Griechenland - Neuwahlen
Schuldenschnitt oder Grexit? - Experten: "Eine Insolvenzordnung für Staaten ist unverzichtbar"
Die wirtschaftliche Situation Griechenlands bleibt stark angespannt. Kurz vor den Neuwahlen Ende des Monats zeigt eine Studie des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, wie schlecht es
tatsächlich um die Athener Finanzen aussieht – und kommt zu dem Schluss, dass Finanzhilfen allein Griechenland nicht mehr retten können, die das „Handelsblatt“
berichtet.
In der vergangenen Woche noch sorgte die Nachricht von einem möglichen Kompromiss im Schuldenstreit für Hoffnung. Das düstere Bild, das die Studie der Freiburger Wissenschaftler zeichnet, dürfte diese Hoffnung schnell vergessen machen. Basis für ihre
Analyse ist der sogenannte CEP-Default-Index. Dieser setzt sich aus dem Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungssaldo (GFS) sowie dem Niveau der kapazitätssteigernden Investitionen (Ik) zusammen. Um
nicht nur die Verschuldung der öffentlichen Hand zu messen, betrachte der Index, „wie sich die Fähigkeit einer Volkswirtschaft insgesamt zur Rückzahlung ihrer Auslandskredite entwickelt“, heißt es
in der Studie.
"Kein vorübergehendes, sondern ein strukturelles Problem"
Und diese Zahlen sehen für Griechenland bedrückend aus. Im vergangenen Jahr habe sich der Verfall der Kreditfähigkeit Griechenlands beschleunigt. Schlimmer noch: Bereits seit 2002 befindet sich der
Index in der höchsten Risikokategorie, was bedeutet: "Die Erosion der Kreditfähigkeit ist kein vorübergehendes, sondern ein strukturelles Problem". Einen einzigen, kleinen Lichtblick habe es 2012
gegeben. Doch selbst in dem Jahr lag der Index in der höchsten Risikokategorie. In der Folge ging es wieder schneller bergab. „Er ist damit auf das Niveau der Jahre 2009/2010 zurückgekehrt, als die
Insolvenz Griechenlands unmittelbar bevorstand und ohne internationale Rettungen unausweichlich gewesen wäre“, heißt es in der Analyse. „Griechenland hat sich damit immer weiter von dem Ziel
entfernt, die öffentliche Schuldenlast von inzwischen 315 Milliarden Euro durch zusätzliche Steuereinnahmen stabilisieren zu können“, erklären die Autoren.
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Ein Schuldenschnitt löst die Probleme nicht
Bereits Anfang des Monats berichtete wallstreet:online, dass Deutschland in jedem Fall ein großes Verlustgeschäft droht: Schuldenschnitt oder Grexit – teuer wird´s eh. Auch CEP-Forscher gehen dafür aus, dass
beide Szenarien mit großen Kreditverlusten einher gehen. „Der vielfach geforderte Schuldenschnitt löst das eigentliche Problem Griechenlands nicht“, sagt deswegen auch CEP-Vorstand Lüder Gerken.
„Solange die griechische Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig ist, benötigt das Land neue Kredite aus dem Ausland.“ Doch wie realistisch sind nicht endende Kredite?
Wissenschaftler fordern: Reformen müssen dringend kommen - von Innen
Statt eines Schuldenschnitts benötige das Krisenland deswegen „dringend Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern“. Kritik äußerten die Autoren der Studie zugleich an der bisherigen
Vorgehensweise zur Umsetzung von Veränderungen. Wichtig sei, dass die Reformen nicht länger von außen aufgedrückt würden. „Zum einen wurden einige Reformen nur auf dem Papier beschlossen, von den
ausführenden Behörden dann jedoch nicht umgesetzt beziehungsweise angewendet. Zum anderen erzeugten die Reformen kein positives Konsum- und Investitionsklima, da ein großer Teil der Bevölkerung
nicht von der Wirksamkeit der Reformen überzeugt ist“, zitiert das „Handelsblatt“ aus der Studie.
"Insolvenzordnung für Staaten"
Dennoch schließen die Autoren einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland nicht aus. Einen Ausschluss Griechenlands aus der Währungszone lehnen die Forscher übrigens ab, fordern aber zugleich,
Griechenland müsse selbst über einen solchen entscheiden können. In jedem Fall, betonen die Autoren, müsse jedoch sichergestellt werden, "dass zukünftige Entscheidungen der griechischen Regierung
nicht mehr zu Lasten der anderen Euro-Staaten gehen". Ihre Forderung ist deswegen eindeutig: "Eine Insolvenzordnung für Staaten ist dafür unverzichtbar."