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    "Ohne EZB hätte es die Eurokrise nicht gegeben"

    Heute erscheint die 3.Auflage des Buches “Geldreform” von Michael von Prollius und Thorsten Polleit. Die beiden Autoren gelten als führende Vertreter der “Österreichischen Schule”, die das Geldmonopol durch Staaten und ihre Notenbanken grundsätzlich in Frage stellt. In diesem Interview erklärt Michael von Prollius, warum das derzeitige Geld-System in Schieflage geraten ist – in Schieflage geraten mußte:


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    1. finanzmarktwelt.de: Herr von Prollius, Sie haben zusammen mit Thorsten Polleit bereits in der ersten Auflage Ihres Buches “Geldreform” im Jahre 2010 auf die innere Logik der von den Zentralbanken betriebenen Geldvermehrung hingewiesen. Die EZB, inzwischen Nachfolgerin der Fed als Spenderin der globalen Liquidität, hat kürzlich die Leitzinsen weiter gesenkt, der Einlagezins ist in negativem Bereich. Warum haben die bisherigen Maßnahmen aber offenkundig keinen Effekt gehabt, sodaß die europäische Notenbank zu diesen radikalen Mitteln greift?

    Michael von Prollius: Die innere Logik der Zentralbank als Monopolbehörde und der Marktwirtschaft als dezentrales Wettbewerbs- und Entdeckungsverfahren passen nicht zusammen. „Samtpfotensozialismus“ oder Marktwirtschaft lautet zum 25jährigen Fall der Mauer wieder die Alternative. Und der Dritte Weg führt eben nur etwas später in die Sackgasse.

    Statt Strukturreformen in den sklerotischen Wohlfahrtsstaaten Europas und den nicht mehr zeitgemäßen Branchen sollen noch mehr Schulden und Wachstumspakete eine Wende bringen. Zugleich lassen sich die verfehlte Wirtschafts- und Geldpolitik nicht einfach beenden. Viele Staaten sind überschuldet und die großen Banken auch. Den europäischen Banken mangelt es nicht an Liquidität, sondern an Solvenz. Der aufgeblähte europäische Bankensektor hält in seinen Bilanzen zwei Drittel Kredite für Staatsführungen. Insofern verwundert es nicht, dass die Unternehmenskredite von 2004 rund 3 Billionen Euro nach Ihrem Höhepunkt 2009 mit fast 5 Billionen Euro inzwischen auf gut 4 Billionen Euro gesunken sind. Zugleich werden die Null- und Strafzinsen Kapital aus Europa vertreiben. Das Interventionismusgeflecht beginnt an immer mehr Stellen zu reißen. Im Grunde platzen hier die ökonomisch verfehlten Träume einer behördlich optimierbaren europäischen Volkswirtschaft. Das Verständnis für die Kernfrage allen Wirtschaftens – das Koordinationsproblem – ist verloren gegangen und damit auch die Erkenntnis, dass Geld(theorie) und Marktprozess zusammenhängen.

    2. finanzmarktwelt.de: Sie und Herr Polleit gelten als Vertreter der Österreichischen Schule, die das Geld-Monopol der Zentralbanken fundamental kritisiert und die Schaffung eines freien Wettbewerbs von Währungen fordert. Sind die Zentralbanken für die aktuellen Fehlentwicklungen – etwa die Umverteilung von Eigentum, sodaß Reiche immer reicher werden – verantwortlich?

    Michael von Prollius: Die Zentralbanken sind mitverantwortlich für die Finanzkrise und die „Große Stagnation“ seit 2007/08. Ohne EZB hätte es zudem weder die Euro-Krise noch die Staatsschuldenkrise gegeben. Zugleich sind Zentralbanken für die demokratischen Wohlfahrtsstaaten und die Privilegien der Finanzindustrie unerlässlich. Interessanterweise gibt es eine Art Schulterschluss zwischen Österreichern den heute als Links bezeichneten Gruppen. Der Unterschied besteht darin, dass die Österreicher auf die Ursachen und die sogenannten Linken lediglich auf die Symptome schauen. Das verwundert nicht, sind doch klassische Liberale stets die Anwälte der einfachen Menschen, schauen Sie nur auf die Manchesterkapitalisten der Freihandelsbewegung. Vom staatlichen Geldsystem mit Zentralbanken und den Geschäftsbanken als Transmissionsriemen – einer Art Public-Private-Partnership – profitieren Big Government und Big Business. Die Regierungen erhalten unbegrenzten Kredit, insbesondere die Finanzindustrie erhält das billige Geld zuerst und kann wirtschaften, während der einfache Bürger erst Gehaltssteigerungen erfährt, wenn die Preise bereits gestiegen sind (Cantillon-Effekt). Mit einer marktwirtschaftlichen Geldordnung wären die Exzesse einschließlich strukturierter Finanzprodukte und den durch die aktuelle EZB-Politik in riskante Anlagen gedrängten normalen Investor nicht möglich.

