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    Wöchentlicher Devisenkommentar  2251  0 Kommentare Der Euro stürzt ab – aber nicht ins Bodenlose

    Die momentane Unsicherheit an den Devisenmärkten ist immens und wird vom Tagesgeschehen um die europäische Schuldenkrise bestimmt. Innerhalb von nur zwei Handelstagen hat der Euro zum US-Dollar bis zu 5 Cent abgegeben und im Tief bei nur noch knapp über 1,35 Dollar notiert. Zuletzt hat sich der Euro stabilisiert und ist momentan wieder 1,38 US-Dollar wert.

    „Das Drama hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Marktteilnehmer spielen nun durch, was es hieße, wenn Griechenland kurzfristig – also innerhalb weniger Tage oder Wochen – umgeschuldet werden müsste oder gar den Euro verlöre", sagt Torsten Gellert, Managing Director von FXCM Deutschland.

    Darauf deutet die neue Rekord-Rendite der griechischen Staatsanleihen hin. Wer beispielsweise jetzt Griechenland-Anleihen kauft, die in einem halben Jahr fällig sind, bekommt die Papiere für die Hälfte ihres Nennwerts – die Rendite liegt bei unvorstellbaren 175 Prozent. Der Risikoaufschlag, den Anleger für die Papiere bekommen, ist immens. Mit anderen Worten: Griechische Staatsanleihen gelten derzeit als Zockerpapiere. Italien ist davon zwar noch weit entfernt. Dennoch sprechen auch hier hohe Renditen eine deutliche Sprache: Für die jüngst neu aufgelegten Staatsanleihen muss Italien den Investoren jährlich 5,6 Prozent Zinsen zahlen – so viel wie noch nie seit dem Euro-Beitritt der Italiener.

    Ein weiterer Treiber der Unsicherheit an den Märkten ist der Bankensektor. Sollten die griechischen Anleihen ausfallen, müssen diese in den Bankbilanzen auf den Zeitwert abgeschrieben werden; momentan können sie noch mit den Anschaffungskosten bewertet werden. Die Differenz muss als Verlust ausgewiesen werden und dürfte dann die Ergebnisse verhageln. Inwieweit die unterschiedlichen Institute dafür Vorsorge getroffen haben, ist spekulativ, jedoch geben die Downgrades der Crédit Agricole und der Société Générale einen guten Hinweis. Die Ratingagentur Moody’s hat die Bonität der beiden französischen Banken herabgestuft. Die Folge: Bankaktien sind im Sturzflug. „Insbesondere die Geldinstitute, die verstärkt in griechische Anleihen investiert sind, haben jetzt ein Problem. Im Zuge des Griechenlandabsturzes geht es auch ihnen an den Kragen", so Gellert.

    Das Misstrauen der Märkte in den Euro wird zudem durch politische Äußerungen verstärkt. In Deutschland sorgten exponierte Politiker wie Philipp Rösler (Wirtschaftsminister) und Peter Ramsauer (Verkehrsminister) mit ihren Statements über eine mögliche Pleite Griechenlands für Katerstimmung – bei Angela Merkel, die die Rettung der Griechen propagiert, und wohl auch bei vielen Marktteilnehmern. „Wenn Politiker öffentlich den Bankrott Griechenlands in Erwägung ziehen, nimmt die Skepsis der Investoren natürlich eine neue Qualität an. Einige Politiker sprechen auch von einer ,geordneten Insolvenz‘. Der Haken dabei: Es gibt eigentlich keinen Plan B. Für eine staatliche Insolvenz gibt es noch gar kein Regelwerk", sagt Gellert.

    Die Euro-Krise ruft jetzt auch die größte Volkswirtschaft der Welt auf den Plan: US-Finanzminister Timothy Geithner wird morgen an den Beratungen der 27 europäischen Finanzminister im polnischen Wroclaw teilnehmen. Unter anderem geht es um die Frage, wie die Banken stabilisiert werden können. Zum ersten Mal ist ein amerikanischer Finanzminister an einem solchen europainternen Treffen dabei. Das Engagement der USA dürfte bezüglich der Euro-Entwicklung auch nicht ganz uneigennützig sein. Schließlich schwächt ein stärker werdender Dollar gegenüber dem Euro den Export der Vereinigten Staaten und somit die ganze Wirtschaft des Landes.

    Wohin geht also die Reise mit dem Euro? „Abgesehen von den aktuellen Geschehnissen geht es der Wirtschaft der Euro-Zone unterm Strich gar nicht so schlecht, obwohl die Wachstumsaussichten auf breiter Front nach unten korrigiert wurden. Aber dass die Eurozone erneut in die Rezession stürzt, wird nicht prognostiziert. Deshalb wird der Euro unserer Meinung nach nicht ins Bodenlose stürzen. Bis Jahresende könnte der Euro wieder die 1,40-Dollar-Marke erreichen", sagt Gellert. Das gelte jedoch nicht für den Fall, dass Griechenland ungeordnet insolvent geht. Denn dann müsse man die Lage komplett neu beurteilen. „Kurzfristig wäre dann mit weiteren heftigen Kursbewegungen zu rechnen, die die Tiefs von dieser Woche noch weit unterschreiten könnten", so der Währungsexperte.



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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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