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    EZB-Zinsentscheid  6901  7 Kommentare EZB will Ramschpapiere aufkaufen – Ökonomen sind entsetzt

    Nun also doch. Die EZB will im Rahmen ihres Ankaufprogramm von ABS-Papieren auch so genannte Ramschpapiere aus Griechenland und Zypern kaufen. Das entschied der EZB-Rat am Donnerstag auf seiner auswärtigen Sitzung in Neapel. Experten sind entsetzt.

    Und wieder sorgt Mario Draghi für einen Paukenschlag. Zunächst blieb alles verhältnismäßig ruhig. Die EZB belässt den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent, auch der Ausleihungszins zur Spitzenrefinanzierung und der Einlagenzins für Banken bleiben unverändert bei 0,3 Prozent bzw. minus 0,2 Prozent. Soweit alles wie erwartet. Aber dann ging es ans Eingemachte. Auf der Pressekonferenz am Nachmittag lieferte Draghi Details zum Ankaufprogramm von ABS-Papieren und Pfandbriefen, das der EZB-Rat bei seiner letzten Sitzung im September beschlossen hatte – und die haben es in sich.

    Das Ankaufprogramm von gedeckten Anleihen (Covered Bonds) soll bereits Mitte Oktober starten, ab dem vierten Quartal 2014 will die Notenbank zusätzlich in den Kauf von ABS-Papieren einsteigen.  Beide Programme sollen mindestens zwei Jahre andauern. Auf die Frage, welche ABS-Papiere genau aufgekauft werden sollen, antworte Draghi, die EZB orientiere sich an solchen Papieren, die „simpel und transparent“, „einfach zu lesen und zu interpretieren“ seien. Auf „structured ABS-Papiere“ habe man es dagegen nicht abgesehen, so der EZB-Chef weiter. Sollte die Inflation trotzdem nicht steigen, sei sich der EZB-Rat einig „zusätzliche unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen seines Mandats“ zu ergreifen - Die Rede ist wahrscheinlich vom Quantitative Easing.

    EZB kauft auch Ramschpapiere aus Griechenland und Zypern

    Aber dann ließ Draghi auf Nachfrage die Katze doch noch aus dem Sack. Gefragt, ob auch ABS-Papiere aus Griechenland oder Zypern vom Ankaufprogramm betroffen seien, sagte Draghi, die EZB wolle so inklusiv wie möglich sein und werde daher auch Papiere aus Ländern mit einem Kreditrating von weniger als "BBB-", namentlich nannte er Griechenland und Zypern, miteinschließen. Weitere Details gab die EZB in einer späteren Pressemitteilung bekannt. Demnach will sie für ihr Programm bis zu einer Billion Euro in die Hand nehmen. 

    Damit bewahrheiten sich die Befürchtungen vieler Ökonomen: Die EZB wird auch so genannte Ramschpapiere aufkaufen. Bislang war stets nur von Papieren mit hoher Bonität die Rede gewesen. Doch schon allein das reichte aus, um im September die Gemüter zu erregen. Wie wallstreet:online damals berichtete, sprachen Experten von „Eurobonds durch die Hintertür“ oder gar einer „monetären Sozialisierungsmaschine“. Die EZB mutiere durch diesen Schritt zur „Euro-Bad-Bank“, der noch dazu die demokratische Legitimation fehle (Lesen Sie hierzu: EZB als Euro-Bad-Bank? Demokratische Legitimation fraglich!).

    Draghi setze Grundlagen der Marktwirtschaft aufs Spiel

    Angesichts dieser teils heftigen Reaktionen ist es kaum verwunderlich, dass Experten sich im Vorfeld der Zinsentscheidung entsetzt zeigten über das Gerücht, die EZB werde das Ankaufprogramm nun also doch auch auf Papiere mit geringer Bonität ausweiten - ein Gerücht, das sich mittlerweile bestätigt hat. Die EZB kaufe Papiere, die sie noch nicht mal als vorgelagerte Sicherheit bei der Kreditaufnahme von Banken akzeptiere, wettert beispielsweise Bert Van Roosebeke vom Centrum für Europäische Politik (CEP) im „Handelsblatt“. Noch drastischere Worte findet allerdings der Londoner Europarechtler Gunnar Beck. Seiner Meinung nach verstoße die Europäische Zentralbank mit ihrem Ankaufprogramm nicht nur gegen bestehendes EU-Recht – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Darüber hinaus setze Draghi damit die Grundlagen der deutschen sozialen Marktwirtschaft aufs Spiel, indem er Banker-Bonitätszahlungen, sowie gewaltige Vermögenszuwächse der Großaktionäre subventioniere, während Sparer auf der anderen Seite aufgrund der Dauerniedrigzinsen de facto enteignet würden.

    EZB wird zum finanziellen Atomendlager

    Die Europäische Zentralbank begründet ihre Entscheidung damit, durch den Ankauf von Kreditverbriefungen die Kreditvergabe der Banken anzukurbeln. Aber das will Beck nicht gelten lassen. Für ihn kaufe die EZB mit diesem Schritt maroden Banken faule Kredite ab und animiere sie obendrein, die gleichen Risiken erneut einzugehen und weitere Papiere zu kaufen. Papiere, die dann die EZB ihrerseits irgendwann auch wieder aufkaufen muss. „Die EZB wird so zum Endlager für finanziellen Atommüll“, schimpft Beck gegenüber dem „Handelsblatt.



    wallstreetONLINE Redaktion
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