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    Aktueller Kurzbericht aus dem Institut für Weltwirtschaft :-((( - 500 Beiträge pro Seite

    eröffnet am 20.09.02 18:40:32 von
    neuester Beitrag 11.12.02 14:07:17 von
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      schrieb am 20.09.02 18:40:32
      Beitrag Nr. 1 ()
      Habe eben den aktuellen Kurzbericht des Institus für Weltwirtschaft gelesen.

      Weiterhin wohl düstere Zeiten für Deutschlands Börsen!

      September 19/02

      Deutschland: Aufschwung lässt auf sich warten
      Budgetausgleich in Deutschland im Jahr 2004?

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      Deutschland: Aufschwung lässt auf sich warten
      Die Konjunktur in Deutschland hat sich noch nicht durchgreifend erholt. Die gesamtwirtschaftliche Produktion wurde im zweiten Quartal 2002 zwar weiter ausgeweitet, die von uns prognostizierte deutliche Beschleunigung des konjunkturellen Fahrttempos ist aber ausgeblieben. Mit einer laufenden Jahresrate von 1,1 Prozent nahm das reale Bruttoinlandsprodukt genauso verhalten zu wie im ersten Quartal. Unsere Prognose einer raschen zyklischen Erholung beginnend im Frühjahr stützte sich nicht zuletzt auf die Stimmungsindikatoren, insbesondere die Geschäftserwartungen der Unternehmen. Diese hatten sich im Februar und im März außergewöhnlich stark verbessert, möglicherweise als Gegenreaktion auf den starken Einbruch nach den Terroranschlägen im vergangenen Herbst. Rückblickend betrachtet überzeichneten die Indikatoren das Expansionstempo.

      Mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen für die deutsche Konjunktur allerdings verschlechtert, und die Stimmungsindikatoren sind spürbar gesunken. Mit dem erneuten weltweiten Einbruch der Börsenkurse und der Kriegsgefahr im Irak haben sich die Perspektiven für die Erholung der Weltwirtschaft eingetrübt. Diese wird voraussichtlich weniger dynamisch verlaufen als bisher erwartet. Überdies hat der Euro gegenüber dem US-Dollar und gegenüber anderen Währungen deutlich mehr an Wert gewonnen, als von uns bisher unterstellt, so dass die Ausfuhr auch von dieser Seite gedämpft werden wird. Hinzu kommt der drastische Rückgang der Kurse am deutschen Aktienmarkt, der, falls es nicht schon bald zu einer Korrektur kommt, wohl nicht ohne negative Wirkungen für den privaten Konsum und die Unternehmensfinanzierung bleiben wird. Schließlich dürften sich auch die Schäden durch die Hochwasserkatastrophe negativ niedergeschlagen haben. Dass die Geschäftserwartungen der Unternehmen ihre Aufwärtsbewegung vom Jahresbeginn abgebrochen haben und seit drei Monaten rückläufig sind, ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend. Es impliziert freilich, dass auch bei den Investitionen vorerst keine durchgreifende Beschleunigung zu erwarten ist. Alles in allem dürfte sich der konjunkturelle Aufschwung um einiges verzögern.

      Im dritten Vierteljahr dürfte die Produktion ähnlich verhalten zugenommen haben wie in den ersten beiden Quartalen. Die Produktion im produzierenden Gewerbe lag im Juli um 0,2 Prozent unter ihrem Durchschnitt im zweiten Quartal. Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe waren im Juli sogar deutlich niedriger als im Frühjahr (–2,1 Prozent), doch dürfte dieser Vergleich angesichts der im Mai verbuchten Großaufträge das Tempo der zu erwartenden Produktionsabschwächung in der Industrie überzeichnen. Im Dienstleistungsbereich ist die Produktion wohl weiterhin aufwärts gerichtet gewesen. Eine Rolle für das Ergebnis im dritten Quartal sowie für den folgenden Zeitraum dürften auch die Auswirkungen des Hochwassers spielen; wir unterstellen einen geringfügig belastenden Effekt im dritten Quartal und leichte Anregungen in den Folgequartalen, die sich vor allem in steigenden Bauinvestitionen niederschlagen.

