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    Kolumne  1875  1 Kommentar Roland Meier (iQFoxx): Modischer Firlefanz, alter Wein in neuen Schläuchen - oder doch aktuelle Notwendigkeit?

    26.11.2015 / Roland Meier / iQFoxx Indices Ltd.

    Die Digitalisierung der Vermögensverwaltung schreitet voran und ruft - wie sollte es auch anders sein - die Negativpropheten auf den Plan. Erst kürzlich demaskierte Thomas Frey, Senior Futurist beim US-amerikanischen DaVinci Institute, 100 höchst gefährdete Berufsbilder. Durch fahrerlose Autos, fliegende Drohnen, 3D-Drucker, Big Data, künstliche Intelligenz und Roboter sind diese heute definitiv eine aussterbende Spezies.

    Auch der konventionelle, menschliche Vermögensverwalter sieht sich Auge in Auge mit einer ernsthaften Bedrohung: Er und sein gesamtes Geschäftsmodell sind veraltet - es beginnt die Herrschaft der Maschinen.

    Dass Vermögensverwaltung 2.0 - oder FinTech und Robo-Advisory - das klassische Vermögensmanagement vor neue Herausforderungen stellt, ist unbestritten. Aber hat der Mensch deswegen gleich ausgedient? Ist diese Angst gerechtfertigt?

    Keine Frage: Die sogenannten Finanztechnologien kommen mit allem möglichen, neumodischen Firlefanz daher, kleiden ihn in das Gewand der Innovation - und finden am Markt reißenden Absatz. Das ist die Irrationalität des 21. Jahrhunderts, denn sie kommt als gefühlte Rationalität. Hand in Hand bewegt sie sich mit der medialen Inszenierung, denn, gemessen am Volumen der verwalteten Assets, bekommen FinTechs eine überproportional hohe Aufmerksamkeit. Betrachtet man viele dieser angeblich neuen Angebote genauer, bleibt die Feststellung nicht aus: Viel Neues ist da bisher gar nicht dabei, eher wurde vielfach Bestehendes kurzerhand umbenannt - der berühmte, alte Wein in neuen Schläuchen.

    Wobei ich es klassischen Vermögensverwaltern nicht verdenken kann, dass ihnen ein gesundes Maß an Respekt in den Knochen steckt. Denn gleichwohl bleibt die Frage bestehen: Wieviel Digitalisierung braucht oder verträgt mein Geschäftsmodell, ohne dass ich mich als Vermögensverwalter selbst "wegrationalisiere"?

    Leider blendet diese Unsicherheit häufig die positiven Synergien zwischen FinTech 2.0 und Berater 1.0 aus. Unkenrufe sind eben einfacher, als sich profund mit neuen Technologien auseinanderzusetzen - selbst wenn der Profit am Ende gewaltig wäre. Zweifelsohne wird die Digitalisierung ein Stützpfeiler der modernen Finanzberatung werden (oder ist es bereits) und eventuell macht sie dabei viele Aufgaben der jeweiligen Markakteure obsolet. Jedoch signalisiert dies nicht den Bedeutungsschwund eines klassischen Vermögensverwalters. Nur wird es an ihm liegen, die Chancen zu erkennen und zu nutzen, die ein digital unterstützter Geschäftsprozess bietet.

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    An sich ist die moderne Finanztechnologie eine Optimierung der aktiven Vermögensverwaltung und mitnichten eine Substituierung, denn im engeren Sinne ist beispielsweise der Robo-Advisor eben kein "Advisor": Er führt nämlich keine Beratung durch. Es handelt sich schlicht um ein "Execution-Only" Prinzip, folglich die bloße Umsetzung des Kaufauftrages. Und dies kann zu weitreichenden, negativen Konsequenzen für den Anleger führen.

    Meines Erachtens sehen viele Marktakteure den Wald vor lauter Bäumen nicht. Bei Vermögensverwaltung geht es um einen holistischen Prozess - und nicht um ein einzelnes Programm, das eine einzige Aufgabe obsolet werden lässt. Nach wie vor steht der Berater für ganzheitliche Recherche. Sicher nicht hinsichtlich etwaiger Logarithmen, denn die berechnet die Maschine garantiert detaillierter und vor allem schneller. Jedoch vollkommen in Bezug auf die Individualität des Anlegers. Und ein paar entscheidende Vorteile hat der Mensch am Ende doch: Er kann (nach)denken, hat Bewusstsein, Würde und den ganzen anderen altmodischen Kram. Ein versierter Berater wird Entscheidungen im Sinne des Kunden treffen - und nicht ausschließlich aufgrund eines Indizes, einer Benchmark oder auch eines akribisch berechneten Algorithmus. Robo-Advisory hingegen ist per definitionem an starre Regeln bei der Fondsauswahl und möglichen Umschichtungen gebunden. Ebenso müssen bestimmte Anlagen im Portfolio als "sicher" gelten, wie beispielsweise Renten-ETFs - nur in Zeiten eines drohenden Rentencrashs führt sich diese Prämisse selbst ad absurdum. Und schließlich ganz trivial: Wo anstatt eines Gesprächs das Ausfüllen eines Fragebogens steht, kann eine Situation niemals individuell betrachtet werden. Genauso wenig wird ein Algorithmus dem Anleger in schwierigen Börsenphasen beruhigend zur Seite stehen, sei er auch noch so gut berechnet.

    Letztendlich müssen Vermögensverwalter sich der aktuellen Notwendigkeit beugen. Die Anforderungen an aktives Management sind gestiegen. Kunden und Berater brauchen Zugriff auf dieselben Daten und Funktionen, müssen sich schulen oder geschult werden. Dass dies auch verschiedene Blickwinkel miteinschließt, versteht sich von selbst. Softwaregestütztes Arbeiten ermöglicht eine bisher nicht existente Qualität bei Beratungs- und Vermögensverwaltungsdienstleistungen. Anleger und Verwalter sind im Stande viel intensiver die gesteckten Investmentziele einerseits zu definieren, und andererseits deren Erreichung zu überwachen. Auch als lästig empfundene Dokumentationsarbeiten und administrative Aufgaben, gerade hinsichtlich strenger, regulatorischer Vorschriften, werden definitiv besser und schneller gemanagt. Für moderne, integrierte Lösungen ist das ein Kinderspiel. Hier können digitalisierte Geschäftsprozesse die Vermögensverwaltung massiv unterstützen, nicht nur, aber vor allem in der Kunden-Verwalter/Berater-Kommunikation.

    Unterm Strich erzielt die besten Ergebnisse garantiert der "Robo + Advisor". Im Vergleich dazu wird der "nicht-digitale" oder der "ausschließlich-digitale Robo-Advisor" in naher Zukunft eine aussterbende Spezies sein.

    Zur Person: Roland Meier ist Managing Partner beim smart Beta Indexanbieter iQ-FOXX, zur Unternehmensgruppe des Indexanbieters gehört auch die Wealth Management Plattform Privé Managers, die Vermögensverwaltern und -beratern softwaregestützt bei der Digitalisierung der eigenen Geschäftsprozesse hilft.



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