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    Kalter Krieg 2.0

    Es geht jetzt um mehr als nur um die Konfrontation mit Russland: es zeichnet sich eine Frontstellung zwischen dem Westen und den Schwellenländern insgesamt ab. Und das bedeutet: Russland, China und auch Indien werden sich zusammen schließen, um gegen den Westen zu opponieren..

    Von Markus Fugmann, www.finanzmarktwelt.de

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    Ganz deutlich wird das schon in China: das Zentralorgan der Kommunistischen Partei, “Renmin Ribao”, steckte hierfür bereits die Leitlinien ab: durch die Ukraine-Krise werde “die strategische Annäherung Chinas und Russlands zu einem Anker der Weltstabilität”, und ”Russland unter Führung Wladimir Putins hat den Westen schon gezwungen zu verstehen, dass es im ‘Kalten Krieg’ keinen Sieg gibt.” (zitiert nach Spiegel online).

    Deutlicher geht es kaum: die alten Fronten des Krieges brechen wieder auf, jenseits von Fragen der Ideologie (Kapitalismus-Kommunismus) erleben wir die Rückkehr geostrategischer Frontstellungen. Und das hat viel mit der Haltung des Westens zu tun: einerseits ist man für demokratische Selbstbestimmung der Völker, aber bitte schön nur dann, wenn es uns ins geostrategische Konzept passt. Wenn die Falkland Inseln zu Großbritannien wollen, hurra, bei der Krim ist das ein Bruch des Völkerrechts – aber niemand zweifelt im Ernst daran, bei aller möglichen Kritik am Wahlprozedere auf der Krim, dass eine überragende Mehrheit der Bevölkerung dort wirklich zu Russland will.

    Es ist diese Doppelmoral, die die Schwellenländer der westlichen Politik zurecht vorwerfen. Jetzt deutet vieles darauf hin, dass nach dem vermeintlichen Ende des Kalten Krieges nun ein “Kalter Krieg 2.0″ bevorsteht: politisch motivierte Handelsbeziehungen, Sanktionen, Embargos etc. Und er gewinnt sein Eskalationspotential aus zwei Stoßrichtungen:

    1. Aus der absehbaren Abkühlung der Ökonomien der Schwellenländer, die insbesondere im Falle Chinas zu einem Crash führen kann (extreme Kredithebelung der Pump-Wirtschaft, erste Pleiten, Yuan-Fall, schwache Konjunkturdaten etc.). Wirtschaftlicher Abstieg begünstigt Aggressivität nach außen, schon um nach innen die Reihen durch ein plausibles Feindbild fest zu schließen. Russland hingegen erinnert an Deutschland vor genau 100 Jahren: auch Deutschland fühlte sich eingekreist, machte eine Trauma-Erfahrung durch die Niederlage im Ersten Weltkrieg und verstand nicht, dass der Krieg verloren war, schließlich standen deutsche Truppen zum Zeitpunkt der Kapitulation noch tief in Frankreich. Russlands Trauma ist die Auflösung des Sowjetreichs – die Krim-Annexion lindert hier den Phantom-Schmerz etwas. Daher sind die Zustimmungswerte zu Putin in Russland derzeit überragend.

    2. Aus einer geistigen Frontstellung zwischen dem Westen einerseits, und “dem Osten” andererseits. Während im Westen das Individuum im Vordergrund steht, ist es im Osten das Kollektiv – und das hat weitreichende Auswirkungen für die jeweilige Sicht auf die Welt.

    Wenn wir den Konflikt deeskalieren wollen, sollten wir uns klar machen, wo unsere Unterschiede sind – und woher sie kommen. Nur dann sind wir in der Lage, Lösungsmodelle zu finden, die den Ansprüchen und der Weltsicht sowohl des Westens als auch des Ostens genügen können. Und was der Westen jetzt am Dringendsten dafür braucht, ist Selbstreflexion! Wir müssen uns klar machen, welche geistigen Voraussetzungen wir haben.