      Eckdaten zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland 2000–2003

      2000 2001 2002a 2003a
      Bruttoinlandsprodukt (BIP)b 2,9 0,6 0,4 1,8
      Erwerbstätige im Inlandc 38 706 38 773 38 740 38 775
      Arbeitslosec 3 889 3 852 4 051 4 045
      Verbraucherpreised 1,9 2,5 1,4 1,2
      Finanzierungssaldo des Staates in Prozent des BIP 1,1 –2,8 –3,1 –2,3
      Schuldenstand in Prozent des BIP 60,2 59,5 61,2 62,0
      aPrognose von Mitte September 2002. – bIn konstanten Preisen, Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent. – c1000 Personen. – dPreisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte, Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent.

      Monetäre Rahmenbedingungen verschlechtern sich

      Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen im Euroraum weiter unverändert gelassen. Seit November 2001 liegt der Mindestbietungssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte bei 3,25 Prozent. Der kurzfristige Realzins hat sich ebenfalls kaum verändert und liegt gegenwärtig weiterhin bei etwa 2 Prozent und damit unter seinem langjährigen Durchschnitt von 3 Prozent. Die Geldpolitik wirkt damit anregend auf die Konjunktur. Der langfristige Realzins liegt mit 3 Prozent ebenfalls mehr oder weniger unverändert rund einen Prozentpunkt unter seinem langjährigen Durchschnitt.

      Gleichwohl sind die monetären Rahmenbedingungen gegenwärtig weniger günstig als vor drei Monaten. Mit der Aufwertung des Euro ist der Indikator der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft um knapp 2,5 Prozent gestiegen. Einer ökonometrischen Analyse zufolge dürfte dies langfristig zu einer proportionalen Verringerung der Exporte führen; die Zunahme der Exporte wird also im Prognosezeitraum merklich gedämpft. Hinzu kommt, dass die Kapitalbeschaffung für die Unternehmen mit den Turbulenzen auf den Börsen teurer geworden ist. Die Finanzierung über Aktien und Anleihen spielt gesamtwirtschaftlich zwar immer noch eine geringe Rolle im Vergleich zur Kreditfinanzierung; der gesamte Aktienumlauf betrug im Jahr 2001 12,9 Prozent in Relation zum Bestand an Krediten an Unternehmen und Selbständige, für Industrieobligationen war die Relation noch erheblich geringer. Angesichts der Stärke des Aktienkursrückgangs – der DAX hat seit März mehr als 30 Prozent an Wert eingebüßt – dürfte der Effekt aber fühlbar sein. Darüber hinaus bereitet auch die Kreditfinanzierung den Unternehmen derzeit Schwierigkeiten. Die Kredite an Unternehmen und Selbständige sind zwar zuletzt wieder gestiegen – nachdem sie zwischen März und Mai saisonbereinigt sogar erstmals seit Jahrzehnten gesunken waren –, die Zunahme blieb aber sehr verhalten. Es stellt sich die Frage, ob die Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltender sind als in vergleichbaren Phasen der Konjunkturschwäche, etwa weil sie im Hinblick auf die im „Basel-II-Abkommen" geforderte risikoabhängige Mindestkapitalunterlegung ihre Kreditrisiken stärker als in früheren konjunkturellen Schwächeperioden üblich verringern wollen. Eine Analyse zeigt, dass eindeutige Anzeichen für ein derartiges Verhalten seitens der Banken nicht bestehen.

      Für die Prognose ist unterstellt, dass seitens des Kreditangebots keine Bremswirkungen für den Aufschwung ausgehen. Gleichwohl werden die monetären Rahmenbedingungen noch etwas ungünstiger. Zwar wird die EZB die Leitzinsen im Euroraum wohl nicht vor kommendem Frühjahr erhöhen, und dies auch nur um insgesamt einen halben Prozentpunkt; bei wieder anziehenden Inflationserwartungen dürfte der kurzfristige Realzins dabei nur wenig steigen. Dafür wertet, unseren Annahmen zufolge, der Euro aber noch etwas gegenüber dem US-Dollar auf, so dass sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen weiter verschlechtert. Zudem werden die Kapitalmarktzinsen im Zuge der weltweiten konjunkturellen Belebung wieder anziehen. Für die Börsenkurse ist eine Seitwärtsbewegung unterstellt. Alles in allem nehmen die Anregungen von monetärer Seite damit noch etwas ab.

