Charttechnik kontra Geopolitik
Gestern erhielt ich eine Mail, deren Beantwortung generell von Interesse sein könnte.
Der Verfasser schrieb unter anderem folgendes: „[…] Es geht mir nicht um eine grundsätzlich Ablehnung von Chartanalysen. […] Aber, und das ist mein genereller Kritikpunkt, wenn man diese detaillierte und rein technische Analyse und Trendprognose ohne Verweis auf marktbeherrschende politische Situationen darstellt, ist das unzureichend für die Leser.“
Weniger Einfluss als gedacht
Es stimmt, es mag ein unbefriedigendes Gefühl entstehen, wenn wir im Steffens Daily und den anderen Börsendiensten die geopolitischen Aspekte eher untergeordnet betrachten. Der Grund dafür ist aber sehr einfach: Die geopolitischen Faktoren sind oft eben nicht „marktbeherrschend“. Sie haben weitaus weniger Bedeutung für die Börsen, als viele vermuten. Man sieht es ja gestern. Es wurden klare bearishe Signale ausgebildet, aber plötzlich steigen die Märkte wieder – trotz aller Krisen. Und schon suchen die gleichen Journalisten, die vor kurzem noch Antworten auf die Frage, warum die Kurse nun fallen, gefunden hatte, nach Gründen, warum sie gestern steigen.
Die gestern genannten Gründe als Beispiel
Angeführt wird gestern, dass es eine leichte Entspannung in der Ukraine gegeben hätte, da die Separatisten die Black Box der abgeschossenen Boeing übergeben hätten und Wladimir Putin auf die Separatisten einwirken will, damit eine vollständige Aufklärung möglich wird. Gut, aber damit ist die Krise in der Ukraine nicht beseitigt und auch die anderen Krisen gehen unvermindert weiter. Und da dies als Argument für fallende Kurse einigen anderen Analysten ebenfalls zu dünn war, wurden auch noch die Kursgewinne mit der positiven Berichtssaison in den USA begründet. Und auch das stimmt nur teilweise – die Ergebnisse der US-Unternehmen sind eher gemischt ausgefallen.
Ich kann immer nur schreiben, dass Sie einen großen Fehler machen, wenn Sie wirklich glauben, dass diese Ereignisse oder gar die Nachrichten darüber die Kurse nachhaltig beeinflussen und diese Faktoren zu sehr in ihre Analysen mit einbeziehen. Dies führt zu falschen Ergebnissen – immer und immer wieder. Zudem werden die US-Indizes bisher nahezu überhaupt nicht von diesen Faktoren beeinflusst.
Die sommertypischen Fehlsignale
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Wichtiger ist tatsächlich, so unbefriedigend das auch sein mag, dass der DAX mit der 10.000er Marke kämpft und wir uns zudem noch in den Sommermonaten Juli/August befinden. In diesen Monaten sind nach langjähriger Erfahrung die Kursbewegungen meist sehr unzuverlässig und das unabhängig von den geopolitischen Einflussfaktoren. Das hat unter anderem mit den oft niedrigeren Umsätzen zu tun.