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    Geldpolitik  1196  0 Kommentare Wieso besitzen die Zentralbanken solch enorme Bedeutung für die Finanzmärkte?

    Letzte Woche publizierte die US-Notenbank Fed das Protokoll ihrer März-Sitzung. Die Aufzeichnungen zeigten, daß die Währungshüter der USA die Leitzinsen doch länger tief halten möchten wie von den Kapitalmärkten gleich nach der Sitzung vom 19. März interpretiert. Auch wenn es sich hierbei nur um Nuancen handelt, so reagierten die Renditen von Staatsanleihen prompt auf die Veröffentlichung des Protokolls und notieren heute signifikant tiefer als vor Wochenfrist. Die außerordentliche Fixierung der globalen Obligationen- und auch Aktienmärkte auf die Zentralbanken – insbesondere das Fed – ist doch erstaunlich. Wieso besitzen die Zentralbanken im Moment diese überragende Bedeutung für die Finanzmärkte? 
     
    Um diese Frage zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die gegenwärtige wirtschaftliche Situation der Industrieländer. Die letzten fünf Jahre standen im Schatten von zwei Krisen. In den USA brachte ein Crash im Häusermarkt die Wirtschaft beinahe zum Erliegen, in Europa stürzte die Schuldenkrise viele Volkswirtschaften in eine lange Rezeßion. Heute zeichnet sich langsam das Ende dieser zwei großen Krisenherde ab. Damit stellt sich aber auch die Frage, wie sich das Wirtschaftswachstum und die Zinsen in der Zukunft – in den nächsten fünf bis zehn Jahren - entwickeln werden. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die gegenwärtige Unterauslastung in den Industrieländern – die sogenannte Outputlücke. In der Regel ist diese im Vergleich zum Potenzialwachstum relativ bescheiden und spielt für die längerfristige Wirtschaftsentwicklung eine untergeordnete Rolle. Nach der tiefen Krise der letzten Jahre stellt sich die Lage aber heute anders dar. Die Outputlücke in den meisten industrialisierten Volkswirtschaften klafft noch immer weit auseinander. Ob sich diese Lücke schließen läßt und wie viel Zeit das in Anspruch nimmt, wird in den nächsten Jahren das Wachstum und die Zinsen entscheidend prägen. 
     
    Der Schlüßel zur Eliminierung der Outputlücke liegt in den Händen der Zentralbanken. Um die Unterauslastung der Wirtschaft zu beenden, muß das Wachstum durch die Geldpolitik zusätzlich stimuliert werden. Die Zentralbanken der Industrienationen sind gezwungen in naher Zukunft die Volkwirtschaften noch stark zu stützen, aber später im richtigen Augenblick die Geldpolitik auch wieder einzuschränken. Gelingt diese Gratwanderung nicht, so droht entweder eine deflationäre Entwicklung – wenn die Leitzinsen zu früh angehoben werden – oder aber eine inflationäre Entwicklung, falls die Leitzinsen zu spät erhöht werden. Die entscheidende Rolle der Zinspolitik erklärt denn auch den großen Fokus der Finanzmärkte auf jedes noch so kleine Signal der Zentralbanken. Die heutige Geldpolitik entscheidet darüber, welche Richtung das Wachstum in den nächsten Jahren einschlägt. (Gastbeitrag von ALESSANDRO BEE, Ökonom, Bank J. Safra Sarasin)
     





    Alessandro Bee
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    Alessandro Bee promovierte am Wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Universität Basel und absolvierte gleichzeitig mehrere Lehrgänge am Studienzentrum der Schweizerischen Nationalbank in Gerzensee. Im Jahr 2006 trat er in die Bank J. Safra Sarasin ein und ist als Ökonom und Fixed Income Strategist für Konjunktur- und Zinsprognosen verantwortlich. Im Jahr 2011 baute er für die Bank J. Safra Sarasin in Hongkong ein Economic Research auf.
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    Verfasst von 2Alessandro Bee
    Geldpolitik Wieso besitzen die Zentralbanken solch enorme Bedeutung für die Finanzmärkte? Letzte Woche publizierte die US-Notenbank Fed das Protokoll ihrer März-Sitzung. Renditen von Staatsanleihen reagieren prompt auf die Veröffentlichung. Die erhebliche Fixierung der globalen Obligationen- und auch Aktienmärkte auf die Zentralbanken ist erstaunlich.

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