Grexit-Disput
„Weitere Haftungsrisiken geben Mord- und Totschlag“
Im Fall eines Austritts Griechenland aus der Eurozone, dem so genannten Grexit, fordern die Vertreter der Institutionen (vormals Troika genannt) sowie europäischer Regierungen eine Vertiefung der verbleibenden Währungsunion.
Dabei haben die Spitzenpolitiker weniger die unmittelbaren Folgen und Ansteckungsgefahren eines Grexits im Blick, sondern die Konsequenzen, sollt ein weiteres Euro-Land später in eine ähnliche Schieflage geraten. „Dagegen müssen wir die Währungsunion so schnell wie möglich wappnen“, zitiert die „Welt am Sonntag“ ein ranghohes Regierungsmitglied eines großen Euro-Staates. Ähnlich äußerten sich Vertreter der Institutionen aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission sowie europäische Regierungspolitiker.
Politik des Durchwurstelns bringt Euro-Zone zu Fall
Der Ruf nach weiteren Reformen der Währungsunion hallt auch aus den Reihen SPD-naher Wirtschaftsexperten. „Die Weiterentwicklung der Währungsunion ist das vergessene Kind der Krise“, sagte Henrik Enderlein, Wirtschaftsprofessor an der Berliner Hertie School of Governance der „Welt am Sonntag“. „Dabei kann die Währungsunion in ihrer jetzigen Verfasstheit nicht überleben. Die Politik des Durchwurstelns wird besser als jede Krise die Währungsunion zum Einsturz bringen.“
Weitere Haftungsrisiken geben Mord- und Totschlag
Allerdings seien die Deutschen nicht zur Übernahme weiterer Haftungsrisiken bereit, glaubt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. „Ich würde als Politiker alles unternehmen, damit sich der deutsche Steuerzahler nicht weiter aufregen muss“, sagte Bofinger der „Welt am Sonntag“. Eine gemeinsame europaweite Arbeitslosenversicherung etwa gebe „Mord- und Totschlag. Solch ein Schritt wirkt destruktiv auf den Integrationsprozess, weil viele Wähler dies als Transferunion ansehen würden.“
Euro-Bonds und Gemeinschaftshaftung braucht Europa nicht
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Vor einer Erhöhung der gemeinsamen Schuldenhaftung warnt auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. „Euro-Bonds oder andere Formen von Gemeinschaftshaftung braucht Europa nicht“, sagte Fratzscher der Zeitung. Europa brauche stärkere Regeln, damit nicht alle Mitgliedstaaten für das Fehlverhalten einzelner Länder gerade stehen müssen. „Gerade deshalb brauchen wir einen europäischen Finanzminister mit Eingriffsrechten in die nationalen Haushalte. Ein europäischer Finanzminister sollte sich auch über eine eigene Steuerabgabe finanzieren können.“
Ist "Grexit" von Gestern und die Zukunft liegt im "Grimbo"?