollkommission (UNMOVIC) analysiert werden sollen.

      Paris und Berlin fordern umfassende Kooperation

      Der französische Staatspräsident Jacques Chirac verlangte vom Irak eine noch stärkere und aktivere Zusammenarbeit mit den UN-Waffenkontrolleuren. "Der Irak muss mehr tun", sagte Chirac in einer Rede vor dem algerischen Parlament in Algier. "Wir müssen unseren starken Druck auf den Irak aufrecht erhalten", erläuterte er. So könne das UN-Ziel der friedlichen Beseitigung irakischer Massenvernichtungswaffen erreicht werden.

      Auch Deutschland forderte den Irak zu einer umfassenderen Kooperation mit den Waffeninspekteuren auf. "Es gibt noch eine Reihe von Defiziten, die behoben werden müssen, rasch und umgehend", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin.

      "Täuschungsmanöver des Irak"

      Die USA bezeichneten die Zerstörung der Al-Samoud-2-Raketen als "Teil eines irakischen Täuschungsmanövers". Die UN-Resolution 1441 verlange die vollständige, totale und sofortige Entwaffnung Iraks, sagte die Sprecherin des US-Präsidialamtes, Mercy Viana, in Washington. US-Präsident George W. Bush habe stets vorausgesagt, dass Irak seine Al-Samoud-Raketen als Teil seines Täuschungsmanövers zerstören werde, sagte Viana. Deshalb sei man in Washington nicht sonderlich überrascht.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3104495.html
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      schrieb am 04.03.03 01:38:58
      Beitrag Nr. 364 ()
      Schröders linker Wilhelminismus ist umgekehrter Größenwahn.
      Frank Schirrmacher (FAZ Herausgeber)



      Wer Beweise für eine Weltbedrohung durch einen Staat aus studentischen Magisterarbeiten abschreibt (  Geheime Cut-and-Paste-Informationen); wer lauthals oder permanent tönt, sehr bald Beweise für die finsteren Absichten eines Diktators zu erbringen, dann aber mit Strichzeichnungen im UN-Sicherheitsrat aufwartet (  Nichts als die Wahrheit oder Onkel Powells Märchenstunde?); wer aus alten Datenbeständen Kriegsgründe konstruiert; oder wer aus einem noch ungeprüften Tonband, in dem der Iraker als "Ungläubiger" tituliert wird, Verbindungen zwischen alQaida und Saddam Hussein herstellt (  Wie eine Tonbandbotschaft vielen Zwecken dient): der operiert nicht nur dilettantisch oder "hemdsärmelig", der ist obendrein auch noch ein Falschspieler und Trickser. Dies ist sogar einem Kolumnisten der Washington Post aufgefallen, der angesichts dieser Sachlage laut an Powells Rechtschaffenheit zu zweifeln begann (  Powellian Propaganda).
      Opposition und Bildungsbürgertum denken anscheinend immer noch in Kategorien des Kalten Krieges. Nur so ist zu erklären, dass die Oppositionsführerin den Kanzler zu einer "Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland und das gesamte historische Erbe" erklärt, einem Ex-Kanzlerkandidaten der kalte Schauer über den Rücken läuft, wenn er Deutschland plötzlich an der Seite Russlands und Chinas entdeckt, oder die Oberaufseher in den hiesigen Feuilletons Schröder mit Chamberlain oder Wilhelm II. vergleichen. (  Kaiser Gerhard II.).
      Die "Aufklärung" scheint weder auf den Oppositionsbänken noch in den Redaktionsstuben angekommen zu sein. Statt dem Willen zu mehr Eigenständigkeit und operationaler Souveränität herrschen dort blinde Gefolgschaft und Kadavergehorsam. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Das Bürgertum hat offenbar schlichtweg Angst, bei einem möglichen Bruch des transatlantischen Bündnisses plötzlich ohne sicherheitspolitische Rückversicherung dazustehen.
      Wer sich dem Imperium aber so treu ergeben an die Brust wirft und ihrem militärpolitischen Malstrom blindlings folgt, sollte vorher wissen, worauf er sich einlässt. Bagdad ist nur Gullivers erster Halt (  Gullivers nächster Halt). Die Liste von Schurkenstaaten, die das Imperium abzuarbeiten gedenkt, ist noch sehr lang. Sie enthält noch etliche Kröten, die von den Vasallen geschluckt werden müssen.
      Wesley Clark, der einstige Nato-Oberbefehlshaber in Europa, hat sie jüngst nochmals ausgeplaudert (  Syrien wird das nächste Ziel sein) Danach wurde der Entschluss zum Krieg gegen den Irak unmittelbar nach den Ereignissen vom 11. September im einflussreichen Defense Policy Board gefällt. Nach Bagdad stehen noch Damaskus, Riad und vor allem Teheran und Pjöngjang auf der Agenda. Eine politische Lösung des Konflikts Israel-Palästina könnte sich, wenn die Demokratisierung der ganzen Region mit Waffengewalt gelingt, danach, so die Hoffnung der Masterplaner, von selbst erledigen, außer Scharon benützt den Irak-Krieg, wie es sich bereits andeutet, dazu, die Palästinenser über den Jordan zu jagen.
      Vor der Weltmacht zu knien könnte auf Dauer also höchst zeitaufwändig und kostspielig werden. Abgesehen von den Gefährdungen, die diese aggressive Politik des neuen Rom für alle "Kriegswilligen" nach sich zieht. Dank seiner Nibelungentreue zu Washington befindet sich London aus Angst vor Terroranschlägen auch im Ausnahmezustand. Und die Aufregung und die Hysterie, die derzeit um Pocken-Viren hierzulande verbreitet werden (  Die Pocken am Frühstückstisch), geben Einblick und Vorschein auf die möglichen sozialen und sicherheitspolitischen Folgen, die eine logistische oder aktive Beteiligung an diesem Unternehmen mit sich bringt.
      Der Kanzler handelt mit seiner widerspenstigen Haltung folglich nicht verantwortungslos, sondern umsichtig. Im Gegensatz zu allen US-Vasallen oder der herumeiernden Opposition nimmt er den Verfassungsauftrag ernst. Durch sein Nein zu einem Angriffskrieg wendet er Schaden von der Bundesrepublik ab.

      Die Kanonenpolitik des Schurkenstaates

      Gewiss hat der Kanzler sich taktisch äußerst ungeschickt verhalten. Durch allzu frühe Festlegung auf ein Nein zu einem Irak-Feldzug hat er sich ohne Not, aus wahltaktischen Erwägungen heraus, in arge bündnispolitische Nöte hineinmanövriert. Und mit dem gezielten Lancieren des "Projekts Mirage" im Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat er seinen Außenminister während der Münchner Sicherheitskonferenz vor versammelter Mannschaft düpiert. Doch machen es sich die Kommentatoren allzu leicht, wenn sie dem Kanzler die Hauptschuld an der transatlantischen Krise in die Schuhe schieben.
      Weder er noch das Nato-Kücken Belgien oder Frankreich haben durch ihr Nein zu einem Waffengang oder ihr Veto zum Hilfeersuchen der Türkei  "die Axt an die Wurzeln der Nato" gelegt, wie General Klaus Naumann, der frühere Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, über Schröders "Eskapaden" mit spitzen Mund und sichtlich verschnupft registrierte.
      Und auch Josef Joffe, der sich wie viele andere Leitartikler noch immer im Kalten Krieg wähnt, liegt falsch, wenn er Schröder für die Krise in der Nato, der EU und der deutsch-amerikanischen Freundschaft verantwortlich macht (  Stunde der Dilettanten). Das haben die USA mit ihrer Kanonenpolitik schon selbst besorgt. Es war nachweislich Dick Cheney und nicht Gerd Schröder, der mit seiner Rede im August letzten Jahres die Koalition gegen den Terror verlassen und den Strategiewechsel vom Anti-Terror-Krieg zum Regimewechsel einseitig verkündet hat. Und es war vor allem der US-Präsident selbst, der in Bomberjacke vor Mikrofonen und Kameras posiert und verkündet, dass gleich wie die UN oder der Sicherheitsrat sich auch entscheiden, er das Problem Saddam auf seine Weise lösen wird.
      Avatar
      schrieb am 04.03.03 13:06:19
      Beitrag Nr. 365 ()
      Dienstag, 4. März 2003
      Erster Zwischenfall seit 1969
      Nordkorea fängt US-Maschine ab

      Ein neuer Zwischenfall hat die Spannungen zwischen den USA und Nordkorea verschärft. Wie das Verteidigungsministerium in Washington mitteilte, näherten sich nordkoreanische Kampfjets im internationalen Luftraum einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug bis auf 150 Meter. Dies wurde unterdessen vom Pentagon bestätigt. Die Maschine sei auch mit Radar ins Visier genommen worden.

      Der Vorfall hat sich bereits am Sonntag ereignet, wurde aber erst jetzt bekannt. Ein Vertreter des US-Außenministeriums sprach von einer Provokation, gegen die man offiziell protestieren werde.

      240 Kilometer vor der Küste hätten vier nordkoreanische MiG-Kampfflugzeuge das US-Flugzeug vom Typ RC-135 abgefangen und es rund 20 Minuten lang verfolgt, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Die MiGs seien zu einem Zeitpunkt bis auf 150 Meter herangekommen, sagte ein Sprecher. Der Zwischenfall habe sich am Sonntag gegen 02.48 Uhr MEZ ereignet. Das Verteidigungsministerium teilte weiter mit, die nordkoreanischen Kampfflugzeuge seien bewaffnet gewesen.

      Die RC-135 basiert auf der für die Zivilluftfahrt entwickelten Boeing 707 und kann noch aus Hunderten Kilometer Entfernung Truppenbewegungen verfolgen. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums war es der erste solche Zwischenfall seit 1969, als nordkoreanische Kampfjets in internationalem Luftraum ein US-Aufklärungsflugzeug abgeschossen hatten. Damals kamen 31 Menschen an Bord ums Leben.

      USA und Südkorea beginnen gemeinsames Manöver

      Die US-Streitkräfte in Südkorea und das südkoreanische Militär begannen unterdessen ein Großmanöver. In den nächsten Tagen würden die Einheiten zunächst jedoch nur zu den Schauplätzen des einmonatigen Manövers gebracht, sagte ein Sprecher des US-Militärs in Seoul: "Die Truppenübung findet im ganzen Land statt. "

      Die Lage zwischen beiden Ländern ist angespannt. Nordkorea wirft den USA vor, einen Angriff auf das kommunistische Land zu planen. Die USA rechnen Nordkorea mit Iran und Irak zu einer "Achse des Bösen". Sie werfen den Ländern vor, Massenvernichtungswaffen entwickeln zu wollen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3104177.html
      Avatar
      schrieb am 04.03.03 13:19:58
      Beitrag Nr. 366 ()
      Neue Irak-Resolution

      USA wollen Abstimmung, keine Debatte

      Die USA drängen auf ein schnelles Ende der Verhandlungen im Uno-Sicherheitsrat. Schon nächste Woche solle das Gremium über eine neue Irak-Resolution entscheiden. Eine Debatte sei gar nicht nötig, meint der amerikanische Uno-Botschafter. Parallel läuft der Truppenaufmarsch am Golf auf Hochtouren.


      AP

      Ob die USA und Großbritannien tatsächlich genügend Sicherheitsratsmitglieder auf ihren Kriegskurs einschwören können, ist unklar


      Bagdad/Washington - Amerika drückt aufs Tempo. Voraussichtlich werde der Weltsicherheitsrat bereits einige Tage nach dem neuen Bericht der Uno-Waffeninspektoren am Freitag über den Entwurf abstimmen, sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte, am Montag in New York. "Wir sind der Ansicht, dass keine Debatte notwendig ist über diese sehr einfache und direkte Resolution." In dem auch von Großbritannien und Spanien unterstützten Entwurf heißt es, der Irak habe versäumt, die letzte ihm in der Resolution 1441 eingeräumte Chance zur friedlichen Entwaffnung zu ergreifen. Frankreich, Russland und China ermahnten den Irak am Montag, noch aktiver mit den Uno-Inspektoren zusammenzuarbeiten.


      Unterdessen setzen die Iraker die Zerstörung von "al-Samud 2"-Raketen trotz eines islamischen Feiertags fort. Wie der arabische TV-Sender al-Dschasira berichtete, zerstörten sie am Vormittag vier der Raketen, die wegen ihrer zu großen Reichweite von Uno-Chefinspekteur Hans Blix für illegal erklärt worden waren. Im Irak und in anderen Teilen der islamischen Welt wird heute wegen des Beginns des neuen Hidschra-Jahres nicht gearbeitet. An der Hidschra, dem Auszug des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina im Jahr 622, orientiert sich der islamische Mondkalender.

      Flottenverband verließ Kalifornien

      Unterdessen lichtete die USS "Nimitz" ihre Anker. Sie hat 5500 Mann Besatzung und 70 F/A-18-Kampfflugzeuge an Bord. Insgesamt sind mit dem Flottenverband um den Flugzeugträger rund 8000 Soldaten und Seeleute unterwegs. Wenn die "Nimitz" den Persischen Golf in etwa einem Monat erreicht haben wird, soll sie eine der fünf Flugzeugträger-Gruppen ablösen, die bereits dort sind. Die fünf Gruppen verfügen insgesamt über mehr als 350 Kampfflugzeuge, die in einem Krieg gegen den Irak eingesetzt werden könnten.


      REUTERS

      Der atomgetriebene Flugzeugträger USS "Nimitz" startete am Montag in San Diego und braucht etwa einen Monat für die Fahrt in die Golfregion


      Wie US-Medien berichteten, sind in der vergangenen Woche außerdem weitere 60.000 US-Soldaten zum Persischen Golf abkommandiert worden. Dazu gehören Einheiten aus Texas, Louisiana und Deutschland. Sie würden nicht vor Ende April am Golf erwartet, hieß es.

      Nach Worten von Präsidentensprecher Fleischer hofft die US-Regierung weiterhin, dass im Fall eines Krieges auch die Türkei einer Stationierung amerikanischer Truppen zustimmen wird. Die USA könnte einen Krieg gegen den Irak aber auch ohne Unterstützung der Türkei gewinnen. Das bisherige Nein des Parlaments in Ankara zu einer amerikanischen Invasion von türkischem Boden aus sei eine "Überraschung und Enttäuschung" gewesen, sagte er. Jedoch sei "Plan B" ebenfalls durchführbar. "Welche Route auch immer eingeschlagen wird, die militärische Mission wird erfolgreich sein."

      Zu der seit Samstag andauernden Raketenzerstörung in Bagdad meinte Fleischer: "Wir haben keine vollständige, totale und sofortige Abrüstung gesehen. Wir haben nichts gesehen, was der Uno-Sicherheitsrat gefordert hat." Der Irak zerstöre lediglich Waffen, deren Existenz er anfangs geleugnet habe. "Wie sollen wir wissen, ob es nicht die Mutter aller Ablenkungs- und Täuschungsmanöver ist?" Fleischer unterstrich, dass dem Irak Wochen und nicht Monate blieben, US-Präsident George W. Bush aber unverändert keine Entscheidung über den Einsatz kriegerischer Mittel getroffen habe.

      Die am Sonntag begonnenen Expertengesprächen zwischen Waffenexperten der Uno-Abrüstungskommission Unmovic und irakischen Fachleuten über die mengenmäßige Nachweisbarkeit früherer einseitiger Waffenzerstörungen durch den Irak wurden vorerst unterbrochen. "Der Irak wird in ungefähr einer Woche einen detaillierteren Bericht vorlegen", erklärte Unmovic-Sprecher Hiro Ueki. Dabei geht es unter anderen um mehrere Tonnen Milzbrand-Lösungen und VX-Nervengift, welche der Irak 1991 einseitig vernichtet haben will.
      Avatar
      schrieb am 04.03.03 13:22:41
      !
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      Avatar
      schrieb am 04.03.03 19:05:55
      Beitrag Nr. 368 ()
      Bushs Masterplan

      Der Krieg, der aus dem Think Tank kam

      Von Jochen Bölsche

      Es war das glatte Gegenteil einer Verschwörung: In aller Öffentlichkeit schmiedeten ultrarechte US-Denkfabriken schon 1998 Pläne für eine Ära amerikanischer Weltherrschaft, für die Entmachtung der Uno und einen Angriffskrieg gegen den Irak. Lange wurden sie nicht ernst genommen. Inzwischen geben die Falken in der Bush-Regierung den Ton an.


      Illustration Jean-Pierre Kunkel

      SPIEGEL-Titel "Die Bush-Krieger": Gerüstet für den Sturm auf Bagdad


      Deutsche Kommentatoren und Korrespondenten zeigen sich seit Tagen verwirrt. Washington jongliere derart fix mit wechselnden Begründungen für den angestrebten Sturm auf Bagdad, "dass es der Außenwelt schwindelig werden kann", urteilt die "Süddeutsche Zeitung".

      Und die "Nürnberger Nachrichten" berichten über ein "Rätselraten" in den USA, wo Präsidenten-Sprecher Ari Fleischer Ende voriger Woche öffentlich erklärt hat, ein Irakkrieg lasse sich nur dann vermeiden, wenn Saddam nicht nur abrüste, sondern auch abtrete - eine Bedingung, die durch keine der bisher verabschiedeten 18 Uno-Resolutionen gedeckt ist.

      Verwundert fragte das Blatt, ob Bush-Sprecher Fleischer sich "die wohl folgenreichste Freudsche Fehlleistung seiner Karriere geleistet hat - oder ob der Präsident ausdrücklich dessen Äußerung autorisiert hatte".

      "Es ist kein Krieg gegen Saddams Mikroben"

      So oder so: Dass der Wüstenkrieg in Wahrheit der Ablösung Saddams gelten soll, ob der Diktator nun über Massenvernichtungswaffen verfügt oder nicht - davon sind Bush-Kritiker in aller Welt überzeugt.


      REUTERS

      Freudsche Fehlleistung oder Stimme seines Herrn: Ari Fleischer


      "Es ist kein Krieg gegen Saddams Mikroben," schreibt der in Hannover geborene israelische Publizist und Friedenskämpfer Uri Avnery, "es ist ganz einfach ein Krieg um Weltherrschaft, wirtschaftlich, politisch, militärisch und kulturell."

      Konzepte für eine solche Politik existieren in der Tat. Sie wurden bereits in den neunziger Jahren in ultrarechten "Think Tanks" entwickelt - Denkfabriken, in denen Kalte Krieger aus dem Dunstkreis von Geheimdiensten und Erweckungskirchen, von Rüstungs- und Ölkonzernen gespenstisch anmutende Pläne für eine neue Weltordnung schmiedeten.

      In den Visionen der Falken wird das Völkerrecht durch das Recht des Stärkeren ersetzt. Am allerstärksten soll, natürlich, stets die einzig verbliebene Supermacht sein.

      Weltmacht-Visionen im Internet

      Zu diesem Zweck müssten die USA dauerhaft in der Lage sein, die Rohstoffvorräte des Planeten zu kontrollieren und jeden möglichen Konkurrenten klein zu kriegen und klein zu halten - mit allen Mitteln diplomatischer und publizistischer, ökonomischer und militärischer Macht, notfalls auch per Präventivkrieg.

      Was immer in den Neunzigern in den Think Tanks ausgeheckt wurde, von einer Entmachtung der Uno bis hin zu Serien künftiger Unterwerfungskriege - es war das glatte Gegenteil einer Verschwörung: Fast alle dieser Weltmachtsvisionen sind veröffentlicht worden, einige per Internet zugänglich.

      Lange Zeit freilich wurden die Elaborate als Hirngespinste abgetan, verfasst von intellektuellen Außenseitern, erzkonservativen Relikten aus der Reagan-Ära, kaltgestellten Kalten Kriegern, die, finanziell unterstützt von Lobby-Organisationen, in irgendwelchen Studierstuben politisch überwinterten, während in Washington Bill Clinton und sein Vize Al Gore regierten.

      Im Weißen Haus wehte damals vorübergehend ein eher internationalistischer Geist: Geredet wurde von "Partnerschaften zur Universalisierung von Menschenrechten" und von fairem "Multilateralismus" in der Beziehung zu den Verbündeten; auf der Agenda standen Verträge zum Klimaschutz und zur Rüstungsbegrenzung, zur Ächtung von Landminen oder zum Aufbau einer internationalen Gerichtsbarkeit.

      Schon 1998 wurde Saddams Sturz geplant

      In diesem liberalen Klima blieb nahezu unbeachtet, was ein 1997 gegründetes "Project for The New American Century" (PNAC) postulierte, das laut Statut für "Amerikas globale Führerschaft" kämpft. Bereits vor fünf Jahren - am 28. Januar 1998 - forderte die Projektgruppe in einem Brief an "Mr. William J. Clinton" den damaligen US-Präsidenten zu einem Sturz Saddams und zu einer radikalen Umkehr im Umgang mit der Uno auf.

      Solange nicht klar sei, ob Saddam über Massenvernichtungswaffen verfüge, drohe Gefahr für die USA, Israel und die gemäßigten arabischen Staaten in der Region sowie für einen "bedeutsamen Teil der Welt-Ölvorräte". Wörtlich heißt es bereits in dem achtundneunziger Papier:

      "Das bedeutet, in kurzer Frist zur Durchführung einer militärischen Aktion bereit zu sein, da die Diplomatie offenkundig versagt hat. Langfristig bedeutet es, Saddam Hussein und sein Regime zu entmachten ... Wir glauben, dass die Vereinigten Staaten unter den bereits bestehenden UN-Resolutionen das Recht haben, die nötigen Schritte, einschließlich militärischer, zu unternehmen, um unsere vitalen Interessen im Golf zu sichern. In keinem Fall darf sich die amerikanische Politik länger durch das fehlgeleitete Beharren des UN-Sicherheitsrats auf Einstimmigkeit lähmen lassen."

      Blaupause für einen Angriffskrieg


      DER SPIEGEL

      Der Machtzirkel in Washington


      Der Brief wäre für immer unbeachtet in den Archiven des Weißen Hauses vergilbt, wenn er sich heute nicht wie die Blaupause zur Herbeiführung eines lange ersehnten Angriffskrieges lesen würde - und, vor allem, wenn ihn nicht zehn PNAC-Mitglieder mit unterzeichnet hätten, die mittlerweile sämtlich im Telefonverzeichnis der Bush-Administration stehen:

      Richard B. Cheney ist Vizepräsident der Vereinigten Staaten,

      Lewis Libby ist Cheneys Stabschef,

      Donald Rumsfeld ist Bushs Verteidigungsminister,

      Paul Dundes Wolfowitz ist Rumsfelds Stellvertreter,

      Peter W. Rodman ist verantwortlich für "internationale Sicherheitsangelegenheiten",

      John Bolton ist Staatssekretär für Rüstungskontrolle,

      Richard Armitage ist stellvertretender Außenminister,

      Richard Perle, einst Vize-Verteidigungsminister unter Reagan, ist Chef des American Defense Policy Board,

      William Kristol, der PNAC-Vorsitzende, berät Bush und gilt als das "Hirn des Präsidenten",

      Zalmay Khalilzad ist, nachdem er als Sonderbotschafter und Königsmacher in Afghanistan gewirkt hat, derzeit Bushs Sonderbeauftragter für den Kontakt zur irakischen Opposition.
      Schon vor mehr als zehn Jahren hatten zwei Hardliner aus diesem Kreis eine verteidigungspolitische Planungsvorgabe ("Defense Planning Guidance") entworfen, die für einen internationalen Eklat sorgte, als sie der amerikanischen Presse zugespielt wurde.



      Die 1992 von der "New York Times" enthüllten Vorschläge, formuliert von den heutigen Kabinettsmitgliedern Wolfowitz und Libby, liefen darauf hinaus, die während des Kalten Krieges verfolgte Abschreckungsdoktrin durch eine völlig neue Globalstrategie zu ersetzen.


      LARRY DOWNING / REUTERS

      Kampf um die Weltherrschaft: Bush bei einer Navy-Parade


      Ziel war die dauerhafte Erhaltung der Supermachtposition der USA - auch gegenüber Europa, Russland und China. Diesem Zweck sollten "Mechanismen" dienen, die potenzielle Konkurrenten davon abschrecken, "unsere Führung in Frage zu stellen oder auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen" - Formulierungen, die nach ihrem bekannt werden prompt für Verstimmung in den Metropolen Europas und Asiens sorgten.

      Notwendig, hieß es in dem Wolfowitz-Libby-Papier, sei vor allem eine stabile amerikanische Vormachtstellung in Eurasien. Ein Land, das etwa durch den Erwerb von Massenvernichtungswaffen die Interessen der USA bedrohe, müsse mit Präventivangriffen rechnen. Die traditionellen Bündnisse seien durch "Ad-hoc-Koalitionen" zu ersetzen, "die nicht länger Bestand haben als die aktuelle Krise andauert".

      Im September 2000 - nur wenige Monate vor dem Antritt der Regierung Bush - schloss die PNAC die Arbeit an einer Fortschreibung des weltpolitischen Masterplans von 1992 ab.

      Diese im Auftrag von Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz und Libby verfasste Studie ("Rebuilding America`s Defenses") ist ebenfalls der Frage gewidmet, "wie die globale US-Vorherrschaft aufrecht erhalten, dem Aufstieg einer rivalisierenden Großmacht vorgebeugt und die internationale Sicherheitsordnung gemäß amerikanischen Prinzipien und Interessen gestaltet werden kann".

      "Kavallerie im neuen Grenzland"

      Unter anderem, so heißt es da, müssten die USA durch eine gewaltige Aufstockung ihres Rüstungsetats und den Aufbau eines länderübergreifenden Raketenschirms in die Lage versetzt werden, "zahlreiche größere Kriege gleichzeitig durchkämpfen und für sich entscheiden" zu können. Auf jeden Fall gehöre die Golfregion unter US-Kontrolle, heißt es in dem PNAC-Papier, das auch im Internet verfügbar ist. Zitat:

      "Die Vereinigten Staaten haben seit Jahren versucht, eine dauerhaftere Rolle in der Sicherheitsarchitektur am Golf zu spielen. Der ungelöste Konflikt mit dem Irak liefert zwar die unmittelbare Begründung dafür, die Präsenz einer substantiellen amerikanischen Streitmacht am Golf ist aber ganz unabhängig von der Frage des Saddam-Hussein-Regimes nötig."

      Im Ausland stationierte US-Streitkräfte bezeichneten die Autoren in der kernigen Sprache des Wilden Westens als "Kavallerie im neuen amerikanischen Grenzland" ("the cavalry on the new American frontier"). Auch die Aufgaben der Friedensstiftung sollten, so die Studie weiter, eher der Führerschaft der USA als der Uno obliegen.

      "Diplomatie mit dem Revolver an der Schläfe"

      Kaum hatte George W. Bush nach seinem umstrittenen Wahlsieg die Clinton-Administration abgelöst, hievte er die Hardliner von der PNAC in seine Regierung. Für einen Haudegen wie Richard Perle, dem die Hamburger "Zeit" einmal "Diplomatie mit dem Revolver an der Schläfe" bescheinigte, fand sich eine Schlüsselposition im offiziösen Defense Policy Board, das in unmittelbarer Nähe von Pentagon-Chef Rumsfeld wirkt.

      Mit atemberaubendem Tempo setzten die neuen Herren die PNAC-Strategie um. Bush kündigte reihenweise internationale Verträge aus der Clinton-Ära, brüskierte die Uno und behandelte Verbündete wie Vasallen. Und als nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die blanke Angst in Amerika regierte und im Land Milzbrandbriefe kursierten, war aus Sicht der Bushisten offenbar die Zeit reif dafür, auch die alten Irak-Pläne aus der PNAC-Schublade zu holen.

      Bereits sechs Tage nach dem Anschlag auf das World Trade Center unterzeichnete Bush einen Exekutivbefehl, in dem er nicht nur Order gab, einen Krieg gegen das Terrornetzwerk und gegen die Taliban vorzubereiten. Ein zunächst geheim gehaltener zweiter Absatz befahl den Militärs, Szenarien für einen Irakkrieg zu erarbeiten.

      "Ein Hundesohn, aber unser Hundesohn"

      Zwar ließ sich die von der Regierung behauptete Steuerung der WTC-Attentäter durch den Irak ebenso wenig belegen wie die Vermutung, Saddam habe mit den Anthrax-Briefen zu tun; später stellte sich heraus, dass das Massenvernichtungsmittel offenbar aus US-Militärlabors stammte. Dennoch erklärte Richard Perle in einem TV-Interview unverdrossen: "Es kann keinen Sieg im Krieg gegen den Terrorismus geben, wenn Saddam Hussein am Ende immer noch an der Macht ist."

      Der Diktator, verlangte Perle, müsse von den USA nicht zuletzt deshalb beseitigt werden, "weil er das Symbol für die Missachtung aller westlichen Werte ist". Das allerdings war Saddam auch schon gewesen, als er sich 1979 mit US-Hilfe an die Spitze des Landes putschte.


      AP

      CIA-Zentrale in Langley: "Saddam ist ein Hundesohn, aber er ist unser Hundesohn"


      Damals meldete ein Geheimdienstler aus der amerikanischen Botschaft in Bagdad an die CIA-Zentrale: "Ich weiß, Saddam ist ein Hundesohn, aber er ist unser Hundesohn." Und nachdem die USA den Diktator auch im Kampf gegen den Iran unterstützt hatten, erklärte der pensionierte CIA-Direktor Robert Gates, er selber habe nie irgendwelche Illusionen über den Mann in Bagdad gehegt: Saddam sei "kein Demokrat, kein Agrarreformer, sondern ein ganz gemeiner Verbrecher".

      Der PNAC-Hinweis auf das irakische Öl allein erklärt nicht, warum Washington dem einstigen Kompagnon nun partout, notfalls auch gegen das Votum der Uno, den Krieg erklären will.

      "Dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit"

      Vieles spricht dafür, dass der Hegemon vom Potomac den Herrscher aus dem Zweistromland aus dem Weg räumen will, um nach dessen Sturz den gesamten Nahen Osten verstärkt dem Wirtschaftseinfluss der USA unterwerfen zu können. Bush formuliert es anders: Der notfalls unter Bruch des Völkerrechts zu besetzende Irak solle künftig "als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen".

      Experten wie Udo Steinbach, Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, melden Zweifel an Bushs Redlichkeit an. Der vom US-Präsidenten vorige Woche ausgerufene Demokratisierungsfeldzug sei eine "bewusste Verzeichnung der Situation mit dem Ziel, den Krieg zu rechtfertigen".

      Nichts lasse derzeit darauf schließen, dass Bush tatsächlich an einer Demokratisierung der Region über den Irak hinaus gelegen sei. "Und selbst im Irak", erklärte Steinbach gegenüber SPIEGEL ONLINE, "kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass nach dem Zusammenbruch des Saddam-Regimes unmittelbar etwas Demokratisches entstehen könnte."

      Ein Dreh am Ölhahn schädigt die Konkurrenz

      Eher schon würde der so genannte Präventivschlag gegen Bagdad - im Jargon der Bush-Krieger: "antizipierende Aktion zur Selbstverteidigung" - dazu dienen, jener US-amerikanischen Vorherrschaft über Eurasien näher zu kommen, die von den PNAC-Ideologen seit langem ersehnt wird.

      Der Krieg gegen den Irak, urteilt der erfahrene israelische Publizist Avnery, sei "vor allem ein Krieg gegen Europa und Japan". Denn:


      DPA

      Pumstation in Kirkuk im Nordirak: Wer bekommt die Hand an den Ölhahn?


      "Die amerikanische Besatzung des Irak wird die amerikanische Kontrolle nicht nur über die ausgedehnten Ölreserven des Irak selbst, sondern auch die des Kaspischen Meeres und der Golfstaaten sichern. Die US-Hand auf dem Ölhahn der Welt kann Deutschland, Frankreich und Japan abwürgen, weil sie nach Belieben den Preis in aller Welt manipulieren kann. Den Preis herabzusetzen, wird Russland abwürgen - den Preis zu erhöhen, wird Deutschland und Japan treffen. Deshalb liegt das Verhindern eines Krieges im Wesentlichen im europäischen Interesse, abgesehen vom tiefen Wunsch der europäischen Völker nach Frieden."

      "Washington verbirgt nicht einmal sein Verlangen, Europa in die Knie zu zwingen," urteilt Avnery. Um genau diese Weltherrschaftspläne durchzusetzen, sei Bush junior "bereit, eine Menge Blut zu vergießen (solange es kein amerikanisches Blut ist)".

      Am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen

      Die Anmaßung der Washingtoner Bellizisten, am amerikanischen Wesen die Welt genesen zu lassen und ganz allein über Krieg und Frieden zu entscheiden, schockiert Experten wie den Kölner Völkerrechtler Hartmut Schiedermair: Das "amerikanische Sendungsbewusstsein", das aus solchen Ankündigungen spreche, sei "besorgniserregend".

      Allzu lange, kritisiert der hessische Friedens- und Konfliktforscher Harald Müller, habe auch die Berliner Regierung die 2001 vollzogene radikale Kehrtwendung der US-Außenpolitik unter Bush "geflissentlich übersehen, verschwiegen, heruntergespielt".

      Dabei sei das Programm der Bush-Administration unverkennbar: "Amerika tut, was es will. Internationale Regeln gelten, wenn es den eigenen Interessen nutzt, werden gebrochen, ignoriert oder gar nicht erst akzeptiert, wenn sie irgendwelche Opfer abfordern." Kurzum: "Die USA wollen totale Handlungsfähigkeit für sich: Weltpolitik nach Gutsherrenart."

      Verständnislos reagieren aber auch altgediente Parlamentarier in den Ländern der Anti-Irak-Achse auf den Umschwung im Weißen Haus.

      "Verliebt in die Idee des Krieges"

      Schon als voriges Jahr die PNAC-Studie der Bushisten publik wurde, wetterte der Labour-Abgeordnete Tam Dalyell, eines der dienstältesten Mitglieder des britischen Unterhauses: "Das ist Schund aus rechten Denkfabriken, in denen Falken mit Spatzenhirnen hocken - Leute, die nie den Schrecken des Krieges erlebt haben, aber verliebt sind in die Idee des Krieges." Und mit einem Seitenhieb auf Tony Blair: "Ich bin entsetzt, dass ein britischer Labour-Premier mit einer Bande von solcherart moralischer Statur ins Bett steigt."

      In den USA meldete sich Mitte Februar der Demokrat Robert C. Byrd, 86, zu Wort, der "Vater des Senats". Das dienstälteste Mitglied der Kammer warnte, der von den Rechtskonservativen gepredigte Präventivkrieg sei eine "Verdrehung der traditionellen Idee vom Recht auf Selbstverteidigung" und ein "Verstoß gegen das Völkerrecht". Bushs Politik markiere "womöglich einen Wendepunkt in der Weltgeschichte" - und sie lege die "Basis für Antiamerikanismus" in weiten Teilen der Erde.

      "Missachtung der restlichen Welt"

      Einer, der des Antiamerikanismus ebenfalls ganz und gar unverdächtig ist, beurteilt den Washingtoner PNAC-Kurs ganz ähnlich: der einstige US-Präsident Jimmy Carter.

      Zunächst, urteilt Carter, habe Bush auf die Herausforderungen des 11. September rasch und vernünftig gehandelt: "Aber mittlerweile versucht eine Gruppe von Konservativen, lange gehegte Ambitionen unter dem Deckmantel des `Krieges gegen den Terrorismus` zu verfolgen."

      Die Einschränkung von Bürgerrechten im eigenen Land und der Umgang mit den Gefangenen von Guantanamo, die Kündigung internationaler Abkommen und die "Missachtung der restlichen Welt", schließlich die Ankündigung eines Angriffskrieges gegen den Irak, obwohl es "gegenwärtig keine Bedrohung der Vereinigten Staaten durch Bagdad" gebe - das alles werde verheerende Folgen haben.

      "Diese ganze einseitige Politik," warnt der Ex-Präsident, "isoliert die Vereinigten Staaten immer mehr von den Nationen, die wir brauchen, um den Terrorismus zu bekämpfen."
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      schrieb am 04.03.03 19:17:52
      Beitrag Nr. 369 ()
      Saddam-Brief

      "Bush denkt, er sei eine Alternative zu Gott"

      Saddam Hussein gibt sich auch kurz vor Kriegsbeginn noch selbstbewusst. Die USA würden bei einem Angriff eine Niederlage erleiden, prophezeite der Diktator in einem Brief an sein Volk zum islamischen Neujahrsfest. Die Uno-Waffeninspektoren machten sich derweil daran, im Süden von Bagdad angeblich verschrottete Biobomben zu untersuchen.


      AP

      Saddam Hussein


      Bagdad/New York - In der Botschaft sagte der irakische Präsident Saddam Hussein den USA eine militärische Niederlage voraus. Mit Blick auf Präsident George W.Bush erklärte Saddam am Dienstag, "der Tyrann" wolle das irakische Volk versklaven und ihm seine Freiheit nehmen. Der Irak werde jedoch aus jedem Krieg siegreich hervorgehen. Mit einer Abstimmung über eine Uno-Resolution, die einen Angriff ermöglichen würde, wurde in Diplomatenkreisen am 13. März gerechnet.

      "Der Tyrann dieser Zeit denkt, er sei eine Alternative zu Gott", zitierte ein Sprecher des staatlichen Fernsehens aus dem Brief des Präsidenten. Der Irak werde jedoch triumphieren, hieß es.

      Das Weiße Haus erklärte gestern, der Irak kooperiere immer noch nicht mit den Uno-Waffeninspektoren. Bagdad versuche weiterhin zu täuschen und sei zur Abrüstung nicht bereit. Die USA haben einen Resolutionsentwurf erarbeitet, in dem es heißt, der Irak habe versäumt, die letzte ihm in der Resolution 1441 eingeräumte Chance zur friedlichen Entwaffnung zu ergreifen. Der Entwurf wird von Großbritannien und Spanien unterstützt, im 15 Mitglieder starken Sicherheitsrat zeichnet sich jedoch bisher noch nicht die notwendige Mehrheit von neun Stimmen ab.

      Die USA rechnen trotzdem in der kommenden Woche mit einer Entscheidung über ihre Resolution. Voraussichtlich werde der Weltsicherheitsrat bereits einige Tage nach dem neuen Bericht der Uno-Waffeninspektoren am Freitag über den Entwurf abstimmen, sagte gestern der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte. "Wir sind der Ansicht, dass keine Debatte notwendig ist über diese sehr einfache und direkte Resolution", erklärte er.

      Die USA bemühen sich für ihren Entwurf um Unterstützung seitens Angolas, Kameruns, Chiles, Guineas, Mexikos und Pakistans, die derzeit einen Sitz im Sicherheitsrat innehaben. Einige noch unentschlossene Staaten erklärten, sie wollten vor einer Entscheidung den Bericht der Waffeninspektoren abwarten.

      Russland kritisiert amerikanischen Resolutionsentwurf

      Mitglieder des Sicherheitsrats berieten gestern Abend in New York über einen kanadischen Kompromissvorschlag. Danach sollen dem Irak eine Reihe von Vorgaben gemacht werden, die Bagdad bis zum Ende des Monats erfüllen muss. Die US-Regierung lehnte den Vorschlag ab. Der australische Ministerpräsident John Howard sagte, eine einstimmige Resolution des Sicherheitsrats mit Unterstützung der arabischen Länder könnte den Irak möglicherweise zu einer verstärkten Kooperation bewegen.

      Russland kritisierte den Inhalt des Resolutionsentwurfs heute als unbegründet und ohne Beziehung zu den tatsächlichen Umständen. In russischen Medienberichten hieß es, der stellvertretende Außenminister Jurij Fedotow habe dies während eines Telefongesprächs mit seinen Kollegen aus Deutschland und Frankreich, Joschka Fischer und Dominique de Villepin, zum Ausdruck gebracht. Die drei Außenminister hielten weiter an den diplomatisch Mitteln zur Lösung der Krise fest, hieß es in einer Stellungnahme.

      Das albanische Parlament stellte sich hinter den Irak-Kurs der amerikanischen Regierung und gewährte den US-Streitkräften Überflugrechte für einen Angriff auf den Irak.

      Irakische Wissenschaftler vertraulich befragt

      Die Waffeninspektoren haben indes damit begonnen, Flugzeugbomben zu analysieren, die mit biologischen Kampfstoffen gefüllt waren. Das bestätigte der Sprecher der Waffenkontrollkommission Unmovic, Hiro Ueki, in Bagdad. Irakische Experten hatten vor zwei Wochen unter Unmovic-Beobachtung mit Grabungen an einem Sprengplatz bei al-Asisija 100 Kilometer südlich von Bagdad begonnen, wo der Irak im Sommer 1991 nach eignen Angaben 157 Bomben vom Typ R-400 vernichtet haben will.

      "Gestern wurden weitere Proben entnommen und in unserem Labor in Bagdad einer Anfangsanalyse unterzogen", erklärte Ueki. Der Sprecher wollte zu etwaigen ersten Ergebnissen noch nicht Stellung nehmen. Die in al-Asisija vernichteten Bomben waren nach irakischen Angaben mit Anthrax, Botulinum und Aflatoxin gefüllt. Der Nachweis, dass alle 157 Bomben auch wirklich vernichtet wurden, zählt zu den seit langem erhobenen Forderungen der Waffenkontrolleure an den Irak.

      Wie Ueki weiter ausführte, wurden gestern zwei weitere Wissenschaftler von Uno-Inspekteuren vertraulich befragt. Bei den Gesprächen waren weder regierungsamtliche Begleiter anwesend noch zeichneten die Wissenschaftler die Befragung mit einem Kassettenrekorder auf. Gespräche dieser Art waren vom Irak beziehungsweise den betroffenen Wissenschaftlern lange abgelehnt worden. Nach drei Interviews Anfang Februar kam es erst vor vier Tagen wieder zu solchen vertraulichen Befragungen.

      Wie im Informationsministerium in Bagdad bekannt wurde, zerstörten die Iraker am Dienstag trotz eines islamischen Feiertags mindestens drei weitere Kurzstreckenraketen vom Typ "al-Samud 2" in einer Anlage in al-Tadschi, nördlich von Bagdad. Bis zum Montag waren 16 Raketen dieses Typs zerstört worden sowie zwei Sprengköpfe. Uno-Chefwaffenkontrolleur Hans Blix hatte die al-Samud 2 für unzulässig erklärt, weil sie gegen die Reichweiten-Auflagen der Uno-Resolutionen verstößt. Der Irak muss gemäß der Anordnung von Blix 120 Raketen sowie sämtliche Bauteile, Triebwerke und Pläne vernichten.
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      schrieb am 04.03.03 21:37:14
      Beitrag Nr. 370 ()
      Irak

      Powell wünscht sich deutsche Aufbauhilfe

      Deutschland soll sich nach dem Willen der USA nach einem möglichen Irak-Krieg am Wiederaufbau des Landes beteiligen.

      Köln - In einem Interview des Senders RTL sagte US-Außenminister Colin Powell am Dienstag, er bedauere die ablehnende Haltung der Bundesregierung zu einem Militärschlag, akzeptiere sie aber. Er hoffe jedoch, dass Deutschland nach einem Konflikt den USA helfen werde, dem irakischen Volk eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

      "Wenn erst einmal die Massenvernichtungswaffen zerstört sind, hat Deutschland also noch eine wichtige Rolle zu übernehmen", sagte Powell. Er sprach von einer "schwierigen Angelegenheit zwischen den USA und Deutschland". Man habe in den vergangenen Jahren aber so Vieles gemeinsam durchgestanden, "dass unsere Beziehung das überleben wird", zitierte der Sender Powell.

      Zu dem für Freitag erwarteten neuerlichen Bericht der Uno-Waffenkontrolleure sagte Powell, die USA wollten sich über das kommende Wochenende mit ihren "Freunden und Kollegen aus dem Sicherheitsrat" absprechen. Sicherlich werde er auch mit seinem Kollegen Joschka Fischer reden. Zu Beginn der nächsten Woche werde man dann entscheiden, wann eine zweite Uno-Resolution zur Abstimmung gebracht werden solle.

      Im Zusammenhang mit der Haltung der Türkei zur Stationierung von US-Truppen betonte Powell, dass die USA auch bei einem Scheitern einer zweiten Abstimmung des Parlaments in Ankara an ihren Plänen festhalten wollten. "Wenn wir in den nächsten Tagen feststellen, dass das türkische Parlament auch nach einer zweiten Antragstellung nicht in der Lage ist, die amerikanischen Forderungen zu erfüllen, haben wir Alternativen", sagte Powell laut RTL.
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      schrieb am 05.03.03 10:02:11
      !
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      schrieb am 05.03.03 10:32:43
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      schrieb am 05.03.03 11:23:20
      Beitrag Nr. 373 ()
      "Die Gewalt ist der Preis der Freiheit", sagt Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta (Osttimor) und empfiehlt den Krieg gegen Irak
      "Politik ist ein schmutziges Geschäft", antwortet Alex Flor von "Watch Indonesia!" und weist diese "Anbiederung" zurück. Eine interessante Kontroverse

      Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta hat der Friedensbewegung eine massive Fehleinschätzung des irakischen Diktators Saddam Hussein vorgeworfen. Sie werde im Irak zu einem "Friedhofsfrieden" beitragen, wenn der Krieg verhindert werde, schreibt der Außenminister Ost-Timors in der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" vom 2. März 2003. Die Anti-Kriegs-Bewegung müsste sich dann "eingestehen, dass mit ihrer Hilfe ein unbarmherziger Diktator an der Macht geblieben ist - und sie müsste das seinen Opfern erklären". Warum, so fragt er," habe ich also bei den Demonstrationen kein Transparent gesehen, keine Rede gehört, die das Ende der Menschenrechtsverletzungen im Irak forderten?"

      Im einzelnen argumentierte Ramos-Horta* folgendermaßen (Auszüge, aus dem Englischen von Richard Wagner):

      "Einer meiner Brüder starb, als er noch ein Säugling war. Antonio, unser ältester Bruder, starb 1992, weil er keine ausreichende medizinische Hilfe erhielt. Drei Geschwister wurden getötet im langen Konflikt mit Indonesien. Eine jüngere Schwester, Maria Ortencia, starb am 19. Dezember 1978. Die Rakete einer "OV-10 Bronco" tötete sie. Dieses Propellerflugzeug hatten die Vereinigten Staaten an Indonesien verkauft."

      "In meinem Land gibt es kaum eine Familie, die nicht einen ihrer Liebsten verloren hätte. Viele Familien wurden während der indonesischen Besatzung und des Widerstandskampfes ausgelöscht. Die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder trugen bei zu dieser Tragödie. Manche sind verantwortlich, weil sie Indonesien Militärhilfe gewährten. Andere machten sich der Komplizenschaft schuldig, weil sie gleichgültig blieben oder schwiegen. Und dennoch haben alle ihre Fehler wettgemacht. 1999 half eine Friedenstruppe der Vereinten Nationen Ost-Timor, seine Unabhängigkeit zu wahren, und sie beschützte seine Menschen. Wir sind jetzt ein freies Land."

      "Ich erinnere mich aber auch an meine Verzweiflung und meine Wut, weil die Welt über die Tragödie hinwegsah, die mein Volk zu vernichten drohte. Wir flehten eine fremde Macht an, uns von der Unterdrückung zu befreien - wenn nötig mit Gewalt.
      Deshalb bin ich verstört über die Debatte im Sicherheitsrat und bei der Nato. Kritiker der Vereinigten Staaten sehen nicht, daß das aggressive Vorgehen der Regierung Bush den Irak dazu gebracht hat, die Waffeninspekteure wieder ins Land zu lassen und mit den UN zusammenzuarbeiten."

      "Die Proteste gegen den Krieg sind ehrenvoll. Meinungsverschiedenheiten muß es geben, besonders wenn es um Krieg und Frieden geht. Sollte die Anti-Kriegs-Bewegung die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten aber von einem Krieg abbringen, wird sie zu einem Friedhofsfrieden beitragen."

      "Saddam Hussein hat sein Volk in wenigstens zwei Kriege hineingezogen. Er hat chemische Waffen gegen sein Volk eingesetzt. Er hat Hunderttausende getötet, Unzählige gefoltert und unterdrückt. Warum habe ich also bei den Demonstrationen kein Transparent gesehen, keine Rede gehört, die das Ende der Menschenrechtsverletzungen im Irak forderten, die die Beseitigung des Diktators verlangten und Freiheit für Iraker und Kurden?"

      "Auch ich glaube, die Regierung Bush sollte den Waffeninspekteuren mehr Zeit geben. Die Vereinigten Staaten sind eine konkurrenzlose Weltmacht, die ihre Feinde überdauern wird; sie kann es sich leisten, geduldig zu sein. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich als guter Vermittler erwiesen. Gemeinsam mit anderen bedeutenden politischen Führern sollte er Saddam Hussein zum Gang ins Exil bewegen. Saddam Hussein hätte dann das Verdienst, einen weiteren Krieg verhindert und sein Volk verschont zu haben. Aber auch dieses Vorgehen gelingt nur durch die Drohung mit Gewalt."

      "Es wäre gefährlich, diese Drohung aufzugeben. Die Anti-Kriegs-Bewegung könnte sich zwar siegreich wähnen, weil sie einen Krieg verhindert hätte. Aber sie müßte eingestehen, daß mit ihrer Hilfe ein unbarmherziger Diktator an der Macht geblieben ist - und sie müßte das seinen Opfern erklären."

      * Ramos-Horta ist Außenminister von Ost-Timor. 1996 - er lebte als Oppositionsführer im Exil - erhielt er gemeinsam mit dem katholischen Bischof von Ost-Timor, Carlos Felipe Ximénes Bélo, den Friedensnobelpreis.

      ***

      Die Gewalt ist der Preis der Freiheit
      oder
      Politik ist ein schmutziges Geschäft

      Von Alex Flor, Watch Indonesia!

      José Ramos-Horta, Außenminister Osttimors, drückt gerne auf die Tränendrüse, wenn es darum geht, seinem Standpunkt Nachdruck zu verleihen. Die Hälfte seines jüngsten Kommentars zum Irakkonflikt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung handelt von seinem persönlichen Schicksal - von den Brüdern und Schwestern, die der Gewaltherrschaft Indonesiens über Osttimor auf grausame Weise zum Opfer gefallen sind. Auch die Amerikaner hatten sich an ihrem Tod schuldig gemacht. Eine Rakete abgeschossen aus einem von den USA gelieferten Flugzeug zerfetzte Ramos-Hortas jüngere Schwester. Aber nach Ansicht des Friedensnobelpreisträgers haben die USA und alle anderen Staaten, die jahrzehntelang die indonesische Herrschaft über Osttimor stützten oder zumindest duldeten, "alle ihre Fehler wettgemacht". Der Einsatz der internationalen Friedenstruppe INTERFET beendete 1999 die Herrschaft Indonesiens über Osttimor, nachdem die Bevölkerung sich in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für die Unabhängigkeit entschieden hatte und von Indonesiens Militär dirigierte Milizen das Land in Schutt und Asche gelegt hatten.

      Der Einsatz der Friedenstruppe machte den Weg frei für eine neue "unabhängige" Regierung, der Ramos-Horta als Außenminister angehört. Doch diese Unabhängigkeit hat enge Grenzen. Osttimor ist wie kaum ein anderes Land abhängig von internationaler Hilfe. Nicht nur finanziell hängt es am Tropf von Gebern aus dem Ausland. Auch personell und militärisch ist es auf die Hilfe von Außen angewiesen. Kritik an ehemaligen Unterstützern der Besatzungsmacht wie Australien oder den USA verbietet sich daher wie von selbst. Aber auch zur früheren Besatzungsmacht selbst gilt es gute Beziehungen aufzubauen. Indonesien ist und bleibt neben Australien der wichtigste Nachbar Osttimors mit vielfältigem Einfluss auf die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Belange des Zwergstaates. Und nicht zuletzt liegen gut nachbarschaftliche Beziehungen zu Indonesien - einschließlich seines Militärs - im Interesse der Schutzmächte Osttimors. Die USA und Australien setzen auf das indonesische Militär als wichtigen Verbündeten im Kampf gegen den Terror und islamistische Tendenzen.

      Es ist eine undankbare Rolle, die José Ramos-Horta und sein Präsident Xanana Gusmão zu spielen haben. Ihre Abhängigkeiten klar vor Augen bleibt ihnen nichts anderes als zu versuchen es jedem Recht zu machen. Als die von den Vereinten Nationen assistierte Staatsanwaltschaft ihres eigenen Landes vor wenigen Tagen Anklage gegen hohe Militärs Indonesiens wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen von 1999 erhob, beeilten sich Horta und Gusmão sich von der Anklage zu distanzieren. Horta reiste umgehend nach Jakarta, um die Wogen zu glätten. "The relationship between East Timor and Indonesia is far too important for any issue that might arise to ... derail this relationship," sagte Ramos-Horta (Reuters, 3.3.03). Wie Ramos-Horta 1978 verloren 1999 Hunderte, wenn nicht Tausende, den Bruder oder die Schwester. Ob sie Verständnis dafür haben, dass nun die Verfolgung der Täter zugunsten vermeintlicher gut nachbarschaftlicher Beziehungen zurückstehen soll?

      Vielleicht werden einige Angehörige von Opfern sogar einsehen, dass Diplomatie Kompromisse erfordert. Politik ist halt ein schmutziges Geschäft. Aber ist es wirklich nötig, sich in vorauseilendem Gehorsam selbst da anzubiedern, wo man gar nicht um seine Meinung gefragt ist? Im Verlauf einer Rede in Berlin Ende November letzten Jahres zitierte Ramos-Horta Präsident Xanana Gusmão noch mit den Worten "do you think President Bush is going to worry about my opinion on Iraq?", um den geringen Stellenwert seines Landes bezüglich weltpolitischer Fragen dieser Größenordnung deutlich zu machen. "We are an extremely minuscule player in the region and in world affairs," erklärte er weiter. Diese weit gehend realistische Selbsteinschätzung scheint Ramos-Horta inzwischen abhanden gekommen zu sein. Denn anstelle von George W. Bush berät Ramos-Horta nun die Millionen zählende Friedensbewegung in aller Welt: die Drohung mit Gewalt sei notwendig und schon "die Debatte [darum] schwächt das Mittel".

      Mit dieser Anbiederung an die USA setzt Ramos-Horta einmal mehr die Sympathien ehemaliger Mitstreiter aus der Solidaritätsbewegung in vielen Ländern der Welt aufs Spiel. Der diser Bewegung entwachsene junge Staatsmann mag diesen Preis für bezahlbar halten. Fraglich bleibt jedoch, ob der große Häuptling im Weißen Haus in Washington überhaupt Notiz von seinem ergebenen Anhänger nimmt. Schließlich ist Osttimor ein "extremely minuscule player in world affairs". Und Politik ist ein schmutziges Geschäft.

      Quelle:

      "[...] Just a few weeks ago I was accompanying President Xanana Gusmão to the United Nations and to Washington for a meeting with President Bush. And some journalists asked President Xanana Gusmão: "Are you going to raise the issue of Iraq with President Bush?" And President Xanana Gusmão responded in this way: "And do you think President Bush is going to worry about my opinion on Iraq?"
      Well, actually President Bush began our discussion by a very forceful introduction about his views on the situation in Iraq. Of course, he didn`t necessarily have in mind to ask President Xanana Gusmão to comment on that - but this is only to emphasise our own awareness, our own consciousness that we are an extremely minuscule player in the region and in world affairs. [...]"
      Speech of H.E. the Senior Minister and Minister for Foreign Affairs and Cooperation of the Government of the Democratic Republic of Timor-Leste, Nobel Peace Prize Laureate Dr. José Ramos-Horta at Heinrich Boell Foundation, Berlin, 29 November 2002: "Can Timor-Leste Become a Model for Successful Conflict Resolution?"
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      schrieb am 05.03.03 16:40:25
      Beitrag Nr. 374 ()
      Nordkorea

      USA haben sich mit Pjöngjangs Atombombe abgefunden

      Was die Bush-Regierung im Fall des Irak für undenkbar hält, soll nun offenbar für Nordkorea gelten: Die USA wollen angeblich den Bau von Atomwaffen hinnehmen - um anschließend eine wirksame internationale Koalition gegen das Land zu schmieden.


      REUTERS/ DigitalGlobe

      Nordkoreanische Nuklear-Anlage: Atomare Gefahr


      Washington - Wie die "Washington Post" berichtet, haben sich die USA mit der nuklearen Bewaffnung des kommunistischen Landes abgefunden - und sind sich darin einig mit Japan und Südkorea. Die Devise laute nunmehr, das Regime in Pjöngjang einzudämmen und es an der Weiterverbreitung seiner Atomwaffen-Technologie zu hindern. Zugleich wolle Washington die Existenz des Waffenprogramms benutzen, die internationale Stimmung gegen Nordkorea zu wenden.

      Botschafter des südkoreanischen Präsidenten Roh Moo Hyun haben laut "Washington Post" gegenüber der US-Regierung betont, ihnen sei ein nuklear bewaffnetes Nordkorea lieber als ein unkontrollierter Zusammenbruch der Regierung in Pjöngjang. Auch in Japan, das innerhalb der Reichweite nordkoreanischer Raketen liegt, sei man der Meinung, dass eine atomare Aufrüstung des Nachbarlands nicht mehr verhindert werden könne. "Wir müssen darüber reden, wie wir mit Nordkorea leben, mit oder ohne Atomwaffen", sagte Taro Kono von der Regierungspartei.

      Die US-Regierung hat Nordkorea wiederholt davor gewarnt, waffenfähiges spaltbares Material zu produzieren, geht dem Bericht zufolge aber mittlerweile davon aus, dass Pjöngjang in den nächsten zwei bis vier Wochen diesen Schritt unternehmen wird. "Die Regierung hat sich damit abgefunden, dass Nordkorea eine Atommacht wird", zitiert die "Washington Post" einen Mitarbeiter des US-Senats, der in der vergangenen Woche über die künftige Politik der Regierung informiert worden sei. Er habe es als ein "sehr gefährliches Spiel" bezeichnet, die nordkoreanischen Pläne zur Wiederaufbereitung von Plutonium nicht zu stoppen.

      Hinter der auf den ersten Blick zurückhaltenden Politik der US-Regierung steht dem Bericht zufolge jedoch der Plan, Nordkorea bewusst zu einer Bedrohung werden zu lassen - und so zum Opfer seiner eigenen Rüstungspläne zu machen. Sollte Pjöngjang nukleares Material weiterverbreiten, so das angebliche Kalkül Washingtons, wären Russland, China, Südkorea und andere Staaten gezwungen, ihren Widerstand gegen ein hartes Vorgehen gegenüber Nordkorea aufzugeben. Plutonium, das heimlich an andere Staaten verkauft wird, "würde die Gleichung fundamental verändern", sagte ein Regierungsmitarbeiter der "Washington Post". "Buchstäblich jede Stadt auf dem Planeten wäre bedroht."

      Schon im vergangenen Monat war während einer Debatte im US-Kongress die Rede von solchen Gefahren. Der stellvertretende Außenminister Richard Armitage warnte, dass Nordkorea angesichts seiner Armut nur zu gern satte Gewinne aus dem Verkauf von Waffentechnik einstreichen würde. CIA-Chef George Tenet erklärte gar, Nordkorea sei in der Lage, mit Atomraketen die Westküste der USA zu treffen.
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      schrieb am 05.03.03 18:07:34
      Beitrag Nr. 375 ()
      Mittwoch, 5. März 2003
      "Können nicht mehr zurück"
      Paris und Moskau deuten Veto an

      US-Außenminister Colin Powell hofft auf eine Unterstützung des UN-Sicherheitsrats bei dem Wunsch nach einer weiteren Irak-Resolution. Doch die Mehrheitsverhältnisse in dem Gremium sind unklar. Deutschland, Frankreich und Russland machten am Mittwoch weiter Front gegen die US-Pläne.

      Deutschland, Frankreich und Russland haben ihren klaren Widerstand gegen eine UN-Resolution zu einem Irak-Krieg bekräftigt. Die Außenminister der drei Länder, Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Igor Iwanow kamen in Paris zusammen, um die für Freitag geplante Sitzung des UN-Sicherheitsrats vorzubereiten.

