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    SIW 24/2014  1260  0 Kommentare „Faul, dumm, gierig und schwach“

    Warum wir uns selbst nicht trauen können

    Fehlender Sinn für Risiken

    Am 27. Mai gab es in der Evangelischen Stadtakademie München einen interessanten und aus Anlegersicht höchst relevanten Vortrag von Prof. Dr. Gerd Gigerenzer zum Thema „Die Psychologie des Risikos – wie man die richtigen Entscheidungen trifft“. Prof. Gigerenzer ist Psychologe, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Direktor des Harding Zentrums für Risikokompetenz – ein Mann also, der weiß wovon er spricht. Intensiv hat er die Menschen und deren Verhalten im Umgang mit Risiko und Unsicherheit erforscht. Und so kam es im Publikum zu manchem Aha-Erlebnis und beifälligem Nicken, als er den Zuhörern humorvoll den Spiegel vorhielt: „Bei jeder neuen Krise ängstigen wir uns, bis wir sie vergessen und uns wegen der nächsten ängstigen.“

    Wenn wir einen Moment innehalten, dann wundern wir uns selbst über solche Marotten. Im Getriebe und Stress des Alltags aber haben wir dieses Wissen meist nicht und schon gar nicht abrufbar. Im Ergebnis verhielten sich die Menschen deshalb nicht nur irrational, sondern sogar geradezu vorhersagbar irrational. Das zeigt sich in den Reaktionen auf Krisen – egal ob Finanzcrash, Schweinegrippe oder Terroranschlag –, die immer ähnlich ablaufen: Bessere Technologie, mehr Bürokratie und strengere Gesetze. Aber reicht das, um die nächste Krise zu verhindern? Ist es überhaupt der richtige Ansatz?

    Fehlende Risikokompetenz

    Das britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“ habe einmal geschrieben, dass Menschen „faul, dumm, gierig und schwach“ seien. Wer sich nun zurücklehnt und denkt, das beträfe vor allem „die anderen“, den holt Gigerenzer schnell in die Realität zurück: „Das sind wir!“ Für Börsianer mag diese Charakterisierung sogar noch besser zutreffen als für den Bevölkerungsdurchschnitt – vor allem was den Gier-Faktor bei der Jagd nach Rendite betrifft. Der Mensch als willenloser Sklave seiner Wünsche?!

    Absurde Selbstwahrnehmung

    Auch die statistischen Fehleinschätzungen von Menschen sind beachtlich: Ein Fünftel der Amerikaner glaubte beispielsweise zu den 1% Höchstverdienenden des Landes zu gehören. Ein weiteres Fünftel ging davon aus, dass es bald dazugehören werde. Ähnlich absurde Selbsteinschätzungen sind auch von Autofahrern bekannt, bei denen sich regelmäßig weit mehr als die Hälfte für überdurchschnittliche Kraftfahrzeuglenker hält. Auch vor Anlegern macht die Selbstüberschätzung keinen halt. Irgendetwas scheint also mit uns falsch zu sein. Den Namen „homo sapiens“ verdienten wir laut Gigerenzer daher eigentlich nicht – eher schon den Titel „homo Simpsons“.

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    Verfasst von 2Ralf Flierl
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