      Ausblick: Zögerliche Beschleunigung der Konjunktur

      In der Grundtendenz ist ein Aufschwung der deutschen Wirtschaft im Prognosezeitraum angelegt. In der näheren Zukunft wirken jedoch eine Reihe von bremsenden Faktoren, die zwar nicht zu einem erneuten Abdriften in die Rezession führen, die aber eine merkliche Beschleunigung der Konjunktur vor dem Sommer 2003 unwahrscheinlich erscheinen lassen. So wird die reale Aufwertung des Euro, von der wir annehmen, dass sie sich in abgeschwächter Form noch bis Anfang 2003 fortsetzt, ihre dämpfende Wirkung bis weit ins kommende Jahr hinein auf die Exporte entfalten, so dass diese zunächst nur wenig von der Belebung der Weltkonjunktur profitieren werden. Zudem werden die Ertragserwartungen der Unternehmen durch den rascheren Lohnanstieg sowie anziehende Rohstoffpreise belastet. Die Zunahme des privaten Konsums bleibt angesichts der vorerst noch ungünstigen Beschäftigungsperspektiven, der Verschiebung der versprochenen Steuersenkung und nicht zuletzt der Vermögensverluste durch die Kursrückgänge an den Börsen verhalten. Eine Untersuchung zeigt, dass der private Verbrauch nach einem zehnprozentigen Rückgang des DAX langfristig um 0,17 Prozent eingeschränkt wird. Der jüngste Einbruch am deutschen Aktienmarkt belastet den Zuwachs des privaten Verbrauchs mithin um reichlich 0,5 Prozentpunkte, was hauptsächlich im laufenden Jahr und zu Beginn des kommenden Jahres spürbar werden dürfte.

      Zum Jahresende 2002 dürfte die Produktion etwas an Schwung gewinnen, wozu auch die Beseitigung der Hochwasserschäden und das Nachholen der flutbedingt ausgefallenen Arbeitsstunden beiträgt. Im kommenden Jahr beschleunigt sich die Produktionsausweitung allmählich. Die Binnennachfrage erhält dadurch Impulse, dass die Bremswirkungen der Vermögensverluste nachlassen. Ferner wirken die bis ins Frühjahr niedrigen Zinsen anregend; deren verzögerte Effekte werden noch bis zum Jahresende spürbar sein, auch wenn die EZB die monetären Zügel im Jahresverlauf etwas strafft. Mit dem Abklingen der Wirkungen der Euroaufwertung werden überdies die anregenden Effekte der konjunkturellen Erholung im Ausland deutlicher zum Tragen kommen. Die Kapazitätsauslastung wird dabei jedoch wohl erst in der zweiten Jahreshälfte deutlich steigen. Alles in allem rechnen wir mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2002 um 0,4 Prozent und um 1,8 Prozent im Jahr 2003.

      Kurzfassung von: Joachim Benner, Dóra Borbély, Alfred Boss, Annette Kuhn, Carsten-Patrick Meier, Joachim Scheide und Rainer Schmidt, „Deutschland: Aufschwung lässt auf sich warten", In: Die Weltwirtschaft, 2002, Heft 3. In Vorbereitung. Ca. 100 S., € 15,-. Verlag Mohr Siebeck, 72010 Tübingen (Fax: 07071/51104).

      Budgetausgleich in Deutschland im Jahr 2004?

      Die Finanzpolitik in Deutschland steht seit geraumer Zeit vor großen Herausforderungen. Zu Beginn dieses Jahres war sie in die Schlagzeilen geraten, als es darum ging, einen „blauen Brief" aus Brüssel zu verhindern. In die Schwierigkeiten, den für das Jahr 2004 angekündigten Ausgleich des gesamtstaatlichen Budgets zu erreichen, mischen sich Zweifel daran, ob dieses Ziel überhaupt sinnvoll sei. Immer wieder wird der Stabilitäts- und Wachstumspakt selbst in Frage gestellt, und zwar sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern.

