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    Marktkommentar  895  0 Kommentare Metzler: EZB-Sitzung mit großer Spannung erwartet - Kündigt EZB-Präsident Draghi neue geldpolitische Maßnahmen an?

    Die Finanzmarktturbulenzen im Sommer und die sich abzeichnende Wachstumsschwäche der Schwellenländer sorgten zuletzt für Sorgen bei den Mitgliedern des EZB-Rates. So besteht die Angst, dass der Aufschwung in der Eurozone schon wieder an Dynamik verlieren und die Inflation anhaltend niedrig bleiben könnte. Damit würden sich die langfristigen Inflationserwartungen immer weiter vom Inflationsziel der EZB von 2 % entfernen. Sinkende langfristige Inflationserwartungen wirken bei negativen Inflationsschocks wie ein Trendverstärker.

    Eurozone: Aufschwung dürfte nicht ernsthaft gefährdet sein

    Die Daten der Realwirtschaft haben sich zwar zuletzt etwas abgeschwächt, saisonale Effekte könnten dabei jedoch eine große Rolle gespielt haben, sodass erst die Daten im September Aufschluss über den tatsächlichen Wachstumstrend geben werden. Darüber hinaus geben das Konsumentenvertrauen (Donnerstag) sowie die Einkaufsmanagerindizes (Freitag) im Oktober Aufschluss darüber, inwieweit die Finanzmarktturbulenzen und die Wachstumsschwäche der Schwellenländer die Wachstumsdynamik der Eurozone belastet haben. Insgesamt spricht vieles dafür, dass die Konjunkturindikatoren zwar leicht gefallen sein dürften, der Aufschwung in der Eurozone jedoch nicht ernstlich in Gefahr ist. Es ist daher nicht ganz verständlich, warum die EZB (Donnerstag) schon jetzt die Möglichkeit eines neuen Stimulus ins Spiel gebracht und da-mit entsprechende Erwartungen bei den Finanzmarktteilnehmern geweckt hat. Es erscheint kaum möglich, dass die EZB in der aktuellen Verfassung der Finanzmärkte die Erwartungen am Finanzmarkt enttäuschen kann. Dementsprechend dürfte EZB-Präsident Draghi auf der Pressekonferenz die Phantasie der Finanzmarktteilnehmer beflügeln, dass die Zentralbank im Dezember weitere geldpolitische Schritte beschließen könnte. Im Fokus der Diskussion unter den Finanzmarktteil-nehmern stehen eine Leitzinssenkung, eine Erweiterung des Wertpapierkaufprogramms sowie eine Verlängerung des Programms.

    USA: Wachstumsverlangsamung

    Derzeit signalisieren die Konjunkturdaten eine Wachstums-verlangsamung in den USA auf nur noch 1,0 % im dritten Quartal. Dazu trugen vermutlich die Lagerbestände mit einem negativen Beitrag von etwa -1,7 % maßgeblich bei. Auch im vierten Quartal könnte eine Wachstumsbelebung zunächst noch ausbleiben, wie gestern das niedrige Niveau des Philadelphia-Fed-Index zeigte.

    Der Philadelphia-Fed-Index ist zwar nur ein regionaler Geschäftsklimaindex der Industrie, erfahrungsgemäß zeigt er jedoch die Wachstumsdynamik der gesamten US-Wirtschaft frühzeitig und zuverlässig an. Demnach könnte sich das Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten weiter leicht abschwächen. Von Rezessionsniveaus ist der Index allerdings weit entfernt - im Oktober verbesserte er sich sogar leicht gegenüber dem Vormonat. Auch die dem Konjunkturzyklus vorauslaufenden Indikatoren zum Wohnimmobilienmarkt wie der NAHB-Index (Montag), die Neubaubeginne (Dienstag) und -genehmigungen (Dienstag) sowie die Umsätze bestehender Wohnimmobilien (Donnerstag) dürften zeigen, dass der US-Aufschwung intakt ist. Demnach dürfte es sich nur um eine temporäre Wachstumsverlangsamung aufgrund des starken US-Dollars und der Wachstumsschwäche der Schwellenländer handeln. Die der-zeit nachlassende Wachstumsdynamik sowie die große Unsicherheit über den weiteren Wachstumsverlauf erschweren es der Fed ungemein, den richtigen Zeitpunkt für eine Leitzinserhöhung zu finden. Sollte der Aufschwung in den USA nicht ernsthaft in Gefahr sein, wäre zweifellos eine Leitzinserhöhung im Dezember angebracht. Derzeit erwarten jedoch nur etwa 30 % der Finanzmarktteilnehmer einen Schritt im Dezember 2015 und nur etwa 54 % im März 2016.

    China: Nachlassende Wachstumsängste

    Waren noch in den Sommermonaten die Ängste vor einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft das beherrschen-de Thema, so hat diese Befürchtung zuletzt anscheinend deutlich nachgelassen. Der Grund hierfür dürften die stabilen Konjunkturdaten sein sowie ein wieder gestiegenes Vertrauen in die geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen der Regierung. Trotz alledem befindet sich die chinesische Wirtschaft in einer Phase einer nachlassenden Wachstumsdynamik, wie die Einzelhandelsumsätze (Montag), die Industrieproduktion (Montag) und ein Wirtschaftswachstum im dritten Quartal von unter 7 % zeigen dürften. Erst ab dem ersten Quartal 2016 könnte sich das Wachstum der chinesischen Wirtschaft stabilisieren, da bis dahin die wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen dürften und auch eine Erholung am Wohnimmobilienmarkt zu erwarten ist. So ist es sehr ermutigend, dass die Wohnimmobilienverkäufe seit einigen Monaten wieder ein leichtes Wachstum verzeichnen. Erfahrungsgemäß beginnt eine Erholung am Wohnimmobilienmarkt mit der Nachfrage, die dann die Immobilienpreise beeinflusst, welche wiederum auf den Wohnungsbau ein-wirken.

