WOCHENAUSBLICK
Geht der Dax-Sturmlauf weiter? Experten sind uneins
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat mit seinem wochenlangen Sturmlauf eine Rekordmarke nach der anderen aufgestellt. Vor allem Minizinsen, welche Aktieninvestments gegenüber festverzinslichen Anlagen begünstigen, treiben den deutschen Leitindex an. "Er läuft und läuft und läuft - was einst für den Käfer galt, gilt nun für den Dax", konstatiert Marktbeobachter Daniel Saurenz von Feingold Research. Ob das so weitergeht, daran scheiden sich allerdings die Meinungen der Experten.
"Im Vergleich zu Staatsanleihen sind Aktien noch immer günstig", so Saurenz weiter. Die mangelnde Rendite bei zinsabhängigen Anlagen treibe die Anleger in dividendenstarke Aktien - selbst Versorgertitel wie RWE und Eon seien ohne fundamentalen Grund wieder angesprungen.
DAX IM VERGLEICH ZU APPLE-BÖRSENWERT 'FAST EIN SCHNÄPPCHEN'
Wenn man zudem bedenke, dass der Börsenwert des US-Konzerns Apple fast 80 Prozent der Marktkapitalisierung aller Unternehmen im Dax entspreche, sei dieser bei 11 000 Punkten "fast ein Schnäppchen", meint Saurenz. Daher könnte "die Dax-Party trotz allen Korrekturbedarfs noch längst nicht am Ende sein".
In die gleiche Kerbe schlägt Marktstrategin Sarah Brylewski vom Handelshaus Ayondo, die sogar eine mögliche Zeitenwende ausruft. "Man muss mittlerweile die Frage stellen, was überhaupt fair bewertet bedeutet", gibt die Expertin zu bedenken. "In Zeiten von Nullzinsen und der Vorliebe für Dividenden rückt die Betrachtung von Kurs-Gewinn-Verhältnissen oder Kurs-Buchwerten in den Hintergrund."
UNTERSTÜTZUNG DURCH UNTERNEHMENSGEWINNE FEHLT
Titel wie Continental oder Bayer notierten bei vielen Kennzahlen "schon jenseits von Gut und Böse, weit über dem Zehnjahres-Durchschnitt", begründete Brylewski ihre Einschätzung. Sollte man Aktien in Zukunft viel höhere Bewertungen zubilligen, "dann könnte der Sprung über 11 000 Punkte im Dax in einigen Jahren als kleine Etappe auf dem Weg zu höheren Gefilden gesehen werden".
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Anderen Experten machen die Schwindel erregenden Höhen, die das Börsenbarometer mittlerweile erreicht hat, allerdings Sorgen. Die Kursrally werde nicht von entsprechend steigenden Unternehmensgewinnen flankiert, warnt etwa Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba. "Damit fehlt dem Auftrieb am Aktienmarkt die fundamentale Unterstützung, was für eine Korrektur spricht." Zudem werde die Schubkraft der nun beginnenden Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) überschätzt.
CHARTTECHNIKER SIND VORSICHTIG
Für die Wertpapierspezialisten der DZ Bank ist der Kursaufschwung "eine Vorauszahlung auf Unternehmensgewinne". Diese dürften aber trotz des Rückenwinds durch den schwachen Euro und die gesunkenen Ölpreise Mühe haben, Schritt zu halten. Denn die laufende Berichtssaison der Dax-Firmen zeige für das Schlussquartal 2014 eine erwartungsgemäße Umsatz-, aber eine enttäuschende Gewinnentwicklung. "Der Dax ist nun auf Basis aller von uns betrachteten Bewertungsindikatoren überbewertet", heißt es weiter.
Chartexperte Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin "Index-Radar" warnt derweil, dass nach einer Rally "die Kurse schnell auch mal nach unten übertreiben, wenn die Stimmung kippt". Die im historischen Vergleich hohen Bewertungen etlicher Dax-Titel deuteten auf ein baldiges Ende der Aufwärtsbewegung. Einen genauen Zeitpunkt dafür könne allerdings niemand voraussagen.
4 DAX-KONZERNE MIT ZAHLEN, EZB UND US-ARBEITSMARKTBERICHT
In der neuen Woche stehen abermals etliche Unternehmensbilanzen auf der Agenda. Aus dem deutschen Leitindex berichten am Dienstag der Pharmakonzern Merck KGaA und am Mittwoch der Konsumgüterhersteller Henkel über ihre Geschäftsentwicklung. Tags darauf folgen der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental sowie der Sportartikelhersteller Adidas .
Konjunkturseitig dürfte vor allem die EZB-Sitzung am Donnerstag sowie am Freitag der monatliche Arbeitsmarktbericht der US-Regierung die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Postbank-Experten rechnen mit einem weiteren Aufschwung am Arbeitsmarkt. Der zu erwartende, nur moderate Lohnanstieg spreche indes gegen eine zeitige Zinsanhebung durch die US-Notenbank Fed. Von der EZB würden nach der im Januar angekündigten Ausweitung des Anleiheankaufprogramms auf Staatsanleihen "keine grundlegenden Neuigkeiten erwartet"./gl/she/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---