      Klare Regeln für die Finanzpolitik

      Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde im Jahr 1997 verabschiedet. Das darin verankerte Ziel eines mittelfristig ausgeglichenen Staatshaushalts wurde übernommen in ein umfassendes Konzept für die Wirtschaftspolitik in der EU, die „Grundzüge der Wirtschaftspolitik". Die darin beschriebene solide Haushaltspolitik beinhaltet, dass das gesamtstaatliche Budget nahezu ausgeglichen ist oder einen Überschuss aufweist und die Belastung mit Steuern und Sozialabgaben gesenkt wird. Damit sollen die Leistungsanreize gestärkt und das Wachstum gefördert werden. Ebenfalls wird empfohlen, staatliche Ausgaben zugunsten der Investitionen in Sachkapital und Humankapital umzuschichten. Mit diesen Empfehlungen entspricht man weitgehend den Erfahrungen in denjenigen Ländern, die bisher eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik betrieben haben. Alles in allem ist die Konsolidierung eine geeignete Strategie für mehr Wachstum in Europa.

      Budgetausgleich: Andere Länder haben ihn längst geschafft

      Die europäischen Regierungen haben beschlossen, dass der Übergang zu einem Haushaltsausgleich bzw. zu Haushaltsüberschüssen spätestens 2004 abzuschließen ist. Dem haben die meisten Länder der EWU bereits entsprochen. Viele Staaten weisen im Jahr 2002 einen ausgeglichenen Haushalt auf, einige sogar einen deutlichen Überschuss. Nicht so Deutschland: Das strukturelle Defizit ist etwa so hoch wie zu dem Zeitpunkt, als der Stabilitäts- und Wachstumspakt in Kraft gesetzt wurde.

      Die Stabilitätsprogramme der Bundesregierung: Gute Absichten, schlechtes Ergebnis

      Die in den Stabilitätsprogrammen angestrebten Ziele wurden nicht erreicht. Nicht nur das Budgetdefizit, sondern auch die Ausgaben- und Einnahmenquoten sind deutlich höher als geplant. Nach dem Stabilitätsprogramm vom Dezember 2001 soll das Defizit des Staates in Relation zum Bruttoinlandsprodukt von rund 2,5 Prozent im Jahr 2001 auf 2 Prozent im Jahr 2002 sinken. Tatsächlich zeichnet sich für das Jahr 2002 ab, dass das Defizitziel um reichlich einen Prozentpunkt verfehlt wird.

      Ein Grund für die Zielverfehlung sind unrealistische Annahmen über das Wirtschaftswachstum. So wurde in den Programmen vom Dezember 2000 und vom Dezember 2001 unterstellt, dass das reale Bruttoinlandsprodukt mittelfristig, d.h. in einem Zeitraum von vier Jahren, um 2,5 Prozent pro Jahr steigt. Diese Rate liegt deutlich über dem Potentialwachstum.

      Die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Staates bis zum Jahr 2004

      Zu den wichtigen Ausgaben des Staates zählen die Personalausgaben. Die Löhne im öffentlichen Dienst werden im Jahr 2003 wahrscheinlich um rund 2 Prozent höher sein als im Jahr 2002, im Jahr 2004 steigen sie voraussichtlich um weitere 2,4 Prozent. Die öffentlichen Haushalte werden schon im Jahr 2002 dadurch zusätzlich belastet, dass die Arbeitgeberbeiträge an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) kräftig angehoben wurden. Auch von steigenden Beitragssätzen in der Sozialversicherung sind die öffentlichen Haushalte betroffen. Wahrscheinlich werden nach der Bundestagswahl Reformmaßnahmen beispielsweise im Bereich der Arbeitsmarktpolitik und des Gesundheitswesens beschlossen; sie werden vermutlich aber eine Größenordnung von 2 Mrd. Euro im Jahr 2003 und 4 Mrd. Euro im Jahr 2004 nicht überschreiten.

