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    Ökonomen-Duell Teil 2  3040  2 Kommentare Bofinger vs. Mayer - "Im Moment gibt es Zentralbankgeld wie Freibier"

    Schwacher Euro, Deflation und mögliche Staatsanleihekäufe – der krisengeschüttelte Euro-Raum bietet derzeit allerlei Zündstoff. Perfekte Bedingungen also für ein Streitgespräch. Dachte sich wohl auch die „WirtschaftsWoche“ und lud die beiden Ökonomen Peter Bofinger und Thomas Mayer zum gemeinsamen Interview. Wallstreet:online berichtete gestern in Teil 1 über ihre Meinung zum Euro. Im 2. Teil geht es heute um die EZB-Krisenpolitik – und das bekommt gründlich sein Fett weg! 

    Bislang war es nur ein Gespenst, das durch die Euro-Zone spukte. Doch der sinkende Ölpreis hat nun den Albtraum vieler Ökonomen wahr werden lassen: Die Preise sinken. Damit ist die EZB weiter denn je von ihrem zwei Prozent-Inflationsziel entfernt – und bläst zum Kampf gegen Deflation.

    "Hohe Schulden lassen sich nicht weginflationieren"

    Das kann Thomas Mayer überhaupt nicht nachvollziehen. „Wer das neue iPhone haben will, der kauft es sich, obwohl er weiß, dass es bald billiger wird“, so der Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, der deshalb nichts von dem Argument hält, wonach Konsumenten Ausgaben verschöben, weil sie auf weiter sinkende Preise hoffen. Stattdessen sieht Mayer in den hohen Schulden das eigentliche Problem – und diese ließen sich bei niedriger Inflation nicht weginflationieren. Dem stimmt auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger zu. Der Schuldenabbau gelinge bei einer Inflation von zwei Prozent besser als bei null Prozent, pflichtet er seinem Kollegen bei. Auch bei einem anderen wichtigen Thema herrscht Eintracht zwischen den beiden Ökonomen.

    Der mögliche Ankauf von Staatsanleihen ist das Thema der Stunde. Da alle bisherigen Maßnahmen der EZB wie Leitzinssenkung, Strafzinsen und ABS-Käufe mehr oder weniger wirkungslos verpufften, gilt das sogenannte Quantitative Easing vielen als letztes Mittel der Europäischen Zentralbank. Das macht das Instrument allerdings nicht weniger umstritten. Im Gegenteil, auch Bofinger und Mayer stehen einem solchen Schritt kritisch bis ablehnend gegenüber.

    Staatsanleihekäufe gefährden Konjunktur und schaden deutscher Mittelschicht

    Zwar gehöre für Bofinger der Ankauf von Staatsanleihen seit Jahrzehnten zum traditionellen Instrumentarium einer Notenbank. Allerdings empfiehlt er der EZB in den nächsten Monaten eher Zurückhaltung walten zu lassen. Von großvolumigen Anleihekäufe und insbesondere dem Kauf von Bundesanleihen rät der Wirtschaftsweise sogar ganz ab: „(B)ei dem Niedrigzinsumfeld, das wir in Deutschland bereits haben, hätte das negative Folgen für Versicherungen und Pensionsfonds, ja für die gesamte Altersversicherung hierzulande. Deshalb rate ich der EZB dringend davon ab, Staatsanleihen zu kaufen.“ Da die Vermögensbestände des Mittelstandes aus Anleihen, Versicherungen und Pensionsfonds bestünden, warnt Bofinger: „Wenn diese Assets wegbrechen, dann gibt es massive Probleme.“

    Thomas Mayer sieht das ähnlich. Seiner Meinung nach könnte genau das Gegenteil dessen passieren, was die EZB mit dem Kauf von Staatsanleihen bezweckt: „Draghi könnte der Konjunktur schaden, statt sie anzukurbeln“, so Mayer. Seine Argument: Durch EZB-Staatsanleihekäufe würden die Zinsen weiter sinken. Weil damit die Pensionsverpflichtungen der Unternehmen steigen, würden diese ihre Gewinne nicht investieren, sondern in die Rückstellungen zur Finanzierung der Altersvorsorge stecken.

    „Im Moment gibt es Zentralbankgeld wie Freibier“

    Während viele Experten damit rechnen, dass Draghi - aller Kritik zum Trotz – noch in dieser Woche ein solches Kaufprogramm verkünden werde, mahnt Bofinger zur Geduld. „Warten wir doch erst einmal ab, ob die EZB überhaupt was tut“, rät der Wirtschaftsweise, der Draghi für einen Meister darin hält, „mit nichts große Effekte zu erzielen“. So hätte er abgesehen von zwei Zinssenkungen bis heute nicht viel gemacht, außer eine große Kulisse aufzubauen, vor allem mit der Ankündigung, die Bilanz der EZB auszuweiten.

    Sein Fazit für das Krisenmanagement der Krisenmanagement der EZB fällt dennoch fatal aus: Das ganze Terrain, in das sich die EZB begebe, sei „nicht rational nachzuvollziehen.“ „Es ist ein Stück psychologische psychologischer Kriegsführung, der die ökonomische Substanz fehlt.“ Stattdessen gebe es momentan „Zentralbankgeld wie Freibier“. Die Freibier-Metapher ist unter Nachfrage-orientierten Ökonomen wie Bofinger besonders beliebt. Ihr Argument: Jeder trinkt nur so viel er möchte. Ist das individuelle Limit erreicht, führt selbst Freibier nicht zu höherem Bier-Konsum. Auch Bofinger bedient sich dieser Freibier-Logik und sagt damit im übetragenen Sinne: Wenn die EZB noch mehr Kästen Geld hinstelle, würden die Leute trotzdem nicht mehr ausgeben.

    Lesen Sie auch: Ökonomen-Duell Teil 1: Bofinger vs. Mayer - Schwacher Euro: Allheilmittel oder ökonomische Dummheit?





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