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    S&P-Rating  3191  0 Kommentare Russland auf Ramschniveau - Ist auf den Finanzmärkten der kalte Krieg ausgebrochen?

    Finanzmärkte werden gerne als Parallelgesellschaft gebrandmarkt und je nach ideologischer Sichtweise wird ihnen dabei wahlweise politische Abhängigkeit oder politisches Desinteresse vorgeworfen. Allerdings werden im Zuge der russischen Rubel-Krise interessante Konfliktlinien sichtbar, die in der realen politischen Welt eigentlich als längst überwunden gelten. Die „Welt“ spricht von einem „kalten Finanzkrieg“.

    Russland auf Ramschniveau herabgestuft

    Hintergrund ist die Entscheidung der amerikanischen Ratingagentur Standard & Poor’s, Russland auf Ramschniveau herabzustufen. Mit Blick auf die verschlechterten Wachstumsaussichten sowie der Geldpolitik, die nach Ansicht von S&P an Flexibilität eingebüßt habe, wurde die Kreditwürdigkeit des Landes am Montag von zuvor `BBB-`auf `BB+` gesenkt. Weil die Ratingagentur den Ausblick Russlands zudem negativ bewertet, sind weitere Abstufungen möglich.

    Laut "dpa-AFX" begründete Standard & Poor’s die Herabstufung damit, dass sich die Lage im russischen Bankensystem verschlechtere und die russische Zentralbank an ihre Grenzen stoße. Die Notenbank stehe wegen der inflationstreibenden Abwertung des Rubels vor schwierigen Entscheidungen, da sie zugleich das Wirtschaftswachstum stützen müsse. Des Weiteren kritisiert S&P die schlechten politischen Rahmenbedingungen sowie die mangelhafte demokratische Gewaltenteilung.

    Chinesische Ratingagentur kommt zu ganz anderem Urteil

    Doch was für die einen ramschwürdig ist, stufen die anderen als sichere Anlage ein. So bewerte die chinesische Ratingagentur Dagong Russland mit „A“, schreibt die „Welt“. Die Kreditwürdigkeit des Kremls wird damit sogar höher eingestuft als die Bonität der USA, die von Dagong nur ein „A-„ erhalte. Dem Bericht zufolge beziehe sich Dagong ausschließlich auf wirtschaftliche Daten und gebe explizit keine politische Bewertung ab. Das gute Rating für Russland resultiert demnach aus der vergleichsweise geringe Schuldenquote und den noch immer beträchtlichen Staatsreserven.

    Von den Amerikanern geächtet, von den Chinesen unterstützt – das erinnert doch stark an die Fronten aus Zeiten des Kalten Krieges. Kein Wunder also, dass die „Welt“ von einem „kalten Finanzkrieg“ spricht. Ihrer Meinung nach könnte Moskau die Herabstufung durch S&P als weiteren Beleg dafür werten, dass der Westen uns seine Finanzmärkte Russland den kalten Krieg erklärt habe.

    Das Wort „kalter Finanzkrieg“ will der russische Finanzminister zwar nicht in den Mund nehmen, dennoch bezeichnete Anton Siluanow das Ramsch-Rating laut „dpa-AFX“ als „übertrieben pessimistisch“. Standard & Poor’s habe bei ihrem Schritt die starken Seiten der russischen Wirtschaft nicht berücksichtigt. Zuvor hatte der Vizeregierungschef Igor Schuwalow gesagt, die Bewertung Russlands durch internationale Ratingagenturen haben oft auch politische Gründe.

    Ist das Rating politisch motiviert?

    Fakt ist: Ratingagenturen müssen sich nicht zum ersten Mal den Vorwurf der politischen Voreingenommenheit gefallen lassen. Vor allem die drei großen amerikanischen Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch stehen immer wieder für ihre vermeintlich politisch motivierten Bewertungen in der Kritik (siehe hier). Auch der Zeitpunkt der Verkündung könnte dahingehende Vorwürfe nähren. Immerhin mehren sich nach dem Raketenbeschuss der ukrainischen Hafenstadt Mariupol mit mindestens 30 Toten international die Rufe nach einer härteren Gangart gegenüber Russland. Auch in Deutschland denkt man über neue Sanktionen nach (Lesen Sie hierzu: „Weitere Stufe der Eskalation“ – Große Koalition erwägt neue Russland-Sanktionen).

    Fakt ist aber auch: Die wirtschaftlichen Probleme Russlands lassen sich nicht wegdiskutieren – daran ändern auch die geringe Schuldenquote und die enormen Staatsreserven nichts. Der Rubel hat in den letzten Monaten dramatisch an Wert verloren, auf die Herabstufung durch S&P reagierte die russische Währung mit weiteren herben Verlusten. Ein US-Dollar kostete zwischenzeitlich 68 Rubel und damit fünf Prozent mehr als vor der Bekanntgabe des neuen Ratings. Darüber hinaus leidet Russland wie kein anderes Land unter dem sinkenden Ölpreis. Die Folge für Wirtschaft und Bevölkerung sind verheerend – und das Ende der Fahnenstange könnte bei Weitem noch nicht erreicht sein.

    Wechselkurs Rubel - US-Dollar im 5-Tage-Chart





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    S&P-Rating Russland auf Ramschniveau - Ist auf den Finanzmärkten der kalte Krieg ausgebrochen? Für die einen Ramsch, für die anderen ein sicheres Investment – Die Herabstufung Russlands lässt alte Konfliktlinien aufreißen, die in der realen Welt eigentlich als längst überwunden gelten. Befinden wir uns im „kalten Finanzkrieg“?