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    Aktien Europa  5178  0 Kommentare Der volatile Herbst und die Zinsfalle

    Unter welchen lustigen Abkürzungen auch immer die neuesten geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken laufen, ob QE1, SoFFin, QE2 und QE3, LTRO, oder was auch immer - eine vernünftige Lösung scheint keine dieser Maßnahmen zu sein.

    Auch nur eine mögliche Ankündigung des Endes der offensiven Geldpolitik in den USA führte zu einem ersten Gewitter an den globalen Finanzmärkten. Nicht nur Aktienindizes wie der S&P 500 oder der DAX, auch Renten, Rohstoffe und diverse Währungen verloren stark an Wert. Der klassische Diversifikationseffekt über verschiedene Asset-Klassen versagte. Auch die zuletzt beliebten Risk Parity-Produkte testeten gleichmal ihre maximalen Verlustgrenzen. Dabei wurde nur in Aussicht gestellt, dass die Notenbanken irgendwann weniger Liquidität zur Verfügung stellen könnten. Das impliziert, dass ein Anziehen der US-Konjunktur von den Marktteilnehmern als negativ erachtet wird, da es ein Ende der offensiven Geldpolitik bedeuten könnte. In der Konsequenz fielen alle liquiditätsgetriebenen Märkte.

    Seit John Maynard Keynes wissen wir, dass langfristig die Märkte immer Recht haben und sie länger irrational bleiben können, als einem lieb ist. Dies wiederspricht natürlich nicht nur der Effizienzmarkttheorie, sondern auch den Eingriffen der Notenbanken. Insofern sollte es eine Frage der Zeit sein, bis sich die Märkte durchsetzen und die Zinsen auf ein „vernünftiges“ Niveau zurückfinden. Der abrupte Zinsanstieg in den USA und Japan waren erste Indikatoren dafür. Entweder kommt die Konjunktur wieder in Gang, und die Liquiditätsschwemme hat ein Ende, oder die Maßnahmen fruchten nicht und es droht auf Grund hoher Schulden und schlechter Konjunktur Inflation. Auch dies bedeutet nach der Fisher-Gleichung steigende Zinsen, denn der aktuelle Nominalzins entspricht dem Realzins plus der Inflationserwartung.

    Ein Szenario steigender Zinsen ist in erster Linie für zinssensitive Aktien wie Hausbauer, Hypothekenbanken, die Automobilbranche und die als Bond-Ersatz gehandelten defensiven Versorger sehr negativ. Für Versicherer ist der Fall ambivalent. Sie sind in erster Linie Fixed-Income-Manager, die unter steigenden Zinsen leiden würden. Mit den fallenden Zinsen sind Versicherungen wie die Allianz in ein Dilemma gerutscht, das als Zinsfalle bezeichnet werden kann. Auf Grund der niedrigen Zinsen mussten sie ihre Garantiezinsen entweder senken oder ganz abschaffen. Die Zurich Insurance Group hat beispielsweise den Vertrieb von klassischen Lebensversicherungen komplett eingestellt. Und mit wieder steigenden Zinsen kommen Versicherungen als primäre Rentenmanager zusätzlich unter Druck.

    Von steigenden Zinsen profitieren dagegen Girobanken wie die comdirect. Mit einem Großteil ihrer Erträge resultierend aus dem Einlagengeschäft erhöhen sich diese mit steigenden Zinsen. Insofern ist für uns ein solches Investment ein Bondersatz ohne  große Kursphantasie, aber mit einem soliden Boden.

    Wir als Value Investoren glauben an kurzfristige Ineffizienzen, die es uns ermöglichen, durch Stock-Picking Alpha zu generieren. Das gilt nicht nur auf Einzeltitelebene, sondern auch für ganze Länder, Volkswirtschaften oder globale Kapitalmärkte. Wachsende Schuldenberge und ein künstlich niedriges Zinsniveau können auf Dauer nicht gesund sein. Während ein Ende des Gelddruckens einen Einbruch des Wirtschaftswachstums bedeuten könnte, ist ohne niedrige Zinsen der Schuldendienst für die Staaten nicht zu stemmen. Wie Versicherer befinden sie sich in der Zinsfalle, nur aus der entgegengesetzten Perspektive. Vor den Bundestagswahlen und weiteren politischen Entscheidungen erwarten wir keine großen Entschlüsse, aber danach kann uns durchaus ein volatilerer Herbst blühen.

     

     


    Frank Fischer
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    Frank Fischer, CEO & CIO der Shareholder Value Management AG und in dieser Funktion verantwortlich für den „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“, schreibt regelmäßig über die internationalen Aktienmärkte. Als überzeugter Value-Investor hat Fischer langjährige Expertise in allen Fragen rund um Fonds, Börse, aber auch das Stiftungswesen. In seinen regelmäßigen Marktkommentaren legt er besonderes Augenmerk auf Behavioral Finance, sowie Investments in Small- und Midcap-Werte.
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    Verfasst von Frank Fischer
    Aktien Europa Der volatile Herbst und die Zinsfalle Unter welchen lustigen Abkürzungen auch immer die neuesten geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken laufen, ob QE1, SoFFin, QE2 und QE3, LTRO, oder was auch immer - eine vernünftige Lösung scheint keine dieser Maßnahmen zu sein. Auch nur …

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