BP-Chef redet Klartext
"Es droht ein historischer Öl-Crash und schuld ist die OPEC!"
Quo vadis, Öl-Industrie? Glaubt man Expertenmeinungen, so weiß man vor allem eins, nämlich nichts. Die einen prophezeien einen Ölpreis von 200 US-Dollar, die anderen warnen vor einem historischen Öl-Crash. Fest steht: Die Ölindustrie steht am Scheideweg.
Seit Monaten gibt es auf den Rohstoffmärkten nur noch ein Thema, den Ölpreis. Gebannt schaut die Welt zu, wie die Ölpreise immer weiter in die Tiefe rauschen und die großen Energieriesen langsam aber sicher ins Wanken kommen. Zwar konnten sich die Ölpreise zuletzt zumindest kurzzeitig leicht erholen (siehe Jahreschart) ...
... doch mussten Chevron, ExxonMobil, selbst Gazprom in den vergangen Wochen teils massive Gewinneinbußen verkünden. Auch BP konnte sich diesem Abwärtstrend nicht entziehen. Der Gewinn des britischen Ölkonzerns ist auf 8 Milliarden US-Dollar zusammengeschrumpft, nach 24 Milliarden US-Dollar im Vorjahr (siehe hier). Im vergangenen Quartal schrieb BP gar rote Zahlen – knapp eine Milliarde US-Dollar betrug der Verlust, der hauptsächlich auf Projektabschreibungen in der Nordsee und Angola zurückzuführen ist. Es kommt in der Ölindustrie nicht häufig vor, dass ein großer Förderkonzern einen Verlust ausweisen muss.
BP-Chef warnt vor historischem Öl-Crash
Dabei scheint das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Davor warnt nun ausgerechnet BP-Chef Bob Dudley. Gegenüber Journalisten sprach Dudley von einem „tosenden Sturm“, der die Industrie erwischt habe. Angesichts des massiven Preisverfalls stehe die Ölindustrie vor einer historischen Krise. Die Lage sei zuletzt in den 80er Jahren so ernst gewesen, so der BP-Chef.
"OPEC ist Schuld"
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Es sind deutliche Worte, die Bob Dudley wählt. Auch wenn es darum geht, einen Schuldigen für die Ölpreis-Krise zu finden. Denn für den BP-Chef steht fest: Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) ist Schuld an dem Desaster. Aus zahlreichen Gesprächen mit OPEC-Vertretern habe Dudley laut "manager magazin" erfahren, dass die Organisation den Ölpreisverfall gezielt anheize.
Auch wallstreet:online hatte immer wieder die These vertreten, wonach die OPEC den Ölpreis absichtlich nicht stabilisiere, um so die boomende Fracking-Industrie in den USA in die Knie zu zwingen. Es tobe ein „spannender Machtpoker um den Ölpreis“, schrieb w:o im Oktober. Inzwischen steht fest: Das anfängliche Tauziehen zwischen der OPEC und der Fracking-Industrie hat sich zu einem handfesten-Ölpreis-Krieg entwickelt, bei dem es nur Verlierer geben könne, meint Bloomberg-Autor Leonid Bershidsky (Lesen Sie hierzu: „Amerika wird den Ölpreis-Krieg verlieren, siegen wird Russland“). Ein Verlierer könnte möglicherweise schon feststehen: Das Nordsee-Öl. „Wir stehen kurz vor dem Kollaps“, warnte zuletzt Robin Allan, Chef des britischen Branchenverbandes Brindex (wallstreet:online berichtete).
Von wegen Krise - Eni-Chef rechnet mit Ölpreis von 200 US-Dollar
Glaubt man den Aussagen von Allan, Dudley und Co., so muss einem angst und bange werden. Steht der Öl-Crash tatsächlich unmittelbar bevor? Andere Branchenvertreter halten dagegen. Ihr Argument: Aufgrund der sinkenden Ölpreise müssen immer mehr unrentable Förderstätten geschlossen werden. In der Tat gingen in den USA bereits bei den ersten Fracking-Bohrungen das Licht aus. Experten rechnen deshalb damit, dass es schon bald zu einem Förderdefizit kommen wird. Gemäß den Gesetzen von Angebot und Nachfrage würden die Ölpreise dann wieder steigen. Claudio Descalzi, Chef des italienischen Energieunternehmens Eni, geht sogar so weit einen Ölpreis von 200 US-Dollar zu prophezeien (Siehe: Aufgepasst! Darum wird der Ölpreis bald bei 200 US-Dollar liegen).
Die Aussagen könnten kaum unterschiedlicher sein. Ein Ölpreis von 200 US-Dollar oder ein historischer Öl-Crash? Fest steht: Die Ölindustrie steht am Scheideweg.