      Eine Resolution, die den Einsatz von Gewalt gegen Irak legitimiert, werde nicht zugelassen, teilte de Villepin nach dem kurzfristig anberaumten Treffen mit. In einer gemeinsamen Erklärung würden sich alle drei Staaten zudem für weitere Waffeninspektionen in Irak einsetzen, sagte er weiter.

      China teilt nach den Worten des russischen Außenministers Iwanow die Haltung seines Landes, Frankreichs und Deutschlands in der Irak-Krise.

      Man muss sich aufeinander verlassen können

      Wie der russische Botschafter zuvor in Paris mitteilte, diente das Treffen auch der "Vertrauensbildung" unter den Gegnern eines Krieges. "Jeder muss sicher sein, dass der andere nicht noch zurückweicht", sagte Alexander Awdejew. Der russisch-französische Dialog zu der Irak-Krise sei zu weit gediehen: "Wir können nicht mehr zurück".

      Powell: Mehrheitsverhältnisse unklar

      Nach Einschätzung von Powell ist der Ausgang der Abstimmung über eine von den USA angestrebte zweite Irak-Resolution im UNO-Sicherheitsrat offen. Auch stehe der Zeitpunkt für die Abstimmung noch nicht fest, sagte Powell in einem Interview mit dem TV-Sender RTL. "Keiner weiß, wie die Abstimmung ausgehen wird", fügte der Minister hinzu.

      Die USA streben eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen an, die einen Krieg gegen Irak autorisieren soll. Powell kündigte an, zunächst solle der Bericht der UN-Waffeninspektoren kommenden Freitag im Sicherheitsrat abgewartet werden. "Über das Wochenende werden wir uns dann mit unseren Freunden und Kollegen aus dem Sicherheitsrat besprechen, sicherlich werde ich auch mit meinem Kollegen (Bundesaußenminister) Joschka Fischer sprechen."

      Anfang kommender Woche werde dann entschieden, wann die zweite UN-Resolution zur Abstimmung gebracht werde.

      Powell warf dem irakischen Präsidenten erneut vor, den UN-Forderungen nicht nachzukommen: "Saddam Hussein hat nicht in der Weise mit uns kooperiert, die wir erwartet haben, als wir die Resolution 1441 verabschiedeten."

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3104673.html
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      schrieb am 06.03.03 18:27:08
      Beitrag Nr. 376 ()
      Geheimdienstinformationen

      Die manipulierten Wahrheiten der Bush-Krieger

      Seit Wochen versucht die US-Regierung, mit ihrem Geheimdienstmaterial einen Krieg gegen den Irak zu begründen. Demnach soll Saddam chemische Waffen haben und auch mit al-Qaida kooperieren. Doch die Informationen der CIA wurden von den Kriegsbefürwortern kräftig interpretiert und verbogen.


      AP

      CIA-Chef George Tennet mit seinem Präsidenten George W. Bush in der CIA-Zentrale in Langley


      Beobachtet man die US-Nachrichten, vor allem auf den Sendern CNN, CBS oder Fox News, beschleicht den Zuschauer seit mehreren Wochen das Gefühl, das Wort Geheimdienst hätte seine Bedeutung verloren. Sehr offen wird seit Beginn der US-Initiative für einen Irak-Krieg mit dem Material der Schnüffler von der CIA oder der National Security Agency (NSA) gearbeitet. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Papiere der Dienste in Umlauf kommen oder meist anonyme Quellen über angeblich neue Erkenntnisse aus dem Irak berichten.

      Auch für die wohl einmalige Multimedia-Show von US-Außenminister Colin Powell im Uno-Sicherheitsrat Anfang Februar lieferten die Geheimdienste die Beweise, welche die noch kriegsmüden dieser Erde endlich überzeugen sollen.

      Zweifel an diesen Berichten gibt es schon lange, denn Kritiker fragen zu Recht nach der Quelle von so mancher Information. So zweifeln beispielsweise auch deutsche Nachrichtendienstler heftig an der These, dass der al-Qaida-Mann Abu Musab Zarkawi im Nordirak eine Terror-Struktur errichte, die von Saddam unterstützt wird. Genau dieser aber wurde bei Powells Rede als Kopf der Verbindungstruppe von Osama Bin Ladens Terror-Truppe zu dem Hussein Regime genannt und auf einer Grafik im Sicherheitsrat gezeigt.

      Naturgemäß fällt es jedem Nicht-Geheimdienstler schwer, die von Politikern ins Spiel gebrachten Informationen der Dienste zu verifizieren oder zu widerlegen. Nun aber gelang es Reportern des NDR-Magazins "Panorama", einige krasse Fehlinterpretationen der Bush-Regierung zu belegen, die angeblich auf CIA-Quellen fußten. Demnach war es die Bush-Regierung, die offenbar bewusst Material von der CIA anders auslegte, um sie als Argument für einen Militärschlag zu benutzen. In dem Beitrag, der am Donnerstag um 21.45 Uhr in der ARD läuft, kommt der ehemalige CIA-Mann Ray McGovern deshalb zu einer vernichtenden Bilanz dieser Interpretation. "Die Information wurde frisiert und nach dem Rezept der Politik zurecht gekocht", sagte er den NDR-Reportern.

      In dem erwähnten Fall lässt sich die Missinterpretation sogar schriftlich belegen. Dem NDR liegt eine Erklärung des CIA-Direktors George Tennet vom 7. Oktober 2002 vor, die er an den Vorsitzenden des US-Geheimdienstausschusses sandte. Darin zitiert der Herr der US-Spione wörtlich aus einem Briefing für den Ausschuss am 2. Oktober 2002, in dem ein Senator nach dem Risiko eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen von Saddam auf die USA fragt. Der von der CIA anwesende Beamte beantwortet die Frage recht deutlich. "Nach meinem Urteil ist die Wahrscheinlichkeit eines initiierten Angriffs ... in der voraussehbaren Zukunft ... eher gering."

      Gleiche Frage, unterschiedliche Antwort

      Nur fünf Tage später wird US-Präsident George W. Bush die gleiche Frage in einer CBS-Sendung gestellt. Seine Antwort: "Das Risiko, dass er sie benutzt, ist schlicht zu groß." Ähnlich different zu seinen eigenen Spitzeln stellt Bush in einer Rede am 7. Oktober auch die Gefahr dar, dass Saddam seine angeblichen Massenvernichtungswaffen an Terror-Organisationen weiter geben könne. Wörtlich sagte er am 7. Oktober 2002 "Der Irak könnte sich jederzeit entscheiden, chemische oder biologische Waffen an Terror-Gruppen oder einzelne Terroristen weiter zu geben."

      Bushs CIA-Chef Tennet beschrieb diese Gefahr in seinem geheimen Statement ganz anders. Wörtlich schrieb er: "Bagdad scheint sich bisher klar von terroristischen Anschlägen gegen die USA abzugrenzen." Wenig später analysiert der CIA-Chef, dass eine solche Aktion nur als "letzter Schritt" Saddams denkbar wäre, "um möglichst viele Opfer mit in den Tod zu reißen."

      Gegenüber "Panorama" bezweifelte der Ex-Geheimdienstler McGovern auch die Bush-These, dass Saddam innerhalb von einem Jahr eine atomare Bombe bauen könne. Ein anderer ehemaliger CIA-Mann geht sogar noch weiter. "Ich denke in der Tat, dass die Regierung die Geheimdienste, seien es CIA oder FBI, unter Druck setzt, Beweise .... zu liefern."

      Die zwei Wahrheiten um Hussein Kamel

      Neben den von "Panorama" recherchierten Halb-Wahrheiten aus der Bush-Rede gibt es mindestens ein weiteres Beispiel. So sprach der Präsident in der Ansprache am 7. Oktober 2002 auch von den Erkenntnissen der USA über Saddams biologische und chemische Waffen. Diese habe der Irak Mitte der 90er Jahre zugegeben, nachdem ein hoher Militärchef und Schwiegersohn Saddam Husseins übergelaufen war und aussagte.

      Laut Bushs Worten kam erst durch die Beichte von Hussein Kamel heraus, dass der Irak "mehr als 30.000 Liter Anthrax und andere tödliche biologische Stoffe" hergestellt hatte und nach Meinung der Uno-Inspektoren in der Lage war, noch viel mehr davon zu erzeugen. "Dies ist ein riesiges Lager von Bio-Waffen, dass niemals zuvor deklariert wurde und die Tötung von Millionen ermöglicht", so Bush weiter. Gleiche oder ähnliche Angaben verwandte auch US-Außenminister Colin Powell in seiner Präsentation für den Uno-Sicherheitsrat und auch Vize-Präsident Dick Cheney beruft sich gern auf die Aussagen von Hussein Kamel.

      Gleichwohl vergessen die Kriegsbefürworter in ihren Zitaten immer wieder eine entscheidende Stelle der Befragung Kamels. Denn in der Original-Abschrift des Interviews durch die Inspektoren sagt der Iraker klar und deutlich, dass alle biologischen Waffen, die der Irak vor der ersten Uno-Inspektion besaß, bereits vor Ankunft der Kontrolleure zerstört worden waren. Diese Aussage aus dem Jahr 1995 wurde vor einigen Tagen erstmals durch einen "Newsweek"-Reporter enthüllt.

      Für seine Offenheit über die Waffenarsenale des Irak wurde der Hussein-Schwiegersohn Kamel bei seiner Rückkehr in den Irak hart bestraft und - vermutlich vom Regime - eliminiert. Die Kriegsherren im Weißen Haus werden seine Aussage wohl weiterhin gern verwenden - zumindest die Teile, die ihn gerade gut ins Kriegskonzept passen.

      Matthias Gebauer
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      schrieb am 06.03.03 19:00:50
      Beitrag Nr. 377 ()
      DRUCKEN


      Donnerstag, 6. März 2003
      Blair spricht Klartext
      Krieg auch bei Vetos

      Der britische Premierminister Tony Blair hat erstmals angedeutet, sich einem von den USA geführten Krieg gegen Irak notfalls auch gegen die Vetos auch mehrerer Mitglieder des UN-Sicherheitsrates anzuschließen. "Wenn es ein Veto eines der Vetomächte gibt oder ein Veto von Ländern, bei denen ich davon ausgehe, dass sie ihr Veto unvernünftig einsetzen, dann würde ich es tun", sagte Blair im Musiksender MTV am Donnerstag.

      Er antwortete damit auf die Frage, ob er auch ohne ein UN-Mandat in den Krieg ziehen würde. Bislang hatte Blair eine solche Position nur für den Fall erwogen, falls ein einziges Land ein "unvernünftiges Veto" einlegen würde.

      Großbritannien beriet nach Angaben von Diplomaten mit den noch unentschiedenen Sicherheitsratsmitgliedern über einen Kompromissvorschlag, der den Waffeninspektoren mehr Zeit einräumen soll, wenn eine den Krieg legitimierende Resolution verabschiedet sei. Blair sieht sich wegen seiner die USA unterstützenden Haltung starkem innenpolitischen Druck ausgesetzt.

      Einen Tag vor dem neuen Bericht der UN-Chefinspekteure über den Stand der irakischen Abrüstung hat sich China dem Widerstand der Veto-Mächte Frankreich und Russland gegen eine neue UN-Resolution im Sicherheitsrat angeschlossen. Außenminister Tang Jiaxuan sprach sich stattdessen für eine Verstärkung der Waffenkontrollen aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer reiste nach New York, wo er am Freitag an der Sitzung des Sicherheitsrats teilnimmt.

      Amerikaner widersprechen Blix

      UN-Chefinspekteur Hans Blix und die US-Regierung sind weiter uneins in ihrer Beurteilung über den Erfolg der Rüstungskontrollen in Irak. Blix erklärte am Mittwoch in New York, Irak biete inzwischen erheblich mehr Zusammenarbeit. Sollte es nun zum Krieg kommen, bedeute dies ein Scheitern des Ansatzes, mittels Inspektionen eine Abrüstung zu erreichen.

      Blix äußerte sich positiver über die irakische Zusammenarbeit als noch vor einer Woche. Als wichtigstes Zeichen "echter Abrüstung" nannte er die von Irak begonnene Verschrottung von Raketen des Typs "El Samud 2". Darüber hinaus habe Irak einige Dokumente übergeben, die zuvor nicht entdeckt worden seien.

      Wenig später erklärte US-Außenminister Colin Powell in einer Rede am Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington, die Inspektionen brächten nichts. Die Gesten Iraks seien nicht ausreichend und kämen zu spät. Sie sollten die internationale Gemeinschaft täuschen und deren Handeln hinauszögern, erklärte Powell. Der irakische Staatschef wolle die Mitglieder des Weltsicherheitsrats in "zwei streitende Fraktionen" teilen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3105266.html
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      schrieb am 07.03.03 00:21:02
      !
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      schrieb am 07.03.03 08:03:36
      Beitrag Nr. 379 ()
      SPIEGEL ONLINE - 07. März 2003, 6:53
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,239006,00.html
      Bush-Rede zum Irak

      "Wir brauchen keine Erlaubnis"

      US-Präsident George W. Bush hat die Amerikaner in einer martialischen Rede auf einen Krieg gegen den Irak vorbereitet. Wenige Stunden vor dem vielleicht entscheidenden Bericht des Uno-Chefinspektors Hans Blix im Weltsicherheitsrat sagte Bush, er werde die USA verteidigen - mit oder ohne Zustimmung der Uno.


      REUTERS

      George W. Bush: "Letzte Phase der Diplomatie"


      Washington/New York - Eine Ablehnung eines Einsatzes militärischer Gewalt zur Entwaffnung des Irak stelle ein inakzeptables Risiko dar, sagte Bush in Washington. Die USA würden eine Abstimmung im Uno-Sicherheitsrat über eine Kriegsresolution verlangen, ungeachtet der Möglichkeit einer Niederlage. "Wir sind Tage davon entfernt, diese Frage im Sicherheitsrat zu lösen", sagte Bush. Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix will heute dem Weltsicherheitsrat seinen neuen Irak-Bericht vorlegen. Blix kündigte einen konkreten Arbeitsplan für die weitere Abrüstung an.

      Der US-Präsident machte bei einer seiner seltenen abendlichen Pressekonferenzen im Weißen Haus deutlich, dass die Meinung der Uno bei der Frage eines Krieges letztlich für ihn nicht entscheidend sei: "Wenn wir handeln müssen, werden wir handeln", betonte Bush. "Wenn es um unsere Sicherheit geht, brauchen wir von niemandem eine Erlaubnis."

      "Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen"

      Die USA würden nur einige Tage darauf verwenden, um die Staaten von einer zweiten Resolution zu überzeugen und diese zur Abstimmung im Sicherheitsrat zu bringen. An die Adresse der Mitglieder des Sicherheitsrates sagte Bush, es sei an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. "Wir wollen sehen, dass die Leute aufstehen und sagen, was ihre Meinung über Saddam Hussein und den Nutzen des Uno-Sicherheitsrates ist." Eine Abstimmung im Sicherheitsrat wird kommende Woche erwartet.

      Bush warf Bagdad erneut vor, nicht abzurüsten, sondern die Welt zu täuschen. Die Zerstörung der umstrittenen irakischen Raketen sei nicht ausreichend. Die USA hätten Geheimdiensthinweise, dass der irakische Präsident Saddam Hussein zugleich den Bau weiterer Raketen desselben Typs angeordnet habe.

      Der Irak stelle eine direkte Bedrohung der USA dar, sagte Bush. Das Land verfüge über Massenvernichtungswaffen und beherberge Terroristen. Er hoffe weiter auf eine friedliche Lösung und bete dafür. So gebe es noch immer die Chance, dass Saddam Hussein ins Exil gehe. Eine militärische Lösung sei der letzte Ausweg, sagte Bush.

      Er versicherte, die USA würden die Uno-Inspektoren und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen im Irak vor einem Angriff warnen und auffordern, das Land zu verlassen. "Wir haben keinen Streit mit jemandem anderen als mit Saddam und seiner Mörderbande."

      Blix verlangt mehr Zeit für Inspektionen

      Blix hatte bereits zuvor mitgeteilt, dass der Irak seine Kooperation mit den Inspektoren spürbar verbessert habe und dass er mehr Zeit für die Kontrollen begrüßen würde. Nach nur dreimonatigen Inspektionen wäre es verfrüht, "die Tür zu schließen", sagte Blix. Uno-Generalsekretär Kofi Annan sagte in New York, er arbeite intensiv daran, für einen Kompromiss unter den 15 Mitgliedern des höchsten Uno-Entscheidungsgremiums zu werben.

      Die USA bemühten sich weiterhin um Unterstützung für die von ihnen und Großbritannien vorgeschlagene Resolution, die einen Krieg legitimieren soll. So telefonierte Bush nach US-Angaben mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die beiden hätten einander die Fortsetzung von Konsultationen versichert, hieß es.

      Bush: Deutschland und Frankreich sind unsere Freunde

      US-Außenminister Colin Powell sprach seinem Sprecher Richard Boucher zufolge mit europäischen Kollegen über eine mögliche Änderung des Resolutionstextes. Powell habe in meist getrennten Gesprächen mit dem Briten Jack Straw, seiner spanischen Kollegin Ana Palacio, dem französischen Außenminister Dominique de Villepin und Bundesaußenminister Joschka Fisher beraten.

      Bush betrachtet Deutschland und Frankreich trotz aller Differenzen über den Irak-Konflikt als befreundete Staaten. "Sie sind weiterhin unsere Freunde und wir behandeln sie als Freunde. Wir haben viele gemeinsame Interessen", sagte Bush.
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      schrieb am 07.03.03 13:20:19
      Beitrag Nr. 380 ()
      Uno-Sicherheitsrat

      Die Falken jagen die Tauben

      Vor dem Irak-Bericht von Uno-Chefinspektor Hans Blix wachsen die Spannungen zwischen Befürwortern und Gegnern eines Krieges. Russland, China und Deutschland forderten erneut eine friedliche Lösung. Die USA und Großbritannien arbeiten unterdessen an einem Kompromiss für eine Kriegsresolution. Allerdings machten sie deutlich, notfalls ohne Zustimmung der Uno anzugreifen.


      AP

      Uno-Sicherheitsrat: Verhärtete Fronten


      New York/Washington - Wenige Stunden vor der möglicherweise entscheidenden Sitzung des Uno-Sicherheitsrats hat Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Telefongespräch mit US-Präsident George W. Bush seine Ablehnung eines Krieges unterstrichen. "Die russische Seite betonte, dass sie weiterhin für eine friedliche Lösung eintritt, um das von der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf den Irak gesetzte Ziel zu erreichen", sagte eine Sprecherin des russischen Präsidialamts am Freitag.

      Nach dem Telefonat mit Putin sagte Bush in einer Pressekonferenz, die USA würden eine neue Irak-Resolution im Uno-Sicherheitsrat in einigen Tagen zur Abstimmung stellen, unabhängig davon, ob eine Zustimmung des Rats zu erwarten sei. Russland und Frankreich hatten in den vergangenen Tagen indirekt gedroht, eine Resolution, die zu einem Krieg ermächtigt, mit einem Veto zu Fall zu bringen.


      AP

      Russlands Präsident Wladimir Putin: Kein Interesse am Krieg


      Gemeinsam mit Großbritannien berieten die USA mit Vertretern zahlreicher Sicherheitsratsmitglieder über einen Kompromissvorschlag. Der britische Außenminister Jack Straw hatte am Vortag gesagt, es sei möglich, dass der Resolutionstext geändert werde. Aus Diplomatenkreisen war verlautet, Großbritannien wolle dem Irak drei bis sieben Tage Zeit zur Abrüstung geben, um einen Krieg noch abzuwenden.

      Die russische Regierung würde eine Zustimmung zu dem britischen Kompromissvorschlag nur dann prüfen, "wenn es um den Versuch geht, einen politischen Ausweg zu finden", sagte Vizeaußenminister Georgi Mamedow am Freitag in Moskau. "Falls mit der neuen Uno-Resolution aber nur eine Militäraktion gegen den Irak gerechtfertigt werden soll, halten wir das für einen tragischen Fehler und sind dagegen."

      Ungeachtet der Bemühungen um einen Kompromiss erklärte Bush, den Irak notfalls auch ohne die Unterstützung der Uno gewaltsam entwaffnen zu wollen. "Wenn es um unsere Sicherheit geht, brauchen wir nicht die Erlaubnis der Vereinten Nationen", sagte Bush.

      Bundesaußenminister Joschka Fischer sprach sich nach seiner Ankunft in New York erneut für eine Fortsetzung der Inspektionen im Irak aus. "Wir sollten an der Umsetzung der Resolution 1441 festhalten", sagte Fischer am Freitagmorgen im ZDF. Es seien Fortschritte erzielt worden bei der Zerstörung der Raketen und bei den Interviews mit Wissenschaftlern. Außerdem gebe es neue Erkenntnisse bei biologischen und chemischen Waffen. "Das macht doch klar, dass die nicht-militärischen Mittel mitnichten erschöpft sind. Wir halten daran fest", erklärte Fischer.

      Der chinesische Außenminister Tang Jiaxuan zeigte sich nach seiner Ankunft in New York zuversichtlich, dass sich "die Opposition gegen den Krieg durchsetzt". Die Mehrheit der Länder auf der Welt sei weiter für eine politische Lösung, sagte Tang, der zu den Beratungen des Sicherheitsrats zum Sitz der Vereinten Nationen gereist war. Er bekräftigte auch, dass China weiter die gemeinsame Erklärung Russlands, Frankreichs und Deutschlands unterstütze, wonach eine Resolution zur Billigung eines Kriegs verhindert werden soll.

      Die Mehrheit der Bevölkerung in den USA hält den Krieg dagegen für beschlossene Sache. Einer Umfrage des Fernsehsenders CBS zufolge glauben mehr als zwei Drittel der Amerikaner, dass sich Präsident Bush bereits für einen Angriff auf den Irak entschieden hat. Etwa ein Viertel der Befragten meinte, der Präsident prüfe noch Alternativen. Für eine Militäraktion gegen den Irak sprachen sich zwei Drittel der Befragten aus. Allerdings meinten nur 47 Prozent, dass Bush die Notwendigkeit eines Angriffs ausreichend dargelegt habe. 60 Prozent fanden, die USA sollten mit einem Angriff warten, bis sie die Unterstützung von Verbündeten haben.
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      schrieb am 07.03.03 20:34:58
      Beitrag Nr. 381 ()
      Blix-Report

      "Die Inspektoren brauchen noch Monate"

      Uno-Chefinspektor Hans Blix hat vor dem Weltsicherheitsrat seinen neuen Bericht über die Waffenkontrollen im Irak vorgelegt. Er zeigte sich zufrieden über die angelaufene Zerstörung der al-Samud-Raketen, brachte aber seine Zweifel an den angeblichen Beweisen über die Vernichtung von Biowaffen zum Ausdruck. Blix fordert eine Verlängerung seines Mandats.


      REUTERS

      Blix vor dem Weltsicherheitsrat


      New York - Die Arbeit im Irak sei nicht frei von Spannungen, sagte Blix. Die Inspektoren könnten ihrer Arbeit inzwischen aber professionell im ganzen Land nachgehen. Sie seien bei ihren Kontrollen verdächtiger Stätten mit "relativ wenig Schwierigkeiten" konfrontiert gewesen.

      Die angelaufene Vernichtung von al-Samud-Raketen im Irak würdigte Blix als "substanzielle Abrüstung". Es handele sich dabei tatsächlich um die erste Zerstörung tödlicher Waffen im Irak seit Anfang der neunziger Jahre.

      Blix wies aber zugleich darauf hin, dass Bagdad die Raketenzerstörung inzwischen ausgesetzt habe. Er hoffe, das sei nur eine vorübergehende Maßnahme. Bagdad hatte zuvor erklärt, es werde die Vernichtung von Raketen einstellen, wenn ein US-Angriff unmittelbar bevorstehe.

      Blix sagte, dass seine Waffenkontrolleure im Irak bisher keine Hinweise auf eine unterirdische Produktion chemischer und biologischer Waffen gefunden hätten. Dagegen erklärte sich Blix am Freitag enttäuscht über das von Bagdad gelieferte Waffendossier. Es habe so gut wie keine neuen Informationen enthalten.

      Er bezweifelte die irakischen Angaben, wonach Bagdad 1991 größere Mengen an biologischen Waffen vernichtet habe. Experten hielten es für "sehr wahrscheinlich", dass die angebliche Vernichtung von rund 21.000 Litern an waffentauglichen Bakterien "nicht stattgefunden hat", heißt es in einem umfangreichen Katalog der Irak-Inspektionskommission Unmovic, der weitere Abrüstungsforderungen an den Irak auflistet.

      Blix setzte sich dafür ein, dass die Waffeninspektionen noch einige Monate fortgesetzt werden. Selbst wenn Bagdad uneingeschränkt "pro-aktiv" mit den Inspektoren zusammenarbeite, bräuchten diese für die Erfüllung ihres Auftrags noch Zeit. Es gehe dabei nicht um Jahre, aber auch nicht nur um Tage, sondern um mehrere Monate. Allen sei jedoch klar, dass die Waffensuche nicht endlos fortgesetzt werden könne.

      Genauso wie sein Kollege Mohammed al-Baradei setzte sich Blix dafür ein, in Bälde irakische Wissenschaftler zu Befragungen außerhalb des Irak zu bitten. Blix sagte, dass seine Inspektoren inzwischen zehn Forscher ohne Beisein irakischer Regierungsbeamter befragen konnten, sieben davon in der vergangenen Woche.

      Al-Baradei, der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), erklärte, seine Kontrolleure hätten keine Hinweise gefunden, dass verdächtige Aluminiumrohre zur Anreicherung von Uran eingesetzt werden sollten. Weiter gebe es keine Hinweise, dass der Irak versucht habe, Uran aus Niger zu erwerben.

      Das 167 Seiten umfassende Dokument der Inspektoren lag den Mitgliedern des Sicherheitsrates vor, die in New York zur möglicherweise letzten großen Irak-Debatte vor einem Krieg zusammenkamen. Es handelt sich dabei nicht um den Blix-Bericht über die Waffeninspektionen in den letzten drei Monaten. Der in 29 Themenbereiche gegliederte Katalog wurde von Unmovic als detaillierte Grundlage für weitere Inspektionen für den Fall vorgelegt, dass diese noch vom Rat in Auftrag gegeben werden sollten.

      Darin werden zu allen 29 Abrüstungsforderungen jeweils konkrete Auflagen genannt, die der Irak erfüllen soll.
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      schrieb am 08.03.03 13:14:37
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      schrieb am 08.03.03 13:17:09
      Beitrag Nr. 383 ()
      Kansteiners Glasperlen oder: Wird Politik zu einer käuflichen Ware?
      US-Diplomaten auf Stimmenfang im UN-Sicherheitsrat

      Die US-Administration versucht alles, um im Sicherheitsrat doch noch die erforderlichen 9 Stimmen zusammen zu bringen. Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus drei Artikeln, die sich mit den US-Methoden der diplomatischen Beeinflussung von Regierungen befassen.


      Am 5. März schreibt Gerd Schumann in der "jungen Welt" unter der Überschrift "Kansteiners Glasperlen" u.a.:

      Zwei unterschiedliche Methoden, die beide mit Erpressung zu tun haben, kennzeichnen die derzeit hektischen Bemühungen der USA um die drei afrikanischen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. Guinea, Kamerun und Angola sind in Vorbereitung eines Irak-Krieges unverhofft ins Zentrum ungewohnter Aufmerksamkeit seitens Washingtons geraten. Insgesamt neun Sicherheitsratsmitglieder müßten als »qualifizierte Mehrheit« ihre Zustimmung zur Kriegsresolution der USA, Großbritanniens und Spaniens geben. Angesichts eines derzeitigen Kräfteverhältnisses im 15köpfigen Gremium von fünf zu vier Stimmen gegen den Krieg stellt sich den USA eine besondere »Herausforderung«, nämlich fünf Stimmen zu »gewinnen«, egal wie. Wenn das gelänge, bliebe den Minderheitenstaaten lediglich das Vetorecht, das dann von Frankreich, Rußland oder China wahrgenommen werden könnte.

      Für die am Sonntag bekanntgewordene Methode Nummer eins zeichnete der US-Geheimdienst NSA (National Security Agency) verantwortlich: Laut Zeitungsberichten wurde er von der Bush-Administration angewiesen, sich besonders um die UN-Delegationen »unentschlossener« Sicherheitsratsmitglieder« zu bemühen«. Dabei handelt es sich neben Mexiko und Chile (siehe jW vom 4. März) um Pakistan und die genannten afrikanischen Staaten, die in New York ausspioniert werden sollten. Dazu gehörten unter anderem die »Überwachung« der gesamten Telekommunikation sowie die Bespitzelung der Delegationsmitglieder. Ziel war die Sammlung von Material zur eventuellen Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens.

      Die Zeit drängt, und also verordnete die Bush-Regierung als zweite Methode der Einflußnahme ihrem Sonderbeauftragen für Afrika, Walter Kansteiner, eine »Blitzreise« in die drei Hauptstädte Conakry, Jaunde und Luanda. Dabei hinterließ Kansteiner am Wochenende in Guinea, das seit dem 1. März in Nachfolge der deutschen Präsidentschaft nunmehr dem UN-Gremium einen Monat lang vorsteht, einen Scheck über 29 Millionen Dollar. Auch die britische Abgesandte Valerie Amos überreichte sechs Millionen Dollar. Guinea gehört mit seinen 7,7 Millionen Einwohnern zu den 50 ärmsten Ländern der Welt und beherbergt Millionen Flüchtlinge aus den Nachbarländern Liberia und Sierra Leone. Die USA verfügen im Land über eine starke Militärpräsenz und bilden »Spezialkräfte« der Armee aus. Zudem bemüht sich Washington um die Ausbeutung der umfangreichen Rohstoffvorkommen, vor allem Bauxit, Gold und Diamanten. Die USA sind insgesamt deren größter Abnehmer, doch zeigt auch Rußland in jüngster Zeit starkes Interesse. Beobachter sehen die Regierung des Generals Lansana Conte trotz US-Dominanz im Land in einem Zwiespalt. Denn viele Staaten der Region betrachten die Vormachtstellung der USA mit Argwohn. Zudem sind 85 Prozent der Bevölkerung muslimisch, was zu einer Destabilisierung der innenpolitischen Lage im Kriegsfalle führen könnte. Auch ist Frankreich der bedeutendste Zahler von »Entwicklungshilfe« und hat aus Kolonialzeiten feste Beziehungen. »Wir sind für die Fortsetzung von Inspektionen, aber nicht unbegrenzt«, sagte der guineische UN-Botschafter Mamady Traore in der Sicherheitsratssitzung am 14. Februar und brachte damit die nach beiden Seiten offene Unentschiedenheit Guineas auf den Punkt.

      In der ehemaligen französischen Kolonie Kamerun mit nach wie vor starkem Einfluß aus Paris gilt ein Votum für den Krieg als eher unwahrscheinlich. Trotzdem konnte Kansteiner in Jaunde nicht nur auf die letztjährigen Ölexporte Kameruns in die USA im Wert von 100 Millionen Dollar »hinweisen« und – vergleichsweise bescheidene – vier Millionen Dollar »Entwicklungshilfe«, sondern vor allem auf ein aktuelles Großprojekt. Bei der im Bau befindlichen 1000 Kilometer langen Ölleitung von Tschad nach Kamerun handelt es sich mit vier Milliarden Dollar Volumen um die größte Auslandsinvestition der USA auf dem afrikanischen Kontinent. Träger sind die Konzerne Chevron Texaco und Exxon, und es dürfte Kansteiner angesichts der wachsenden Bedeutung Kameruns – und also nicht ausschließlich wegen der aktuellen Stimmsituation im Sicherheitsrat – leicht gefallen sein, der kamerunischen Regierung interessante Gaben in Aussicht zu stellen.

      Ebenfalls in Sachen Öl und des Ausbaus der diesbezüglichen Beziehungen zu Afrika setzen die USA schon längere Zeit auf Angola. Bereits heute stammen 17 Prozent der US-amerikanischen Ölimporte aus dem ölreichen Land im südlichen Afrika. Die ehemals portugiesische Kolonie, die nach der 1975 erkämpften Unabhängigkeit über 25 Jahre unter einem fürchterlichen Krieg gegen die von Südafrika und den USA ausgerüsteten UNITA-Banden litt und deren Infrastruktur weitgehend zerstört ist, näherte sich unter Präsident José Eduardo dos Santos in den vergangenen Jahren den USA an. 100 Millionen Dollar jährlicher »Wiederaufbauhilfe« billigt Washington zur Zeit dos Santos zu. Trotzdem scheint Angolas Haltung im Sicherheitsrat keinesfalls klar. Darauf deuteten überraschende Transatlantik-»Long-distance-calls« nach dem Besuch von Kansteiner hin. Zunächst wurde dos Santos mit einem Anruf von Außenminister Colin Powell, danach von Präsidentenberaterin Condoleezza Rice und schließlich von Bush persönlich konfrontiert. Inhalte wurden nicht bekannt, allerdings dürfte es für Angola so oder so nicht einfach sein, sich offen an die Seite des ehemaligen Hauptfeinds USA zu stellen – auch angesichts der regionalen Dominanz Südafrikas, das als entschiedener Gegner eines Angriffs auf Irak gilt.


      Zum selben Sachverhalt beschrieb eine Woche zuvor der Afrika-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, Michael Bitala, in einem Hintergrundartikel die "Diplomatie, die zum Krieg führen soll". Darin heißt es u.a.:

      (...) Alle afrikanischen Regierungen sprachen sich gegen einen Irak-Krieg aus. So beendete die Afrikanische Union Anfang Februar ein Gipfeltreffen mit dem Aufruf zur friedlichen Lösung des Konflikts. (...) Eine ähnliche Erklärung gaben die Afrikaner noch einmal in der vergangenen Woche ab, als sie sich zum französisch-afrikanischen Gipfel in Paris trafen. Sie stellten sich hinter die Position Frankreichs, das mehr Zeit für die Waffeninspekteure fordert. (...)

      Trotz dieses eindeutigen Votums ist völlig offen, wie sich die drei afrikanischen Länder im Sicherheitsrat wirklich verhalten werden. Denn die Frage, ob sie für oder gegen den Resolutionstext der USA und Großbritannien stimmen, bringt den Staaten enorme Probleme. (...)

      Die größten Schwierigkeiten hat sicherlich Guinea, das am 1. März den Sicherheitsratsvorsitz von Deutschland übernehmen wird. In diesem westafrikanischen Land sind zum einen mehr als 80 Prozent der Menschen Muslime und somit klar gegen einen Krieg, außerdem ist das Land auch Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz. Zum anderen aber ist das Verhältnis zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich ausgesprochen schlecht. (...)

      Seit einiger Zeit haben sich hingegen die Beziehungen zu den USA intensiviert. So unterstützten die Amerikaner im vergangenen Jahr das guineische Militär mit etwa drei Millionen Dollar bei der Ausbildung von Grenzschutz-Einheiten. Eine Hilfe, auf die das völlig verarmte Land angewiesen ist – zumal es in einem der unruhigsten Gebiete des Kontinents liegt. Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs in der Elfenbeinküste droht ganz Westafrika im Chaos zu versinken; schon jetzt sind Guineas Nachbarländer Liberia und Sierra Leone von Kriegen völlig zerstört. Der Leiter der Afrika-Abteilung im US- Außenministerium, Walter Kansteiner, war erst im Oktober in der guineischen Hauptstadt Conakry, und derzeit hält er sich wieder in der Region auf. Was die Botschaft seiner Reise ist, drückt ein Diplomat so aus: „Jedes Land, das nicht mit den USA mitzieht, wird einen sehr hohen Preis zahlen müssen.“ Wer hingegen mitmacht, kann sich großzügige Finanzhilfen erhoffen. Das Weiße Haus schöpfe derzeit „alle diplomatischen Mittel“ aus, „und das bedeutet wirklich alle“. (...)

      In einer ähnlichen Zwickmühle befindet sich auch Kamerun, dessen Außenminister sich im Sicherheitsrat bislang eindeutig für die Verlängerung der Inspektionen im Irak ausgesprochen hat. (...) Doch auch Kamerun hat ein existentielles Interesse an guten Beziehungen zu Amerika. Das Land liegt am Golf von Guinea, wo enorme Erdölvorkommen lagern, und außerdem endet hier eine Pipeline aus dem Tschad. Da Amerika in den nächsten zehn Jahren die Erdöl-Importe aus Afrika von derzeit 15 auf 25 Prozent erhöhen möchte, kommt Kamerun eine wichtige Rolle zu. Ein Nein im Sicherheitsrat könnte die Geschäftsbeziehungen empfindlich stören.

      Ähnliche Interessen hat auch Angola, vor dessen Küste noch größere Ölvorräte lagern, die von US-Konzernen seit Jahren gefördert werden. Die USA haben jahrzehntelang den dortigen Bürgerkrieg beeinflusst, indem sie auf der einen Seite die sozialistische Regierung von Jose Eduardo dos Santos durch die Ölkäufe finanzierten, auf der anderen Seite rüsteten sie dessen Gegner Jonas Savimbi mit Waffen aus. Seit dem Tod Savimbis und dem Ende des Konflikts haben sich die Beziehungen zur angolanischen Regierung vertieft, so dass nun noch mehr Erdöl gefördert wird. Dieser Reichtum könnte den Angolanern aber ein Nein zur US-Resolution erleichtern. Informationsminister Hendrik Vaal Neto deutete dies an. Er sagte, die Inspektoren sollten ihren Auftrag beenden und Washington nicht zum Krieg „hetzen“. Sein Land sei unabhängig genug, um keine Art von Druck zu akzeptieren.

      Aus: Süddeutsche Zeitung, 26.02.2003

      Und schließlich sei noch aus einem Artikel von Dafna Linzer für die US-amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press vom 24. Frbuar 2003 zitiert, der offenbar den beiden oben stehenden Artikeln zugrundelag.


      Dafna Linzer, Associated Press

      United Nations- Senior U.S. officials have been quietly dispatched in recent days to the capitals of key Security Council countries where they are warning leaders to vote with the United States on Iraq or risk "paying a heavy price."

      For some of the countries, such as Angola, Guinea and Cameroon - poor African nations whose concerns drew little attention before they landed seats on the council - there is the possibility that supporting Washington`s drive for a new U.N. resolution authorizing war may reap benefits down the line.

      "For a long time now, we have been asking for help to rebuild our country after years of war," said Angolan Ambassador Ismael Gaspar Martins. "No one is tying the request to support on Iraq but it is all happening at the same time."

      Angola`s president, Jose Eduardo dos Santos, met in Luanda Thursday with U.S. Assistant Secretary of State Walter Kansteiner, who was diverted from a trip to South Africa to meet with the leaders of the council`s three African nations.

      "In Africa, the message is simple: Time is running out and we think they should support us," said one U.S. diplomat on condition of anonymity.

      The United States and Britain plan to submit their resolution to the Security Council this week and will ask for a vote by the middle of March.

      In the meantime, the State Department has sent some of its top people to the world`s capitals to lobby for support even as President Bush, Secretary of State Colin Powell and British Prime Minister Tony Blair work the phones. The Bush administration has also recruited the leaders of Australia and Spain to help push for votes.

      "The order from the White House was to use `all diplomatic means necessary,` " another U.S. diplomat said. "And that really means everything."

      In the past three weeks, the administration has sent Undersecretary of State Marc Grossman and Kim Holmes, the assistant secretary of state for international organizations, to Mexico City.

      Mexican diplomats described the visits as hostile in tone and complained that Washington was demonstrating little concern for the constraints of the Mexican government, whose people are overwhelmingly opposed to a war with Iraq.

      "They actually told us: `Any country that doesn`t go along with us will be paying a very heavy price,` " said one Mexican diplomat.
      (...)
      While Washington and London believe they already have the necessary authorization to forcefully disarm Iraq, many key allies - Turkey included - have said a new resolution would help them overcome opposition at home.

      But so far, Washington is at least five votes short with support guaranteed only from Britain, Spain and Bulgaria.

      Since both Germany and Syria have said they would not support the resolution, and Pakistan is almost certain to abstain, the United States must persuade the African trio as well as Chile and Mexico to vote yes. Otherwise, the resolution will fail.

      Diplomats said there was little the Bush administration could use to scare or entice Mexico now since it does not receive U.S. aid and the one thing it had wanted most - legalizing the status of undocumented Mexicans in the United States - was taken off the table more than a year ago.

      Associated Press, february 24, 2003
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      schrieb am 09.03.03 00:12:16
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      schrieb am 09.03.03 16:27:09
      Beitrag Nr. 385 ()
      Irak-Krise

      Blair droht Zerfall seiner Regierung

      Großbritannien und die USA wollen dem Irak offenbar eine Abrüstungsliste vorlegen. Binnen sechs Tagen solle Saddam Hussein die darauf erwähnten Waffen zerstören. Unterdessen droht Premierminister Blair wegen seiner harten Pro-Kriegshaltung in der eigenen Partei Ungemach.


      AP

      Tony Blair hatte sich schon im Unterhaus deutliche Kritik seiner Parteikollegen anhören müssen


      London - Mehrere Regierungsmitglieder haben für den Fall eines Irak-Krieges ohne Uno-Mandat ihren Rücktritt angekündigt. Ein Labour-Abgeordneter hat bereits am Sonntag Fakten geschaffen: Andrew Reed trat aus Protest gegen Blairs Irak-Politik von seinem Posten als parlamentarischer Privatsekretär von Umweltministerin Margaret Beckett zurück. Laut "Sunday Telegraph" haben mindestens sechs Privatsekretäre von Kabinettsministern mit ihrem Abschied gedroht. Sogar ministerielle Rücktritte würden nicht ausgeschlossen.

      Aus der Partei sollen bereits zahlreiche Mitglieder wegen der Irak-Politik Blairs ausgetreten sein: Laut "Mail on Sunday" gaben 40.000 Labour-Mitglieder ihr Parteibuch zurück. In verschiedenen Wahlkreisen sei die Wiederwahl von Labour-Abgeordneten gefährdet, berichtete die Zeitung. Die Mitgliedschaft der Labour-Partei ist nach offiziellen Angaben laut "Mail" von 405.000 im Jahr 1997 auf etwa 272.000 geschrumpft.

      Nicht verhandelbare Liste

      Dem britischen "Observer" zufolge haben sich die Regierungen in London und Washington auf eine "endgültige und nicht verhandelbare Liste" über die Abrüstung von Waffen im Irak geeinigt. Wie die Zeitung am Sonntag berichtete, wird die Zerstörung dieser Waffen innerhalb der nächsten sechs Tage verlangt, wenn ein Krieg noch verhindert werden soll. Grundlage für die Liste sei der jüngste Bericht von Chef-Waffeninspektor Hans Blix.


      AP

      In der Irak-Frage tief gespalten: Uno-Sicherheitsrat


      "Wir wollen Saddam Hussein ein klares Ultimatum geben. Wir wollen ihm deutlich sagen, was er zu tun hat", sagte ein Sprecher der britischen Regierung dem "Observer". Damit solle unterstrichen werden, dass es immer noch die Chance einer friedlichen Abrüstung gebe. Einzelheiten der Liste wurden in dem Bericht nicht genannt. Die USA drängen den Uno-Sicherheitsrat, schon am Dienstag über eine neue Irak-Resolution zu entscheiden.

      Kriegsdiplomatie in der heißen Phase

      Vor einer Abstimmung im Sicherheitsrat laufen die Bemühungen von Kriegsbefürwortern und -gegnern weiter, das jeweilige Lager zu stärken. Der französische Außenminister Dominique de Villepin zog seinen Besuch der afrikanischen Mitgliedstaaten im Weltsicherheitsrat vor, um sich deren Unterstützung für eine friedliche Lösung im Irak-Konflikt zu sichern. Er wird am Abend nach Angola, Kamerun und Guinea reisen. Ursprünglich war von Anfang dieser Woche die Rede. Auch die USA umwerben die drei afrikanischen Staaten. Für die Annahme ihres Resolutionsentwurfs benötigen die USA, Großbritannien und Spanien neun der 15 Stimmen im Weltsicherheitsrat. Zudem darf kein Veto der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats eingelegt werden.

      Während die diplomatischen Bemühungen hektisch weitergehen, verstärken Türken und Amerikaner ihre militärischen Vorbereitungen zum Aufbau einer irakischen Nordfront. Die türkische Armee verlegte Panzer in den Nordirak. Das US-Militär setzte am Sonntag die Entladung von Kriegsmaterial in türkischen Häfen fort.




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      schrieb am 09.03.03 21:31:04
      Beitrag Nr. 386 ()
      Irak-Nordfront

      US-Truppenaufmarsch brüskiert türkisches Parlament

      Trotz des türkischen Votums gegen eine amerikanische Truppenstationierung bauen US-Soldaten an der Nordfront des Irak einen neuen Stützpunkt. Parlamentspräsident Bülent Arinc reagierte mit wütender Kritik. Durch eine Regierungsumbildung könnten indes schon bald gegen den Krieg eingestellte Kabinettsmitglieder entfernt werden.


      AP

      Erregen den Unmut der Parlamentarier: US-Soldaten in der Türkei


      Kiziltepe - Arinc kritisierte die Aktivitäten der Amerikaner am Sonntag als Missachtung des Parlaments. Die Fernsehbilder störten ihn ungemein, wurde der Politiker am Sonntag in der türkischen Presse zitiert. Dieser habe die Abgeordneten der Opposition, die sich ebenfalls beunruhigt gezeigt hätten, aufgefordert, die Kontrollmechanismen des Parlaments in Gang zu setzen.

      Nach einem Bericht der türkischen Zeitung "Cumhurriyet" sorgte darüber hinaus ein Zwischenfall in Iskenderun am Samstag für Irritationen: Am Ausgang des Hafen-Zollbereichs sollen sich plötzlich 700 amerikanische Soldaten und Einheiten der türkischen Armee einander gegenüber gestanden haben. Die türkische Armee habe sie daraufhin entwaffnet und zum Umkehren gezwungen.

      Die US-Botschaft in Ankara versuchte derweil, die Sache herunterzuspielen. Es handele sich lediglich um militärisches Material und Soldaten, nicht um Kampftruppen. Deshalb sei auch nicht gegen das Parlamentsvotum verstoßen worden.

      Stützpunkt direkt an der Granze zum Nordirak


      AP

      Kriegsvorbereitungen gehen unvermindert weiter: Patriot-Raketen in der Türkei


      Arincs Kritik bezieht sich insbesondere auf einen neuen Stützpunkt, mit dessen Aufbau die US-Streitkräfte nahe der irakischen Grenze begonnen haben. Die Anlage soll als logistische Basis für 62.000 US-Soldaten dienen, falls das türkische Parlament doch noch einer Stationierung zustimmt. Der Stützpunkt, den die Türkei vor zwei Monaten genehmigt hatte, liegt nach offiziellen Angaben etwa 160 Kilometer von der Grenze entfernt.

      Etwa 30 Lastwagen mit Geländefahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen hatten am Sonntag den türkischen Hafen Iskenderun verlassen und sollten 15 Stunden später den Stützpunkt erreichen. An der Operation sind 3500 Soldaten beteiligt. Ein ziviler Flughafen befindet sich wenige Kilometer von dem neuen Stützpunkt entfernt, direkt davor verläuft die wichtigste Straße in Richtung irakische Grenze.

      Auch die türkische Armee bereitet sich auf eine Offensive vor

      Ungeachtet des Neins des türkischen Parlaments zu einem Offensivkrieg gegen den Irak treibt aber auch die türkische Armee selbst ihre militärischen Vorbereitungen voran. Am Sonntag wurden Panzer in den Nordirak verlegt, wie der Nachrichtensender NTV berichtete. Die Panzer seien am Übergang Habur auf Sattelschleppern über die Grenze gebracht worden.

      Der Konvoi hat demnach unter strenger Bewachung von Sicherheitskräften der Demokratischen Partei Kurdistans die Kleinstadt Dohuk passiert und einen türkischen Stützpunkt auf nordirakischem Gebiet angesteuert. Über die genaue Zahl der Panzer machte der Sender keine Angaben.

      Die Türkei hatte in den vergangenen Tagen rund 500 Militärfahrzeuge, Panzer und anderes militärisches Gerät an die Grenze zum Irak verlegt. Der türkische Generalstab bezeichnete den Aufmarsch als Vorsorgemaßnahme.

      Das Parlament der Türkei hatte in der vergangenen Woche den Wunsch nach einer Stationierung von US-Kampftruppen im Land abgewiesen. Die Regierung hatte bereits angedeutet, gegenenfalls eine neue Entscheidung herbeizuführen.

      Regierungsumbildung könnte Weg in den Krieg eröffnen

      Heute abgeschlossene Nachwahlen zum türkischen Parlament könnten die Entscheidung beschleunigen. Der Vorsitzende der türkischen Regierungspartei AKP, Recep Tayyip Erdogan, ist am Sonntag zum Abgeordneten gewählt worden und kann damit Ministerpräsident werden. Bei der Nachwahl in der südosttürkischen Provinz Siirt kam Erdogans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) nach dem vorläufigen Ergebnis auf 84,7 Prozent der Stimmen und holte damit alle drei Mandate - zwei mehr als bei der Parlamentswahl im November 2002.

      Mit der Wahl Erdogans zeichnet sich in der Türkei eine Neubildung der Regierung ab. Bei der Parlamentswahl im vergangenen November hatte Erdogan seine AKP an die Macht geführt. Er selbst hatte wegen einer Vorstrafe nicht kandidieren dürfen. Mit Verfassungs- und Gesetzesänderungen ebnete die AKP-Regierung ihrem Vorsitzenden den Weg in öffentliche Ämter.

      Beobachter rechnen damit, dass Ministerpräsident Abdullah Gül noch in dieser Woche seinen Rücktritt einreicht und Erdogan dann eine neue Regierung bilden wird. Es wird angenommen, dass sich Erdogan für eine erneute Abstimmung im Parlament zur Frage der Stationierung von US-Truppen einsetzen wird. Nach türkischen Medienberichten dürfte er eine Regierungsumbildung dazu nutzen, Kabinettsmitglieder, die sich gegen die US-Stationierung gewandt hatten, zu ersetzen.

      Die türkische Militärführung hatte sich in der vergangenen Woche nachdrücklich für eine Unterstützung der USA eingesetzt, um die bei einem Krieg zu befürchtenden ökonomischen Verluste zu begrenzen und die nationalen Interessen im Nordirak durchzusetzen.
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      schrieb am 10.03.03 07:21:38
      Beitrag Nr. 387 ()
      IRAK-KRISE 10. März 2003

      USA drohen Frankreich

      Die Einschüchterungsversuche der USA gegen Staaten der Anti-Kriegsfront werden intensiver. US-Außenminister Colin Powell hat die französische Regierung gewarnt, ein Veto im Uno-Sicherheitsrat habe ernste Auswirkungen auf die Beziehungen beider Länder.


      REUTERS

      Powell: "Ernste Auswirkungen"


      Washington - "Zumindest kurzfristig" habe ein Veto der Franzosen "ernste Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen", sagte Powell im US-Fernsehsender Fox. Der amerikanische Außenminister betonte, die USA seien einer Mehrheit von neun oder zehn Stimmen im Weltsicherheitsrat für eine neue Irak-Resolution sehr nahe: "Wir stehen kurz vor dem Erfolg."
      Der "New York Times" zufolge sieht die Wirklichkeit anders aus. Unter Berufung auf Regierungsbeamte berichtet die Internetausgabe der Zeitung, dass es den USA trotz aller diplomatischer Bemühungen am Wochenende nicht gelungen sei, die nötigen neun Stimmen im Sicherheitsrat zusammenzubekommen. (der meinte wahrscheinlich "zu kaufen")

      Powell und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice gaben zu verstehen, dass US-Präsident George W. Bush im Fall eines Scheiterns der ultimativen Resolution eine "Koalition der Willigen" in einen Krieg gegen den Irak führen würde. Die USA streben eine Uno-Abstimmung schon am Dienstag mit einem anschließenden Ultimatum an den Irak bis zum 17. März an.

      Bush glaubt nach einem Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass Russland kein Veto gegen die neue Irak-Resolution einlegen, sondern sich enthalten wird. Die noch unentschlossenen Mitglieder des Weltsicherheitsrats werden vor der möglicherweise entscheidenden Irak-Abstimmung intensiv von Kriegsbefürwortern und -gegnern umworben. Der französische Außenminister Dominique de Villepin flog nach Afrika, um Angola, Kamerun und Guinea für das Friedenslager zu gewinnen.

      Unterdessen berichtet die in London erscheinende Zeitung "Times", Uno-Chefwaffeninspekteur Hans Blix habe am Freitag einen "schlagenden Beweis" gegen den Irak verschwiegen. Wie das Blatt in seiner Montagausgabe schreibt, wollen der britische und der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen heute von Blix verlangen, mehr Details über ein unbemanntes irakisches Flugzeug mitzuteilen.

      Die Existenz der Drohne mit einer Spannweite von 7,45 Metern sei erst nach dem Vortrag von Blix in dem schriftlichen Bericht der Waffeninspekteure bekannt geworden. Entgegen den Al-Samud-2-Raketen, die zur Zeit zerstört werden, sei die Existenz dieser Drohne von den Irakern nicht angegeben worden. Dies wäre das erste nicht offen gelegte Waffenprogramm, das die Uno-Inspekteure gefunden hätten, berichtete die "Times".

      Die Zeitung zitiert einen Diplomaten aus einem der Länder des Uno- Sicherheitsrats, die ihr Abstimmungsverhalten bei der neuen Resolution noch nicht festgelegt haben, mit den Worten: "Es ist unglaublich." Dieser Bericht werde sicher Einfluss auf das Abstimmungsverhalten dieser Länder haben, habe der ungenannte Diplomat erklärt.

      Rice lehnte entschieden den Vorschlag des französischen Präsidenten Jacques Chirac ab, dass die Staats- und Regierungschefs zu der Abstimmung nach New York kommen. "Es ist nicht nötig, dass die Staatschefs kommen und ihre Hand heben, ja oder nein", sagte sie im Fernsehsender ABC. Bundeskanzler Gerhard Schröder habe Chirac in einem Telefongespräch seine Unterstützung für den Vorschlag eines Krisengipfels zugesagt, erklärte Regierungssprecher Bela Anda.

      Die britische Sonntagszeitung "Observer" berichtete ferner, die USA und Großbritannien wollten dem Irak eine "endgültige und nicht verhandelbare Liste" zur Abrüstung vorlegen. Für die Annahme ihres Resolutionsentwurfs sind 9 der 15 Stimmen im Sicherheitsrat nötig. Zudem darf kein Veto eingelegt werden.

      Chile, ebenfalls mit Sitz im höchsten Uno-Gremium, bezeichnete die gesetzte Frist als zu kurz. Präsident Ricardo Lagos sagte, er habe Bush mitgeteilt, die Frist "sei zu knapp bemessen". Die Zerstörung der Massenvernichtungswaffen des Irak könne "drei oder vier Monate" in Anspruch nehmen.

      Der britische Premierminister Tony Blair versuchte am Sonntag vergeblich, den chinesischen Präsidenten Jiang Zemin in einem Telefonat für seine Position zu gewinnen. Jiang erklärte ihm: "Krieg bringt für niemanden einen Vorteil." In der eigenen Partei bekommt Blair zunehmend Schwierigkeiten mit seinem Kriegskurs. Die britische Entwicklungshilfeministerin Clare Short kündigte am Sonntagabend ihren Rücktritt für den Fall an, dass Blair ohne Zustimmung der Uno an einem Irak-Krieg teilnimmt. Sie ist das erste Kabinettsmitglied, das wegen der Irak-Politik Blairs mit Rücktritt droht.

      Der Labourabgeordnete Andrew Reed trat von seinem Posten als parlamentarischer Privatsekretär von Umweltministerin Margaret Beckett zurück. Reed gehört zu den 121 Labour-Abgeordneten, die bei einer Abstimmung vor zehn Tagen gegen den Kriegskurs von Blair gestimmt hatten. Die Zahl der "Rebellen" könnte nach Einschätzung der BBC bei einer weiteren Abstimmung auf "mehr als 200" steigen.
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      schrieb am 10.03.03 22:17:56
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      schrieb am 10.03.03 22:45:14
      Beitrag Nr. 389 ()
      "Die wahre Geschichte des Golfkrieges"

      Angesichts der zugespitzten internationalen Auseinandersetzung über einen Irak-Krieg hat der deutsch-französische Fernsehsender Arte erneut sein Programm geändert. Am Dienstag wird ein Themenabend mit dem Titel "Amerikas Kreuzzug gegen Saddam" ausgestrahlt.
      Kriegspolitik im Wandel
      Erstmals in Europa ist um 20.40 Uhr die Dokumentation "Der Krieg hinter verschlossenen Türen" zu sehen, die in den USA als ein Teil der Sendereihe "Frontline" im nicht-kommerziellen Fernsehen lief. In der knapp einstündigen Sendung analysiert der Autor und Regisseur Michael Kirk den Wandel der US-Politik vom Ende des ersten Irak-Krieges 1991 bis zur "Bush-Doktrin", die militärische Präventivschläge ausdrücklich einschließt.

      Die Rolle von Paul Wolfowitz
      In Interviews mit Schlüsselfiguren der Regierung sowie Experten und Beobachtern werden der große programmatische Einfluss des jetzigen Vize-Verteidigungsministers Paul Wolfowitz und sein politischer Streit mit Außenminister Colin Powell dargestellt. Wolfowitz hatte bereits 1991 ein Konzept über militärische Präventivschläge vorgelegt, das unter dem jetzigen US-Präsidenten George W. Bush neue Aktualität bekommen hat.

      Gesprächsrunde mit Experten
      Als zweiten Beitrag hat Arte den von unabhängigen amerikanischen Filmemachern gedrehten Film "Die wahre Geschichte des Golfkrieges" ins Programm genommen. Der Film aus dem Jahre 2000 blickt auf den Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait zurück und geht den Ursachen und Hintergründen nach. Abschließend soll es ab 22.40 Uhr eine Gesprächsrunde von Experten geben.
      t-online.de
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      schrieb am 11.03.03 02:48:25
      Beitrag Nr. 390 ()
      Kritik an Irak-Politik

      Carter straft Bush ab

      Der frühere US-Präsident Jimmy Carter übte scharfe Kritik an der Irak-Politik seines Nachfolgers George W. Bush. Ein Krieg gegen den Irak sei "ungerecht" und zerstöre die Ergebnisse zweier Jahrhunderte amerikanischer Außenpolitik, schrieb der Friedens-Nobelpreisträger in einem Beitrag für eine US-Zeitung.


      AP

      Jimmy Carter: Scharfer Angriff gegen Präsident Bush


      New York - Die Außenpolitik der amtierenden US-Regierung habe "den zwei Jahrhunderte langen konsequenten Einsatz" der beiden amerikanischen Volksparteien, der "der Nation Größe brachte", ins Gegenteil verkehrt, schrieb Carter in der "New York Times". Der Politiker, der von 1977 bis 1981 Präsident der Vereinigten Staaten war, betonte, dass auch er viele internationale Krisen habe bewältigen müssen. "Ich wurde zutiefst vertraut mit den Grundsätzen eines gerechten Krieges, und es ist klar, dass ein unilateraler Angriff auf den Irak diesen Regeln nicht gerecht wird."

      Carter, der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, betonte, der Irak stelle keine direkte Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar. "Dennoch scheinen die USA entschlossen, gegen die überwältigende Mehrheit der meisten Menschen und Regierungen der Welt militärisch und diplomatisch auf eine Art gegen den Irak aktiv zu werden, die in der Geschichte der zivilisierten Nationen nahezu beispiellos ist."

