Griechenland-Krise
Notstandskredite für Griechenland zur Abwendung humanitärer Notlage?
Egal, wie das Referendum um den Spar- und Reformkurs am heutigen Sonntag ausgeht: Griechenland ist dringend auf zusätzliche Hilfsleistungen aus dem Ausland angewiesen. „Die brauchen jetzt ganz schnell Bares“, sagte ein ranghoher Unterhändler der Gläubiger-Troika (EU-Kommission, EZB, IWF), der „Welt am Sonntag“. Demnach erwäge die Europäische Union bereits Milliardentransfers, um eine soziale Notlage abzuwenden.
Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, betont in diesem Zusammenhang, es sei die Regierung von Alexis Tsipras gewesen, die das Land in eine Sackgasse manövriert habe. „Doch dafür“, so der Sozialdemokrat gegenüber der "Welt am Sonntag", „können die Menschen ja nichts. Denen werden wir helfen.“
Notstandkredite zur Überbrückung an Griechenland
Schulz hat auch schon konkrete Vorschläge dazu: „Vielleicht werden wir Notstandskredite zur Überbrückung an Griechenland geben müssen, damit die öffentliche Versorgung aufrechterhalten werden kann
und bedürftige Menschen das Geld bekommen. Dafür wären kurzfristig Gelder in Brüssel abrufbar." Man werde "die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen", so Schulz in der "Welt am
Sonntag".
Besonders schwierig werde die Situation, wenn die griechische Bevölkerung die Reformpläne der Institutionen bei der Volksabstimmung am Sonntag ablehne, so Schulz gegenüber der Zeitung. "Aber
wenn die griechische Regierung kein Geld mehr hat, weil die Reformpläne der Partner zuvor im Referendum abgelehnt wurden, dann wird sich die Lage bestimmt nicht verbessern. Ohne neues Geld können
die Gehälter nicht ausgezahlt werden, das Gesundheitssystem funktioniert nicht mehr, die Stromversorgung und der öffentliche Transport versagen und wichtige Güter können nicht mehr importiert
werden, weil sie niemand bezahlen kann."
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Notenbank hat weniger als 100 Euro pro Bürger an Rücklagen
Der griechische Staat hatte nach IWF-Angaben vom Donnerstag schon Ende Mai nur noch weniger als eine Milliarde Euro auf Konten der Zentralbank und der privaten Kreditinstitute liegen – und demnach
weniger als 100 Euro je Bürger. Dieser Betrag dürfte inzwischen viel niedriger liegen, weil dem Fiskus die Einnahmen wegbrechen.
„Die Regierung hat vielleicht noch Geld für eine Woche, aber bestimmt nicht viel länger“, sagt ein Troika-Experte der "Welt am Sonntag". Den privaten Banken dürfte, so die verbreitete Einschätzung
in Gläubiger-Kreisen, sogar schon am Montag oder Dienstag das Geld ausgehen.
Konkret im Gespräch ist dem Vernehmen nach, die Gewinne zu nutzen, die Notenbanken im Zuge des Anleihenkaufprogramms SMP mit griechischen Staatsanleihen gemacht haben. Die Rede ist von 1,9 Milliarden Euro. Reichen würde das allerdings längst nicht. Allein für die unvermeidliche
„Rekapitalisierung“ der Geldhäuser werden von einem Troika-Fachmann auf „mindestens zehn Milliarden Euro“ Finanzbedarf veranschlagt.