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     1134  0 Kommentare Finanzsektor am Tropf - Die EZB im Ausstiegs-Dilemma

    FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Notenbank wird zur Intensivstation: Weil sich die Kreditinstitute nach wie vor kaum über den Weg trauen, bleibt die Europäische Zentralbank (EZB) als Notarzt mit der Geldspritze gefragt. Was als überbrückende Maßnahme geplant war, droht zum Dauerzustand zu werden. Denn obwohl die Banken massiv mit Liquidität geflutet wurden, hält die Vertrauenskrise an. Vor allem in Spanien bereitet der Finanzsektor weiter Probleme - nach der Herabstufung durch die Ratingagentur Standard & Poor's sind die angeschlagenen Banken dort noch weiter in den Fokus geraten.

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    Sehr zur steigenden Nervosität trug S&P bei, als sie Ende der Woche ihr Urteil fällten und Spanien nur noch eine befriedigende Kreditwürdigkeit bescheinigten. Selbst Außenminister García-Margallo sprach von einer Krise gewaltigen Ausmaßes, in der sich sein Land befinde.

    Wie geht es nun weiter? Nach Einschätzung des scheidenden Deutsche-Bank-Chefvolkswirts Thomas Mayer hat die Finanzwelt bereits den Übergang in eine neue Ära vollzogen: An die Stelle der gescheiterten Kreditwirtschaft ist demnach die 'Zentralbankgeld-Wirtschaft' getreten. Doch welche Zukunft hat ein System, das von den Notenbanken am Leben gehalten wird?

    Diese Frage macht Aufsehern und Währungshütern zu schaffen: Top-Bundesbanker Andreas Dombret warnte diese Woche eindringlich davor, die 'Notfall-Maßnahmen' der EZB zum neuen Standard werden zu lassen. Niedrigzinsen und üppige Liquiditätsversorgung kämen nicht ohne 'Nebenwirkungen' und die seien 'umso heftiger, je länger die Droge verabreicht wird'. Man werde auf jeden Fall verhindern, dass Banken, Investoren und Regierungen es sich mit Zentralbankgeld dauerhaft gemütlich machten.

    Das ist allerdings leichter gesagt als getan: Zwei Monate, nachdem die EZB den Banken zinsgünstige Kredite über insgesamt 1000 Milliarden Euro für ungewöhnlich lange drei Jahre ausgereicht hatte, hängen die Geldhäuser mehr denn je bei ihr am Tropf: Laut Recherchen der Nachrichtenagentur Bloomberg ist im April keine einzige Bank mit unbesicherten Schuldverschreibungen an den Markt gegangen. Dass sich die Institute keine Mittel leihen, die nicht mit Sicherheiten hinterlegt sind, ist ein klares Misstrauensvotum.

    Etliche weitere Hinweise signalisieren anhaltenden Stress im Bankensektor: Obwohl viele Institute ihren Refinanzierungsbedarf durch die EZB-Geldspritzen frühzeitig decken konnten, haben die Absicherungskosten gegen Pleiten schon wieder das hohe Niveau vom Januar erreicht. An den Aktienmärkten liegen Finanztitel, die im Dezember eine liquiditätsgetriebene Kursrally gestartet hatten, im Schnitt mittlerweile wieder zwei Prozent tiefer als damals.

    Zuletzt waren es vor allem Hiobsbotschaften aus Spanien, die für negative Schlagzeilen sorgten und nun in der S&P-Herabstufung gipfelten. Die kritische Lage hat eine Debatte ausgelöst, ob Banken auch direkt öffentliche Gelder aus Hilfstöpfen der Europartner erhalten sollten. Aufgrund deutschen Widerstands ist dieser Weg derzeit aber unwahrscheinlich. Außerdem steht die Branche bei weitem nicht geschlossen schlecht da. Doch solange die stabilen Banken kein Geld an die anderen verleihen, macht das die Angelegenheit für die EZB nur noch komplizierter.

    Denn da sie bei ihrer Liquiditätsoffensive nicht selektiv vorgegangen ist, sondern den gesamten Sektor geflutet hat, befinden sich enorme Summen bei Banken, die sie überhaupt nicht nötig haben. Diese überschüssigen Mittel laden zu Spekulation ein, so dass schon wieder die Sorge vor neuen Vermögenspreisblasen beispielsweise an den Rohstoff-, Immobilien- oder Anleihemärkten umgeht.

    Die Notenbank befindet sich im Dilemma: Setzt sie Banken auf Entzug, die aus eigener Kraft nicht überlebensfähig sind, könnten Krisenstaaten gleich mit kollabieren, da sie nicht zuletzt über die Anleihemärkte eng miteinander verflochten sind. Versucht die EZB jedoch weiter, die Krise in billigem Zentralbankgeld zu ertränken, könnte sie neuen Finanzmarkt-Exzessen den Boden bereiten.

    'Es ist unklar, wie der Übergang vom Zentralbankgeldsystem zu einem dauerhaft tragbaren neuen Regime gestaltet werden soll', sagt Deutsche-Bank-Ökonom Mayer. Dass es gelingt, einen problemlosen Ausstieg zu organisieren, hält der Experte für unwahrscheinlich./hbr/bgf/he

    --- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---




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