      Der Ex-Präsident bezeichnete die Versuche Bushs, die Terror-Angriffe des 11. September mit dem Irak in Verbindung zu bringen, als nicht überzeugend. Zudem habe Bush kein internationales Mandat, eine "Pax Americana" in der Golfregion zu erzwingen, was dazu führen könne, dass der Irak ein Jahrzehnt lang besetzt werden müsse.
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      schrieb am 11.03.03 11:03:44
      Beitrag Nr. 391 ()
      Uno-Sicherheitsrat

      Mehrheit gegen Irak-Krieg

      Eine deutliche Mehrheit der 15 Mitglieder im Weltsicherheitsrat lehnt eine Resolution für einen Irak-Krieg ab. Nachdem Russland und Frankreich ihr Veto angekündigt hatten, ist die von den USA und Großbritannien gewünschte Abstimmung über ihren Resolutionsentwurf auf Ende der Woche verschoben worden.


      REUTERS

      Weltsicherheitsrat: Keine Mehrheit für die amerikanische Irak-Politik


      New York - Die ablehnende Haltung gegenüber der Politik der USA, Großbritanniens und Spaniens wurde bei Beratungen des höchsten Uno-Gremiums in der Nacht zum Dienstag in New York deutlich. Noch vor der Sitzung des Sicherheitsrats hatten die USA und Großbritannien deshalb ihren erklärten Wunsch, über ihren Resolutionsentwurf noch an diesem Dienstag abzustimmen, aufgegeben und den Termin auf Ende der Woche verschoben. Auch China sprach sich erneut für eine Fortsetzung der Waffeninspektionen aus.

      Beschlossen wurde im Sicherheitsrat dagegen, dass am Dienstag und Mittwoch alle Uno-Mitgliedstaaten an öffentlichen Debatten des Rates zur Irak-Krise teilnehmen können. Er stimmte damit einem Antrag der Gruppe der blockfreien Länder unter den insgesamt 191 Uno-Mitgliedern zu.

      Am Montag hatte der russische Außenminister Igor Iwanow überraschend ein Veto Moskaus gegen die von den USA und Großbritannien geplante neue Irak-Resolution angekündigt. "Sollte die Resolution in den Rat eingebracht werden, wird Russland dagegen stimmen", erklärte Iwanow.

      Auch Frankreichs Präsident Jacques Chirac kündigte ein Veto gegen eine neue Resolution an, die eine automatische Gewaltanwendung gegen Bagdad rechtfertigen würde. Die Veto-Frage stelle sich aber nur im Falle einer Mehrheit von 9 der 15 Mitglieder im Sicherheitsrat für die Resolution, sagte Chirac.

      Chirac sagte weiter, es wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, wenn die USA ohne ein Uno-Mandat gegen den Irak in den Krieg zögen. Ein Krieg werde die von den USA geführte Allianz gegen den internationalen Terrorismus sprengen, warnte er. "Krieg kann nur zu einer Zunahme des Terrorismus führen." Der französische Präsident fügte hinzu: "Die ersten Sieger würden diejenigen sein, die einen Kampf der Zivilisationen, der Kulturen und der Religionen wollen." Zugleich kritisierte er die irakische Regierung. Der Irak kooperiere nicht ausreichend mit den Uno-Waffeninspektoren.

      Auch China sprach sich erneut gegen einen Krieg zum jetzigen Zeitpunkt aus. In Telefongesprächen mit US-Präsident George W. Bush und Bundeskanzler Gerhard Schröder bekräftigte Präsident Jiang Zemin, dass die Waffeninspektionen im Irak fortgesetzt werden sollten. Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua verwies Jiang Zemin darauf, dass die meisten Mitglieder im Sicherheitsrat und die Waffeninspektoren der Auffassung seien, dass Fortschritte gemacht worden seien, die Resolution 1441 effektiv sei und die Arbeit "nicht auf halbem Weg aufgegeben werden sollte".

      Die USA üben sich unterdessen in Zweckoptimismus. Trotz der vorerst verschobenen Abstimmung über die Irak-Resolution werde Washington weiter "hart daran arbeiten", eine Mehrheit zu bekommen und den Abstimmungsantrag dann voraussichtlich gegen Ende der Woche stellen, erklärte US-Botschafter John Negroponte. Andere Uno-Diplomaten bezweifelten jedoch, dass noch eine Uno-Mehrheit für einen Krieg erreichbar sei.

      In einem überarbeiteten Entwurf hatten Großbritannien, die USA und Spanien am Freitag ein Ultimatum an Bagdad vorgeschlagen. Bis zum 17. März solle der Irak demonstrieren, dass er rückhaltlos zur Abrüstung bereit sei. Die so genannten unentschlossenen Länder im Sicherheitsrat machten aber deutlich, dass für ein Ultimatum klare Kriterien definiert werden müssten. Zu dieser Gruppe gehören Angola, Chile, Guinea, Kamerun, Mexiko und Pakistan. Pakistan schlug vor, die Zeit für Inspektionen um einen Monat auf den 17. April zu verlängern.

      Blix: Keine Beweise

      Uno-Chefinspektor Hans Blix erklärte nach den internen Konsultationen in der Nacht zum Dienstag vor Reportern, er habe nach wie vor keine Beweise dafür, dass der Irak Massenvernichtungswaffen versteckt. Allerdings müssten neue Erkenntnisse über einen fernlenkbaren Flugkörper, den der Irak nicht rechtzeitig deklariert habe, noch genauer untersucht werden. Er könne nicht ausschließen, dass mit dieser so genannten Drohne auch chemische und biologische Kampfstoffe transportiert werden könnten. Die Inspektoren seien dabei, das zu prüfen.

      Großbritanniens Uno-Botschafter Sir Jeremy Greenstock sagte, seine Regierung prüfe derzeit, ob eine Liste mit weiteren konkreten Forderungen an den Irak sinnvoll sein könnte. Blix sagte, er könne dem Sicherheitsrat in der kommenden Woche ein detailliertes Arbeitsprogramm vorlegen, in dem die "letzten Schlüsselfragen der Abrüstung für den Irak" aufgelistet werden. Viele Mitglieder des Rates hätten ihn darum gebeten.
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      schrieb am 11.03.03 19:09:05
      Beitrag Nr. 392 ()
      Irak-Resolution

      USA wollen Uno-Abstimmung noch diese Woche

      George W. Bush will sich seinen Zeitplan für den Irak-Angriff nicht von den Veto-Ankündigungen Frankreichs und Russlands durcheinanderbringen lassen. Das Weiße Haus kündigte an, dass der Uno-Sicherheitsrat noch vor dem Wochenende über die neue Resolution abstimmen werde.


      AP

      Das diplomatische Tauziehen in der Uno geht weiter


      Washington/London - "Die Abstimmung wird diese Woche stattfinden", sagte Präsidialamtssprecher Ari Fleischer am Dienstag in Washington. Der von den USA, Großbritannien und Spanien vorgelegte Entwurf für eine neue Resolution stellt Irak ein Ultimatum bis zum 17. März, um die Abrüstungsauflagen der Uno zu erfüllen. Andernfalls sehen sich die USA und Großbritannien legitimiert, militärisch gegen Irak vorzugehen. Sollte der Sicherheitsrat also am Freitag der Resolution zustimmen, dessen Einzelheiten noch nicht öffentlich sind, hätte der Irak also noch drei Tage Zeit, um die Forderungen zu erfüllen.

      Russland und Frankreich haben bereits angekündigt, die Resolution zu Fall zu bringen. Großbritannien und die USA haben für ihren Resolutionsentwurf im Sicherheitsrat bislang keine Mehrheit, weshalb nach Angaben aus Diplomatenkreisen die ursprünglich für den Wochenbeginn geplante Abstimmung verschoben wurde. Um doch noch genügend Stimmen zu bekommen, haben Washington und London eine leichte Modifizierung ihres Entwurfs in Aussicht gestellt. Noch am Dienstag will der Sicherheitsrat eine öffentliche Debatte über den Entwurf beginnen. China ließ bisher offen, wie es abstimmen wird.

      Die sechs in der Irak-Frage unentschlossenen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates haben am Dienstag als Kompromiss eine Frist von anderthalb Monaten vorgeschlagen, in denen der Irak die Erfüllung der Abrüstungsauflagen nachweisen soll. "Wir haben 45 Tage vorgeschlagen, aber dies ist noch verhandelbar", sagte Kameruns Uno-Botschafter Martin Belinga-Eboutou. Angola, Chile, Guinea, Kamerun, Mexiko und Pakistan hätten diesen Vorschlag dem britischen Uno-Botschafter Jeremy Greenstock unterbreitet. Eine Antwort stehe noch aus. Die US-Regierung lehnt den Vorschlag der so genannten "middle six"-Staaten strikt ab.

      Blair unter Druck

      Blair forderte in London, der Druck auf den irakischen Präsidenten Saddam Hussein müsse aufrechterhalten werden. "Meine Sorge ist, dass die Botschaft, die mit der Diskussion um ein Veto an Saddam gesendet wird, lautet: Du kommst ungeschoren davon." Er warnte Frankreich und Russland davor, ihr Veto einzulegen. Sie setzten damit die historische Partnerschaft Europas mit den USA aufs Spiel. "Europa und Amerika von einander zu trennen, eine Allianz, die uns über ein halbes Jahrhundert hinweg gut getan hat, ist - denke ich - eine sehr, sehr gefährliche Sache." Daher versuche er alles, um eine gemeinsame Basis zu finden.


      DPA

      Tony Blair: Der Gegenwind in den eigenen Reihen nimmt zu


      Für Mittwochabend ist eine Begegnung von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Blair in London geplant. Nach Angaben des Bundespresseamts kommen beide im Rahmen ihrer regelmäßigen Treffen in London zu einem Abendessen zusammen. Deutschland, das als nichtständiges Mitglieder derzeit dem Uno-Sicherheitsrat angehört, unterstützt die Haltung Frankreichs und Russlands.

      Blair selbst steht inzwischen im eigenen Land unter Druck, da ihm große Teile seiner Labour-Partei im Parlament und auch Regierungsmitglieder die Unterstützung für den Fall aufgekündigt haben, dass sich Großbritannien an einem Krieg ohne Uno-Mandat beteiligen sollte.


      Ungeachtet des diplomatischen Ringens um eine neue Resolution setzten Einheiten der USA und Großbritanniens im Norden Kuweits ihre Vorbereitungen für eine Offensive fort. Der Oberkommandierende der US-Truppen am Golf, General Tommy Franks, brach in die Region auf. Im Norden Kuweits, rund 30 Kilometer entfernt von der Grenze zum Irak, bereiteten sich die britischen und amerikanischen Soldaten mit Manövern auf eine mögliche Bodenoffensive vor. Nach Angaben von Offizieren wurden zudem größere Truppenteile von den bisherigen Lagern ins Aufmarschgebiet verlegt. Die USA und Großbritannien haben inzwischen mehr als 250.000 Soldaten in der Region zusammengezogen. Dutzende Kriegsschiffe und mehr als 500 Kampfflugzeuge stehen für einen Angriff auf Irak bereit.

      Saudi-Arabiens Ölminister Ali al-Maimi versuchte am Dienstag die Sorgen der Industrieländer vor Öl-Engpässen im Kriegsfall zu begegnen. Die Ölversorgung sei nicht gefährdet. Saudi-Arabien verfüge über ausreichende Kapazität.

      Die Opec-Minister beschlossen, die Fördermengen zunächst weiter unverändert zu lassen. Händlern zufolge will das Ölkartell eine Überversorgung vermeiden, um bei einem schnellen Ende eines Irak-Kriegs einen zu starken Verfall des Ölpreises zu verhindern. Die Regierung in Bagdad wies Berichte über eine angebliche Verminung der nordirakischen Ölfelder zurück und ließ wissen, Irak habe dafür gesorgt, dass auch im Angriffsfall die Ölförderung gesichert bleibe.
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      schrieb am 12.03.03 20:11:43
      Beitrag Nr. 393 ()
      Kriegsultimatum

      Russland sagt Nein zu Blairs Irak-Forderungen

      Tony Blairs Ankündigung eines Katalogs von sechs Forderungen an Saddam Hussein, dessen Erfüllung über Krieg oder Frieden entscheiden solle, ist bei der russischen Regierung auf erbitterten Widerstand gestoßen. Man lehne Blairs Bedingungen rundum ab, hieß es in Moskau. Derweil ist weiterhin unklar, ob die USA einen Resolutionsentwurf bei der Uno einbringen werden oder nicht.


      AP

      Putin: Russland unterstützt keine neue Resolution


      London/Madrid - Der russische Uno-Botschafter Sergej Lawrow sagte in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CNN, seine Regierung bestehe unverändert darauf, dass die Waffeninspektionen im Irak nach der Vorlage eines detaillierten Arbeitsprogramms der Uno-Inspekteure für mindestens drei Monate fortgesetzt werden.

      Lawrow verwies auf die Resolution 1284, mit der im Dezember 1999 die Irak-Inspektionskommission Unmovic geschaffen worden war. Die Aufgaben der Inspekteure seien darin konkret geregelt worden. Nach der Vorlage ihres Arbeitsplans sollen die Inspekteure gemäß dieser weiterhin gültigen Resolution 120 Tage Zeit für die Suche und die Zerstörung von Massenvernichtungswaffen haben. Erst dann könne der Sicherheitsrat die Ergebnisse der Untersuchung beurteilen, erklärte Lawrow. Chefinspekteur Hans Blix habe den Rat am Montag informiert, dass er sein Arbeitsprogramm in der kommenden Woche vorlegen kann.

      Der Forderungskatalog mit sechs Aufgaben für Saddam Hussein, den der britische Außenminister Jack Straw am Mittwoch in London vorgestellt habe, sei ohnehin dem von Blix bereits übermittelten 167 Seiten langen Katalog der "noch zu erfüllenden Schlüssel-Abrüstungsaufgaben" entnommen, sagte der russische Uno-Botschafter. Es gebe daher keinen Grund für eine neue Resolution.


      AP

      Tony Blair: Irak muss Forderungen umgehend erfüllen


      Ob die USA, Großbritannien und Spanien eine neue Resolution im Weltsicherheitsrat zur Abstimmung bringen, darüber herrscht weiter Unklarheit. Die spanische Außenministerin Ana Palacio sagte in Madrid, eine Entscheidung darüber, ob der Resolutionsentwurf fallen gelassen werde, sei noch nicht definitiv getroffen worden. In Washington, London und Madrid gebe es jedoch Überlegungen, den Entwurf im Sicherheitsrat nicht abstimmen zu lassen.

      Der Grund sei, dass Frankreich in jedem Fall sein Veto gegen eine solche Resolution einlegen werde. Daher werde ein Rückzug des Entwurfs auch für den Fall erwogen, dass das Papier von einer ausreichenden Mehrheit in dem Uno-Gremium unterstützt würde. Die USA, Großbritannien und Spanien hatten in dem Entwurf dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein eine letzte Frist bis zum 17. März für die vollständige Abrüstung setzen wollen.

      Aus Washington und London dagegen verlautete, trotz anhaltender Widerstände im Sicherheitsrat wollten die USA und Großbritannien an einer zweiten Irak-Resolution festhalten und noch in dieser Woche eine Abstimmung herbeiführen. "Das amerikanische Volk wird zusehends ungeduldig mit den Vereinten Nationen", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer. In London sagte am Mittwoch der Staatsminister im Außenministerium, Mike O`Brien, seine Regierung hoffe auf eine Abstimmung am Donnerstag.

      Großbritannien plant dem Irak unterdessen sechs Bedingungen zur möglichen Abwendung eines Kriegs zu stellen. Außenamts-Staatsminister Mike O`Brien legte einen entsprechenden Vorschlag am Mittwoch vor. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass der irakische Staatschef Saddam Hussein im Fernsehen öffentlich seinen Verzicht auf Massenvernichtungswaffen erklärt.

      Weitere Forderungen der britischen Regierung: Der Irak muss "umgehend" die 10.000 Liter Milzbranderreger und andere chemische und biologische Kampfstoffe vernichten, die sich noch in seinem Besitz befinden sollen. Desweiteren muss Bagdad 30 führenden Wissenschaftlern in der Waffenproduktion die Ausreise nach Zypern erlauben, damit sie dort von Uno-Inspekteuren unkontrolliert befragt werden können. Schließlich soll der Irak Rechenschaft ablegen über den Besitz einer Drohne, die die Uno-Inspektoren entdeckt haben, wie O`Brien den Parlamentsabgeordneten der regierenden Labour Party erklärte.

      Die Bedingungen könnten in den überarbeiteten Resolutionsentwurf eingefügt werden, über den der Uno-Sicherheitsrat möglicherweise am Donnerstag abstimmen werde, sagte O`Brien. Zuvor war in London auch der innenpolitische Druck auf Premierminister Tony Blair gewachsen. "Die Katze ist aus dem Sack", sagte am Mittwoch der Labour-Abgeordnete Graham Allen nach den Äußerungen Rumsfelds. "Sie können es auch ohne uns machen." Allens Vermutung ging dahin, Rumsfeld habe Blair ein Schlupfloch geöffnet, um sich aus der Kriegspolitik zurückzuziehen.

      Das Büro des Premierministers wurde von den Äußerungen Rumsfelds offenbar überrascht. Blair bemühe sich weiter um eine Resolution, die den Einsatz militärischer Gewalt legitimiere, hieß es in Downing Street 10. Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon versuchte, die Bedeutung von Rumsfelds Äußerungen abzuschwächen. Sein amerikanischer Kollege habe nur von der theoretischen Möglichkeit gesprochen, dass sich britische Truppen nicht beteiligten, sagte Hoon dem Rundfunksender BBC und fügte hinzu: "Er hat allen Grund zu glauben, dass es einen bedeutenden militärischen Beitrag des Vereinigten Königreichs geben wird."

      Die frühere Schauspielerin und heutige Labour-Abgeordnete Glenda Jackson forderte Blair auf, nun auf die "Stimme des Volkes" zu hören. Die britischen Truppen sollten aus der Golfregion wieder abgezogen werden. Auch der konservative Abgeordnete Kenneth Clarke erklärte, seit der einstimmig angenommenen Resolution 1441 vom November sei die Unterstützung für einen Krieg schwächer geworden.

      Die Uno hat unterdessen weitere Mitarbeiter aus dem Grenzgebiet zwischen Kuweit und dem Irak zurückgezogen. Dabei handelt es sich um Uno-Militärbeobachter in der entmilitarisierten Zone. Ein Sprecher der Unikom teilte in der kuweitischen Hauptstadt mit, es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Von dem Abzugsbefehl seien Beobachter in einigen entlegenen Bereichen der Zone betroffen, sowohl auf kuweitischem wie auch auf irakischem Gebiet. Im Fall eines US-Angriffs auf den Irak würde die Bodenoffensive von Kuweit aus über die irakische Grenze vorgetragen werden. Die Beobachtermission werde gleichwohl fortgesetzt.
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      schrieb am 13.03.03 18:09:15
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      schrieb am 13.03.03 18:21:31
      Beitrag Nr. 395 ()
      "... beschließt, dass Irak es verabsäumt haben wird, die ihm mit Resolution 1441 (2002) eingeräumte letzte Chance zu nutzen"
      Der Resolutionsentwurf von USA, Großbritannien und Spanien

      Die USA, Großbritannien und Spanien haben dem Weltsicherheitsrat am 7. März 2003 (Ortszeit) einen Entwurf für eine neue Irak-Resolution vorgelegt, der einen Krieg gegen Irak legitimieren soll. Darin werden zunächst alle vorherigen UN-Entschließungen aufgeführt, denen zufolge Irak zur Abrüstung verpflichtet ist. Wörtlich heißt es dann weiter:


      Der Sicherheitsrat(...)

      unter Hinweis darauf, dass er in seiner Resolution 1441 (2002) beschloss, dass Irak seine Verpflichtungen erheblich verletzt hat und nach wie vor erheblich verletzt,

      dass er Irak aber gleichzeitig eine letzte Chance einräumte, seinen Abrüstungsverpflichtungen nach den einschlägigen Resolutionen nachzukommen,

      unter Hinweis darauf, daß der Rat in seiner Resolution 1441 (2002) beschloss, dass falsche Angaben oder Auslassungen in der von Irak gemäß der Resolution vorgelegten Erklärung sowie jegliches Versäumnis Iraks, die Resolution zu befolgen und bei ihrer Durchführung uneingeschränkt zu kooperieren, eine weitere erhebliche Verletzung darstellen,

      in diesem Zusammenhang feststellend, dass der Rat in seiner Resolution 1441 (2002) daran erinnerte, dass er Irak wiederholt vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt hat, wenn Irak weiter gegen seine Verpflichtungen verstößt,

      feststellend, dass Irak eine Erklärung nach Resolution 1441 (2002) vorgelegt hat, die falsche Angaben und Auslassungen enthält, und dass Irak die genannte Resolution weder befolgt noch bei ihrer Durchführung uneingeschränkt kooperiert hat, (...)

      in Erkenntnis der Bedrohung, die Iraks Nichtbefolgung der Resolutionen des Rates sowie die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und Langstreckenflugkörpern für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellen,

      entschlossen, die vollständige Befolgung seiner Beschlüsse sicherzustellen und den Weltfrieden und die internationale Sicherheit in dem Gebiet wiederherzustellen,

      tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,
      bekräftigt die Notwendigkeit der vollen Durchführung der Resolution 1441 (2002);


      fordert Irak auf, sofort die im Interesse seiner Bevölkerung und der Region notwendigen Maßnahmen zu ergreifen;


      beschließt, dass Irak es verabsäumt haben wird, die ihm mit Resolution 1441 (2002) eingeräumte letzte Chance zu nutzen, sofern der Rat nicht am oder vor dem 17. März 2003 zu dem Schluss kommt, daß Irak volle, bedingungslose, sofortige und aktive Zusammenarbeit gemäß seinen Abrüstungsverpflichtungen nach Resolution 1441 (2002) und den früheren einschlägigen Resolutionen bewiesen hat und alle durch Resolution 687 (1991) und alle späteren einschlägigen Resolutionen verbotenen Waffen und Waffeneinsatz- und -unterstützungssysteme und -strukturen sowie alle Informationen über frühere Zerstörungen solcher Gegenstände in seinem Besitz an die UNMOVIC und die IAEO übergibt;


      beschließt, mit der Angelegenheit befasst zu bleiben.

      Quelle: Deutscher Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen/AP
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      schrieb am 13.03.03 23:10:49
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      schrieb am 16.03.03 10:24:56
      Beitrag Nr. 397 ()
      Getreu Dieter Hildebrandt:

      Die Realität toppt jede Satire: Orwell pur!

      Die Verbreiter von Fälschungen und Lügen fühlen sich als "Opfer" und die Lügner sollte nur durch ihre eigenen Lügen "diskreditiert" werden.. :eek:
      Wenn das ein Zivilist von sich geben würde, wäre er postwendend wegen schwerster Paranoia in Psychiatrischer Behandlung....
      merkwürdigerweise gibt es immer noch keine "Untersuchung" der Brutkasten/Massenvergewaltigungslüge - ist ja auch die offizielle Lüge der US-Regierung, die NICHT ENTTARNT wurde... :mad:


      16. März 2003, 02:06, NZZ am Sonntag


      FBI prüft gefälschte Beweise gegen den Irak
      Die Herkunft der von den Briten vorlegten «Beweise» gegen den Irak, die sich als gefälscht herausgestellt haben, wird nun doch untersucht. Das FBI hat Ermittlungen angekündigt.



      Gerd Brüggemann, Washington

      Die Enthüllung von al-Baradei war eindrucksvoll. Dokumente, die beweisen sollten, dass der Irak in den letzten Jahren versucht habe, illegal Uran in Niger zu erwerben, so erklärte der Direktor der Internationalen Atomenergie- Behörde (IAEA) in der letzten Woche, hätten sich als plumpe Fälschungen erwiesen. Sie waren den Inspektoren nach der Prüfung durch US-Nachrichtendienste vom britischen Geheimdienst übergeben worden.

      Während diese Darlegungen die anglo-amerikanischen Behauptungen schwächen, der Irak versuche unvermindert, Atomwaffen zu entwickeln, und weltweit erhebliches Aufsehen erregten, fanden sie in den Vereinigten Staaten nur geringe Aufmerksamkeit. Die Medien berichteten zwar darüber, aber sie stellten die Meldung in den Kontext des Inspektorenregimes. Das «Wall Street Journal» schrieb, al-Baradei habe öffentlich einen unnötigen Wirbel über eine Sache von peripherem Wert veranstaltet. Dieses Verhalten zeige lediglich, dass er und Chef- Inspektor Blix mehr und mehr dazu neigten, der Intransigenz des Iraks mit Nachsicht zu begegnen. Es zeige sich, dass die Inspektionen nicht so sehr den Zweck zu haben scheinen, den Irak zu hinterfragen, sondern Amerika. :laugh:

      Dennoch wollen die USA die peinlichen Fälschungen nicht unter den Teppich kehren. Offenbar haben sie die Sorge, dass ohne den Versuch einer Aufklärung der Beweiswert anderer Dokumente gemindert werden könnte. Die amerikanische Bundespolizei FBI hat deswegen am vergangenen Mittwoch eine Untersuchung angekündigt. :laugh:
      Dabei handle es sich allerdings nicht bereits um eine formelle, sondern nur um eine vorläufige Prüfung, sagte ein FBI-Beamter, der seinen Namen nicht gedruckt sehen wollte, denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei noch nicht klar, ob das FBI überhaupt zuständig sei. Das Büro hat Jurisdiktion über Gegenspionage-Operationen ausländischer Regierungen in den USA.

      Die Untersuchung soll in erster Linie Antworten auf zwei Fragen finden: Wer hat die gefälschten Papiere hergestellt, und was war seine Absicht. Zum ersten Punkt gibt es anscheinend noch keine Erkenntnisse. Die Dokumente sind über den britischen Geheimdienst an die Inspektoren gelangt. Sie hatten den Amerikanern jedoch vorher zur Einsicht vorgelegen. «Wir sind darauf hereingefallen» :eek: , wird ein Beamter in der Presse zitiert. Der Geheimdienst CIA hatte allerdings von Anfang an Zweifel an ihrer Qualität und hat sie nicht in seine Akte über irakische Beschaffungsmassnahmen aufgenommen. Zu der zweiten Frage scheint es gegenwärtig nur Spekulationen zu geben. So sagte der erwähnte Beamte, es werde geprüft, ob die Fälschungen den Zweck hatten, die amerikanische Politik zu beeinflussen, oder von einer ausländischen Regierung in Umlauf gebracht wurden in der Absicht, Desinformation zu verbreiten. :laugh: Daneben wird aber auch erörtert, ob die Fälscher beabsichtigt haben, dass ihre Fälschungen identifiziert werden, um die anglo-amerikanischen Geheimdienste und die von ihnen vorgelegten Dokumente zu diskreditieren. :laugh:

      Für diese Vermutung spricht, dass die Fälschungen sehr schlecht und deswegen, wie Baradei erklärte, leicht zu erkennen waren. Im Einzelnen handelte es sich um eine Reihe von Briefen zwischen Beamten des Iraks und des Nigers, in denen Bagdad Interesse am Erwerb von Uran und anderen Ausrüstungen zur Herstellung von Atomwaffen zeige. Dabei hätten die Fälscher Briefbögen einer Behörde verwendet, die inzwischen einen anderen Namen erhalten hatte. Überdies wären die verwendeten Daten nicht schlüssig gewesen. Mehr als Vermutungen scheint es zurzeit aber nicht zu geben.

      In den achtziger Jahren hatte der Irak aktiv an dem Aufbau eines Atomwaffenprogramms gearbeitet. Im Golfkrieg von 1991 war die nukleare Infrastruktur des Landes aber schwer beschädigt worden. Im Anschluss daran waren die aufgefundenen Rohstoffe und Ausrüstungen von den Inspektoren bis 1998 beseitigt oder vernichtet worden. Allerdings hat Bagdad den Inspektoren nie seine Planungsunterlagen übergeben und die beteiligten Wissenschafter weiter beschäftigt.
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      schrieb am 17.03.03 00:08:35
      Beitrag Nr. 398 ()
      Bush-Rede

      "Montag wird der Moment der Wahrheit für die Welt"

      US-Präsident Bush setzt die Uno unter hohen Zeitdruck: Sie habe nur noch einen Tag Zeit, einen Krieg gegen den Irak per Resolution zu legitimieren. Saddam Hussein müsse alle Forderungen erfüllen oder den Irak verlassen, sonst werde man das Land "befreien".


      REUTERS

      Bush auf den Azoren: "Wir hoffen, dass die Uno ihre Aufgabe erfüllt"


      Lajes/Washington - Nach dem Gipfel der Kriegsbefürworter auf der Azoren-Insel Terceira sagte der US-Präsident am Sonntagabend, Saddam Hussein habe die Forderungen lange genug ignoriert. Montag werde deshalb der "Moment der Wahrheit für die Welt sein", ihr stünden entscheidende Tage bevor. "Morgen werden wir entscheiden, ob die Diplomatie funktioniert oder nicht", sagte Bush. "Wir hoffen, das die Uno ihre Aufgabe erfüllt".

      Bisher sind die USA mit dem Versuch gescheitert, im Weltsicherheitsrat eine Resolution zu verabschieden, die den Krieg gegen den Irak legitimiert. Noch am Samstag hatten die Veto-Mächte Frankreich und Russland sowie Deutschland in einer gemeinsamen Erklärung einen Krieg abgelehnt. Der Uno-Sicherheitsrat wird am Montag erneut über die Irak-Frage beraten.

      Bush: Irak muss abrüsten oder er wird entwaffnet

      Bush kritisierte, die Uno habe ihre Aufgabe beim "Krieg gegen den Terrorismus" bisher nicht erfüllt. Saddam Hussein untergrabe ihre Autorität, weil er Resolutionsbeschlüsse seit zwölf Jahren konsequent unterlaufe. Der Irak müsse entweder abrüsten oder er werde entwaffnet, sagte der Präsident in seiner kurzen Rede weiter. Die Entscheidung liege ganz allein bei Saddam Hussein. Er könne sofort alle Forderungen erfüllen oder das Land verlassen. Bush ließ aber wenig Zweifel daran, dass er nicht mit einem Einlenken des irakischen Diktators rechnet.

      Bush sagte weiter, der Irak habe das Potenzial, eine "große Nation" zu werden. Es gehe darum, eine demokratische Staatsform zu etablieren und Freiheit, Gleichheit und Wohlstand für alle Volksgruppen des Landes durchzusetzen. Man wolle so schnell wie möglich eine Interimsregierung einsetzen, um die "Talente des irakischen Volkes" für den Wiederaufbau zu nutzen. Man werde dabei die territoriale Integrität des Landes achten. Der Reichtum an "natürlichen Ressourcen" des Irak solle wieder allen Bürgern des Landes zu Gute kommen.

      Blair: Glaubwürdiges Ultimatum dringend nötig

      Von Journalisten im Anschluss an die Rede befragt, übte Bush auch Kritik an der französischen Regierung. Sie habe zugesagt, eine entschiedene Haltung gegenüber dem Irak zu unterstützen, dies aber bisher nicht wahr gemacht. Zwar seien die "Kriege des 21. Jahrhunderts" nur mit einem "unglaublichen Maß internationaler Zusammenarbeit" möglich, so der Präsident. Doch sei fraglich, ob die Uno in der jetzigen Form noch relevant sei, sie habe auch früher versagt - etwa im Falle des Völkermordes in Ruanda. Sollte militärische Gewalt nötig sein, würden die USA sich aber schnell um eine neue Uno-Resolution bemühen, "die dem irakischen Volk zum Aufbau eines freien Irak verhelfen soll".

      Auch Großbritanniens Premier Tony Blair sagte, Saddam Hussein habe seine "letzte Chance" gehabt und sie nicht genutzt. Es sei nun nötig, ein "glaubwürdiges Ultimatum" zu setzen. Ansonsten drohten weitere Diskussionen, weitere Verzögerungen, so dass das "mörderische Regime" mit Massenvernichtungswaffen sich an der Macht halten könne. Blair kritisierte, unter der Herrschaft Saddam Husseins sei die Bevölkerung des Iraks in die Armut abgerutscht, obwohl das Land von Natur aus wohlhabend sei.

      Bush, Blair, Aznar und der portugiesische Ministerpräsident José Durrao Barroso hatten sich für rund eine Stunde auf einem US-Stützpunkt auf Terceira besprochen, bevor sie vor die Presse traten. Nachdem sie etwa ein halbes Dutzend Journalistenfragen beantwortet hatten, größtenteils von Amerikanern und Engländern gestellt wurden, wurde die Pressekonferenz beendet.

      Chirac: Alles, was die Uno-Inspekteure vorschlagen, akzeptieren

      Am Nachmittag hatten die USA einen französischen Kompromissvorstoß abgelehnt. Staatspräsident Jacques Chirac hatte sich erstmals bereit gezeigt, ein Ultimatum zu akzeptieren, das Saddam Hussein nicht mehr 120, sondern nur 30 Tage zur Abrüstung einräumt.

      Ausschlaggebend sei, so Chirac, was die Waffenkontrolleure als Zeitraum angeben, um ihre Kontrollziele im Irak zu erreichen. "Alles, was die Inspekteure auf diesem Gebiet vorschlagen werden, scheint mir akzeptiert werden zu müssen". Die Uno-Inspekteure würden in ihrem Bericht am Dienstag sagen, "dass es eine Möglichkeit gibt, das Ziel zu erreichen, ohne einen Krieg zu führen."

      US-Vizepräsident Dick Cheney antwortete im Interview des Fernsehsenders NBC, es falle ihm schwer zu glauben, dass Saddam Hussein die Forderungen nach Abrüstung erfüllen werde - egal, ob er 30 oder 60 Tage oder noch länger dafür Zeit habe. Auch Präsidentensprecher Ari Fleischer und Außenminister Colin Powell hatten angedeutet, sie hielten ein Einlenken Saddam Husseins für unwahrscheinlich. George W. Bush werde in den kommenden Tagen deshalb eine "schwere Entscheidung" zu fällen haben.
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      schrieb am 17.03.03 00:13:42
      Beitrag Nr. 399 ()
      Warnung an die Aggressoren

      Saddam droht mit weltweitem Krieg

      Nach dem lautstarken Säbelrasseln der Kriegsbefürworter auf den Azoren und der unnachgiebigen Haltung Bushs verlegt sich auch Saddam Hussein aufs Drohen. Er kündigt im Falle eines Angriffs auf den Irak einen weltweiten Krieg zu Wasser, zu Land und in der Luft an. Sein Vizepräsident erklärt derweil, das Land sei vorbereitet.


      REUTERS

      Saddam-Wandbild: Der Diktator verlegt sich aufs Drohen.


      Bagdad - Kaum hatten die Kriegsbefürworter ihre Pressekonferenz auf den Azoren mit deutlichen Drohungen in Richtung Irak beendet, meldete sich Saddam Hussein zu Wort. Bei einem Treffen mit hohen Militärs kündigte er am Sonntag an, den Krieg auszuweiten, falls die USA angreifen. "Wenn der Feind einen große Schlacht beginnt, muss er wissen, dass die Schlacht zwischen uns überall in die Welt hingetragen wird, wo immer Luft, Land,Wasser ist", zitiert ihn die offizielle irakische Nachrichtenagentur.


      Die Vorbereitungen für den Krieg laufen auch im Irak auf Hochtouren. Saddam ernannte einen seiner Söhne und drei seiner engsten Vertrauten als Verantwortliche für die Landesverteidigung, um die politische Kontrolle über das Militär zu behalten.


      Vizepräsident Naji Sabri sagte dem arabischen TV-Sender Al-Arabiya, dass sich der Irak schon seit langem auf einen Krieg vorbereitet, als würde er in der nächsten Stunde losgehen. Auf das Gipfeltreffen der Kriegsbefürworter angesprochen, verwies Sabri auf die starke Opposition im Uno-Sicherheitsrat, der sich bislang mehrheitlich gegen eine Militäraktion stellt. Bush Kriegspolitik sei in einer Sackgasse angelangt. Diese Sackgasse werde wegen der weit verbreiteten Ablehnung seiner Politik täglich peinlicher.
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      schrieb am 17.03.03 13:19:33
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      schrieb am 17.03.03 13:20:03
      Beitrag Nr. 401 ()
      dabei sollte doch alles nur eine Drohkulisse sein, was Laura :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 15:35:33
      Beitrag Nr. 402 ()
      Komm ins Offene, Feind

      Vor dem Irak-Krieg: Der gespaltene Westen und die neue Weltunordnung

      Von Richard Herzinger


      Der Irak-Krieg, der mit hoher Wahrscheinlichkeit in dieser Woche beginnt, steht unter dem denkbar schlechtesten Vorzeichen: einer tiefen Spaltung des Westens. Beide Fraktionen im transatlantischen Staatenstreit - die Friedensenthusiasten und die Kriegsgläubigen - haben in einem Anfall diplomatischer Tobsucht jede Menge Tugenden über Bord geworfen, die über Jahrzehnte hinweg zum Grundbestand der Politik des Westens gehörten. Dazu zählen: Mäßigung, Geduld, Weitsicht und die Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion.

      Statt dessen frönen beide Seiten, jede auf ihre Art, dem selben politischen Laster: der Selbstüberhebung im Namen einer absoluten Moral. Es herrscht Endzeitstimmung in den politischen Zentren der westlichen Demokratien. George W. Bush und Tony Blair betrachten den Krieg gegen Saddam Hussein offenbar nicht bloß als eine strategische Option, sondern als eine welthistorische, wenn nicht gar eine metaphysische Mission. Um sie zu erfüllen, nehmen sie nicht nur die Zerrüttung der Beziehungen zu ihren engsten Partnern, sondern auch das Risiko einer Weltwirtschaftskrise in Kauf. Auf der anderen Seite haben sich Jacques Chirac und Gerhard Schröder an ihrer Rolle als oberste Weltfriedensstifter bereits so sehr berauscht, dass sie lieber auf ihr mittelfristig wichtigstes strategisches Interesse, die enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und den Erhalt der UN, zu pfeifen scheinen, als auch nur einen Millimeter ihrer moralischen Überflughöhe preiszugeben.

      Was treibt die Führer der westlichen Welt in diese absurde, selbstzerstörerische Konfrontation? Was bringt sie dazu, einen (wenn auch sehr wichtigen) regionalen Krisenherd zum Schauplatz eines apokalyptischen Endkampfs um Bestand und Zukunft der zivilisierten Menschheit zu stilisieren? Die Antwort lautet: die Angst. Wovor genau aber fürchten sich die führenden Staatsmänner des Westens? Fürchten Bush und Blair tatsächlich, dass die Welt einem neuen mörderischen Totalitarismus schutzlos ausgeliefert wäre, bliebe Saddam Hussein auch nur noch einige Monate im Amt? Und zittern Chirac und Schröder tatsächlich vor dem Gedanken an Hunderttausende zivile Tote und daran, dass ein Angriff auf den Irak den gesamten Nahen Osten verwüsten und zahllose neue Terroristen auf den Plan rufen würde?

      Beider Seiten Ängste sind bis zu einem gewissen Grad berechtigt. Es gibt jedoch noch eine tiefer sitzenden Grund für die den Antagonisten gemeinsame Furcht: die Ungewissheit über die Gestaltung einer künftigen Weltordnung und ihrer eigenen Rolle darin. Vor diesen Unwägbarkeiten flüchten sie in den rigorosen moralischen Maximalismus.

      Der amerikanische Publizist Robert Kagan hat in seinem Buch "Macht und Ohnmacht" den Unterschied zwischen der amerikanischen und der europäischen Weltsicht charakterisiert: Die Amerikaner seien "vom Mars", die Europäer "von der Venus". Während die USA "in der Geschichte" agierten und wüssten, dass die Anwendung von Gewalt in einer gefährlichen Welt unerlässlich sei, sonnten sich die Europäer in einem illusionären "postmodernen" Paradies des Ewigen Friedens und glaubten, alle Konflikte seien durch friedliche Verhandlungen zu lösen. Doch Kagan simplifiziert damit nicht nur die tatsächlichen Verhältnisse, er verniedlicht ungewollt die wirkliche Rolle der Europäer.

      Nehmen wir Frankreich: Ist Chirac wirklich der Friedensfreund und Gralshüter der internationalen Rechtsordnung, als der er sich in der gegenwärtigen Weltkrise inszeniert? Erinnern wir uns: Noch 1995, Chirac war gerade Staatspräsident geworden, stand Frankreich als der Weltfeind da, als welcher gegenwärtig die USA gelten; durch Deutschland ging damals sogar eine Boykottwelle gegen französische Waren und Genussmittel, wie wir sie ähnlich heute in den USA erleben. Trotz heftiger internationaler Proteste leistete sich Frankreich überirdische Atomwaffentests im Pazifik. Erst vor wenigen Monaten schickten die Franzosen Truppen in die Elfenbeinküste, um dem dortigen Bürgerkrieg Einhalt zu gebieten - und um seine Interessen zu sichern. Es ließ diese Intervention erst nachträglich von der Uno legitimieren. Für den Kosovo-Krieg, einen Waffengang, bei dem übrigens ebenfalls unschuldige Zivilisten ums Leben kamen und verletzt wurden, gab es kein UN-Mandat.

      Gerhard Schröder und Joschka Fischer feierten den Sieg über Milosevic dennoch als humanitäre Großtat. Das Risiko einer weiteren Destabilisierung der Region bestand damals durchaus. Die Befreiung des Kosovo zog dann auch unerwünschte Folgewirkungen nach sich: die Vertreibung des Großteils der serbischen Bevölkerung durch die UCK und die Krise in Mazedonien. Aber nicht einmal deshalb haben die deutschen Regierungspolitiker ihre Entscheidung für ein militärisches Eingreifen bereut - und das mit Recht.

      Nein, Amerikaner und Europäer sind sich ähnlicher, als sie wahrhaben wollen; beide haben einen Anteil von Mars und Venus in sich. Franzosen und Deutsche verfolgen, unter der Nebelwolke der moralischen Emphase, ganz handfest ihre eigenen ökonomischen und strategischen Interessen im Nahen Osten. Und die USA verbinden ihren Anspruch, die unumschränkte globale Ordnungsmacht Nummer Eins zu sein, ihrerseits mit dem hehren Ziel der Pazifizierung und Demokratisierung der ganzen Welt. Dabei scheint das Bewusstsein für das Dilemma, in dem die westlichen Demokratien seit dem Ende des Kalten Krieges stecken, verloren zu gehen.

      Einerseits will der Westen den Krieg als Mittel der Politik vom Globus verbannen. Andererseits muss er ihn wieder zunehmend als Instrument einsetzen, um jene Regime, Banden und Bewegungen auszuschalten, die das angestrebte Miteinander in einer friedlichen Staatenordnung unmöglich machen. Bis zum Kosovo- und zum Afghanistankrieg gelang es noch, aus der Einsicht in widerstreitende Prinzipien, die gleichwohl nur zusammen gedacht werden können, eine gemeinsamen Politik zu formen. Im gegenwärtigen transatlantischen Konflikt werden sie voneinander abgetrennt und verabsolutiert. Die Amerikaner erheben die militärische Gewalt zum Königsweg weltpolitischer Veränderungen und verlieren dabei aus dem Blick, dass Krieg allenfalls der Beginn einer Lösung, niemals aber die Lösung selbst sein kann. Und die Europäer instrumentalisieren die Skrupel, ohne die demokratische Nationen nicht einmal an Krieg denken dürfen, indem sie die Klage über die potenziellen Opfer des Krieges zum Argument für ihre eigene strategische Lageeinschätzung machen.

      Gäbe es diese Opfer etwa nicht, wenn ein Krieg nach europäischer Auffassung gerechtfertigt wäre? Europa versucht, den internationalen Status Quo so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, klammert sich dabei an die Geltungskraft des alten Völkerrechts - und will nicht wahrhaben, dass dessen Instrumentarien in einer Situation des weltweiten Zerfalls staatlicher Strukturen immer weniger greifen. Ganz Europa? Nein, der Kontinent ist ja in sich gespalten.

      Die jungen osteuropäischen Demokratien treibt vor allem die Furcht vor einem wieder erstarkenden Russland um, sie sehen in Amerika die Schutzmacht, die ihre Integration in ein demokratisches Europa garantieren kann. Die Südeuropäer wiederum fürchten aufgrund ihrer geografischen Lage, von Raketen mit Massenvernichtungswaffen aus dem arabischen Raum als erste getroffen zu werden und schätzen die Gefahr, die von Saddam Hussein ausgeht, deshalb wesentlich höher ein als Franzosen und Deutsche.

      Mittlerweile berauschen sich die amerikanische Führung und ihre Vordenker in den brain trusts der Politikberatung an der militärischen Überlegenheit der USA und leiten daraus die Vorstellung ab, die Welt werde auf Dauer unter ihrer erzieherischen Aufsicht am Besten gedeihen. Aber es wird sich auch in der Supermacht USA wieder die Einsicht durchsetzen, dass eine hoch komplexe Gemengelage nicht von einem einzigen Zentrum aus gesteuert werden kann. Innerhalb der Bush-Administration lassen sich einstweilen mindestens zwei Strömungen ausmachen: Die "Demokratisierer" setzen auf die Umwälzung der politischen und sozialen Verhältnisse im gesamten Nahen Osten; die "Realisten" dagegen wollen sich mit der Rolle der USA als mobile, interventionistische Weltpolizei begnügen.

      Europa aber hat sich der Aufgabe einer globalen Neuordnung noch nicht gestellt, nach wie vor setzt man auf die traditionelle Methode der Eindämmung - und verdrängt dabei zum Beispiel, dass der Balkankrieg nur eskalieren konnte, weil Europa seiner Ausbreitung zu lange tatenlos zusah. Welche Gestalt sie auch immer annehmen wird: Fest steht, dass die zukünftige Weltordnung von Aporien gekennzeichnet sein, wie wir sie aus dem Innenleben der offenen Gesellschaften des Westens kennen. Fundamentalistischer Extremismus und politisches Gangstertum sind große Bedrohungen, aber nur eine Seite der Medaille. Weltweit nimmt das Drängen zu, an den wirtschaftlichen und ideellen Errungenschaften der Globalisierung teilhaben zu dürfen. Der Wunsch nach demokratischen Rechten und nach der Beseitigung anachronistischer Despotien wächst auch im arabischen Raum. Aber er drückt sich eben keineswegs immer in prowestlichen Haltungen aus.

      Das Neben- und Durcheinander von scheinbar Unvereinbarem wird das Charakteristikum der Neuen Welt(un-)ordnung sein. Die Suche nach neuen Rechtsnormen, von denen sie zusammengehalten werden kann, geht mit dem Angriff auf den Irak in eine neue, gefährliche Phase. Nach der Methode des Trial and Error.


      DIE ZEIT 12/2003
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 16:18:33
      Beitrag Nr. 403 ()
      Irak-Krieg

      USA und Briten verzichten auf Resolution

      Die Anzeichen für einen baldigen Krieg im Irak werden immer deutlicher. Die USA und Großbritannien werden den Weltsicherheitsrat nicht zur Abstimmung über eine zweite Resolution aufrufen. Das erklärte der britische Uno-Botschafter Jeremy Greenstock in New York.

      New York - Für die Entschließung hatte sich zuvor keine Mehrheit im Uno-Sicherheitsrat abgezeichnet.

      Greenstock machte Frankreich für den Rückzug des Entwurfs verantwortlich. Die französische Regierung hatte angekündigt, ihr Veto gegen jede kriegslegitimierende Resolution einzulegen.
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 16:22:18
      Beitrag Nr. 404 ()
      Wenn die 1.Resolution reicht, wieso hat man dann überlegt eine 2. einzubringen in den Sicherheitsrat :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 16:42:19
      Beitrag Nr. 405 ()
      @Jules
      alles nur Schauspielerei, jetzt schieben sie alles den Franzosen in die Schuhe :laugh: , als hätten die Russen und wir nichts dazu beigetragen :D . war nur schleimig, wie der portugiesische Präsident sich an Bush herangeschleimt hat. tja, jeder will was vom Kuchen abbekommen. :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 16:53:14
      Beitrag Nr. 406 ()
      hi Jules,

      erstmal ein fettes merci für deinen service:)

      die koalition der selbstgerechten kriegswilligen hat es
      nicht mal mit extremer zuckerbrot- und peitschenpolitik
      geschafft, eine sogenannte moralische mehrheit im sicherheitsrat
      hin zu bekommen:D

      tja dumm gelaufen, die schuldzuweisung an die franzosen
      ist echt konkrät für den (_*_) das nimmt zuhause in U.K.
      dem kleinen radlfahrer toni blör kein schwein ab:laugh:

      ciao
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 16:59:09
      Beitrag Nr. 407 ()
      jetzt startet das Emergency cabinet meeting. würde mich nicht wundern, wenn noch heute Minister zurücktreten. Mr. Blair, wie lange halten sie sich noch :rolleyes:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:02:45
      Beitrag Nr. 408 ()
      oh, Robin Cook hat schon die Party verlassen, war das schon der erste Rücktritt?
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:06:51
      Beitrag Nr. 409 ()
      heute wackelt die Blair-Truppe, ohne zweite Resolution sieht es sehr schlecht aus. Cook hat sich aus der Hintertür aus dem STaub gemacht :D :D
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:08:58
      Beitrag Nr. 410 ()
      Born in Bellshill in February 1946, Robin Cook went to school in Aberdeen and Edinburgh.
      He read English Literature at Edinburgh University, and went on to work as a tutor, adult education organiser, and writer. He is married and has two children.

      He first entered Parliament as MP for Edinburgh Central in 1974. Since 1983 Robin
      Cook has been MP for Livingston. He has held the following posts in Parliament:
      Opposition Spokesman, Treasury and Economic Affairs 1980-83.
      Opposition Spokesman, European and Community Affairs 1983-84.
      Opposition Spokesman, Health and Social Security 1987-89. Shadow Health
      Secretary 1989-92. Shadow Trade and Industry Secretary 1992-94.
      Shadow Foreign Secretary 1994-97. Foreign Secretary 1997-2001.
      Leader of the House of Commons 2001 - .

      Robin Cook keenly follows horse-racing and has written racing columns in his spare time.

      jetzt hat er viel zeit für seine Pferderennen :D
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:19:37
      Beitrag Nr. 411 ()
      Cook ist zurückgetreten :D :D
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:28:59
      Beitrag Nr. 412 ()
      Der Mann hält sein Wort. 3 min war er in der Sitzung und dann wieder raus. Rücktritt No.1 Mr. Blair
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 17:36:45
      Beitrag Nr. 413 ()
      armes Amerika, wenn sie noch nicht mal geschafft haben ihren Nachbarn Mexico mit Einwanderungsverschärfungen für ihren neuen Resolutionsentwurft zu gewinnen. Jules, das mit der zweiten Resolution wäre ein Blindgänger geworden. Eine Abstimmungsniederlage und dann zuschlagen macht sich nicht gut, lieber den alten Wisch nehmen, der aufeinmal doch gut genug ist ;)
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 19:17:41
      Beitrag Nr. 414 ()
      Mr.Cook ist doch schneller gegangen als von mir prognostiziert. Bush soll angeblich Saddam heute nacht 48h geben, um das Land zu verlassen. :laugh: :laugh:
      dann kann man ja nochmal auf die Schuld Saddams deuten. sieht ihr, wir haben alles getan, er zwingt uns den Krieg auf :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 17.03.03 20:19:40
      !
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      Avatar
      schrieb am 17.03.03 23:30:55
      Beitrag Nr. 416 ()
      Bush bittet Australien um Teilnahme am Krieg
      Premier Howard zeigt sich bereit, der Bitte zu entsprechen: Das Kabinett in Canberra soll in den Stunden nach der Bush-Rede an die Nation darüber beraten
      Canberra - US-Präsident George W. Bush hat Australien gebeten, sich an der „Koalition der Willigen“ in einem Krieg gegen Irak zu beteiligen. Das teilte der australische Ministerpräsident John Howard am Montag in Canberra wenige Stunden vor einer Fernsehansprache Bushs mit.


      Howard sagte in einem Rundfunkinterview, sein Kabinett werde am Dienstag über die US-Bitte beraten. Australien hat bereits 2.000 Soldaten in der Golfregion stationiert, bislang aber noch nicht formell entschieden, ob es sich an einem Golfkrieg beteiligen werde.


      „Wenn das Kabinett entschieden hat, wird diese Entscheidung sofort den Vereinigten Staaten und unseren Streitkräften mitgeteilt“, sagte Howard. Er sei der Auffassung, dass ein Krieg nach den bestehenden Sicherheitsresolutionen rechtmäßig sei. Er habe kein Problem damit, Verpflichtungen gegenüber einem anderen Land nachzukommen, die in einer Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eindeutig dargelegt worden seien, sagte Howard.


      In der Resolution 1441 war dem Irak mit "ernsthaften Konsequenzen" gedroht worden, sollte das Regime in Bagdad sich weigern, der Forderung nach Entwaffnung von vermuteten Massenvernichtungswaffen nachzukommen. WELT.de/AP
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 07:44:00
      Beitrag Nr. 417 ()
      Leiste Widerstand
      von John Pilger
      ZNet 13.03.2003

      Wie sind wir an einem Punkt angelangt, an dem zwei westliche Regierungen uns in einen illegalen und unmoralischen Krieg gegen ein geplagtes Land führen, mit welchem wir keinen Streit haben und welches für uns keine Gefahr darstellt: ein Akt der Aggression der von fast jedem abgelehnt wird, dessen Scharade transparent ist.

      Wie können sie in unserem Namen ein Land angreifen, das schon seit 12 Jahren von einem Embargo welches sich hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung wendet, von welcher 42% Kinder sind, schwer getroffen wird, einer mittelalterlichen Belagerung welche mindestens einer halben Million Kinder das Leben nahm und vom früheren humanitären Koordinator für den Irak der Vereinten Nationen als genozidähnlich beschrieben worden ist.

      Wie können jene die behaupten "Liberale" zu sein ihre Entblößung und Schande verbergen, während sie ihre Unterstützung für den von George Bush vorgeschlagenen Abschuss von 800 Raketen in zwei Tagen als "Befreiung" rechtfertigen? Wie können sie Studien der Vereinten Nationen ignorieren, welche zeigen, dass einige 500.000 Menschen in Gefahr sein werden. Hören sie nicht ihr eigenes Echo in den berühmten Worten des amerikanischen Generals welcher von einem vietnamesischen Dorf, das er gerade dem Erdboden gleich gemacht hat, sagte: "Wir mussten es zerstören um es zu retten"?.

      "Wenige von uns", schrieb Arthur Miller einst, "können unseren Glauben, dass die Gesellschaft irgendwie Sinn machen muss einfach aufgeben. Der Gedanke, dass der Staat seinen Verstand verloren hat und so viele unschuldige Menschen straft ist unerträglich. Und so müssen die Beweise im Kopf geleugnet werden".

      In unserer Zeit trifft Millers scharfsinnige Bemerkung auf eine Minderheit von Kriegsführern und Apologeten zu. Seit dem 11. September 2001 ist das Gewissen der Mehrheit stärker geworden. Das Wort "Imperialismus" ist von der Abteilung Agitprop gerettet worden und in den normalen Sprachgebrauch zurückgekehrt. Der amerikanische und britische Raub der irakischen Ölfelder, historischen Vorgängern folgend, wird sehr gut verstanden. Die falschen Wahlmöglichkeiten des kalten Krieges sind offensichtlich, und Millionen von Menschen machen sich wieder einmal bemerkbar. Mehr und mehr von ihnen sehen die amerikanische Macht jetzt, wie Mark Twain schrieb, "mit ihrem Banner des Prinzen des Friedens in der einen Hand und ihrem Plünderkorb und Schlächtermesser in der anderen".

      Was Hoffnung macht ist der scheinbar verschwindende Abstieg des "Anti-Amerikanismus" als ein anerkanntes Mittel um Erkennung und Analyse des amerikanischen Imperialismus zu unterdrücken. Intellektuelle Treueschwüre, ähnlich jenen die im Dritten Reich aktuell waren, funktionieren nicht länger. In Amerika selbst füllen nun viel zu viele Antiamerikaner die Straßen: jene welche Martha Gellhorn die "lebensrettende Minderheit" nannte, welche "ihre Regierung in moralischen Begriffen beurteilt, welche Menschen mit einem wachen Bewusstsein sind auf die man sich verlassen kann".

      Vielleicht wird nun der Amerikanismus als Ideologie das erste Mal seit den späten 40ern wieder mit denselben Begriffen wie jede andere habgierige Machtstruktur identifiziert; und wir können Bush und Dick Cheney und Donald Rumsfeld und Condoleezza Rice dafür danken, obwohl ihre Akte internationaler Gewalt noch nicht jene vom "Liberalen" Bill Clinton übertroffen haben. "Meine Vermutung", schrieb Norman Mailer kürzlich, "ist dass, ob man es mag oder nicht, oder will oder nicht, wir in einen Krieg ziehen werden weil das die einzige Lösung ist, die Bush und Cheney und seine Leute sehen können. Der trübselige Ausblick der sich eröffnet, ist daher, dass Amerika eine Mega-Bananen-Republik wird, in welcher die Armee eine immer größere Wichtigkeit in unseren Leben haben wird. Und bevor alles vorüber ist wird die Demokratie, erhaben und zerbrechlich wie sie ist, verschwinden ... Tatsächlich ist die Demokratie ein besonderer Zustand, und wir werden aufgerufen sein diesen in den kommenden Jahren zu verteidigen. Das wird ein außerordentlich schwierig, weil die Zusammenarbeit der Korporationen, des Militärs und der ganzen Investitur der Flagge mit ihren Spielen für Zuschauermassen, bereits eine vor-faschistische Atmosphäre in Amerika geschaffen hat.

      In der Militärplutokratie welcher der amerikanische Staat ist, mit ihrem nicht gewähltem Präsidenten, ihrem käuflichem obersten Gericht, dem stillen Kongress, der verwässerten Bill of Rights und den gehorsamen Medien, macht Mailers "vor-faschistische Atmosphäre" sehr viel Sinn. Der amerikanische Dissident und Autor William Rivers Pitt verfolgt dies weiter. "Kritiker der Bushverwaltung", schrieb er, "spielen mit dem Wort ‚Faschist` wenn sie von George sprechen. Das Bild welches dieses Wort aufruft ist das von Nazi Sturmtruppen die in Einigkeit für Hitlers Endlösung marschieren. Das trifft so nicht zu. Es ist besser, was dies betrifft, die Bush Verwaltung durch die Augen von Benito Mussolini zu betrachten. Genannt ‚der Vater des Faschismus`, definierte Mussolini das Wort in einer viel treffenderen Art. ‚Faschismus`, sagte er, ‚sollte viel eher Korporatismus genannt werden, da es eine Vereinigung von staatlicher und korporativer Macht ist.`".

      Bush selbst zeigte am 26. Februar ein dahingehendes Verständnis, als er beim jährlichen Abendessen des American Enterprise Institute sprach. Er zollte "einigen der edelsten Denkern unserer Nation" Tribut, welche "an einigen der schwierigsten Herausforderungen für unsere Nation arbeiten. Sie machen so gute Arbeite, dass meine Verwaltung 20 derartige Denker ausgeborgt hat. Ich will Ihnen für diesen Dienst danken".

      Diese "20 derartige Denker" sind Krypto-Faschisten ganz nach der Definition von William Pitt Rivers. Das Institut ist Amerikas größte, wichtigste und reichste "Gedankenfabrik" ["Think-Tank"]. Ein typisches Mitglied ist John Bolton, Untersekretär für Rüstungsbeschränkung, der Bush Beamte welcher am meisten für den Abbau des Anti-Ballistic Missile Treaty von 1972 verantwortlich ist, von welchem man wohl behaupten kann, dass es das wichtigste Rüstungsbeschränkungsabkommen des späten 20. Jahrhunderts ist. Die stärksten Bindungen hat das Institut mit dem extremen Zionismus und dem Regime von Ariel Sharon. Letzten Monat war Bolton in Tel Aviv um Sharons Meinung darüber zu hören, welches Land in der Region nach dem Irak angegriffen werden sollte. Für die Expansionisten die Israel regieren ist der große Preis nicht so sehr die Eroberung des Iraks, sondern die des Irans. Ein beachtlicher Teil der israelischen Luftwaffe ist bereits in der Türkei stationiert, in Sichtweite des Iran, und wartet auf einen amerikanischen Angriff.

      Richard Perle ist der Star des Instituts. Perle ist der Vorsitzende des mächtigen Defence Policy Boards des Pentagon, und der Autor der wahnsinnigen Politik des "Totalen Kriegs" und der "Kreativen Zerstörung". Wobei letztere dazu gedacht ist den Nahen Osten endgültig zu unterwerfen, beginnend mit der 90 Billionen Dollar Invasion des Iraks.

      Perle half dabei mit eine andere krypto-faschistische Gruppe zu gründen, das Projekt für das Neue Amerikanische Jahrhundert. Unter den anderen Gründern sind der Vizepräsident Cheney, der Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und der Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz. Der "Missionsbericht" des Instituts, Der Wiederaufbau der Amerikanischen Verteidigung: Strategie, Streitkräfte und Ressourcen für ein neues Jahrhundert, ist ein ungenierter Plan für die Eroberung der Welt. Und bevor Bush an die Macht kam empfahl es eine Erhöhung des Militärbudgets um 48 Milliarden Dollar, so dass Amerika "gleichzeitig mehre größere Kriege führen kann". Das ist geschehen. Er besagt, dass die nukleare Kriegsführung die Priorität erhalten sollte die sie verdient. Das ist geschehen. Er besagt, dass der Irak ein primäres Ziel sein sollte. Und so ist es. Und er schob das Thema der "Massenvernichtungswaffen" Saddam Husseins als praktische Ausrede beiseite, was es auch ist.

      Dieser Leitfaden, geschrieben von Wolfowitz, übergibt die Verantwortung zur Erstellung einer "Neuen Ordnung" im nahen Osten dem Pentagon, unter unhinterfragte Autorität der USA. Ein "befreiter" Irak wird geteilt und beherrscht, wahrscheinlich von drei amerikanischen Generälen; und nach einem furchtbaren Angriff, als Schock und Ehrfurcht bekannt sein.

      Vladimier Slipchenko, einer der führenden Militäranalysten der Welt, sagt, dass das Testen neuer Waffen ein "Hauptmotiv" beim Angriff des Iraks ist. "Niemand sagt irgendetwas darüber", bemerkte er letzten Monat. "Im Mai 2001 sprach Bush in seiner ersten Ansprache als Präsident über die Notwendigkeit der Vorbereitung für zukünftige Kriege. Er betonte, dass die Streitkräfte am letzten Stand der Technik sein müssen, und fähig sein müssen Austragungen in der Kein-Kontakt Methode durchzuführen. Nach einer langen Serie von Experimenten in der Realität - 1999 im Irak, in Jugoslawien, in Afghanistan - bekamen viele Korporationen riesige Profite. Inzwischen ist der Gewinn unterm Strich etwa 50 bis 60 Milliarden Dollar pro Jahr."

      Er sagt, dass die Amerikaner abgesehen von neuen Typen von Clusterbomben und Cruisemissiles, ihre ungetestete Pulsbombe testen werden, welche als Mikrowellenbombe bekannt ist. Jede entlädt zwei Megawatt Strahlung, welche auf der Stelle jede Kommunikation, Computer, Radios und sogar Hörgeräte und Herzschrittmacher außer Betrieb setzt. "Stell dir vor, dein Herz explodiert!", sagte er.

      In der Zukunft wird dieser Pax Americana mit atomaren, biologischen und chemischen Waffen gesichert werden, welche "präventiv" genutzt werden, sogar in Konflikten welche nicht direkt mit US Interessen zu tun haben. Im August wird die Bush Verwaltung ein geheimes Treffen in Omaha, Nebraska abhalten, um den Bau einer neuen Generation von Atombomben zu besprechen, auch "Mini-Atombomben", "Bunker-Brecher" und Neutronenbomben. Generäle, Regierungsminister und Nuklearwissenschaftler werden auch die angemessene Propaganda besprechen, um die amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit der neuen Waffen zu überzeugen.

      So sieht Mailers vor-faschistischer Staat aus. Wenn Appeasement heute irgendeine Bedeutung hat, dann hat es wenig mit einem regionalen Diktator sondern viel mehr mit den offensichtlich gefährlichen Männern in Washington zu tun. Es ist unglaublich wichtig, dass wir ihre Ziele und ihren Grad an Rücksichtslosigkeit verstehen. Ein Beispiel: Dem General Pervez Musharraf, dem pakistanischen Diktator, ist es letztes Jahr von Washington bewusst erlaubt worden bis an den Rand eines Atomkrieges mit Indien zu kommen - und weiterhin Nordkorea mit nuklearer Technologie zu versorgen - weil er sich bereit erklärte al-Quaeda Führer auszuliefern. An einem anderen Tag, hat John Howard, der australische Premierminister und Sprachrohr von Washington, Musharraf - den Mann der beinahe den Westen Asiens in die Luft sprengte - für seine "persönliche Courage und außergewöhnliche Führerschaft zu loben".

      1946 sagte Richter Robert Jackson, der Hauptankläger in Nürnberg: "Die Essenz der Nürnberg-Charta ist, dass Individuen internationale Pflichten haben, welche ihre nationalen Verpflichtung zur Gehorsamkeit dem Staate gegenüber überschreiten."

      Jetzt wo der Angriff auf den Irak beinahe sicher ist, haben die Millionen welche die Straßen Londons und anderer Hauptstädte am Wochenende des 15.-16. Februars füllten, und die Millionen welche sie anfeuerten, jene überschreitenden Pflichten. Der Bush-Gang und Tony Blair dürfen nicht erlaubt werden den Rest von uns mit ihren Besessenheiten und Kriegsplänen gefangen zu nehmen. Die Spekulation über die politische Zukunft Blairs ist belanglos; er und der robotische Jack Straw und Geoff Hoon müssen jetzt gestoppt werden, aus den auf diesen Seiten lange dargelegten Gründen, und auf hundert anderen Plattformen.

      Und nebenbei bemerkt sollte niemand von den letzten opportunistischen Possen [der Labour-Parlamentarierin] Clare Short abgelenkt werden, deren Routine-Anspielungen auf "Rebellion", welche von ihrer voraussehbaren Untätigkeit gefolgt werden, Blair dabei geholfen haben die Zeit zu gewinnen die er will um die UNO zu unterminieren.

      Es gibt jetzt nur eine gute Art des Widerstandes: Das ist ziviler Ungehorsam, welcher dazu führt was die Polizei zivile Unruhe nennt. Und letztere wird von undemokratischen Regierungen jedes Schlags gefürchtet.

      Die Revolte hat schon begonnen. Im Jänner haben schottische Zugfahrer sich geweigert Munition zu transportieren. In Italien haben Menschen dutzende Züge welche amerikanische Waffen und Personal transportierten blockiert, und Hafenarbeiter haben sich geweigert Waffenlieferungen aufzuladen. Militärbasen der USA sind in Deutschland blockiert worden und Tausende haben bei der Shannon-Basis demonstriert, welche trotz Irlands Neutralität dazu genutzt wird um Flugzeuge auf ihrem Weg in den Irak aufzutanken.

      "Wir sind eine Gefahr geworden, aber können wir sie verwirklichen?" fragen Jessica Azulay und Brian Dominick von der amerikanischen Widerstandsbewegung. "Politiker debattieren gerade eben ob sie unseren Widerspruch beachten müssen, oder nicht. Jetzt müssen wir ihnen klar zeigen, dass es politische und wirtschaftliche Auswirkungen haben wird, wenn sie sich entscheiden uns zu ignorieren".

      Meine eigene Sichtweise ist, dass wenn die Widerstandsbewegung sich als Weltmacht, als Ausdruck eines wahren Internationalismus, sieht, der Erfolg kein Traum bleiben braucht. Das hängt davon ab wie weit Menschen zu gehen bereit sind. Die junge weibliche Angestellte des ist Cloucestershire ansässigen und streng geheimen Government Communications Headquarters (GCHQ), welche diesen Monat dafür angeklagt worden ist Informationen über die schmutzigen Tricks und Operationen Amerikas gegen die Mitgliedern des Sicherheitsrates enthüllt zu haben, zeigt uns die notwendige Courage.

      Inzwischen sind die neuen Mussolinis auf ihren Balkonen, mit ihren virtuosen Redeschwallen und leidenschaftlicher Unehrlichkeit. Dazu reduziert, in einem aussichtlosen Versuch uns zum Schweigen zu bringen, mit ihren Fingern zu drohen, sehen sie zum ersten mal Millionen von uns, wissend und fürchtend, dass wir nicht zum Schweigen gebracht werden können.

      znet
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 10:21:27
      Beitrag Nr. 418 ()
      Feldzug gegen Saddam

      Bush erhält Unterstützung aus Tokio und Warschau

      Während die Mehrheit der Uno-Mitglieder einen Krieg gegen den Irak ablehnt, kündigen einzelne Regierungen Unterstützung für George W. Bush an. Der japanische Ministerpräsident Koizumi glaubt, die Entscheidung Bushs sei unvermeidlich gewesen, Polens Staatspräsident Kwasniewski genehmigte einen Militäreinsatz an der Seite der USA.

      Tokio/Warschau - Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi brachte sein Verständnis für das harte Vorgehen der USA im Irak-Konflikt zum Ausdruck. Er glaube, dass US-Präsident Bush eine "schmerzhafte Entscheidung" getroffen habe, sagte Koizumi nach Bushs 48-Stunden-Ultimatum an den Irak. "Ich denke, die Entscheidung war unvermeidlich. Japan unterstützt die USA", sagte Koizumi Reportern. Noch sei eine friedliche Lösung möglich. Die Entscheidung aber liege beim irakischen Präsidenten Saddam Hussein.

      Unterdessen sprach sich der Vorsitzende der nationalen Sicherheitskommission in Japan, Sadakazu Tanigaki, für verstärkte Sicherheitsmaßnahmen an den US-Militäreinrichtungen in Japan aus. Ein Großteil des US-Militärs ist auf der südlichen Insel Okinawa stationiert. Mitglieder des japanischen Kabinetts zeigten sich entschlossen, Terroranschläge im Zuge des Krieges zu verhindern. Industrieminister Takeo Hiranuma will nach eigenen Angaben zudem eine stabile Öl- und Energieversorgung sicherstellen.

      Japans Gesundheitsminister Chikara Sakaguchi von der Koalitionspartei Komeito, bekannt für ihre pazifistischen Ansichten, deutete nach Medienberichten an, dass Japan keine andere Wahl habe, als die USA im Irak-Konflikt zu unterstützen und wies dabei auf die Krise um das Atomwaffenprogramm Nordkoreas hin. Japan könne sich nicht gegen die USA stellen, während es in der Nordkorea-Frage auf die USA angewiesen sei. Sakaguchi bekräftigte aber seine Ansicht, wonach eine Uno-Resolution für einen Krieg gegen den Irak notwendig sei.

      Der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski genehmigte indes den Militäreinsatz polnischer Soldaten im Rahmen der US-Koalition gegen den Irak. Nach einer Sondersitzung der polnischen Regierung erlaubte Kwasniewski in der Nacht den Militäreinsatz. Die Genehmigung gilt von diesem Dienstag bis 15. September, sagte Kwasniewski.

      Zugleich betonte das polnische Staatsoberhaupt vor Journalisten, es sei noch nicht zu spät für eine diplomatische Lösung. Der Einsatz polnischer Soldaten sei auf rund 200 Spezialisten begrenzt. Ministerpräsident Leszek Miller sagte, die polnischen Truppen würden vor allem für Logistik und zur Unterstützung der Alliierten eingesetzt.
      Avatar
      schrieb am 18.03.03 10:25:04
      Beitrag Nr. 419 ()
      Türkei

      Neue Abstimmung über US-Stationierung

      Der neue türkische Ministerpräsident Erdogan macht Druck: Nach weiteren Finanzzusagen der USA will er voraussichtlich heute das Parlament zu einer neuen Abstimmung über die geplanten Stationierung von 62.000 US-Soldaten für einen Irak-Krieg bewegen.


      DPA

      Recep Tayyp Erdogan: Doch Zugang für US-Soldaten?


      Ankara - Dies gab Regierungssprecher Abdullatif Sener am frühen Dienstagmorgen in Ankara bekannt.

      In einer außerordentlichen Sitzung am Dienstag wird die Regierung über die Angelegenheit beraten. Zur Abstimmung werde es dann möglicherweise am Mittwoch kommen. Zunächst war davon die Rede gewesen, dass die Abgeordneten bereits am Dienstag votieren könnten.

      Anfang März hatte sich das Parlament in Ankara trotz hoher Finanzzusagen der USA mit äußerst knapper Mehrheit gegen diese Militärpräsenz ausgesprochen. Der neue türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bisher immer betont, eine neue Resolution über diese Frage werde dem Parlament frühestens Freitag vorgelegt werden. Auf Grund der sich zuspitzenden Entwicklung im Irak-Konflikt sei diese Entscheidung offenkundig vorgezogen worden, hieß es in Ankara.

      Nach einem Bericht des privaten Fernsehsenders NTV erklärte US- Außenminister Colin Powell seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül in einem Telefongespräch am Montagabend, bei einem positiven Votum innerhalb der nächsten beiden Tage, werde es Finanzleistungen der USA geben. Washington hatte Hilfen in einem Gesamtvolumen von 30 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt.

      Die erforderliche absolute Mehrheit wurde bei der ersten Abstimmung um vier Stimmen verfehlt. Für den Regierungsantrag hatten 264 Abgeordnete gestimmt, 250 votierten dagegen. Nötig wären 268 Ja- Stimmen der anwesenden Abgeordneten gewesen.

      Ungeachtet des Neins des Parlaments hatten die US-Streitkräfte ihre militärischen Vorbereitungen fortgesetzt. Im Mittelmeerhafen Iskenderun wurden Schiffe entladen und Militärgüter in den Südosten der Türkei transportiert.
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      schrieb am 18.03.03 10:28:09
      Beitrag Nr. 420 ()
      Dienstag, 18. März 2003
      Letzte Frist für Saddam Hussein
      Rede des US-Präsidenten

      US-Präsident Bush hat dem irakischen Machthaber Saddam Hussein in der Nacht zum Dienstag ein 48-Stunden-Ultimatum gestellt: Er müsse das Land verlassen, anderenfalls riskiere er einen Angriff der USA. Auszüge aus der Rede von US-Präsident Bush (in einer dpa-Übersetzung):

      "Die Vereinigten Staaten von Amerika haben das souveräne Recht, Gewalt einzusetzen, um ihre nationale Sicherheit zu garantieren. Diese Pflicht fällt auf mich, den Oberbefehlshaber, durch den Eid, den ich geschworen habe, durch den Eid, den ich halten werde."

      "Eine breite Koalition bildet sich nun, um die gerechten Forderungen der Welt durchzusetzen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist seiner Verantwortung nicht gerecht worden, deshalb werden wir der unseren gerecht."

      "All die Jahrzehnte der Täuschungen und Grausamkeiten kommen zu ihrem Ende. Saddam Hussein und seine Söhne müssen den Irak binnen 48 Stunden verlassen. Sollten sie sich weigern, zieht dies einen militärischen Konflikt nach sich, der zu einem Zeitpunkt unserer Wahl beginnt."

      "Viele Iraker können mich heute Abend in einer Rundfunkübertragung übersetzt hören, und ich habe eine Botschaft für sie (...). In einem freien Irak wird es keine Aggressionskriege gegen seine Nachbarn mehr geben, keine Giftfabriken, keine Hinrichtungen von Dissidenten, keine Folterkammern und keine Vergewaltigungsräume. Der Tyrann wird bald verschwunden sein."

      "Es ist zu spät für Saddam Hussein, an der Macht zu bleiben. Für das irakische Militär ist es noch nicht zu spät, ehrenhaft zu handeln und das Land zu schützen, indem es die Koalitionstruppen friedlich hineinläßt (...). Und alle irakischen Militärs und Beamte sollten bei dieser Warnung genau hinhören. Bei jedem Konflikt wird Ihr Schicksal von Ihren Handlungen abhängen. Zerstören Sie keine Ölquellen (...). Befolgen Sie keinen Befehl zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen irgendjemanden, auch nicht gegen das irakische Volk."

      "Kriegsverbrechen werden verfolgt werden. Kriegsverbrecher werden bestraft. Und es ist keine Entschuldigung zu sagen, "ich habe nur Befehle befolgt".

      "Aus Verzweiflung könnten er (Saddam) und Terroristengruppen versuchen, terroristische Operationen gegen das amerikanische Volk und unsere Freunde zu verüben. Diese Angriffe sind nicht unausweichlich. Sie sind allerdings möglich. Und diese Tatsache untermauert die Gründe dafür, warum wir nicht unter der Drohung einer Erpressung leben können. Die terroristische Bedrohung Amerikas und der Welt wird in dem Augenblick verringert sein, in dem Saddam Hussein entwaffnet ist."

      "Die Sache des Friedens zwingt alle freien Nationen dazu, neue und unbestreitbare Realitäten anzuerkennen. Im 20. Jahrhundert haben einige sich dafür entschieden, mörderische Diktatoren zu beschwichtigen, und ließen es zu, dass deren Drohungen zu Völkermord und globalem Krieg wachsen konnten. In diesem Jahrhundert, in dem böse Männer chemischen, biologischen und nuklearen Terror planen, kann eine Beschwichtigungspolitik zu einer Zerstörung führen, wie sie auf dieser Erde niemals zuvor gesehen wurde.

      "Terroristen und Terrorstaaten enthüllen diese Drohungen nicht mit angemessener Frist, in förmlichen Erklärungen - und solchen Feinden zu antworten, nachdem sie zugeschlagen haben, ist keine Selbstverteidigung, es ist Selbstmord."

      "Die Sicherheit der Welt erfordert es, Saddam Hussein jetzt abzurüsten. Indem wir (Irak) die gerechten Forderungen der Welt aufzwingen, werden wir auch den tiefsten Verpflichtungen unseres Landes gerecht. Anders als Saddam Hussein glauben wir, dass das irakische Volk die menschliche Freiheit verdient und ihrer fähig ist. Und wenn der Diktator abgetreten ist, kann es ein Beispiel setzen für den ganzen Nahen Osten als ein vitales, friedliches und sich selbst regierendes Land. Die USA werden mit anderen Ländern daran arbeiten, Freiheit und Frieden in der Region ranzubringen. Unser Ziel wird nicht über Nacht erreicht werden, aber es ist mit der Zeit möglich."
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      schrieb am 18.03.03 10:53:32
      Beitrag Nr. 421 ()
      "Die Sünden der USA"
      Warum US-Bürger zur Zielscheibe der Terroristen wurden. Von Robert Bowman*

      Im Folgenden dokumentieren wir einen Brief des US-amerikanischen Erzbischofs Robert Bowman an Präsident Bush. Abgedruckt ist er in einer deutschen Übersetzung in der kritischen Monatszeitschrift "Publik Forum".


      Herr Präsident, bitte sagen Sie dem Volk die Wahrheit über den Terrorismus. Wenn die falschen Vorstellungen über den Terrorismus nicht ausgeräumt werden, wird die Bedrohung fortdauern und uns am Ende komplett vernichten.

      Die Wahrheit ist, dass keine von unseren tausenden Atomwaffen uns vor dieser Gefahr beschützen kann. Auch Systeme wie Krieg der Sterne egal wie fortgeschritten sie sind und wie viele Milliarden Dollar für sie hinausgeschmissen werden werden uns nicht vor einer Atomwaffe schützen können, die mit einem Schiff, einem Flugzeug, in einem Koffer oder einem Mietauto hierher transportiert wird. Keine Waffe Ihres umfangreichen Arsenals und kein Cent der 270 Milliarden Dollar, die jedes Jahr in den so genannten Verteidigungshaushalt fließen, kann eine terroristische Bombe verhindern. Das ist eine militärische Tatsache.

      Herr Präsident, Sie haben dem amerikanischen Volk nicht die Wahrheit gesagt, als Sie erklärten, Afghanistan und der Sudan müssten bombar- diert werden. Sie sagten, wir seien Zielscheibe des Terrorismus, weil wir die Demokratie, die Freiheit und die Menschenrechte in der Welt verteidigen. Was für eine Absurdität. Wir sind Zielscheibe des Terrorismus, weil unsere Regierung in weiten Teilen der Welt Diktatur, Sklaverei und menschliche Ausbeutung verteidigt. Wir sind Zielscheibe der Terroristen, weil wir gehasst werden.

      In wie vielen Ländern haben Agenten unserer Regierung demokratisch gewählte Repräsentanten beseitigt und sie durch Militärdiktatoren ersetzt willfährige Marionetten, die bereit sind, ihr Volk an die multinationalen Konzerne zu verkaufen? Wir haben dies im Iran getan, als die Marines und die CIA Mossadegh absetzten, weil er die Absicht hatte, die Erdölversorgung zu verstaatlichen. Wir ersetzten ihn durch den Schah Reza Palehvi, bewaffneten, trainierten und bezahlten seine gehasste Nationalgarde Savak. Diese versklavte und terrorisierte das iranische Volk, um die Finanzinteressen unserer Mineralölkonzerne zu schützen. Ist es nach all dem schwer sich vorzustellen, dass es im Iran Menschen gibt, die uns hassen? Das Gleiche haben wir in Chile und in Vietnam getan. Und es ist nicht allzu lange her, dass wir es im Irak versucht haben.

      Ist es nicht offensichtlich, wie viele Male wir es in Nicaragua und anderen lateinamerikanischen Republiken getan haben? Nach und nach haben wir die demokratischen Regierungen ersetzt, welche die Reich- tümer des Landes unter ihrem Volk aufteilen wollten, das sie schuf. Wir haben sie gegen blutrünstige Tyrannen ausgetauscht, die ihr eigenes Volk verkaufen, um ihre Privatkonten zu vergrößern. Das erreichten wir durch Bezahlung üppiger Bestechungsgelder, bis die Reichtümer dieser Länder von Konzernen wie Sugar, United Fruits Company oder Folger ausgebeutet werden konnten.

      In einem Land nach dem anderen hat unsere Regierung die Demokratie durch die Diktatur ersetzt. Und deshalb werden wir auf der ganzen Welt gehasst. Und deshalb sind wir Zielscheibe der Terroristen. Das kanadische Volk genießt Demokratie, Freiheit und Menschenrechte ebenso wie das norwegische oder schwedische. Haben Sie jemals davon gehört, dass die Botschaften dieser Länder bombardiert wurden? Wir werden nicht gehasst, weil wir die Demokratie, Freiheit und Menschen- rechte praktizieren. Wir werden gehasst, weil unsere Regierung den Ländern der Dritten Welt diese Prinzipien verweigert, da ihre Ressourcen unseren multinationalen Konzernen Appetit machen. Dieser Hass, den wir gesät haben, wendet sich nun gegen uns in Form des Terrorismus und in Zukunft möglicherweise auch in Form des nuklearen Terrorismus.

      Sobald wir aber einmal die Wahrheit über die Existenz seiner Bedrohung und seine Voraussetzungen gesagt haben, wird auch die die Lösung des Problems offensichtlich: Wir müssen unsere Praxis ändern. Wir müssen uns unserer Waffen entledigen (unilateral, wenn notwendig), was unsere Sicherheit verbessern wird. Ein drastischer Wechsel in unserer Außen- politik wird ebenfalls der Sicherheit dienen. Anstatt unsere Söhne und Töchter durch die ganze Welt zu schicken, anstatt Araber zu töten, damit wir das Erdöl unter ihren Wüsten ausbeuten können, sollten wir sie dorthin schicken, um deren Infrastrukturen aufzubauen, sie mit Trinkwasser zu versorgen und die ausgehungerten Kinder zu ernähren. Anstatt tagtäglich tausende irakische Kinder mit unseren Wirtschafts- sanktionen zu töten, sollten wir den Irakern helfen, ihre Elektrizi- tätswerke und Wasseraufbereitungsanlagen, ihre Krankenhäuser und alle anderen Strukturen wieder aufzubauen, die wir zerstört haben. Statt Rebellion, Destabilisierung und Mord zu unterstützen, sollten wir die CIA auflösen und das dafür verschwendete Geld Hilfsorganisationen zukommen lassen.

      Zusammenfassend heißt das: Wir sollten gut sein statt böse sein. Wer würde uns dann hassen? Wer wollte uns dann bombardieren? Dies ist die Wahrheit, Herr Präsident. Und es ist nötig, dass das amerikanische Volk sie hört.

      Der Autor ist Erzbischof der Vereinigten Katholischen Kirche in Melbourne Beach, Florida. Er war Armee Oberst und flog im Vietnamkrieg über 100 Einsätze. Veröffentlicht in "Publik-Forum", 2003. Übersetzung: Sebastian Pflugbeil.
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      schrieb am 18.03.03 13:02:59
      Beitrag Nr. 422 ()
      Auf der Suche nach sicherem Öl blicken die USA nach Afrika
      von Keith Somerville
      Bei Treffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Bush und den Präsidenten von elf afrikanischen Ländern hat aller Wahrscheinlichkeit nach die Ölfrage in Verbindung mit dem Irak ganz oben auf der Tagesordnung gestanden.

      Die meisten Staaten, die am Treffen teilgenommen haben, sind entweder bereits Ölproduzenten oder in Forschungen zur Ausweitung der Ölförderung in der Region einbezogen. Die Treffen kommen zu einem Zeitpunkt, da die Vereinigten Staaten - angesichts der wachsenden Spannungen im Nahen Osten als Reaktion auf die amerikanische Politik - nach alternativen Quellen der Ölversorgung suchen, die ausserhalb des Nahen Ostens liegen. Die USA sind während des letzten Jahrzehnts zunehmend abhängiger von ausländischem Öl geworden - sie importieren etwa zwei Drittel des inländischen Bedarfs. Da ein Grossteil des nach Amerika importierten Öls aus der Golfregion oder dem Nahen Osten stammt, befürchten die USA, dass ihre Versorgung von negativen arabischen Reaktionen auf eine amerikanische Militäraktion gegen den Irak betroffen sein könnte.

      In den letzten Jahren haben die USA mehr und mehr Öl aus dem subsaharischen Afrika importiert, vor allem aus Nigeria und Angola. Präsident Bush hat sich zweimal mit afrikanischen Führern getroffen, von denen die meisten aus West- und Zentralafrika stammen. Es wurde ein breites Spektrum von Problemen diskutiert, die von Korruption und Investitionen zur Aidsbekämpfung bis zur Lösung von Konflikten reichten. Dabei wird Bush jedoch die Ölfrage immer im Hinterkopf gehabt haben.

      Ölquellen in Nicht-Opec-Ländern
      Die USA importieren täglich mehr als 8,5 Millionen Barrel Öl. Fast zwei Drittel der Importe kommen aus Saudi-Arabien und Kuwait in der Golf-Region sowie aus Algerien.

      Die Economist Intelligence Unit hat gewarnt, dass im Falle eines Angriffs auf den Irak die ölproduzierenden Länder des Nahen Ostens «sich zusammenschliessen würden, um die Ölproduktion zu drosseln», wodurch das Angebot weltweit sinken und die Preise drastisch steigen würden.

      Mitglieder der Organisation der ölproduzierenden Länder (Opec) könnten davon auch betroffen sein, wenn nämlich die saudische, algerische, venezolanische und nigerianische Ölförderung unterbunden würde.

      Daher suchen die USA nach Ölquellen in anderen Teilen der Welt. Die meisten afrikanischen Ölproduzenten, vor allem Angola, Gabun, Äquatorialguinea, Kongo-Brazzaville und Kamerun, sind keine Opec-Mitglieder.

      Im subsaharischen Afrika befindet sich eine der am schnellsten wachsenden Ölbranchen der Welt. Nigeria, Angola, Gabun, Äquatorialguinea und Kongo-Brazzaville weiten ihre Produktion zurzeit aus; Tschad, Kamerun und Sudan befinden sich auf Aufholkurs.

      Ein Think tank der amerikanischen Regierung, der National Intelligence Council, schätzt, dass die westafrikanischen Ölexporte in etwas mehr als einem Jahrzehnt etwa 25% des US-Importbedarfs ausmachen werden. Der jetzige Anteil beträgt 16%.

      Afrika im Visier
      Angola steht im Mittelpunkt des Ölbooms. Seine Produktion ist von 722000 Barrel pro Tag im Jahr 2001 auf 930000 in diesem Jahr angestiegen. Bis 2020 wird erwartet, dass die Fördermenge 3,28 Millionen Barrel erreicht. Das nigerianische Fördervolumen wird sich bis 2020 auf 4,4 Millionen Barrel verdoppeln. Länder wie Äquatorialguinea, der Tschad und der Sudan, die im Moment noch zu den kleinen Ölproduzenten gehören, könnten ihre Produktion mehr als verdreifachen.

      Ausserdem wurde bestätigt, dass das Projekt einer Tschad-Sudan-Ölpipeline mit der Unterstützung der Weltbank zustande kommt. Die amerikanischen Konzerne Exxon und Chevron sind die wichtigsten Partner in dem Plan, Öl aus dem Tschad in die Atlantikhäfen Kameruns zu pumpen.

      Der Regierungschefs von Tschad, Kongo-Brazzaville, Kamerun und Gabun waren beim Treffen mit Präsident Bush zugegen.

      Nach dem Johannesburger Gipfel für nachhaltige Entwicklung machte US-Aussenminister Powell einen Zwischenhalt in Angola und Gabun, wobei die Ölfrage im Vordergrund stand.

      Sicherheit und Öl
      Die USA sind aber nicht nur daran interessiert, Öllieferanten zu finden. Sie wollen vor allem erreichen, dass die Versorgung auch sicher ist vor politischen Entscheidungen, aber auch vor der Gefahr militärischer Angriffe.

      Washingt on führt bereits mit São Tomé e Príncipe, dem Inselstaat vor der Westküste Afrikas, Verhandlungen über die Errichtung eines Marinestützpunktes.

      Auch der Präsident von São Tomé, Fradique de Menezes, traf George W. Bush am Freitag. Im Vorfeld der Gespräche mit Bush hat Präsident de Menezes bestätigt, dass es um die Stärkung der Sicherheit in Westafrika gehen würde.

      Der Präsident von Kongo-Brazzaville, Denis Sassou-Nguesso, äusserte, dass amerikanische Firmen sehr erfreut über ihre wachsende Beteiligung an der westafrikanischen Ölindustrie seien. Allerdings wollte er nicht sagen, ob die USA den Golf von Guinea als Alternative zum Persischen Golf betrachteten.

      Einige amerikanische Politiker äusserten sich etwas offenherziger. Ed Royce, Republikaner und Vorsitzender des Afrika-Unterausschusses des amerikanischen Repräsentantenhauses, ist enthusiastisch über das afrikanische Öl. «Beim westafrikanischen Öl gibt es nicht diese strategischen Probleme wie im Fall von anderen Ländern. Unsere politischen Beziehungen mit den afrikanischen Ölproduzenten sind prinzipiell gut. Und wenn es dazu führte, dass unsere Abhängigkeit von einem gewissen Teil der Erde geringer würde, dann wäre das gut so.»

      Übersetzung Zeit-Fragen

      Quelle: BBC News online vom 13.9.2002
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      schrieb am 18.03.03 22:54:18
      !
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      schrieb am 18.03.03 23:05:58
      Beitrag Nr. 424 ()
      BUSH-GEFOLGSMANN AZNAR

      Spanien schickt keine Kampftruppen

      Spanien, einer der engsten Verbündeten der USA im Irak-Konflikt, will sich an einem Krieg gegen den Irak nicht mit Kampfeinheiten beteiligen.

      Madrid - Spanien werde jedoch einen kleinen Flottenverband und etwa 900 Soldaten für humanitäre Aufgaben in die Golfregion schicken, teilte Ministerpräsident José María Aznar mit. "Spanien wird an keinen Kampfeinsätzen und an keinen Aktionen offensiver Art teilnehmen", sagte der konservative Regierungschef am Dienstag im Madrider Parlament. "Es wird daher keine spanischen Truppen im Kampfgebiet geben."
      Der Verband soll aus dem Spezialschiff "Galicia", einer Fregatte und einem Tankschiff bestehen. Die "Galicia" könne vor allem medizinische Hilfe leisten. Sie sei mit Operationssälen und einer Intensivstation ausgerüstet. Außerdem werde Spanien Spezialeinheiten für die Beseitigung von Minen und für den Kampf gegen eine atomare, biologische oder chemische Verseuchung aufbieten.

      Die spanische Opposition erklärte, ein Krieg im Irak ohne ausdrückliches Uno-Mandat sei illegal. Der sozialistische Oppositionsführer José Luis Rodríguez Zapatero betonte, es sei ein Sarkasmus, zuerst den Krieg zu erklären und dann humanitäre Hilfe zu leisten. "Aznar sollte lieber den Krieg stoppen, dann muss er keine Hilfe schicken."
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      schrieb am 19.03.03 00:39:07
      Beitrag Nr. 425 ()
      Dieser Bericht vom 18. März 2003, in der englischen Zeitung Evening Standard online Ausgabe, besagt, und vermutet als einzige logische Erklärung, dass die Märkte vom USA "Plunge Protection Team" *PPT* manipuliert wurden.

      Sollte man eigentlich unbedingt lesen, respektive sich auf der Zunge vergehen lassen, was diese englische Zeitung da so schreibt, bevor man weiter in Aktien, Dollar, Oel, oder Gold investiert. Und die wirtschaftspolitische Tragweite eines solchen Vorgehens erkennen kann.


      Gruss

      ThaiGuru



      http://www.thisislondon.com/news/business/articles/timid6060…



      Plunge protection and rallying shares

      Anthony Hilton, Evening Standard

      18 March 2003

      STOCK markets rallied last week because it looked as if war with Iraq was going to be postponed. Yesterday the markets rallied because it looked like the war was about to begin. The two reasons contradict each other. The explanations do not make sense unless the markets are being rigged.

      And who might want to do that? Well the US government would. The last thing President George W Bush needs is for his invasion of Iraq to set off a stock market crash, a collapse in the price of the dollar, a rush into gold or a spike in the price of oil. It is the kind of distraction that could be very unsettling.


      The American public`s support for Bush`s Middle East adventure is not so cast-iron strong that he wants to tempt fate. So, according to the conspiracy theorists, the US authorities have been intervening anonymously in the markets to move them in the direction they want and to burn out any short-term speculators positioned the other way.

      So do we believe the conspiracy story? Well, it is known that America has a secret standing committee known unofficially as the `plunge protection team` which consists of the President, the Secretary of the Treasury, the Federal Reserve chairman Alan Greenspan, various other senior administration officials and the leading movers and shakers of Wall Street. The official purpose of this committee, as detailed a few years ago in the Washington Post, is to stabilise unruly markets for the greater good of the US as a whole. Seeking to prevent a military operation being undermined by panic in the financial markets would appear to be well within its brief.

      The conspiracy theory also seems to fit the facts. The more astute watchers of markets say that the only explanation for what began last week and continued yesterday was a US government-inspired support action to get markets where they wanted before the outbreak of hostilities.

      The trick about buying and selling in markets is to complete the trade without moving the price. The massive and sudden surge of activity last week and yesterday only made sense if it was intended to shift the price. Last week and again precisely at 3.30pm yesterday, massive selling undermined the euro on the currency markets and made the dollar correspondingly stronger. To the minute, there was similar sudden heavy selling in the gold market. Last week this bashed the metal`s price from $350 to nearer $330 and yesterday it killed off the recovery.

      So much for gold as a safe haven in times of war.


      Last week again, heavy selling and officially-inspired rumours of a fleet of loaded Saudi tankers heading this way brought the price of crude back from its peak. Yesterday the price was undermined by helpful rumours that the US government would release some of its vast strategic oil stockpile.

      All very convenient, as was the rally in equities led by the New York`s Dow Jones Industrial Average. The Dow, surprisingly, is one of the world`s least sophisticated indices. It is composed of 30 shares but these are not weighted for market capitalisation, so the Dow`s value is much easier to manipulate than Wall Street`s size and importance would suggest.

      Because its shares sell for more than $130, one company, 3M, accounts for more than 10% of the Dow`s value. IBM is another such heavyweight. Aggressive buying of these two companies has a remarkable effect on the index - certainly enough to create a bandwagon on to which others will jump. Needless to say, 3M has seen huge volume in recent days.

      Convinced? We may not know what really happened for months, or even years. But there has been some astonishingly ham-fisted dealing in recent days if it was not deliberate market manipulation. And given that truth is the first casualty in war, why should we expect markets to be a no-go area for the architects of spin and the conditioners of expectations?

      These markets are no place for innocents or innocence.

      KKR`s record

      IN a recent article on the Safeway bid, I wrote that on the basis of its 2001 report to investors, private equity house Kohlberg Kravis Roberts had `only two seriously profitable investments out of more than 60` in its 26 years of operation.


      This is misleading because, while the two investments to which I referred were among the most successful in the history of private equity and contributed a significant proportion of the aggregate $30bn-plus of gains the firm has generated to date for its investors, the majority of the remainder have also been profitable.
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      schrieb am 19.03.03 10:38:36
      Beitrag Nr. 426 ()
      Pentagon zum Irak-Krieg

      "We are ready"

      Über 30 Stunden von George W. Bushs Ultimatum an Saddam Hussein sind abgelaufen. Noch hat der Krieg nicht begonnen - aber die Zeit wird knapp. Das amerikanische Militär hat seine Vorbereitungen für den Angriff abgeschlossen und wartet nur noch auf den Befehl des Präsidenten. "We are ready", heißt es aus dem Pentagon. Inzwischen hat der Krieg auch einen Namen.


      AP

      Tommy Franks ist der Oberbefehlshaber der Truppen am Golf - "we are ready" heißt es aus dem Pentagon


      Washington/New York - "Iraqi Freedom" soll der Krieg nach Medienberichten offenbar heißen, "irakische Freiheit" - als wenn die Freiheit irakisch oder amerikanisch sein könnte. Wenn schon, dann müsste man den anstehenden Militärschlag wohl eher "Freiheit für den Irak" nennen. Insgesamt 45 Staaten unterstützen nach US-Angaben den Kriegskurs gegen den Irak. 30 Länder hätten sich offen dazu bekannt, 15 hinter den Kulissen, sagte Außenminister Colin Powell. Die größte Ländergruppe seien die Osteuropäer.

      Als hätten sie noch eine Chance, den angekündigten Krieg zu verhindern, kommen heute die Außenminister Frankreichs, Russlands und Deutschlands noch einmal im Weltsicherheitsrat in New York zusammen. Sie wollen erneut auf Bagdads friedliche Abrüstung dringen und das Arbeitsprogramm von Uno-Chefwaffeninspektor Hans Blix für die kommenden drei Monate begutachten. Joschka Fischer ist bereits in New York eingetroffen. Außer ihm kommen auch sein französischer Amtskollegen Dominique de Villepin und der russische Außenminister Igor Iwanow. Powell und sein britischer Kollege Jack Straw haben abgesagt.

      Der irakische Uno-Botschafter Mohammed al-Douri verurteilte einen Krieg gegen sein Land zu diesem Zeitpunkt als illegal, unmoralisch und ungerechtfertigt. Die USA und Großbritannien würden mit einem Militärschlag gegen Bagdad alle Grundsätze der Uno-Charta verletzen, sagte er in New York. Das amerikanische Ultimatum an Saddam Hussein und der angedrohte Krieg seien reiner Wahnsinn und würden von Bagdad entschieden abgelehnt.

      Bush hatte dem irakischen Machthaber 48 Stunden bis Donnerstagmorgen 2.00 Uhr (MEZ) gegeben, das Land zu verlassen. Sollte Saddam dies verweigern, wäre dies sein letzter Fehler, sagte der Präsidentensprecher Ari Fleischer am Dienstag. Er wollte sich nicht dazu äußern, wann der Angriff nach Ablauf des Ultimatums beginnen werde. Dies sei eine Entscheidung des Verteidigungsministeriums.

      Ohne ein greifbares Ergebnis ging am Dienstagabend eine Sitzung der EU-Außenminister zur Irak-Krise in Brüssel zu Ende. Der griechische Chefdiplomat und amtierende Ratspräsident Giorgos Papandreou sagte, die Differenzen zwischen den EU-Staaten ließen sich nicht übertünchen. Es sei allen Beteiligten klar, dass weitere Diskussionen über den Umgang mit derartigen Krisen, mit der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und mit dem Terrorismus erforderlich sind. Dies gelte auch im Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten.

      Uno-Chefinspektor Blix äußerte sich enttäuscht über den Abbruch der Inspektionen im Irak. "Ich halte es nicht für vernünftig, die Tür schon nach dreieinhalb Monaten zu schließen", erklärte der schwedische Diplomat in New York. Aus seiner Sicht hatte der Irak in organisatorischen Fragen voll kooperiert, weniger jedoch in der "Substanz", der Abgabe von Waffen und Kampfstoffen. Nach der US-Warnung vor einem Militärschlag seien inzwischen alle 174 Inspektoren aus dem Irak ausgereist und hielten sich jetzt auf Zypern auf.
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      schrieb am 19.03.03 10:44:55
      Beitrag Nr. 427 ()
      Mittwoch, 19. März 2003
      Falschmeldungen der USA
      Propaganda-Lexikon online

      Die Webpage der "Enzyklopädie der Propaganda" ist wieder im Netz. Unter der Internet-Adresse www.disinfopedia.org sind mutmaßliche Falschmeldungen und Irreführungen der US-Regierung vor einem Irak-Krieg zusammengestellt. Am Montag musste die Seite wegen des unerwartet großen Ansturms vorübergehend abgeschaltet werden, um sie auf einen schnelleren Server zu legen.

      Internet-User können bei Disinfopedia eigene Beiträge über ihre Erfahrungen hinzufügen. In Anlehnung an die dem Irak vorgeworfenen Massenvernichtungswaffen (weapons of mass destruction) lautet der Titel der zusammenfassenden Darstellung "Massentäuschungswaffen" (weapons of mass deception).

      Das Projekt war in der vergangener Woche vom nicht-kommerziellen "Zentrum für Medien und Demokratie" in Madison im US-Staat Wisconsin gegründet worden. Das Ziel ist eine allgemein verfügbare Enzyklopädie der Propaganda mit dem Namen "Disinfopedia".
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      schrieb am 19.03.03 15:01:46
      !
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      Avatar
      schrieb am 19.03.03 15:17:45
      Beitrag Nr. 429 ()
      Vorwurf an USA

      Lauschangriff auf deutsche und französische EU-Büros

      In deutschen und französischen EU-Büros wurden elektronische "Wanzen" gefunden. Für den Lauschangriff, den die Europäische Union bereits bestätigt hat, sollen nach Informationen einer französischen Zeitung die USA verantwortlich sein.

      Brüssel - EU-Sprecher Dominique-George Marro bestätigte am Mittwoch den Wanzenfund und erklärte, Ermittlungen seien eingeleitet worden. Es gebe aber noch keine Hinweise, wer die Wanzen in den Brüsseler Büros angebracht habe. Marro bestätige damit teilweise einen Bericht der französischen Zeitung "Le Figaro".

      Das Gebäude, in dem die Wanzen gefunden wurden, soll ab Donnerstag Schauplatz eines Gipfeltreffens der europäischen Staatschefs sein. Auch in Räumen anderer Staaten seien Abhöranlagen entdeckt worden. Marro sprach von "Abweichungen in den Telefonanlagen". Sie seien bei einer Sicherheitsüberprüfung vor wenigen Tagen aufgefallen.

      Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre es innerhalb kurzer Zeit der zweite peinliche Abhörskandal, in den die USA verwickelt sind. Erst vor zwei Wochen veröffentlichte eine britische Zeitung ein internes Dossier eines US-Geheimdienstes, das besagt, die USA überwachten in großem Stil die Vertreter zahlreicher Staaten bei den Vereinten Nationen in New York.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 15:25:47
      Beitrag Nr. 430 ()
      oh America, oh America, was passiert mit dir? :rolleyes:


      Operation Liberty Shield

      USA wollen muslimische Asylanten einsperren

      Vor dem Beginn eines Angriffs auf den Irak fahren die Amerikaner ihre Sicherheitsmaßnahmen weiter hoch. Aus Furcht vor Anschlägen rüstet das US-Ministerium für Heimatschutz das Land gegen Terroristen. Doch Menschenrechtler schlagen Alarm gegen die "Operation Liberty Shield".


      AP

      Asylanten hinter Gitter: Tom Ridge, US-Minister für Heimatschutz


      Washington - Nach einer neuen Anordnung des Ministeriums von Tom Ridge werden künftig Asylsuchende in den USA in Gewahrsam genommen - wenn sie aus einem der 33 vorwiegend muslimischen Länder stammen, die auf einer geheimen Liste stehen. Die vorübergehende Verhaftungsanweisung ist Teil der "Operation Liberty Shield" (Operation Schutzschild der Freiheit), die am Dienstag in Kraft getreten ist und verschiedene Sicherheitsmaßnahmen innerhalb der USA umfasst.

      Die Operation Freiheitsschild nehme den Opfern von Menschenrechtsverletzungen eben die Freiheit, die sie in den USA suchten, sagte William F. Schulz, Geschäftsführer von Amnesty International USA. "Eine Operation `Freiheitsschild` zu nennen, die Asylsuchenden die Freiheit verweigert, hat Orwellsche Züge." Kritik kam auch von Edward M. Kennedy, der für die Demokraten im Senat sitzt. "Programme, die bestimmte Bevölkerungsgruppen nach Religion, Volkszugehörigkeit oder nationaler Abstammung aussondern, sind falsch, kurzsichtig und gaukeln nur eine Illusion von Sicherheit vor", so Kennedy.

      Auf der geheimen Liste stehen nach Informationen der "Los Angeles Times" neben dem Irak die palästinensischen Territorien Gaza und Westbank sowie Afghanistan, Algerien, Bahrain, Bangladesch, Dschibuti, Ägypten, Eritrea, Äthiopien, Iran, Libanon, Kuweit, Libyen, Kasachstan, Malaysia, Oman, Marokko, Pakistan, Qatar, Somalia, Sudan, Syrien, Thailand, Tunesien, Usbekistan und Jemen. Asylsuchende aus diesen Ländern werden so lange festgehalten, bis ihr Fall geklärt ist. Aus dem Heimatschutzministerium hieß es, man wolle sichergehen, dass der Irak keine als Asylanten getarnten Spione ins Land schleust, die Terroranschläge begehen sollen.

      Zu den Maßnahmen der "Operation Liberty Shield" gehören auch erhöhte Sicherheitsvorkehrungen an Häfen, Brücken, Tunneln, Flughäfen, Straßen und in den Städten. In New York wurden alle Fahrzeuge abgeschleppt, die vor Kirchen und Synagogen parkten, berichtet die "Washington Post". In South Carolina wurden Bewährungshelfer abkommandiert, um Atomkraftwerke zu bewachen. Taucher untersuchten im Hafen von Los Angeles die Außenwände von Schiffen. Die kalifornische Highway Patrol hat ihre Streifenbesetzung an Brücken, Wasserstraßen und Stromversorgungsnetzen verdoppelt. Die US-Luftfahrtbehörde hat außerdem ein Flugverbot über einigen Sportstätten angeordnet.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 15:35:47
      Beitrag Nr. 431 ()
      das war doch
      im ersten
      und
      zweiten weltkrieg
      auch nicht anders :cry:
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 15:44:44
      Beitrag Nr. 432 ()
      ja, was hatte man damals mit den asiatisch-stämmigen Mitbürgern gemacht. alle eingesperrt, selbst wenn sie nicht Japaner waren. Homeland Security ist doch die amerikanische Version der Stasi.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 15:49:41
      Beitrag Nr. 433 ()
      wenn das mal kein hinweis darauf ist,
      dass der krieg im kriegshomeland
      trotz blitzkriegsparolen
      in ganz anderen dimensionen geplant ist :cry:
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 16:24:37
      Beitrag Nr. 434 ()
      was ist das für eine Freundschaft?! :laugh:
      Lauschangriff: Wer versah die Telefone einiger EU-Mitglieder mit Wanzen?



      Mittwoch, 19. März 2003
      Skandal in Brüssel
      Wanzen in EU-Büros

      In Brüssel herrscht blankes Entsetzen: Die Telefone einiger EU-Mitglieder-Büros wurden abgehört, darunter auch die deutschen und französischen. Bei einer Prüfung kamen elektronische Abhöreinrichtungen zum Vorschein.

      Nun wird ermittelt, wer die Wanzen installierte, wie EU-Sprecher Dominique-George Marro mitteilte. Die französische Zeitung "Le Figaro" schrieb, die belgische Polizei habe rasch ermittelt, wer die Mikrofone angebracht habe: "Es sind Amerikaner."

      Marro sprach von "Abweichungen in den Telefonanlagen". Sie seien bei einer Sicherheitsüberprüfung vor wenigen Tagen aufgefallen. Rainer Lingenthal, Sprecher des Bundesinnenministeriums, erklärte, Urheber, Hintergründe und Umfang der Abhörmaßnahmen seien Gegenstand intensiver Ermittlungen. Über die einzelnen Maßnahmen entscheide die EU. Wegen der Dringlichkeit der Aufklärung könne er keinerlei Details über die bisherigen Ermittlungsergebnisse mitteilen.

      Aus EU-Kreisen verlautete, vor dem bevorstehenden EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel seien zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden.

      Die Bundesregierung wurde nach Darstellung ihres Sprechers Bela Anda von den Vorgängen unterrichtet. Konsequenzen für den EU-Gipfel in Brüssel werde dies nicht haben. Auch werde Bundeskanzler Gerhard Schröder in dem gebuchten Hotel übernachten.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 17:10:26
      Beitrag Nr. 435 ()
      Brief an US-Kongress

      Bush löst Kriegsermächtigung ein

      US-Präsident George W. Bush hat dem amerikanischen Kongress offiziell gemeldet, dass die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung der Irak-Krise gescheitert sind. Der Kongress hatte Bush für diesen Fall zum Krieg ermächtigt. Bush hat zudem in Washington den Kriegsrat einberufen.


      REUTERS

      George W. Bush: Diplomatie ist gescheitert


      Washington - Das Weiße Haus veröffentlichte am Mittwoch einen Brief Bushs an die Abgeordneten, in dem er das Scheitern des diplomatischen Ringens um eine friedliche Lösung der Krise erklärt. Parlamentspräsident Dennis Hastert verlas der Schreiben im Kongress.

      Das Parlament hatte Bush im vergangenen Herbst eine Kriegsermächtigung für den Fall erteilt, dass alle diplomatischen Bemühungen erfolglos bleiben. Darin war vorgesehen, dass der Präsident das Haus vor dem Einsatz des Militärs über das Scheitern dieser Bemühungen offiziell informiert.

      Wenige Stunden vor Ablauf des Ultimatums an den irakischen Präsidenten Saddam Hussein ist Bush mit seinen engsten Mitarbeitern zusammengetroffen. Es sind die üblichen Beteiligten: Vizepräsident Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Außenminister Colin Powell, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und andere Mitglieder des Sicherheitsrats trafen sich zu einem "regulären Treffen", wie es hieß.

      Die Zusammenkunft ist allerdings als ein Treffen des Kriegsrats zu werten. Saddam Hussein könnte einen Angriff der Amerikaner und ihrer Verbündeten noch vermeiden, indem er bis 2.00 Uhr am Donnerstag ins Exil geht, hatte es zunächst geheißen. Gestern jedoch sagte Präsidentensprecher Ari Fleischer, selbst wenn Saddam ausreise, würde es zu einer Invasion durch amerikanische Truppen im Irak kommen.

      Berater Bushs wiesen darauf hin, dass der Krieg nicht sofort nach Ablauf der Frist beginnen müsse. Bush werde den Zeitpunkt nach Empfehlungen der Streitkräfteführung bestimmen.
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 17:22:48
      Beitrag Nr. 436 ()
      Zwischen "Kreuzrittertum" und "demokratischem Imperialismus"
      Internationale Pressestimmen zur Irak-Krise und zur Aufkündigung der Diplomatie. 18. März 2003

      Die folgenden Presseausschnitte aus Leitartikeln und Kommentaren stammen alle vom 18. März 2003.

      Die Süddeutsche Zeitung spricht von einer "Niederlage" des US-Präsidenten und bedauert, dass es Bush nicht gelungen sei, die Europäer von seiner Politik zu überzeugen, die auf einer "in großen Teilen" richtigen Analyse beruhe:

      Bush und seiner Mannschaft ist es nicht gelungen, eine Mehrheit der eigenen Verbündeten von ihrer Politik zu überzeugen. Sie haben es noch nicht einmal geschafft, eine Mehrheit grundsätzlich wohlwollend gesonnener Staaten dazu zu überreden, diese Politik mit einer Abstimmung im Sicherheitsrat mitzutragen. Kein Geld und keine guten Worte, kein Honigseim ökonomischer Versprechungen, und kein Knüppel wirtschaftlicher Drohungen vermochten diese fest gefügte Front der Gegner aufzubrechen.
      George Bush mag es drehen und wenden, wie er will: Für ihn und für ganz Amerika ist dies eine Niederlage – egal, wie siegreich das Land aus dem Konflikt mit dem Irak hervorgeht, egal wie erfolgreich die USA den Wiederaufbau dieses Landes zuwege bringen werden."

      Die spanische Zeitung "El Mundo" (Madrid) spricht ebenfalls von einer Niederlage für George Bush und seine letzten Getreuen.

      Die USA, Großbritannien und Spanien haben die Bemühungen um eine diplomatische Lösung im Irak-Konflikt für beendet erklärt. Bush, Blair und Aznar warfen die Karten hin und erhoben sich vom Tisch wie Spieler, die die Partie nicht mehr gewinnen können. Dies ist mehr als eine Unhöflichkeit. Es ist das Eingeständnis einer Niederlage. Mit dem neuen Ultimatum an Saddam Hussein legte Bush offen, dass es ihm in Wirklichkeit nie um die Entwaffnung des Iraks ging. Sein eigentliches Ziel bestand darin, Saddam Hussein zu stürzen und ein Protektorat im Irak zu errichten.

      Die Frankfurter Rundschau macht sich Sorgen um die Nachkriegszeit. Wenn Europa bei der Gestaltung der Verhältnisse im Nahen Osten beteiligt sein will, müsse es seine Verweigerungshaltung aufgeben, den "Vormarsch der britischen und US-Truppen auf Bagdad unterstützen" ("komme was da wolle"!) und sich in den Nachkriegsprozess einbringen.

      Politisch hat die Nachkriegszeit längst begonnen. Und schon jetzt zeigt sich, dass die USA auch jene internationalen Institutionen und Regierungen zur zivilen Nachsorge auffordern wird, deren Recht und Wort ihr bis heute nichts galten. Diese Strategie mag man infam, ungerecht, unverschämt oder heuchlerisch nennen, aber sie erfordert eine Antwort jenseits sturer Verweigerung. Bundeskanzler Schröder hat mit seiner Erklärung über eine mögliche Beteiligung deutscher Soldaten beim Wiederaufbau das richtige Zeichen gesetzt. Die USA werden die UN brauchen, und Deutschland sollte die versuchte Demokratisierung Iraks im Rahmen einer europäischen Irak-Politik unterstützen.
      Diese Hilfe sollte keine pflichtschuldige Wiedergutmachung für den vergeblichen Widerstand gegen den Krieg sein. Die Regierung Bush darf den Feldzug gegen Saddam Hussein gewinnen, aber nicht den grundsätzlichen Streit um dessen Legitimität oder seine Folgen. Gerade wenn es bald zwischen UN-Verwaltung und US-Interessen um Beihilfe zur Neuordnung des Nahen Ostens geht, darf in Kurdistan oder Palästina die europäische Sicht nicht fehlen. Denn nichts wäre für Europa so desaströs, wie nach dem diplomatischen Kampf um den Krieg in den Jahren danach auch noch sein Mitspracherecht bei der Förderung des Friedens im Nahen Osten zu verlieren.

      Die linke Tageszeitung "junge Welt" geht mit der US-Politik ganz anders ins Gericht. Die Irak-Politik ist nur eine andere Form des monopolistischen "Gewaltverhältnisses", das sich als "Negation der Demokratie auf der ganzen Linie" erweist.

      Die USA verhalten sich im Weltmaßstab wie ein autoritäres Präsidialregime gegenüber dem Parlament, das man beiseite schiebt, wenn nicht auflöst, sollte es der Exekutivmacht zum Hindernis werden. Das der Unfähigkeit geziehen und als Schwatzbude denunziert wird, wenn die Lösung »höherer«, über Parteien- bzw. nationale Interessen stehender Aufgaben ansteht. Das US-Regime hat sich zu einer im Weltmaßstab agierenden Militärjunta entwickelt. Washingtons schwarze Obristen haben die völkerrechtliche, ihrem Wesen nach formal-demokratische Verfaßtheit der internationalen Ordnung außer Kraft gesetzt. Das war kein Putsch, der sich über Nacht vollzog, sondern ein schleichender Vorgang, in dessen Verlauf westlicher Interventionismus das Selbstbestimmungsrecht der Nationen zunehmend zur Disposition gestellt hat. Daraus entstand mit zwingender Logik das Imperium americanum. Dieser monopolistische Universalismus duldet keine Konkurrenz.

      Der konservative Berliner "Tagesspiegel" kritisiert nicht das Ziel der Bush-Politik, sondern nur dessen Schönheitsfehler. Gegen die Gefährdungen der Welt helfe letztlich nur die - auch gewaltsame - Durchsetzung des "demokratischen Imperialismus".

      Sicherheit gibt es nur, wenn möglichst überall nur noch Regierungen an der Macht sind, die nicht die Absicht haben, diese Mittel gegen irgendjemanden zu wenden. Das sind, auf lange Sicht, nur mehr oder weniger demokratische Herrscher. Das Ziel ist also „Regime Change“ – der jedoch nicht mit der Erklärung eines Kriegs beginnen muss, sondern mit der Erklärung dieser neuen Politik.
      Das jedoch, Sicherheit durch demokratischen Imperialismus, ist ein äußerst ehrgeiziges, neues und auch riskantes Projekt. Es setzt nicht auf Stabilität von Diktaturen, sondern auf Instabilität, die Diktaturen stürzt. Ob die US-Regierung, die behauptet, das zu wollen, dazu bereit ist, ob die Amerikaner das unterstützen würden, ob die Franzosen (eher nein) und die Deutschen (eher ja) es mittragen würden, wissen wir nicht. Denn niemand, auch Bush nicht, hat diese Debatte ernsthaft eröffnet. Darum machen alle das, was sie von jeher können: alte Machtpolitik.

      Im "Neuen Deutschland" wird vor solchem "demokratischem Imperialismus" eher gewarnt, zerstört er doch - so ganz nebenbei - das internationale Rechtssystem. Die UNO ist danach das "erste Opfer" des Irakkrieges.

      Mit der Arroganz der letzten Supermacht haben die USA die Vereinten Nationen in die diplomatische Sackgasse getrieben und den millionenfachen Friedensruf in aller Welt ignoriert. Jetzt droht die UNO noch vor Hunderttausenden Menschen in Irak zum ersten Opfer dieses Krieges zu werden. Und das ist mehr als ein Kollateralschaden. Das letzte Ultimatum an Saddam Hussein, das George W. Bush auf den Azoren verkündete, gilt auch dem Völkerforum. In der mehr als 50-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen findet sich kein vergleichbarer Versuch, den Sicherheitsrat derart unter Druck zu setzen: Wir entscheiden, wer gut ist und wer böse, ob die Welt bedroht ist oder nicht, welcher Schlag geführt werden muss und wann, auch präventiv. Und wer nicht mit uns marschiert, ist gegen uns. Mit dieser Maxime wurden diplomatische Bemühungen und UNO-Resolutionen allein unter dem Gesichtspunkt beurteilt, ob sie den Willen der USA zum Angriff gegen Bagdad stützen oder nicht. Schon bei seinem Auftritt vor sechs Monaten in der UNO-Vollversammlung hatte Bush deutlich gemacht, dass er notfalls auch ohne Plazet der Vereinten Nationen losschlagen würde. Es wäre illegal, ein Bruch der UNO-Charta und das Menetekel für eine neue hegemoniale Weltordnung. Eine provokative, eine abstoßende Politik nannte das selbst der einstige Washingtoner UNO-Botschafter Richard Holbrooke.