      Die gesamten Ausgaben des Staates werden im Jahr 2003 wohl um 2,2 Prozent zunehmen; für die Beseitigung der Hochwasserschäden und für die Entschädigung der privaten Haushalte und der Unternehmen dürften Ausgaben in Höhe von 6 Mrd. Euro getätigt werden. Der Anstieg der Ausgaben wird sich im Jahr 2004 wohl auf 1,2 Prozent abschwächen. Dabei werden die Ausgaben der Gebietskörperschaften im Jahr 2003 um 2 Prozent und im Jahr 2004 um 0,4 Prozent zunehmen.

      Die Steuer- und Sozialabgabenbelastung wird im Jahr 2003 merklich steigen. Der Körperschaftsteuersatz wird erhöht, die Einkommensteuersätze nehmen progressionsbedingt zu. Zudem wird die Ökosteuer nach geltender Rechtslage zum 1. Januar 2003 erhöht. Außerdem dürften der Beitragssatz in der Rentenversicherung und der in der Krankenversicherung deutlich angehoben werden. Im Jahr 2004 wird die zweite Stufe der Steuerentlastung in Kraft treten; die Beitragsbelastung dürfte tendenziell sinken.

      Budgetausgleich im Jahr 2004 nicht wahrscheinlich

      Das Budgetdefizit in Relation zum Bruttoinlandsprodukt wird im Jahr 2002 voraussichtlich auf 3,1 Prozent steigen. Trotz der erwarteten Sparmaßnahmen in Einzelbereichen wird es im Jahr 2003 wohl 2,3 Prozent betragen. Im Jahr 2004 wird das Budgetdefizit bei der unterstellten günstigen wirtschaftlichen Entwicklung zwar weiter abnehmen; ohne gravierende Eingriffe in Leistungsgesetze und ohne moderate Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst, die deutlich hinter denen im privaten Sektor zurückbleiben, wird das Defizit des Staates aber kaum unter 1,5 Prozent sinken.

      Stabilitäts- und Wachstumspakt strikt einhalten

      Die Bundesregierung sollte nicht dazu beitragen, den Stabilitäts- und Wachstumspakt abzuschaffen oder auch nur aufzuweichen. Offenbar streben andere Regierungen genau dies an. Für die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik in Europa wäre es fatal, wenn die Spielregeln, die aus gutem Grund aufgestellt und von allen Regierungen akzeptiert wurden, beim ersten Test außer Kraft gesetzt werden. Man würde signalisieren, dass man es mit der Konsolidierung nicht ernst meint.

      Nach unserer Auffassung gibt es keinen Grund, den Stabilitäts- und Wachstumspakt verantwortlich zu machen für drastische Maßnahmen, die jetzt notwendig sind. Die Misere der öffentlichen Finanzen in Deutschland resultiert nicht aus der konjunkturellen Schwäche, sondern aus den Versäumnissen in den vergangenen Jahren. Seit 1997 gilt der Pakt, und der Konsolidierungsbedarf für Deutschland war klein im Vergleich zu dem, was andere Länder in kurzer Zeit geleistet haben.

      Der Staatsanteil muss gesenkt werden ...

      Um das Budget im Jahr 2004 nahezu auszugleichen, sind mehrere Wege möglich, die unterschiedliche Konsequenzen haben. Prinzipiell geht es um die Entscheidung, ob Steuern erhöht oder Ausgaben gekürzt werden sollten. Es gibt in Deutschland einen breiten Konsens, dass der Staatsanteil zu hoch ist und nicht etwa die Abgabenbelastung zu niedrig. Von daher scheiden Steuererhöhungen aus; der scheinbar leichte Weg, etwa die Mehrwertsteuer anzuheben, sollte nicht gegangen werden.

