Siegesfeier in Moskau
Merkels Absage an Moskau - Scharfe Kritik und Zustimmung
Die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, nicht an der Siegesfeier in Moskau anlässlich des 70. Jahrestages des Zweiten Weltkrieges teilzunehmen, stößt in der Linkspartei auf scharfe Kritik.
Der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi sagte ZEIT ONLINE, dass Merkel einen Tag nach den offiziellen Feierlichkeiten nach Moskau reisen wolle, sei zwar „mehr als nichts“. „Dennoch tut es mir außerordentlich leid, dass wir diese kleinkarierte Geschichtsvergessenheit miterleben müssen“, so der Fraktionsvorsitzende.
27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der damaligen Sowjetunion hätten im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren. „Ihnen und den insgesamt 65 Millionen Toten, darunter mehr als sechs Millionen Deutsche, des von Deutschland losgetretenen Krieges verweigert die Bundeskanzlerin mit ihrer Absage das notwendige und vollständige ehrende Gedenken“, sagte Gysi ZEIT ONLINE.
Ähnlich äußerte sich der außenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Wolfgang Gehrke. Merkels Absage sei „falsch und peinlich“, sagte er ZEIT ONLINE. Differenzen mit Russland und Präsident Wladimir Putin müssten in dieser Frage hintanstehen. „Eine Teilnahme an den Feierlichkeiten auf dem Roten Platz ist für die Bundeskanzlerin eine historische Verpflichtung“, so Gehrke.
Unterstützung von der eigenen Partei und vom Koalitionspartner
Unterstützung bekam Merkel dagegen aus der SPD. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, sprach von einer „vernünftigen Entscheidung“. Entscheidend sei, dass es ein gemeinsames Gedenken in Moskau gebe. „Man kann das aktuelle politische Geschehen nicht ausklammern. Derzeit sind die politischen Voraussetzungen für die Teilnahme an den offiziellen Feierlichkeiten nicht gegeben“, sagte er ZEIT ONLINE.
Ähnlich äußerte sich SPD-Vize-Fraktionschef Rolf Mützenich. „Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist schwer vorstellbar, dass ein deutsches Regierungsmitglied an den Siegesfeierlichkeiten teilnimmt“, sagte er ZEIT ONLINE. „Wichtig ist, dass wir mit Putin im Gespräch bleiben“, betonte er. Dies sei aber durch Merkels Reise nach Moskau einen Tag nach der Militärparade sichergestellt.
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Rückhalt bekam Merkel auch aus ihrer eigenen Partei. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röntgen, nannte Merkels Vorhaben einen „klugen Kompromiss, der sowohl die Vergangenheit würdigt als auch der Gegenwart gerecht wird“.