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    Dell, Übernahme, Tipico, Kolonialismus, Globalisierung, Exxon Mobile  5266  0 Kommentare
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    Vom Kolonialismus zur Globalisierung – Wie Fusionen den Markt verändern

    In diesem Artikel möchte ich einige Megadeals besprechen. Das Thema ist so aktuell wie noch nie, denn die Übernahme von EMC durch den verschuldeten Konzern DELL steht vor der Tür.

    Die Geschichtswissenschaft prägte für die allmähliche politische Ausweitung der Herrschaft europäischer Staaten auf die übrigen Teile der Welt den Begriff europäische Expansion. Sie begann im ausgehenden 15. Jahrhundert mit den Amerikareisen des Christoph Columbus und fand mit dem Kolonialismus und Imperialismus der europäischen Mächte im 19. und frühen 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Der Seehandel der europäischen Kolonialmächte Spanien und Portugal sowie später auch der Niederlande, Großbritanniens und Frankreichs schuf die Grundlagen für die Entwicklung der Weltwirtschaft, die in der heutigen Zeit wiederum in der Globalisierung ihren Höhepunkt findet. Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in der Motivation, mit der die Beteiligten in die Welt hinausziehen. Während die Kolonialisten die eurozentrische Überzeugung hegten, einer höherstehenden Zivilisation anzugehören, liegen die Ursachen der Globalisierung eher auf einer verstandesmäßigen Ebene:

    • neue Technologien, vor allem in den Bereichen Kommunikation und Transport
    • Liberalisierung des Welthandels durch politische Entscheidungsträger
    • höhere Effizienz bei Transport, Umschlag und Zwischenlagerung durch die Containerisierung des Stückgutes
    • Beschleunigung des Globalisierungsprozesses durch den Fall des Eisernen Vorhangs und dem damit verbundenen Ende des Kalten Krieges

     

    Gerade der letzte Punkt hat mit dem Übergang zum neuen Jahrtausend zu grundlegenden Marktveränderungen durch Übernahmen und Fusionen geführt. Deutlich wird diese Tatsache an verschiedenen statistischen Daten wie dem Wachstum des Welthandels, der Zunahme ausländischer Investitionen oder der Zunahme der sogenannten Global Player. Damit sind multinational operierende Konzerne gemeint, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, weil sie auf internationaler Ebene gewinnorientiert agieren und sich der Volkssouveränität in gewissem Sinne entziehen, dabei aber auf politischer Ebene immer mehr an Einfluss gewinnen. Das Volumen der weltweiten M&A Deals (Mergers & Acquisitions, zu Deutsch Fusionen und Übernahmen) lag seit 2007 nie unter der Marke von 3,2 Billionen US-Dollar.

    Bildquelle: Wallstreet-online.de

    Die Megadeals von 1998 bis 2001

    Acht Jahre nach Beendigung des Kalten Krieges war die Zeit reif für die ersten ganz großen Fusionen auf dem Weltmarkt. Dabei wurde teilweise mit harten Bandagen gekämpft und auch vor feindlichen Übernahmen nicht Halt gemacht. Manchmal war aber auch die Angst vor einer feindlichen Übernahme erstes Motiv für eine einvernehmliche Fusion, wie der Zusammenschluss von VEBA und Viag zu E.ON im Jahre 2000 zeigte.

    Übersicht zu großen Fusionen im Zeitraum 1998 bis 2001:

    Unternehmen

    Übernahme-kandidat

    Transaktions-volumen in Mrd. US-Dollar

    Art des Zusammen-schlusses

    Jahr

    Vodafone

    D2

    202,8

    feindliche Übernahme

    2000

    AOL

    TimeWarner

    164,7

    Aktientausch

    2001

    Pfizer

    Warner Lambert

    89,2

    Übernahme

    2000

    EXXON

    Mobile Oil

    78,9

    Fusion zwischen Exxon und Mobil Oil

    1998

    Glaxo Wellcome

    SmithKline Beecham

    76,0

    Fusion

    2000

    Travelers Group

    Citicorp

    72,6

    Fusion zu Citigroup

    1998

     