      Der Finanzplanungsrat hatte sich zu Beginn dieses Jahres auf einen Ausgabenpfad festgelegt, der mit dem Budgetziel kompatibel war. Angesichts der aktuellen Finanzlage der öffentliche Haushalte wird sich das Budgetziel für das Jahr 2004 nur erreichen lassen, wenn der Finanzplanungsrat den Ausgabenpfad nochmals senkt. Zentral ist darüber hinaus die Begrenzung der Ausgaben der Sozialversicherung; gelingt dies nicht, so steigt die Belastung weiter mit der Folge, dass das Wachstum der Wirtschaft beeinträchtigt wird. Bisher wurde versäumt, etwa durch grundlegende Reformen des Gesundheitswesens den Anstieg der Kosten zu bremsen. Die aktuelle Lage macht deutlich, dass hier nicht zugewartet werden darf.

      Soll der Haushalt für das Jahr 2004 ausgeglichen sein, so sind Ausgabenkürzungen in Höhe von 30 Mrd. Euro erforderlich. Um einen Budgetsaldo von „nahezu null" – interpretiert als ein Defizit von 0,5 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt – zu erreichen, sind Kürzungen in Höhe von 20 Mrd. Euro notwendig.

      ... nur dann können auch die Steuern gesenkt werden

      Manche mögen in einem drastischen Sparkurs Gefahren für die Konjunktur sehen. Doch zeigen Erfahrungen in anderen Ländern, dass dies nicht so sein muss. Im Interesse einer wachstumsfreundlichen Konsolidierung sollte die Finanzpolitik weniger bei den Investitionsausgaben, sondern vorrangig bei staatlichen Konsumausgaben und Transferleistungen ansetzen. Dazu gehört auch der Abbau von Subventionen. Gelingt es nicht, die deutsche Finanzpolitik auf einen Sparkurs zu bringen, werden die Bürger in Zukunft mit höheren Steuern rechnen. Sie wissen: Nur wenn der Staat spart, können die Steuern gesenkt werden. Es ist zu bezweifeln, dass der bisherige Weg, Steuersenkungen anzukündigen, ohne gleichzeitig Einsparpläne zu realisieren, noch glaubwürdig ist.

      Kurzfassung von: A. Boss und J. Scheide, „Budgetausgleich in Deutschland im Jahr 2004?". In: Die Weltwirtschaft, 2002, Heft 3. In Vorbereitung. Ca. 100 S., € 15,–. Verlag Mohr Siebeck, 72010 Tübingen (Fax: 07071/51104).




      http://www.uni-kiel.de/ifw/pub/kkb/2002/kkb19_02.htm
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 18:56:19
      Beitrag Nr. 2 ()
      Unter Federführung von unserem lieben Herrn Siebert.
      Die Kieler sehen immer alles ein bißchen anders.....
      Die würden ja am liebsten auch wieder den 12-14 Stunden Arbeitstag einführen.
      Ganz so wie im Institut selber. Alle, außer den Schreibkräften, müssen dort Frohndienste leisten.
      Avatar
      schrieb am 20.09.02 21:55:21
      Beitrag Nr. 3 ()
      @hoppen:

      Kann ich nicht beurteilen, wie dort gearbeitet wird.
      Warst Du da mal beschäftigt?

      Liegen die mit ihren Einschätzungen schlechter als andere Institute?
      Avatar
      schrieb am 11.12.02 14:07:17
      Beitrag Nr. 4 ()
      Weiter düstere Aussichten:


      Reuters
      IfW senkt Konjunkturprognose für Deutschland kräftig
      Mittwoch 11. Dezember 2002, 12:56 Uhr

      Analysten - Research im Original



      Berlin, 11. Dez (Reuters) - Das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung (IfW) hat seine Wachstumsprognose für Deutschland drastisch gesenkt. Verantwortlich dafür sei vor allem die einengende Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.
      Die Finanzpolitik der Bundesregierung werde das Wachstum und die Beschäftigung schwächen, hieß es am Mittwoch im neuen IfW-Konjunkturbericht. Für 2003 rechnet das Institut deshalb nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,0 Prozent. Die bisherige Prognose lag ANZEIGE

      bei 1,8 Prozent. Auch für 2002 senkte das IfW seine Prognose auf nun 0,2 Prozent nach 0,4 Prozent. Für die Industrieländer insgesamt zeichnete das IfW ein freundlicheres Bild. Ein Rückfall in eine Rezession droht demnach nicht mehr.


