checkAd

    Der Fall Thomas Meston  7875  0 Kommentare Wie ein mysteriöser Anruf das Leben eines Finanzchefs zerstörte

    Der Finanzchef eines Hedgefonds erhält einen Anruf, am anderen Ende der Leitung hört er eine panische Stimme. Er handelt umgehend – nichtsahnend, dass er gerade den wohl schwersten Fehler seines Lebens begeht.

    Freitagnachmittag, der Feierabend naht. Noch eben schnell den PC herunterfahren und dann nichts wie ab ins Wochenende. Doch kaum hat man die Hand an der Türklinke, klingelt das Telefon. Scheibenkleister, flucht man leise vor sich hin, während man zurück zum Schreibtisch geht und widerwillig den Hörer abnimmt. So dürfte es wohl auch Thomas Meston ergangen sein, als er an einem Freitagnachmittag im Dezember 2013, kurz vor Feierabend, einen Anruf erhielt.

    Einfach nicht ranzugehen war für Meston leider keine Option, immerhin war er der Finanzchef eines Londoner Hedgefonds. Also griff er zum Hörer und sofort drang die aufgeregte Stimme eines Mitarbeiters der Hausbank an sein Ohr. Dieser berichtete ihm, er habe möglicherweise betrügerische Aktivitäten auf einem Konto des Hedgefonds entdeckt. Es müsse unverzüglich gehandelt werden. Um die verdächtigen Transaktionen rückgängig zu machen und das Geld wieder zurückzuholen, brauche er jedoch die Sicherheitscodes.

    Vielleicht war es der Freitagnachmittag und das unmittelbar bevorstehende Wochenende, vielleicht war es der so überzeugend dringlich klingende Mitarbeiter oder vielleicht war es eine Mischung aus beidem. Jedenfalls tat Meston genau das, wovor wir gerade Seniorinnen und Senioren so gerne warnen: Bloß nicht seine Daten per Telefon weitergeben! Und damit nahm das Unheil seinen Lauf.

    Anruf entpuppt sich als „Freitagnachmittag-Betrug“

    Denn natürlich war der Anrufer in Wahrheit kein Bankmitarbeiter und natürlich war es auch kein Zufall, dass er ausgerechnet an einem Freitagnachmittag anrief. „Freitagnachmittag-Betrug“ heißt diese raffinierte Methode, der auch Meston auf den Leim ging.

    Wie „Bloomberg“ berichtet, generierte der Finanzchef mit dem bankeigenen Smartcard-Sicherheitssystem die entsprechenden Codes und gab sie an den Anrufer weiter. Im Glauben einen Betrug verhindert zu haben, entließ sich Meston sodann ins wohlverdiente Wochenende. Als er am Montag wieder zurück ins Büro kam, traute er seinen Augen kaum: Statt einen Betrug zu verhindern, hatte er in Wahrheit einem Betrüger Tür und Tor geöffnet. Dieser hatte dank der übermittelten Codes übers Wochenende insgesamt 742.668 Pfund (rund eine Million Euro) vom Konto des Hedgefonds geräumt.

    Geld weg, Job weg- und jetzt auch noch eine Klage am Hals

    Meston konnte es nicht fassen. Ausgerechnet er, der Finanzchef von Fortelus, soll auf einen billigen Telefontrick hereingefallen sein? Unmöglich. Meston griff zum Hörer und rief bei Coutts, der betreffenden Hausbank des Hedgefonds an. Dort bestätigte man ihm, was er bis zu diesem Zeitpunkt nicht wahrhaben wollte: Nein, einen solchen Anruf habe es laut Aufzeichnungen nie gegeben. Ja, es muss ein Betrug gewesen sein.

    Man kann wohl nur erahnen, wie Meston sich in diesem Moment gefühlt haben muss. Doch es kam noch schlimmer. Kurz darauf zog sein Arbeitgeber die Konsequenzen aus dem Vorfall und Meston war die längste Zeit Finanzchef von Fortelus gewesen. Und als wäre es nicht schon Schmach genug zu wissen, einem simplen Telefontrick zum Opfer gefallen zu sein und deshalb seinen Job verloren zu haben, ließ die nächste Hiobsbotschaft nicht lange auf sich warten. Der Hedgefonds reichte Klage gegen Meston ein. Der Vorwurf: Er habe seine Sorgfaltspflicht verletzt und die Vermögenswerte des Unternehmens nicht geschützt.

    Fahrlässig, pflichtbewusst oder einfach nur unglücklich?

    Aktuell liegt der Fall bei einem Gericht in London, das Verfahren läuft. Fortelus beharrt darauf, ihrem ehemaligen Finanzchef die alleinige Schuld an dem Vorfall zu geben. Meston auf der Gegenseite beteuert, im Sinne des Fonds gehandelt zu haben. Er habe „geglaubt, dass er einen Betrug an den Klägern verhindere, und diese Annahme war gerechtfertigt“, so die Argumentation seiner Anwälte laut Gerichtunterlagen, die „Bloomberg“ vorliegen. Darüber hinaus habe Meston im Rahmen seines Aufhebungsvertrags bereits auf Gehalts- und Bonuszahlungen in Höhe von 136.600 Pfund verzichtete, was wohl so viel heißen soll wie: Seht her, ich habe schon genug dafür bezahlt, dass ich auf diesen Betrüger hereingefallen bin.

    Für Fortelus steht dagegen der Ruf des Hedgefonds auf dem Spiel. Aus diesem Grund bemüht sich der Anwalt von Fortelus, Daniel Astaire, den Betrug als „isolierten Vorfall“ darzustellen. Fortelus habe „starke interne Richtlinien zur Betrugsprävention“, Kundenvermögen seien von dem Vorfall nicht betroffen, heißt es.

    Und was lernen wir daraus? 1.: Selbst Finanzchefs von Hedgefonds sind nicht davor gefeit, einem Telefonbetrüger auf den Leim zu gehen. Und 2.: Nie den Hörer abnehmen, wenn das Telefon Freitagnachmittag kurz vor Feierabend klingelt. In diesem Sinne, schönes Wochenende!



    wallstreetONLINE Redaktion
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Melden Sie sich HIER für den Newsletter der wallstreetONLINE Redaktion an - alle Top-Themen der Börsenwoche im Überblick! Verpassen Sie kein wichtiges Anleger-Thema!


    Für Beiträge auf diesem journalistischen Channel ist die Chefredaktion der wallstreetONLINE Redaktion verantwortlich.

    Die Fachjournalisten der wallstreetONLINE Redaktion berichten hier mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerredaktionen exklusiv, fundiert, ausgewogen sowie unabhängig für den Anleger.


    Die Zentralredaktion recherchiert intensiv, um Anlegern der Kategorie Selbstentscheider relevante Informationen für ihre Anlageentscheidungen liefern zu können.


    Mehr anzeigen

    1 im Artikel enthaltener WertIm Artikel enthaltene Werte
    Der Fall Thomas Meston Wie ein mysteriöser Anruf das Leben eines Finanzchefs zerstörte Der Finanzchef eines Hedgefonds erhält einen Anruf, am anderen Ende der Leitung hört er eine panische Stimme. Er handelt umgehend – nichtsahnend, dass er gerade den wohl schwersten Fehler seines Lebens begeht.