Erpressung durch "Geierfonds"
Argentinien - Schon morgen droht die Staatspleite
Die Uhr tickt. Und mit jedem Ticken rückt das Schreckensszenario namens Staatspleite ein Stück näher. Bis zum morgigen Mittwoch, dem 30. Juli, hat Argentinien Zeit, sich mit Klägern zu
einigen, um so eine Staatspleite zu verhindern.
Dass die Uhr überhaupt tickt, dafür gibt das südamerikanische Land „Geierfonds“ die Schuld. Damit bezeichnet die Regierung in Buenos Aires jene Gläubiger, die bei einem Schuldenschnitt für in
Dollar ausgegebene Anleihen des Landes nicht eingewilligt hatten. Da die Anleihen in Dollar ausgegeben worden waren, zogen die Hedgefonds in New York vor Gericht. Und
erstritten Forderungen in Höhe von 1,33 Milliarden Dollar plus Zinsen, berichtet die „Welt“. Noch bis morgen hat Argentinien Zeit, sich mittels eines Mediators
mit jenen als „erpresserisch“ verschmähten Hedgefonds zu einigen.
Zuletzt überwiegte der Optimismus seitens der Analysten und Investoren, eine Einigung würde in der vorgesehenen Frist erzielt werden können. Laut „Wall Street Journal Deutschland“ gingen die Experten davon aus, Argentinien würde einlenken und die
von den Gläubigern erstrittene Summe zahlen. Dass Argentinien überhaupt bis zur letzten Sekunde pokert und nicht gewillt zu sein scheint, den Gläubigern entgegen zu kommen, liegt an der zusätzlich
schwelenden Gefahr, die die argentinische Regierung fürchtet: Lenkt man ein und zahlt den Gläubigern die geforderte Summe, könnten andere Gläubiger ebenfalls vor Gericht ziehen – und so
Nachzahlungen von bis zu 400 Milliarden Dollar erstreiten.
Verhandlungen scheinen nicht zu fruchten
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Und noch ein weiterer Punkt vermiest den Experten ihren Optimismus: Die Gespräche zwischen den Konfliktparteien kommen nicht voran. Argentinien lehnt direkte Gespräche mit Vertretern der Hedgefonds
strikt ab, berichtet WSJ. Mit dem vom US-Richter eingesetzten Mediator Daniel Pollack, gebe es zwar auch am heutigen Dienstag Gespräche, doch erscheint eine Einigung immer unrealistischer, heißt
es. Jim Craige, Portfoliomanager bei Stone Harbor Investment Partners in New York, kritisiert dem Bericht zufolge die argentinischen Vertreter für ihre Verhandlungstaktik: „Die hätten [am Freitag]
gar nicht erst abreisen dürfen und sollten wahrscheinlich besser für ein Treffen am frühen Montag zu Stelle sein, wenn sie wirklich daran interessiert wären, das über die Bühne zu bringen. Wenn man
verhandeln will, muss man sich doch an einen Tisch setzen und einen Deal raushauen.“
Anleger jedenfalls scheinen nicht mehr an einen solchen Deal zu glauben. „Am Montag verkauften sie in Massen Aktien und Anleihen des Landes“, schreibt WSJ. „Der Markt war bisher optimistisch“,
zitiert das Journal Siobhan Morden, Lateinamerika-Strategin bei Jefferies. Jetzt aber „wird der Markt langsam brüchig. Ich glaube, dass es weiter abwärts gehen wird“, sagt sie. Demnach rechneten
mittlerweile bereits 57 Prozent der Investoren mit einem erneuten Staatsbankrott Argentiniens. Dollar-Staatsanleihen des Landes mit Fälligkeit im Jahr 2033 fielen am Montag auf ein Fünfwochentief,
der argentinische Benchmark-Index Merval verlor während der letzten zehn Handelstage 11,3 Prozent.
Zeichen auf Staatsbankrott - Kleiner Hoffnungsschimmer
Die Zeichen stehen also auf Staatsbankrott. Es wäre Argentiniens zweite Pleite im 21. Jahrhundert. Bereits 2002 hatte eine Wirtschaftskrise zur Bankrotterklärung geführt. Doch es gibt zumindest
kleine Funken Hoffnung. So wolle eine nicht näher genannte Gruppe von Gläubigern erklärt, dem Land durch Verzicht auf die RUFO-Klausel entgegenzukommen. Diese Klausel verbietet es Argentinien,
bestimmte Gläubiger besser zu stellen als alle anderen. Das schreibt die „Welt“ mit Verweis auf die „Financial Times“.