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Franken-Stärke könnte zum Fluch für Schweizer Wirtschaft werden
ZÜRICH/BERLIN (dpa-AFX) - Die spektakuläre Freigabe des Frankenkurses kann nach ersten Prognosen zum Fluch für die Schweizer Wirtschaft werden. Die Großbank UBS traut der Alpenrepublik 2015 in einer Analyse vom Freitag nur noch ein mageres Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent zu - eine drastische Korrektur nach optimistischen 1,8 Prozent zuvor. Schockiert hat die Frankenfreigabe aber auch hunderttausende Kreditnehmer in einigen Ländern Ost- und Südosteuropas. Sie haben sich im Vertrauen auf einen stabilen Wechselkurs und niedrige Zinsen in Franken verschuldet - und stehen nun schlagartig vor teureren Kreditraten. Der Franken kostete auch am Freitag fast einen Euro - rund ein Fünftel mehr als lange Zeit zuvor.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte am Donnerstag ohne jede Vorwarnung die mehr als drei Jahre geltende Kopplung des Franken an den Euro aufgehoben. Die sah ein Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro vor, der die heimische Währung künstlich verbilligen sollte. Faktisch sollte damit der Preis eines Franken nicht über etwa 0,83 Euro steigen. Gedacht war dies als Schutzschirm für die von Exporten abhängige Schweizer Wirtschaft. Je höher der Frankenkurs liegt, umso teurer und damit schwerer zu verkaufen werden ihre Produkte. Auch zu anderen Währungen wie Dollar, Yen oder Pfund, legte der Franken abrupt um etwa ein Fünftel zu.
Die UBS rechnet damit, dass die Schweizer Warenexporte allein in die Eurozone um etwa fünf Milliarden Euro einbrechen. Die Schweizer Wirtschaft selbst hatte die SNB-Entscheidung "nicht nachvollziehbar" genannt. Es bestehe die Gefahr, dass der Franken derart stark bleibe, dass sich die Exportindustrie und der Tourismus nicht schnell genug an die neuen Währungsverhältnisse anpassen könnten. Viele Betriebe, die bei einem "vernünftigen" Wechselkurs wettbewerbsfähig wären, müssten wohl "ihre Segel streichen", hieß es. Zudem werde der attraktiver denn je, jenseits der Schweizer Grenzen einzukaufen.
An der Schweizer Börse sorgte die Freigabe des Franken für ein Nachbeben: Der Leitindex SMI verlor weitere vier Prozent. Am Vortag hatte das wichtigste Aktienbarometer in Zürich einen historischen Kurseinbruch von zeitweise fast 14 Prozent verzeichnet. Am Ende stand ein Minus von fast neun Prozent. Am deutschen Aktienmarkt ist der Franken dagegen kein Thema mehr: Der deutsche Leitindex Dax erklomm am Freitag sogar ein Rekordhoch, nachdem er unter dem Eindruck des Franken-Schocks am Vortag zumindest kurzfristig eingeknickt war, sich dann aber schon schnell wieder erholte.
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Der kroatische Finanzminister Boris Lalovac kam in Zagreb mit Bankenvertretern zusammen, um Maßnahmen für die Bürger zu beraten, die nun Probleme mit Franken-Krediten bekommen. Regierungschef Zoran Milanovic wollte sich mit dem Gouverneur der Nationalbank beraten, kündigte Lalovac an. Überlegt werde die Umwandlung der Franken-Immobilienkredite in Euro oder die heimische Währung Kuna, meldete die Zeitung "Novi list".
Auch in anderen ost- und südosteuropäischen Ländern, wie Polen, Serbien und Rumänien sind viele Menschen von diesem Problem betroffen. Die Oesterreichische Nationalbank hatte am Vortag bereits vor den Auswirkungen auf Kredite gewarnt, die von Landsleuten in Franken aufgenommen worden waren. In Ungarn hatte die Regierung im November die Wechselkurse für Euro- und Franken-Kredite festgesetzt, um die Risiken aus Währungsschwankungen zu reduzieren./kf/DP/jsl