Bundesregierung kritisiert Reformvorschläge
Griechenland-Deal unzureichend - Reformstrategie und Zeitplan unklar
Gestern verkündeten Athen und der Internationale Währungsfonds (IWF), die EU-Kommission, die Europäischer Zentralbank (EZB) und der Rettungsfonds ESM die Übereinkunft zur weiteren Griechenland-Strategie im sogenannten Memorandum of Understanding (MoU). Doch die Bundesregierung zeigt sich skeptisch und bekundete noch erheblichen Diskussionsbedarf bei den Reformvorschlägen für Griechenland.
Zwar enthalte das MoU große Teile der früheren Vereinbarungen. "Allerdings sind viele Maßnahmen nicht vor Oktober/November geplant, und einige sehr wichtige Reformen werden noch gar nicht implementiert beziehungsweise spezifiziert", zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ nach Angaben eines EU-Vertreters aus einem Papier der Bundesregierung.
Drei wesentliche Knackpunkte noch zu klären
Drei elementare Kernfragen spielen dabei für die Bundesregierung eine wesentliche Rolle. Erstens: Unterschreibt auch der IWF vollständig die vereinbarten Konditionalität, oder gibt es Unterschiede zwischen IWF und ESM? (Mehr Informationen dazu hier.) Zweitens: Wie kann man die Schuldentragfähigkeit erreichen? Der Hinweis auf eine spätere Schuldenerleichterung sei nicht überzeugend. Drittens: Kann der Privatisierungsfonds schnell mit seiner Arbeit beginnen und auch die griechischen Banken gemeinsam mit deren Rekapitalisierung von bis zu 25 Milliarden Euro übernehmen?
Unklare Reformstrategie und aufgeweichte Fiskalziele
Derzeit arbeitet die Bundsregierung laut EU-Kreisen Schritt für Schritt die einzelnen Reformpunkte im MoU ab. Ihre Kritik: Die gesamte Reformstrategie sei nicht klar, genauso wenig der Zeitplan für die Umsetzung in Gesetze, heißt es laut „Welt“. Doch das sei noch nicht alles. Berlin beklagt zugleich, dass die Fiskalziele für Griechenland erheblich aufgeweicht wurden. Das MoU sieht für dieses Jahr ein Defizit vor Zinszahlungen von 0,25 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung vor. 2016 soll dann ein leichter Überschuss von 0,5 Prozent erzielt werden, der 2017 auf 1,75 und 2018 auf 3,5 Prozent steigt. Die ursprünglichen Planungen waren ambitionierter: Es seien keine Maßnahmen definiert, um die Lücke zu schließen.
Zeitplan und Ausrichtung des Privatisierungsfonds unzureichend
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Kommen wir zu den geplanten Privatisierungen: Die jetzt anvisierte Vereinbarung beinhaltet keine Maßnahmen, um den griechischen Finanzbedarf insgesamt zu reduzieren, etwa durch Privatisierungen. Auch sei man mit der Richtung beim Privatisierungsfonds nicht zufrieden. Das MoU sieht zunächst einmal die Gründung einer Arbeitsgruppe für den Oktober vor. "Das ist nicht ausreichend", lautet nach Informationen der „Welt“ die Kritik der Bundesregierung.
Schleppende Reformen bei Banken und Renten
Unzureichend sei aus deutscher Sicht zudem die Reform der Bankensicherung HFSF. Zu langsam, heißt es nach Informationen der Zeitung. Sie passe nicht mit der schnelleren Auszahlung der Bankenrekapitalisierung zusammen. Zwar gebe es Maßnahmen zur Verringerung fauler Kredite, gleichzeitig würden die Griechen aber versuchen, Immobilienbesitzer vor der Zwangsversteigerung zu schützen. Schleppend geht es auch bei der geplanten Rentenreform voran. So hatten sich die Griechen auf dem EU-Gipfel im Juli verpflichtet, ein Urteil zur teilweisen Rücknahme der Rentenreform durch andere Maßnahmen zu kompensieren. Bislang gebe es da aber nichts, heißt es laut „Welt“.
Insgesamt dürfte damit ein erheblicher Bedarf für Nacharbeiten bestehen. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, hatten Regierungsvertreter immer wieder betont.