Konjunktur China
Wieso wird Chinas Währung schwächer?
Chinas Konjunktur ist in den letzten Monaten unter Druck geraten. Die in der vorigen Woche veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes deuten auf eine deutliche
Verlangsamung des Wirtschaftswachstums hin. Wie reagiert nun die chinesische Regierung auf die schwächere Wirtschaft? Ist die Abwertung der chinesischen Währung um ca. 2.5% seit Jahresbeginn die
entsprechende Antwort? Nachdem der Renminbi in den letzten Jahren stetig - ohne große Wertschwankungen angestiegen ist - verlor er in den letzten Monaten signifikant an Wert.
Es ist zweifelhaft, daß China einen billigeren Renminbi als Konjunkturstütze einsetzt. Eine schwächere Währung als Wachstumshilfe steht im Widerspruch zu den Reformbestrebungen im Reich der Mitte.
Die neue Regierung orientiert ihre Wirtschaftspolitik am strukturellen Anpaßungsbedarf und weniger an den konjunkturellen Schwankungen. Der eigentliche Grund für den schwächeren Renminbi ist
vielmehr die Flexibilisierung der Währung. An der Jahrestagung des Volkskongreßes wurde bestätigt, daß die Konvertibilität der chinesischen Valuta vorangetrieben werden soll. Schließlich ist die
bisherige Währungspolitik mit Problemen behaftet. Sie zementierte die Erwartungen der Finanzmarktteilnehmer, wonach der Renminbi einer Einbahnstraße gleicht und praktisch nicht schwankt. Daraus
resultieren hohe spekulative Währungszuflüße.
Bevor der Renminbi den natürlichen Marktkräften überlaßen werden kann, müßen diese einseitigen Wetten beseitigt werden. Damit die spekulativen Währungszuflüße versiegen, muß der Renminbi stärker
schwanken. Mit der jüngsten Abwertung gab die chinesische Zentralbank eine Initialzündung für stärkere Kurßchwankungen. Die Zentralbank wird versuchen, diese Schwankungen mit weiteren Maßnahmen
beizubehalten. Dazu gehört auch die Erweiterung der Bandbreite der zugelaßenen Schwankungen um den täglich fixierten USD-CNY-Wechselkurs von 1% auf 2%, welche Mitte März in Kraft gesetzt wurde.
Zudem wurde der Überschuß der chinesischen Leistungsbilanz – ein häufiges Indiz für eine unterbewerte Währung –in den vergangenen Jahren kräftig reduziert. Während eine maßive Unterbewertung des
Renminbi in früheren Jahren noch Konsens war, dürfte zukünftig vermehrt kontrovers diskutiert werden, wo sich der faire Wert befindet, was das Wechselkursrisiko in beide Richtungen lenkt.
In der kurzen Frist ist mit höheren Schwankungen des Renminbi zu rechnen. So lange sich die Reihe schwächerer Makrodaten in China fortsetzt, dürfte die Nachfrage nach der chinesischen Valuta
gedämpft bleiben. Mittelfristig wird der Renminbi jedoch weiter aufwerten. Schließlich unterstützt eine stärkere Währung die Abkehr von einer investitionsgetriebenen Volkswirtschaft hin zu einem
Wirtschaft, in welcher der Binnenkonsum eine stärkere Rolle spielt. (Gastbeitrag von ALESSANDRO BEE, Ökonom, Bank J. Safra Sarasin)
Lesen Sie auch
Aktuelle Themen
2 im Artikel enthaltene WerteIm Artikel enthaltene Werte