Kolumne Rohmert
Expo Real – Stimmungsbild der Immobilienwirtschaft
Wann kommt die Immobilienwende?
Deutschland lebt im Immobilienboom. Privaten und institutionellen Anlegern fehlen die Alternativen. Den risikolosen Zins gibt es nicht mehr. Die Alternative zur Immobilie liegt eher in zinslosem
Risiko. Die Immobilienwirtschaft profitiert. Deutschland ist eines der Hauptziele der weltweiten Kapitalströme. Das wurde Anfang Oktober auf Europas größter Immobilienmesse, der Expo Real,
deutlich. Bei gewerblichen Investments sieht es nach 9 Monaten so aus, als könnte 2015 der Vorkrisen-Rekord aus 2007 wieder eingestellt werden. Die Bürovermietung in den Metropolen hat um knapp 20
Prozent zugelegt. Beim Transaktionsvolumen auf dem professionellen deutschen Wohninvestmentmarkt ist 2015 mit Umsatzverdoppelung bis September schon jetzt ein neues Rekordjahr. Beruhigend ist: Das
Geschäft bleibt professionell. Excel-Akrobaten bleiben im Hintergrund. Das Geschäft dreht sich nach wie vor um die Immobilie und nicht so offensichtlich wie 2007 ums „Geld-Wegpacken“. Auch die
Projektentwicklung bleibt weltweit auf Nachfrageniveau. Leerstände werden weiter abgebaut.
Wenn es nicht typisch deutsche Störgefühle gäbe, könnte man beruhigt nach vorne schauen. Ein Wende-Szenario ist nicht zu erkennen. Niedrige Zinsen machen durch Schuldenexplosion süchtig nach
niedrigen Zinsen. Die EZB ist gelähmt. Die FED hat Angst. Die Finanzmärkte zeigen, wo der Hase läuft. Anlagealternativen sehen die Investoren nicht. Wenn der Markt gut bleibt, ist es gut für die
Immobilie. Wenn die Krisenpropheten Recht bekommen, allerdings auch. Im Wohnungsmarkt schafft die Flüchtlingssituation neue Denkmodelle.
An der Zyklik scheiden sich die Geister. Die Angestellten der großen Investoren sehen sich weiter gut im Geschäft. Mittelständler, die mit eigenem Geld agieren, werden vorsichtig. In einer vom
Autor moderierten Expo Diskussion wiesen die deutschen institutionellen Investoren dezent auf die Möglichkeit eines nahenden Winters hin. Internationale Investoren sehen Deutschland dagegen noch in
der Mitte des aufsteigenden Teils des Immobilienzyklus. Es gebe durchaus noch preisliche Potentiale. Private Anleger stimmen bei Wohnungskäufen aktuell mit den Füßen ab.
Lesen Sie auch
Es gibt aber auch Sorgen. Den mittelständischen Maklern schwimmen im Verursacherprinzip die Felle weg. Institutionelle Investoren halten sich verstärkt an die großen Häuser mit
Rundstempelmentalität. Der Konsolidierungsprozess in der gewerblichen Immobilienwirtschaft und in der Wohnungswirtschaft setzt sich fort. Klar wird auch, dass in einer Zeit, in der
Sachwertinvestitionen den meisten Sinn machen, das Geschäft mit geschlossenen Immobilienfonds weitgehend unter Wasser ist. Von der Project
Gruppe, ZBI oder IMMAC mit klarer Kernkompetenz und klarer Botschaft abgesehen, gibt es wenige Erfolgsmeldungen.
Werner Robert