      AUFSCHWUNG IN DEUTSCHLAND WIRD BEHINDERT

      Während sich die Konjunktur in den Industrieländern nach Auffassung des IfW 2003 insgesamt weiter erholen dürfte, werde eine Beschleunigung des Aufschwungs in Deutschland behindert. Schuld daran seien die Vermögensverluste durch den Verfall der Aktienkurse im Jahr 2002, aber auch höhere Abgaben für die Sozialversicherungen und höhere Steuern. Dämpfend wirkten auch die ungünstigeren Perspektiven am Arbeitsmarkt. Als Folge würden die Konsumausgaben der privaten Haushalte nur verhalten steigen. Wegen steigender Lohn- und Lohnzusatzkosten sowie höherer Steuern würden die Unternehmen zudem nur zurückhaltend investieren.

      Ein weiteres Hindernis für eine Beschleunigung des deutschen Wirtschaftswachstums sieht das IfW auch in der realen Aufwertung des Euro. Dadurch würden die Exporte bis weit in das Jahr 2003 hinein belastet. Im weiteren Jahresverlauf werde die dämpfende Wirkung der Euro-Aufwertung jedoch abklingen. Die Erholung der Weltkonjunktur werde der Auslandsnachfrage dann merklich Schwung geben. Bei niedrigen Zinsen und verbesserten Ertragsperspektiven würden die Investitionen wieder ausgeweitet. "Das konjunkturelle Tempo bleibt bei all dem jedoch moderat", hieß es einschränkend.

      Die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, zu denen das IfW zählt, hatten bereits in ihrem Herbstgutachten mehrheitlich ihre Prognose für 2003 auf 1,4 Prozent gesenkt. Die Bundesregierung erwartet ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,5 Prozent. Das IfW bemängelte nun die restriktive Finanzpolitik der Regierung, mit der der Schuldenstand zudem nicht deutlich unter die Defizitobergrenze der Europäischen Union von drei Prozent des BIP gedrückt werden dürfte. Trotz höherer Einnahmen des Staates rechnet das IfW für 2003 mit einem Staatsdefizit von drei Prozent nach 3,6 Prozent in diesem Jahr.


      INDUSTRIELÄNDER ERHOLEN SICH

      Für die Industrieländer insgesamt stellte das IfW fest: "Im Jahr 2002 hat sich die Konjunktur (...) von der Schwäche des Vorjahres erholt." Ausschlaggebend sei gewesen, dass die Rezession in den USA, unterstützt durch drastische Zinssenkungen und eine sehr expansive Finanzpolitik, überwunden worden sei. Impulse seien außerdem von den asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländern ausgegangen. Auch in Japan und Großbritannien sei die Konjunktur angesprungen. "Lediglich im Euroraum blieb die Produktionsausweitung weiter spürbar hinter dem trendmäßigen Wachstum zurück." Eine Ursache dafür seien unter anderem zu geringe wirtschaftspolitische Impulse.

      Die Gefahr eines Rückfalls in die Rezession sehen die IfW-Forscher nicht mehr. "Die dämpfenden Faktoren (...) werden wahrscheinlich im nächsten Jahr an Wirkung verlieren." So habe sich auch der Ölpreis inzwischen wieder zurückgebildet. Auch die allgemeine Unsicherheit über die politischen Ereignisse im Nahen und Mittleren Osten dürfte sich allmählich verringern. "Daher ist zu erwarten, dass sich die expansiven Kräfte im Verlauf des nächsten Jahres wieder durchsetzen", hieß es weiter.

      Positive Impulse dürfte nach Auffassung des IfW zudem die Geldpolitik der Konjunkturentwicklung geben. Für 2003 erwartet das Institut ein BIP-Wachstum von 2,7 Prozent in den USA nach 2,4 Prozent in diesem Jahr. Auch im Euroraum werde sich der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion, angeregt von niedrigen Zinsen und einer Belebung der Auslandsnachfrage, nach dem Winter kräftigen. Für den Euroraum erwarten die Forscher ein BIP-Wachstum 2003 um 1,5 Prozent nach 0,8 Prozent 2002.


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