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    Meinung  2462  0 Kommentare Die Schlinge zieht sich zu

    Gestern ist auf europäischer Ebene eine weitreichende Vereinbarung zwischen Europäischem Parlament, EU-Kommission und Rat zur Bankenabwicklung in Europa getroffen worden, die Folgen noch in diesem Jahr haben wird.  Der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso kann zufrieden sein. So auch seine offizielle Stellungnahme: „Die heutige politische Vereinbarung zum einheitlichen Abwicklungsmechanismus vollendet unsere Bankenunion. Dies wird Vertrauen und Stabilität in den Finanzmärkten stärken und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft wiederherstellen. Wir haben versprochen, dies vor den Europawahlen zu tun. Ich bin sehr erfreut, dass wir dieses Versprechen erfüllt haben.” 

    Worum geht es? Es geht darum, wer die Lasten der Bankenschieflagen in Europa tragen soll: die Eigentümer und die Gläubiger oder die Sparer und die Steuerzahler. Es geht um viel Geld. Letzte Woche habe ich hier an dieser Stelle über die Schuldensituation der spanischen Banken im Zuge der dortigen Immobilienkrise geschrieben. Danach stehen rund 17 Prozent des Kreditvolumens – rund 250 Mrd. Euro – an den Privatsektor im Feuer. Hohe Wertberichtigungen für den spanischen Bankensektor sind unausweichlich, die deren Eigenkapital im Winde verwehen lässt. In den anderen Krisenländern sieht es nicht viel besser oder sogar schlimmer aus. In Zypern wird jeder zweite Kredite (!) nicht ordnungsgemäß zurückgezahlt. Die klassische Lehre lautet: So lange die Banken nicht mit frischem Kapital ausgestattet werden, solange werden keine neuen Kredite durch den maroden Bankensektor ausgereicht und solange wird es keinen neuen Wirtschaftsfrühling in diesen Ländern geben. Da es keine privaten Kapitalgeber gibt, die in ein marodes Banksystem frisches Geld geben wollen, bleibt nur der Staat, die Sparer oder die Insolvenz der Institute.

    Da Letzteres ausgeschlossen wurde, hatten die Eurostaaten mit einem überschuldeten Bankensektor von Anfang an nur ein Ziel: Sie wollten an ihren Staatshaushalten vorbei, die „Vitalisierung“ ihres Bankensektors durch das Geld der anderen Staatshaushalte und der Sparer in Europa vorantreiben.

    Angela Merkel hat dieses Zugeständnis bereits sehr früh gemacht. Am 29. Juni 2012 stimmte sie beim Europäischen Rat in Brüssel zu „sobald unter Einbeziehung der EZB ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets eingerichtet worden ist, hätte der ESM nach einem ordentlichen Beschluss die Möglichkeit, Banken direkt zu rekapitalisieren.“ Dieser entscheidende Satz in der Gipfelerklärung war die Eintrittskarte für die sogenannte Bankenunion aus einheitlicher Bankenaufsicht, Einlagensicherung und Abwicklungsmechanismus für in Schieflage geratene Banken in Europa.

    Die Bankenaufsicht soll unter dem Dach der EZB bis Ende dieses Jahres stehen. Die Bankenabwicklung und die europäische Einlagensicherung wurden gestern abschließend eingestielt. Damit geht eine lange, liberale Tradition zu Ende, die mit dem Genossenschaftswesen und Namen wie Hermann Schulze-Delitzsch und Eugen Richter verbunden war. Glaubten die Volks- und Raiffeisenbanken noch, ihr seit dem 19. Jahrhundert stolzes Modell der Selbstorganisation und der gegenseitigen Notfallhilfe im Verbund der Volks- und Raiffeisenbanken würde sie vor dem Zugriff eines paternalistischen Europas schützen, sind sie seit gestern eines Besseren belehrt. Ebenso geht es den Sparkassen. Auch sie dachten, dass sie nicht für Bankenschieflagen in Europa zur Kasse gebeten werden. Jetzt geht es viel schneller. Ein Fonds der in den ersten acht Jahren mindestens 55 Mrd. Euro von allen Banken in Europa einsammeln wird, soll bereits in den ersten zwei Jahren mit 33 Mrd. Euro befüllt werden. Er soll auch kapitalmarktfähig werden, das heißt, er kann sich verschulden. Vielleicht bekommt er auch noch eine eigene Banklizenz und damit die Eintrittskarte, um sich bei der EZB frisches Geld durch die Teilnahme an sogenannten Tendergeschäften zu besorgen. Dann könnte der Abwicklungsfonds Anleihen begeben, um frisches Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen, aber sich gleichzeitig auch direkt bei der EZB frisches Geld besorgen.

    Ich gehe davon aus, dass es im zweiten Halbjahr sehr schnell gehen wird. Erst stellt die EZB per Beschluss fest (im Zweifel per Mehrheit), dass eine Bank abgewickelt bzw. mit frischem Eigenkapital ausgestattet werden muss und anschließend stellt der Ausschuss des einheitlichen Abwicklungsmechanismus die notwendigen Mittel aus dem Abwicklungsfonds (im Zweifel per Mehrheit) bereit. Wenn jetzt noch die direkte Hilfe für Banken aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM möglich wird, dann hat sich die Schlinge entgültig zugezogen.





    Frank Schäffler
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    Frank Schäffler (FDP) ist als klassischer Liberaler ein Kritiker der Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung und des geldpolitischen Kurses der EZB. Der Autor veröffentlicht wöchentlich seinen Weblog, den man hier auf seiner Homepage anfordern kann.
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    Verfasst von 2Frank Schäffler
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