Griechenland
Jetzt gehen sich die Gläubiger an die Gurgel - War's das mit der Einigung?
Eine Einigung im griechischen Schuldendrama scheint zum Greifen nah. Doch ein neuer Streit droht die Verhandlungen wieder einmal platzen zu lassen.
Die erste Halbzeit der Verlängerung im Grexit-Poker hat begonnen. Die Euro-Finanzminister kommen am Mittwoch zusammen, um „Details des griechischen Reformplans abzuschließen“, teilte der EU-Ministerrat mit. Die angestrebte Vereinbarung gilt als Entscheidungsgrundlage für den regulären EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag. Dann, so die Hoffnung, könnte es endlich zu einer Einigung kommen. Doch ein neuer Streit droht die Verhandlungen wieder einmal platzen zu lassen.
An und für sich ist ein Streit im griechischen Schuldendrama keine Seltenheit. Im Gegenteil, seit Monaten liefert sich Athen öffentliche Wortgefechte mit den Geldgebern. Mal ist es die griechische Regierung, die den Gläubigern Waterboarding oder Mafia-Methoden vorwirft. Mal sind es Vertreter der Institutionen, die gegen Athen ätzen. So sagte IWF-Chefin Christine Lagarde nach den gescheiterten Verhandlungen der vergangenen Woche: „Meiner Meinung nach ist es das Dringendste, wieder zu einem Dialog mit Erwachsenen im Raum zu kommen“ (wallstreet:online berichtete).
„IWF spielt mit dem Feuer“
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, soll nun ein neuer Streit entbrannt sein. Aber dieses Mal nicht zwischen Griechenland und seinen Gläubigern. Vielmehr sollen nun die Gläubiger selbst aneinandergeraten sein. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wirft der EU-Kommission offenbar vor, eine mögliche Einigung mit der griechischen Regierung zu verwässern. Aus Gläubigerkreisen hieß es demnach, für den IWF sei es nicht hinnehmbar, wenn immer stärker von dem ursprünglichen Forderungspapier abgewichen werde.
Die EU-Kommission sei zu nachgiebig, weil sie sich nicht an dem zwischen den drei Institutionen ausgehandelten Papier orientiere, sondern an den Vorstellungen Athens, so der Vorwurf des IWF. Die EU-Vertreter schießen zurück und kritisieren ihrerseits das Verhalten des Währungsfonds. „Der IWF scheint an einem Deal nicht interessiert zu sein“, zitiert die „SZ“ einen EU-Diplomaten. Der Fonds spiele mit dem Feuer.
Unterdessen scheint auch Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras mit dem Feuer zu spielen. Je näher eine Einigung mit den Geldgebern rückt, desto stärker wird er aus seinen eigenen Reihen angegriffen. Die neuen Reformvorschläge, die die Regierung den Gläubigern quasi in letzter Minute vorgelegt hat (nähere Details finden Sie hier), stoßen auf heftige Gegenwehr. Viele Syriza-Anhänger fühlen sich ans Messer geliefert und drohen mit Widerstand, berichtete wallstreet-online.
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Insbesondere der linke Parteiflügel liebäugelt öffentlich mit einer Rebellion, und auch der rechtspopulistische Koalitionspartner droht bei der Abstimmung im Athener Parlament mit Gegenstimmen. Das griechische Parlament müsste die Pläne der Regierung im Fall einer Einigung billigen, möglicherweise schon an diesem Wochenende. Zwar könnte das Sparprogramm mit Stimmen der Opposition durchs Parlament gebracht werden. Allerdings könnte die Regierungskoalition dabei ihre Mehrheit verlieren, berichtet „dpa-AFX“. Dann wäre das Chaos perfekt und dem Land drohten Neuwahlen.
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