BoE - Zinsentscheid
Ein starkes Pfund… Kurskorrektur des Sterling voraus?
Die letzten Konjunkturdaten in Großbritannien sind stark. Nun scheinen die Zeichen auf der Insel mehr denn je auf Zinserhöhung zu stehen.
„Es scheint keinen Grund mehr zu geben, warum irgendjemand der BOE im Weg stehen wollte“, zitiert das „Wall Street Journal Deutschland“ Mike Amey, Leiter der Sterling-Anlagen bei der Vermögensverwaltung
Pacific Investment Management Co. Gründe, die für eine Zinserhöhung sprechen, gibt es reichlich. Ursprünglich hatte die Bank of England – und allen voran ihr
Chef Mark Carney - angekündigt, wieder intensiver über eine Zinserhöhung zu diskutieren, sobald die Arbeitslosenquote unter sieben Prozent liegt (siehe hier). Diese Marke wurde Daten von "statista" zufolge jedoch bereits im Januar 2014
unterschritten. Im Februar dann brach Carney mit seinen ursprünglichen Aussagen. Die Zinsen wurden nicht erhöht.
Doch seitdem sind die Entwicklungen nicht minder positiv. Auch im Februar und März sank die Arbeitslosenquote auf der Insel weiter, die britische Wirtschaft wächst und auch die Inflationsrate ist –
im Gegensatz zu der stagnierenden Inflationsrate in der Euro-Zone – ihrem Zielwert von zwei Prozent nahe gekommen. Einer Pressemitteilung von "eurostat" zufolge lag sie im April bei 1,8 Prozent. Damit sei die britische
Inflationsrate zwischen März und April erstmals seit Juni 2013 gestiegen, schreibt WSJ. Dazu kommt, dass Carney bei seiner Lobesrede vergangene Woche bereits andeutete, dass die Zinsen früher als
erwartet wieder steigen könnten.
Kritik am starken Pfund
Lesen Sie auch
Das alles klingt so gut, aber… Gleichzeitig sorgt der Aufschwung des britischen Pfunds keineswegs für ausschließlich positive Stimmung, berichtet das Journal: Zwar kurbele dieser Aufschwung durch
billigere Importe den Binnenkonsum an, doch erschwere er auch den so wichtigen Export vieler Unternehmen. Denn mit dem steigenden Pfund werden auch die exportierenden Güter und Dienstleistung der
britischen Unternehmen im Ausland weniger erschwinglich. Doch gerade der Export mache 75 Prozent der Umsätze von den im britischen Leitindex FTSE 100 notierten
Unternehmen aus, sagte dem Bericht zufolge Nick Nelson, leitender Aktienanalyst der Bank UBS. Die Argumente sind also denen innnerhalb der Euro-Zone sehr ähnlich.
Dementsprechend besorgt schauen Anleger auf die weitere Entwicklung des britischen Pfunds. Steigt der Pfund noch weiter, könnten die Kurse britischer Aktien bald fallen. „Sollte der Sterling von
jetzt an stark steigen, könnte sich die Angst verbreiten, dass der Aufschwung möglicherweise in Gefahr ist“, zitiert das "Wall Street Journal Deutschland" David Tinsley, Volkswirt bei der Bank BNP
Paribas. Erste Unternehmen teilten bereits mit, der stärkere Pfund habe ihre Gewinne belastet, heißt es. Allerdings sorgt Tinsley auch zugleich für leichte Entwarnung: „Aber wenn man bedenkt, dass
die Währungsstärke größtenteils das kräftige Wirtschaftswachstum widerspiegelt, sollte sich das größtenteils selbst korrigieren.“
Wohin geht der Pfund bei Zinserhöhung?
Wie reagiert jedoch der Pfund auf eine Zinserhöhung? Am Montag stieg der Kurs des britischen Pfundes auf ein 5-Jahres-Hoch und überschritt dabei die Grenze von 1,7 US Dollar, schreibt das Journal
mit Verweis auf die Marktanalysefirma CQG. Scott DiMaggio, Festzinsstratege beim Vermögensverwalter Alliance Bernstein sagt dem Bericht zufolge, die mögliche Zinserhöhung sei bereits in den hohen
Kurs des britischen Pfundes inkludiert. Insbesondere die Lobeshymnen von Carney auf das Pfund hätten zu dem Rekord-Hoch beigetragen, heißt es. Deswegen sei nicht davon auszugehen, dass der Kurs
nach einer etwaigen Zinserhöhung der BOE noch weiter steigt.
Das britische Pfund seit Anfang 2007 im Chart:
Anderes Szenario: Steht der Höhenflug des Pfunds schon wieder kurz vorm Ende?
Überhaupt könnte die Stärke des Pfund schnell ein Ende haben, berichtet die „Welt“. „In den vergangenen Monaten hat die britische Währung unter allen Devisen der Industrieländer am stärksten zugelegt“, zitiert die Zeitung Jim Leaviss, Anlagestratege
bei der britischen Fondsgesellschaft M&G. Das britische Pfund sei „massiv überbewertet“, sagt er. Zum Problem werden könnte, dass insbesondere die lockere Geldpolitik der Bank of England zum
Wachstum beigetragen hat, schreibt die Zeitung und zitiert den Chefanlagestrategen beim Schweizer Vermögensverwalter Pictet, Alfred Roelli: „Ich bin langfristig von Großbritanniens
Wirtschaftsaufschwung nicht überzeugt.“ Und: „Wenn jetzt die Zinsen erhöht werden, kann das alles sehr schnell drehen.“
Ein weiteres Problem sei das hohe Leistungsbilanzdefizit von Großbritannien. Das bedeutet: Die Importe sind deutlich höher als die Exporte. Um die Differenz auszugleichen muss auch Kapital
importiert werden, was wiederum dafür sorgt, dass der Pfund so stark ist, berichtet die „Welt“.
Doch diese Politik ist riskant. „Jedes Mal in der Vergangenheit, wenn unser Land ein derart hohes Leistungsbilanzdefizit aufwies, kam es zu einem Sterling-Crash“, zitiert die Zeitung Leaviss.
Auch an Anlässen für eine Kurskorrektur – oder negativer: einen Crash – mangele es nicht, sagt Leaviss. „Wenn Schottland bei dem Referendum im Herbst für die Unabhängigkeit stimmt, dann könnte
dies der entscheidende Auslöser für einen Absturz des Pfunds sein“, so Leaviss. Doch nicht nur das: „Gewinnt Labour, die derzeit eine sehr linksgerichtete Politik propagieren [die kommenden
Parlamentswahlen], dann ist das schlecht für die Wirtschaft. Gewinnen dagegen die Konservativen, dann kommt bald darauf das Referendum über einen Austritt aus der EU“, zitiert die Zeitung den
Anlagestrategen.
Aktuelle Themen
Weitere Artikel des Autors
2 im Artikel enthaltene WerteIm Artikel enthaltene Werte