checkAd

    US-Ökonom Krugman redet Klartext  3309  3 Kommentare Sparen als Allheilmittel gegen die Krise? Ein deutscher Trugschluss, der ins Desaster führt

    Paul Krugman profiliert sich einmal mehr als erbitterter Gegner der europäischen Sparpolitik. Diese basiere nicht nur auf „Theorien, die ins Desaster führen“, sondern vor allem auf einem deutschen Trugschluss. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger geht sogar so weit, Finanzminister Wolfgang Schäuble eine „erstaunliche Umdeutung der Geschichte“ vorzuwerfen.

    „Sparen, sparen, sparen“, ist das Mantra der Stunde. Das muss in diesen Tagen einmal mehr die griechische Regierung erkennen, die von der Eurogruppe zu weiteren Sparmaßnahmen verdonnert wurde. Ohne Sparpolitik kein Finanzhilfen, so einfach ist das. Oder auch nicht. Denn der Schuldenstreit mit Griechenland hat nicht nur das Thema Eurokrise wieder zurück auf die Tagesordnung gebracht, sondern auch die Debatte über Sinn und Unsinn einer solchen Austeritätspolitik (Lesen Sie hierzu auch: Europas Gretchenfrage: Schulden machen oder Schulden abbauen?)

    Einer, der die Sparmentalität aufs Schärfste kritisiert, ist US-Ökonom Paul Krugman. Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ bezeichnete er die Sparpolitik in Griechenland als „unglaublich destruktiv“. Eine gewisse Sparpolitik sei zwar im Fall der Griechen vermutlich nicht zu vermeiden gewesen, „aber doch nicht in dieser Größenordnung!“, poltert Krugman. Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Höhe von 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hätten die wirtschaftliche Lage des Landes ganz sicher nicht verbessert. Im Gegenteil, aus Sicht des US-Ökonoms hätte eine mildere Sparpolitik weit weniger gekostet, als später de facto nötig war. Und Griechenland würde es jetzt viel besser gehen, so Krugman.

    Sparpolitik als Allheilmittel in der Krise? Ein deutscher Trugschluss!

    Dass Europa mit einem eisernen Sparmantra auf die Eurokrise reagiert, hält Krugman nicht nur für falsch, seiner Meinung nach handele es sich um Theorien, „die ins Desaster führen“. Die Wirtschaft sei ein Kreislauf, erklärt er. „Wenn also der private Sektor überschuldet ist und kürzt, und dann auch der staatliche Sektor die Ausgaben zurückfährt, wer soll dann noch kaufen? Es kann einfach nicht funktionieren, wenn alle es zur selben Zeit tun.“

    Laut Krugman basiert die gerade von Deutschland so vehement vertretene Idee, mit Sparen ließe sich die Krise überwinden, auf einem Trugschluss. So hätten die Deutschen die Erfahrung gemacht, dass ihre Sparpolitik erfolgreich war. Aus diesem Grund würden sie nun von den anderen Euro-Ländern erwarten, es ihnen gleichzutun und ebenfalls zu sparen. Doch für Krugman stehe Deutschland nicht wegen sondern trotz der Sparpolitik heute so gut da. „Deutschland konnte mit massiven Handelsüberschüssen wirtschaften und damit seine Einnahmen trotz Einsparungen im Haushalt halten, weil es diesen großen schuldenfinanzierten Boom in Spanien und den anderen Ländern gab.“

    „Klarer Zusammenhang zwischen Sparen und wirtschaftlichem Niedergang“

    Wenn Deutschland nun seine eigene Erfahrung zum Modell mache und die anderen Länder zum Sparen auffordere, dann sei das für Krugman zwar „verzeihlich“, aber dennoch falsch. Oder sogar schädlich, denn: Es gebe einen klaren Zusammenhang zwischen der Austerität und dem wirtschaftlichen Niedergang, so der Nobelpreisträger, der vorrechnet: „Jeder Euro, den die Staaten gespart haben, hat 1,3 bis 1,5 Euro des Bruttoinlandsprodukts gekostet, darum sind die Wirtschaften geschrumpft.“

    Als „erstaunliche Umdeutung der Geschichte“ bezeichnet der US-Ökonom deshalb die von Finanzminister Wolfgang Schäuble so eisern vertretene These, die Probleme der Euro-Zone seien dadurch verursacht worden, dass sich die Regierungen der Krisenländer überschuldet hätten. „Tatsächlich sind doch die Märkte heißgelaufen, aber dann heißt es, die Regierungen hätten unverantwortlich gehandelt.“ Krugman zufolge seien die großen Budgetdefizite in Spanien, Italien und Irland erst durch das Platzen der Immobilienblase entstanden. Entsprechend könne es jetzt nicht die Lösung sein, Ausgaben zu kürzen und Steuern zu erhöhen. Vielmehr müsse man etwas tun, „was der Wirtschaft wirklich hilft“, fordert Krugman. Dazu gehört nach Ansicht des US-Ökonomen auch, die Verantwortung nicht allein den Schuldnern zuzuschieben. Krugman sieht die Gläubiger ebenso in der Pflicht wie die Schuldner, da klar sei, wenn jemand ohne ordentliche Prüfung einen Kredit vergebe und die Sache schief laufe, dass dann auch der Gläubiger einen Teil des Verlusts tragen müsse. In Europa müssten aber die Schuldner alles allein zahlen, beklagt Krugman.




    wallstreetONLINE Redaktion
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Melden Sie sich HIER für den Newsletter der wallstreetONLINE Redaktion an - alle Top-Themen der Börsenwoche im Überblick! Verpassen Sie kein wichtiges Anleger-Thema!


    Für Beiträge auf diesem journalistischen Channel ist die Chefredaktion der wallstreetONLINE Redaktion verantwortlich.

    Die Fachjournalisten der wallstreetONLINE Redaktion berichten hier mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerredaktionen exklusiv, fundiert, ausgewogen sowie unabhängig für den Anleger.


    Die Zentralredaktion recherchiert intensiv, um Anlegern der Kategorie Selbstentscheider relevante Informationen für ihre Anlageentscheidungen liefern zu können.


    Mehr anzeigen

    US-Ökonom Krugman redet Klartext Sparen als Allheilmittel gegen die Krise? Ein deutscher Trugschluss, der ins Desaster führt Die europäische Sparpolitik basiere nicht nur auf „Theorien, die ins Desaster führen“, sondern vor allem auf einem deutschen Trugschluss. Nobelpreisträger Paul Krugman wirft Wolfgang Schäuble gar eine „erstaunliche Umdeutung der Geschichte“ vor.