      Die Sorgen, die sich der in Mailand erscheinende "Corriere della Sera" um die UNO macht, sind anders gelagert: Je kürzer der Krieg, desto schlechter für die UNO.

      Wenn der Konflikt kurz dauern wird und positive Folgen haben wird (das Ende einer Diktatur, ein gut verwalteter Irak, der Beginn eines demokratischen Prozesses, der die ganze Region mit einbeziehen wird), werden die UN im Rückblick als eine ungeeignete Organisation erscheinen, unfähig sich ihrer internationalen Verantwortung zu stellen. Aber ein Krieg der lang, blutig und voller unvorhersehbarer Folgen ist, wird den gegenteiligen Effekt haben. Die UN werden sich rühmen können, die einzige Institution zu sein, mit der die Krisen mit Verhandlungen, politischem Druck und internationalen Kontrollen angegangen und gelöst werden können. Und es wird vielleicht eine neue Phase beginnen, in deren Verlauf die Organisation aufgewertet, erneuert und gestärkt werden wird.

      Nicht von der Dauer des Krieges, sondern vom Engagement nach dem Kroeg werde es abhängen, ob die UNO wieder eine Chance bekommen - das meint jedenfalls die Schweizer "Berner Zeitung".

      Die Bomben auf Bagdad werden auch das Völkerrecht treffen. Kann sich das internationale System, das seine institutionelle Form in der UNO findet, von diesem Schlag erholen? Oder gilt wieder das Recht des Stärkeren - heute dasjenige der Amerikaner, und morgen vielleicht wieder jenes der Russen? Zwar hat die UNO das Machtspiel um den Krieg verloren, sie hat aber spätestens schon nach dem Waffengang eine nächste Chance: den Frieden. Sämtliche UNO-Organe müssen klar machen, dass sie beim Wiederaufbau des geschundenen Landes das Heft in der Hand haben wollen.

      Die in Paris erscheinende linksliberale "Libération" klagt das Hegemonialstreben der USA an, das der UNO, der NATO und der EU Schaden zugefügt hätte.

      Die neokonservativen Intellektuellen, die (US-Präsident) Georg W. Bush führen, wünschten Amerika von den Zwängen der UN zu befreien, die das Hegemonialstreben der USA einbinden. Sie betrachten auch die NATO als überflüssig, obwohl das Bündnis ihnen ermöglicht hat, die Europäische Union zu spalten, der sie im übrigen wünschen, dass sie zu einer reinen Freihandelszone wird. Die EU als politische Kraft existiert weiter nicht. Sie bewegt sich heute zwischen "Hüh und Hott".

      Der in Zürich erscheinende "Tages-Anzeiger" hätte einen transatlantischen "Konsens" zur Entmachtung Saddams (also notfalls auch zum Krieg) lieber gesehen als den Alleingang des "Kreuzritters" George Bush:

      Die Entmachtung Saddam Husseins hätte durch die UNO legitimiert werden können. Die Arroganz, mit der sich Präsident Bush über den Sicherheitsrat hinwegsetzte und "das Fenster der Diplomatie" verriegelte, verhinderte den Konsens. Bush blieb mit wenigen Getreuen isoliert, weil er gar nie den ehrlichen Willen hatte, mit anders Denkenden zu verhandeln. Warum? Politiker, die ihre Mitarbeiter zur religiösen Erbauung in die Morgenandacht befehlen, stoßen auf Misstrauen - vor allem in Europa. Politiker, die öffentlich ihre Religiosität zelebrieren, haben selten Frieden in die Welt gebracht, sondern viel öfter Kriege provoziert.

      Die Londoner "Financial Times" beklagt den großen Schaden, der durch den Bruch des Bündnisses entstanden ist.

      Die Diskussion über Krieg oder Frieden ist vorbei. Es war ohnehin eine oberflächliche Debatte mit vereinfachten Argumenten. Dieser Krieg mag technisch nach früheren UN-Resolutionen, einschließlich 1441, gerechtfertigt sein. Aber er wird von einer der schwächsten Koalitionen unterstützt, die man sich denken kann. Der Schaden, der durch diese Krise für die internationalen Beziehungen entstanden ist, kann nicht überschätzt werden. Für Bush und Blair dürfte es nicht einfach sein, von der einseitigen Aktion wieder zu multilateralem Handeln zurückzukehren.

      Das dänische konservative Blatt "Berlinske Tidende" (Kopenhagen) stellt sich dagegen eindeutig hinter Bush und plädiert für militärisches "Zuschlagen".

      Haben wir wirklich alles getan, um das irakische Problem mit anderen Mitteln als denen eines Krieges zu lösen? Die Antwort lautet leider ja. Saddam Hussein hat alle Möglichkeiten erhalten, um die Versprechen an die UNO über die Entwaffnung zu erfüllen. Die Gegner der militärischen Aktion behaupten zwar, dass der Irak in diesen Wochen tatsächlich Waffen vernichtet, und dass der Druck daher wirkt. Doch sobald der militärische Druck nachlässt, ändert Bagdad wieder seine Signale. Daher ist der Zeitpunkt gekommen, um auf der Grundlage der Resolution 1441 zuzuschlagen.

      Ganz anders die New York Times (Online-Ausgabe), die den gewollten Krieg der US-Administration in eine Reihe zahlreicher "Fehler" der US-Diplomatie stellt.

      Dieser Krieg krönt eine Periode furchtbarer diplomatischer Fehler, Washingtons schlimmste seit mindestens einer Generation... Die Hybris und die Fehler, die zu Amerikas derzeitiger Isolation geführten haben, begannen lange vor den Anschlägen des 11. September 2001. Diese (US-)Regierung kehrte sich seit dem ersten Tag ihrer Amtszeit ab von Internationalismus und den Anliegen ihrer europäischen Verbündeten, indem sie das Kyoto-Umweltschutzabkommen ablehnte und Amerikas Unterschrift unter den Vertrag für einen Internationalen Strafgerichtshof verweigerte... Wenn sich andere Nationen jetzt Amerikas Führerschaft widersetzen, liegt ein Teil der Ursachen in dieser unglücklichen Geschichte... Das Resultat ist ein Krieg für ein legitimes internationales Ziel ..., aber einer, der nahezu alleine geführt wird... Dieses Ergebnis war weder vorbestimmt noch unabwendbar.

      Die linksliberal-alternative Berliner Tageszeitung taz fordert nun von der UNO STandhaftigkeit und von der Bundesregierung konsequente Antikriegs-Maßnahmen.

      Ob und wie stark ramponiert die UNO den Anschlag ihres derzeit mächtigsten Mitgliedes überleben wird, ist noch offen. Das hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob die anderen Mitglieder des Sicherheitsrates und Generalsekretär Kofi Annan vor den Drohungen aus Washington einfach kuschen, oder ob sie sich zur Wehr setzen. Die Chance, entgegen der Forderung aus Washington die Waffeninspektoren nicht aus dem Irak abzuziehen, ist wahrscheinlich vertan. Dennoch steht die Frage weiter im Raum: Hätte die Bush-Administration dann tatsächlich den Krieg begonnen?
      Das Gipfeltreffen auf den Azoren hat gezeigt, dass es keine wie auch immer geartete Resolution zur völkerrechtlichen Legitimierung des von der Bush-Administration geplanten Präventivkrieges geben wird. Es ist höchste Zeit, dass nun auch die Regierung Schröder/Fischer Konsequenzen aus dieser Tatsache zieht. Rückgängig gemacht werden müssen jetzt die Gewährung der Überflug- und Nutzungsrechte für die US-Streitkräfte, die Entsendung der Awacs-Flugzeuge und der Patriot-Raketen in die Türkei sowie alle anderen Maßnahmen, zu der sich Berlin auf Wunsch der Bush-Administration seit Herbst letzten Jahres bereit erklärt hat. Sonst trägt sie - aller Antikriegsrhetorik zum Trotz - Mitverantwortung für diesen Krieg und seine Folgen.

      Lassen wir am Schluss ein Blatt aus dem arabischen Raum zu Wort kommen. Die jordanische Zeitung "The Jordan Times" fragt nach den möglichen Zuständen im Irak, wenn der Krieg vorbei ist, und kommt zu Antworten, die für die Gestaltungskraft der USA wenig schmeichelhaft ausfallen.

      Bislang haben wir vom amerikanischen Präsidenten Bush noch nichts Brauchbares über eine neue irakische Regierung gehört. Es ist höchste Zeit, dass Alternativen zu dem Regime von Präsident Saddam Hussein auf den Tisch gelegt werden. Eine politische Liberalisierung des Iraks würde ganz zwangsläufig der schiitischen Mehrheit mehr Macht einräumen. Doch würde das in Washington Anklang finden? Politische Liberalisierung des Iraks würde auch heißen: Mehr Freiheit für die irakischen Kurden - eine Freiheit, die sehr leicht mit den geostrategischen Interessen Amerikas kollidieren könnte. Kein Araber hat dem Geschwätz von Bush, er wolle der Region die Demokratie bringen, Glauben geschenkt. Und eines dürfte klar sein: Eine wirklich demokratische Regierung in Bagdad würde den Ärger und den Zorn der Menschen auf die Amerikaner wiederspiegeln und diese in Politik umsetzen."

      Quellen: Mannheimer Morgen (online); Deutschlandradio (online); Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Neues Deutschland, junge Welt, Der Tagesspiegel.
      Zusammenstellung und Kommentierung: Pst
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 17:45:13
      Beitrag Nr. 437 ()
      guter kommentar:

      Das Ende des "westlichen Lagers" - und seine Zukunft
      Alle Bemühungen, die US-Regierung von einem Krieg gegen den Irak abzubringen, sind gescheitert. Der Krieg ist nicht "unvermeidbar", wie jetzt oft behauptet wird. Es ist einfacher: Die Regierung Bush will Krieg, und niemand hat die Macht, sie daran zu hindern. Auch der Weltsicherheitsrat nicht. Was das UN-Gremium tatsächlich verhindern konnte, hat es getan: Der Angriffskrieg der USA gegen den Irak erhält keine völkerrechtliche Legitimation. Das verhindert nicht den Krieg, aber immerhin die Aushöhlung des Völkerrechtes.

      Auch eine zivile Gesellschaft kann Verbrechen nicht verhindern - sie kommt deshalb dennoch nicht auf die Idee, Rechtsbrüche gutzuheißen. Genau das aber wollten die USA erreichen, und deshalb ist der Konflikt um den Irak schon sehr früh ein Streit ums Prinzip geworden. Vordergründig mit Massenvernichtungswaffen beschäftigt, stellten die USA ihren Verbündeten in Wirklichkeit die Frage, wie sie mit der neuen Doktrin umgehen wollen, die vorsorgliche Kriege gegen Staaten vorsieht, die den US-Interessen mittelfristig schaden können.

      Wer sein Heil an der Seite der US-Regierung sah, übernahm die Falschmeldungen und vagen Behauptungen über irakische ABC-Waffen eins zu eins aus Washington oder setzte, wie die britische Regierung, noch eins drauf. Die anderen nahmen das Inspektionsregime ernster, als es der US-Regierung je lieb war, entlarvten die "Beweise" Colin Powells vor dem Rat als offene Fragen, unbelegte Behauptungen oder schlichten Unsinn.


      In Wirklichkeit aber führten auch die Kriegsgegner, insbesondere Frankreich, eine Scheindiskussion. Auch ihnen ist der Irak letztlich egal. Sie wollten vor allem vermeiden, dass der Sicherheitsrat seine Autorität dadurch verliert, dass er sich zum schlichten Erfüllungsgehilfen der US-Strategie macht. Diese Gefahr drohte, seit Präsident Bush im letzten Jahr die Vereinten Nationen vor die Wahl stellte, entweder mit den USA gegen den Irak vorzugehen oder "bedeutungslos" zu werden. Die Drohung ist deshalb so wirkungsvoll, weil tatsächlich niemand derzeit eine Antwort darauf geben kann, wie die internationalen Sicherheits- und Rechtsstrukturen gegen den Willen der USA aufrechterhalten werden sollten.

      Wäre die Kriegsargumentation der USA und Großbritanniens nicht so offensichtlicher Unsinn gewesen - Frankreich, Russland und vermutlich auch Deutschland hätten eigentlich gern mitgemacht. Vielleicht wird man sich in ein paar Jahren daran erinnern, dass dieser Irakkrieg zur Spaltung des früheren westlichen Lagers führte. Dann nämlich, wenn der gemeinsam geführte nächste Krieg die Lager wieder versöhnt. "BERND PICKERT

      taz Nr. 7008 vom 19.3.2003, Seite 1, 70 Zeilen (Kommentar), BERND PICKERT, Leitartikel
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 18:39:45
      Beitrag Nr. 438 ()
      Schlachtreden vor der Invasion

      "You can`t fuck with America"

      US-Präsident Bush berät sich mit Verteidigungsminister Rumsfeld - Befehlshaber Franks plant die erste Angriffswelle: 250.000 amerikanische und britische Soldaten stehen für die Irak-Invasion bereit. Wenige Stunden vor Ablauf des Kriegs-Ultimatums wenden sich Offiziere mit Motivationsreden an ihre Truppen.


      REUTERS

      Motivationsgeste: Ein Colonel verteilt Münzen an seine Soldaten, um sie für ihre Leistung zu ehren


      Kuweit - Die Ruhe, die in der US-Armee am Golf herrscht, ist wohl trügerisch: Soldaten in Kuweit zünden Lagerfeuer neben ihren Panzern an, auf dem Flugzeugträger USS Roosevelt im Golf sollten sich die Piloten laut Order vom Nachmittag schlafen legen. Sie sollen sich ausruhen - für einen möglichen Einsatz in der Nacht.

      Noch am Nachmittag räumten zwar einige Einheiten der US-Armee ihre Lager und rückten weiter nach Norden vor, so Nachrichtenagenturen. So gab der Kommandeur der dritten Infanteriedivision, Generalmajor Buford Blount, 20.000 Soldaten mit 10.000 Panzern den Befehl, sich entlang der Grenze in Position zu bringen. Blounts Division könnte eine der ersten sein, die in den Irak vordringt.

      1000 neue Präzisionsbomben verladen

      Seit der Nacht, als amerikanische und britische Truppen zu Tausenden gen Norden vordrangen, ist der Strom der Nachrichten aus der Golfregion aber deutlich abgeebbt. Die US-Behörden geben keine genauen Auskünfte mehr über die Standorte der Truppenteile, die sich bereits in Bewegung gesetzt haben. Auch die Meldung, erste Abteilungen seien in der entmilitarisierten Zone unmittelbar an der Grenze zum Irak angekommen, dementierte ein US-Sprecher. Reuters und der arabische TV-Sender al-Dschasira hatten übereinstimmend davon berichtet.


      AP

      Befehlshaber Franks: In der Koordinationszentrale für den Luftkrieg eingetroffen


      So lässt sich nur bruchstückhaft rekonstruieren, wie der Aufmarsch der US-Truppen vorangeht. Bekannt ist etwa, dass der Flugzeugträger "Kitty Hawk" im Golf weitere 1000 Präzisionsbomben von einem Frachter übernahm. Auf dem Flugzeugträger USS Truman arbeitete die Besatzung weiter in mehreren Schichten. So wird offenbar sichergestellt, dass rund um die Uhr Besatzungsmitglieder auf den Flugzeugträgern im Einsatz sind. Offiziere auf der Truman führten die Aufsicht, als Bomben mit Präzisionselektronik ausgerüstet wurden. Weitere Auskünfte über ihre Pläne gab die US Navy nicht.

      Bush-Sprecher: Hoffe auf "friedliche" Invasion

      All dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der Militärschlag bereits am Morgen nach dem Ablauf des Ultimatums an Saddam Hussein beginnt. Möglich ist aber auch, dass die Amerikaner zunächst nur eine Drohkulisse aufbauen, um die Iraker schon lange vor dem Angriff zu verunsichern. Unabhängig davon, ob Saddam Hussein sein Land wie gefordert bis Donnerstag um zwei Uhr morgens deutscher Zeit verlässt, ist der Truppeneinmarsch - zu welchem Termin auch immer - nach Angaben von Präsidentensprecher Ari Fleischer beschlossene Sache. Er hoffe, dass der Einmarsch "friedlich" verlaufe, sagte Fleischer weiter.

      Der höchste Befehlshaber des Feldzugs, Vier-Sterne-General Tommy Franks, flog derweil zu letzten Abstimmungen von seinem Hauptquartier im katarischen Doha nach Saudi-Arabien. Dort wird er den General Michael Moseley treffen, der die Luftangriffe befehligt. Diese werden vom Luftstützpunkt Prince Sultan Air Base bei Riad koordiniert. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war später am Tag zur Lagebesprechung mit Präsident Bush verabredet.

      "Iraker in den Himmel starren lassen"

      Insgesamt steht am Golf und in Kuweit nun eine Viertelmillion amerikanischer und britischer Soldaten bereit. Auch rund 600 Flugzeuge sind in der Region stationiert. Diese Truppen stehen rund 350.000 technisch ungleich schlechter ausgerüsteten irakischen Soldaten gegenüber.


      AP

      USS Bonhomme mit Harrier-Jets an Bord: Piloten wurden angewiesen, am Nachmittag zu schlafen, damit sie bereit für Nachteinsätze sind


      Sowohl das Wetter als auch strategische Überlegungen könnten den Kriegsbeginn verzögern. So verringerten heftige Sandstürme an der kuweitisch-irakischen Grenze am Mittwoch die Sicht auf nur wenige Meter. "Das würde unsere Geschwindigkeit beeinträchtigen und besondere Herausforderungen stellen, aber wir sind bereit", sagte ein Kommandeur im US-Fernsehen.

      "Geh heim zu deiner Familie"

      Taktisch mache es auch Sinn, "die Iraker eine Weile in den Himmel starren zu lassen", wurde ein Regierungsbeamter in Washington zitiert. Das irakische Militär soll mit einer massiven Bombardierung schon in den ersten Stunden zermürbt werden. Die Bodentruppen sollen unmittelbar danach in den Irak einmarschieren. Eine ihrer Prioritäten ist nach Angaben von Militärstrategen die Sicherung der Ölquellen.


      DER SPIEGEL

      Kuwait mit militärischem Sperrgebiet an der Grenze: Der Grenzzaun wurde schon in der vergangenen Woche zerschnitten, am Montag zogen die Uno-Beobachter ab - nun sollen erste Truppenteile in der "demilitarisierten" Zone eingetroffen sein


      Die USA haben in den vergangenen Tagen Hunderttausende Flugblätter über dem Irak abgeworfen. Darin werden Soldaten und Offiziere aufgefordert, die Waffen niederzulegen und etwaigen Befehlen nicht mehr zu gehorchen. "Wer braucht Dich mehr: Deine Familie oder das Regime? Geh heim zu Deiner Familie", stand auf einem.

      "Neuen Weltfeind ausradieren"

      In den vergangenen Tagen haben sich die amerikanischen Offiziere vermehrt mit "letzten Motivationsreden" an ihre Untergebenen gewandt, berichtet die "Washington Post". "Jungs, wir ziehen in den Krieg", habe etwa ein Oberst der dritten Division seinen 900 Untergebenen zugerufen. Die Soldaten antworteten laut Bericht mit einem lauten "Hooah!"

      Die Offiziere riefen die Truppen auf, Zivilisten zu achten und den irakischen Soldaten eine faire Chance zu geben, sich zu ergeben. Viele der Reden, über die die Zeitung schreibt, bringen Saddam Hussein in einem Zusammenhang mit den Terroranschlägen des 11. September - eine Verbindung, die laut "Post" auch manche US-Soldaten bezweifeln.

      "Lautes Signal an die Welt"

      So habe Oberst David Perkins von der dritten Infanteriedivision in einer Motivationsrede am Dienstag gesagt: "Unser Land wird nie im Frieden leben, solange wir nicht die Bedrohung durch einen neuen Weltfeind ausradieren: den internationalen Terrorismus". Terroristen wie Osama Bin Laden seien von Staaten wie dem Irak abhängig, die sie unterstützen.

      Auch Captain Ronnie Johnson, Chef eines anderen Bataillons, habe einen Bezug zwischen dem Irak-Krieg und dem 11. September hergestellt, wenn auch in weniger höflicher Sprache. Sein Aufruf laut "Washington Post": "This is going to be the biggest statement to the world that you are never going to fuck with America like that again".

      (Sinngemäß übersetzt: "Das hier wird das deutlichste Signal an die Welt: So wird sich Amerika nie wieder verarschen lassen".)
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      schrieb am 19.03.03 18:43:25
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      schrieb am 19.03.03 18:44:10
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      schrieb am 19.03.03 19:13:02
      Beitrag Nr. 441 ()
      "Warum will die USA-Administration den Krieg führen, koste es, was es wolle?"
      Prof. Dr. K. A. Habib: Offener Brief an die Friedensbewegung in Deutschland

      Den folgenden "Offenen Brief" von Prof. Dr. Habib, Berlin, haben wir am 13. März 2003 per e-mail erhalten. Auch wenn wir seine Vorwürfe an die Adresse der Friedensbewegung nicht in allen Punkten teilen (ganz abgesehen davon, dass die ganze Friedensbewegung niemals gemeint sein kann), verdient der Brief schon wegen der Fülle an interessanten Informationen und Einschätzungen der irakischen Repressionspolitik dokumentiert zu werden.


      "... zwischen dem Frieden, der Demokratie und den Menschenrechten (besteht) eine enge und unlösbare Verbindung".

      "... wenn man gegen den Krieg in einem Land protestiert, in dem eine Diktatur herrscht, muss man das despotische Regime verurteilen und solidarisch zu den Menschen in diesem Land stehen, die für ihre Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kämpfen".

      Sehr geehrte Damen und Herren,

      vorerst möchte ich mich persönlich und im Namen vieler IrakerInnen bei Ihnen für Ihr hervorragendes Arrangement und Ihren Kampf gegen einen eventuellen präventiven Krieg der USA und Englands gegen den Irak herzlich bedanken. Die Demonstrationen vor und nach dem 14.02.2003 in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt waren bzw. sind ein wichtiges Zeichen der Ablehnung des Krieges als Mittel zur Lösung von Problemen und Konflikten.

      In letzter Zeit habe ich mich an vielen Veranstaltungen und Demonstrationen in Deutschland beteiligt, in denen ich meine Meinung zur Frage des Friedens, des Krieges, aber auch zur Frage der Diktatur, der Demokratie und Menschenrechte im Irak zum Ausdruck gebracht habe.

      Ich habe viele Diskussionen mit führenden Persönlichkeiten der Friedensbewegung in Kassel, Berlin, Köln, Mannheim, Stuttgart und Dresden geführt. Viele Mitstreiter der Friedensbewegung geben mir und anderen Irakern Recht, dass zwischen dem Frieden, der Demokratie und den Menschenrechten eine enge und unlösbare Verbindung besteht. D.h., wenn man gegen den Krieg in einem Land protestiert, in dem eine Diktatur herrscht, muss man das despotische Regime verurteilen und solidarisch zu den Menschen in diesem Land stehen, die für ihre Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kämpfen. Jedoch bemerkte ich, besonders während der Demonstrationen, dass ein großer Teil der Friedenskämpfer sowie viele linksgerichtete Kräfte nur für den Frieden aufrufen und jegliches Transparent, mit der Verurteilung des despotischen Regimes im Irak, ablehnen. Sie verlieren nicht einmal ein Wort über den Despoten Saddam Hussain, der für mehr als zwei Millionen Menschen, die in den letzten 20 Jahren getötet wurden, und für über die 3,5 Millionen Menschen, die aus dem Irak vertrieben wurden, verantwortlich ist . Manche betrachten sogar das Regime im Irak als ein antiimperialistisches Regime und vergessen dabei seine geführten Kriege und die Vernichtung Hunderttausender Mitglieder und Sympathisanten der oppositionellen Kräfte, sowohl Araber, als auch Kurden, unter denen Kurdi-Faili, Assyrer, Kaldärer und Turkmenen waren. Außerdem vergessen sie, dass das Regime auch daran schuld ist, dass die amerikanischen und englischen Truppen das Golfgebiet besetzt und unter ihre Kontrolle genommen haben. Deswegen wende ich mich mit diesem offenen Brief an alle friedliebenden Menschen in Deutschland, um meine Meinung, die auch von vielen IrakerInnen geteilt wird, über zwei Fragen zur Diskussion zu stellen.

      I.

      Kurz nach dem schrecklichen Verbrechen vom 11. September 2001 beschloss die Bush-Administration, einen Krieg gegen den Irak zu führen. Seitdem laufen die Vorbereitungen und die Mobilisierung der Streitkräfte in den USA und in England auf Hochtouren. Dieser Krieg ist ein Bestandteil der neuen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Strategie der USA im 21. Jahrhundert. Es scheint mir bis heute noch, dass die US-Administration und ihre Verbündeten nur das eine wollen, nämlich den Krieg. Warum will die USA-Administration den Krieg führen, koste es, was es wolle?

      Nach meiner Analyse und Betrachtung wollen die USA folgende Ziele erreichen:
      Sie versuchen Embargos und Kriege als Mittel für ihre Bestrebungen nach Hegemonie in ihrer Weltpolitik und Neuordnung der Welt einzusetzen. Die USA bezwecken die Stilisierung dieses Krieges als einen Präzedenzfall für das Vorgehen gegen weitere Länder, begründet z.B. mit der sogenannten "Achse des Bösen".
      Ihre neue veränderte Strategie heißt: die Durchführung eines präventiven Krieges. Sie wollen ihren Alleingang in der Weltpolitik, und dabei soll die Rolle der UNO und des Sicherheitsrates ausgeschaltet bzw. eingeschränkt werden.
      Das ganze Golf- und Nahostgebiet beherrschen und ihre Politik diktieren.
      Die Besetzung des Irak wird jahrelang andauern, weil sich der Irak in einer wichtigen geo-strategischen Lage im Nahen Osten befindet. Der Irak eignet sich politisch und militärisch und mit dem laizistischen und offenen Charakter der Bevölkerung. besser für die Nahost-Strategie der USA als der Gottesstaat Saudi-Arabien.
      Die völlige Kontrolle über das Erdöl, Förderung, Verteilung und Preise, haben sowie die OPEC ausschalten bzw. liquidieren.
      Die Monopolisierung des Waffenexports und Ausschaltung aller anderen Konkurrenten im Nahen Osten erreichen.
      Der Krieg bietet eine gute Gelegenheit, die neuesten und modernsten USA-Waffen zu testen.
      Seit geraumer Zeit überlegen die Erdöl-Monopol-Gesellschaften und die amerikanische Regierung, wie sie sich von dem Erdöl Saudi-Arabiens unabhängig machen können, aber auf keinen Fall darauf verzichten müssen. Saudi-Arabien ist im Besitz von über 21 % der gesamten Erdölvorräte der Welt. Dabei sollte das Erdöl im Irak eine wichtige Rolle spielen. Wie bekannt ist, besitzt Irak 11% der gesamten Erdölvorräte der Welt. Hinzu kommt, dass die Medien in den USA berichten, dass Saudi-Arabien die islamischen Terroristen finanziell in der ganzen Welt unterstützt. Seit den 80er Jahren wurden, in Zusammenarbeit mit den USA und Pakistan, die Terroristen vielseitig unterstützt.
      Millionen von Menschen sind gegen einen Krieg im Irak, weil sie genau wissen, dass ein Krieg kein Problem löst, eher kompliziert und neue schafft. Der Krieg darf grundsätzlich kein Mittel zur Lösung politischer, wirtschaftlicher und ethnischer sowie religiöser Probleme sein. Außerdem ist der Sturz des irakischen Regimes einzig und allein die Aufgabe des irakischen Volkes und seiner oppositionellen Kräfte.
      Ein Krieg würde eine gewaltige Zerstörung der irakischen Wirtschaft, der Industrie und der gesamten Infrastruktur mit sich bringen. Noch katastrophaler würden die Folgen für die Bevölkerung ausfallen. Einige Beispiele dafür sind die Bombardierung von Hiroshima, Nagasaki, Dresden, Vietnam, Irak während des zweiten Golfkrieges sowie Jugoslawien und Afghanistan.
      Der Krieg gefährdet die Errungenschaften des kurdischen Volkes im irakischen Kurdistan, was einen Rückfall auf das Niveau der Verhältnisse der Kurden in der Türkei und im Iran bedeuten kann.
      Die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes von chemischen und biologischen Waffen, seitens des irakischen Regimes gegen das eigene Volk, lässt sich bei einer Konfliktsituation genauso wenig ausschließen, wie die Verwendung geächteter Waffen seitens der USA.
      Der Krieg würde den gemeisamen internationalen Kampf gegen den Fundamentalismus und Terrorismus nicht schwächen, sondern schüren und ausweiten. Man muss jedoch betonen, dass der Krieg selbst der schlimmste Terrorakt gegen die Bevölkerung ist.
      Der Krieg kann auch eine Voraussetzung für einen türkischen Militäreinmarsch im Nordirak schaffen, um ihre alte Expansionspolitik zu verwirklichen. Dies bedeutet, neue Probleme für das irakische Volk, aber auch für das kurdische Volk im Irak.
      Außerdem kann ein solcher Krieg einen Nährboden und eine neue Quelle für Fundamentalisten und Terroristen schaffen.
      Ich stehe an der Seite der irakischen Kinder, Frauen und Männer sowie Millionen Menschen unserer Welt, die für folgende Ziele kämpfen:
      Die UNO-Inspektoren sollen mehr und genügend Zeit erhalten, die Suche nach den Massenvernichtungswaffen fortzusetzen.
      Ein Alleingang der USA bei der Lösung dieser Frage muss vermieden werden. Nur der Weltsicherheitsrat der UNO kann und muss das Problem friedlich lösen durch,
      die Beseitigung von Massenvernichtungswaffen,
      die Aufhebung des Embargos,
      und die Herstellung der Demokratie und Menschenrechte.
      Die Umsetzung der UNO-Resolution Nr.688 von 1991, bezüglich der Einstellung des Terrors und der Wahrung der Menschenrechte im Irak, zu fordern.
      Die irakischen Antikriegs-Oppositionellen in ihrem gerechten Kampf für einen föderativen, demokratischen Irak, auf der Basis der Prinzipien einer modernen, zivilen und demokratischen Gesellschaft, umfassend zu unterstützen.
      Eine internationale Konferenz über den Irak, unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen und mit Teilnahme der irakischen demokratischen Opposition, einzuberufen, um das despotische Regime friedlich zu entmachten, wahrhafte demokratische Verhältnisse zu schaffen und somit die Gefahren des Krieges und des Bürgerkrieges abzuwenden.
      II. Millionen IrakerInnen erwarten von der Friedensbewegung ihre Solidarität im Kampf gegen das despotische Regime im Irak.

      Wie Ihnen bekannt ist, gelang es der Arabischen-Sozialistischen- Baathpartei im Jahre 1968, zum zweiten Mal die Macht zu übernehmen, die sie bis zum heutigen Tag noch ausübt. In der Zeit von 1968 bis 1990 führte das Regime eine zwiespältige Politik durch. Einerseits ist es despotisch und grausam in seiner menschenverachtenden Innenpolitik, andererseits öffnete sich das Regime in seiner wirtschaftlichen Außenpolitik nach Osten wie auch nach Westen. Dabei bezweckte das Regime dreierlei:
      Durch seine terroristische Politik versuchte das Regime im Inland, die oppositionellen Parteien und andersdenkenden Menschen von der politischen Bühne des Landes auszuschalten.
      Seine im Inland geführte despotische und grausame Politik zu verschleiern und sich das Schweigen des Ostens und Westens zu erkaufen.
      Die Schaffung eines Waffenarsenals.
      Das heutige Regime in Bagdad ist ein menschenverachtendes Regime, es ist mit dem Blut von Millionen von Menschen behaftet. Man kann uneingeschränkt sagen, dass alle grundlegenden Menschenrechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthalten sind, im Irak negiert werden, sowohl die politischen als auch die bürgerlichen Rechte. Das irakische Volk ist nicht nur seiner grundlegenden Freiheiten beraubt, sondern auch seiner Rechte auf Leben, Freiheit, Würde und Sicherheit. Der Mensch ist in jedem Moment seines Lebens den Henkern des Regimes ausgeliefert. Durch seine terroristische Innenpolitik, kamen in der Zeit von 1972-1990 mehr als 200000 Menschen in die Gefängnisse. Es waren Mitglieder und Sympathisanten der kommunistischen, demokratischen, patriotischen, nationalistischen und religiösen Parteien sowie Angehörige von Minderheiten. Viele von ihnen wurden getötet. Gleichzeitig hatte es eine Aktion gegen vornehmlich schiitische Araber in Mittel- und Südirak sowie gegen die Faili-Kurden gegeben. Dadurch wurden über 500 000 Menschen nach dem Iran deportiert.

      Im Jahre 1975 hat das Regime einen Vertrag mit dem Schah in Iran, mit Unterstützung der USA, abgeschlossen. Als Gegenleistung hat die irakische Seite Zugeständnisse im Grenzstreit, im Süden Iraks, gemacht. Die iranische Seite hat daraufhin ihre Unterstützung der Kurden im Norden des Landes eingestellt. Dadurch konnte die bewaffnete kurdische Befreiungsbewegung zerschlagen werden. Zehntausende Kurden (Männer, Frauen und Kinder) flohen nach dem Iran. Die zurückgebliebenen Kurden mussten sich ergeben und ihre Waffen an die irakische Regierung abliefern. Viele von ihnen landeten im Kerker oder wurden getötet.

      Im Jahre 1988 führte das Regime 8 Monate lang Militäroperationen gegen das kurdische Volk und nationale Minderheiten im irakischen Kurdistan durch. Hier wurden auch chemische Waffen eingesetzt. Dabei fanden 5.000 Menschen den Tod und viele wurden verletzt. Während dieser Operationen wurden außerdem über 182.000 Menschen verschleppt. Bis jetzt sind einige Massengräber an verschiedenen Stellen im irakischen Kurdistan gefunden worden. Weiterhin wurden 8.000 Menschen von dem Barasani-Stamm verschleppt und getötet. Außerdem wurden 4.250 Dörfer in Kurdistan zerstört und dem Boden gleich gemacht.

      Es kommt noch dazu, dass die Wirtschaftspolitik der Machtelite in keiner Weise rational und gerecht handelt. Ihre Politik ist auf die Produktion und den Import von traditionellen Waffen ausgerichtet, anstatt Nahrungsmittel und Medikamente für das Volk einzuführen.

      Die Regierung verkauft über den Schwarzmarkt große Mengen an Erdöl, und der erzielte Gewinn wird für die Rüstung, den Aufbau neuer Paläste und Moscheen sowie für die Elite und Sicherheitsapparate ausgegeben. Aufgrund dieser Politik und des Embargos befinden sich zur Zeit im Irak ca. 70% der gesamten arbeitsfähigen Kräfte in der Arbeitslosigkeit. Die Gehälter und Einkommen vieler Familien sind so niedrig, dass der Verdienst nur für einen Zeitraum von 10-15 Tagen ausreicht. Manche Familien sind sogar gezwungen, ihre Kinder auf die Strasse zu schicken, um etwas Geld zu verdienen. Für die Schule haben diese Kinder kaum noch Zeit.

      Viele Familien verkaufen über illegale Wege ihre Organe an die Krankenhäuser, damit sie von dem Geld Medikamente und Nahrungsmittel kaufen können. Mehrere Familien haben sogar ihre Kinder verkauft, um einmal etwas Geld zum Leben zu bekommen, und zum anderen, damit die Kinder vielleicht eine bessere Chance zum Leben erhalten.

      Die Menschenrechte werden auch durch das Beharren der USA auf Fortführung des Embargos grob und ständig verletzt. Wenn man die Berichte der UNO verfolgt, wird man erkennen, dass über 600.000 Kinder im Irak nur an den Folgen des Embargos seit 1991 bis heute gestorben sind. Viele alte bzw. kranke Frauen und Männer sind wegen Mangel an Nahungsmitteln, Medikamenten, medizinischen Geräten und gesundheitlicher Fürsorge gestorben. Außerdem gibt es heute ca. eine Million Kinder und viele kranke und alte Menschen, die als Todeskandidaten betrachtet werden. Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright sagte, wenn jeden Monat 5.000 Kinder nur wegen des Embargos im Irak sterben, ist das ein erträglicher Preis, um das Embargo weiterzuführen.

      Das Programm "Erdöl für Nahrungsmittel" sorgt nur für das Notwendigste der Menschen und auch nur für eine begrenzte Zeit von 15 Tage im Monat. Für die restlichen Tage eines Monats muss jeder selbst die Waren auf dem Markt und nur zu hohen Preisen kaufen. Kurz gesagt, die Lage der Menschen im Irak ist unerträglich und verschlechtert sich dramatisch.

      Im Jahre 1979 übernahm Saddam Hussain die Alleinherrschaft im Lande. Gleich zu Beginn richtete er ein blutiges Massaker an vielen seiner Parteigenossen und Mitglieder der Führung an, aber auch an Kommunisten und Islamisten. Im Jahre 1980 entfachte Saddam Hussain einen Krieg gegen das neue Mullah-Regime in Iran. Das Regime erhielt in diesem 8-jährigen Krieg moderne Waffen sowie logistische, materielle und politische Unterstützung vieler Länder, hauptsächlich durch die USA. Dieser Krieg forderte ca. eine Million Tote, noch mehr Verletzte und viele Behinderte. Die Rüstungskonzerne und die waffenexportierenden Länder erzielten dabei Gewinne von beiden Seiten, d.h. vom Irak und Iran, in Milliardenhöhe. Die USA, SU, Frankreich, beide deutsche Staaten, Großbritannien, Spanien und andere Länder haben nicht nur Waffen geliefert, sondern auch neue Technologien für den Aufbau und die Produktion von traditionellen - und Massenvernichtungswaffen. Das Regime wurde bei seinen Bemühungen, moderne konventionelle Waffen und Massenvernichtungswaffen zu erlangen, von Ländern wie USA, Frankreich, beide deutsche Staaten und andere sozialistische Länder ständig unterstützt. In dieser Zeit hat das Regime mehr als 253 Milliarden US $ für Militärzwecke ausgegeben. Und damit begann es, seine aggressive Außenpolitik durchzuführen.

      Am 02.08.1990 überfiel Saddam Hussain Kuwait. Er wurde dazu indirekt von der USA- Botschafterin, Frau April, in Bagdad ermuntert. Kurz danach, am 06.08.1990 wurde der Beschluss des Embargo Nr. 661 gegen den Irak durch den Sicherheitsrat gefasst. Das Szenario eines zweiten Golfkrieges war somit vorprogrammiert.

      Der zweite Golfkrieg begann am 16.01.1991 und dauerte nur 42 Tage. Er kostete dem irakischen Volk über 110.000 tote Soldaten, über 15.000 tote Zivilisten, 35.000 Tote durch die Zerschlagung des Aufstandes von 1991 durch das Regime, die Zerstörung Tausender Häuser, Schulen, über 100.000 Obdachlose und einige Hunderte von Milliarden US $. In diesem Krieg haben die USA die modernsten traditionellen Waffen, auch mit Uran angereicherte Geschosse (D.U., depleted Uranium, Abfälle der Uran-Industrie), eingesetzt. Die US-Armee hat über 227.165 verschiedene Arten von Bomben und Raketen über die Städte und Dörfer des Irak abgeworfen. Durch den Krieg wurden auch 700 Erdölquellen in Brand gesteckt. Die Folgen des Einsatzes dieser Waffen waren ein Anstieg von Mißgeburten und neue unbekannte Krankheiten, besonders im Süden Iraks. Außerdem löste der Krieg im Irak eine Umweltkatastrophe aus, die unvorstellbar ist.

      Das despotische Regime wird von der Mehrheit der Bevölkerung gehasst und ist vom Volk isoliert. Saddam Hussain konnte sich nur so lange an der Macht halten, durch
      den ständigen militärischen Ausnahmezustand, der im Lande herrscht,
      die Existenz der fünf verschiedenen Geheimdienstapparate, die das Volk ständig überwachen und durch die Unterstützung der Baath-Partei, der regimehörigen Gewerkschaften und anderer Massenorganisationen,
      den Schutz der Palastgarde und der Saddam-Kämpfer,
      den Schutz von Armeeeinheiten, die in Bagdad stationiert sind,
      die Anwendung verschiedener Unterdrückungs- und Foltermethoden. Ich denke hierbei an Erniedrigung der Menschen, Folterung bis zum Tode sowie die Vertreibung ins Ausland und schließlich
      durch seine Befehlsgewalt, denn Gesetze gibt es im Irak nicht
      durch die Unterstützung der despotischen Regimes in den arabischen Ländern.
      durch die geschwächten Oppositionskräfte aufgrund der Jahrzehnte langen brutalen Politik des Regimes.
      Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch auf ein Problem eingehen, worüber in der letzten Zeit viel diskutiert wurde.

      Es wurde versucht, das irakische Regime von seinen verbrecherischen Taten, insbesondere von dem Einsatz von Chemie-Waffen in Halabtsche frei zu sprechen, oder in Frage zu stellen, ob das Regime es überhaupt begangen hat. Ein Beispiel dafür liefert Herr Joachim Gulliard in seinem Artikel Zur umstrittenen "Wahrheit über den Giftgasangriff auf die Kurden". Er schrieb in diesem Artikel Folgendes:
      "Selbstverständlich sind nicht alle Vorwürfe über irakische Schandtaten gegen Kurden erfunden. Es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Aufstandsbekämpfung auch massiv gegen die mit den Aufständischen sympathisierende Bevölkerung vorgegangen wurde, mit Vertreibungen, Hauszerstörungen, Verhaftungen und auch Exekutionen, so wie wir es leider von vielen anderen Ländern kennen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass einzelne Berichte über den Einsatz chemischer Waffen zutreffen. Auszuschließen ist aber - nicht nur nach Meinung Pelletiers - schon aufgrund des dafür ungünstigen Terrains im Nordirak die hohe Zahl der angeblichen Opfern.
      Der Vorwurf des Völkermords lässt sich jedenfalls mit dem bisher bekannten Beweismaterial nicht begründen. Je schwerwiegender aber die Vorwürfe, desto sicherer müssen unabhängige Beweise sein, und Einwände von Leuten wie Pelletier sollten, gerade wenn es sich wie bei ihm um einen ehemaligen US-Offizier und CIA-Mitarbeiter handelt, der sich damit gegen die offizielle Linie seines Landes stellt, ernst genommen werden."
      Ich war in den Jahren 1987-1988 in Kurdistan und habe mit vielen anderen Partisanen selbst erlebt, wie das Regime Giftgas (Senfgas) in Bahdinan gegen die kommunistischen und demokratischen Peschmergeh (Partisanen) eingesetzt hatte. Die Menge an Giftgas war nicht sehr groß, deswegen gab es weniger Tote, aber viele Verletzte. Darunter waren auch mehrere Mitglieder der Leitung der KPI und DKP. Später hatte das Regime diese Waffen in Halabtsche eingesetzt. Das Halabtsche-Drama war nur ein Teil der verbrecherischen Anfal-Operationen, die in der Zeit von Februar bis Oktober 1988 durchgeführt wurden. Es ist nicht richtig, nach fünfzehn Jahren zu behaupten, dass das Regime nicht der Täter dieses Völkermordes war, sondern das Regime in Iran. Dies kommt mir wie bei dem Holocaust vor, wo man behauptet, dass er nicht stattgefunden hat.

      Wer versucht, die Greueltaten Saddam Hussains in Frage zu stellen bzw. zu verleugnen, beweist nicht nur seine Naivität, sondern auch seine Unwissenheit über den Charakter des Regimes in Bagdad. Die kurdische Nationaldemokratische Partei im irakischen Kurdistan sowie die KPI und viele Bürger können viele Beweise und Dokumente liefern, aus denen hervor geht, dass das Regime in Bagdad, insbesondere Saddam Hussain, sein Revolutionsrat und Ali Hassan Al-Majid für den Einsatz von Chemie-Waffen in Kurdistan, darunter Halabtsche, verantwortlich ist.

      Zum Schluss möchte ich meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Friedensbewegung in Deutschland und in der ganzen Welt die Verbindung zwischen dem Frieden, der Demokratie und der Menschenrechte wieder herstellt, weil es ohne Frieden keine Demokratie, Menschenrechte sowie Gerechtigkeit geben wird. Aber ohne Demokratie und Menschenrechte kann es auch keinen dauerhaften Frieden geben.

      Mit freundlichen Grüssen.
      Kadhim A. Habib
      Berlin, den 07.03.2003
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 22:10:56
      Beitrag Nr. 442 ()
      Mittwoch, 19. März 2003
      Irreführung, Falschinformation
      UN-Inspekteur kritisiert USA

      Ein gerade nach Norwegen zurückgekehrter UN-Rüstungsinspektor hat sich über nach seinen Worten irreführende und falsche Informationen der USA über das irakische Massenvernichtungspotenzial beschwert. Jörn Siljeholm, der 100 Tage dem Inspektoren-Team angehörte, sagte am Mittwoch, keine US-Angaben, auch nicht die von Außenminister Colin Powell, hätten sich mit seinen eigenen Feststellungen gedeckt.

      "Keiner ihrer `heißen Tipps` wurde bestätigt", sagte Siljeholm. "Wenn man nichts findet und die These wiederholt, dass (die Iraker) irgendetwas verstecken, schwächt das die These. Es ist nicht schmeichelhaft." Amerikanische Geheimdienstberichte beschrieb er als "politisch". "Ich weiß nicht von irgend einem Dekontaminierungs-Lkw, der sich bei der Überprüfung nicht als Feuerwehrwagen oder Wassertankwagen entpuppt hätte."
      Avatar
      schrieb am 19.03.03 23:19:01
      Beitrag Nr. 443 ()
      Internationale Umfrage

      USA verlieren jede Sympathie

      Die Kriegspolitik der US-Regierung hat offenbar dramatische Auswirkungen auf das Ansehen der USA in Europa. Einer internationalen Umfrage zufolge braut sich selbst in traditionell amerikafreundlichen Nationen eine nie gekannte Wut auf die Supermacht zusammen.

      Washington - Die Menschen in Europa sind anscheinend nicht länger bereit, zwischen der Politik der amerikanischen Regierung und den USA zu unterscheiden. Die Ergebnisse, die der Pew Research Center in neun europäischen Nationen zu Tage förderte, sprechen in dieser Hinsicht eine deutliche Sprache.

      In Deutschland stürzte der Anteil der Menschen mit einer positiven Meinung über die USA innerhalb der letzten sechs Monate von 61 auf nunmehr 25 Prozent. Beinahe ebenso dramatisch verschlechterte sich das Ansehen Amerikas in Frankreich: Hier hat sich der Anteil der USA-Freunde seit September 2002 von 63 auf 31 Prozent halbiert.

      Auch in den Ländern, die der "Koalition der Kriegswilligen" angehören, steht es nicht besser um das Image der USA. In Spanien stürzte der Anteil der Amerika-Freunde von 50 auf ganze 14 Prozent, und selbst in Großbritannien denkt nicht einmal mehr jeder Zweite gut über Amerika: Im Land von Tony Blair, dem engsten Verbündeten von US-Präsident George W. Bush, gibt es der Umfrage zufolge nur noch eine Sympathierate von 48 Prozent. Vor einem halben Jahr lag sie noch bei 75 Prozent.

      Zwar ist es um die Meinung über die USA in Osteuropa erwartungsgemäß am besten bestellt, doch auch hier verzeichneten die Meinungsforscher einen dramatischen Sympathieschwund: In Polen sank der Anteil der Amerika-Unterstützer von 79 auf 50 Prozent.

      Die Kritik an der Außenpolitik der Bush-Regierung sei "beinahe universal", so die Erkenntnis des Pew Research Centers. Die Mehrheit der Kriegsgegner sei so "überwältigend", dass der Sympathiebonus für die USA nach den Anschlägen des 11. September 2001 längst verbraucht sei.

      Ein beredtes Beispiel dafür sind die Zahlen aus Russland: Dort schoss der Anteil der USA-Freunde nach den Terror-Attacken zunächst von 37 auf 61 Prozent in die Höhe - und liegt mittlerweile bei 28 Prozent.
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 12:05:16
      !
      Dieser Beitrag wurde vom System automatisch gesperrt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an feedback@wallstreet-online.de
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 12:12:16
      Beitrag Nr. 445 ()
      Afghanistan

      Tausend US-Soldaten bei Großrazzia gegen Bin Laden

      Während die US-Streitkräfte den ersten Schlag gegen Bagdad starteten, gingen auch in Afghanistan die Kämpfe weiter. Am Morgen flog die amerikanische Armee einen Luftangriff auf Ziele südöstlich von Kandahar. Rund tausend US-Soldaten durchsuchten mehrere Dörfer nach al-Qaida-Aktivisten.


      AP

      Gesucht: Terrorfürst Osama Bin Laden


      Bagram/Afghanistan - Der Angriff leitete die größte Offensive gegen das Terrornetzwerk seit einem Jahr ein, teilten die US-Streitkräfte auf ihrem Stützpunkt Bagram mit. Soldaten der 82. US-Luftlandesdivision führten den Einsatz durch. Beobachter meinen, die Aktion solle offenbar mögliche Vergeltungsschläge als Reaktion auf den Irak-Angriff verhindern.

      Deutsche Soldaten waren an dem Einsatz nicht beteiligt. Die internationale Schutztruppe Isaf verstärkte in der Hauptstadt Kabul aber ihre Patrouillen, um möglichen Attentaten vorzubeugen, berichtete der deutsche Isaf-Sprecher Thomas Löbbering.

      Es wurde außerdem bekannt, dass am Mittwoch bei einem Angriff von Taliban-Kämpfern nahe der pakistanischen Grenze drei afghanische Regierungssoldaten getötet wurden. Fünf der Angreifer seien verhaftet worden, sagte der Sicherheitschef der südafghanischen Stadt Spinpoldak, Abdul Rassak Pandschiri.

      Die USA fahnden in Afghanistan nach Anhängern der radikal-islamischen Taliban und Mitgliedern der al-Qaida-Organisation des Muslim-Extremisten Osama Bin Laden. Die USA halten Bin Laden und al-Qaida für die Drahtzieher der Anschläge vom September 2001, bei denen in den USA rund 3000 Menschen getötet worden waren. Die Taliban hatten Bin Laden bis zu ihrem Sturz im Dezember 2001 Unterschlupf gewährt. Kandahar galt als eine ihrer Hochburgen.
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      schrieb am 20.03.03 13:02:33
      Beitrag Nr. 446 ()
      Bush und das Völkerrecht

      "Ein illegaler Krieg"

      Von Dominik Baur

      Das völkerrechtlich umstrittene Vorgehen gegen den Irak wird für die Supermacht USA kaum Konsequenzen haben. Anders könnte es für willige Mitstreiter wie Polen aussehen. Und selbst dem Bundeskanzler droht Ungemach - wegen "Beihilfe zum Krieg".


      REUTERS

      US-Soldaten stellen sich in Kuweit auf den Krieg ein


      Hamburg - Für George W. Bush ist die Situation eindeutig. Ein Krieg gegen den Irak ist nötig - und auch völkerrechtlich legitimiert. Schließlich sieht das im Artikel 2, Absatz 4 der Uno-Charta festgeschriebene Kriegsverbot zwei Ausnahmen vor: Wenn die Kriegshandlungen der Selbstverteidigung dienten oder aber wenn sie zur Wahrung des Weltfriedens eindeutig vom Weltsicherheitsrat abgesegnet wurden. Der US-Präsident sieht sich daher gleich zweimal bestätigt. Zum einen betrachtet er den Feldzug gegen Saddam als Verteidigungskrieg, zum anderen sei er ohnehin durch die Uno-Resolution 1441 ausreichend legitimiert. Der Weltsicherheitsrat sei seinen Verpflichtungen schließlich nicht gerecht geworden, nun würden die Vereinigten Staaten selbst für die Entwaffnung des Irak und einen Regimewechsel in Bagdad Sorge tragen.

      In Deutschland sieht man das größtenteils anders. Bundeskanzler Gerhard Schröder etwa hält den Krieg für "nicht gerechtfertigt", wie er in seiner Fernsehansprache an das deutsche Volk betonte - wenngleich er nicht von einer völkerrechtswidrigen Aktion der USA sprechen wollte. Sein Regierungssprecher Bela Anda wich einer entsprechenden Frage ebenfalls aus: Es sei unseriös, mit "Ja" oder "Nein" zu antworten. Die Zurückhaltung ist verständlich: Für den Kanzler könnte es heikel werden, falls er den Krieg gegen Saddam als völkerrechtswidrig bezeichnen würde. In der Konsequenz dürfte er den USA keine Überflugsrechte gewähren. Die hat Schröder den USA jedoch fest versprochen. Anda: "Es bleibt bei den Zusagen, die der Bundeskanzler schon im November gegeben hat."


      AP

      Präsident Bush bei der Verkündung des Ultimatums: Verstoß gegens Völkerrecht?


      Andere Politiker in Deutschland sind mit ihrer Antwort eindeutiger: Innenminister Otto Schily bezeichnet den Krieg immerhin als "völkerrechtlich problematisch", der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler schimpft über den "offenen Bruch des Völkerrechts". Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller ist überzeugt, dass der "Krieg ohne Uno-Mandat nicht geführt werden" darf. "Wenn die Amerikaner das machen, brechen sie das Völkerrecht."

      Der katholische Theologe Hans Küng wirft der US-Regierung vor, sie habe ein "Lügengebäude von Orwellschem Ausmaß aufgebaut, um einen völkerrechtswidrigen und unmoralischen Krieg zu legitimieren". Und ein Hamburger Anwalt hat gar den Kanzler und Außenminister Joschka Fischer bei der Bundesanwaltschaft wegen Beihilfe zu einem Angriffskrieg angezeigt.

      Aber auch ein Großteil der Völkerrechtsexperten - zumindest in Europa - halten von Bushs Kriegsbegründung recht wenig. "Ernsthafte Konsequenzen" wurden dem Irak in der Uno-Resolution 1441 angedroht. Das allerdings ist nach Meinung des Juristen Jörg Arnold vom Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht noch längst keine Kriegsdrohung. Die Resolution habe schließlich nicht festgestellt, dass der Irak den Weltfrieden durch die Produktion von Massenvernichtungswaffen bedrohe und friedliche Maßnahmen zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichten. Nach Kapitel VII der Uno-Charta könne eine Legitimation für militärische Gewalt jedoch nur aus einer solchen Feststellung abgeleitet werden.

      "USA wollen hegemoniale Weltordnung"

      Auch Arnolds Kollege Rüdiger Wolfrum, Direktor am Heidelberger Max-Planck-Institut für Völkerrecht, sieht in "1441" keine Rechtfertigung für den Krieg. Die Formulierung "ernste Konsequenzen" sei viel zu schwammig. Letztendlich müsse der Sicherheitsrat seine Beschlüsse selbst auslegen. Die Mehrheit der Mitglieder habe aber klargemacht, dass die Resolution kein Kriegsmandat beinhalte.

      Der Frankfurter Völkerrechtler Michael Bothe stimmt darin mit den anderen Experten überein - und sieht sogar einen langfristigen Trend bestätigt: "Hier zeigt sich eine Entwicklung, die dahin geht, dass die USA bewusst das Völkerrecht im Sinne einer hegemonialen Weltordnung umgestalten wollen." In ihrer "brutalen Klarheit" seien die Bestrebungen, eine solche Weltordnung zu schaffen, allenfalls mit dem Römischen Reich vergleichbar.

      Nicht nur die Resolution 1441, sondern auch ihre Vorgänger-Dokumente, die Resolutionen 678 und 687, die den Abzug des Irak aus Kuweit und die Vernichtung von Massenvernichtungswaffen gefordert hatten, geben Bush entgegen seiner eigenen Auslegung keinen Freibrief für eine Militäraktion gegen den Irak, meint der Großteil der deutschen Völkerrechtler. Schließlich seien die beiden Resolutionen mit einer klaren Zielsetzung verbunden gewesen. Kuweit sei befreit worden, und auch den Abrüstungsaufforderungen sei Saddam nachgekommen, wenn auch äußerst widerwillig.

      Das Argument der angeblichen Selbstverteidigung lässt Arnold ebenfalls nicht gelten. Die nach Artikel 51 der Uno-Charta erforderlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Es gebe schließlich keine konkrete Gefahr, dass ein Angriff unmittelbar bevorstehe. Die Internationale Juristen-Kommission in Genf, der 60 Top-Juristen aus aller Welt angehören, fällt dasselbe Urteil. Es gebe keine völkerrechtliche Grundlage für eine Invasion. Der Krieg sei "illegal".

      "Polen dürfte nicht EU-Mitglied werden"

      Ist ein Krieg gegen den Irak völkerrechtswidrig, handelt freilich nicht nur Bush illegal, sondern auch seine "Koalition der Willigen". Anders als die Supermacht USA müssen sich die kleinen Helfer jedoch ernsthaft Gedanken über mögliche Konsequenzen machen, die sich aus ihrer Unterstützung eines Krieges ergeben könnten. Namentlich Polen. 200 Elitesoldaten will das Land an der Seite der amerikanischen Truppen in den Irak schicken.

      Eine Entscheidung, die nach Meinung des Augsburger Völkerrechtler Christoph Vedder bittere Folgen haben könnte. Denn, so Vedder in der "Süddeutschen Zeitung", damit verstößt Polen gegen die Aufnahmekriterien der Europäischen Union. Ein EU-Gipfel machte es 1997 zur Voraussetzung für eine Aufnahme, dass die jeweiligen Regierungen die Grundsätze des Völkerrechts achten und Konflikte auf friedliche Weise austragen. "Polen dürfte jetzt nicht Mitglied der EU werden", meint Vedder.

      Selbst ein entschiedener Kriegsgegner wie der deutsche Bundeskanzler könnte in die Bredouille geraten - vielleicht nicht völker-, aber immerhin verfassungsrechtlich. Schröder wolle bewusst ein Problem aus der öffentlichen Diskussion verbannen, wirft Arnold dem Regierungschef vor: "Das Problem ist die deutsche Unterstützung des Krieges durch die Gewährung von Überflugrechten oder dadurch, dass den USA die Nutzung von Kommandoeinrichtungen auf deutschem Staatsgebiet gestattet wird." Auch die Bereitstellung von Patriot-Abwehrraketen für die Türkei und von Bundeswehrsoldaten für die Awacs-Flugzeuge verstoße gegen die Verfassung. Damit würde das "Aufmarschgebiet Türkei" mit abgesichert.

      "Diese Maßnahmen sind Beihilfe zum Angriffskrieg", konstatiert Arnold. Atikel 26 des Grundgesetzes verbiete das jedoch eindeutig. Zumindest, da sind sich Arnold und Bothe einig, wäre die Zustimmung des Bundestages nötig. Denn das Grundgesetz sieht einen Parlamentsvorbehalt bei allen bewaffneten Streitkräfteeinsätzen vor. "So konsequent der Kanzler auf die Wahrung des Völkerrechts durch die USA bislang geachtet hat", kritisiert Arnold, "so inkonsequent verhält er sich bei der Einhaltung des deutschen Verfassungsrechts. Damit stelle Schröder den rechtsstaatlichen Grundsatz, dass das Recht die Politik zu begrenzen hat, im eigenen Land auf den Kopf. "Seine Devise verkehrt sich zu der Losung: Die Politik geht dem Recht vor."
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 14:28:19
      Beitrag Nr. 447 ()
      Brief und Erklärung von IALANA zum angekündigten US-Angriffskrieg
      Beschlussvorlage für die Generalversammlung: UNO soll beim Internationalen Gerichtshof Rechtsgutachten beantragen / Request to the International Court of Justice

      Im Folgenden dokumentieren wir
      eine Erklärung der Deutschen Sektion von IALANA zum Angriffskrieg gegen Irak,
      einen Brief von IALANA an die Bundesregierung, in dem diese aufgefordert wird, in der UN-Generalversammlung tätig zu werden, damit dort eine Resolution verabschiedet wird zur Einleitung eines Verfahrens vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag,
      und den Textentwurf für eine solche Resolution (in deutscher und englischer Spraqche).


      Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen - Für gewaltfreie Friedensgestaltung
      Deutsche Sektion der International Association Of Lawyers Against Nuclear Arms
      Erklärung der IALANA zum angekündigten US-Angriffskrieg gegen Irak
      Der gestern von US-Präsident Bush für den Fall, dass der irakische Diktator Saddam Hussein und bestimmte Mitglieder seiner Familie den Irak nicht bis zum Donnerstag, 20. März, 02.00 Uhr (CET) verlassen, angekündigte Angriffskrieg verstößt gegen das Völkerrecht.

      Es gibt keinerlei Rechtsgrundlage im Völkerrecht, die es einem Staat erlaubt, einen Regierungswechsel in einem anderen Staat oder gar eine geostrategische Neuordnung in einer ölreichen Region militärisch zu erzwingen. Auch die UN-Sicherheitsratsresolution 1441 (2002) enthält nach Wortlaut und Entstehungszusammenhang keine Billigung oder Autorisierung des Einsatzes militärischer Gewalt für das von ihr allein verfolgte Ziel einer militärischen Abrüstung des Irak. Erst recht enthält sie keine Rechtfertigung für die militärische Durchsetzung eines Regierungswechsels oder die sonstigen Ziele der Bush-Regierung.

      Deshalb ist auch die von Bundesswehr-General a. D. Klaus Naumann in den ARD-TAGESTHEMEN vom 18. März 2003 aufgestellte Behauptung, die Resolution 1441 rechtfertige im Zusammenspiel mit der 12 Jahre alten, zur militärischen Befreiung Kuwaits ermächtigenden Resolution 678 einen US-Krieg gegen Irak, juristisch nicht haltbar. Die Resolution 678 (1990) ist durch die Befreiung Kuwaits schon wegen Zweckerreichung und Zeitablaufs "verbraucht". Zudem enthielt sie ohnehin keine Ermächtigung zur Erzwingung eines Regierungswechsels. Die vernebelnde Berufung von General a. D. Naumann auf eine nicht näher bezeichnete "angelsächsische Rechtsauslegung" ändert daran nichts. Auch eine solche Auslegung müsste sich am strikten Gewaltverbot der UN-Charta orientieren, die als Ausnahmen nur das Recht der Selbstverteidigung (Art. 51) und den Gewalteinsatz durch den UN-Sicherheitsrat (Art. 42 und 53) vorsieht. Bezeichnend ist, dass die Rechtmäßigkeit des Krieges bislang ganz überwiegend nur von den Rechtsbrechern, nämlich den Verantwortlichen der Bush- und Blair-Administration sowie einigen ihrer Militärs, geltend gemacht wird, während UN-Generalsekretär Kofi Annan sowie die große Mehrheit der Staatengemeinschaft und der Völkerrechtswissenschaftler unzweideutig auf den bevorstehenden Bruch der UN-Charta und damit des Völkerrechts hinweisen.

      Zwingende Konsequenz für die deutsche Bundesregierung aus der Völkerrechtswidrigkeit des Irakkrieges muss die Verweigerung jeglicher Unterstützung oder Mitwirkung an diesem Angriffskrieg sein. Dies betrifft vor allem
      die Gewährung von Überflugrechten für US-Militärflugzeuge,
      die Nutzung der US-Basen in Deutschland,
      die AWACS-Flüge,
      die Einbeziehung der Fuchs-Spürpanzer in den Konflikt,
      die militärische Hilfeleistung für sonstige den US-Aggressor unterstützende Staaten sowie
      das Abstimmungsverhalten in den NATO-Gremien.
      Wegen der verbindlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 25 GG (die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind unmittelbarer Bestandteil des Bundesrechts) und Art. 20 Abs. 3 GG (Bindung der Regierung an Recht und Gesetz) sowie wegen des ausdrücklichen Verbots jeder Vorbereitung eines Angriffskrieges (Art. 26 GG) ist eine andere politische Entscheidung verfassungswidrig. Ein politischer Entscheidungsspielraum ist nur für Handlungen eröffnet, die mit dem Völker- und Verfassungsrecht in Einklang stehen. Wer anderes behauptet, wie nach Zeitungsberichten etwa der Bundeskanzler mit dem Hinweis, man werde "keine Juristerei betreiben", redet einem Abschied vom Rechtsstaat das Wort.

      ***

      Sehr geehrte Damen und Herren,
      sehr geehrter Herr Bundesaußenminister,

      die IALANA fordert die Bundesregierung auf, in der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Einholung eines Rechtsgutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur Rechtmäßigkeit eines Krieges gegen den Irak zu beantragen. Art. 96 Abs. 1 der UN-Charta sieht ein solches Vorgehen ausdrücklich vor.

      Durch dieses Vorgehen würde eine Entscheidung getroffen über die von einigen Staaten behauptete Rechtmäßigkeit eines Präventivkrieges sowie des Einsatzes militärischer Gewalt, ohne eine diesen Einsatz ausdrücklich gestattende Resolution des UN-Sicherheitsrates.

      Mit einem solchen Rechtsgutachten würde die Bundesregierung auch eine Antwort auf die Frage erhalten, welche rechtlichen Bewertungen sie bei einer Entscheidung über eine indirekten Unterstützung eines Irakkrieges, z. B. durch Genehmigung von Überflugrechten, zugrundelegen muss.

      Angesichts der sich aus Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes und § 80 des Strafgesetzbuches ergebenden drastischen Folgen einer Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges (Mindestfreiheitsstrafe von 10 Jahren) sollte die Bundesregierung ein hohes Interesse an der Klärung dieser Frage haben.

      Ein Entwurf für einen entsprechenden Beschluss des Sicherheitsrats ist nachfolgend in deutscher und englischer Sprache dargestellt.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Dr. Philipp Boos
      - Rechtsanwalt -
      Geschäftsführer IALANA

      ***

      Beschlussvorlage für die Generalversammlung

      Die Generalversammlung,

      feststellend, dass Artikel 96 Abs. 1 der Charta der Vereinten Nationen die Generalversammlung zur Einholung eines Rechtsgutachtens des Internationalen Gerichtshofs über jede Rechtsfrage ermächtigt,

      in Erinnerung rufend, dass der Generalsekretär in seinem Report "Agenda for Peace" empfohlen hat, dass die für die Einholung von Rechtsgutachten kompetenten Organe der Vereinten Nationen von der Anrufung des Gerichtshofs häufiger Gebrauch machen sollten,

      zur Kenntnis nehmend, das bestimmte Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen eine neue Theorie eines Präventivkrieges vertreten, der rechtmäßig gegen andere Staaten eingesetzt werden könne, welche weder Gewalt eingesetzt haben noch mit dem Einsatz von Gewalt gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates drohen,

      zur Kenntnis nehmend, dass bestimmte Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen kurz davor stehen, militärische Gewalt gegen einen anderen Mitgliedsstaat einzusetzen, ohne dass eine Entscheidung des Sicherheitsrats vorliegt, dass die bisher eingesetzten und vom Sicherheitsrat autorisierten friedlichen Maßnahmen unzulänglich sein würden oder sich als unzulänglich erwiesen haben, um die Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit herbeizuführen,

      beschließt gemäß Artikel 96, Absatz 1 der Charta der Vereinten Nationen, vom Internationalen Gerichtshof, umgehend ein Rechtsgutachten über die folgende Rechtsfrage einzuholen:

      Sind einzelne Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen berechtigt, militärische Gewalt gegen einen anderen Mitgliedsstaat einzusetzen, wenn

      a) sie die Rechtmäßigkeit auf die Befürchtung gründen, dass dieser Staat zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft unmittelbar oder mittelbar Massenvernichtungswaffen gegen einen anderen Staat einsetzten wird, oder

      b) aufgrund ihrer eigenen, nicht vom Sicherheitsrat bestätigten Feststellung, die bisherigen vom Sicherheitsrat autorisierten Maßnahmen gegen den betreffenden Staat zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit unzulänglich seien würden oder sich als unzulänglich erwiesen haben?
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 17:46:54
      !
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      Avatar
      schrieb am 20.03.03 18:50:47
      Beitrag Nr. 449 ()
      Operation "Iraqi Freedom"

      Bodenoffensive hat begonnen

      Die alliierten Truppen haben offenbar mit der Invasion des Irak begonnen. Die US-Streitkräfte bestätigten, dass der Süden des Irak mit Artillerie und Kampfhubschraubern unter Beschuss genommen wurde.


      AP

      Amerikanische Raketenbatterie an der Grenze zum Irak: Schwerer Beschuss eröffnete Bodenoffensive


      Kuweit - Bei dem Angriff der 3. Infanteriedivision wurden Haubitzen und Raketensysteme mit Mehrfachsprengköpfen eingesetzt. Das teilte der US-Generalmajor Bufourd Blount mit, der die erste Phase der Bodenoffensive bestätigte.

      Der US-Nachrichtensender Fox News meldete zugleich weitere Luftangriffe der USA und Attacken von Kampfhubschraubern im südlichen Irak. Die "New York Times" berichtet, US-Marinesoldaten seien in erste Kämpfe mit irakischen Truppen verwickelt worden. Amerikanische Panzer sollen demnach zwei irakische gepanzerte Truppentransporter zerstört haben.

      Zuvor waren die US-Bodentruppen an der Grenze zum Irak in Kampfbereitschaft versetzt worden. Sie erhielten den Befehl, Schutzkleidung gegen Chemie- und Biowaffen anzulegen und Gasmasken bereit zu halten. Ein amerikanischer Kommandeur sagte, dieser so genannte "MOPP-1-Status" werde normalerweise vor einem Angriff ausgerufen.

      In Großbritannien stationierte US-Langstreckenbomber vom Typ B-52 wurden unterdessen mit Marschflugkörpern und anderem Kriegsgerät bestückt. Die britische BBC zeigte am frühen Abend Fernsehbilder von der Verladung auf dem britischen Luftwaffenstützpunkt Fairford.

      Von dort sollen insgesamt 14 der US-Bomber zu Einsätzen im Irak starten. Nach der von der Türkei beschlossenen Gewährung von Überflugrechten für britische und amerikanische Flugzeuge brauchen sie die B-52 etwa fünf bis sechs Stunden bis in den Norden des Irak.
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 19:57:08
      Beitrag Nr. 450 ()
      Ari Fleischer behauptete, dass 1.18 Mrd. Menschen auf der Seite der USA stünden. Hat jemand eine Ahnung wie die Bush-Administratition dies nachgezählt hat? Und Saddam wird weiterhin lügen. Mr. Fleischer, sie vielleicht nicht?!:D
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 20:04:56
      Beitrag Nr. 451 ()
      Hi Jules
      viele grüße aus dem schönen Malaysia, wären natürliche noch bessere Grüßere, wenn die Situation es zulassen würden. sitz hier im hotel und lese mir die Nachrichten im Internet durch, und bin ehrlich gesagt etwas froh, dass ich nicht mit diesen Nachrichtenzeugs zugeschüttet werde. dank dir, dass du die Stellung in meinem Thread hälst. Hier in Malaysia ist die Stimmung gedrückt, die Leute sind nicht gut auf die USA zu sprechen. Bin jetzt mal hier im Urlaub und versuche das beste daraus zu machen, schließlich will ich den Kids nichts großartig verderben. Am Wochenende fahre ich mit meiner Frau zum Formel 1, ist etwas außerhalb von Kuala Lum. dann noch viele grüßere an alle WO-Member, und möge der Krieg schnell zu Ende gehen :(
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 21:18:42
      Beitrag Nr. 452 ()
      hey Juvenile, geniess dein Urlaub. wenn du wieder hier bist, bekommst du nur Lügen zu hören. cu

      Operation "Iraqi Freedom"

      Großoffensive läuft, Saddams Truppen erwidern Feuer

      Der 1. Marine Voraustrupp der US-Armee ist in den Irak eingedrungen. Die Hafenstadt Umm Quasr soll bereits eingenommen worden sein. Bagdad wurde mit Cruise Missiles attackiert. Mehrere Gebäude stehen in Flammen. Angeblich wurde ein US-Kampfhubschrauber abgeschossen. US-Generalstabschef Richard Myers sagte, der Krieg werde möglicherweise nicht schnell vorüber sein.


      DPA

      Raketeneinschlag im Planungsministerium in Bagdad


      Kuweit - Amerikanische Truppen sind bei dem Angriff auf irakisches Gegenfeuer gestoßen. Ein Mitglied des US-Militärs bestätigte, dass eine Einheit von irakischen Mörsern beschossen wurde. Informationen über Opfer lagen nicht vor. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ein US-Kampfhubschrauber sei abgeschossen worden. Ein irakischer Armeesprecher hatte im irakischen Fernsehen gesagt, dass der Hubschrauber vom Typ Sikorsky beim Eindringen in den irakischen Luftraum beschossen worden sei. Eine unabhängige Bestätigung für die irakischen Angaben gab es zunächst nicht.

      Inmitten der verstärkten militärischen Angriffe am Abend kam die Warnung von US-Generalstabschef Richard Myers, der Krieg werde möglicherweise nicht schnell vorüber sein. Es werde Tote und Verwundete geben. "Wir betrachten Kampf nicht als leichte Aufgabe", sagte der General. "Krieg ist gefährlich. Wir werden Verluste haben."

      Mit Marschflugkörpern wurden angeblich auch Stützpunkte der Republikanischen Garde, Saddams Eliteeinheit, angegriffen. Nach irakischen Angaben wurden auch nicht-militärische Ziele wie Medien- und Bürogebäude angegriffen. Dabei sollen bei Doura, südöstlich von Bagdad, mehrere Zivilisten verletzt worden sein. Eine Person erlag ihren Verletzungen. Laut Radio Irak soll ein Anwesen Saddam Husseins getroffen worden sein. Dabei habe es keine Opfer gegeben.

      Nach Angaben einer kuweitischen Nachrichtenagentur wurde der irakische direkt an der kuweitischen Grenze liegende Ölumschlagshafen Umm Quasr, 50 Kilometer südlich von Basra, von den amerikanisch-britischen Truppen eingenommen.

      Am Abend hatten sich etwa 10.000 gepanzerte US-Militärfahrzeuge auf den Süd-Irak zubewegt. US-Eliteeinheiten überquerten die Grenze in der Nähe von Basra. Laut BBC wurden zahlreiche Raketen abgefeuert. "Das ist ein gewaltiger Angriff", sagte der BBC-Reporter.

      Generaladmiral Barry Costello, Kommandeur der "USS Constellation" sagte, von dem Flugzeugträger seien neben den Marschflugkörpern auf Bagdad auch 24 Angriffe gegen Militär- und Kommunikationseinrichtungen im Irak geflogen worden. Laut Costello sind von seinem Schiff zudem EA-6B-Prowler-Flugzeuge zur Unterstützung von F1-17-Tarnkappenbombern gestartet, die Irak überflogen hätten.


      CNN

      CNN-Fernsehbilder, die Erinnerungen wecken an den ersten Golfkrieg: Irakische Luftabwehrgeschütze lassen den Himmel über Bagdad am Donnestagabend grün aufleuchten.


      Insgesamt seien von der "USS Constellation" 54 Flugzeuge gestartet. Das Schiff ist einer von fünf Flugzeugträgern in den Gewässern um den Irak. Die Angriffe seien Teil einer Übergangsphase gewesen, mit der das "Schlachtfeld" für folgende Luftangriffe und die Bodenoffensive vorbereitet werden sollte, sagte Costello.

      Nach Agenturberichten starteten rund zehn amerikanische Kampfjets von einer US-Militärbasis in Katar. Mehrere Dutzend Jagdbomber mit Luftkampfraketen und Bomben sind vom US-Flugzeugträger "Theodore Roosevelt" im östlichen Mittelmeer gestartet, wie John Oliveira, Sprecher des Schiffes, sagte. Die Flugzeuge unterstützen die Angriffe gegen den Irak.

      Zuvor hatten internationale Nachrichtenagenturen den Beginn der Bodenoffensive gemeldet. Beim Angriff der 3. Infanteriedivision seien wurden Haubitzen und Raketensysteme mit Mehrfachsprengköpfen eingesetzt worden, teilte der US-Generalmajor Bufourd Blount mit, der die erste Phase der Bodenoffensive bestätigte.


      AP

      Amerikanische Raketenbatterie an der Grenze zum Irak: Schwerer Beschuss eröffnete Bodenoffensive (Aufnahme eines Manövers der US-Truppen in Kuweit vom Februar)


      In Großbritannien stationierte amerikanische Langstreckenbomber vom Typ B-52 wurden am Donnerstag mit Marschflugkörpern und anderem Kriegsgerät beladen. Die Bomber können innerhalb von fünf bis sechs Stunden den Norden des Irak erreichen. Zuvor hatte die Türkei nach langem Zögern ihren Luftraum für US-Militärflüge geöffnet.

      Angriffe auf Bagdad

      In Bagdad heulten am Abend die Sirenen auf, um vor weiteren Luftattacken zu warnen. Der Himmel über der irakischen Hauptstadt wurde vom Feuer der Flugabwehrgeschütze erleuchtet, es waren schwere Explosionen zu hören. US-Flugzeuge schossen bei Angriffen auf das Zentrum von Bagdad Gebäude im Regierungsviertel in Brand. Aus Hochhäusern stiegen Flammen und schwarzer Rauch auf. Feuerwehrautos waren zu Löscharbeiten unterwegs.

      Bilder des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira zeigten zunächst eine dunkle Stadt. Nur vereinzelt waren Wohnungen um das Informationsministerium beleuchtet. Busse fuhren ohne Licht. Auf den Straßen waren nur wenige Passanten zu sehen.

      Im Zentrum von Bagdad, am Westufer des Tigris, hatte sich eine gewaltige Rauchwolke in den Abendhimmel erhoben.

      Die US-Bodentruppen an der Grenze zum Irak erhielten den Befehl, Schutzkleidung gegen Chemie- und Biowaffen anzulegen und Gasmasken bereit zu halten. Ein amerikanischer Kommandeur sagte, dieser so genannte "MOPP-1-Status" werde normalerweise vor einem Angriff ausgerufen.
      Avatar
      schrieb am 20.03.03 23:35:26
      Beitrag Nr. 453 ()
      Protest in Brasilien

      Furcht vor der entfesselten Supermacht

      Von Matthias Matussek, Rio de Janeiro

      Bereits das amerikanische Ultimatum an den Irak war vom brasilianischen Staatspräsidenten Lula da Silva als Bruch des Völkerrechts verurteilt worden. In der Meinung des Landes ist der Krieg nichts als eine persönliche Obsession Präsident Bushs, eine Waffenshow des Pentagon.


      AP

      Protest in Rio gegen die Kriegspolitik George W. Bushs


      "Die Amerikaner", so Lula, "haben nicht das Recht, alleine zu entscheiden, was gut oder schlecht für die Welt ist". Damit sprach der Präsident der überwältigenden Mehrheit der Brasilianer aus dem Herzen. Für sie, wie für die Kolumnisten der großen Tageszeitungen, zeigt der Kriegsbeginn nichts als "amerikanische Arroganz, die Welt zu beherrschen".

      Die Leserbriefe in den Tageszeitungen und die Anrufe in den Radio-Talk-Shows zeigen Empörung aber auch Angst über eine entfesselte amerikanische Supermacht, die Gremien wie die Uno, so Präsident Lula, "ohne jeden Respekt behandelt".

      In der öffentlichen und veröffentlichten Meinung des Landes ist der Krieg nichts als eine persönliche Obsession Bushs, eine Waffenshow des Pentagon. "Bagdad bombardiert" titelte die Tageszeitung "O Globo" am Morgen, in Riesen-Lettern - größeren als jenen, mit denen Brasiliens Fußball-WM-Sieg gefeiert wurde. Über dem Titel, ein wenig kleiner, die Zeile: "Bushs Krieg".

      Es sei absurd, so Léo Schlafman im "Journal do Brasil", dass die USA unter dem Vorwand, einen Diktator zu entwaffnen, ihre eigenen Massenvernichtungswaffen ausprobieren, zum Beispiel "die Superbombe MOAB, die 40 Prozent verheerender ist als die bisher größte nichtnukleare Bombe."

      Igor Rios, aus Niteroi: "Die Amerikaner sind an Walt-Disney-Filme gewöhnt, in denen es nur Gut und Böse gibt; was eignet sich besser, als diese Versimpelungen dazu zu benutzen, einen Krieg zu rechtfertigen und die Ignoranz und das Scheitern jeglicher Menschlichkeit."

      Roberto Doglia Azambuja, aus Brasilia: "Der Angriff auf den Irak dient dazu, den desillusionierten westlichen Demokratien vorzuführen, dass die Macht des Volkes gleich Null ist. Die große Mehrheit der Engländer und Spanier waren gegen den Krieg - dennoch haben ihre jeweiligen Staatschefs die Invasion beschlossen und mit dem Töten begonnen."

      Für heute Abend ist eine Fernsehansprache des Präsidenten an das brasilianische Volk angekündigt - erwartet wird erneut eine scharfe Verurteilung des Krieges.
      Avatar
      schrieb am 21.03.03 02:05:53
      Beitrag Nr. 454 ()
      Kranke Kriegsveteranen

      Vergessene Helden

      Von Johannes Honsell

      Hunderttausende US-Soldaten warten auf George W. Bushs Befehl, um als Helden Amerikas ihrer patriotischen Pflicht nachzukommen. Ihre Vorgänger kämpfen währenddessen in der Heimat - als kranke Veteranen des ersten Golfkrieges - um Anerkennung und Entschädigung. Bis heute weigert sich die US-Regierung, für die Folgen des "Gulf War Syndrom" aufzukommen.


      DPA

      Golfkrieg 1991: US-Soldaten klagten danach über schwere Gesundheitsschädigungen


      Fast mitleidig klingt US-Soldat Robert Jones, 47, als er von jenen ungleichen Kämpfen berichtet, die sich im Februar 1991 in der kuweitischen Wüste zutrugen. Wenn seine Artillerieeinheit unter irakischen Beschuss kam, konnten die GIs das Feuer kaum erwidern, so schnell donnerten amerikanische Apache-Kampfhubschrauber über ihre Köpfe hinweg und brachten die irakischen Kanonen zum Schweigen. "Unsere Waffen waren so überlegen. Die Iraker hatten keine Chance."

      Für Robert Jones begann der eigentliche Kampf erst, als der Waffenstillstand schon lange unterzeichnet war. Nach der Rückkehr zu seinem Stützpunkt in Nürnberg hörte sein Körper nach und nach auf zu funktionieren. Die Gelenke schmerzten, er musste das Tennisspielen aufgeben, Magenkrämpfe und Durchfall quälten ihn. Bei Übungsmanövern wurde ihm schwindelig, er war ständig müde.

      Bald wurden auch seine Frau und seine Kinder krank. Jones vermutet, dass verseuchter Wüstensand dafür verantwortlich ist. "Die Kisten mit unserer Ausrüstung wurden direkt zu mir nach Hause geschickt. Sie wurden nicht dekontaminiert. Als meine Frau die Kisten öffnete, wirbelte Staub auf und Sand rieselte heraus." Als er den Sand analysieren ließ, fanden sich Sporen eines tödlichen Pilzes darin.

      Die Helden von einst müssen um Entschädigung kämpfen

      Was immer es war, was 1991 im persischen Wüstenstaub umherwirbelte, es griff das Gehirn an, die Lungen, die Nieren, die Leber. 1996 waren die Jones bereits schwer krank. Ihnen ging es wie zehntausenden Veteranen, die nach ihrer Heimkehr über Magenkrämpfe, chronische Müdigkeit, Hautausschlag, Gedächtnisverlust oder neurologische Störungen klagten. Für das breite Spektrum der Symptome fand sich schnell ein Name: "Gulf War Syndrome". Das Pentagon will bis heute von einem solchen Golfkriegssyndrom nichts wissen. Immer noch ist für die Helden von einst der Kampf um Behandlung und Entschädigung eine tour de force mit ungewissem Ausgang.

      Für Rita Hawkins aus Florida dauerte die Tortur neun Jahre. Nach ihrer Heimkehr vom Golf wurde die mittlerweile 53-Jährige sehr krank. Arthritis, Ermüdung, chronische Schmerzen waren nur einige der Beschwerden, die ihrem Körper zusetzten. Heute muss sie zehn verschiedene Medikamente pro Tag einnehmen, längere Strecken kann sie nur im Rollstuhl bewältigen. Wieder und wieder brachte die Veteranin ihre medizinischen Gutachten ein, füllte Formulare aus, erhielt ablehnende Bescheide. Im Jahr 2000 gewährte das Department of Veteran Affairs (VA) ihr für 40-prozentige Behinderung schließlich 441 Dollar monatlich. Erst im Frühjahr 2002 erhielt sie den vollen Satz für hundertprozentige Versehrtheit: 2193 Dollar im Monat.

      Kaum mehr darf Robert Jones für sich und seine Familie erwarten, wenn er nun, nach zwanzig Jahren im Dienst der Armee, in den Ruhestand geht. Über seinen Antrag auf hundertprozentige Versehrtheit dürfte vergleichsweise rasch entschieden werden. "Wenn man noch in der Armee ist, muss das Ministerium den Antrag innerhalb von 60 Tagen bearbeiten. In vielen Fällen dauert es allerdings bis zu einem Jahr", sagt Jones.

      Kein Verlass auf medizinische Behandlung durch die Armee

      Wie für viele Soldaten war für Robert Jones der erste Schritt das Comprehensive Clinical Evaluation Program (CCEP). Das medizinische Evaluationsprogramm war 1994 vom Verteidigungsministerium wegen der steigenden Zahl ungeklärter Krankheitsfälle ins Leben gerufen worden. Robert Jones und seine Frau durchliefen alle Stadien der Prozedur, ohne Resultat. Also schickten die Militärärzte das Paar ins Walter Reed Army Medical Center in Washington, das größte Militärhospital der amerikanischen Streitkräfte. Dort erklärte man ihnen lediglich, wie man mit chronischer Erkrankung umgehen kann. "Sie behandelten uns aber nicht. Also suchten wir Hilfe bei der Privatmedizin. Wenn wir uns auf das medizinische System der Armee verlassen hätten, wären wir heute wohl nicht mehr am Leben."


      DPA

      Golfkrieg 1991: Rauch der brennenden Öl-Quellen in Kuweit


      Solch drastische Vorwürfe erstaunen in einem Land, das mehr Geld als jedes andere für die Versorgung seiner Soldaten ausgibt. Das Department of Veteran Affairs (VA) verfügt im Jahr 2003 über ein Budget von 59,7 Milliarden Dollar. Zu den Leistungen zählen medizinische Versorgung, Kompensationszahlungen für Kriegsversehrte und Pensionen. In jedem amerikanischen Bundesstaat steht mindestens ein Krankenhaus des VA, insgesamt sind es 163. 2001 erhielten 4,2 Millionen Veteranen und deren Angehörige medizinische Unterstützung.

      Doch das System kann schwerlich greifen, solange das dem VA übergeordnete Pentagon das Golfkriegssyndrom nicht anerkennt. Veteranenverbände beklagen, dass in den Krankenhäusern der Armee die gesundheitlichen Beschwerden der Soldaten oft als psychologische Folgewirkung des Krieges abgetan werden. "Die Veteranen erhalten Prozac und werden nach Hause geschickt. Wenn sie in die Formulare für Entschädigung das Gulf War Syndrome eintragen, wird der Antrag automatisch abgelehnt", sagt Joyce Riley von der American Gulf War Veterans Association.

      Solche Szenarien könnten sich nach einem neuen Krieg am Golf wiederholen. Der Chef des VA, Anthony Principi, bat in einem Brief an US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vom Februar um mehr Informationen über mögliche Gesundheitsrisiken im Irak. Nach Ansicht Principis hätten die vielen Kontroversen über die Gesundheitsprobleme der Veteranen von 1991 vermieden werden können, "wenn mehr Überwachungsdaten gesammelt worden wären." Einige Senatoren zeigen sich bereits besorgt, dass die Vorbereitung der Truppen auf biologische und chemische Gefahrenpotenziale angesichts der raschen Stationierung von über 300.000 Soldaten am Golf hinterherhinke.

      Armenparade am Veteran`s Day

      Einmal im Jahr, am 11. November, ist "Veteran`s Day", an dem die Helden der Kriege von gestern über die Straßen Washingtons defilieren. Ehemalige Soldaten mit unerklärlichen Krankheiten passen allerdings kaum in dieses harmonische Bild der "nation in arms". Schon nach dem Vietnam-Krieg mussten US-Soldaten, die vom massiv eingesetzten Entlaubungsmittel Agent Orange gesundheitliche Schäden davongetragen hatten, über Jahre auf Entschädigung durch die Chemiekonzerne warten.

      Für die Golfkriegsveteranen sieht es kaum besser aus. Zwar würden exakt 163.989 Anträge von Veteranen auf finanzielle Entschädigung für Verletzungen oder Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Golfkrieg vom VA genehmigt. Bei der großen Mehrzahl davon geht es allerdings um 104 Dollar - die Summe für eine zehnprozentige Behinderung. 213 Millionen Dollar hat das Department of Defense bislang für medizinische Studien ausgegeben, um das Golfkriegssyndrom zu untersuchen. Resultat: Zwischen den Erkrankungen und dem Krieg am Golf bestehe kein wissenschaftlich nachweisbarer Zusammenhang.

      Diese Erkenntnis muss den Soldaten Jones dünken wie Hohn. Für ihn brachte der Krieg am Golf neben vollständiger Arbeitsunfähigkeit und physischer Versehrtheit auch den finanziellen Ruin. Er gab Tausende von Dollar aus, um zu Spezialisten nach Kalifornien zu fliegen. Die Army zahlte nur einen Bruchteil der Kosten. Inzwischen ist kein Geld mehr übrig, zwei Hypotheken lasten auf dem Haus. Robert Jones ist schwer krank und hoch verschuldet. Immerhin: Die Armee kommt für die vielen verschiedenen Medikamente auf, die Jones jeden Tag nehmen muss, darunter Morphium und große Mengen Kopfschmerztabletten. "Das ist wie ein Pflaster auf eine Amputation. Sie sollten mir viel eher helfen, wieder auf die Füße zu kommen", meint der Veteran und ergänzt verbittert: "Aber immerhin lassen sie mich nicht leiden."
      Avatar
      schrieb am 21.03.03 11:16:47
      !
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      Avatar
      schrieb am 21.03.03 11:22:15
      Beitrag Nr. 456 ()
      sowas passiert doch sonst nur der Bundeswehr

      Freitag, 21. März 2003
      Kein Abschuss
      US-Hubschrauber abgestürzt

      Bei dem Absturz eines US-Militärhubschraubers in der kuwaitischen Wüste sind nach offiziellen britischen Angaben 8 Briten und 4 Amerikaner ums Leben gekommen. Zunächst war von 16 Opfern die Rede. Der Hubschrauber vom Typ CH-46 Sea Knight stürzte gegen 1:40 Uhr rund 16 Kilometer südlich der Grenze zum Irak auf kuwaitischer Seite ab, hieß es. Er sei nicht durch feindlichen Beschuss abgestürzt, sagte ein Sprecher der britischen Elite-Einheit Royal Marines im britischen Fernsehen.

      Nach derzeitigem Erkenntnisstand sind die 12 Soldaten die ersten Todesopfer des Irak-Kriegs auf amerikanisch-britischer Seite seit Beginn des Irak-Kriegs. Zwei andere US-Helikopter waren beim Vorstoß in den Südirak am Donnerstag in Schwierigkeiten geraten. Die Insassen wurden bei den Bruchlandungen nach Pentagon-Angaben aber nicht verletzt.
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      schrieb am 21.03.03 15:00:05
      Beitrag Nr. 457 ()
      Nordkorea

      "Am Rand eines Atomkriegs"

      Luftschutzübungen in Pjöngjang, Manöver der US-Armee in Südkorea. Nach Ansicht Nordkoreas bereiten die Amerikaner einen Präventivschlag auf ihr Land vor. Man sehe sich an der Schwelle zum Krieg, warnen die kommunistischen Machthaber.


      AP

      US-Marines in Südkorea


      Seoul - Nervosität oder ideologisch motiviertes Kalkül? Die Regierung in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang lässt verbreiten, man sehe sich "am Rande eines Atomkrieges". Dies meldet die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Grund der Äußerungen: Auf dem Südteil der koreanischen Halbinsel finden derzeit Großmanöver amerikanischer und südkoreanischer Streitkräfte statt. Angesichts des Beginns des Irak-Krieges werden die Truppenübungen von Nordkorea als ein Versuch der USA gesehen, zu testen, ob sie zwei Kriege gleichzeitig führen könnte.

      Nach nordkoreanischer Lesart dienen die Manöver dazu, "die Stunde null eines Präventivschlags festzulegen". Nach Angaben des US-Militärs waren die jährlichen Manöver bereits seit Monaten geplant. Auch stünden sie in keinem Zusammenhang mit den Spannungen wegen des umstrittenen nordkoreanischen Atomprogramms.

      Das südkoreanische Verteidigungsministerium in Seoul teilte mit, Nordkorea führe derzeit laufend Luftschutzübungen durch, um die Wachsamkeit in der Bevölkerung zu erhöhen.

      Nordkorea wiederum kritisierte die Entscheidung Südkoreas, seinen Streitkräften erhöhte Alarmbereitschaft anzuordnen. Dies sei "eine unverschämte Herausforderung". Seoul hatte die Alarmbereitschaft nach dem US-Angriff auf den Irak gesteigert, für den Fall, dass Nordkorea die Ablenkung der internationalen Gemeinschaft für gezielte Provokationen nutzt. Diese Gefahr werde jedoch als gering angesehen, betonte das Verteidigungsministerium am Freitag.
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      schrieb am 21.03.03 15:10:54
      Beitrag Nr. 458 ()
      Al-Qaida-Verdacht

      Chemische Kampfstoffe waren harmlose Putzmittel

      In Spanien wurden sieben Nordafrikaner freigelassen, die seit Januar in Polizei Gewahrsam waren. Es wurde gemutmaßt, dass sie zum Terrornetzwerk al-Qaida gehörten - doch dieser Verdacht ließ sich nicht erhärten.

      Madrid - In Spanien waren Ende Januar insgesamt 16 angebliche al-Qaida-Mitglieder festgenommen worden. Sieben Männer werden nun freigelassen. Es gebe keine ausreichenden Indizien, die eine Einweisung in Untersuchungshaft rechtfertigen würden, teilte der Ermittlungsrichter Guillermo Ruiz Polanco nach Presseberichten vom Freitag mit. Nur für einen Algerier wurde bis zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen Untersuchungshaft angeordnet. Acht weitere Männer müssen noch vom Ermittlungsrichter vernommen werden.

      Die Festnahmen waren als großer Erfolg im Kampf gegen das Terror-Netz von Osama Bin Laden gefeiert worden. Zunächst hieß es, "Substanzen zur Herstellung von Bomben und chemischen Kampfstoffen" seien sichergestellt worden. Bei Laboranalysen stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei den Chemikalien um harmlose Putzmittel und Gewürze handelte.

      :laugh: :laugh: :laugh:
      Avatar
      schrieb am 21.03.03 15:33:18
      Beitrag Nr. 459 ()
      Um Basra sind heftige Gefechte im Gange. Dort wo man angenommen hatte, dass die Schiiten die Amis und Briten feiern werden. Vielleicht hat der große Burder im Iran der Schiiten doch was geflüstert. Sicher kein Zufall das die B-52 jetzt unterwegs sind. Die werden um Bagdad bomben sowie Basra platt machen.
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      schrieb am 21.03.03 15:54:24
      Beitrag Nr. 460 ()
      das mit den Putzmitteln ist cool :laugh: :laugh:
      bei dieser Hysterie, werden sogar die ganzen marrokanischen Drogendealer in Spanien und Italien als Al-Qaida Mitglieder angesehen. Hauptsache man kann einen Erfolg melden. Umm Khsr und Basra scheinen hart umkämpft zu sein. Die freundlichen Schiiten entpuppen sich als echte Mujaheddin :D :D
      Avatar
      schrieb am 21.03.03 20:05:07
      !
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      schrieb am 21.03.03 21:57:40
      Beitrag Nr. 462 ()
      die US-Regierung ist so gütig :D

      Irakische Milliarden kassiert


      D ie US-Regierung hat umgerechnet 1,64 Milliarden Euro irakischen Auslandsvermögens beschlagnahmt. Die Summe (1,74 Milliarden Dollar) soll für humanitäre Zwecke eingesetzt werden. Präsident George W. Bush unterzeichnete am Donnerstag (Ortszeit) eine entsprechende Verfügung. Das Vermögen war bereits 1990 eingefroren worden.

      Von der Gesamtsumme sollen 1,4 Milliarden Dollar dem irakischen Volk zur Verfügung gestellt werden, wie ein ranghoher Beamter des US-Finanzministeriums erklärte. 300 Millionen Dollar sollten zur Seite gelegt werden, um damit juristische Ansprüche von Opfern der irakischen Regierung zu entgelten, hieß es weiter.
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      schrieb am 21.03.03 22:00:22
      Beitrag Nr. 463 ()
      Wer regiert künftig den Irak?

      Die Schuld der Erben

      Mögliche Nachfolger Saddams sind mit jetzigem Regime verstrickt.
      Von Heiko Flottau



      Niemand weiß, wer den Irak nach dem Fall des Regimes von Saddam Hussein regieren soll. Das heterogene, von der Kolonialmacht England geschaffene Gebilde namens Irak ist schon immer nur durch das zusammen gehalten worden, was man gemeinhin eine „starke Hand“ nennt.

      Bis zum Sündenfall Saddam Husseins, bis zu seiner Okkupation Kuwaits im Jahre 1990, haben die USA die starke Hand des irakischen Diktators durchaus akzeptiert. Es wird den Alliierten wohl zunächst nichts anderes übrig bleiben, als wieder einen starken Mann zu suchen.

      Folgt man aber der demokratischen Logik der Amerikaner, so ist niemand aus dem engeren und kaum jemand aus dem weniger engen Führungskreis um Saddam Hussein geeignet, einen einigermaßen makellosen Nachfolger abzugeben. Denn das System Saddam Hussein beruhte stets darauf, andere mit schuldig zu machen. Nachdem Saddam Hussein 1979 endgültig die Macht ergriffen hatte, ließ er viele seiner Gegner oder seiner vermeintlichen Gegner hinrichten. Jene, die ihm zujubelten, schickte er zum Zuschauen. So wusste von vornherein jedermann, was Rebellion gegen den neuen Tyrannen bedeutete.

      Die Familie des Diktators

      Vom Familienclan Saddam Husseins kommt also kaum einer für die Nachfolge in Frage, keiner der Halbbrüder, keiner der noch lebenden älteren Verwandten. Alle sind sie Rädchen im ausgeklügelten Terrorregime des Despoten. Es mag persönlich einigermaßen ehrenwerte Männer in der Umgebung Saddam Husseins geben wie etwa General Saadi, den Gesprächspartner von Waffeninspekteur Hans Blix während der Zeit der Unmovic-Waffenkontrollen.

      Doch General Saadi war an der Entwicklung des irakischen Waffenprogramms beteiligt – also ist er eigentlich kein Mann der Amerikaner. Allerdings, so heißt es, wurde der Naturwissenschaftler Saadi zwangsweise zum General gemacht – um ihn der strikten Militärgerichtsbarkeit zu unterstellen und ihn dadurch gefügig zu machen.

      Oder etwa General Amer Mohammed Raschid? Der musste aus Altersgründen, wie es hieß, im Januar plötzlich sein Amt aufgeben. Hatte Saddam Hussein Angst, Raschid könne von den USA als starker Mann aufgebaut werden? Vielleicht wäre der General ein Mann der Amerikaner – wenn da nicht seine Ehefrau (oder seine Zweitfrau, wie manche munkeln) wäre.

      Die heißt Dr. Rihab Taher, von ihren ausländischen Gegnern „Dr. Germ“ (Keim) genannt. Denn Taher war maßgeblich an der Entwicklung des irakischen biologischen Waffenprogramms beteiligt. Also wäre auch Ehemann Amer Mohammed eigentlich kein Mann für den demokratischen, vor allem friedvollen Aufbau des Landes.

      Möglicherweise denken die Amerikaner an einen Mann wie den General Wafiq al-Samaraj. Dieser ehemalige Chef des Militärischen Geheimdienstes bekam 1992 durch einen Vertrauten den Hinweis, Saddam Hussein plane seine Ermordung, weil er ihn (vermutlich richtigerweise) oppositioneller Neigungen verdächtigte.
      Samaraj floh in das von Saddam nicht mehr kontrollierte Kurdistan, von da nach Syrien und nach Europa.

      In Dänemark soll er vor kurzem unter Hausarrest gestellt worden sein, wegen einer bevorstehenden Anklage, im Irak die Menschenrechte verletzt zu haben. Die Amerikaner zeigten sich entsetzt darüber, dass sogar vergleichsweise kleine Fische des Saddam-Regimes verfolgt würden.

      Wer solle dann, fragten sie sich, überhaupt noch für eine Nachfolge Saddam Husseins in Frage kommen?

      (sueddeutsche.de)
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      schrieb am 21.03.03 22:48:15
      Beitrag Nr. 464 ()
      dachte die haben Präzisionwaffen? jetzt schon das Land verfehlen :laugh:

      Irak-Krieg

      Rakete schlägt in Öl-Depot im Iran ein

      Nach Angaben iranischer Regierungskreise hat eine Rakete ein Öldepot einer Raffinerie im Westen des Iran an der Grenze zum Irak getroffen. Wer die Rakete abgefeuert hat, war zunächst unklar.

      Abadan - Zwei Menschen seien bei dem Einschlag um 17.15 Uhr mitteleuropäischer Zeit in der Stadt Abadan im Südwesten Irans verletzt worden, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Woher die Rakete kam, sei nicht klar. Abadan liegt rund 50 Kilometer östlich der südirakischen Stadt Basra.

      Im Süden Iraks besetzten die von den USA geführten Truppen wichtige Anlagen der Ölindustrie des Landes, britische Truppen rückten bis Basra vor.
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      schrieb am 22.03.03 01:08:32
      Beitrag Nr. 465 ()
      Trotz Warnung aus Washington

      Türken marschieren in Nordirak ein

      Auf Drängen der USA hat die Regierung in Ankara den türkischen Luftraum für Kampfeinsätze der Amerikaner gegen den Irak freigegeben. Im Gegenzug marschierten die Türken kurz vor Mitternacht in den Nordirak ein. Washington hatte dies vehement abgelehnt.

      Ankara - Rund 1000 türkische Soldaten seien in der Nacht zum Samstag von den türkischen Provinzen Silopi und Hakkari in den Nordirak einmarschiert, berichtete das türkische Fernsehen. Außenminister Abdullah Gül hatte zuvor angekündigt, türkische Einheiten würden auch in das Kurdengebiet im Norden Iraks einrücken, um "terroristischen Aktivitäten" vorzubeugen. Die Türkei habe keine territorialen Interessen in Irak.

      Die türkische Regierung hatte sich zunächst geweigert, den Luftraum für die Amerikaner zu öffnen, obwohl das Parlament bereits am Donnerstagabend grünes Licht gegeben hatte. Erst in einem Telefonat mit US-Außenminister Colin Powell habe Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zugestimmt, berichtete Ankaras Verteidigungsminister Vecdi Gönül.

      Grund für die Verzögerung waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Ankara über die türkische Pläne, mit eigenen Truppen in den Nordirak einzurücken. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte das Zögern der Türkei zuvor bei einer Pressekonferenz in Washington als "bemerkenswert wenig hilfreich" getadelt.

      Ankara will mit seiner Militärpräsenz im Nordirak die Entstehung eines Kurdenstaates unterbinden und zugleich verhindern, dass Kämpfer der kurdischen Arbeiterpartei PKK die Kriegswirren zu Vorstößen in die Türkei ausnutzen. Außerdem möchte die Türkei mit Hilfe einer Pufferzone vermeiden, dass wie im Golfkrieg 1991 viele Flüchtlinge die Türkei kommen. "Im Nord-Irak ist ein Vakuum entstanden, und dieses Vakuum ist praktisch zu einem Lager für terroristische Aktivitäten geworden", sagte Gül. "Wir wollen jetzt kein solches Vakuum." Die Regierung in Ankara fürchtet um die eigene territoriale Integrität, sollte im Rahmen einer Regelung für die Zeit nach dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein ein eigenständiger Kurdenstaat auf die Tagesordnung gesetzt werden.

      Die US-Regierung lehnt einen Einmarsch der Türken im Nordirak bislang ab. "Wir reden mit den Türken über ihren Wunsch, Präsenz im Nordirak zu zeigen. Wir sehen dafür zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Notwendigkeit", sagte Powell noch am Freitag. Er plädierte dafür, die Fragen der Überflugrechte und der Truppenstationierung nicht zu verknüpfen.

      Berlin droht mit Abzug aus Awacs-Fliegern

      Bei einer Teilnahme der Türkei am Irak-Krieg will die Bundesregierung angeblich die deutschen Soldaten aus den Awacs-Aufklärungsflugzeugen abziehen. Sollte die Türkei aktiv in den Konflikt eingreifen, seien die Voraussetzungen für die bisherige deutsche Haltung nicht mehr gegeben, berichteten übereinstimmend die "Leipziger Volkszeitung" und die "Berliner Zeitung". Beide Blätter berufen sich auf Regierungskreise.

      Die "LVZ" zitierte ein nicht näher genanntes Mitglied des Sicherheitskabinetts der Bundesregierung mit den Worten: Wenn reguläre türkische Truppen die Grenze zum kurdisch verwalteten Nordirak überschreiten sollten, dann wäre "die Grundlage unserer Beistandsleistung im Nato-Bündnis für die Türkei entfallen". Bis dahin sei sichergestellt, dass von Bord der vier Awacs-Flugzeuge ausschließlich Daten zur Überwachung und zur Verteidigung des türkischen Luftraums weitergeleitet werden, hieß es.

      Ein Regierungssprecher wollte die Berichte am Abend nicht kommentieren und verwies lediglich auf Aussagen der Bundesregierung, wonach bei diesem Thema noch Gesprächsbedarf bestehe.
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      schrieb am 22.03.03 03:11:39
      Beitrag Nr. 466 ()
      Samstag, 22. März 2003
      Vormarsch am Boden
      Ganze Division ergibt sich

      Eine komplette irakische Heeresdivision mit 8.000 Soldaten soll sich ergeben haben. Das teilte das US-Verteidigungsministerium in der Nacht zum Samstag mit. Es handele sich um die 51. irakische Infanteriedivision. Diese Einheit gilt als vergleichsweise gut ausgebildet und ausgerüstet.

      Auch der Kommandeur der Division sowie sein Stellvertreter ergaben sich. Das meldet die "New York Times". Ihre Division sei buchstäblich "weggeschmolzen", weil die meisten der Soldaten desertiert seien.

      Die 51. Infanteriedivision bildete das Herzstück bei der Verteidigung der Millionenstadt Basra, wie unabhängige Experten und US-Regierungsbeamte erklärten. Vor Kriegsbeginn verfügte sie über rund 200 Panzer. Sie war das Ziel intensiver US-Aufrufe mit Flugblättern und Rundfunkaufrufen gewesen, den Kampf aufzugeben.

      Zuvor war gemeldet worden, dass britische Soldaten Richtung Basra vorrücken.

      Umm Kasr noch umkämpft

      Die BBC meldete, dass die strategisch wichtige Hafenstadt Umm Kasr entgegen amerikanischer Darstellung noch nicht vollständig unter US-Kontrolle sei. Es gebe Widerstand seitens der irakischen Armee.

      Nach Darstellung des irakischen Verteidigungsministers Sultan Haschem Ahmed ist Umm Kasr heftig umkämpft. Der Iraker sagte zudem, die alliierten Streitkräfte hätten starke Verluste hinnehmen müssen.

      US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte zuvor betont: "Es verläuft alles nach Plan und wir marschieren auf Bagdad zu. " Das irakische Regime beginne, die Kontrolle über das Land zu verlieren.

      Irak wirft Annan Bruch der UN-Chara vor

      Der Irak warf unterdessen UN-Generalsekretär Kofi Annan vor, Amerikanern und Briten die Weg für einen Krieg geebnet zu haben. Annan habe mit dem Rückruf aller Waffeninspekteure, humanitären UN-Mitarbeiter und Blauhelm-Soldaten die Invasion des Landes durch das US-Militär ermöglicht, erklärte der UN-Botschafter des Irak, Mohammed Aldouri, am Freitag in New York. Damit habe er sich schwerwiegender Verstöße gegen Völkerrecht und UN-Charta schuldig gemacht.

      Zwei Flugplätze eingenommen

      Amerikanische Truppen nahmen am Freitag zwei Flugplätze westlich von Bagdad ein. Die als H-2 und H-3 bezeichneten Pisten seien ohne nennenswerte Widerstände besetzt worden, teilte das Pentagon mit. Die Flugplätze liegen 225 und 290 Kilometer westlich der irakischen Hauptstadt.

      Anders sieht es offenbar im Südirak nahe der Stadt Nasirija aus. Laut BBC wurden am Freitagabend amerikanische und britische Verbände dort, rund 300 Kilometer südöstlich von Bagdad, in heftige Kämpfe verwickelt. Die Iraker sollen dabei "herbe Verluste" erlitten haben. Die Stadt hat durch ihren Übergang über den Euphrat strategische Bedeutung.

      Nach Angaben des britischen Verteidigungsministers Geoff Hoon ist die Halbinsel Fao am Persischen Golf in britischer Hand. Von irakischer Seite wurde diese Meldung zurückgewiesen.

      Iranische Ölraffinerie getroffen

      Nach Angaben iranischer Regierungskreise traf am Freitagabend eine US-Rakete ein Lager einer iranischen Ölraffinerie an der Grenze zum Irak. Zwei Menschen seien bei dem Einschlag um 17.15 Uhr MEZ in der Stadt Abadan im Südwesten Irans verletzt worden, meldet die Nachrichtenagentur Reuters.

      Zwei US-Soldaten tot

      Bislang sollen zwei US-Soldaten bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen sein: Einer der Getöteten gehörte nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums einer Einheit an, die auf dem Vormarsch zum Rumeila-Ölfeld war. Der andere Soldat soll ebenfalls bei Kampfhandlungen umgekommen sein. Details zum Ort und zu den näheren Umständen wurden nicht mitgeteilt. Bei einem Hubschrauberabsturz in Kuwait kamen zudem acht britische und vier amerikanische Soldaten ums Leben.

      Nach Angaben des britischen Militärs stehen lediglich sieben - und nicht, wie zuvor gemeldet, 30 - Ölquellen in Flammen.

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3148227.html
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      schrieb am 22.03.03 11:52:22
      Beitrag Nr. 467 ()
      Proteste in Amman

      Wütende Reden, brennende Fahnen

      Von Matthias Gebauer, Amman

      Je mehr Bomben den Irak erschüttern, umso heftiger werden die Proteste im benachbarten Jordanien. Den Behörden gelingt es kaum noch, die Wut der Bevölkerung zu vertuschen. Die Regierung des Landes und der König geraten immer mehr unter Druck.

      Als Bagdad am Freitagabend in Flammen stand, war es ruhig in Amman. Kaum Menschen waren auf den Straßen der jordanischen Hauptstadt zu sehen, selbst die sonst beliebten Teehäuser waren nach den Freitagsgebeten geschlossen oder kaum belebt. Fast wie ausgestorben wirkten die Straßen der Millionenstadt. Nur an den Buden nahe dem historischen römischen Theater trafen sich einige Jordanier zum Austausch der neuesten Nachrichten oder standen vor Fernsehern, auf denen die Bilder von dem Bomben-Inferno in Bagdad flimmerten.

      Doch die Ruhe am Abend täuschte über die tatsächliche Lage im Königreich hinweg. Die Wut der hauptsächlich palästinensischen Bevölkerung in Jordanien wird mit jeder neuen Angriffswelle der USA stärker. Bereits vor den Luft-Attacken, die während des Freitagsgebetes am Abend losbrachen, war es in Amman und mehreren anderen Orten des Landes zu Demonstrationen gekommen, bei denen wütende Jordanier gegen die USA und ihre Alliierten protestierten und amerikanische Flaggen verbrannten. Obwohl unangemeldeter Protest in Jordanien streng verboten ist, gelingt es den Behörden immer weniger, den Volks-Zorn gegen die USA aber auch gegen die eigene Regierung unter der Decke zu halten.

      Nur wenige Kilometer von Amman entfernt demonstrierten schon am Nachmittag rund 1000 Menschen in dem Palästinenserlager Widhat. Mit lauten Parolen und dem Ruf nach Vergeltung zogen sie durch die engen Straßen der Siedlung. Ein Redner kündigte an, dass man die Unterstützung der "Brüder im Irak" plane. Schließlich verbrannten mehrere Demonstranten amerikanische und jüdische Flaggen. Kurz nach Beginn des Marsches schritt die Polizei heftig ein und feuerte mit Tränengas in die Menge. Uniformierte Trupps trieben die Menschen auseinander.

      Der Protestmarsch nahe Amman war nicht das einzige Zeichen für den wachsenden Widerstand gegen den US-freundlichen Kurs Jordaniens. In mehreren anderen Städten gingen die Menschen ebenfalls spontan auf die Straße und zogen dann mit Sprechchören weiter. Wie nahe Amman beendete die Polizei auch hier den Protest schnell und meist brutal. Nach unbestätigten Angaben wurden mehrere Personen festgenommen. Laut einem Bericht der "Jordan Times" hatten die Behörden bereits im Lauf der letzten Tage mehr als 20 politische Aktivisten festgenommen, um Proteste zu verhindern.

      Zudem sollen sich in Jordanien bereits nach zwei Tagen Krieg rund 10000 Freiwillige für einen Einsatz im Irak gemeldet haben. Zwar betonten Regierungsstellen am Freitag immer wieder, dass die Freiwilligen beim Wideraufbau Bagdads mit anpacken wollen. Für politische Beobachter in Amman jedoch ist klar, dass die Menschen mit ihrer Meldung ein anderes Ziel verfolgen: Sie wollen dem Irak gegen die USA helfen.

      Die Vorfälle am Freitag zeigen, wie fragil die politische Lage im Nachbarland zum Irak ist. Die Mehrheit der Bevölkerung ist keineswegs einverstanden mit dem US-freundlichen Kurs ihres Königs Abdullah und seiner Regierung. Dieser hatte akzeptiert, dass mehrere Hundert US-Soldaten an der jordanisch-irakischen Grenze postiert wurden - angeblich um mögliche Raketenangriff abzuwehren. Außerdem erlaubte sie den USA, Jordanien mit ihren Jets zu überfliegen. Die Regierung betont jedoch immer wieder, dass Jordanien die Angriffe im Irak nicht aktiv unterstütze. Gleichwohl versteht die Bevölkerung die indifferente Haltung ihres Königs als Zustimmung zu dem US-Kurs.

      Passend dazu waren die Meldungen am Freitag. Am Nachmittag hatte es plötzlich Gerüchte gegeben, dass US-Soldaten von Jordanien aus in den Irak einmarschiert seien. Sofort trat daraufhin der Informationsminister in Amman vor die Kameras und bezeichnete die Meldung als "komplette Lüge". Die Haltung der jordanischen Regierung habe sich nicht verändert, sagte Mohammed Adwan und betonte, die US-Soldaten seien lediglich zur Abwehr möglicher Scud-Angriffe aus dem Irak im Land. Schon seit Wochen aber gibt es Gerüchte, die US-Gis planten von Jordanien aus verdeckte Aktionen und markierten bereits das Gelände für einen Einmarsch.

      Entlastung für die Regierung des jordanischen Königs Abdullah könnte von den Amerikanern selber kommen. Die hatten in der Vergangenheit immer wieder gefordert, auch Flugplätze in Jordanien für ihre Militärmaschinen benutzen zu dürfen. Nun aber meldete CNN am Freitagabend, US-Soldaten hätten nahe der irakisch-jordanischen Grenze zwei Flugpisten besetzt, auf denen sogar die riesigen B-52 Bomber landen könnten. Treffen die Meldungen zu, wäre Jordanien vom amerikanischen Druck und drohenden Protesten der eigenen Bevölkerung befreit. Die USA könnten ihren Militärnachschub für den Vorarsch auf Bagdad über die beiden Pisten in der Wüste organisieren.

      Die Situation an der Grenze zum Irak blieb am Freitag ruhig. Bisher bleiben die erwarteten Flüchtlingsströme aus. Nach Angaben des UNHCR kamen bisher nur ausländische Gastarbeiter in die aufgebauten Flüchtlingslager - auch weil die Jordanier bisher ihre Grenzen für Menschen ohne eine jordanische Aufenthaltsgenehmigung geschlossen halten. Nur die Öltransporter aus dem Irak und wenige Flüchtlinge werden durchgelassen.

      Ob es allerdings überhaupt einen Flüchtlingsstrom aus dem Irak gibt blieb am Freitag unklar, da niemand der Helfer auf die andere Seite kann. In den ersten Kriegstagen gab es verschiedene Schätzungen, die von bis zu zwei Millionen Flüchtlingen sprachen. Auf einer Pressekonferenz sagte der Sprecher des Flüchtlingswerkes UNHCR am Freitag, es gebe Gerüchte, dass die Flüchtlinge rund 160 Kilometer vor der jordanischen Grenze aufgehalten würden. Trotzdem würden die Helfer weiterhin ihre Lager aufbauen, um im Notfall reagieren zu können.
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      schrieb am 22.03.03 20:03:24
      Beitrag Nr. 468 ()
      Nicht alle Macht dem Volk
      Freie Wahlen im Irak sind den USA ein zu gefährliches Abenteuer - bisher gibt es für einen Einsatz der Amerikaner für die Demokratisierung der Region einfach keinen Beleg

      Amerika zieht in den Krieg, um dem Irak und dem Nahen Osten die Demokratie zu bringen - sagt George Bush. Einen konkreten Plan, wie das bewerkstelligt werden soll, hat er aber nicht. Das "Abenteuer Demokratisierung" ist dennoch die einzige Chance für die USA, ihrem rasanten Ansehensverfall, dem sie nach dem Anzetteln eines völkerrechtswidrigen Krieges anheim fallen, entgegenzuwirken.

      Für den Regimewechsel im Irak sind seit 1991 in US-Regierungskreisen zwei grundlegende Szenarien diskutiert worden. Das eine ist ein "peripherer" Umsturz Saddam Husseins durch die Kurden im Norden und die Schiiten im Süden. Die Variante basiert auf der Idee, dass Husseins Regime im Grunde die Diktatur einer Minderheit sunnitischer Muslime darstellt, die mit Hilfe der Ideologie des arabischen Nationalismus der Baath-Partei und durch Klientel- und Klanbeziehungen aufrechterhalten wird. Diese Analyse ist richtig - wer den Irak demokratisieren will, muss der Mehrheit der Bevölkerung, den überwiegend im Süden lebenden Schiiten, die Herrschaft überlassen und die Kurden beteiligen.

      Fänden faire Wahlen statt, sie würden durch die Schiiten entschieden. Unklar ist, welche Politik sie verfolgen würden, denn eine unabhängige Befragung dieser Bevölkerung war bislang nie möglich. Es ist keineswegs sicher, dass die Schiiten einen islamischen Staat mit starken Bindungen zu Iran befürworten würden. Immerhin haben auch sie im Krieg 1980-88 gegen den Nachbarn gekämpft. Doch natürlich gibt es starke politische Kräfte innerhalb dieser muslimischen Glaubensrichtung, die für eine Annäherung an Iran plädieren - dies wollen die USA unbedingt verhindern. Deshalb wird man einen Umsturz durch die Schiiten verhindern, Wahlen nach einer Invasion verzögern und nur Politiker zur Wahl zulassen, die sich Amerikas Sicht des Iran unterordnen.

