Showdown im Wölbern-Prozess
Gewerbsmäßige Untreue - Bei Verurteilung plant Ex-Wölbern-Chef Schulte Gang zum BGH
Showdown in einem der großen Anlageskandale und eines der größten Wirtschaftsstrafverfahren der letzten Zeit: Am Montag soll im Landgericht Hamburg das Urteil im Prozess gegen den Medizinprofessor und ehemaligen Chef des Fondshauses Wölbern Invest Heinrich Maria Schulte gesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft wirft Schulte gewerbsmäßige Untreue in mehr als 300 Fällen mit einem Volumen von rund 147 Millionen Euro vor. Die Ankläger fordern eine Gesamtstrafe von zwölf Jahren Haft.
Verurteilung nicht das Ende der Fahnenstange
Bereits am vergangenen Verhandlungstag ließen die Anwälte Schultes in ihren Plädoyers durchblicken, dass sie nicht ernsthaft mit dem geforderten Freispruch rechnen, schreibt das "manager magazin". Sollte es am Montag zu einer Verurteilung kommen, wäre das nach Angaben eines der Verteidiger Schultes noch längst nicht das Ende des Falles vor Gericht. Der Angeklagte ist mit seinen Anwälten offenbar gewillt, den Gang durch weitere Instanzen zu beschreiten, wenn nötig bis zum Bundesgerichtshof (BGH).
Das geht aus einer Stellungnahme von Schultes Anwalt Arne Timmermann hervor, aus der das „manager magazin" zitiert. "Ob sich unsere Rechtsauffassung am Ende durchsetzt, wird voraussichtlich erst der BGH entscheiden", schrieb Timmermann wörtlich. Und mit Blick auf das bevorstehende Urteil und den erhofften Freispruch: Illusionen über ein "Wunder" mache sich sein Mandant nicht.
Der Hintergrund - Razzia, Insolvenz, Schadenersatzklagen
Heinrich Maria Schulte wird gewerbsmäßige Untreue in 360 Fällen vorgeworfen. Im Zeitraum von August 2011 bis September 2013 soll er insgesamt 147 Millionen Euro aus etwa 30 geschlossenen Immobilienfonds von Wölbern Invest unrechtmäßig entnommen und zum Teil für private Dinge zweckentfremdet haben. Betroffen sind rund 35.000 Anleger, die ca. 1,1 Milliarden Euro in Wölbern-Immobilienfonds vornehmlich in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und Frankreich investiert haben und vor dem Totalverlust stehen (siehe: "Anlegern von Wölbern Invest droht Totalverlust“)
Sowohl Schulte, der nach der September 2013 erfolgten Razzia in Untersuchungshaft sitzt, als auch seine Verteidiger haben die Vorwürfe vor Gericht zurückgewiesen. "Ich habe mich weder privat bereichern noch Anleger vorsätzlich schädigen wollen", sagte der 60-jährige Medizinprofessor zum Prozessauftakt im Mai vergangenen Jahres vor dem Hamburger Landgericht.
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Nachdem das gesamtes Vermögen Schultes eingefroren wurde, mussten mehrere Gesellschaften des bundesweit agierenden Medizinverbundes Endokrinologikum mit Hauptsitz in Hamburg Insolvenzverfahren eröffnen. Auch das Emissionshaus Wölben Invest musste den Schritt vor das Insolvenzgericht gehen (Lesen Sie hierzu: Wölbern-Anlageskandal treibt Medizin-Unternehmen in die Insolvenz und Fondsemissionshaus Wölbern Invest stellt Insolvenzantrag)
Zuletzt rückte eine weitere prominente Akteurin den Fokus: Die internationale Anwaltskanzlei Bird & Bird. 29 Immobilienfonds von Wölbern Invest haben gegen die weltweit tätige Sozietät beim Landgericht Hamburg eine Schadensersatzklage eingereicht (siehe: Umstrittene Finanztransfers: Wölbern-Invest-Fonds verklagen Kanzlei Bird & Bird auf Millionen Schadensersatz sowie: „Millionenklage von Wölbern-Fonds gegen frühere Anwälte von Ex-Wölbern-Chef Schulte“).
Im November berichtete wallstreet:online über sieben Immobilienfonds die den ehemaligen Geschäftsführer Patrick Hemmingson auf Schadensersatz verklagt haben (siehe: Wölbern Fonds ziehen gegen Ex-Geschäftsführer Hemmingson vor Gericht).