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     2657  1 Kommentar Wie ein großer Crash am Aktienmarkt

    Es mag durchaus sein, dass ich übertrieben empfindlich bin. Andererseits denke ich jedoch, dass nur der Empfindsame spürt, was wirklich passiert, woher der Wind weht und was auf ihn zukommen könnte.

     

    Ich schreibe gerade für mich eine Chronik der Ereignisse der Flüchtlingskrise und alles, was damit zusammenhängt. Gestern wollte ich nachschauen, wie das neue Buch von Akif Pirinçci heißt, dessen KZ-Äußerung bei der letzten Pegida-Darstellung ich wirklich in extremer Weise missbillige.

     

    Ich gebe also bei Amazon „Akif Pirinçci“, doch es erscheinen lauter andere Bücher. Es ist nicht nur so, dass es die Bücher von Akif Pirinçci bei Amazon nicht mehr gibt, dieser Mann existiert dort nicht mehr.

     

    Mir zittern die Knie. Wir können also von einer Sekunde auf die andere einen Menschen, der uns nicht behagt, einfach verschwinden lassen. Ihn gibt es nicht mehr – und ihn hat es auch nie gegeben.

     

    Mich erinnert das an den Fall meines damaligen Lieblingsfußballers, Peter Kotte von Dynamo Dresden zu DDR-Zeiten. Der war auch plötzlich verschwunden, den gab es nicht mehr, und er wurde sogar aus dem Mannschaftsfoto herausretuschiert.

     

    Das alles geht damals wie heute ohne Gerichtsverfahren, einfach auf Zuruf. Da zeigt man auf jemanden, der sich vermeintlich an der Gemeinschaft vergangen hat – und schwupps ist er weg.

     

    Ich bin wie unter Schock. So etwas hätte ich niemals für möglich gehalten. Nicht heute und nicht bei uns. Eines der größten Unternehmen der Welt. Zusammen mit den Gutmenschen aus Deutschland. Einfach schwupps – und weg.

     

    Ich fühle mich wie bei einem Crash am Aktienmarkt. Die Welt ist plötzlich nicht mehr so, wie sie vorher gewesen ist. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ich bin noch ganz benommen. Es ist etwas passiert – und ich weiß noch nicht, welche Konsequenzen es haben wird.

     

    Diese Sache ist nur ein kleiner Vorfall, die Wirkung auf mich ist jedoch groß. Das Deutschland von heute ist nicht mehr das Deutschland von gestern.

     

    Ich denke, es ist Zeit. Ich werde jetzt machen, was ich niemals gedacht habe, machen zu werden. Und worüber ich hier aus guten Gründen nicht schreiben werde. Aber ich werde es tatsächlich machen. Physisch. Anonym. Und in kleiner Stückelung.

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Wie ein großer Crash am Aktienmarkt Wenn die Welt plötzlich nicht mehr so ist, wie sie vorher war