Sorgen um die US-Tochter
Deutsche Bank droht Scheitern bei US-Stresstest - Aktie deutlich im Minus
FRANKFURT/NEW YORK (dpa-AFX) - Sorgen um die US-Tochter der Deutschen Bank haben am Montag den jüngsten Aufwärtstrend der Aktie gestoppt. Die Papiere des größten deutschen Kreditinstituts verloren bis zum späten Montagvormittag nahezu eineinhalb Prozent an Wert, während der Leitindex Dax 0,25 Prozent zulegte.
Das "Wall Street Journal" ("WSJ") hatte am Wochenende berichtet, dass die US-Tochter Deutsche Bank Trust ebenso wie die US-Sparte der spanischen Großbank Santander am Stresstest der US-Notenbank Fed scheitern könnten. In der vergangenen Woche hatten Banken europaweit noch von der Aussicht auf eine Einigung im Griechenland-Schuldenstreit profitiert.
Die Aufseher sehen dem "WSJ"-Bericht zufolge dabei weniger Probleme bei der Kapitalausstattung als vielmehr qualitative Defizite im Berichtswesen, der Risikokontrolle und bei der Überwachung der Unternehmensführung. Dabei geht es beispielsweise um die Bemessung potenzieller Verluste bei Kredit-Engagements.
Die Fed wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Erste Ergebnisse des diesjährigen Belastungstests für die Banken in den USA soll es am 5. März geben, die vollständigen Resultate am 11. März. Die Deutsche Bank wollte sich nicht dazu äußern. Ein Sprecher verwies darauf, dass die Ergebnisse noch nicht vorlägen.
Bankenexperte Andreas Pläsier vom Analysehaus Warburg Research sagte, die Nachricht vom womöglich erfolglosen Fed-Stresstest könne die Stimmung für das größte deutsche Geldinstitut grundsätzlich etwas belasten. "Die Deutsche Bank hat bereits angekündigt, dass sie in den USA weiter investieren muss", sagte der Experte. Sollte sie nun tatsächlich nicht das Okay der Fed erhalten, würde das heißen, dass sie nachbessern müsse. Und das würde in jedem Fall größere Investitionen bedeuten. Positiv sei aber, dass in den USA die Kapitalausstattung ausreichend sei und es eher um eine Bewertung der Risiken gehe.
Als Sanktionsmöglichkeiten könnte die Fed der Deutschen Bank untersagen, Dividenden von der US-Tochter an die Muttergesellschaft zu zahlen. Allerdings dürften die Auswirkungen davon relativ begrenzt sein. Der Deutsche Bank Trust stand zuletzt für weniger als 5 Prozent der Bilanzsumme des Konzerns.
Die Deutsche Bank mit ihrem umfangreichen US-Geschäft steht seit langem unter massiven Druck der dortigen Aufsichtsbehörden. Neue Regeln zwingen Auslandsbanken, mehr Kapital in den USA vorzuhalten. So will die Fed gewährleistet, dass das Geld in einer Krise auch zur Verfügung steht.
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Bislang hatte es Einigkeit unter den Regulierern weltweit gegeben, dass die Aufseher der Heimatländer die Entscheidungshoheit über die Kapitalpuffer der Finanzkonzerne haben. Im vergangenen Jahr war dann ein Brief bekannt geworden, in dem die Fed unter anderem schlampige Buchführung, unzureichende Kontrollen und mangelhafte technische Systeme bei der Deutschen Bank bemängelte. Damals betonte das Institut, intensiv daran zu arbeiten, ihre Kontrollen und Systeme zu stärken. Damit will das Institut auch windige Geschäftspraktiken von Mitarbeitern vermeiden, die dem Institut bereits hohe Strafen eingebrockt haben.
Die spanische Santander, die in den USA ein umfangreiches Privatkundengeschäft betreibt, unterliegt bereits Restriktionen beim Mittelabfluss aus den USA, nachdem sie beim Stresstest im vergangenen Jahr gerügt worden war. Ebenfalls Mängel stellte die Fed damals bei der US-Bank Citigroup sowie auch bei den US-Töchtern von HSBC und der Royal Bank of Scotland (RBS) fest. Die Deutsche Bank muss sich in diesem Jahr zum ersten Mal der Überprüfung unterziehen.
Die Stresstests haben die Aufsichtsbehörden nach der Finanzkrise eingeführt, um die Krisenfestigkeit der Institute zu überprüfen. Dabei spielen sie neue Krisenszenarien durch. Damit soll sichergestellt werden, dass die Geldhäuser ihr Kapitalpolster durch Ausschüttungen nicht zu stark angreifen. Je weniger Kapital eine Bank vorhält, desto schlechter kann sie Marktturbulenzen verkraften. Da die Banken zuletzt ihre Kapitalpuffer deutlich gestärkt haben, konzentrierten sich die US-Aufseher zuletzt stärker auf qualitative Themen./enl/jha/tav