Thomas Straubhaar
Mehr Familieneigentum, weniger Sozialismus - Der böse Onkel Marx soll nicht erben!
Erbschaftssteuer, ja oder nein? Auf keinen Fall, meint der Ökonom Thomas Straubhaar. Das von Generation zu Generation angehäufte Familieneigentum müsse vor dem bösen Onkel Marx geschützt werden.
Ob in Märchenbüchern oder in Disneyfilmen, immer gibt es die gleiche klassische Rollenverteilung: Der liebe Papa, die gutmütige Mama …. und der böse Onkel. Nehmen wir den Disney-Klassiker der König der Löwen: Hier möchte der eherne König Mufasa das gesamte Königreich seinem Sohn Simba vermachen. Das gefällt Scar, dem Bruder des Königs, ganz und gar nicht. Mit allen Mitteln versucht er deshalb, seinem Neffen das Erbe streitig zu machen.
In gewisser Hinsicht lässt sich dieses Rollenverteilung auch auf die Diskussion um die Erbschaftssteuer übertragen. Nur, dass der böse Onkel in diesem Fall nicht Scar heißt, sondern Karl Marx. Zumindest wenn es nach Thomas Straubhaar, ehemaliger Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), geht.
Erbschaft ist das „Herzstück europäischer Gesellschaften“
In seiner Kolumne für die „Welt“ bezeichnet Straubhaar das Erbe als „Herzstück europäischer Bürgergesellschaften“. Die Möglichkeit, den Kindeskindern über das eigene Leben hinaus etwas hinterlassen zu können, schaffe die für das langfristige Überleben einer bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft so fundamental wichtigen familiären DNA-Ketten, so Straubhaar.
Seiner Meinung nach sei Vererbung ein zentraler Grund für Familien, Vermögen zu bilden und „Apfelbäumchen für kommende Generationen zu pflanzen.“ Eine Erbschaftssteuer verhindert aber sozusagen die Ernte dieser Apfelbäumchen.
Sie würde „das starke Band der Familie“ sprengen, glaubt er. Das wiederum „würde Karl Marx gefallen“, da jede Schwächung des Privateigentums eine Stärkung des Sozialismus bedeute. Doch genau dieser ist in Sachen Erbschaftssteuer fehl am Platz, findet Straubhaar. Das Erbe zu besteuern führe nämlich nicht zu mehr Gleichheit, sondern zu weniger Chancen für alle. Beim Vermögen aus Erbschaften gebe es keinen Unterschied zwischen arm und reich, sprich ärmere Familien würden prozentual gesehen genauso viel weitervererben wie reichere. „Die relative Bedeutung von Erbschaft nimmt also mit steigendem Privatvermögen nicht etwa zu. Sie bleibt konstant“, schreibt Straubhaar.
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Weil der Wunsch und der Wille, den Familienangehörigen etwas zu hinterlassen, nichts mit dem Wohlstand zu tun hätten und weil es beim Erbe um mehr ginge als Besitz und Vermögen von Generation zu Generation weiterzugeben, plädiert der Ökonom dafür, die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Denn: „Es geht auch um Werte, Umgangsformen, Verhaltensweisen und Traditionen. Und diese dürften eben eher bürgerlich-kapitalistisch als sozialistisch sein.“ Genau deshalb gelte es in einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung, das private Familieneigentum auch über den Tod hinaus zu schützen. Für die Familie und gegen den bösen Onkel Marx sozusagen.
Was sagt Onkel Marx dazu?
Dieser würde im Gegenzug wahrscheinlich argumentieren, dass Apfelbäumchen nicht aus dem Nichts entstehen können. Vielmehr brauchen sie Erde, Wasser und Pflege. Dinge, die nicht nur die Familie selbst, sondern vor allem die Gemeinschaft zur Verfügung stellt. Wäre es demnach nicht tatsächlich gerechter, diese dann auch bei der Ernte zu bedenken anstatt die Äpfeln einzig und allein den Erben zu überlassen?