      In einem "peripheren" Wechselszenario sind auch die Kurden ein Unsicherheitsfaktor für die USA. Sie drohen mit einem Zweifrontenkampf gegen Bagdad und die Türkei und könnten leicht in einen internen Bürgerkrieg verstrickt werden. Auch die politischen Absichten der Kurden sind unklar. Autonomie innerhalb des irakischen Mutterlandes? Oder doch ein separater kurdischer Staat? Diese Option war für die USA bislang undenkbar wegen des Widerstands des Verbündeten Türkei, der Unruhen der Kurden in seinem Land fürchtet. Ankara erleidet aber derzeit einen rapiden Bedeutungsverlust für die USA. Bald werden sie militärisch so massiv im Nahen Osten, in Saudi-Arabien, den Golfstaaten und Irak, und in Afghanistan und Zentralasien präsent sein, dass die strategische Bedeutung der Türkei für sie abnimmt. Es gibt also eine kleine Chance für einen kurdischen Staat - mehr nicht.

      Wesentlich wahrscheinlicher als das risikoreiche "periphere" ist ein "zentrales" Szenarium. Die USA würden hier im Apparat Saddam Husseins nach einer präsentablen Führungsmannschaft suchen, die das alte System kennt und sich - zumindest formal - auf einen Demokratisierungsprozess verpflichtet: alte Baathisten, mindestens aber Mitglieder der sunnitischen Minderheit. Wie repräsentativ diese Kräfte sein werden, wird nebensächlich sein.

      Bei der Suche nach einer amerikafreundlichen Führungsfigur sind die USA in der irakischen Opposition bislang nicht fündig geworden. Dass Achmed Chalabi, der Führer des Irakischen Nationalkongresses in Washington, es wird, ist unwahrscheinlich, denn er verfügt kaum über Rückhalt bei den Irakern und ist in Jordanien in Abwesenheit wegen Bankbetrugs verurteilt worden. Nach der geplanten amerikanischen Eroberung wird die Suche nach einer Führungsfigur wohl erst richtig losgehen. Und um das "Abenteuer Demokratisierung" kalkulierbarer zu machen, wird langfristig ein amerikanisches Militärprotektorat mit einem Gouverneur und General Franks an dessen Seite eingesetzt werden. Unwahrscheinlich ist, dass rasch Wahlen abgehalten werden. Am Ende mögen die Amerikaner sich gezwungen sehen, das irakische Militär an die Spitze des Landes zu setzen.

      Selbst wenn man von dem Idealfall ausgeht, dass alle politischen Parteien und Gruppen sich zur Integrität des Irak bekennen und freien Wahlen zustimmen würden, wäre fraglich, ob die USA einer unabhängigen irakischen Regierung freie Hand ließen. Eine solche Regierung würde nämlich als Erstes die Kontrolle über das irakische Erdöl zurückverlangen, mit dem die Amerikaner ihre Kriegsunkosten decken wollen. Die Konzessionen sind bereits verplant, sie wollen sie als strategisches Unterpfand einer Preiskontrolle der asiatischen Zukunftsmärkte China und Indien einsetzen.

      Historisch gibt es einfach keinen Beleg für einen konkreten Einsatz der Amerikaner für die Demokratisierung im Nahen Osten. Im Gegenteil. Als die demokratische Regierung Mossadegh in Iran das Erdöl verstaatlichte, wurde sie 1953 auf Betreiben der USA und der CIA gestürzt. Wie glaubhaft ist ein völliger prodemokratischer Paradigmenwechsel einer amerikanischen Regierung, die bislang ausnahmslos mit Diktatoren kooperiert hat - etwa in Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien? Eine Abkehr von der Macht- und Interessenpolitik gerade der Regierung Bush attestieren zu wollen, die das Völkerrecht ignoriert, ist so einleuchtend, wie es wäre, wenn man Ajatollah Chomeini posthum zum Papst erklären würde.

      Hätten die Amerikaner auch die besten Absichten zur Demokratisierung, sprächen dennoch kulturelle Faktoren gegen deren gewaltsame Durchsetzung. Sieht man von den Bewohnern Kuwaits und der Golfstaaten ab, so wird die amerikanische Präsenz in der Nahostregion nahezu durchgehend abgelehnt. Demokratische "Umerziehung" auf der Basis einer militärischen Zwangsherrschaft ist nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa gelungen. Aber ein Vergleich mit dem Nahen Osten hinkt. Und zwar nicht weil Iraker und Araber kulturell nicht demokratiefähig wären, sondern weil die internationale Ausgangslage eine andere ist. Die Amerikaner kamen als Nachfahren der Europäer Europa in seiner schwärzesten Stunde zu Hilfe. Dieses Empfinden hat die arabische Welt nicht. Aus ihrer Sicht sind die Amerikaner Nachfahren der einstigen Kolonialmächte. Dieser Unterschied in der Ausgangslage wird den Antiamerikanismus in der Region weiter fördern, bis hin zu wachsender Terrorgefahr.

      Insgesamt sind Demokratisierung und Humanität als Motive des Krieges schlimmstenfalls eine ideologische Verblendung, bestenfalls ein naiver Selbstbetrug. Nicht nur der Weg zur Demokratie, der Krieg mit seinen Opfern, sondern auch das politische Ziel, eine durch Amerika bewerkstelligte Demokratisierung, ist als utopisch und unehrlich zu kritisieren. Der neue Kolonialismus der USA ist eben kein "humanitärer Imperialismus", wie der außenpolitische Berater von Tony Blair, Robert Cooper, sich das wünscht. Er ist ein von amerikanischen Interessen geleiteter Kolonialismus, der seinem Wesen nach undemokratisch bleiben wird. " KAI HAFEZ

      taz Nr. 7011 vom 22.3.2003, Seite 15, 241 Zeilen (Kommentar), KAI HAFEZ, taz
      Avatar
      schrieb am 23.03.03 14:27:04
      Beitrag Nr. 469 ()
      Zivile Opfer

      Bilder des Grauens erzürnen die arabische Welt

      Tote Iraker neben einer weißen Fahne, ein Kind mit zertrümmertem Kopf: Grausame TV-Bilder und Fotos aus dem Irak wecken schon jetzt Wut und Ekel in der arabischen Welt. Derweil wächst die Zahl der Opfer, bei Angriffen auf Basra und radikale Gruppen im Norden soll wieder es zahlreiche Tote gegeben.


      AP

      Ziviles Leid bei Basra : Erwachsene kümmern sich um ein Kind, das bei den Kämpfen um die südirakische Großstadt verletzt worden sein soll


      Kairo - Seit Beginn der amerikanischen Bodenoffensive zeigt der TV-Sender al-Dschasira Bilder, wie sie auf CNN nicht zu sehen sind - und viele in den arabischen Welt reagieren mit Abscheu darauf. Gelangen noch mehr Aufnahmen dieser Art an die Öffentlichkeit, könnte sich dies zu einem massiven Problem für die Amerikaner auswachsen. Erste Anti-Kriegs-Demonstrationen mit Ausschreitungen hatte es bereits am Samstag im Jemen und in Ägypten gegeben.

      Besonders schrecklich dürften Fernsehzuschauer am Wochenende die Fernsehbilder eines toten Kindes gefunden haben, dem der Oberkopf fehlte. Diese TV-Aufnahmen wurden von einigen Zeitungen übernommen, selbst das halbamtliche ägyptische Blatt "al-Achbar" druckte das Foto am Sonntag mit der Bildunterschrift "Amerikanische Menschlichkeit". Weitere Zeitungen zeigten Aufnahmen von verstümmelten Leichen und verletzten Kindern im Irak. Einige Blätter wählten für ihre Titelseiten ein Bild aus, das tote irakische Soldaten in einem Schützengraben zeigt. Neben ihnen liegt eine weiße Fahne.

      Irak: 77 tote Zivilisten

      Al-Dschasira hatte am Samstag auch Bilder aus der Umgebung von Basra ausgestrahlt, auf denen deutlich wurde, dass die Menschen nicht nur bei Luftangriffen getötet wurden. Zu sehen war beispielsweise ein Taxi mit Einschusslöchern in der Windschutzscheibe. Leichen waren nicht zu sehen, möglicherweise waren sie abtransportiert worden. Neben dem Fahrzeug sah man Blutlachen und Schuhe.


      AP

      Blutende Frau bei Basra: Nach irakischen Angaben viele zivile Tote und Verletzte im Süden


      Vor allem rund um Basra, wo die westlichen Truppen am Samstag auf größere Gegenwehr gestoßen sind, sind bei den Gefechten offenbar zahlreiche Iraker gestorben. Nach den - problematischen - offiziellen irakischen Angaben vom Sonntagmorgen sind in den letzten 24 Stunden rund um die Stadt allein 77 Zivilisten getötet worden, hinzu kämen hunderte Verletzte. Dies sagte der Informationsminister Mohammed Said al-Sahaf auf einer Pressekonferenz in Bagdad.

      Bericht über zerstörte Wohnhäuser

      Bei den Bombardierungen der Hauptstadt Bagdad hat es nach irakischer Darstellung in der Nacht zum Sonntag 106 zivile Verletzte gegeben. Ein Korrespondent der dpa besichtigte in einem Wohnviertel im Bezirk Kadisija einen schweren Raketentreffer. Zwei zweistöckige Häuser, offenbar Wohnhäuser, waren demnach vollständig zerstört, die umliegenden Häuser wurden schwer beschädigt. Anwohner sagten, zwei Bewohner seien verletzt in Krankenhäuser gebracht worden, ein Bewohner werde noch vermisst. In Bakuba, 50 Kilometer nördlich von Bagdad, wurden nach irakischen Angaben 23, im 100 Kilometer entfernten Muthenna acht Personen verletzt.

      Im Nordosten Iraks, nahe der iranischen Grenze, haben alliierte Jets nach Angaben eines in der Nähe stationierten BBC-Reporters in der Nacht zum Sonntag erneut Angriffe geflogen, bei denen Menschen umgekommen sein könnten. Ziel der Angriffe sei die Gruppe Ansar al-Islam gewesen, der Washington Verbindungen zum Terrornetz al-Qaida vorwirft. Allerdings seien auch Mitglieder einer zweiten Gruppe mit dem Namen Komala getroffen worden. Dem BBC-Bericht zufolge hat Washinton die Region bereits am Freitag mit mindestens 70 Cruise Missiles beschossen. Dabei sind laut BBC mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen, die führende Kurdengruppe der Region spreche gar von 150 Todesopfern.
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      schrieb am 23.03.03 16:48:31
      Beitrag Nr. 470 ()
      Pannenreicher Vorstoß

      Irakisches Fernsehen zeigt tote US-Soldaten

      Die US-Truppen haben bei der südirakischen Stadt Nasirija offenbar größere Verluste erlitten: CNN meldet, die Amerikaner seien mit Granaten beschossen worden, im irakischen Fernsehen waren Bilder teils verstümmelter Leichen zu sehen.


      AP / CBS

      Abtransport des Verletzten: Nach der Handgranaten-Attacke eines US-Soldaten auf Kameraden tragen Soldaten eines der Opfer auf einer Trage davon


      Bagdad/Kuweit - Die getöteten Soldaten lagen auf einer Straße aufgereiht, sie hatten teils Kopf- oder Bauchschüsse erlitten. An einer Leiche fehlte die Hand. Andere Gesichter wiesen Brandspuren auf. Nach Angaben des Fernsehens wurden sie bei den Kämpfen um Nasirija im Südirak getötet.

      Zuvor hatte auch CNN von heftigen Gefechten bei Nasirija berichtet. Ein Korrespondent des Nachrichtensenders CNN sprach von bis zu "zehn Verlusten" auf amerikanischer Seite. Unter anderem sei ein Fahrzeug der US- Truppen von einer Granate getroffen worden.

      Die Meldungen fügen sich ins Bild: Erstmals waren am Sonntag aus dem Lager der Alliierten am Sonntag mehr Pannenmeldungen zu hören als Erfolgsberichte. Viele der Unfälle forderten Todesopfer, die britische und die amerikanische Armee mussten die Fehler so wohl oder übel einräumen.

      So haben die Amerikaner und Briten bisher nach offiziellen Meldungen drei Hubschrauber bei Unfällen verloren. Dabei wurden 19 Soldaten getötet. Im Kampf gefallen sind dagegen nach den von den Alliierten gemeldeten Zahlen bisher nur sechs US-Soldaten.

      In der Nacht wurde zudem ein britisches Kampfflugzeug irrtümlich von einer US-Rakete abgeschossen. Der "Tornado" mit zwei Mann Besatzung war von einer Patriot-Flugabwehrrakete nahe der kuweitischen Grenze getroffen worden. Das bestätigte der Oberbefehlshaber der britischen Truppen am Persischen Golf, Generalleutnant Brian Burridge. Die vermissten Piloten wurden gesucht.

      Bei einem Anschlag im "Camp Pennsylvania" in Nordkuweit warf nach Fernsehberichten ein junger US-Soldat drei Handgranaten in Zelte von Offizieren der 101. US-Luftlandedivision. Dabei soll ein Soldat getötet worden sein, 13 wurden den Berichten zufolge verletzt. Der mutmaßliche Attentäter wurde sofort überwältigt und verhört. Die Hintergründe waren zunächst unklar. Der Soldat soll ein afro-amerikanischer Muslim sein.


      DPA

      Andauernder Widerstand: Während Truppenteile näher an Bagdad herangerollt sind, geht der Bodenkrieg im Süden weiter, hier auf der Halbinsel al-Faw


      Die Großstadt Basra soll inzwischen weitgehend "gesichert" sein, berichtete die BBC. Der irakische Informationsministers Mohammed Said al-Sahaf warf Amerikanern und Briten aber vor, bei der Eroberung Streubomben auf zivile Ziele geworfen zu haben.

      In der Hafenstadt Umm Kasr hingegen, deren Einnahme US-Verteidigungsminister Rumsfeld schon Ende der Woche verkündet hatte, im äußersten Südosten des Iraks leisteten "Soldaten in Zivil hartnäckigen Widerstand", berichtete derweil eine Reporterin des britischen Fernsehsenders Sky News.

      Ein BBC-Korrespondent sprach am Sonntag früh von "Widerstandsnestern", während des Live-Telefonats waren im Hintergrund heftige Schusswechsel zu hören. Im Laufe des Sonntagvormittags übertrugen die Sender BBC und CNN Live-Bilder von den Kämpfen um Umm Kasr. Dort war zu sehen, dass die US-Truppen stundenlang keinen Meter vorankamen

      Die seit vier Tagen umkämpfte Hafenstadt ist nach den Worten des irakischen Informationsministers Mohammed Said al-Sahhaf ein Symbol für den "heroischen Widerstand" der irakischen Soldaten. Der Minister wies am Sonntagmorgen auf einer Pressekonferenz in Bagdad alle Meldungen von alliierter Seite über eine Kontrolle über die strategisch wichtige Stadt als "Lügen" zurück.
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      schrieb am 23.03.03 20:49:24
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      schrieb am 23.03.03 22:40:27
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      schrieb am 24.03.03 11:36:18
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      schrieb am 24.03.03 16:32:37
      Beitrag Nr. 474 ()
      Irak-Krieg

      Alliierten droht blutiger Kleinkrieg um jede Stadt

      Die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Irak-Krieg schwindet, ein zäher und blutiger Kampf um jede Stadt wird immer wahrscheinlicher. Umm Kasr ist noch immer nicht fest in der Hand der Alliierten, ein Ende der Kämpfe um Basra nicht abzusehen.


      REUTERS

      Britischer Soldat vor Basra: Alliierten droht blutiger Straßenkampf


      Umm Kasr/Basra - Was den Alliierten eines Tages in Bagdad bevorstehen könnte, wird im kleinen Maßstab derzeit in der Hafenstadt Umm Kasr deutlich: Schon vor drei Tagen verkündeten Amerikaner und Briten vorschnell die Eroberung der Stadt - und müssen nun zugeben, dass sie dort noch immer nicht für Ruhe gesorgt haben. Das britische Militär vermutet noch ganze 100 irakische Soldaten in Umm Kasr, doch sie halten die alliierten Truppen seit Tagen in Atem.

      Britische Marine-Infanteristen sollen die Lage nun in den Griff bekommen, indem sie ihre Erfahrung im Straßenkampf Nordirlands einsetzen. Bisher konnten US-Truppen nach Angaben eines Sprechers lediglich den alten und den neuen Hafen von Umm Kasr unter ihre Kontrolle bringen, die Wohngebiete aber würden noch von irakischen Truppen gehalten.

      Die Straße nach Basra ist nach Angaben britischer Militärs wieder unsicherer geworden. Immer wieder würden Feuerüberfälle kleiner Miliz-Einheiten gemeldet. Der arabische TV-Sender al-Dschasira zeigte Bilder von riesigen schwarzen Wolken über Basra, die von brennenden Öl-Gräben stammen könnten. Der US-Nachrichtensender CNN berichtete, dass die Eroberung der Stadt frustrierend langsam vorangehe. Ein Ende der Kämpfe sei derzeit nicht absehbar.


      AP

      Ölbrände in der Nähe von Basra: Ende der Kämpfe nicht in Sicht


      Auch in der südostirakischen Stadt Nassirija trafen die Alliierten auf zähen Widerstand. In den nach den Worten eines US-Offiziers bisher heftigsten Gefechten des Krieges kamen etwa zehn amerikanische Soldaten ums Leben, als irakische Soldaten einen Truppentransporter mit einer raketengetriebenen Granate sprengten. Zudem werden zwölf US-Soldaten in der Gegend um Nassirija vermisst.

      Etwa 100 Kilometer südlich von Bagdad lieferte sich ein Geschwader von amerikanischen "Apache"-Kampfhubschraubern ein dreistündiges Feuergefecht mit der Republikanischen Garde Saddam Husseins. Nach Informationen des US-Nachrichtensenders CNN mussten sich die Amerikaner zurückziehen. Wenige Stunden später präsentierte der Irak Fernsehbilder eines erbeuteten und offenbar intakten "Apache"-Helikopters und behauptete, einen weiteren abgeschossen zu haben.

      Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon meinte dagegen, der alliierte Vormarsch auf die irakische Hauptstadt Bagdad komme "wie geplant" voran. Zugleich rief er am Montag dazu auf, im Hinblick auf die Befreiung südirakischer Städte geduldig zu sein. Es könne noch Tage dauern, ehe etwa in Umm Kasr Minen geräumt und Hilfstransporte möglich seien.

      US-Armee bereitet offenbar Nordfront vor

      Unterdessen bereitet das US-Militär offenbar die Eröffnung einer zweiten Front im Norden des Irak vor. Amerikanische Streitkräfte haben am Montagmorgen erstmals Stellungen der irakischen Armee nördlich von Kirkuk bombardiert. Wie der Korrespondent des arabischen TV-Senders al-Dschasira aus dem nahe gelegenen Dschamdschamal berichtete, galten die Angriffe den Stellungen an der Grenze zum halbautonomen Kurdengebiet.


      AP

      US-Marines in Umm Kasr: Zäher Kampf um die Hafenstadt


      Die Angriffe könnten dazu dienen, die Eröffnung einer neuen Front im Norden vorzubereiten, sagten kurdische Beobachter in der Region. Kirkuk liegt im Zentrum eines wichtigen Öl-Gebietes. Zudem gab es Berichte heftiger Explosionen in der Nähe der nordirakischen Städte Mossul und Arbil. Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichteten zudem von amerikanischen Truppenbewegungen in den Kurdengebieten im Nordirak. Auch die kurdischen "Peschmerga"-Kämpfer bereiten nach eigenen Angaben eine "große Operation" gegen irakische Truppen vor.

      Der irakische Informationsminister Mohammed Said al-Sahhaf sagte in Bagdad, US-Einheiten seien mit Helikoptern bei Kirkuk gelandet und zur Flucht gezwungen worden. Eine Bestätigung von amerikanischer Seite steht bisher aus.

      Nach Informationen von Reuters gibt es derzeit keine Anzeichen eines Einmarsches türkischer Truppen in die nordirakischen Kurdengebiete. Die Regierung in Ankara hatte wiederholt betont, zu "humanitären Zwecken" in die Kurdengebiete einmarschieren zu wollen.
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      schrieb am 24.03.03 16:46:58
      Beitrag Nr. 475 ()
      Montag, 24. März 2003
      USA beschuldigen Russland
      "Militärlieferungen nach Irak"

      Russische Unternehmen haben nach US-Angaben vor Beginn des Golfkriegs brisante militärische Ausrüstungsgegenstände an Irak verkauft. Wie die "Washington Post" am Sonntag berichtete, soll eine Firma zum Beispiel Störanlagen für die Elektronik amerikanischer Flugzeuge und Bomben bereit gestellt haben.

      Die russische Elektronikfirma "Awijakonwersija" dementierte den Berichte über die Lieferung von Störsendern. Die Geräte, deren elektronische Impulse angeblich die Zielgeräte der amerikanischen Marschflugkörper und so genannten intelligenten Bomben stören können, seien niemals an Bagdad verkauft worden, sagte Firmenchef Oleg Antonow am Montag in Moskau. "Vielmehr haben die Amerikaner unsere Geräte gekauft, um deren Wirkung auf ihre Waffen zu testen."

      Die US-Militärs hätten festgestellt, dass die Präzisionswaffen durch die Störsender von "Awijakonwersija" ihre Effektivität "vollständig verlieren". "Und sie waren völlig entsetzt darüber, dass ihre Doktrin der nicht-nuklearen Strategie dadurch völlig zusammengebrochen ist", sagte Antonow. Da seine Firma derartige Geräte auch in andere Länder verkauft hatte, vermutete er vielmehr, dass Bagdad möglicherweise mit Hilfe jugoslawischer Militärs einen elektronischen Schutzschild aufgebaut habe.

      Der "Washington Post" zufolge hätten zwei andere Betriebe Panzerabwehrraketen und Tausende Nachtsichtgeräte geliefert. Sie hätten damit das Handelsembargo der Vereinten Nationen gegen Bagdad unterlaufen.

      Das Außenministerium in Washington erklärte, es habe bei der russischen Regierung wiederholt gegen solche illegalen Geschäfte protestiert, vor allem in den letzten beiden Wochen vor dem Golfkrieg. Die gelieferten Gegenstände könnten eine erhebliche Bedrohung für die alliierten Truppen am Golf darstellen.
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      schrieb am 24.03.03 19:53:48
      Beitrag Nr. 476 ()
      Jordanien

      König Abdullahs gefährliche Allianz mit den USA

      Von Matthias Gebauer, Amman

      Jordaniens König Abdullah ist ein verlässlicher Freund Amerikas. Immer mehr seiner Landsleute hassen ihn dafür. Gerüchte über eine indirekte Beteiligung Jordaniens am Krieg gegen die USA drohen, die Stimmung gegen den König umschlagen zu lassen.

      Amman - Im jordanischen Fernsehen ist die Welt in diesen Tagen noch in Ordnung. Während bei CNN, al-Dschasira und allen anderen internationalen und arabischen Sendern fast 24 Stunden live Bilder von Raketeneinschlägen, gefangenen Soldaten und deren Leichen über die Bildschirme flimmern, darf der seinem Staatssender zugeneigte Jordanier noch immer sein Wissen bei Ratespielen testen oder auf dem Movie-Channnel seichte amerikanische Filme sehen. Kaum ein Wort verlieren beide Sender über den Krieg, der nur wenige hundert Kilometer entfernt im Irak tobt und jeden Tag Tote fordert.

      Doch verdrängen kann diese staatlich organisierte Desinformation den Krieg nicht, denn kaum jemand nimmt sie wahr. Jeder verfügbare Fernseher zeigt entweder al-Dschasira oder Abu Dhabi-TV. Die wagten in den letzten Tagen noch nicht mal, Werbung zu zeigen. Wie eine Realsatire wirkt dagegen die Scheinwelt des jordanischen Fernsehens. Schließlich war ein Jordanier das erste Opfer dieses Krieges, an dem Jordanien angeblich gar nicht teilnimmt: Der Taxifahrer Ahmad Walid al-Bath rief am Donnerstag auf der Strecke Amman-Bagdad aus einem irakischen Kontrollhäuschen seine Firma an, als ein Bomber die Baracke bombardierte und den 33-jährigen tötete.

      Doch der Taxifahrer al-Bath wird vermutlich nicht das einzige jordanische Opfer des Irak-Kriegs bleiben. Der Bombenhagel im Irak könnte in dem wegen seiner eingeklemmten Lage zwischen Irak und Israel gern als Sandwich-Staat bezeichneten Land mehr Probleme bringen, als die offiziellen Politiker bisher zugeben. König Abdullah und seiner Regierung droht mit jedem weiteren Kriegs-Tag und vor allem jedem weiteren irakischen Opfer eine politische Krise, die sich schnell zu einem Volksaufstand in dem Land auswachsen kann.

      Das jordanische Volk steht hinter dem Irak

      Noch ist es friedlich in Amman und den anderen Städten des Landes. Doch die Proteste reißen trotz intensiver Bemühungen von Regierung, Geheimdienst und Polizei nicht ab. Insgesamt waren es in den ersten vier Tagen des Krieges mehr als 60 Kundgebungen. Auch am Sonntag protestierten in Amman nahe der Universität wieder mehrere hundert Menschen gegen den Krieg. Dass die Jordanier auf solchen Demonstrationen US-Flaggen verbrennen oder den US-Präsidenten als Mörder beschimpfen, ist nichts Ungewöhnliches. Besorgniserregend für die jordanische Regierung muss allerdings sein, dass sie mehr und mehr mit dem Feldherrn aus Washington assoziiert wird.

      So war am Sonntag bekannt geworden, dass Jordanien fünf irakische Diplomaten ausgewiesen hatte. Sofort wurde von einigen Kritikern behauptet, Ammans Regierung habe sich den USA gebeugt. Die Regierung ruderte schnell zurück: Erstens dürften zwei der fünf Diplomaten in Jordanien bleiben. Außerdem hätten die drei anderen in Amman spioniert und würden deshalb nach Bagdad zurück geschickt.

      Mit der Bitte der USA an alle Staaten dieser Erde, irakisches Botschaftspersonal auszuweisen, habe das alles nichts zu tun. "Dies ist eine rein irakisch-jordanische Angelegenheit", versuchte sich der Premierminister Ali Abu al-Raghib im Krisenmanagement. Neben alle Ausflüchten aber stecken König Abdullah und seine Regierung in einem Dilemma, dem sie nur schwer entfliehen können: Das Volk in Jordanien steht nicht nur emotional fest auf der Seite des Iraks. Auch wenn nur wenige den Diktator Saddam Hussein als Führer verehren, hassen sie die Amerikaner dafür, dass sie die irakischen Brüder mit Bomben umbringen und sich anmaßen, ihre Interessen in der Region ohne Skrupel durchzusetzen. Ebenso abhängig ist Jordanien wirtschaftlich von seinem Nachbarn: Jedes Jahr bekommt der Wüstenstaat Öl für etwa 450 Millionen Dollar und macht rund 15 Prozent seines Außenhandels mit Bagdad.

      Stille Abkommen mit der Bush-Regierung

      Die offiziellen Aussagen des jordanischen Königs passen zu dieser Stimmung. Immer wieder hatte auch der König einen möglichen Krieg verurteilt und mehr Diplomatie gefordert. Im August 2002 sagte er dies auch dem US-Präsidenten sogar recht offen bei einer Visite in Washington. Auch am Sonntag rief der Premierminister Ali Abu al-Raghib spontan in ein Nobel-Hotel in Amman, um eine angeblich neue jordanische Initiative für das Ende des Krieges bekannt zu geben. In einem 90-Sekunden-Statement kündigte er an, dass Jordanien gemeinsam mit arabischen und anderen Ländern an einer Lösung des Konflikts arbeitete. Details der neuen Initiative nannte er jedoch nicht.

      Was der König und sein Premier jedoch nicht so gern offen eingestehen, sind die stillen Abkommen Jordaniens mit der Bush-Regierung. Da die USA die Jordanier ebenfalls massiv wirtschaftlich unterstützen, musste der König den US-Truppen offiziell zumindest die Überflugrechte gewähren. Außerdem ließ Amman zu, dass "mehrere hundert" US-GIs nahe der Grenze ihr Lager aufschlugen, um die Patriot-Raketen zu installieren.

      Die Unterstützung geht jedoch wesentlich weiter. So sollen die Amerikaner nach Informationen aus jordanischen Regierungskreisen in der Grenzregion zum Irak einen Flughafen für ihre Kampfjets betreiben. Ohne die Kenntnis der Jordanier sollen dort bereits vor Wochen die ersten Jets gelandet seien. Am Wochenende waren zudem an den Ausfallstraßen Ammans mehrmals amerikanische Tankzüge zu sehen, die Flugbenzin in Richtung Grenze brachten. Fast schon ironisch fragte eine amerikanische Journalistin am Sonntag bissig beim Premier nach, ob Jordanien dort vielleicht einen neuen Flughafen eröffnet habe und wartete vergeblich auf eine Antwort.

      Bestätigen kann die Gerüchte über die US-Aktivitäten zurzeit niemand - schließlich haben die Jordanier die Zone nach der Stadt Ruweischwed bereits seit Wochen zur militärischen Sperrzone erklärt. Wer trotzdem zur irakisch-jordanischen Grenze durchstößt, sieht ebenfalls nur startende Jets in der Ferne. Wer die Kampfflugzeuge steuert oder ob es US-Jets sind, ist nicht auszumachen. Offiziell legte sich Premier Abu al-Raghib am Sonntag erneut fest. "Die USA greifen den Irak von allen möglichen Richtungen an, doch nicht von jordanischem Boden aus", sagte er. Auf die Frage, wie viele US-Soldaten es denn sind, die dort offiziell nur zum Überwachen der Patriot-Raketen aufgestellt sind, wich er aus. Das sei eine "geheime Information", sagte er.

      Das Umfeld des Königs ist besorgt

      Auch ohne einen Beweis aber verstärken die immer neuen Meldungen beim Volk die Stimmung gegen den König. Westliche Diplomaten haben deshalb in Amman schon Szenarien für den Fall des Falles aufgestellt. "Wenn das Volk bemerkt, dass die Amerikaner Jordanien für ihre Westfront zum Marsch auf Bagdad benutzen", sagt einer von ihnen besorgt, "ist der König keine 24 Stunden mehr an der Spitze des Staates."

      Dass in Washington die Notwendigkeit eines solchen Zugangs zum Sturm auf die irakische Hauptstadt diskutiert wird, ist bekannt. Würden die Jordanier nun erfahren, dass ihr Land mit Billigung des Königs für den US-Aufmarsch genutzt wird, würde sich der bereits vorhandene Volkszorn gegen die USA schnell gegen Abdullah richten.

      Auch das Umfeld von König Abdullah ist besorgt. Einer seiner Berater, der ehemalige Generalstabschef Mussa Aal Adwan, will zwar über die Stationierung der Amerikaner keine Kenntnis haben. Doch auch der ehemalige Soldat und enge Vertraute des Königs macht sich Sorgen über die kommenden Tage und Wochen. "Wenn die Bilder von Toten, von Menschen, die wie in Basra beim Beten getötet werden, andauern, wird ein Aufstand immer wahrscheinlicher", fürchtet der ehemalige General, der heute das Institut für strategische Studien führt.

      "Niemand wird zulassen, dass der König das Land verlässt"

      Adwan macht sich über die Ziele der amerikanischen Regierung keine Illusionen. "George Bush handelt schon lange nicht mehr für Interessen der Welt oder des Friedens, sondern nur noch für sich", sagt er. Wie sonst könne er öffentlich anbieten, König Abdullah könne bei einem Aufstand in Jordanien in den USA Asyl erhalten. Der Ex-General mit der sonst so disziplinierten Körperhaltung wird in dieser Frage richtig wütend. "Solche Äußerungen sind billig und erniedrigend", sagt er und richtet drohend den Zeigefinger nach oben. "Niemand wird zulassen, dass der König das Land verlässt."

      Ob die Regierung und der König die Lage im eigenen Land in den kommenden Tagen und Wochen unter Kontrolle halten können, ist ungewiss. Noch Ende letzter Woche rief der Kultusminister alle Lehrer Ammans spontan zusammen und sagte ihnen, was zu tun sei. Auf keinen Fall dürfe zugelassen werden, dass die Schüler auf Demonstrationen und Protestmärsche gehen. "Er sagte uns, dass jede Schulstunde stattfinden solle", erzählt einer der Lehrer, der bei der Versammlung dabei war. Ebenso sollten die Lehrer den Kindern und Jugendlichen vermitteln, dass der König immer gegen den Krieg war.

      Dass diese Art der Desinformation noch wirkt, wird mit jedem Bild von toten Irakern oder der glutroten Rauchglocke über der benachbarten Metropole Bagdad unwahrscheinlicher. Vielleicht aber konnten der König und sein Premier durch die Ankündigung einer neuen Initiative zur Beendigung des Krieges die Lage etwas beruhigen. Am Sonntagabend zumindest blieb es ruhig in Amman.
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      schrieb am 25.03.03 23:24:03
      Beitrag Nr. 477 ()
      Basra

      Revolte gegen Saddams Soldaten

      In Basra hat offenbar ein Volksaufstand gegen irakische Truppen begonnen. Die britische Armee bestätigte Meldungen über eine Revolte der schiitischen Bevölkerung der Stadt und unterstützte sie mit Angriffen auf die regimetreuen Truppen.


      REUTERS

      Vorbereitung für den Häuserkampf: Ein Soldat der britischen "Wüstenratten" nimmt gegnerische Verbände ins Visier


      Basra - Generalmajor Peter Wall, der britische Generalstabschef beim alliierten Oberkommando in Katar, bestätigte den Beginn der Rebellion. Der Aufstand stecke allerdings noch in den Kinderschuhen, und die britische Armee müsse erst herausfinden, inwiefern sie ihn ausnutzen könne. "Wir wissen nicht, was ihn ausgelöst hat, welches Ausmaß er besitzt oder wohin er führen wird", sagte Wall.

      Ein Sprecher der britischen Truppen vor Basra sagte, irakische Soldaten hätten mit Mörsern auf die Aufständischen geschossen. Die britische Armee habe daraufhin ihrerseits mit Artillerie und Mörsern das Feuer auf die Regimetruppen eröffnet, um die Aufständischen zu unterstützen.

      Der irakische Informationsminister Mohammed Said al-Sahaf dementierte die Meldungen über die Rebellion. "Die Lage ist stabil, der Widerstand geht weiter, wir erteilen den Angreifern weitere Lektionen." Die Gerüchte über einen Aufstand entstünden durch Frustration auf Seiten der Alliierten.

      Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass die Bevölkerung von Basra sich gegen Saddam Hussein erhebt. Die südirakische Stadt ist mehrheitlich von Schiiten bevölkert, die vom sunnitisch geprägten Regime Saddams seit langem unterdrückt werden. Schon während des Golfkriegs von 1991 kam es zu Aufständen im schiitisch dominierten Süden des Irak, unter anderem auch in Basra, wo Saddam Hussein die Revolte blutig niederschlagen ließ.


      EPA/DPA

      Britische Artillerie feuert auf irakische Stellungen bei Basra


      In und um Basra war es am Dienstag zu heftigen Kämpfen zwischen britischen und irakischen Truppen gekommen. US-Kampfflugzeuge warfen zwei schwere Bomben auf das im Stadtzentrum gelegene Hauptquartier der regierenden Baath-Partei, das bei dem Angriff vollständig zerstört worden sein soll.

      Erneut starben britische Soldaten durch den Beschuss eigener Truppen. Wie die BBC unter Berufung auf einen britischen Militärsprecher meldete, starben die beiden Soldaten, als ihr Panzer am Morgen nahe Basra unter Beschuss kam. Zwei weitere Soldaten wurden bei dem Zwischenfall verletzt.

      Südlich der Stadt verhinderten die Briten nach eigenen Angaben den Ausbruch von rund 50 irakischen Panzern aus der Stadt. Die Panzer seien mit Hubschraubern angegriffen worden, 20 sollen nach Agenturberichten zerstört worden sein. Unklar war, ob Basra in einem Häuserkampf erobert oder belagert bleiben solle. Nach widersprüchlichen Aussagen zuvor sagte der Sprecher des Central Command: "Wir gehen nicht nach Basra hinein." Die Stadt sei lediglich zu einem militärischen Ziel erklärt worden.

      Nach britischen Militärangaben befinden sich in Basra etwa 1000 irreguläre Fedajin-Kämpfer. Wie der britische Militärsprecher Chris Vernon am Dienstag in Kuweit erklärte, wolle man jetzt versuchen, einen Keil zwischen die Fedajin und die regulären Soldaten in der zweitgrößten irakischen Stadt zu treiben. "Wir werden die Operation beginnen, wenn wir die Zeit für gekommen halten." Was auch bedeuten könnte: Ein blutiger Häuserkampf steht bevor.

      In der lange umkämpften südirakischen Hafenstadt Umm Kasr sind die Verteidiger nach britischen Angaben mittlerweile überwältigt, die Stadt sei unter Kontrolle. In Umm Kasr ist der einzige irakische Tiefseehafen. Das erste Schiff mit Hilfsgütern für die hungernde und durstige Bevölkerung solle möglichst binnen 48 Stunden entladen werden.
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      schrieb am 26.03.03 07:21:17
      Beitrag Nr. 478 ()
      US-Steuerpolitik

      Schwere Schlappe für Bush

      Rund 75 Milliarden Dollar für 30 Tage Krieg - die Kosten sind enorm. Gleichzeitig will US-Präsident George W. Bush die Steuern um mehr als 700 Milliarden Dollar senken. Der Senat will Bush nur die Hälfte der Summe genehmigen.


      REUTERS

      George W. Bush: Bremser durch den Senat


      Washington - Damit durchkreuzte der Senat überraschend Bushs Steuersenkungspläne. Im Senat haben die Republikaner eigentlich eine Mehrheit von einer Stimme. Doch mit 51 zu 48 Stimmen sprach sich die zweite Parlamentskammer dafür aus, bis 2013 nur 350 Milliarden Dollar an Steuern zu senken. Bush hatte 726 Milliarden Dollar verlangt und dies als Ankurbelungsprogramm für die Wirtschaft bezeichnet. Mit dem Geld sollte zum großen Teil die Abschaffung der Dividendensteuer finanziert werden, die überwiegend wohlhabenden Bürgern zugute kommt.

      Der Senat hatte erst am Freitag einen ähnlichen Antrag auf drastische Reduzierung der Steuersenkung abgelehnt. Weil das Repräsentantenhaus den Vorschlag des Weißen Hauses in vollem Umfang gebilligt hatte, wird jetzt ein Vermittlungsausschuss angerufen.

      Senatoren und Abgeordnete haben seit Wochen über den neuen Haushalt debattiert. Die Politiker kritisierten das Weiße Haus, weil es sich lange weigerte, Schätzungen über die Kriegskosten zu veröffentlichen. Damit sei eine Haushaltsplanung praktisch unmöglich, argumentierten vor allem die Demokraten. Bush beantragte erst diese Woche fast 75 Milliarden Dollar (70 Milliarden Euro) für den Krieg. Der Betrag soll die erwarteten Kosten für sechs Monate abdecken. 62,6 Milliarden Dollar sind für den Krieg selbst vorgesehen, der Rest für Aufbau- und Wirtschaftshilfe in der Region.
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      schrieb am 26.03.03 07:29:48
      Beitrag Nr. 479 ()
      Mittwoch, 26. März 2003
      US-Falke tritt nach
      "UN und EU haben versagt"

      Wie wird die Welt nach einem Irak-Krieg aussehen? Der einflussreiche amerikanische Regierungsberater Richard Perle hat bereits sehr genaue Vorstellungen: Die Vereinten Nationen und die NATO sollen dann offenbar nicht mehr so wichtig sein.

      Die UNO reiche nicht aus, "um Sicherheit im 21. Jahrhundert zu gewährleisten", sagte Perle der "Berliner Zeitung". Zur NATO sagte er, wenn der Irak-Krieg vorbei sei, müsse darüber gesprochen werden, "wie die westlichen Demokratien künftig ihre kollektive Sicherheit gewährleisten wollen".

      Perle gehört wie US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zum Kreis der neokonservativen "Falken", die in der Regierung von Präsident George W. Bush den Ton angeben. Bereits Jahre vor dem 11. September 2001 hatte diese Gruppe sich für einen Krieg gegen den Irak eingesetzt.

      Kritik daran, dass die USA und Großbritannien den Irak ohne UN-Mandat angegriffen haben, wies Perle mit scharfen Worten zurück. Im Bosnien-Konflikt sei es zum Beispiel nötig gewesen, dass die USA die Führung übernahmen, weil die UN und EU versagt hätten. "Man hatte die europäische Führung ausprobiert, und Hunderttausende unschuldiger Menschen mussten sterben. Und die UNO hat alles noch schlimmer gemacht, weil die Bosnier wegen ihres Waffenembargos wehrlos waren."

      Die USA seien nicht scharf auf Kriege. Sie zögen es aber vor, gar nicht erst bedroht zu werden, wie Irak es tue. "Unser Recht auf Selbstverteidigung unter Artikel 51 der UN-Charta kann uns nicht genommen werden", so Perle.

      Andere Länder hätten "ein Recht auf die eigene Meinung", sagte Perle weiter. "Aber ich glaube nicht, dass sie über ein Vetorecht verfügen sollten." Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben fünf Länder ein Vetorecht: die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich. Die Regierung in Paris und Moskau hatten angekündigt, sie würde eine Kriegsresolution im Sicherheitsrat mit ihrem Veto blockieren. Der Angriff der USA auf den Irak erfolgte daher ohne UN-Mandat.

      Auf die Frage, ob nicht die Begründung der USA für den Irak-Krieg zusammenbreche, wenn nicht irgendwann irakische Massenvernichtungswaffen gefunden würden, sagte Perle: "Nein. Saddam hat 17 Resolutionen der Vereinten Nationen verletzt. Nur in einer von den 17 geht es um Massenvernichtungswaffen. Saddam ist eine Bedrohung für die Vereinigten Staaten. Aber wir werden diese Waffen ohnehin finden, weil wir wissen, dass sie produziert wurden."

      Indirekt bestätigte Perle, dass der Nordkorea-Konflikt anders verlaufe, weil das Regime in Pjöngjang möglicherweise über die Atombombe verfügt: "Es ist eine komplizierte Situation, weil die Nordkoreaner vielen Zivilisten in Südkorea Schaden zufügen könnten."

      Adresse:
      http://www.n-tv.de/3149157.html
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      schrieb am 26.03.03 11:27:28
      !
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      schrieb am 27.03.03 14:10:13
      Beitrag Nr. 481 ()
      @Jules, bin wieder im Lande, die Zeit in Malaysia ist leider zu schnell vorbeigegangen. Aber unser Heimatland Deutschland ist ja auch schön :D
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      schrieb am 27.03.03 14:11:12
      Beitrag Nr. 482 ()
      US-Vormarsch

      Das Blutbad von Nadschaf

      Die Schlacht von Nadschaf wird als erstes verheerendes Bodengefecht in die Geschichte des Irak-Feldzuges eingehen. Nach US-Angaben wurden in den vergangenen drei Tagen 1000 Iraker getötet - über die eigenen Verluste schweigt das Pentagon.


      REUTERS

      Koordinierungsversuch eines US-Soldaten zwischen Nadschaf und Kerbala


      Hamburg - Die Iraker diktieren den Amerikanern den Kriegsverlauf. Völlig unerwartet wurde die US-Armee in eine angeblich 36 Stunden währende Schlacht bei Nadschaf verwickelt. Generalmajor Buford Blunt stellte gegenüber einem Reporter der "New York Times" lapidar fest: "Ich habe die Stadt umzingelt und abgeschnitten." So beiläufig war die Aktion nicht. Die Schlacht begann in der Nacht von Montag auf Dienstag um Mitternacht. An Nadschaf, der 100.000-Einwohner-Stadt rund 140 Kilometer südlich von Bagdad, hatten die US-Militärs eigentlich gar kein Interesse. Doch als sie beim Vorstoß in Richtung Hauptstadt dort auf erheblichen Widerstand stießen, blieb der 3. Infanterie Division offenbar nichts anderes übrig, als diesen zu brechen.

      Es war eine verlustreiche Schlacht, die sich mehr als 36 Stunden hinzog. Nach Schätzungen der Amerikaner wurden rund 1000 irakische Soldaten getötet. Hunderte sollen gefangen genommen worden sein. Über Verluste in den eigenen Reihen gibt es keine Angaben.

      Laut einem US-Offizier hat sich der irakische Kommandeur in Nadschaf mit seinen Vorgesetzten in Bagdad telefonisch in Verbindung gesetzt und mitgeteilt, dass die Stadt von Gegnern eingekreist sei. In Nadschaf werden weitere 1000 als Saddam loyal beschriebene Soldaten und Milizionäre vermutet.

      Offenbar sollten die Eingeschlossenen militärische Hilfe bekommen. Von Norden und Süden versuchten irakische Truppen, teils in Panzern, teils in Transportern, in die Stadt zu gelangen. Diese seien, so Major Benjamin Matthews, Befehlshaber der Artillerie der 1. Brigade, unterstützt von der Luftwaffe unter Beschuss genommen worden. Dabei seien mehr als zwei Dutzend der in die Stadt drängenden Fahrzeuge zerstört worden.

      General Blount zeigte sich laut dem "Times"-Reporter überrascht angesichts der Stärke des irakischen Widerstands. Es scheine, als habe Saddams Regime noch immer die Kontrolle über das irakische Militär. "Sie kämpfen unbeugsam", sagte Blount, "sie sind organisiert und teils ziemlich gut ausgerüstet".

      Die Situation in Nadschaf, eine der heiligsten Städte der Schiiten, ist unklar. William Grimsley, Befehlshaber der 1. Brigade der 3. Division, äußerte sich jedoch zuversichtlich. Die Stadt-Bevölkerung sei "mindestens neutral und vielleicht sogar glücklich, dass wir hier sind". General Blount sagte, man sei mit schiitischen Führern in Kontakt. Er rechnet damit, dass diese das Kommando über die Stadt übernähmen, sobald sich die Saddam treuen Truppen und Milizen ergeben hätten.
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 15:31:09
      Beitrag Nr. 483 ()
      Vorausschauende Personalpolitik

      Cheneys Ex-Firma im Irak-Fieber

      Halliburton ist sich offenbar sehr sicher, vom Wiederaufbau im Irak zu profitieren. Schon vor Kriegsbeginn schaltete der frühere Arbeitgeber von US-Vize-Präsident Cheney im großen Stil Personalanzeigen für Jobs im asiatischen Raum.


      AP

      Ölförderung in Kuweit: Spezialisten für Kraftwerke, Wasseraufbereitung und Löscharbeiten


      New York - Die allgemeine Wirtschaftsflaute scheint an Halliburton vorbeigegangen zu sein. In der "Chicago Tribune" suchte die Konzerntochter KBR Government Operation jüngst nach Spezialisten für den Bau von Kraftwerken, für Wasseraufbereitung, Löscharbeiten, Projekt-Management und für dutzende weitere Sonderbereiche im asiatischen Raum. Auch Stellen in der Wäscherei, Versorgung, Sicherheit, sowie im Flug- und Wetterdienst bot KBR an. Das Unternehmen richtet sich offenbar auf einen längeren Aufenthalt ein.

      Halliburton wies direkte Zusammenhänge zum Irak-Krieg zurück. In der Anzeige gehe es nicht um Mitarbeiter für einen speziellen Job, sagte Konzernsprecherin Wendy Hall gegenüber "CNNMoney". Jedoch fiel die Rekrutierungskampagne eng mit dem bevorstehen Konflikt zusammen. Die Anzeige wurde am neunten Februar geschaltet - eineinhalb Monate, bevor die ersten US-Raketen in Bagdad einschlugen. Ein weiteres Indiz: Gesucht wurden auch Mechaniker für Panzer vom Typ M1 Abrams und M2/3 Bradley - Fahrzeuge, die derzeit im Krieg gegen den Irak eingesetzt werden.

      Der Konzern mit Sitz in Houston gehört zu jenen Unternehmen, die vom Irak-Krieg massiv profitieren könnten. Neben vier weiteren Konkurrenten hat sich auch Halliburton nach Medienberichten für den 900 Millionen Dollar schweren Wiederaufbau-Kontrakt der US-Entwicklungsbehörde USAID beworben.

      Das Aufbauprogramm sieht vor allem die Rekonstruktion der Infrastruktur vor. Nicht enthalten ist hingegen die Wiederherstellung und Modernisierung der irakischen Erdölindustrie. Nach einer Studie des Baker Institutes wird es 18 Monate dauern und fünf Milliarden Dollar kosten bis die Ölfelder auf dem Förderstand von vor 1991 sind. Hier konnte der weltweite Marktführer für den Bau und Betrieb von Gas- und Ölförderanlagen zuletzt ebenfalls einen Teilerfolg verbuchen. Anfang der Woche beauftragte die US-Army Halliburton mit dem Löschen von brennenden Ölquellen und mit der Instandsetzung der irakischen Petroindustrie.

      Ein umfassendes Engagement von Halliburton könnte die US-Regierung in Erklärungsnot bringen. US-Vizepräsident Dick Cheney leitete den Konzern, ehe er im Jahr 2000 nach Washington ging. Vom Krieg profitiert Halliburton indes schon jetzt. Die US-Army hat die Tochter KBR mit der Überprüfung und Löschung von Ölquellen-Bränden im Irak beauftragt. Zumindest die Anwerbung der Feuerwehrleute hat sich schon ausgezahlt.
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 15:39:35
      Beitrag Nr. 484 ()
      "Wer im Glashaus sitzt ..."
      Die Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen gilt für alle. Dokumentation wichtiger Bestimmungen

      Wenige Tage nach Beginn des Irakkriegs zeigten der arabische Sender Al Dschasira und das irakische Fernsehen am 23. März 2003 Bilder von getöteten und gefangen genommenen US-Soldaten. US-Präsident George W. Bush äußerte sich umgehend empört über diese Verletzung der Genfer Konvention. Dem US-Fernsehen gegenüber forderte er den Irak auf, Kriegsgefangene human zu behandeln.

      "Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen", heißt eine alte Volksweisheit. Sie trifft hier unbedingt zu. Die skandalöse Behandlung der gefangen genommenen Taliban- oder Al-Kaida-Kämpfer ist ein Beispiel für die Doppelbödigkeit, mit der sich die US-Regierung gegen die Rechtsverstöße der irakischen Seite entrüsten. Seit über einem Jahr sind Hunderte von Kämpfern auf Guantánamo zusammengepfercht, haben keinerlei Kontakt zur Außenwelt und keinen Rechtsbeistand. Wir dokumentieren im Folgenden eine Reihe von einschlägigen Artikeln aus dem Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen von 1949, um auf die doppelten Standards aufmerksam zu machen, die hier von US-amerikanischer Seite angelegt werden. Der Trick der USA: Den Gefangenen auf Guantánamo wird einfach der Status von "Kriegsgefangenen" vorenthalten. Iraks Diktator Saddam Hussein macht es sich natürlich auch einfach, wenn er behauptet, die britischen und amerikanischen Kriegsgefangenen "fair" behandeln zu wollen: "Ihre Recht gemäß der Genfer Konvention werden respektiert werden, obwohl die US-Regierung grausame Verbrechen gegen unser Volk und die Menschlichkeit begangen hat." (Zit. nach Frankfurter Rundschau, 24.03.2003) Letzteres stimmt zwar, stellt doch schon der Angriffskrieg eines der schwersten Verstöße gegen das Völkerrecht dar. Und die Verstöße gegen das 1. Zusatzprotokoll zu den Genfer Konventionen, in dem z.B. der Schutz der Zivilbevölkerung und das Verbot von zerstörerischen Waffen vorgeschrieben sind, sind im Jugoslawienkrieg (vgl. z.B. "Varvarin-Klage"), im Afghanistankrieg (vgl. z.B. "Zivile Opfer") und nun auch in den ersten Tagen des Irakkriegs Legion.
      Die nun folgenden Artikel aus dem Genfer Abkommen beziehen sich ausschließlich auf den Aspekt der Behandlung von Kriegsgefangenen.
      Pst


      Genfer Abkommen (GA) über die Behandlung von Kriegsgefangenen
      Nach einem Text des Deutschen Roten Kreuzes

      Die gefangengenommenen Soldaten stehen unter dem Gewahrsam des feindlichen Landes, das alles dafür tun muss, um den Soldaten trotz ihrer Gefangenschaft ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen (Art. 3 GA I-IV; Art. 12 I GA III). Sie dürfen nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Rasse, Religion, ihres Vermögens oder Geschlechts o. ä. benachteiligt werden. (Art. 3 GA III). Nur Gesundheitszustand, Geschlecht, Alter, Dienstgrad oder berufliche Eignung können eine Vorzugsbehandlung einzelner rechtfertigen (Art. 16 GA III). Sie dürfen nicht mißhandelt oder verstümmelt werden; medizinische oder wissenschaftliche Versuche irgendwelcher Art, falls diese nicht ärztlich gerechtfertigt sind und wenn sie den Gesundheitszustand des Soldaten beeinträchtigen, sind verboten. Verboten sind ferner Einschüchterungen und Beleidigungen sowie Vergeltungsmaßnahmen. Auch sind die Gefangenen vor öffentlicher Neugier, z. B. "Zurschaustellen", zu schützen. (Art. 13 GA III).

      Zentrale Bestimmungen im Wortlaut:

      Art. 13

      Die Kriegsgefangenen sind jederzeit mit Menschlichkeit zu behandeln. Jede unerlaubte Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, ist verboten und als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens zu betrachten. Insbesondere dürfen an den Kriegsgefangenen keine Körperverstümmelungen oder medizinische oder wissenschaftliche Versuche irgendwelcher Art vorgenommen werden, die nicht durch die ärztliche Behandlung des betreffenden Kriegsgefangenen gerechtfertigt sind und nicht in seinem Interesse liegen.

      Die Kriegsgefangenen müssen ferner jederzeit geschützt werden, namentlich auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und der öffentlichen Neugier.

      Vergeltungsmassnahmen gegen Kriegsgefangene sind verboten.

      ***

      Art. 14

      Die Kriegsgefangenen haben unter allen Umständen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Ehre.

      Frauen sind mit aller ihrem Geschlecht geschuldeten Rücksicht zu behandeln und müssen auf jeden Fall die gleich günstige Behandlung erfahren wie die Männer.

      Die Kriegsgefangenen behalten ihre volle bürgerliche Rechtsfähigkeit, wie sie im Augenblick ihrer Gefangennahme bestand. Der Gewahrsamsstaat darf deren Ausübung innerhalb oder ausserhalb seines Gebietes nur insofern einschränken, als es die Gefangenschaft erfordert.

      ***

      Art. 17

      Jeder Kriegsgefangene ist auf Befragen hin nur zur Nennung seines Namens, Vornamens und Grades, seines Geburtsdatums und der Matrikelnummer oder, wenn diese fehlt, einer andern gleichwertigen Angabe verpflichtet.

      Handelt er wissentlich gegen diese Vorschrift, so setzt er sich einer Beschränkung der Vergünstigungen, die den Kriegsgefangenen seines Grades oder seiner Stellung zustehen, aus.

      Jede der am Konflikt beteiligten Parteien ist verpflichtet, allen Personen, die unter ihrer Hoheit stehen und die in Kriegsgefangenschaft geraten könnten, eine Identitätskarte auszuhändigen, auf der Name, Vornamen und Grad, Matrikelnummer oder eine gleichwertige Angabe und das Geburtsdatum verzeichnet sind. Diese Identitätskarte kann ausserdem mit der Unterschrift oder den Fingerabdrücken oder mit beidem sowie mit allen andern den am Konflikt beteiligten Parteien für die Angehörigen ihrer bewaffneten Kräfte als wünschenswert erscheinenden Angaben versehen sein. Soweit möglich soll diese Karte 6,5 × 10 cm messen und in zwei Exemplaren ausgestellt werden. Der Kriegsgefangene hat diese Identitätskarte auf jedes Verlangen hin vorzuweisen; sie darf ihm jedoch keinesfalls abgenommen werden.

      Zur Erlangung irgendwelcher Auskünfte dürfen die Kriegsgefangenen weder körperlichen noch seelischen Folterungen ausgesetzt, noch darf irgendein Zwang auf sie ausgeübt werden. Die Kriegsgefangenen, die eine Auskunft verweigern, dürfen weder bedroht noch beleidigt noch Unannehmlichkeiten oder Nachteilen irgendwelcher Art ausgesetzt werden.

      Kriegsgefangene, die infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes sich über ihre Person nicht auszuweisen vermögen, sind dem Sanitätsdienst anzuvertrauen. Die Identität dieser Kriegsgefangenen soll, vorbehaltlich der Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln festgestellt werden.

      Die Kriegsgefangenen sollen in einer für sie verständlichen Sprache einvernommen werden.

      ***

      Art. 25

      Die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenen sollen ebenso günstig sein wie diejenigen der im gleichen Gebiete untergebrachten Truppen des Gewahrsamsstaates. Diese Bedingungen haben den Sitten und Gebräuchen der Gefangenen Rechnung zu tragen und dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.

      Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich namentlich auf die Schlafräume der Kriegsgefangenen, und zwar sowohl hinsichtlich des gesamten Belegraumes und des Mindestluftraumes als auch hinsichtlich der Einrichtung und des Bettzeuges mit Einschluss der Decken.

      Die sowohl für die persönliche wie für die gemeinschaftliche Benützung durch die Kriegsgefangenen dienenden Räume sollen vollkommen vor Feuchtigkeit geschützt und, namentlich zwischen dem Einbruch der Dunkelheit und dem Beginn der Nachtruhe, genügend geheizt und beleuchtet sein. Gegen Feuersgefahr sind alle Vorsichtsmassnahmen zu treffen.

      In allen Lagern, in denen gleichzeitig weibliche und männliche Gefangene untergebracht sind, muss für getrennte Schlafräume gesorgt sein.

      ***

      Art. 38

      Der Gewahrsamsstaat soll unter Achtung der persönlichen Vorliebe der einzelnen Gefangenen die geistige, erzieherische, sportliche und die der Erholung geltende Tätigkeit der Kriegsgefangenen fördern; er soll die nötigen Massnahmen ergreifen, um deren Ausübung zu gewährleisten, indem er ihnen passende Räume sowie die nötige Ausrüstung zur Verfügung stellt.

      Den Kriegsgefangenen soll die Möglichkeit zu körperlichen Übungen, inbegriffen Sport und Spiele, und zum Aufenthalt im Freien geboten werden. Zu diesem Zwecke sind in allen Lagern ausreichende offene Plätze zur Verfügung zu stellen.

      ***

      Art. 70

      Jedem Kriegsgefangenen soll unmittelbar nach seiner Gefangennahme oder spätestens eine Woche nach seiner Ankunft in einem Lager die Gelegenheit eingeräumt werden, direkt an seine Familie und an die in Artikel 123 vorgesehene Zentralstelle für Kriegsgefangene eine Karte zu senden, die möglichst dem diesem Abkommen beigefügten Muster entspricht und die Empfänger von seiner Gefangenschaft, seiner Adresse und seinem Gesundheitszustand in Kenntnis setzt; dies gilt auch, wenn sich der Gefangene in einem Übergangslager befindet, sowie in allen Fällen von Krankheit oder Überführung in ein Lazarett oder ein anderes Lager. Die Beförderung dieser Karten soll so rasch als möglich erfolgen und darf in keiner Weise verzögert werden.

      ***

      Art. 82

      Die Kriegsgefangenen unterstehen den für die bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates geltenden Gesetzen, Vorschriften und allgemeinen Befehlen. Der Gewahrsamsstaat ist ermächtigt, gegen jeden Kriegsgefangenen, der sich eine Übertretung dieser Gesetze, Vorschriften und allgemeinen Dienstbefehle zuschulden kommen lässt, gerichtliche oder disziplinarische Massnahmen zu treffen. Hingegen ist keine Strafverfolgung oder Bestrafung, die den Bestimmungen dieses Kapitels entgegensteht, erlaubt.

