Bundesbank-Vorstand Nagel
Finger weg vom Schuldenschnitt für Athen und lockerer EZB-Geldpolitik!
Es sind zwei Themen, die die wirtschaftliche Nachrichtenlage in Europa bereits seit Tagen dominieren: Erst die Entscheidung für billionenschwere Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank, dann der Wahlsieg der linkspopulistischen Syriza in Griechenland und die Forderung nach einem Schuldenschnitt. Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel hat für beides nicht viel übrig, erklärt er im Interview mit dem "Handelsblatt".
Kein geldpolitischer Handlungsbedarf
Joachim Nagel, Vorstand der Bundesbank, kritisiert die neuerliche geldpolitische Öffnung der EZB. Aus zweierlei Gründen: Zum Einen sei die im Dezember auf 0,3 Prozent gesunkene Inflationsrate maßgeblich durch den gesunkenen Ölpreis beeinflusst. „Darauf muss die Geldpolitik nicht handeln, sofern es keine Zweitrundeneffekte gibt“, erklärt er. Zum Anderen weist Nagel darauf hin, dass „vorübergehende Abweichungen“ vom Inflationsziel „durchaus möglich“ seien. Das gelte nach oben wie nach unten. Also sowohl für inflationäre als auch deflationäre Tendenzen. Einen Unterschied hebt Nagel dann aber doch hervor: Inflation lasse sich durch höhere Zinsen bekämpfen, in der Bekämpfung einer Deflation hingegen sei zinstechnisch irgendwann ein Ende erreicht.
Hilft dann nur noch Quantitative Easing?
Gerade mit Blick auf die USA könnte man den Eindruck gewinnen, dass Anleihekäufe die einzig logische Entscheidung waren. Doch Nagel warnt davor, die Unterschiede zwischen den USA und der Euro-Zone unbeachtet zu lassen. Im Gegensatz zu den USA spiele der Kapitalmarkt in Europa bei der Finanzierung eine untergeordnete Rolle. Weitaus entscheidender sei die Rolle der Banken. In den USA ist es umgekehrt. Aus diesem Unterschied folge jedoch, dass sich die in den USA erzielten Wirkungen nicht auf den Euro-Raum übertragen ließen.
Und Nagel sieht noch einen weiteren Unterschied: Das Zinsniveau in der Euro-Zone ist bereits extrem niedrig. Als die US-Notenbank Federal Reserve ihrerseits den Weg für Quantitative Easing (QE) ebnete, seien die Zinsen in den USA deutlich höher gewesen. Hierzulande könne die EZB-Entscheidung „die Politik dazu verleiten, unangenehme Reformen hinten anzustellen“, sagt der Ökonom und kritisiert: „Eine lockere Geldpolitik alleine hat aber Länder noch nie wettbewerbsfähiger gemacht.“
„Ein Schuldenschnitt wäre keine Lösung“
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Auch beim Thema Griechenland warnt Nagel: „Ein Schuldenschnitt wäre (..) keine Lösung, um das Land dauerhaft voranzubringen.“ Nagel reiht sich damit ein in eine ganze Reihe von Ökonomen, die gegen einen potenziellen Schuldenschnitt gewettert haben. Dazu gehört auch der Allianz-Chefvolkswirt, Michael Heise, der appellierte Griechenland brauche keinen Schuldenschnitt, sondern die „richtigen wirtschaftspolitischen Bedingungen“ (lesen Sie hierzu: Schuldenschnitt für Griechenland? Experten halten dagegen!).