Devisenskandal
Mein Kollege, der Spitzel - US-Ermittler lassen Banker von Kollegen ausspionieren
Banken sollen im großen Stil den Devisenskandal manipuliert haben. Die Liste der Verdächtigen liest sich wie ein Who’s Who der Bankenszene. Aber nicht J.P. Morgan, Goldman Sachs oder die Deutsche Bank sollen zur Rechenschaft gezogen werden, sondern einzelne Bankangestellte – und das mithilfe von Stasi-Methoden.
Wenn von Kollegen die Rede ist, die sich gegenseitig ausspionieren und anschwärzen sollen, dann weckt das gerade in Deutschland schmerzhafte Erinnerungen. Doch hier geht es nicht um irgendwelche Stasi-Vergangenheiten, sondern um einen aktuellen Fall in den USA.
Wie das „Wall Street Journal Deutschland“ berichtet, sollen US-Behörden Bankangestellte als Spitzel eingesetzt haben. Diese sollten im Zuge der Ermittlungen um mutmaßliche Devisenmanipulation heimlich Beweise gegen verdächtige Kollegen sammeln. Insiderinformationen zufolge sollen die Spitzel beispielsweise Gespräche mit ihren Kollegen aufgenommen und die Aufnahmen dann den Behörden weitergeleitet haben.
Hintergrund sind Ermittlungen gegen zahlreiche Banken weltweit, die verdächtig werden, den Devisenmarkt manipuliert zu haben. Dazu gehören neben US-Großbanken wie J.P. Morgan Chase & Co., Goldman Sachs Group und der Citigroup nach Angaben des „Wall Street Journal Deutschland“ auch europäische Banken wie die Deutsche Bank, BNP Paribas, Barclays, HSBC, Standard Chartered und UBS. Sie sollen vorsätzlich Währungskurse auf dem Devisenmarkt manipuliert haben.
Libor-Skandal gab den Anstoß
Auf diesen möglichen Devisenskandal aufmerksam wurden die Behörden durch einen ganz anderen Skandal. Bei Ermittlungen im Rahmen des so genannten Libor-Skandals, bei dem zahlreiche Banken, darunter auch die Deutsche Bank, den wichtigen Referenzzins Libor manipuliert haben, stießen die Ermittler demnach auf Hinweise, dass es auch auf dem Devisenmarkt zu Manipulationen gekommen sein könnte. Die betroffenen Banken bemühen sich seither um Schadensbegrenzung, indem sie mit den Behörden kooperieren. Laut dem Bericht gibt es sowohl in Großbritannien als auch in den USA seit geraumer Zeit Gespräche zwischen den Banken und den Behörden. Demnach könnte es bereits Ende des Jahres zu einem Vergleich kommen.
Während also die großen Banken wahrscheinlich – wieder einmal – mit einem blauen Auge davonkommen werden, konzentrieren sich die Ermittler stattdessen auf einzelne Bankangestellte. Nicht die Banken, sondern sie sollen vor Gericht für die mutmaßliche Devisenmanipulation zur Verantwortung gezogen werden. Ziel der Ermittlungen sei es daher, die Beweislage einem großen Geschworenengericht vorzulegen, damit dieses einzelne Händler strafrechtlich anklagen könne, schreibt das „Wall Street Journal Deutschland“. Dazu zählen auch jene Beweise, die von den Spitzel-Kollegen gesammelt wurden. Ob unter den Angeklagten auch Mitarbeiter der oberen Hierarchieebenen sein werden, ist aber noch nicht klar.