    Japan: Abenomics - eine Zwischenbilanz

    Wie ist die Wirtschaftsentwicklung in Japan seit dem Amtsantritt von Premierminister Shinzo Abe zu beurteilen? Ein Blick auf das Wirtschaftswachstum zeigt, dass sich enttäuschenderweise nicht viel geändert zu haben scheint.

    Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum in Japan lag seit 2013 bei nur etwa 0,8 %, was in etwa dem Durchschnitt seit 2000 entspricht. Eine Konjunkturerholung zu Beginn von Abenomics wurde ab dem zweiten Quartal 2014 von einem Wachstumseinbruch abgelöst. Der Grund hierfür war die Mehrwertsteuererhöhung im April 2014 von 5 auf 8 %, die einen dramatischen Rückgang der Konsumausgaben zur Folge hatte. Überraschenderweise konnte die Konsumschwäche nicht durch höhere Exporte ausgeglichen werden. Trotz der erheblichen Abwertung des Yen von etwa 80 Yen auf 120 Yen pro US-Dollar blieb ein nennenswerter Anstieg der japanischen Exporte aus.

    Laut Untersuchungen des Internationalen Währungsfonds sind die Exporte um etwa 20 % niedriger, als auf Basis einer Prognosegleichung mit Daten aus der Zeit vor der Finanzmarktkrise zu erwarten gewesen wäre. Ein Grund für die überraschende Exportschwäche könnte sein, dass der japanische Handel nunmehr überwiegend innerhalb japanischer Firmen mit Produktionsstandorten in unterschiedlichen Ländern stattfindet. Produktionsstandorte in Japan können daher nicht einfach die Exportpreise senken und damit die Nachfrage nach ihren Produkten erhöhen, wenn sie Teil einer globalen Produktionskette sind. Bei unveränderten Exportpreisen bedeutet eine Abwertung der Währung jedoch einen Gewinnsprung in Yen bei den japanischen Unternehmen. So erhöhten die japanischen Unternehmen seit Abenomics ihren Cashflow und ihre Gewinne deutlich. Allein der Cashflow im Verhältnis zu den Umsätzen stieg in den vergangenen Jahren um 50 % von 4 % der Umsätze auf 6 %.

    Der Cashflow wurde jedoch bisher nur sehr geringfügig für höhere Investitionen oder für höhere Löhne verwendet. Die japanischen Unternehmen sparten den größten Teil der Gewinne in Form von Cash. Eigentlich investieren Unternehmen nur dann in Cash, wenn sie mit einem deflationären Umfeld rechnen. Die anscheinend tief verankerten Deflationserwartungen sind vor dem Hintergrund überraschend, dass sich seit Abenomics der Trend der binnenwirtschaftlichen Inflation signifikant gewendet hat.

    Zwischen 2000 und 2012 betrug die durchschnittliche Inflationsrate etwa -0,6 %, seit Abenomics jedoch +0,8 %. Mehreres spricht dafür, dass die Kerninflation auch in den kommenden Monaten zumindest bei 1,0 % bleiben wird: ein Anstieg der Beschäftigung seit Abenomics um mehr als eine Million, ein Rückgang der Arbeitslosenquote von 4,3 % im Dezember 2012 auf 3,4 % im August 2015 sowie ein Verhältnis von 1,21 offenen Stellen pro Bewerber. Eine nachhaltige Verfestigung der Inflation könnte zunehmend zu einem Umdenken bei den Unter-nehmen führen, die wieder verstärkt die Ausgaben für Investitionen und Löhne erhöhen könnten. Ein kräftiger Aufschwung wäre die Folge. Dass dieses Szenario nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt nicht nur der überdurchschnittliche Optimismus der japanischen Unternehmen seit Abenomics, sondern auch die Tatsache, dass der Wachstumseinbruch aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung nur temporär ist. Auch könnten sich die Exporte aufgrund des schwachen Yen-Wechselkurses mit einer Verzögerung doch noch erholen, da Produktionsanpassungen und -verlagerungen erfahrungsgemäß einen längeren Zeitraum benötigen.

    Es dauert einfach immer etwas Zeit, bis neue Wirtschaftsentwicklungen wie die Rückkehr zu einer positiven Inflation in Japan eine grundsätzliche Verhaltensänderung bei Unternehmen und Konsumenten bewirken. Derzeit scheint es jedoch den Finanzmarktteilnehmern, der Regierung und der japanischen Zentralbank nicht schnell genug zu gehen, sodass in Japan über neue Stimuli diskutiert wird. Es ist vor diesem Hintergrund nicht auszuschließen, dass im vierten Quartal ein neues Fiskalprogramm und/oder geldpolitische Maßnahmen beschlossen werden.

    Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management




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    Verfasst von Asset Standard
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