Ifo-Chef Sinn warnt vor Siechtum
Schuldenschnitt in Krisenländern - Mit dem Klein-Klein kommen wir nicht weiter!
Hans-Werner Sinn ist bekannt für seine kritischen Worte und zum Teil auch scharfe Zunge. Jüngst machte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung seinem Ärger in einer Kolumne für die „WirtschaftsWoche“ zum Kauf von forderungsbesicherten ABS-Papieren durch die Europäische Zentralbank (EZB) Luft (wallstreet:online berichtete). Mit diesem Programm würde die Notenbank die „absehbaren Abschreibungsverluste der Banken“ sozialisieren, also die Ausfallrisiken in Höhe „von vielen Hunderten von Milliarden Euro“ auf die Steuerzahlen der Euro-Zone übertragen. Eine solche fiskalische Rettungsmaßnahme stünde der EZB im Rahmen ihres Mandats nicht zu. Wirtschaftspolitische Maßnahmen seien den Notenbanken vertraglich untersagt.
Aber der ifo-Präsident warnt nicht nur vor den Gefahren der EZB als Bad Bank, sondern auch vor einem jahrelangen Siechtum der Wirtschaft in Europa. Ein leichter Ausweg aus der Krise sei aufgrund der Lage der südlichen Euroländern nicht erkennbar. "Die Krise ist eindeutig noch nicht vorbei“, sagte Sinn im Club Wirtschaftspresse München.
Alarmierende Kapitalflucht - Schuldenschnitt in Krisenländern
Erschreckend sei die zu beobachtende Kapitalflucht der letzten Monate. So seien allein aus Italien im August und September rund 67 Milliarden Euro Kapital abgezogen worden, indem Gläubiger Kredite nicht verlängert hätten - ein Ausmaß wie vor dem EZB-Anleiheversprechen vor zwei Jahren. "Das ist ein alarmierendes Signal und zeigt, dass die Kapitalmärkte wieder in Aufregung sind", zitiert die Nachrichtenagentur dpa-AFX den ifo-Chef.
Doch es müssen auch Lösungen her. Was kann der Ökonom aus dem Hut zaubern? Sinn sprach sich wiederholt für einen offenen Schuldenschnitt in den Krisenländern aus: "Meine Meinung ist, wir kommen mit dem Klein-Klein nicht weiter in der Eurozone," zitiert ihn dpa-AFX.
„Whatever it takes“ - OMT-Programm vor dem EuGH
Im Jahr 2012 hatte die EZB die Krise in Euroland entschärft, indem sie den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen angekündigt hatte. Die "Whatever-it-takes"-Mentalität von EZB-Chef Mario Draghi signalisierte einen vorläufigen Wendepunkt in der Eurokrise. Bislang wurde das so genannte OMT-Programm ("Outright Monetary Transactions“) nicht umgesetzt. Der EZB-Rat hatte das OMT-Programm gegen die Stimme Deutschlands beschlossen.
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Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hält das Programm für rechtswidrig. Die Karlsruher Richter hatten im Februar dieses Jahres erklärt, die EZB überschreite damit ihr Mandat. Aufgabe der Notenbank sei, die Preisstabilität im Euro-Raum zu sichern. Zur endgültigen Klärung im Rahmen des Europarechts übergaben die BVerfG-Richter die Fragen an den EU-Gerichtshof. Bis zu einer Entscheidung in der Rechtssache C-62/14 wird wohl über ein Jahr vergehen.