Nächste Biotech-IPO
Corona-Hoffnung CureVac geht an die Börse: „Eine Zukunftswette mit vielen Unbekannten“
Der Börsengang der deutschen Impfstoff-Hoffnung CureVac steht kurz bevor. Am Montag gab das Tübinger Biotech-Unternehmen bekannt, dass beim Gang an die US-Technologiebörse Nasdaq 13,3 Millionen Stammaktien ausgegeben werden sollen. Insgesamt will CureVac 245 Millionen US-Dollar einsammeln. Die Hoffnungen auf einen massentauglichen Corona-Impfstoff wecken auch bei Börsianern hohe Erwartungen. Experten betonen das riesige Potenzial des Unternehmens, warnen aber vor zu viel Euphorie.
Laut IPO-Kalender der US-Technologiebörse Nasdaq soll CureVac schon am Freitag unter dem Kürzel CVAC sein Debüt feiern. Der Preis pro Anteilsschein soll zwischen 14 und 16 US-Dollar liegen. Anleger, die zum Börsenstart dabei sind, sollen die Möglichkeit bekommen, zu einem späteren Zeitpunkt weitere zwei Millionen Aktien zu zeichnen. CureVac konkurriert im Rennen um einen Impfstoff gegen das Corona-Virus auch mit BioNTech. Die Mainzer waren bereits im vergangenen Jahr erfolgreich an die US-Börse gegangen.
Auch wenn CureVacs Forschungen vielsprechend sind: Im Vergleich der beiden Konkurrenten steht die Zeit auf BioNTechs Seite, erklärt Klaus Brune, Leiter des Börsenressorts beim Platow-Verlag, im Gespräch mit wallstreet:online. „Curevac hofft, einen Wirkstoff zu entwickeln, der in kleineren Dosen als andere in der Entwicklung befindliche Impfstoffe wirken soll. Im Erfolgsfalle könnte man schneller mehr Menschen behandeln als mit Konkurrenzprodukten“, so Brune. „Allerdings liegt CureVac zeitlich hinter einigen Wettbewerbern zurück. Tests begannen erst Mitte Juni, während Biontech/Pfizer Ende April mit den klinischen Tests begonnen hat.“ Dass CureVac als Erster mit einem Corona-Impfstoff an den Start gehe, sei unwahrscheinlich.
Ende Juli hatte CureVac sein Börsenprospekt bei der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC eingereicht und damit den ersten Schritt zu einem Listing gemacht. Die letzte Finanzierungsrunde hatte 560 Millionen Euro in die Kassen gespült, darunter eine 300-Millionen Euro schwere Förderung der staatlichen KfW. Mehrheitseigner bei CureVac ist die Biotech-Holding Dievini des SAP-Gründers Dietmar Hopp.
Mit dem frischen Kapital will CureVac die weitere Forschungsarbeit und einen Ausbau der Produktionskapazitäten finanzieren. Über zukünftige Gewinne lässt sich derzeit aber nur spekulieren, betont Börsen-Experte Brune. „Laut Prospekt hat CureVac 2019 etwa 17,5 Mio. Euro Umsatz gemacht. Da stecken noch keine Medikamentenumsätze drin, die das Erlösniveau sehr schnell in andere Regionen treiben können“, so Brune. „Dennoch ist es derzeit plausibel, einfach einmal als realistisches Nahziel 100 Mio. Euro Umsatz anzusetzen. Dabei wird derzeit noch ein kräftiger operativer Verlust von 100 Mio. Euro in Kauf genommen, der angesichts weiter hoher Forschungskosten nur im Corona-Glücksfall aus den roten Zahlen kommen dürfte.“
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Angesichts der astronomischen Bewertungen von Biotech-Hoffnungen weltweit lohnt der wieder der Blick auf die Konkurrenz von BioNTech, erklärt Brune. „Der Markt bewertet BioNTech mit dem 160-fachen des heutigen Umsatzes und dem etwa 110-fachen des für 2022 erhofften EBITDA-Gewinns. Das ist schon eine recht optimistische Bewertung, die bei CureVac aber noch deutlich optimistischer ausfällt. Wenn wir eine Marktkapitalisierung von etwa 2,7 Milliarden US-Dollar unterstellen, so wäre das in etwa das 154-fache des heutigen Umsatzes.“
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Brunes Fazit fällt entsprechend vorsichtig aus: „CureVac bietet sicherlich eine sehr interessante Zukunftswette an. Das Unternehmen bleibt damit aus Anlegersicht sehr riskant. Wer dieses Risiko eingehen möchte, sollte das nur als kleine Beimischung in ein breit diversifiziertes Portfolio tun und sich bewusst sein, dass die Chancen in etwa so gut sind wie beim Würfelspiel.“
Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion