Praktikum im Investmentbanking
Als Erster kommen, als Letzter gehen - doch Goldman Sachs macht Schluss damit
Wenn das mal nicht mitarbeiterfreundlich ist: Die Investmentbank Goldman Sachs empfiehlt ihren neuen Praktikanten, nicht mehr als 17 Stunden am Tag zu arbeiten. Sympathiepunkte garantiert.
Für eine gehobene Work-Life-Balance sind Jobs bei Investmentbanken nicht gerade bekannt. Trotzdem zieht die Branche immer wieder reihenweise Praktikanten an. Viele von ihnen wollen alles geben, um einen der heiß begehrten Jobs zu ergattern. Allein in der Investmentbanking-Sparte von Goldman Sachs werden in diesem Sommer knapp 3000 Praktikanten versuchen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das berichtet das „manager-magazin“.
Damit sich die neuen Praktikanten nicht länger überarbeiten, gibt Goldman Sachs ihnen nun einen ganz besonderen Ratschlag mit auf den Weg: Praktikanten sollen höchstens 17 Stunden am Stück arbeiten, denn zwischen Mitternacht und 7 Uhr morgens seien sie im Büro unerwünscht.
Praktikanten dürfen also nicht mehr nachts arbeiten. Für viele hört sich das nach einer Selbstverständlichkeit an. Im Investmentbanking jedoch nicht. Allein, dass die Empfehlung an die Praktikanten tatsächlich weltweit zur Nachricht geworden ist, zeigt: In der Investmentbanking-Branche scheinen die Uhren noch anders zu ticken. Das belegt auch ein anderes Beispiel: Anfang Juni veröffentlichte das „Wall Street Journal“ die Mail eines Analysten der Großbank Barclays. Betreff der Mail, die Justin Kwan an die baldigen Praktikanten seiner Gruppe schickte: „Willkommen im Dschungel“.
Doch damit nicht genug. Kwan übermittelt den Praktikanten eine Liste von Regeln. Eine Art zehn Gebote für Praktikanten. Und die Regeln reichen von abstrus bis schockierend. So empfiehlt Kwan männlichen Praktikanten, am ersten Tag unbedingt eine Fliege und/oder Hosenträger zu tragen. Überhaupt ist der dringende Appell, nie das Sakko auszuziehen. „Das ist Investmentbanking, Damen und Herren.“ Andere Regeln sind wohl höchstens sarkastisch zu verstehen. So empfiehlt Kwan den Praktikanten, stets eine extra Krawatte dabeizuhaben: „Man weiß nie, wann der Vorgesetzte keine Servietten mehr hat.“ Wenn das keine gelebte Nächstenliebe ist.
Weniger lustig sind die Regeln zur Arbeitszeit, die Kwan den jungen Schützlingen mit auf den Weg gibt. „Wir erwarten, dass ihr jeden Abend die letzten seid … egal was passiert.“ Und: Früher als der Chef da sein, das wäre richtig klasse. Am besten sei es sowieso, ein Kissen oder eine Yoga-Matte mit ins Büro zu bringen: „Das macht das Schlafen unter dem Schreibtisch viel bequemer.“
Immerhin: Statt Lorbeeren für seine Mail zu ergattern, stellte Barclays klar, dass die Maßnahme nicht genehmigt war. Und Kwans Kapitel bei der Bank ist zu Ende.