Eurokrise
EZB schickt Fiskalpolitker an die Front
Es klang fast wie ein Hilfeschrei Mario Draghis; Beim jährlichen Treffen der Notenbanken im amerikanischen Jackson Hole beklagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) ein gefährliches Absinken der Inflationserwartungen. Die EZB werde dem mit allen zur Verfügung stehenden Instrumenten entgegentreten. Zugleich bat Draghi aber auch um mehr Unterstützung seitens der Fiskalpolitik, weil die Maßnahmen seinerNotenbank sonst verpufften.
Die Botschaft ist klar: Die Europäische Zentralbank ist, wie schon Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jüngst feststellte, am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen. Denn während in den USA die Wirtschaftsdaten weiterhin Anlass zur Hoffnung geben, enttäuschen die Konjunktur- und Inflationsdaten in der Eurozone auf breiter Front. Das Wachstum auf dem Alten Kontinent stagnierte im zweiten Quartal, und die Aussichten für das restliche Jahr haben sich nicht verbessert.
Riecht der Rentenmarkt Rezession?
So verheißt ein viermal in Folge gesunkener ifo-Index nichts Gutes für die deutsche Wirtschaft. Auch in Frankreich und Italien herrschen weiterhin Stagnation und Reformunfähigkeit. Zudem wird der Konflikt in der Ukraine mit der scheinbar unvermeidlichen Sanktionsspirale das Vertrauen und die Handelsaktivitäten weiter beeinträchtigen. Zu allem Überfluss sind die Inflationsraten auf ein Fünf-Jahres-Tief von 0,3 Prozent auf Jahresbasis gefallen. Aufgrund dieser deflationären und rezessiven Tendenzen sind die Anleiherenditen weiter auf Talfahrt: Renditen von unter einem Prozent für die zehnjährige Bundesanleihe erinnern klar an japanische Verhältnisse.
Monetäre Maßnahmen versagen
Aus Draghis Sicht ist das Problem klar zu fassen: Euroland hat ein gesamtwirtschaftliches Nachfrageproblem – und diesem Problem hat die EZB wenig entgegenzusetzen. Die Leitzinsen sind schon bei nahe null, die Banken sind mit billigen Krediten überversorgt, und die Zinsen langlaufender Staatsanleihen sind derart eingebrochen, dass mögliche Aufkäufe seitens der Notenbank unnötig erscheinen. Zwar will die EZB den Banken nun besicherte Kreditpakete („Asset Backed Securities“) abkaufen, aber auch das sollte in der Wirkung eher begrenzt bleiben.
Deutsche Position vor dem Aus
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Kein Wunder also, dass der Druck im Kessel steigt. Draghi hat mit reformunwilligen oder -fähigen Ländern wie Italien und Frankreich mächtige Mitstreiter. Die deutsche Position, zunächst die Haushalte zu konsolidieren, wird zusehends offen angegriffen. Je mehr Euroland der Rezession und Deflation in die Augen sieht, desto lauter wird der Ruf nach Fiskalpolitik werden. Es ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit, bis alle Verträge und Grundsätze über Bord geworfen werden und die Schulden-Union wieder auf dem Programm steht.
Der Staat als Unternehmer-Ersatz – kann das gutgehen?
An Vorschlägen für staatliche, kreditfinanzierte Ausgabeprogramme mangelt es ja nicht. Diese reichen von drastischen Steuersenkungen bis hin zu Infrastruktur-Projekten. Keine Frage ist, dass diese Maßnahmen konjunkturwirksam sind. Aber zu welchem Preis? Wieder einmal scheint die Politik den Weg des geringsten Widerstands einzuschlagen, wieder einmal wird Zeit gekauft, und wieder einmal belasten wir die nachfolgenden Generationen. Doch war der Staat jemals ein guter Unternehmer? Die Fallhöhe bei der nächsten Krise wird dann umso höher sein.