    In den Folgejahren kam es zu weiteren Megadeals. 2007 kaufte ein Bankenkonsortium um die Banc of Scotland, Santander und Fortis für 95,6 Milliarden Dollar die niederländische ABN Amro Bank. Ein Jahr zuvor wurde die 100-Milliarden-Dollar-Marke bei der Übernahme von Bellsouth durch AT&T übertroffen. Ende 2008 gab es bei der Abspaltung des internationalen Geschäfts des Tabakkonzerns Philip Morris von der US-Mutter keinen externen Käufer. Die Aktionäre erhielten den Zuschlag für 111,3 Milliarden Dollar. Aktuell wollen sich in der Brauereibranche die Nummer 1 und 2 der Welt zusammenschließen. Mit einer Bierproduktion von mehr als 400 Millionen Hektoliter jährlich ist Anheuser-Busch InBev der größte Bierbrauer weltweit. Das Unternehmen produziert unter anderem die globalen Marken Budweiser, Corona und Stella Artois sowie die deutschen Marken Beck’s, Diebels, Hasseröder, Gilde und Löwenbräu. Jetzt kommen auch noch Miller, Gambrinus und Pilsner Urquell dazu, denn SABMiller wird von Anheuser-Busch für 96 Milliarden Euro geschluckt. Damit würde demnächst jedes dritte gezapfte Bier aus dem neuen Großkonzern kommen.

    Die Weltmeister im Zukauf von Unternehmen

    Laut einer Studie der deutschen Unternehmensberatung Bain zahlen sich Übernahmen am meisten aus, wenn sie häufig durchgeführt werden und über die Zeit substanziell sind. Für die Studie wurden im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends insgesamt 1.616 Unternehmen untersucht, die etwa  18.000 Transaktionen tätigten. Demnach lag die Gesamtaktienrendite aller berücksichtigten Unternehmen durchschnittlich bei 4,5 Prozent pro Jahr. Mit 6,4 Prozent Aktienrendite pro Jahr deutlich über dem Durchschnitt lagen die sogenannten „Mountain Climbers“, Unternehmen, die mehr als eine Akquisition pro Jahr tätigten mit einen kumulierten Transaktionswert von 75 Prozent oder mehr ihrer Marktkapitalisierung.

    In jüngster Zeit hat sich Google zum Übernahmeweltmeister entwickelt. Von 2011 bis 2014 tätigte Google 127 Investitionen mit einem Volumen von 17,6 Milliarden Dollar. In der Statistik folgen der Chiphersteller Intel und der britische Werbedienstleister und Medienkonzern WPP.

    Wie im Großen so im Kleinen

    Fusionen müssen finanziell nicht immer ein gigantisches Transaktionsvolumen erreichen. Für mittelständische Unternehmen ist ein Unternehmenszukauf oft die einzige Möglichkeit für nachhaltiges Wachstum. In der Sportwettenbranche hat vor allem BWIN mit Fusionen und Übernahmen Schlagzeilen gemacht. 1997 gegründet, wurden in den folgenden Jahren regelmäßig Unternehmen zugekauft:

    • 2001: SKP Piribauer Sportwetten GmbH
    • 2002: 50 Prozent Beteiligung an betandwin
    • 2006: Ongame e-solutions aus Schweden
    • 2009: Gioco Digitale S.p.A aus Italien
    • 2011: Fusion mit Party Gaming

     

    2014 bot sich Bwin sogar selbst zum Kauf an. Nach langen Verhandlungen und Gesprächen erhielt 2015 schließlich die GVC Holding den Zuschlag.

