Peeters

"Was folgt dem Dauerbrenner Griechenland in den Schlagzeilen?"

26. Juni. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Kurz vor Wochenschluss scheint es ja doch so was wie den Beginn eines Sommers zu geben. Strahlender Sonnenschein bei wolkenarmen Himmel sorgt für gute Laune. Anziehende Temperaturen beglücken die Gemüter ebenso.

In der Presse dürfte man diese Jahreszeit wie immer mit gemischten Gefühlen verfolgen. Denn die Kehrseite des deutlich erhöhten Freizeitwerts bzw. der deutlich gelichteten Reihen in den Büros dieser Republik sorgt auch für ein in dieser Jahreszeit ebenfalls wohlbekanntes und jährlich wiederkehrendes Phänomen, nämlich das „Sommerloch“. Einer Zeit, in der die Zunft, die in der Pflicht ist, täglich eine Schlagzeile zu finden, immer wieder Schwierigkeiten hat, ein besonderes, übergeordnetes Thema zu finden.

Und dieses Jahr könnte der Schuh besonders drücken, denn es droht ohnehin eine Art Vakuum, wenn das seit geraumer Zeit dominierende Thema Griechenland wieder aus den Schlagzeilen verschwindet. Seit Wochen gewinnt man als Beobachter den Eindruck, dass die Finanzmisere des südosteuropäischen Landes in den Schlagzeilen, Nachrichtensendungen und Talkshows jedes andere Problem auf der Welt verdrängt hat.

Auf dem Börsenparkett ist die Tragweite der „griechischen Tragödie“ ähnlich groß. Trotz der ökonomisch eher mäßigen direkten Relevanz des kleinen Staates, kommt kaum eine Markteinschätzung zurzeit ohne den Hinweis aus, dass die weitere Entwicklung der großen Indizes auch wesentlich davon abhänge, wie es in Sachen „Grexit“ weitergeht. Nun denn, auch wenn das Problem Griechenland sicher nicht gelöst werden wird, dürfte eine kurzfristige Entscheidung anstehen, welche die Thematik aus dem Mittelpunkt des Interesse nehmen könnte, zumindest für einige Zeit.    

Bleibt die Frage, wie das entstehende Vakuum an der Börse gefüllt wird. Richten die Anleger ihre Blicke wieder mehr auf die Zinspolitik der USA? Wird die spätestens Mitte Juli wieder aufkommende Bilanzsaison das Investoreninteresse auf sich ziehen? Nehmen Fusionen und Übernahmen weiter zu und bewegen somit die Kurse? Oder ist es die schnell gewachsene Zahl von IPOs und Kapitalerhöhungen, welche den Haupttreiber Liquidität zumindest in Teilen absorbieren können? Ebenso können externe Faktoren wie politische Entscheidungen, kriegerische Konflikte, Naturkatastrophen oder auch Terroranschläge Auswirkungen haben.

Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Zinspolitik und die damit einhergehende Liquidität Haupttreiber für die Märkte als Ganzes werden, während auf Einzelwertebene die „Earning Season“ durchaus die Spreu vom Weizen trennt. So oder so ist aber etwas Abwechslung vom Thema Griechenland wahrscheinlich und ärgern dürfte sich niemand darüber.

von Roger Peeters, Close Brothers Seydler Research AG
© 26. Juni 2015

Roger Peeters ist Head of Research bei der Oddo Seydler Bank AG, einer 100-prozentige Tochter der unabhängigen Finanzdienstleistungsgruppe Oddo & Cie, Paris. Oddo Seydler und Oddo & Cie beobachten gemeinsam mehr als 400 Aktien, Schwerpunkte sind deutsche und französische Werte. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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