      Quelle: Homepage der Confederatio Helvetica - Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft (www.admin.ch)
      Avatar
      schrieb am 27.03.03 15:47:18
      Beitrag Nr. 485 ()
      Nachdem klar ist, das nicht die Bundesrepublik, sondern die USA international voellig isoliert sind, bahnt sich die Entschaerfung auch des Wirtschaftlichen "Boykotts" der Friedensbewegten Laender durch die USA auf breiter Front an:

      Deutschland wird in den naechsten Jahren eine enorme Friedensdividende einfahren und solche Vollidioten wie der Chefredakteur der Wirtschaftswoche und US-hoerige Kriegstreiber Baron ( der den voelkerrechtswidrigen Angriffskrieg gutheisst und die deutsche Orientierung am Voelkerrecht nur als gefahr fuer das Wirtschaftswachstum sieht)werden bald als Sruecheklopfer und gnadenlose Opportunisten dastehen... :D



      DER SPIEGEL 13/2003 - 24. März 2003
      URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,242094,00.html




      Deutsch-amerikanischer Handel

      Knallhart ins Abseits

      Nie waren Deutschland und die USA wirtschaftlich enger verbunden als heute. Doch die anhaltende politische Eiszeit zwischen beiden Regierungen droht eine der größten Wirtschaftsallianzen der Welt nachhaltig zu gefährden. Dafür öffnen sich neue, überraschende Geschäftsfelder in Nahost.


      AP

      Abgesperrte Wall Street: "Wir halten den Kopf hin, die Deutschen halten sich raus"


      Es sollte ein großer Tag für die deutsch-amerikanische Freundschaft werden. Führende Repräsentanten von US-Unternehmen waren eingeladen. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber wollte eine eindringliche Rede halten, in der es um Gemeinsamkeiten und natürlich die ökonomische Bedeutung beider Staaten füreinander gehen sollte. Immerhin feierte man den 100. Geburtstag der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland.

      Der Kaisersaal der Münchner Residenz war für den anschließenden Staatsempfang aufs Feinste herausgeputzt. Aber dann kam doch alles ein bisschen anders am vergangenen Mittwoch.

      Der CSU-Chef musste den Termin kurzfristig um zwei Stunden verschieben, weil Bundespräsident Johannes Rau die Polit-Spitzen zum Krisengespräch über den Irak-Einmarsch nach Berlin bat. Einige der Teilnehmer des Münchner Beziehungsgipfels sagten daraufhin gleich ganz ab. Und selbst beim Büfett machten sich die Industrieführer rar.


      DER SPIEGEL


      Topmanager wie Siemens-Chef Heinrich von Pierer oder BMW-Boss Helmut Panke, die in den USA Milliardenbeträge investiert haben, ließen sich gar nicht blicken. Andere, wie der Ex-Bertelsmann-Vorstand Mark Wössner oder Rainer Hertrich, Co-Chef des deutsch-französischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, warteten, bis Stoiber im Turbotempo seine Rede heruntergenuschelt hatte, und ergriffen danach eiligst die Flucht.

      War es Ignoranz? Wurden Deutschlands Unternehmensführer von der schlichten Angst beherrscht, in unsicheren Zeiten eigentlich nur das Falsche sagen zu können? Statt die US-Manager zu charmieren, um immer häufiger auftretende Zwistigkeiten auszuräumen, tauchten sie lieber ab. Das könnte sich bald rächen.

      Schnell werde es "in Amerika heißen: Wir halten den Kopf hin, und die Deutschen halten sich raus. Das wird nicht ohne Folgen für die Wirtschaft bleiben", fürchtet Sigrid Zirbel, Referentin für internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).

      Der Chef der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in New York, Werner Walbröl, preist zwar einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, der "wirklich was hermacht", aber "ob das so bleibt, ist sehr fraglich", sagt der Lobbyist. Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels, sieht gar "gravierende Spannungen", die das hiesige Wirtschaftswachstum bedrohen können. "Es ist ein Umsatzminus von zehn Prozent im Handel mit den USA zu befürchten. Das würde das Wachstum des Außenhandels um ein Prozent drücken und für die deutsche Wirtschaft insgesamt 0,33 Prozent weniger Wachstum bedeuten", orakelt Börner.

      Schon heute hetzen Moderatoren regionaler US-Rundfunksender gegen deutsche Produkte und stacheln ihre Hörer zu antideutschen Parolen an. Die Website "germanystinks.com", die offen "Don`t buy German" propagiert und auf der Besucher neue Namen für den "deutsch klingenden `Hamburger`" vorschlagen sollen, brach zeitweise wegen des Andrangs zusammen. Selbst die US-Boulevardgazette "New York Post" des australoamerikanischen Medien-Tycoons Rupert Murdoch ruft martialisch zum "War on weasel wares" auf und offeriert mehrseitig US-Alternativen zu deutschen Bieren.

      Deutsch-amerikanische Vereinigungen wie die "Atlantik-Brücke" versuchen fast rührend gegenzusteuern. In der "New York Times" schalteten sie eine ganzseitige Anzeige, um das Image der Deutschen wenigstens einigermaßen zurechtzurücken: "Heute, da die Welt sich gegen Terrorismus und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen wehren muss, bekräftigen wir die Verbundenheit mit den Vereinigten Staaten."


      DER SPIEGEL


      Doch auch US-Politiker machen mittlerweile unverblümt Stimmung gegen die Deutschen. Der US-Kongressabgeordnete Robert Wexler sieht einen "tiefen Riss" in den Wirtschaftsbeziehungen, der "nicht so schnell zu beheben" sei. Andere Abgeordnete fabulieren, deutsche Unternehmensführer müssten sich jetzt "sehr große Sorgen machen", und räumen ein, Aktien deutscher Unternehmen verkauft zu haben.

      Auch die Erhöhung von Einfuhrzöllen sowie eine "moralische Auftragsvergabe" bei öffentlichen Ausschreibungen wird laut gefordert. Die Botschaft ist immer die gleiche: Deutschland soll büßen. Patriotische Amerikaner wollen die Marken der Drückeberger zurückdrängen, um die Regierungen indirekt zu mehr Bündnistreue zu erziehen. "Am Ende trifft es eine Biermarke genauso wie eine Automarke", glaubt Verbandschef Börner.

      Über konkrete Ausfälle und gekappte Verträge klagen bislang zwar eher kleine deutsche Unternehmen. Im Gegenzug rufen allenfalls mal französische Gastronomen in Hamburg zum Coca-Cola-Boykott auf und schenken in ihren Restaurants nur noch Afri-Cola aus. Aber die Warnungen werden lauter.

      So sagt der ehemalige außenpolitische Berater von Altkanzler Helmut Kohl, Horst Teltschik, der neuerdings als Statthalter für den US-Luftfahrt- und -Rüstungsriesen Boeing in Deutschland fungiert, seine Kollegen sollten die antideutsche Stimmung in den USA nicht unterschätzen. "Praktisch das gesamte Geschäft, das mit US-Staatsaufträgen zu tun hat", weiß der Ex-BMW-Manager und Gastgeber der Münchner Sicherheitskonferenz, "ist schon jetzt zum Erliegen gekommen."

      Je länger die transatlantische Beziehungskrise anhält, desto gravierender könnten seiner Ansicht nach auch die Folgen für die deutsche Industrie sein. "Die Amerikaner sind da knallhart." Freilich kommt Teltschik als Repräsentant eines US-Konzerns die schlechte Stimmung nicht ungelegen.

      Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel: Rund 2000 Firmen mit US-Kapital residieren in Deutschland und beschäftigen ungefähr 800 000 Mitarbeiter. Mit 540 Milliarden Euro erwirtschaften sie mehr als jedes andere Land für die USA. Immerhin 14 Prozent tragen die deutschen Töchter zum Gesamtumsatz amerikanischer Unternehmen bei. Bis zum Jahr 2000 hielten die USA mit rund 61 Milliarden Euro 22 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland.



      Umgekehrt sichern etwa 3000 Firmen mit deutschem Kapital bislang einer Million Menschen in den USA ihren Arbeitsplatz. 217 Milliarden Euro und damit über ein Drittel aller Direktinvestitionen hatte Deutschland bis zum Jahr 2000 in die USA transferiert. Damit bilden beide Länder eine der größten Wirtschaftsallianzen der Welt.

      Auch beim Handel untereinander nehmen beide Partner eine Spitzenstellung ein. Deutschland exportierte im vergangenen Jahr Waren im Wert von mehr als 66 Milliarden Euro in die USA und importierte von dort im selben Zeitraum Produkte für über 40 Milliarden Euro. Mehr als zehn Prozent aller Ausfuhren aus Deutschland gehen in die Neue Welt. Nur Frankreich bezieht noch mehr Güter aus Deutschland.

      In öffentlichen Statements spielen die Industriebosse das Risiko eines drohenden Boykotts ihrer Produkte und Dienstleistungen in den USA noch herunter. "Wir erwarten keine größeren negativen Auswirkungen", bekannte EADS-Manager Hertrich erst kürzlich. In den USA hingegen reagieren deutsche Unternehmen angesichts der amerikanischen Drohgebärden immer nervöser.

      Nach einer Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer äußern sich zehn Prozent der 415 befragten Firmen "besorgt" über den Zustand der aktuellen Beziehungen, 40 Prozent beklagen "spürbare Beunruhigung" innerhalb der einheimischen Belegschaft und bei US-Geschäftspartnern.

      So haben sich einige der 5200 SAP-Mitarbeiter in den USA an ihre Walldorfer Zentrale gewandt und gefragt, wie sie mit dem Streit umgehen sollen. "Wir versorgen die Kollegen dann per E-Mail mit Argumenten fürs deutsche Nein zum Irak-Krieg", sagt SAP-Sprecher Herbert Heitmann.

      Dass diese Differenzen die künftige Geschäftsentwicklung beeinträchtigen könnten, halten die SAP-Manager durchaus für möglich. Nachdem auch in den USA die Mehrheit der Großunternehmen bereits mit SAP-Software arbeitet, sollte nun der Bereich der öffentlichen Verwaltung erschlossen werden. Bisher ist SAP gut im Geschäft mit den US-Behörden - auch in sicherheitsrelevanten Bereichen ("Über einige Kunden dürfen wir nicht mal reden").

      So gehören unter anderem die Nasa und das Verteidigungsministerium zu den SAP-Kunden. Die Uno arbeitet ebenfalls mit SAP-Software. "Im Public Sector", so ein SAP-Manager, "könnte es jetzt aber schwieriger werden, die von uns erwarteten Zuwachsraten einzuhalten."

      In heller Aufruhr ist bereits der EADS-Ableger Eurocopter, seit sich am 12. März bei einer Anhörung im US-Kongress Manager von US-Konkurrenten wie Bell massiv über den hohen Marktanteil des Unternehmens in den Vereinigten Staaten beklagten. Statt ihr Gerät bei der deutschfranzösischen Gemeinschaftsfirma zu ordern, protestierten die US-Bosse, sollten öffentliche Auftraggeber wie Kommunen oder die Bundesstaaten Hubschrauber für Zoll, Polizei, den Küstenschutz oder die Drogenfahndung gefälligst bei einheimischen Herstellern ordern. "Die wittern richtig Morgenluft", kommentiert eine Eurocopter-Sprecherin die Kampagne der Konkurrenz. "Dabei haben wir bei kleineren Hubschraubern schlichtweg das größere und bessere Angebot."

      Nicht nur Luftfahrt- und Waffenschmieden wie EADS, Diehl oder Rheinmetall sind für politisch motivierte Kampagnen aus den USA anfällig. Auch in der großen Siemens-Familie gibt es Töchter und Ableger, die schon bald vom Bannstrahl erboster US-Kunden und -Auftraggeber getroffen werden könnten.

      Ausgerechnet jetzt, wo die deutsch-amerikanischen Beziehungen auf einem historischen Tiefpunkt angelangt sind, will die Mobilfunksparte des Konzerns ein jahrelanges Versäumnis aufholen und den US-Markt mit einer neuen Generation von Handys überschwemmen. "Ich kann den Kollegen dabei nur viel Glück wünschen", höhnt ein hoher Manager eines Konkurrenten, "die Dinger könnten dort schon bald megaout sein."

      Enttäuschung droht auch Ulrich Schumacher, Boss der ehemaligen Siemens-Halbleitersparte Infineon. Noch vor gut einem Jahr hatte er sich mächtig gefreut, mit seinen Chips das Pentagon zu erobern. "So ein Auftrag hat Signalwirkung", feierte er damals die Bestellung, die zwar nur 13 Millionen Euro brachte, aber ungleich mehr Prestige. Seit Wochen wartet der forsche Firmenchef schon auf einen Anschlussauftrag - bislang vergebens.

      Doch der Dissens zwischen Berlin und Washington sorgt nicht in allen Exportabteilungen für gedrückte Stimmung. Wer im Nahen und Mittleren Osten derzeit als deutscher Handelsreisender Umsatz machen will, hat beste Karten, mögliche Einbußen aus dem Amerika-Geschäft zu kompensieren.

      "Auf Grund des amerikanischen Vorgehens gegen den Irak haben sich die Aufträge an deutsche Firmen in den letzten Monaten massiv verstärkt", beobachtet Peter Heinz, Vorstandssprecher der auf Handelsfinanzierung spezialisierten Arab Bank in Frankfurt am Main. Besonders aus Saudi-Arabien kämen derzeit viele Anfragen.

      Allein im vergangenen Jahr verkauften die Deutschen den Saudis Waren im Wert von 3,4 Milliarden Euro - ein Plus von 14 Prozent. Hingegen sackten die Exporte der amerikanischen Konkurrenz im wichtigsten Wüstenstaat 2002 um 20 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro ab.

      "Es gibt hier derzeit eine große Neuorientierung Richtung Deutschland", sagt Manfred Rothgänger, Delegierter der Deutschen Wirtschaft in Saudi-Arabien.

      Rothgängers Kollegen in den Vereinigten Arabischen Emiraten bestätigen das deutschlandfreundliche Klima. Schröders Politik wirke "wie eine Exportförderung", sagt Jürgen Friedrich von der Handelskammer in Dubai. Die Widerstände gegen Bushs Politik bekommt Friedrichs Truppe hautnah mit. Es kämen bereits "Anfragen von lokalen Firmen, die wissen wollen, ob ein bestimmtes amerikanisches Produkt auch durch eine deutsche Firma geliefert werden kann".

      Den mit Abstand spektakulärsten Krisengewinn verzeichnet jedoch das deutsche Gesundheitswesen. Seit den Terroranschlägen im Jahr 2001 boomt vor allem eines: der Tourismus reicher Kranker aus den Golfstaaten.

      Noch vor zwei Jahren kontrollierten die Amerikaner in der Region einen Weltmarktanteil von 68 Prozent. Inzwischen kämpfen alle US-Kliniken mit massiven Einbrüchen.

      Egal, ob Krankenhäuser in München oder Hamburg, jetzt kommen die Araber in Scharen nach Deutschland - allein über 6000 im vergangenen Jahr. "Seit dem 11. September 2001 verzeichnen wir eine Umsatzsteigerung von über 300 Prozent", freut sich Reiseunternehmer Mustafa Öntülmüs, der mit seiner Firma German Health ausländische Privatpatienten in deutsche Nobelspitäler bringt.


      Damit noch mehr Scheichs kommen, schreibt Öntülmüs` Partner Lufthansa regelmäßig arabische Inhaber der Senator-Card an und informiert sie über das Angebot der Fürther Firma. Dort ist man offensichtlich überzeugt, dass das Krisengeschäft noch lange blüht. "Unseren Personalbestand haben wir bereits verdoppelt", sagt Öntülmüs.

      BEAT BALZLI, DINAH DECKSTEIN, KLAUS-PETER KERBUSK, JANKO TIETZ


      Zum Thema:

      In SPIEGEL ONLINE: · Boykott gegen US-Produkte: "Wir kriegen sie nur über das Geld" (22.03.2003)
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,241645,00.html

      · Fondsmanager: Abschied von US-Aktien (25.03.2003)
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,241987,00.html
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 04:01:12
      Beitrag Nr. 486 ()
      PR-Panne

      US-Basen im Irak heißen Shell und Exxon

      Kritiker, die den Irak-Feldzug vor allem für einen Krieg ums Öl halten, sehen sich durch die neueste PR-Panne des Pentagons bestätigt. Die wenig subtilen Militärs hatten offenbar keine Hemmungen, zwei Armee-Camps im Kriegsgebiet nach großen Ölkonzernen zu benennen.


      AP

      Kampf ums Öl: Zwei US-Camps im Irak sind nach Ölkonzernen benannt


      New York - Einhaltung der Menschenrechte, Beseitigung von Massenvernichtungswaffen und Stärkung der Demokratie sind angeblich die hehren Ziele, welche die US-Regierung im Irak verfolgt.

      Umso peinlicher ist, wie sorglos das US-Militär mit dem für die Regierung heiklen Ölthema umgeht. Wie die "New York Times" berichtet, tragen zwei Lager der 101st Airborne Division im Zentral-Irak die Namen von Ölkonzernen. Eines trägt den Titel "Forward Operating Base Shell", ein weiteres heißt "Forward Operating Base Exxon". Kriegsgegner werfen dem Weißen Haus seit Längerem vor, es gehe den Amerikanern bei der Beseitigung von Saddam Husseins Regime einzig und allein ums Öl.

      Beide Konzerne zeigten sich überrascht von der unerwarteten Ehrung durch das US-Militär. Eine Sprecherin von Royal Dutch Shell sagte, das Unternehmen unterhalte im Irak keine Einrichtungen. Wie die US-Armee ihre Basen tituliere, sei nicht Shells Angelegenheit. Etwas enthusiastischer äußerte sich Tom Cirigliano von Exxon Mobil . Er hält die Namensgebung nicht für ein politisches Statement: "Ich glaube, die 101st war recht kreativ und benennt Sachen nach Dingen, die sie an die Heimat erinnern. Ich finde das prima."

      Das Pentagon versucht, die Sache herunterzuspielen. "Diese Stützpunkte sind normalerweise zur Versorgung mit Treibstoff da - im Grunde handelt es sich um Tankstellen in der Wüste", so eine Sprecherin gegenüber der "New York Times". Klärend fügte die Sprecherin hinzu: "Ob wir oder ob wir nicht jedem einen Vortrag darüber halten, dass man wegen politischer Empfindlichkeiten darauf achten sollte, wie man seine Tankstellen benennt, ich weiß nicht ob das etwas ist, dass man tun sollte oder das getan werden könnte."

      Politische Gegner Bushs halten die derzeitige US-Regierung ohnehin für eine Marionette der der Energie- und speziell der Ölbranche. Das Argument ist nicht ganz aus der Luft gegriffen: Vizepräsident Dick Cheney war früher Vorstandschef des Ölausrüsters Halliburton. Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, nach der sogar ein Öltanker benannt wurde, arbeitete lange für Chevron. Der Präsident verfügte über exzellente Beziehungen zu Enron-Boss Kenneth Lay und nannte seinen Intimus schmeichelnd Kenny Boy. Die Energieindustrie war einer der größten Wahlkampfspender Bushs und hat die Energiepolitik der Regierung maßgeblich beeinflusst.

      Von Thomas Hillenbrand
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 04:36:17
      Beitrag Nr. 487 ()
      Der letze Absatz ist original von JR Ewing, dem Schauspieler aus Dallas! Die Serie hab ich seit 1982 verfolgt und immer für Fiktion gehalten, damals. Was dieser Fiesling JR verkörperte, war ja immer irgendwie in Griff zu bekommen durch seinen Bruder, der gute Bobby Ewing. Leider ist das aber wohl nur Fiktion, zuviele Amis scheinen wohl den JR, den Fiesling, als insgeheimes Idol auserkoren zu haben.
      Wissenschaftler warnen ja immer davor, daß Filme erst das Vorbild für das reale Leben liefern könnte. Jetzt haben die wohl mal Recht! Wir erleben gerade die Auferstehung der Texas-Cowboys, da hilft nur noch:
      Ich weiß es nicht!
      Marshall Dillon?
      Bonnie and Clyde?
      Die Leute von der Shiloh Ranch?
      Winnetou oder Old Schmättterhand?
      Welcher edle Ami führt diese allmächtige Großmacht auf den Pfad der Tugend zurück?
      Eins steht fest, nur mit Filmen ist diesem Problem beizukommen, nämlich dann, wenn der Ami auch gleichzitig seine potatoes-chips genußvoll knappern kann.
      Rein argumentativ-verbal ist es dem Ami zu kompliziert.
      Also, ihr potentiellen Regisseure, laßt euch was einfallen für unsere kinogeilen Ami-Freunde.
      Hört auf mit dem lästern, das geht nur auf die Nerven.
      dem Ami ist nur beizukommen mit mental-positiver psychologischer Kriegsführung. Meine ehrliche Überzeugung!
      Actio=Reactio, denkt dran. Kritik alleine bringt nix!
      Vorbildlich zu handeln, zumindest der Versuch, kann die Lösung sein gegen diese waffenstarrende Weltmacht. Und damit gegen sie (positiv) zu wirken.
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 11:37:54
      Beitrag Nr. 488 ()
      Blix` Bilanz

      "Nichts hätte die USA vom Krieg abgebracht"

      Hans Blix, Chef der Uno-Waffeninspektoren, zieht eine bittere Bilanz seiner Arbeit im Irak: Nichts, was er hätte tun oder sagen können, hätte den Krieg verhindert, sagte Blix einer britischen Zeitung.


      REUTERS

      Hans Blix: Bittere Bilanz der Waffeninspektionen


      London/Köln - Die USA hätten "eine eindeutige Garantie gewollt, dass der Irak keine Massenvernichtungswaffen besitzt", sagte Blix der Zeitung "The Guardian". "Ich konnte aber nicht garantieren, dass es Resultate gegeben hätte, auch wenn sie einige Monate gewartet hätten." Auch eine Verlängerung der Inspektionen hätte rückblickend keinen Sinn gehabt, sagte Blix: "Wenn wir gesagt hätten, wir könnten das Problem in drei Monaten lösen, hätten die USA behauptet, wir seien nicht glaubwürdig."

      Die Waffeninspektionen hätten nur einen Erfolg gehabt: "Wir haben bewiesen, dass der Aufbau eines professionellen, effektiven und unabhängigen Inspektionsregimes möglich gewesen wäre."

      Im ARD-Morgenmagazin sagte Blix, er halte es für unwahrscheinlich, dass die Staatsführung um Saddam Hussein während des Krieges Chemiewaffen einsetzen werde. "Ich kann auch nur Vermutungen anstellen", sagte Blix, "aber meine Meinung ist, dass er sie nicht einsetzen wird, selbst wenn er sie hat". Es gebe viele Zweifler an diesem Krieg in der Welt. Aber bei einem Einsatz von Chemiewaffen durch die irakische Führung würde die Sympathie umschlagen, und viele Menschen würden sagen, der Krieg sei doch gerechtfertigt.

      Blix betonte, die Waffeninspektoren seien nach dem Krieg bereit, ihre Arbeit im Irak wieder aufzunehmen."Die Amerikaner und Briten könnten an einer unabhängigen Überprüfung interessiert sein", sagte er. "Aber natürlich würden wir unsere Aufträge vom Sicherheitsrat entgegennehmen. Wir selbst sind interessiert daran, ob der Kriegsgrund - die Annahme, dass dort Massenvernichtungswaffen seien - gerechtfertigt war oder nicht."

      Blix erklärte, die Uno-Waffeninspektoren hätten nie behauptet, dass der Irak Massenvernichtungswaffen habe. "Wir haben die Möglichkeit nicht ausgeschlossen", sagte er. Er hoffe, dass man bald die Wahrheit darüber erfahre. Blix bekräftigte, aus seiner Sicht wären ein paar Monate mehr Zeit für die Kontrollen nützlich gewesen. "Ob wir dann die Wahrheit gefunden hätten, weiß ich nicht. Aber dreieinhalb Monate war ein wenig kurz". Er fügte hinzu: "Es hätte eine Chance gegeben, das Problem friedlich zu lösen."
      Avatar
      schrieb am 28.03.03 14:08:09
      Beitrag Nr. 489 ()
      Arabische Presseschau

      "Das Volk wünscht sich mehr Widerstand"

      Von Carola Richter und Daniel Kinitz

      In den arabischen Zeitungen geht es heute um die Rolle der irakischen Nachbarstaaten - aber auch um das Schicksal von Palästinensern in israelischen Gefängnissen.

      Die ägyptische Tageszeitung "al-Ahram" zitiert in ihrem Aufmacher ausführlich den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak, der am Donnerstag die Chefredakteure der wichtigsten nationalen Medien zu einem Gespräch eingeladen hatte: "Ägypten hat sich nie und wird sich nie an einem Krieg oder militärischen Schritten gegen irgendein arabisches Land beteiligen." Er fordert einen "sofortigen Waffenstillstand und den Schutz des irakischen Territoriums". Mubarak fühlt sich anscheinend durch die laufenden Protestkundgebungen im Lande dazu angehalten, seinen offiziellen Standpunkt noch einmal klarzustellen.

      Doch "das arabische Volk wünscht sich mehr Widerstand und vertraut den Äußerungen einiger arabischer Verantwortlichen nicht mehr", entgegnete der syrische Präsident Baschar al-Assad in einem Exklusiv-Interview mit der libanesische Zeitung "as-Safir" zum Irakkrieg. "Im Moment gibt es sehr heftigen Widerstand von der irakischen Armee und vom Volk. Aber wenn der amerikanische Plan aufgeht - was wir nicht hoffen und was wir bezweifeln - wird es in allen Generationen des arabischen Volkes Widerstand gegen die Besatzung geben." Im heutigen Kommentar beglückwünscht Talal Salman, Herausgeber von "as-Safir", Präsident al-Assad zu seinem "mutigen Standpunkt".

      Diesen "Wettstreit von Standpunkten" in der arabischen Welt verurteilt die saudische Zeitung "Riyadh" als überholt. Humanitäre Hilfe zu leisten sei wichtiger als politische Auseinandersetzungen. In ihrem Leitartikel sieht sie für Saudi-Arabien die politische Zukunft ähnlich einem neutralen Staat wie beispielsweise der Schweiz. "Im Angriffskrieg gegen den Irak hat es das Königreich vermieden, Partei zu nehmen oder sich am Krieg zu beteiligen. Der Außenminister hat dem irakischen Volk humanitäre Hilfe angeboten, die der irakische Amtskollege solange nicht annehmen will, bis sich der saudische Standpunkt ändert. Aber die Rettung des irakischen Volkes von seinem Unglück ist einfach unsere Pflicht und nicht Sache eines politischen Manövers."

      Von einer anderen Pflicht spricht der Obermufti von Syrien Ahmad Kiftaru. Laut "as-Safir" hat der Präsident des Hohen Fatwa-Rates die Muslime in aller Welt dazu aufgerufen "alle Mittel und Märtyreraktionen des Dschihad zu nutzen, um die amerikanisch-britisch-zionistische Aggression gegen den Irak zu stoppen". Kiftaru forderte außerdem einen Boykott von Waren der Alliierten. Er wünscht sich zudem mehr Protest von "allen Muslimen und freien Völkern".

      Protestiert hat laut der jordanischen Zeitung "al-Dustour" die "Vereinigung arabischer Journalisten". Deren Generalsekretär Salah ad-Din Hafez sagte, die Angriffe auf den Irak zielten auf seine völlige Zerstörung." Scharf verurteilte er auch "die absichtliche Zerstörung des Gebäudes des irakischen Fernsehens und anderer Medieneinrichtungen".

      In diesem Zusammenhang meldet das kuweitische Blatt "al-Watan", dass eine Gruppe von Technikern in den Irak eingedrungen sei. "Momentan halten sie sich an einem geheimen Ort im Irak auf, um im Interesse der Opposition und der Alliierten die Herrschaft über den irakischen Rundfunk zu übernehmen." Nicht erwähnt wird, welche Initiative hinter dieser Aktion steht und welcher Nationalität die Techniker sind.

      Von einer Initiative ganz anderer Art berichtet das Informationszentrum der palästinensischen Hamas im Internet. So schreibt die Web-Seite am Mittwoch über Angehörige palästinensischer Inhaftierter in israelischen Gefängnissen, die sich Hoffnung auf einen Gefangenenaustausch machen. Sie appellierten an Saddam Hussein, bei einer möglichen Vereinbarung mit den USA über den Austausch von alliierten Kriegsgefangenen auch ihre Forderungen nach Freilassung zu berücksichtigen. "Die Mutter eines inhaftierten Kämpfers des Islamischen Dschihad, sagte, sie bete dafür, dass noch mehr amerikanische und britische Soldaten in irakische Gefangenschaft geraten." Heute teilten irakische Offizielle mit "Bagdad wird die palästinensischen Gefangenen nicht vergessen. Die derzeitige Situation im Irak lässt aber ein hundertprozentiges Versprechen nicht zu", wird die anonyme Regierungsquelle zitiert. Man werde sich aber darum kümmern.
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      schrieb am 29.03.03 07:54:56
      Beitrag Nr. 490 ()
      "Blair ist ein Kriegsverbrecher"

      DUBLIN taz Tam Dalyell, der Alterspräsident des britischen Unterhauses, hat schwere Anschuldigungen gegen seinen Parteichef Tony Blair erhoben. Dalyells Ortsverband Linlithgow hat Blair empfohlen, seine Position als Parteichef zu überdenken. Er stimme dem zu, schreibt Dalyell im Guardian: "Da Blair den US-Angriff ohne UN-Mandat unterstützt, finde ich, dass er als Kriegsverbrecher gebrandmarkt und nach Den Haag geschickt werden sollte." Er sitze seit 41 Jahren im Unterhaus, sagt Dalyell, und er hätte nicht im Traum daran gedacht, so etwas über irgendeinen seiner früheren Parteichefs zu äußern, aber Blair verachte sowohl das Unterhaus als auch internationales Recht. "Das ist eine schwere Anschuldigung", so Dalyell. "Aber sie wiegt weit weniger schwer als das Resultat dieses Krieges, der westliches Christentum und Islam gegeneinander aufhetzt." "RaSo

      taz Nr. 7017 vom 29.3.2003, Seite 2, 30 Zeilen (TAZ-Bericht), RaSo
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 10:55:09
      Beitrag Nr. 491 ()
      SPIEGEL ONLINE - 30. März 2003, 23:07
      URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,242767,00.html
      Unmut über Kriegsstrategie

      Rumsfeld im Kreuzfeuer

      Gegen den Willen des Pentagon wollte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das Militär zu einer Hightech-Armee umbauen. Nun bekommt er die Quittung: Hinter verschlossenen Türen machen die Offiziere ihn für die wachsenden Schwierigkeiten und Fehleinschätzungen im Golf-Krieg verantwortlich.


      AP

      Verteidigungsminister Rumsfeld: Optimismus in seine Weisheit als Kriegsherr aufrecht erhalten


      Washington - Der Vormarsch der amerikanischen Truppen beginnt zu stottern, nicht aber das Mundwerk von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. :D Er habe Informationen, plauderte er am Sonntagvormittag in einer US-Talkshow, dass Familienmitglieder des Führungszirkels um Saddam Hussein fliehen. Ob Saddam noch am Leben sei, wisse er zwar nicht, aber: "Wir haben Saddam Hussein oder seine Söhne seit fast acht Tagen nicht gesehen."

      Ähnlich surreal :D wirkte auch seine Freude über den "exzellenten Kriegsplan", der doch erst in der Anfangsphase stecke. All die Ohrensessel-Kritiker, die sich angesichts des schwierigen Kriegsverlaufes zu Wort melden, würden den Plan doch gar nicht kennen. Der Oberbefehlshaber, General Tommy Franks, mache hervorragende Arbeit, sagte Rumsfeld: "Er hat große Erfolge".

      Kopfschütteln über den Pentagon-Chef

      Mit solch trotzigen Redebeiträgen müht sich der humorige Haudegen an diesem Sonntag, den Optimismus in ihn und seine Weisheit als Kriegsherr aufrecht zu erhalten. Diejenigen jedoch, die seine Arbeit am ehesten beurteilen können, schütteln zunehmend den Kopf über die Uneinsichtigkeit des Pentagon-Chefs.
      Schließlich war es explizit Rumsfelds Wunsch, mit einer kleinen, schlagkräftigen Hightech-Armee im Irak zuzuschlagen, während die Militärs mit einer größeren Streitmacht auflaufen wollten.

      Oberbefehlshaber Franks: Lob für "hervorragende Arbeit"


      Nun häufen sich die Schwierigkeiten: Die Soldaten haben Transport- und Nachschubprobleme, der Widerstand ist weitaus größer als erwartet, die Iraker verfallen in die schwer zu bekämpfende Partisanentaktik, Zivilopfer häufen sich. Von Rumsfelds Blitzsieg ist weit und breit nichts zu spüren, auch wenn er beteuert, alles nach Wunsch und in enger Abstimmung mit den Militärs und dem Weißen Haus gemacht zu haben.

      Einige Ex-Offiziere melden sich nun öffentlich zu Wort und sagen laut, was die aktuellen Schulterklappenträger hinter geschlossenen Türen beklagen. Ihr Hauptvorwurf: Rumsfelds Hightech-Kriegsvision hat ihn Risiken eingehen lassen - zu wenig Soldaten, und noch dazu die falschen seien in den Irak geschickt worden.

      Der pensionierte General Barry McCaffrey, der im letzten Golfkrieg eine Infanterie-Division befehligte, wird gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters deutlich: "Die Frage ist doch: Warum beginnt man eine solche Operation mit ungenügend starken Streitkräften? Aus Zeitmangel? Wir hatten keinen. Weil man nicht über genügend Einheiten verfügt? Wir haben genügend. Weil man Geld sparen will bei einem Einsatz, der am Ende um die 200 Milliarden Dollar kosten wird? Oder ist es nicht deshalb, weil man solch starke ideologische Ansichten hat und so sehr an sie glaubt, dass man die eindringlichen Ratschläge von, sagen wir, Armeegenerälen ignoriert, die man sowieso für nicht sehr helle hält."

      Machtkämpfe mit den Militärs

      Tatsächlich ist Rumsfeld in den zwei Jahren seiner Amtszeit mehrfach mit einigen hohen Militärs zusammengerasselt, besonders mit Vertretern der Landstreitkräfte. Viele hielten die Militärs im Pentagon unter Ex-Präsident Bill Clinton für zu mächtig. Rumsfeld war angetreten, dieses Terrain zurück zu gewinnen. Umformen wollte er die Uniformen, sie vom Erbe des Kalten Krieges befreien und zu einer beweglichen, schlagkräftigen Hightech-Truppe mit starker Luftwaffe und Sonderkommando machen.

      Als die Pläne für den Irak gemacht wurden, wollte er eben dies durchsetzen, die Militärs dagegen orientierten sich mehr an der Truppenstärke des letzten Golfkriegs, wo eine halbe Millionen US-Soldaten eingesetzt waren. Rumsfeld und Oberbefehlshaber Tommy Franks einigten sich schließlich in der Mitte.

      Streitkräfte zu groß, zu sperrig, zu schwerfällig

      "Rumsfeld hat das, was die Militärs für nötig hielten, einfach halbiert. Er hält die Streitkräfte für zu groß, zu schwerfällig, zu sperrig", sagt Lawrence Korb, einst unter Reagan stellvertretender Verteidigungsminister und heutiger Analyst des angesehenen "Council on Foreign Relations".

      Der Militäranalyst Jack Spencer von der konservativen "Heritage Foundation" spricht von der gewaltigen Aufgabe Rumsfelds, ein Militär zu transformieren, das sich der Veränderung verweigert. "Er ist eine machtvolle Persönlichkeit, solche liebt man oder man hasst sie", sagt er. Sein Kollege Daniel Goure vom Lexington Institute findet, dass man Rumsfelds Kriegsplan im Kontext seiner Erneuerungsversuche sehen muss. Das Militär war vorher eher gewohnt, im Kriegsfall die Federführung zu haben.

      Kritiker monierten eine ganze Serie falscher Annahmen, die sie den Pentagon-Zivilisten zuschreiben. So kam es weder zu dem erhofften Überlaufen irakischer Soldaten, noch zum Zusammenbruch von Saddams Armee. Auch das Schock-und-Schrecken-Bombardement kaufte dem Gegner kaum den Schneid ab. Und die irakische Bevölkerung ist weit davon entfernt, die Invasoren als Befreier willkommen zu heißen.

      Davon will Rumsfeld nichts wissen. Am Sonntag behauptete er, er habe nie darauf gesetzt, dass sich die Iraker massenhaft ergeben würden. "Ich nicht. Tom Franks hatte einen Plan ausgearbeitet, der zwar von einer langen, schweren Aufgabe ausging, aber sich eben auch auf die Möglichkeit eines schnelleren Sieges vorbereitet."
      :laugh:

      Tom Franks dagegen verpetzte seinen Chef auch unter Druck nicht. "Diejenigen, die versuchen, einen Keil zwischen uns, die verschiedenen verantwortlichen Befehlshaber, zu treiben, werden dies nicht schaffen", sagte der General.

      Michaela Schießl
      Avatar
      schrieb am 31.03.03 23:11:40
      !
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      Avatar
      schrieb am 01.04.03 11:50:11
      Beitrag Nr. 493 ()
      verzweifelt suchen die Amis nach einer GIGA-Schlappe und einer voellig gescheiterten Strategie nun nach einem Vorwand, um Israel in den Krieg einsteigen zu lassen.

      Was liegt da naeher als die Rumsfeld-Luege von der angeblichen Waffenlieferung Syriens an den Irak?

      Auch, wenn sogar US-Generaele die Luege als Luege bezeichnen, es wird hier im Board genug Menschenverachter geben, die ja wie xylophon sogar unfaehige US-Soldaten entschuldigen, die wild auf Fluechtlinge schiessen:

      " Dass man dann gezielt schießt, ist völlig in Ordnung. Man wußte ja nicht, wer sich in dem Auto befand. "

      Genau, MAN WUSSTE NIX.
      Was liegt dann naeher, erst einmal Kinder und Erwachsene zu erschiessen, um danach zu schauen, ob noch jemand lebt??!!! :mad:

      sicherlich eine der vielen tollen "Befreiungsaktionen" , aufgrund derer die Iraker unschwer erkennen koennen, wie sehr den Amis an ihrem Wohl und einem freien Leben gelegen ist: NULL.

      Der Konflikt wird apokalyptische Dimensionen annehmen. der Kriegseintritt ist mit dem Schlaechter und rechtskraeftig wegen Kriegsverbrechen durch ein israelischen gericht verurteilten Scharon sicherlich bereits genauestens abgesprochen.

      Die Frage ist nur, ob es ein oder gar zwei Wochen dauert, bis die Vision der fundamentalistischen Zionisten von Gross-Israel mit der Okkupation anderer Laender im wahrsten Sinne des Wortes " in Angriff" genommen wird... :mad:
      Avatar
      schrieb am 01.04.03 18:02:43
      Beitrag Nr. 494 ()
      Dienstag, 1. April 2003
      Zehn Zivilisten erschossen
      "Eine Familie ausgelöscht"

      Nach den tödlichen Schüssen an einem Kontrollpunkt bei Nadschaf sind die
      diensthabenden Soldaten der 3.Infanteridivison in die Kritik geraten. Wie ein
      Reporter der "Washington Post", der die Tragödie am Montagabend
      beobachtete, berichtet, wurden die Warnschüsse zu spät abgegeben. Der
      Korrespondent der Zeitung, William Braningin, zitiert den Hauptmann der
      Division mit den Worten: "Ihr habt eine Familie getötet, weil ihr den
      Warnschuss nicht rechtzeitig abgegeben habt."

      Laut Branigin wurde Hauptmann Ronny Johnson sofort per Funk informiert, als
      sich der Kleinlaster dem Kontrollpunkt näherte und nicht anhielt. Johnson habe
      daraufhin seine Soldaten aufgefordert, einen Warnschuss abzugeben. Da er
      aber keinen Schuss hörte, habe er den Soldaten befohlen, auf den Kühler des
      Fahrzeugs zu zielen. Es habe aber immer noch keine Reaktion der Soldaten
      gegeben. Johnson habe daraufhin die Soldaten über Funk angeschrien: "Stop
      him, stop him".

      Unmittelbar danach seien aus mehreren Gewehren Schusssalven ertönt. Erst
      als Johnson "Feuer einstellen" rief, seien die Gewehre verstummt. Johnson
      habe daraufhin seine Soldaten mit den Worten angebrüllt: "You just killed a
      family because you didn`t fire a warning shot soon enough!"

      Laut "Washington Post" starben bei dem Zwischenfall mindestens 10 der 15
      Businsassen, darunter mindestens 5 Kinder unter fünf Jahren. "Es war das
      Schrecklichste, was ich je gesehen habe", beschrieb ein Militärarzt der
      US-Armee die Szene nach den Schüssen. Eine Mutter habe die zerfetzten
      Körper ihrer Kinder in den Armen gehalten: "Sie wollte den Bus nicht
      verlassen".

      Die US-Streitkräfte haben inzwischen eine Untersuchung des Vorfalls
      zugesagt. Ein Militärsprecher sagte, der Kleinbus habe trotz mehrfacher
      Warnungen seine Fahrt nicht gestoppt. Die Soldaten hätten sich "absolut
      richtig" verhalten.

      Weiteres Opfer bei Schatra

      Auch in Schatra nördlich von Nasirija ist es zu einen tödlichen Zwischenfall an
      einem amerikanischen Kontrollpunkt gekommen. Der n-tv Partnersender CNN
      berichtete, ein unbewaffneter Zivilist sei erschossen und ein weiterer verletzt
      worden.

      Nach ersten Berichten sei das Auto mit den beiden Männern zu der
      Straßensperre gefahren und habe trotz Aufforderung nicht gehalten. An den
      Checkpoints gelten seit dem Wochenende verschärfte Sicherheitsmaßnahmen.
      Ein Iraker hatte sich am Samstag bei Nadschaf in einem Taxi in die Luft
      gesprengt und vier US-Soldaten mit in den Tod gerissen.

      Irak: USA bombardierten Busse

      Der irakische Informationsminister Mohammed Sajjif Sahhaf hat den Alliieren
      unterdessen vorgeworfen, zwei Reisebusse auf der Straße von Amman
      (Jordanien) nach Bagdad angegriffen zu haben. Der Zwischenfall habe sich
      am Vortag ereignet, sagte Sahhaf in Bagdad. In den Bussen hätten sich auch
      Friedensaktivisten aus Amerika befunden. Zahlreiche Passagiere seien bei
      dem Angriff verletzt worden.
      Avatar
      schrieb am 02.04.03 15:13:22
      Beitrag Nr. 495 ()
      ANGRIFF AUF BAGDAD

      US-Flugzeuge feuern angeblich auf Geburtsklinik - mehrere Tote

      Im Golfkrieg hat es möglicherweise wieder einen verheerenden Fehlschlag der alliierten Truppen gegeben. In Bagdad trafen US-Flugzeuge angeblich eine Geburtsklinik. Dabei seien mehrere Menschen getötet und mindestens 25 verletzt worden, heißt es.

      Bagdad - Vertreter des Krankenhauses und eine Reporterin des Nachrichtendienstes Reuters berichteten über den Angriff auf die Klinik in Bagdad. Die Geburtsklinik gehört der Hilfsorganisation Roter Halbmond. Auch andere zivile Einrichtungen seien von US-Flugzeugen getroffen worden.
      Avatar
      schrieb am 02.04.03 16:58:59
      Beitrag Nr. 496 ()
      Warum ich das Kabinett verlassen musste
      Von Robin Cook, ehemaliger britischer Parlamentsminister

      Robin Cook hat als einer der ersten prominenten Labour-Politiker die KOnsequenz aus dem Kriegskurs Tony Blairs gezogen und ist von seinem Amt als Parlamentsminister zurückgetreten. Im Folgenden begründet er diesen Schritt.

      Ich bin zurückgetreten, weil ich glaube, dass ein fundamentales Prinzip der Außenpolitik der Labour Party verletzt wurde. Wenn wir an eine internationale Gemeinschaft glauben, die auf verbindlichen Regeln und Institutionen beruht, dann können wir sie nicht einfach beiseite schieben, wenn sie zu Ergebnissen führt, die uns nicht gefallen.

      Ich kann keinen Krieg verteidigen, für den es weder ein internationales Mandat noch die Unterstützung im eigenen Lande gibt. Die unermüdlichen Bemühungen des Premierministers und des Außenministers, eine zweite Resolution herbeizuführen, habe ich begrüßt. Da nun diese Versuche gescheitert sind, können wir nicht einfach so tun, als wenn diese zweite Resolution ohne Bedeutung wäre.

      In der letzten Zeit haben wir Frankreich mit völlig unangemessener Kritik überzogen, obwohl Frankreich nicht allein mehr Zeit für Inspektionen forderte. Auch Deutschland und Russland sind gegen unseren Kurs. Zu keinem Zeitpunkt hatten wir eine Mehrheit für eine zweite Resolution. Wir täuschen uns über die Breite des internationalen Widerstands gegen die Militäraktion, wenn wir Präsident Chirac allein verantwortlich machen.

      In Wirklichkeit begeben wir uns in einen Krieg, für den es in allen internationalen Institutionen, an denen wir führend beteiligt sind, an Unterstützung mangelt. Weder die NATO noch die EU und auch nicht der Sicherheitsrat haben zugestimmt. Sich in einer solchen diplomatischen Isolation wiederzufinden, ist ein ernsthafter Rückschritt. Noch vor einem Jahr waren wir und die Vereinigten Staaten Teil einer Koalition gegen den Terrorismus, die breiter und vielfältiger war, als ich mir vorher je hätte vorstellen können. In späteren Zeiten wird man erstaunt sein über die diplomatischen Fehlkalkulationen, mit denen diese mächtige Koalition so schnell aufgelöst worden ist.

      Großbritannien ist keine Supermacht. Unsere Interessen werden am besten verteidigt, wenn wir nicht auf unilaterale Aktionen, sondern auf multilaterale Übereinkünfte und weltweit geltende Regeln setzen. Genau diese für uns so wichtigen Partnerschaften sind aber nun geschwächt. Die Europäische Union ist geteilt. Der Sicherheitsrat ist blockiert. All dies sind schwere Verluste, die bereits vor dem Krieg eingetreten sind.

      Die Schwelle für einen Krieg sollte immer besonders hoch liegen. Niemand von uns kann voraussagen, wie viele zivile Tote die Bombardierung des Irak mit sich bringen wird. Aber die Ankündigung der Vereinigten Staaten, auf »Schock und Schrecken« zu setzen, lässt vermuten, dass Tausende Zivilisten umkommen werden. Die militärische Stärke des Irak ist höchstens noch halb so groß wie zur Zeit des letzten Golfkriegs. Ironischerweise ist es gerade diese Schwäche, die dazu führt, dass wir eine Invasion überhaupt in Erwägung gezogen haben. Und genau deshalb sind einige davon ausgegangen, dass der Krieg schon in wenigen Tagen vorbei sein könne.

      Wir können nicht in unserer Militärstrategie darauf setzen, dass Saddam schwach ist, und gleichzeitig unseren Krieg damit begründen, dass Saddam eine ernsthafte Bedrohung darstellt. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat der Irak keine Massenvernichtungswaffen im herkömmlichen Sinne, also Waffen, mit denen weit entfernt liegende urbane Ziele getroffen werden können. Wahrscheinlich hat der Irak noch B- und C-Waffen, die, wenn überhaupt, nur unmittelbar an der Front eingesetzt werden könnten. Aber diese Waffen hat das Land bereits seit den achtziger Jahren, als die Vereinigten Staaten Milzbranderreger und die britische Regierung Anlagen zur Herstellung von Chemiewaffen an den Irak verkauften.

      Warum ist es ausgerechnet jetzt so dringend, militärische Gewalt einzusetzen, um im Irak Potenziale zu vernichten, die es dort bereits seit 20 Jahren gibt und zu deren Aufbau wir beigetragen haben? Und warum ist es nötig, gerade jetzt auf einen Krieg zu setzen, da doch die Ambitionen von Saddam durch die Präsenz der UN-Inspekteure zunichte gemacht werden können?

      Man sagt, der Irak hätte zwölf Jahre Zeit für die Abrüstung gehabt, und nun sei unsere Geduld erschöpft. Was ist das für ein Argument, wenn man bedenkt, dass die Resolution 242, die Israel aufruft, die besetzten Gebiete zu verlassen, bereits seit 30 Jahren besteht. Trotz der fortdauernden Weigerung Israels, sich an diese Resolution zu halten, gibt es offenbar gegenüber diesem Land keinerlei Ungeduld. Besonders beunruhigt hat mich während der vergangenen Wochen der Verdacht, dass wir niemals auf die Idee gekommen wären, britische Soldaten in den Irak zu schicken, wenn es in Florida ein anderes Wahlergebnis gegeben hätte und Al Gore gewählt worden wäre.

      Ich glaube, die Stimmung der britischen Öffentlichkeit ist vernünftig. Es gibt keinen Zweifel, dass Saddam Hussein ein brutaler Diktator ist. Aber kaum einer ist überzeugt, dass er für Großbritannien eine Gefahr darstellt. Die meisten Menschen wollten, dass die Inspektionen weitergehen. Sie haben den Verdacht, dass sie übereilt in einen Konflikt verwickelt wurden, in dem die US-Regierung nur ihre eigenen Ziele verfolgt. Sie wollen nicht, dass Großbritannien an einem militärischen Abenteuer teilnimmt, für das es keine breite internationale Koalition gibt und die von vielen unserer traditionellen Verbündeten strikt abgelehnt wird.

      Viele Kommentatoren haben gesagt, dass das Unterhaus seine zentrale Rolle in der britischen Politik verloren hat. Nichts könnte eine solche Meinungen besser widerlegen als ein Parlament, das sich weigert, britische Truppen in einen Krieg zu schicken, der keine internationale Legitimation hat und keine nationale Unterstützung findet.

      Dieser Brief war ursprünglich in der britischen Zeitung "The Guardian" veröffentlicht worden. Die deutsche Übersetzung von Hans Thie haben wir dem "Freitag" vom 28. März 2003 entnommen.
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      schrieb am 04.04.03 08:18:50
      Beitrag Nr. 497 ()
      RUMSFELD

      Neue Vorwürfe gegen Syrien

      Washington - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat Syrien erneut vorgeworfen, den Irak zu unterstützen. Syrien ignoriere alle Warnungen der USA, sagte Rumsfeld. Schon in der vergangenen Woche hatte der Minister Syrien beschuldigt, der irakischen Armee Nachtsichtgeräte geliefert zu haben. Rumsfeld sprach von einem "feindlichen Akt", für den Syrien zur Verantwortung gezogen werden könne.
      US-Brigadegeneral Vincent Br ooks, ein hochrangiger Kommandeur der US-Truppen am Golf, sagte jedoch, er habe keine Kenntnis über syrische Lieferungen von Nachtsichtgeräten an den Irak. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, kritisierte die Vorwürfe Rumsfelds. "Für diese Anschuldigungen (gegen Syrien) wurden keine Beweise vorgelegt. Solche Anschuldigungen werden die Situation nur weiter anheizen", sagte er.
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      schrieb am 04.04.03 08:22:35
      Beitrag Nr. 498 ()
      Was läuft hier schief?
      Weitere Gedanken zum Krieg. Von Uri Avnery

      Plan und Realität: eine alte Binsenweisheit sagt: "Kein Kriegsplan überlebt den ersten Zusammenstoß mit dem Feind." Das stimmt immer. Aber etwas viel Schlimmeres ist den Amerikanern jetzt geschehen. Um den Krieg ihrem eigenen Volk und der Welt gut zu verkaufen, haben Bush & Co das Bild eines "chirurgischen Eingriffs" vorgezeichnet. Ganz einfach: die Amerikaner marschieren in voller Stärke nach Bagdad. Die irakische Bevölkerung möchte ihren grausamen Diktator los werden und begrüßt die Befreier voll Freude. Die Schiiten im Süden werden sie nach arabischer Sitte mit einer Reisdusche empfangen. Saddam wird umgebracht. Das Regime fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Amerikaner werden im Triumph in Bagdad einmarschieren. Ende. Das Ganze wird höchstens eine Woche dauern. Keine Toten, keine Gefangenen.

      Bush und seine Leute haben nicht gelogen. Sie haben wirklich geglaubt, dass es so ablaufen werde. Wie immer hatten die Propaganda-Experten damit Erfolg, sich selbst zu überzeugen. Nachdem sie eine imaginäre Landkarte gezeichnet hatten, legten sie ihre Pläne darauf. Jetzt trafen sie auf die Realität. Zum Beispiel auf Grund ihrer Verachtung des Feindes waren die Verbindungslinien nicht angemessen abgesichert, es gab keine entsprechenden Vorbereitungen für Schlachten in der Nachhut. Nach schnellem Vormarsch durch die Wüste, was vor allem eine logistische Operation war, kamen sie in die Nähe von Bagdad und dachten, dass ihnen alles andere mehr oder weniger von selbst zufallen würde.

      Das "israelische Syndrom". Man mag dies das "israelische Syndrom" nennen: die abgrundtiefe Verachtung für die Araber und die Überzeugung, dass sie nicht kämpfen können. Dies war die Ursache der Fehlschläge der israelischen Armee im Yom Kippur Krieg, im Libanonkrieg und in beiden Intifadas. Zu jeder Zeit kämpften die Araber tapfer und opferten ihr Leben. Das überraschte schmerzlich. (Ein israelischer Witz: "Man kann sich wirklich nicht auf die Araber verlassen. Sie ergeben sich nicht einmal.")

      Sie haben Angst. Das irakische Volk reagiert wie jedes normale Volk. Angesichts einer ausländischen, feindlichen Invasion hält es zusammen. Selbst die Gegner des Regimes unterstützen den Anführer in der Schlacht. Als die Nazis die Sowjetunion überfielen, jubelten die Gefangenen in den Gulags Stalin zu. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass viele Iraker Saddam loswerden wollen. Aber sie wollen nicht, dass dies durch ausländische Invasoren geschieht. Besonders nicht von den Amerikanern, die sie im Verdacht haben, dass sie ihnen ihr Öl rauben wollen. (Die Teilnahme der Briten, ihre früheren verhassten Kolonialherren, macht die Sache noch schlimmer.) Und wenn die Bevölkerung nicht herauskommt, um die Befreier willkommen zu heißen, und die Brigaden der regulären Armee nicht en masse kapitulieren - wie kann man das erklären?

      Die Politiker und Generäle trösten sich mit einer eklatant lächerlichen Konstruktion: Millionen von Einwohnern von Basra und dem Süden haben Angst vor Saddams Agenten, die sich noch immer in dem Gebiet aufhalten sollen. Sie wollen die Amerikaner begrüßen, wagen es aber nicht. Armes Volk! Sogar der Sprecher der israelischen Armee könnte keine erbärmlichere Erklärung finden.

      Das palästinensische Beispiel. Kein Araber - sei er Sunnit oder Schiit - kann die Amerikaner als Befreier betrachten, weil sie seit zwei Jahren täglich auf ihren Bildschirmen sehen, was die israelische Armee, mit der rückhaltlosen Unterstützung von Bush, dem arabisch- palästinensischen Volk antut. Die eingebildeten Amerikaner, die ziemlich unsensibel gegenüber Gefühlen anderer Völker sind, können sich überhaupt nicht die Intensität der Wut und des Hasses der arabischen Massen vorstellen. Darum konnten ihnen die Gräueltaten vom 11. September 2001 auch keine Lehre sein - z.B. die, dass sie ihre Politik gegenüber den Palästinensern ändern müssen. Sogar jetzt, während des Krieges, zeigt Saddams Fernsehen Bilder von israelischen Gewalttätigkeiten in den palästinensischen Gebieten, um dem irakischen Volk vorzuhalten, wie die heldenhaften Palästinenser, ein- schließlich der Kinder, ihr Leben gegen die riesige Macht der israelischen Armee einsetzen.

      Der Schockmoment. In der Geschichte Israels gibt es mehrere Momente von nationalem Schock. Einer von ihnen geschah während des Yom-Kippur- Krieges. Dieser Moment hat sich meinem Gedächtnis tief eingeprägt. Wir saßen vor dem Fernseher in der Wohnung eines Freundes. Auf einmal erschien auf dem Bildschirm eine Gruppe israelischer Soldaten, die gefangen genommen worden waren. Sie saßen auf dem Boden, die Köpfe gesenkt, ihre Hände hinter ihrem Rücken gefesselt. Sie zitterten vor Angst. Rund herum frohlockende Syrer. Bis zu jenem Augenblick war der absolute Glaube der Überlegenheit des israelischen Kämpfers ein Grundstein des israelischen Bewusstseins, genährt durch unzählige wahre Geschichten und Mythen. In diesem Augenblick fiel dies in sich zusammen. Plötzlich sahen wir unsere Soldaten als normale Menschen, die in einer schrecklichen Situation Angst hatten. Nun geschieht dies den Amerikanern. Sie sehen ihre Söhne in ähnlicher Situation. Kein Wunder, dass das Weiße Haus diese Bilder verbergen möchte, indem es die Genfer Konvention zitiert. Wo aber war diese Konvention, als Tausende von afghanischen Kriegsgefangenen, Soldaten der Taliban, wie Tiere in Guatanamo zur Schau gestellt wurden?

      Gefangene. Unsere eigene Armee hat natürlich die Kriegsgefangenen für Propagandazwecke immer zur Schau gestellt. Ich erinnere besonders an einen Star des israelischen Fernsehens, den "Arabisten" Ehud Ya`ari, einem ehemaligen Offizier des Militärnachrichtendienstes, wie er gefangene Syrer und Ägypter im Fernsehen befragt, wie das eben ein Offizier des Nachrichtendienstes tut. Da wurde keine Genfer Konvention erwähnt.

      Saladin. Eine Sache ist schon heute sicher: Saddam Hussein hat erreicht, was er erreichen wollte. Was immer auch in den nächsten Tagen und Wochen geschieht, er wird in die arabische Geschichte als einer der großen Helden eingehen, der nicht zurückgewichen und vor einem übermächtigen Feind nicht weggerannt ist. Generationen von Kindern in allen arabischen Ländern werden in der Schule lernen, dass er der Erbe des großen Salah al-Din (Saladin) war. Die größte Militärmaschine der Geschichte - wie ihr Befehlshaber sie nennt - hat ein kleines Land angegriffen, dessen größter Teil an Waffen schon im voraus zerstört worden war und dessen Volk tapfer dem Bomben- und Missiles-Hagel widersteht - auch ohne jegliche Luftverteidigung.

      So sieht es im Augenblick für alle Araber in der Welt aus. Sie vergleichen Saddam mit ihren eigenen Herrschern, Mubarak, Fahed, Abdallah und Assad. Ab jetzt wird die Legende sich nur ausbreiten und zu einem Nationalmythos werden.

      Abschluss des Manuskripts: 25. März 2003 Übersetzt von: Ellen Rohlfs
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      schrieb am 04.04.03 10:27:00
      Beitrag Nr. 499 ()
      FRANKREICHS MINISTERPRÄSIDENT

      "Irak-Krieg ist ein schwerer Fehler"

      Paris - Der französische Ministerpräsident Jean-Pierre Raffarin hat den US-Angriff auf den Irak als moralische, politische und strategische Fehlentscheidung bezeichnet. "Es muss einfach gesagt werden: Zum Krieg gab es eine Alternative", sagte Raffarin in einem Fernseh-Interview. "Es war ein schwerer politischer Fehler, in dieser Gegend Unruhe zu stiften", sagte Raffarin mit Bezug auf den öffentlichen Aufruhr im Nahen Osten.
      In dem Interview mit dem französischen Sender France 3 unterstrich er auch die Notwendigkeit eines Gegengewichts zur Supermacht USA. "Die Welt sollte ausgeglichen sein zwischen mehreren großen Polen", sagte Raffarin.
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      schrieb am 04.04.03 10:29:32
      Beitrag Nr. 500 ()
      #499
      Was die Franzosen an einem großen Polen immer so toll finden? :confused:
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