Deutscher Bank drohen wegen Libor-Skandals weiter Konsequenzen der Bafin
FRANKFURT/BONN (dpa-AFX) - Im Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze drohen der Deutschen Bank auch nach dem Rücktritt von Co-Chef Anshu Jain noch Konsequenzen der Finanzaufsicht Bafin. Ein Sprecher der Behörde sagte am Montag auf Anfrage, dass sogenannte aufsichtsrechtliche Maßnahmen möglich seien. Das könnte bedeuten, dass das größte deutsche Geldhaus zu Umstrukturierungen verpflichtet wird, damit sich früheres Fehlverhalten nicht mehr wiederholen kann.
Die Bafin hatte der Bank vor wenigen Wochen die Ergebnisse ihrer intensiven Sonderprüfung zur Zinsaffäre vorgelegt. Das Institut hat nun bis Mitte Juli Zeit für eine Stellungsnahme. Danach entscheidet die Behörde über die konkreten Schritte.
Die "Financial Times" zitierte am Samstag aus einem Schreiben der Bafin-Kontrolleurin Frauke Menke an die Bank. Darin drücke sie ihr Erstaunen über die öffentliche Wahrnehmung aus, dass die Bafin nichts Belastendes gegen das Top-Management der Bank gefunden habe und keine Maßnahmen der Bankenaufsicht erwartet würden. "Ich möchte ausdrücklich klar machen, dass dies nicht korrekt ist."
In dem Schreiben soll Menke Jain direkt belasten. "Ich sehe die Verfehlungen, wegen derer Herr Jain beschuldigt wird, als schwerwiegend an", zitiert das Blatt weiter. Er habe etwa durch eine Veränderung der Sitzordnung im Handelssaal ein Umfeld geschaffen, "dass eine Ausnutzung von Interessenskonflikten förderte".
Zudem verdächtige die Bafin Jain, bei der Aufklärung der Vorwürfe getäuscht zu haben. So soll er schon 2008 von Gerüchten über die Libor-Tricksereien gehört zu haben. Gegenüber der Bundesbank hatte Jain 2012 aber angeben, erst Mitte 2011 von den Manipulationsversuchen erfahren zu haben. Die Bafin wollte sich zu dem Schreiben nicht äußern.
Die Deutsche Bank wies die Darstellung zurück. Der Bafin-Bericht bestätigte die Ergebnisse der internen Untersuchungen, wonach kein heutiges oder früheres Mitglied des Vorstands oder des erweiterten Vorstands Mitarbeiter angewiesen habe, Interbankenzinssätze zu manipulieren. Zudem habe kein Top-Manager von den Verfehlungen vor Juni 2011 Kenntnis gehabt. Viele der Kontrollthemen, bei denen die Bafin in ihrem Bericht Bedenken geäußert habe, seien inzwischen behoben.
Eines der schärfsten Schwerter der Bafin ist die Abberufung von Vorständen. Allerdings hatte Jain Anfang Juni seinen Rücktritt zum 30. Juni erklärt. Er wird durch den Briten John Cryan ersetzt. Nach Bankangaben hat die Rücktritt Jains nichts mit den Bafin-Ermittlungen zu tun.
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Die Verwicklungen in die Zinsaffäre haben der Deutschen Bank bereits rund drei Milliarden Euro an Strafen gekostet. Damit büßte das Institut weltweit bislang am stärksten für die verbotenen Absprachen bei wichtigen Zinssätzen, mit denen Händler die Kurse manipulierten, um eigene Geschäfte zu fördern.
Derweil ruft der Bafin-Bericht laut "FT" (Montag) nun auch die New Yorker Finanzbehörde DFS auf den Plan. Sie untersuche mögliche Manipulationen beim Derivate-Referenzwert Isdafix. Der Zeitung zufolge soll die Bafin in ihrem Bericht festgestellt haben, dass ein Händler der Deutschen Bank zum Nachteil der Fondsgesellschaft Pimco 2010 bei diesem Referenzwert getrickst hat. Beim Isdafix laufen bereits von anderen Behörden Ermittlungen gegen zahlreiche Investmentbanken./enl/zb/stb