Sparersteuer
65 Prozent erwarten Zwangsabgabe auf Sparguthaben auch in Deutschland
Am 4. Juli trat Spaniens Vizeministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaria vor die Presse und verkündete das Inkrafttreten eines Gesetzes von erheblicher Tragweite: Alle Sparguthaben in Spanien
werden mit einer Steuer von 0,03 Prozent belegt. Um mögliche Kapitalflucht auszuschließen, gelte die Abgabe rückwirkend zum 1. Januar 2014. Im Gegensatz zur bisherigen Handhabe, Kleinsparer von
einer Zwangsabgabe auszuklammern, gilt die Steuer bereits ab dem ersten Cent auf dem Bankkonto.
Währenddessen befand sich Deutschland im WM-Fieber. Der Sprung ins Halbfinale war geschafft und die Sommerferien standen vor der Tür. Wen kümmert da eine Meldung aus Spanien? Doch langsam zog die
Nachricht über die erstmalige Einführung einer Zwangsabgabe auf Bankguthaben im Euroraum ihre Kreise. Das Börsen- und Finanzportal wallstreet:online titelte: „Testballon oder Panikmache: Zwangsabgabe auf Bankguthaben in Spanien
- Droht auch deutschen Sparern Enteignung“. Die Rückmeldungen an die Redaktion waren enorm.
65 Prozent erwarten Zwangsabgabe auf Sparguthaben
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wallstreet:online erreichten viele Fragen von verunsicherten Sparern: Erst bringt der Internationale Währungsfonds (IWF) eine einmalige Zwangsabgabe auf Sparguthaben im Euroraum ins Gespräch. Und
jetzt? Droht nun auch deutschen Sparern eine Zwangsabgabe auf ihr erspartes Geld - ihren Notgroschen?
Diese Verunsicherung nahm wallstreet:online, das führende Diskussionsforum zu Finanz- und Wirtschaftsthemen, zum Anlass und fragte seine Leser: „Denken Sie,
dass es in Deutschland auch zu einer Zwangsabgabe auf Bankguthaben kommen wird?“
Von den insgesamt 2057 Teilnehmern, die an der Befragung mitwirkten, erwarten insgesamt 64,80 Prozent die Einführung einer Sparersteuer auch in Deutschland. Dabei gehen 12,49 Prozent davon aus,
dass diese innerhalb eines Jahres Realität werden könnte. 29,07 Prozent erwarten eine Sparersteuer spätestens bei der nächsten Bankenkrise und 23,24 Prozent halten eine Zwangsabgabe auf
Sparguthaben generell für mittelfristig unausweichlich. 35,20 Prozent sind der Meinung, die deutschen Staatsfinanzen seien solide und die Politik könne auf eine solche Steuer längerfristig
verzichten.
Gibt es Planspiele der deutschen Politik?
Die Umfrage zeigt das Misstrauen der Sparer: Knapp 65 Prozent erwarten die Einführung einer Sparersteuer auch auf Sparguthaben in Deutschland, doch was sagt die Politik zu den Befürchtungen? „Es
gibt im Bundesministerium der Finanzen keine Überlegungen zur Einführung einer neuen Steuer auf deutsche Bankeinlagen,“ ließ ein Sprecher des Bundesfinanzministers gegenüber wallstreet:online
verlauten. Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erklärte: „Dass Spanien nicht auf Geld aus europäischen Töpfen spekuliert, sondern eigene Maßnahmen zur
Konsolidierung der Staatsfinanzen ergreift, halte ich für anerkennenswert. (…) Für eine Debatte über eine Vermögensabgabe egal welcher Art, wie es im Wahlkampf noch von der Opposition gefordert
wurde, gibt es keinerlei Anlass."
Der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE Dr. Axel Troost betonte auf Anfrage von wallstreet:online: „Eine Zwangsabgabe auf Bankguthaben lehnen wir ab. Stattdessen treten wir
für eine Finanztransaktionssteuer ein. Jeder Handel mit Finanzinstrumenten und Devisen sollte mit 0,1 % besteuert werden. Diese Steuer hat auch eine wünschenswerte
regulatorische Wirkung – nämlich Spekulationen zurückzudrängen. Dagegen ist die Zwangsabgabe auf Bankgutachten bloß ein äußerst plumpes Einnahmeninstrument.“
OK - Wir haben ja auch die gesetzliche Einlagensicherung. Oder?
Bei den Bürgern Spaniens wird die neue landesweite Zwangssteuer auf wenig Gegenliebe treffen. Aus diesem Grund sollen die 0,03 Prozent erstmal nicht für jeden Sparer sichtbar vom Konto abgebucht
werden. Vorerst werden die Banken die Sparersteuer aus ihren Gewinnen abführen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Es stehe den Banken allerdings frei, diese Kosten ihren einzelnen Bankkunden
aufzubürden - unabhängig der Vermögenshöhe, ob reich oder arm.
Aber, moment! In Deutschland wie auch den anderen Staaten der Europäischen Union gilt die gesetzliche Einlagensicherung in Höhe von 100.000 Euro. Die ist doch sicher? Da darf keiner ran - oder
doch? Schauen wir mal auf den ersten Testballon: Im August 2013 sollten alle Sparer in Zypern mit einer einmaligen Abgabe auf ihr Vermögen zur Sanierung des Bankensystems herangezogen werden.
Massive Proteste verhinderten jedoch, dass Kleinsparer zur Kasse gebeten wurden. Die Zwangsabgabe auf Bankeinlagen von 20 Prozent griff erst ab einer Summe von 100.000 Euro. Folgt nun mit Spanien
der zweite Testballon?
Vor Augen geführt: Die gesetzliche Absicherung der Einlagen auf der einen Seite bedeutet nicht, dass diese Bankguthaben nicht doch ab dem ersten Cent beteuert werden könnten - auch
in Deutschland.
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