    Die Grundlage der abendländisch-westlichen Kultur ist die jüdisch-christliche Zivilisationsidee, kulminierend im Begriff der “Menschenrechte”. Aufgrund einer historischen Grenzerfahrung entwickelte das kleine jüdische Volk in der frühen Antike die Vorstellung, es gäbe nur einen einzigen Gott (in allen anderen Kulturen gab es zahlreiche Götter), dessen Abbild der (Individual-)Mensch ist. Gibt es nur einen einzigen Individualgott, wird der einzelne Mensch als sein Abbild selbst latent göttlich – und darf daher nicht getötet werden. Während alle anderen Kulturen in der Antike etwa bedenkenlos behinderte Kinder töteten, wurde der einzelne Mensch so als Schöpfung und Abbild Gottes tabu: “Du sollst nicht töten”.

    Die Individualisierung des Göttlichen führte also zur Vergöttlichung des Individuums – mit der Figur Jesus Christus (hebräisch: Jeschua heißt übersetzt “Heil”) wird dann Gott gleichsam selbst Mensch. Das ist die Quelle, aus der sich unsere Vorstellung dessen speist, was wir als “Menschenrechte” verstehen. Der Siegeszug des Christentums hat diesen Gedanken tief in der westlichen Kultur verankert.

    Dieser Idee aber stehen östliche Kulturen verständnislos gegenüber, weil hier das Kollektiv die entscheidende Bezugsgröße ist und das Individuum, anders als im Westen, nicht “göttlich” aufgewertet ist. Entscheidend ist, was gut für das Kollektiv ist – daher prallen westliche Appelle nach (individuellen) Menschenrechten an China regelmäßig ab. Wer dem Kollektiv schadet, muss aus dem Kollektiv entfernt werden – die Todesstrafe ist daher etwa im Reich der Mitte weitgehend unhinterfragt.

    Seit etwa 500 Jahren regiert der Westen die Welt – und das ist die Folge der Dynamik, die entsteht, wenn Gesellschaften ihren Ausgangspunkt im Individuum haben und sich so von unten organisieren, also nicht zentral gelenkt werden. Die geniale Idee des Einzelnen ist im Westen ein Höchstwert, daher entstand eine Innovationsdynamik, die im Osten so nicht stattgefunden hat. Denn dort ist die Tradition alles, im Konfuzianismus etwa ist das Kopieren des Meisters der Höchstwert. Dass etwa China seit den 1980er-Jahren zur Wirtschaftsmacht aufgestiegen ist, liegt im wesentlichen daran, dass man erfolgreich das kopiert, was sich im Westen als technisch effektiv gezeigt hat. Was man aber nicht übernehmen möchte, ist das westliche Bild vom Menschen.

    Und dafür sollten wir im Westen Verständnis haben. Wir glauben, unsere Zivilisationsidee sei die einzig Richtige, schließlich sind wir dadurch Technologie-Führer etc. - genau hierin liegt die anmaßende Arroganz des Westens, der andere Kulturen latent demütigt und dort als aggressiv wahrgenommen wird. Wir sind uns also unseres eigenen Aggressionspotentials, das sich aus unserer Überheblichkeit speist, nicht wirklich bewusst, glauben uns immer auf der Seite des Rechts. Daher müssen wir uns zurücknehmen und akzeptieren, dass andere mit uns auf Augenhöhe sind. Und vor allem: wenn wir universale Ansprüche auf Menschenrechte, Demokratie, Selbstbestimmung der Völker etc. erheben, dann sollten wir sie auch selbst ernst nehmen – nur nicht dann, wenn es uns politisch in den Kram passt! Fehlt uns diese Einsicht, wird es bald sehr ungemütlich, politisch und ökonomisch. Dann kommt der Kalte Krieg 2.0 mit aller Kraft auf uns zu..




    Markus Fugmann
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    Markus Fugmann ist Chefanalyst der actior AG und Redakteur bei www.finanzmarktwelt.de. Die actior AG bietet Selbsthändlern die Möglichkeit, an allen gängigen Märkten der Welt im Bereich CFDs, Futures, Aktien und Devisen zu Top-Konditionen zu handeln. Darüber hinaus erhalten Kunden kostenlose Informationsabende, Seminare, One-to-One Coaching, allgemeine Einführungen in die Handelsplattformen und Märkte.
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    Verfasst von Markus Fugmann
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