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    EUR/USD  1080  0 Kommentare Euro-Krise nicht mehr auf der Agenda – Scheinbare Ruhe ist gefährlich

    „Das Schlimmste der Euro-Krise liegt hinter uns“, so Herman Van Rompuy, EU-Ratspräsident auf dem EU-Gipfel in der vergangenen Woche. Die Euro-Krise dauert „noch zwei oder drei Jahre“, gut die Hälfte der Arbeit sei getan, wird der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, zu diesem Thema zitiert. Bundeskanzlerin Merkel dagegen sieht noch keine Entwarnung: „Es liegt nach wie vor noch eine schwere Zeit vor uns.“ Na was denn nun, Krise vorbei oder voraus? Wer von den Politikern hat Recht? Die Antwort darauf, wenn es überhaupt eine gibt, könnte lauten: Jeder ein bisschen, aber so richtig keiner. Schlauer werden wir dann doch wohl erst in ein paar Jahren sein.

     

    Aber um es vorweg zu nehmen und wie der Titel meines Kommentars auch schon verrät, schlage ich mich in diesem Fall eher auf die Seite der Kanzlerin. Denn sie fügt zu Recht an: "Wir müssen auch im nächsten Jahr eher mit sehr kleinen Wachstumsraten, in einigen Ländern sogar mit negativem Wachstum rechnen.“ Und da liegt dann auch der Schlüssel für die weitere Entwicklung des Euro, der Währung einer Gemeinschaft, die zwar den Friedensnobelpreis, aber politisch und wirtschaftlich diesen Namen noch lange nicht verdient. Das zeigte sich auch vor allem mal wieder deutlich auf dem letzten EU-Gipfel, auf welchem man ursprünglich über Visionen und Grundsätze einer weiteren Annäherung der Euro-Staaten reden wollte. Was am Ende raus kam, war eine Verschiebung dieses Fahrplanes um weitere sechs Monate und mit einer europäischen Bankenaufsicht erste zaghafte Versuche, Europa endlich wirtschafts- und finanzpolitisch zu einen, was man seit mehr als einem Jahrzehnt vor sich her schiebt.

    Vor diesem Hintergrund halte ich die Stärke des Euro in diesen letzten Tagen schon für etwas erstaunlich. Getragen wird dieser von einer Rally an den Aktienmärkten. An denen ist die zur Verfügung gestellte Liquidität der Notenbanken zumindest angekommen und die schon oben angesprochene vermeintliche Ruhe an der Krisenfront sorgt für eine zunehmende Risikobereitschaft der Investoren. Apropos Notenbanken: Das vorweihnachtliche Geschenk der Federal Reserve (Fed), ab Januar nun monatlich 85 Milliarden US-Dollar in den Markt zu pumpen, weicht naturgemäß den US-Dollar auf, was dann wiederum auch für einen stärkeren Euro sorgt. Die nächste Finanzspritze werden die Märkte dann vielleicht noch in dieser Woche aus Japan bekommen. Denn dort tagt die Bank of Japan, die nach dem Wahlsieg der Konservativen eventuell schon relativ schnell das umsetzt, was der neue starke Mann Japans, Shinzo Abe, vor seinem Wahlsieg gefordert hat, nämlich eine noch aggressivere Geldpolitik mit negativen Leitzinsen und einem Inflationsziel von zwei Prozent.

    Auch und gerade deshalb sollten wir die Worte des EZB-Präsidenten Mario Draghi nicht vergessen, der nach der letzten Sitzung seines Gremiums Anfang Dezember die Märkte auf eine Zinssenkung in der Eurozone schon im Januar einstellte. Der Wettlauf um die schwächste Währung wird also auch im kommenden Jahr munter weitergehen. Das größte Potenzial, vor allem mit Blick auf die zu erzielende Wirkung, billige ich dabei eben gerade den Japanern, aber auch der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. Denn für die USA stehen die Zeichen in meinen Augen gar nicht so schlecht, dass die Konjunktur wieder schneller in Fahrt kommt als aktuell noch vermutet. Gerade die Nachrichten vom Arbeits- und Immobilienmarkt stimmen mich optimistisch, dass die Amerikaner vielleicht nicht gleich die Zinswende ausrufen, aber Kapitalflüsse in den Dollar auch indirekt schon durch ein ersatzlos auslaufendes Anleihekaufprogramm hervorrufen könnten. Entscheidend ist dabei auch die Frage, wie hoch nun tatsächlich die fiskalische Klippe wird, von der man zum Jahreswechsel stürzt oder ob Republikaner und Demokraten diese Hürde gemeinsam, wie sich ja gerade abzeichnet, mit nur wenigen Bremsspuren für die Konjunktur nehmen können. Sollten die Verhandlungen allerdings wieder ins Stocken geraten und sich ohne konkrete Ergebnisse bis ins nächste Jahr ziehen, wäre das dann wahrscheinlich das Ventil für eine durchaus heftige Korrektur an den Aktienmärkten, die dann auch beim Euro für eine Konsolidierung sorgen sollte. Diese könnte aber auch dann einsetzen, sollte man sich im Streit über den US-Haushalt wie erwartet einigen, denn wie es so oft an der Börse ist, kauft man dort die Hoffnungen und verkauft die Ergebnisse.

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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