Halvers Woche
"Nächstes Risiko: Zinsänderungsrisiko - Vision oder Illusion?"
24. Juli 2015. MÜNCHEN (Baader Bank). Im 1. Halbjahr war das größte Risiko für die Finanzmärkte wohl Griechenland. Wenn auch definitiv nicht aufgehoben, so ist dieses Risiko zumindest
aufgeschoben.
Im 2. Halbjahr, nach der Sommerpause scheint für Anleger das Zinsänderungsrisiko im Mittelpunkt zu stehen. Das ist kein Wunder, denn für die aktuell ultraniedrigen Renditen fehlt jede
Rechtfertigung seitens der Bonität. Seit dem Zusammenbruch der Immobilienblase 2008 sind weltweit die Staatsschulden um die Hälfte auf - konservativ geschätzt - 60 Billionen US-Dollar
angestiegen. Durch das planwirtschaftliche Eingreifen der großen Notenbanken haben die Anleihemärkte allerdings ihre Funktion als marktwirtschaftliche Züchtigungsanstalten verloren. Früher noch
wurden Länder, die der Schuldenmanie verfallen waren, mit Renditerisikoaufschlägen bestraft. Heute sorgen die Notenbanken mit gedrückten Renditen dafür, dass der Zinsdienst auf die Staatsschulden
mühelos zu stemmen ist.
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Als Nebenprodukt hat die internationale Bruderschaft des billigen und üppigen Geldes die gewaltigste Anlageblase aller Zeiten - die Anleiheblase - geschaffen. Die Angst der Investoren vor der
Zins- und Renditewende ist groß. Keine Bank, keine Versicherung, keine Kapitalsammelstelle will dabei sein, wenn diese unter enormem Überdruck stehende Anlageblase platzt. Denn dann platzen
auch die dicken Buchgewinne, auf denen die Anleger sitzen wie die Henne auf ihren Eiern. Schon gar nicht will man der Letzte sein, der das sinkende Renten-Schiff verlässt. Überhaupt, eine seit
mittlerweile über 30 Jahre andauernde Anleihehausse z.B. in den USA und Deutschland schreit doch förmlich nach Gewinnmitnahmen.
Die Schwankungsbreiten beim deutschen Bund- und US-Renten-Future haben tatsächlich bereits zugenommen. Für noch mehr Volatilität sorgen administrative Handicaps. Denn während Banken früher als
große Händler noch massive Rentenbestände hielten, die sie zu Gralshütern einer volatilitätsarmen Entwicklung von Anleihen machten, sind sie heute von den
Regulierungsbehörden über höhere Kapitalkosten in ihren Handelsaktivitäten deutlich eingeschränkt. Nicht zuletzt könnte der Hochfrequenzhandel bei einer plötzlichen Marktirritation - es soll ja
schon vorgekommen sein, dass z.B. große, völlig uneigennützige US-Rentenanleger nach vorheriger Anlagedisposition einen Renten-Crash postulierten - schnell aus einer Mücke einen Elefanten
machen und einen panikartigen Herdentrieb auslösen.