    3. finanzmarktwelt.de: Sie sprechen von “gutem Geld” und “schlechtem Geld” – wobei Sie das derzeitige Geldsystem als “schlecht” bezeichnen, weil es zwangsläufig zu Blasen führt, die dann ebenso zwangsläufig platzen müssen. Warum ist das aus Ihrer Sicht so?

    Michael von Prollius: Eine Inflationsbehörde, wie es eine Zentralbank mit dem Ziel einer kontinuierlichen Ausweitung der Geldmenge von 2 Prozent pro Jahr ist, sorgt binnen 35 Jahren für eine Halbierung der Kaufkraft des Geldes und kann niemals die der Nachfrage nach Geld entsprechenden Geldmenge bereitstellen. Den Experten mangelt es an Wissen, das nur Märkte haben. Das regelmäßig überschüssige Geld, dem keine realen Güter gegenüberstehen, sucht nach Anlagemöglichkeiten. Überschüssig ist es auch durch die unaufhaltsame Politisierung der Zentralbanken wie sich aktuell anschaulich beobachten lässt. Die Politisierung lässt sich besonders anschaulich bei der verfassungsmäßig mit bemerkenswerter Unabhängigkeit ausgestatteten Reichsbank nach der Hyperinflation betrachten. Hinzu kommt heute der Wachstumsfetischismus – das Propagieren des ewigen Booms. Die Folge ist Inflation, also eine Aufblähung der Geldmenge mit Teuerung in einzelnen Sektoren der Wirtschaft, etwa Aktien, Rohstoffen, Immobilien und risikoreichen Finanzanlagen. Dort fließt Geld hinein und treibt die Preise.

    Hinzu kommt die Manipulation des Zinses, die wir in unserem Buch behandeln. Wenn der auf Null heruntermanipuliert wird, statt die Realität abzubilden, fehlt der zentrale Koordinationsanzeiger für die Vermittlung von Kapital und Investitionen.

    Was in Vergessenheit gerät: Eine Rezession bereinigt das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Und wie bei jedweder Symptombekämpfung gilt: Sie können einige Menschen eine ganze Zeit lang in die Irre führen, aber nicht alle Menschen auf Dauer.

    4. finanzmarktwelt.de: Offiziell bekämpft die EZB derzeit deflationäre Tendenzen, indem sie die Geldpolitik noch ultralaxer macht. Glauben Sie der Begründung der EZB – oder haben wir eigentlich schon längst eine verdeckte Inflation?

    Michael von Prollius: Die Deflationsfurcht ist real. Als ich mit einem Notenbankgouverneur diskutiert habe, war das deutlich zu spüren. Kein Wunder: Inflation macht unseriöse Wirtschafts- und Verschuldungspolitik tragfähig, gibt Spielraum für Sonderkredite und Konjunkturprogramme, verteilt noch mehr Geld von Sparern und seriös wirtschaftenden Haushalten und Familien an Wahlstimmenfänger, Sozialingenieure und Karrieristen. Deflation hingegen entmachtet Politik. Deflation bedroht das herrschende Establishment und das verfehlte Geldsystem. Deflation bedeutet indes für die normalen Menschen, dass sich Produktivitätsfortschritte über sinkende Preise zum Nutzen aller abbilden.
    Heute ist die verdeckte Inflation an verschiedenen Märkten sichtbar: Aktien, Rohstoffe, Immobilien, Kunst, denken Sie an Fußballspieler. Die problematische Berechnung der Warenkörbe, die ein Preisniveau als statistisches Konstrukt abbilden, das in der Realität nicht existiert, ist ja hinlänglich bekannt.

    5. finanzmarktwelt.de: Japan betreibt derzeit die extremste Form einer ultralaxen Geldpolitik – mit der Folge, dass der Yen immer schwächer wird und die Reallöhne deutlich langsamer steigen als die Verbraucherpreise. Faktisch werden die meisten Menschen in Nippon also ärmer. Werden wir in Europa die Erfahrung Japans wiederholen müssen, weil die EZB den Weg der Bank of Japan einschlägt?

