Apple, Google und Co.
Konzerne horten Billionen in Steueroasen - OECD will den Steuertricksern jetzt an den Kragen
Sie brechen alle Rekorde, heimsen Gewinne in schwindelerregender Höhe ein, aber Steuern zahlen? Nein, danke! Lieber horten US-Konzerne ihre Gewinne im Ausland. Zwei Billionen US-Dollar, um genau zu sein. Nun blasen die Industriestaaten zum Kampf gegen Steuertrickser.
Die beiden NGOs Center for Tax Justice und US Public Interest Research Group Education Fund nahmen die Angaben der 500 größten US-Konzerne unter die Lupe, die diese gegenüber der US-Börsenaufsicht machen müssen. Das Ergebnis zeigt einmal mehr: Die erfolgreichsten Unternehmen sind zugleich die erfolgreichsten Steuervermeider.
Insgesamt horten die Konzerne laut Reuters 2,1 Billionen US-Dollar im Ausland und entgehen so Steuerzahlungen in Höhe von insgesamt 620 Milliarden US-Dollar. In der Heimat müssten sie die Gewinne nämlich mit 35 Prozent versteuern, anderorts winken oftmals nur sechs Prozent. Aus diesem Grund betreiben 358 der 500 Unternehmen, also rund drei Viertel, Tochterfirmen in Ländern mit besonders niedrigen Steuersätzen. Beliebte Steueroasen sind die Bermudas, Irland, die Niederlande sowie Luxemburg (Mehr dazu: Dreist, dreister, Ikea! So tanzt der Möbelkonzerm dem Europäischen Parlament auf der Nase herum)
Spitzenreiter unter den Steuertricksern ist Apple (siehe hierzu auch: Apple besorgt sich frisches Geld – um Steuern zu sparen). Insgesamt 181,1 Milliarden US-Dollar des Firmenvermögens lagern im Ausland. Damit drückt sich das Kultunternehmen um eine Steuerzahlung in Höhe von 59,2 Milliarden US-Dollar. Dahinter liegen General Electric mit 119 Milliarden US-Dollar, die im Ausland geparkt sind, sowie Microsoft (108,3 Milliarden) und Pfizer (74 Milliarden).
OECD will Steuerschlupflöcher stopfen
Die Industriestaaten wollen dem Treiben der Konzerne nicht länger zusehen und blasen zum Kampf gegen die Steuertrickser. Durch Gewinnverschiebungen - das "Base Erosion and Profit Shifting" (BEPS) - gehen den Staaten jährlich schätzungsweise 100 bis 240 Milliarden US-Dollar verloren. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) legte deshalb am Montag in Paris einen 15-Punkte-Plan vor, der multinationale Konzerne künftig daran hindern soll, den Fiskus mit Steuertricks um Milliarden zu prellen. Konkret sollen legale Schlupflöcher, die globale Konzerne wie Apple, Amazon, Google oder Starbucks zur Senkung ihrer Steuerlast legal nutzen, gestopft werden. Undurchsichtige Finanzströme, unfaire Rabatte und Modelle über Briefkastenfirmen sollen der Vergangenheit angehören, so die Hoffnung.
Unter anderem müssen multinationale Konzerne nach Ländern aufgeschlüsselte Kennziffern vorlegen, die die Finanzbehörden der Länder „unter Wahrung des Steuergeheimnisses“ untereinander austauschen können. Steuerverwaltungen erhalten den Angaben zufolge zum ersten Mal ein umfassendes Bild von den Wirtschaftsaktivitäten multinationaler Unternehmen. Neben Offenlegungsregeln sind auch Grundsätze zur Besteuerung von Internet-Firmen und Online-Händlern, Berichtspflichten und Schiedsgerichte bis hin zu Offenlegungsregeln geplant. Die Staats- und Regierungschefs der G20 werden das Paket bei ihrem Gipfel Mitte November in der Türkei endgültig billigen. Danach müssen einige Maßnahmen noch in nationales Recht umgesetzt werden.
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Doch schon jetzt feiern die Staaten den OECD-Plan als Durchbruch. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach von einem „Meilenstein“, OECD-Generalsekretär Angel Gurría sagte, die Maßnahmen seien „die größte Veränderung seit fast einem Jahrhundert“ im internationalen Steuerrecht. Kritiker zeigen sich dagegen weit weniger euphorisch. Sie gehen davon aus, dass der Unterbietungswettlauf bei Steuern anhalten wird und die Staaten auch künftig mit Steueranreizen werben werden.
Mit dpa-AFX