EONIA im Minus
Interbankenzinssatz rutscht ins Negative - Banken erteilen sich Strafzinsen
Anfang Juni dieses Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) Neuland betreten. Als erste große Notenbank erhob sie ein Gebühr auf Geld, das Geschäftsbanken bei ihr parken anstatt es in Form von Krediten an Unternehmen und Verbraucher zu vergeben. Normalerweise ist der Einlagenzins positiv. Doch im Sommer 2012 fiel er auf null Prozent. Im Juni folgte die Einführung eines Negativzinssatzes von minus 0,1 Prozent. Diesen Schritt bezeichnete unter anderen Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), als „Kapitulationserklärung“ und „eine Absage an die Innovationskraft der Menschheit“. Der positive Zins sei das Herz des Kapitalismus (wallstreet:online berichtete).
Jetzt wurde das zweite Kapitel im Buch der Strafzinsen aufgeschlagen: Zum ersten Mal ist am Interbankenmarkt der Zinssatz, zu dem sich die Geldinstitute untereinander Geld leihen, ins Negative gerutscht. Das Prinzip: Ich leihe dir Geld und bekomme dafür einen Zinssatz ist außer Kraft gesetzt. Wie die „Welt“ berichtet, sank das EONIA-Barometer am Donnerstagabend auf minus 0,004 Prozent. D.h. Der Durchschnittszins für Finanztransaktionen zwischen den Banken über Nacht verkehrte sich erstmals ins Negative. Tags zuvor lag er mit 0,011 Prozent knapp über Null. Zum Vergleich: Vor Ausbruch der Finanzkrise schwankte der Interbankenzinssatz EONIA (Euro Over Night Index Average) zwischen zwei und vier Prozent.
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Was bedeutet das für die Verbraucher? Sparguthaben und Tagesgeldkonten werden noch weniger abwerfen. Auch kann dies als Zeichen gedeutet werden, dass sich Sparer langfristig auf extrem niedrige bis keine Zinsen einstellen müssen. Sparen ist längst kein Renditemodell mehr. (Lesen Sie auch: Sparen – Lebensphilosophie oder ökonomisch törichter Akt?) Doch wenn eine Bank das Geld der anderen nur gegen Gebühr annimmt, scheint kurzfristige Liquidität nicht das Problem zu sein, so die „Welt“. Das fehlende Vertrauen in das Funktionieren der Märkte hingegen schon.