    Michael von Prollius: Die keynesianische Anti-Krisenpolitik mit Stimulanz-Paketen und Niedrigstzinsen (Nullzinsen) hat einer der gesündesten Volkswirtschaften der OECD eine Verschuldung von über 250% des BIP beschert (Griechenland rund 180%) und zwei verlorene Dekaden. Die Japaner haben versucht einen Alkoholiker mit Heroin zu heilen, urteilte ein fachkundiger Beobachter. Und nun seien sie abhängig davon. Allein zwischen 1992 und 1995 wurden 6 Wachstumspakete in Höhe von 65,5 Billionen Yen aufgelegt – in den 1990ern insgesamt 10 mit über 100 Billionen Yen. Das Sparvermögen der Japaner steht zur staatlichen Disposition. In Europa werden immer mehr Stimmen laut, die die Sparer enteignen wollen. Eine erste Sparersteuer gibt es bekanntlich in Spanien bereits. Und die kalte Enteignung ist längst angelaufen, nicht nur durch konfiskatorische Erbschaftssteuern und überbordende Abgaben in Deutschland, sondern durch die verfehlte Geld- und Zinspolitik.

    2001 schwenkte die Bank of Japan übrigens zu einer Politik des Quantitative Easing um und verfolgte eine Geldmengenwachstumsstrategie anstelle nomineller Zinssätze. Ergebnis: 2009 war das BIP nicht höher als 17 Jahre zuvor (1992) – trotz kontinuierlicher Bailouts und Konjunkturpakete. Es ist immer dasselbe: Dinge zu produzieren, die niemand braucht und Fehlinvestitionen zu fördern, kann einer Volkswirtschaft nicht aus der Misere helfen.
    Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. In Europa fällt die EZB-Bilanz eindeutig aus: steigende Verschuldung (von knapp 70% des BIP auf bis zu 110% oder fast 10 Billionen Euro 2015) und schwächste Wachstumsdekade.
    Thorsten Polleit und ich warnen vor den desaströsen Folgen der überdies ungerechten Geld- und Finanzpolitik. Andere namhafte Österreicher tun das natürlich auch. In „Geldreform“ sind die Zusammenhänge und Hintergründe, wie wir finden, anschaulich erläutert.

    6. finanzmarktwelt.de: Sehen Sie die Möglichkeit, dass sich das derzeitige Geld-System (mitsamt den von ihm profitierenden Finanzkapitalismus) reformiert? Oder bedarf es für einen Neustart erst eines Zusammenbruchs des Systems aufgrund ausufernder Schulden – nämlich wenn die Gläubiger merken, dass sie ihr Geld nicht mehr wiedersehen und zu einem massiven Schuldenschnitt gezwungen werden?

    Michael von Prollius: Letztlich geht es darum, das Monopol dem Wettbewerb zu öffnen.

    Ob ein Zusammenbruch einen Neustart für gutes Geld ermöglicht, da bin ich skeptisch. Klassische Liberale plädieren für evolutionäre Veränderungen, Revolutionen zeigen zumeist, dass Entwicklungen außer Rand und Band geraten sind. Regelmäßig setzen sich die Mächtigen, Gewaltbereiten mit etablierten politischen Netzwerken durch. Wir brauchen eine Freigeldbewegung im Sinne einer Freihandelsbewegung. Dazu liefert Geldreform einen Beitrag. Eine stille Revolution ist in den Köpfen schon auf dem Weg. Besseres Geld ist jederzeit möglich, nur leider noch verboten. Aber auch dieser Eiserne Vorhang wird fallen.




    Markus Fugmann
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    Markus Fugmann ist Chefanalyst der actior AG und Redakteur bei www.finanzmarktwelt.de. Die actior AG bietet Selbsthändlern die Möglichkeit, an allen gängigen Märkten der Welt im Bereich CFDs, Futures, Aktien und Devisen zu Top-Konditionen zu handeln. Darüber hinaus erhalten Kunden kostenlose Informationsabende, Seminare, One-to-One Coaching, allgemeine Einführungen in die Handelsplattformen und Märkte.
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    Verfasst von Markus Fugmann
    finanzmarktwelt.de "Ohne EZB hätte es die Eurokrise nicht gegeben" Heute erscheint die 3.Auflage des Buches “Geldreform” von Michael von Prollius und Thorsten Polleit. Die beiden Autoren gelten als führende Vertreter der “Österreichischen Schule”, die das Geldmonopol durch Staaten und ihre Notenbanken …

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