    Denselben Weg scheint laut Informationen eines Branchenportals Tipico eingehen zu wollen. Demnach sollen JP Morgan und Rothschild angeblich Optionen für einen potenziellen Verkauf prüfen. So könnte sich die 888 Holding doch noch mit einem Großen der Branche verstärken, nachdem das Unternehmen im Bieterwettstreit um BWIN den Kürzeren gezogen hatte. Weitere potenzielle Käufer könnten William Hill und Amaya sein. Sollte noch in diesem Jahr ein Deal zustande kommen, wäre es 2015 schon der vierte Zusammenschluss der Branche:

    • Juli 2015: Fusion zwischen Ladbrokes und Gala Coral
    • August 2015: Betfair und Paddy Power geben Fusion bekannt
    • September 2015: GVC Holdings übernimmt Bwin

     

    Übernahme der besonderen Art

    Dass Aktionäre schon mal ein Unternehmen übernehmen können, zeigte der Fall Philip Morris aus dem Jahr 2008. Den umgekehrten Weg ging im Jahr 2013 Michael Dell, Gründer des Computerherstellers Dell Computer Corporation. Mit 1.000 Dollar Startkapital gründete er 1984 sein Unternehmen. Vier Jahre später fand der Börsengang statt, der knapp 30 Millionen frisches Kapital in die Kasse spülte. Ausgegeben wurden 3,5 Millionen Aktien mit einer Erstnotiz von 8,50 Dollar. 2013 kaufte Michael Dell sein Unternehmen mithilfe des Finanzinvestors Silver Lake für 24,9 Milliarden Dollar wieder von den Aktionären zurück und wandelte es in ein privat gehaltenes Unternehmen um. Das entspricht einem Preis von 13,75 Dollar pro Aktie. Das ist für einen Aktionär, der von Anfang an dabei war, ein lukrativer Deal. Denn alle Aktiensplits eingerechnet, kostete eine Dell-Aktie zum Börsengang am 22. Juni 1988 etwa 0,09 Dollar. Grund für den Deal ist der von Dell geplante Umbau, um im schwächelnden PC-Markt konkurrenzfähig bleiben zu können. Dabei muss er nun keine Rücksicht auf die Wünsche anderer Anteilseigner mehr nehmen.

    Wie Fusionen und Übernahmen den Markt verändern

    Der häufigste Grund für Fusionen und Übernahmen sind Absatzprobleme und schwächelnde Märkte. Die Bündelung der Kräfte von Investor und Übernahmekandidat bezüglich Technologie, Markterschließung und Produktion trägt oft zur Kostensenkung bei. Im günstigsten Fall bedient der Konzern nach der Fusion gleich mehrere Markttrends. Das primäre Ziel heißt immer Wachstum. Das kann aber oft nur noch durch Vergrößerung und Globalisierung erreicht werden. Wenn die europäischen Märkte gesättigt sind, können die Konzerne nur dann weiterhin gute Geschäfte machen, wenn sie neue Zielgruppen akquirieren. Diese befinden sich überwiegend in den Schwellenländern, wo die Mittelschicht nach und nach auf Markenprodukte umsteigt. Sie müssen also global agieren. Auf der anderen Seite ergeben sich für die neuen Giganten auf dem Heimatmarkt stärkere Verhandlungspositionen gegenüber den führenden Händlern. Andere Lieferanten können besser ausgebotet werden. In der Bierbranche könnte der Zusammenschluss von Anheuser-Busch und SabMiller laut Boris Planer vom Marktanalyse-Unternehmen Planet Retail die Listung von Markenbieren beim deutschen Discount-Marktführer Aldi vorantreiben. Damit würden die Konsumenten kurzfristig in den Genuss von Kampfpreisen kommen. Langfristig werden die Giganten aufgrund ihrer Fast-Monopolstellung bezüglich der Preise aber am längeren Hebel sitzen.




    Martin Brosy
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    Martin Brosy ist Tradingcoach und Mitbegründer der Trading Ausbildung www.trademy.de. Großen Einfluss auf sein ökonomisches Weltbild haben die Publikationen von Karl-Heinz Paqué und Joseph Schumpeter. Als Börsianer inspirieren ihn die Ansätze von Buffett, Burry, Livermore und Lynch.
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    Verfasst von Martin Brosy
    Dell, Übernahme, Tipico, Kolonialismus, Globalisierung, Exxon Mobile Vom Kolonialismus zur Globalisierung – Wie Fusionen den Markt verändern Die Geschichtswissenschaft prägte für die allmähliche politische Ausweitung der Herrschaft europäischer Staaten auf die übrigen Teile der Welt den Begriff europäische Expansion. Sie begann im ausgehenden 15. Jahrhundert mit den Amerikareisen …