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    Radikale Deregulierung  2632  1 Kommentar Lebensversicherungen - Mit Abschaffung des Garantiezinses bald Traumschlösser in Wolkenkuckucksheim bauen?

    Die Bundesregierung plant im Rahmen der Umsetzung der europäischen Versicherungsregulierung Solvency II, den Höchstrechnungszins für große Lebensversicherer abzuschaffen. Der Höchstrechnungszins ist der gesetzlich vorgeschriebene höchst mögliche Garantiezins, den Versicherungsunternehmen ihren Kunden versprechen dürfen. Es gibt den staatlichen Höchstrechnungszins, weil eine branchenweite freiwillige Begrenzung des Garantiezinses als kartellrechtlich verbotene Preisabsprache gewertet werden könnte. 

    Die nicht von Solvency II betroffenen kleinen Versicherer müssen sich auch in Zukunft noch an den gesetzlich vorgeschriebenen, niedrigen Höchstrechnungszins halten.  Mit der Abschaffung erlaubt die Bundesregierung also großen Versicherungsunternehmen, mit höheren Garantiezinsen auf Kundenfang zu gehen als kleine Lebensversicherer. Mit der Abschaffung des Höchstrechnungszins gibt es keinerlei Beschränkung für die Höhe des Garantieversprechens mehr. 
     
    Bollwerk in Regulierung der Lebensversicherungsindustrie niedergerissen
     
    Mit der Abschaffung des Höchstrechnungszinses reißt die Bundesregierung eines der wichtigsten Bollwerke in der Regulierung der Lebensversicherungsindustrie nieder. Hier geht es - anders als die Bundesregierung dem Finanzausschuss sagte - nicht um eine kleine Lappalie, die man in einem hochtechnischen Regelwerk zur Solvency II Umsetzung verstecken kann. Die Bundesregierung muss sich daher dringend dem Bundestag gegenüber erklären, was sie mit dieser radikalen Deregulierung bezwecken und wie sie die Nachteile auffangen will:

    • Wie will die Bundesregierung verhindern, dass große Lebensversicherer mittels einer Erhöhung des Garantiezinses kleine Wettbewerber, die weiter an den Höchstrechnungszins gebunden sind, aus dem Markt drängt? Hier besteht die Gefahr einer Bevorzugung großer Unternehmen.

    • Wie will die Bundesregierung verhindern, dass die Verlockung der hohen Provisionserträge des Neugeschäfts die Versicherer zu unseriösen Garantieversprechen verleitet? Schon bisher wurden teilweise nicht haltbare Versprechen abgegeben. 

    • Wenn die Bundesregierung den Höchstrechnungszins neu reguliert, plant sie dann auch Maßnahmen, um unlauteren Wettbewerb mit dem Garantiezins einzuschränken? Das wäre dringend erforderlich. Bisher ist bspw. das Versprechen für den Kunden missverständlich auf den so genannten Sparbeitrag begrenzt, während die Kunden meinen, die Garantiezinsen würden auf die vollen Beiträge der Kunden ausgesprochen und nicht nur auf das, was nach Kosten von den Beiträgen übrig bleibt.

    • Die Eigenkapitalanforderungen müssen für hohe Garantieversprechen deutlich angehoben werden.






    Gerhard Schick
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    Dr. Gerhard Schick ist Mitglied des deutschen Bundestages und seit 2007 finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er widmet sich unter anderem den Themen Geldpolitik, Finanzmärkte, Steuerpolitik und Anlegerschutz.
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    Verfasst von Gerhard Schick
    Radikale Deregulierung Lebensversicherungen - Mit Abschaffung des Garantiezinses bald Traumschlösser in Wolkenkuckucksheim bauen? Mit der Abschaffung des Höchstrechnungszinses reißt die Bundesregierung eines der wichtigsten Bollwerke in der Regulierung der Lebensversicherungsindustrie nieder. Dabei geht es nicht um eine kleine Lappalie.

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